Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes-und Jugendalter der Universitätsklinik Tübingen Autismus http://www.medizin.uni-tuebingen.de/ppkj/ Email: [email protected] Dr. Gottfried Maria Barth, Telefon: 07071-298-6533 Osianderstraße 16, 72076 Tübingen Foto: Wikipedia Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Auffälligkeiten in 3 Bereichen: Definition Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit Beginn im Säuglingsoder frühen Kindesalter, gekennzeichnet durch qualitative Beeinträchtigungen von Kommunikation und sozialer Interaktion sowie eingeschränkten, sich wiederholenden und stereotypen Verhaltensmustern, Interessen und Aktivitäten. Zwischenmenschliche Beziehungen/soziale Interaktion • Geringes oder fehlendes Einfühlungsvermögen • Ungewöhnliches Spielverhalten • Eingeschränkte Gruppenfähigkeit • Unangemessener Kontakt zu Gleichaltrigen • Schwierigkeiten, Bedürfnisse anderer zu erkennen, zu berücksichtigen und darauf einzugehen Sprachliche und nichtsprachliche Kommunikation • Wenig oder fehlender Blickkontakt • Beeinträchtigte Sprachentwicklung • Selbstbezogene, wenig kommunikative Sprache • Monotone Sprachmelodie • Stereotype Wortwiederholungen ohne Beachtung des Sinnbezuges • Wenig begleitende Mimik und Gestik Interessen und Handlungen • Besondere Interessen und Themen, die Gespräche und Handlungen bestimmen • Stereotype Körperbewegungen • Ungewöhnlich häufiges Wiederholen der selben Beschäftigungen • Unbehagen und Widerstand gegenüber Veränderungen der alltäglichen Umgebung • Bestehen auf gleichförmiger Wiederholungen gewohnter Aktivitäten Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ich will raus hier Wie ein wuchernder Erdklumpen auf der Seele Film über Birger Sellin – ARD 1994 Text: Hartmut Engler / Ingo Reidl / Birger Sellin Musik: Hartmut Engler / Ingo Reidl Er plapperte schon Worte wie es kleine Leute tun Alles schien in Ordnung und gesund doch mit nicht mal ganz zwei Jahren blieb seine Sprache stumm scheinbar ohne Grund Und er schrie viel und tobte zog sich dann weit in sich zurück und nach falscher Diagnose und nach Ratlosigkeit blieb nur eins: "wohl verrückt" einsam, traurig, Kastenmensch lebendig begraben, ein steinernes Wesen das mich im Kerker gefangenhält Er spielte mit den Murmeln und er saß gern unter'm Tisch so blieb lange vieles unendeckt bis nach Jahren eines Tages eine neue Therapie zeigte was da in ihm steckt Und er schreibt am Computer Und er schreibt gestützt auf Mutter's Hand Er schreibt in seiner eignen Sprache Kämpft mit Worten und Verstand gegen seine Kerkerwand einsam, traurig, Kastenmensch lebendig begraben, ein steinernes Wesen das mich im Kerker gefangenhält Wo ist der Weg in die richtige Welt? Ich will raus hier aus der Kistenwelt in die wirre Welt ich will kein in mich mehr sein Ich will raus hier Wuchernde Erdklumpen auf meiner Seele, unruherastlopfiger Geistüberfall Chaosgedanken, autistischer Panzer Ohneichwesen und rohe Gestalt Isolationshaft in zwanghafter Weise bin ich ein Sklave der Wunderangstmacht Ich will raus hier versteh mich aus der Kistenwelt begreif mich in die wirre Welt und lieb mich doch ich will kein in mich mehr sein Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Video Birger Sellin Teil 1 Birger Sellin Ich will kein inmich mehr sein Botschaften aus einem autistischen Kerker ich deserteur einer artigen autistenrasse. neue botschaften an das volk der oberwelt Dokumente des Fortschritts nach dem »Inmich«-Buch, der Verzweiflung, der Hoffnungen Autor Birger Sellin, 1973 in Berlin geboren, ist seit seinem zweiten Lebensjahr schwer autistisch behindert. Er kann sich ausschließlich schriftlich und mit fremder Hilfe äußern. Birger Sellin begann im Alter von 17 Jahren mit Hilfe seines Computers zu schreiben: erst einzelne Buchstaben, die nach und nach zu ungewöhnlich faszinierenden Texten wurden. 1993 erschien sein erstes Buch ich will kein inmich mehr sein. botschaften aus einem autistischen kerker. Diese neuen Texte berichten von seinem Leben seither. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Tiefgreifende Entwicklungsstörungen Gruppe von Störungen, die durch qualitative Beeinträchtigungen in gegenseitigen sozialen Interaktionen und Kommunikationsmustern sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert ist. Es besteht eine deutliche Abweichung von der Entwicklungsstufe und vom Intelligenzalter einer Person. Zu diesen Störungen gehören: frühkindlicher Autismus (Autistische Störung) Asperger Syndrom (Autistische Psychopathie) atypischer Autismus Rett-Syndrom desintegrative Störung des Kindesalters hyperkinetische Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie A B1 Auffällige/beeinträchtigte Entwicklung bis einschließlich 36. Lebensmonat Qualitative Auffälligkeit der gegenseitigen sozialen Interaktion B1a Unfähigkeit, nichtverbales Verhalten zur Regulation sozialer Interaktionen zu verwenden (Mangel an direktem Blickkontakt, sozialem Lächeln / eingeschränkte Mimik) B1b Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen (keine Phantasiespiele mit Gleichaltrigen / fehlendes Interesse an anderen Kindern / fehlende Reaktion auf die Annäherungsversuche anderer Kinder / Mangel an Gruppenspiel mit Gleichaltrigen oder Freundschaften / Unangemessenheit eines Gesichtsausdrucks / Unangemessenheit sozialer Reaktionen) B1c Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen (keine Phantasiespiele mit Gleichaltrigen / fehlendes Interesse an anderen Kindern / fehlende Reaktion auf die Annäherungsversuche anderer Kinder / Mangel an Gruppenspiel mit Gleichaltrigen oder Freundschaften / Unfähigkeit, jemandem Trost zu spenden / der Körper einer anderen Person wird zur Verständigung benutzt) B1d Mangel, Freude mit anderen zu teilen (das Kind zeigt kaum Aufmerksamkeit und nimmt kaum Angebote wahr, etwas mit jemandem zu teilen / teilt keine Bedürfnisse oder Vergnügen mit anderen) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie B3 Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster B3a Umfassende Beschäftigung mit stereotypen und begrenzten / Spezialinteressen (Spezialinteressen / ungewöhnliche und sehr häufige Beschäftigungen) B3b offensichtlich zwanghaftes Festhalten an nicht funktionalen Handlungen oder Ritualen (Wortrituale / Zwangshandlungen) B3c Stereotype und repetitive motorische Manierismen (Hand- und Fingermanierismen) B3d Vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen von Sachen (repetitiver Gebrauch von Objekten / ungewöhnliche sensorische Interessen) C Das klinische Bild kann nicht durch andere Erkrankungen erklärt werden. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Diagnostische Leitlinien der autistischen Entwicklungsstörung • Qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion – Unangemessene Einschätzung sozialer und emotionaler Signale – Fehlende emotionale Responsivität – Soziales Desinteresse • Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation – – – – Fehlender sozialer Gebrauch sprachlicher Fertigkeiten Fehlendes sozial imitierendes Spiel Fehlender Gesprächsaustausch Fehlende Empathie • Stereotype Verhaltensmuster • Interesse an Teilaspekten von Objekten • Widerstand gegenüber Veränderungen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie B2 Qualitative Auffälligkeit der Kommunikation / Sprache B2a Mangel oder Verzögerung der gesprochenen Sprache und fehlende Kompensation durch Gestik, Mimik (das Kind hat Schwierigkeiten, auf etwas zu deuten, um Interesse zu bekunden / zeigt kaum konventionelle, zielgerichtete Gesten, wie Nicken oder Kopfschütteln) B2b Relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Austausch zu beginnen oder aufrechtzuerhalten (kaum soziales Lautieren oder Plappern als Kleinstkind / stark verminderte wechselseitige Konversation) B2c Stereotype und repetitive Verwendung der Sprache und/oder idiosynkratischer Gebrauch von Worten oder Phrasen (verzögerte Echolalie, stereotype Lautäußerungen / unangemessene Fragen oder Fragestellungen / Pronominalumkehr / Neologismen und bizarre Neubildungen von Ausdrücken) B2d Mangel an variierenden spontanen "so tun als ob"-Spielen oder (bei kleinen Kindern) im sozialen Imitationsspiel (beim Imitieren von Handlungen, phantasievollem Spiel, imitierendem sozialem Spiel) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Historisches Leo Kanner „frühkindlicher Autismus“ USA 1943 Hans Asperger (1906 – 1980) „autistische Psychopathie“ Österreich 1944 Lorna Wing „Asperger-Syndrom“ GB 1981 „Autismus“ 1990 Aufnahme ins ICD-10 1994 Aufnahme ins DSM IV „tiefgreifende Entwicklungsstörungen“ (ICD-10) F 84.2 Rett-Syndrom, F 84.3 Desintegrative Störungen des Kindesalters, F 84.4 HKS mit Intelligenzminderung/Bewegungsstereotypien F 84.0 Frühkindlicher Autismus, F 84.1 Atypischer Autismus, F 84.5 Asperger-Syndrom „Autismus-Spektrum-Störung (ASS)“ (= frühkindlicher Autismus, HFA und Asperger-Syndrom) keine kategoriale, sondern dimensionale Unterscheidung (auf den Achsen Intelligenz, Sprachentwicklung und autistische Verhaltensweisen) quantitative, aber keine qualitativen Unterschiede Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Asperger Kanner (1943) Asperger (1944) „autistische Psychopathie“ „early infantile autism“ Gute bis überdurchschnittliche Intelligenz Weniger hochgradige Beziehungsstörung Frühzeitige Sprachentwicklung, großer Wortschatz und originelle Wortneuschöpfungen Fähigkeit zu abstrahieren und logisch zu denken Übermäßige und intensive Sonderinteressen Andere, disharmonische Emotionalität Gefahr der Isolation Überschießende und unangemessene Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Reaktionen Diagnostik | Therapie Extreme autistische Abkapselung von Umwelt Ängstlich-zwanghaftes Bedürfnis nach Gleicherhaltung der Umwelt Störungen der Intelligenzentwicklung Störungen der Sprachentwicklung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Savant-Syndrom = „Inselbegabung“ Asperger-Syndrom F 84.4 A. Es fehlt eine klinisch eindeutige allgemeine Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder der kognitiven Entwicklung. Die Diagnose verlangt, daß einzelne Worte bereits im zweiten Lebensjahr oder früher und kommunikative Phrasen im dritten Lebensjahr oder früher benutzt werden. Selbsthilfefertigkeiten, adaptives Verhalten und die Neugier an der Umgebung sollten während der ersten drei Lebensjahre einer normalen intellektuellen Entwicklung entsprechen. Allerdings können Meilensteine der motorischen Entwicklung etwas verspätet auftreten und eine motorische Ungeschicklichkeit ist ein häufiges (aber kein notwendiges) diagnostisches Merkmal. Isolierte Spezialfertigkeiten, oft verbunden mit einer auffälligen Beschäftigung sind häufig, aber für die Diagnose nicht erforderlich. B. Qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktion (entsprechend den Kriterien für Autismus). C. Ein ungewöhnlich intensives umschriebenes Interesse oder begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten (entspricht dem Kriterium für Autismus, hier sind aber motorische Manierismen, ein besonderes Beschäftigtsein mit Teilobjekten oder mit nicht-funktionalen Elementen von Spielmaterial ungewöhnlich). D. Die Störung ist nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer schizotypen Störung (F21), einer Schizophrenia simplex (F20.6), einer reaktiven Bindungsstörung des Kindesalters oder einer Bindungsstörung mit Enthemmung (F94.1 und F94.2) einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung (F60.5) oder einer Zwangsstörung (F42) zuzuordnen. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Autismus-Spektrum-Störung Geistige Behinderung Frühkindlicher (Kanner-) Autismus High functioning autism (HFA) AspergerSyndrom z.B.: Kalenderrechnen, hohes Erinnerungsvermögen, absolutes Gehör, fotografisches Gedächtnis, … Herausragende Leistungen in einem einzelnen Fach bei gleichzeitig insgesamt schwacher Begabung (IQ liegt meist unter 70(!) oder ist durchschnittlich). Es gibt nur etwa 50 bis 100 Savants weltweit, davon sind ca. 50% Autisten. Hypothese: gestörte Filtermechanismen des Kleinhirns Sonderbegabungen kommt durch den Zugriff auf frühe Informationsverarbeitungsschritte zustande; ein Savant hat somit Zugriff auf jede Information, unabhängig von ihrer Relevanz oder emotionalen Bedeutung Folgende auffällige Verhaltensweisen können, aber müssen sich nicht zeigen: Im ersten Lebensjahr: „normal“ ¾Fehlender oder seltener Blickkontakt ¾Auffälliges Verhalten bei Körperkontakt (Schmusen, Streicheln,...) ¾Schlafstörungen ¾Wenig Interesse an Interaktions- oder Bewegungsspielen wie «gugus-dada»oder «hoppe Reiter»-Spielen ¾Keine Reaktion, wenn das Kind beim Namen gerufen wird Intelligenz Echolalie, Pronominalumkehr Kim Peek, das Vorbild von Rainman, ist zwar ein Savant, aber kein Autist Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Beeinträchtigung der Kommunikation und sozialen Interaktion schwere leichte sprachliche Beeinträchtigung Stephen Wiltshire, „the living camera“ frühe Sprachentwicklung pedantische Sprache Sondersprache, sprachliche Neuschöpfungen Spezialinteressen Nonverbale Lernstörung Motorische Ungeschicklichkeit ... Auffälligkeiten vor dem 3. Lebensjahr Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Folgende auffällige Verhaltensweisen können, aber müssen sich nicht zeigen: Folgende auffällige Verhaltensweisen können, aber müssen sich nicht zeigen: Nach dem zweiten Lebensjahr: Im zweiten Lebensjahr: ¾Wenig Interesse an anderen Kindern ¾Fehlende Sprachentwicklung oder Verlust bereits benutzter Worte ¾Sprache fehlt oder ist auffällig, wird kaum zur Kommunikation eingesetzt ¾Kein gemeinsames Betrachten von Dingen und Bildern ¾Auffälliges Spielverhalten mit eingeschränkten Interessen und sich wiederholenden stereotypen Abläufen ¾Kein Zeigen auf Objekte (ausser wenn das Kind sie haben will) ... ¾Kaum Interesse an Bilderbüchern oder Geschichtenerzählen ¾Faszination an sich drehenden Gegenständen ¾Auffällige Hand- und Körperbewegungen … Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Das Wesentliche Wichtigkeit der Diagnose • eine Person, „die die Welt anders als andere [als die Normalen] wahrnimmt und begreift“ • Gefahr langdauernden Leidens auf Seiten des Patienten und seiner Umwelt Tony Attwood, 2007, 15 • … und die dadurch auf ganz andere Weise emotionalem Erleben ausgesetzt ist • • • • Keine Defizitfixierung Andersheit macht neugierig Autisten sind nicht emotionslos autistisches Denken ist sehr differenziert und reichhaltig Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Diagnostik • Zentrum jeder Diagnostik ist die – sorgfältige Anamnese und – sorgfältige Beobachtung • Es muss erfasst werden, ob das Wahrnehmen und Begreifen der Welt autistisch ist, nicht ob genügend Symptome vorliegen • Symptome können lediglich Hinweise auf das geben, was wir im subjektiven Erleben der autistischen Kinder vermuten dürfen • Kompensationsmechanismen können Symptome überdecken. Fehlen bestimmter Symptome spricht nicht gegen Autismus. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie • sekundäre Psychopathologie • Teufelskreis der Fehldiagnose: – verstärkt sekundäre Psychopathologie – diese verstärkt Fehldiagnose –… Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Diagnostik Bisher sind keine somatoorganischen Befunde zum Nachweis von Autismus bekannt. Die Diagnose beruht auf einer sorgfältigen Anamnese (mit ausführlicher Kindheitsanamnese und Fremdanamnese der Eltern und Geschwister), Beobachtung sowie dem psychopathologischen Befund. Schulzeugnisse und private Videoaufnahmen können hilfreich sein. Standardisierte Fragebogenverfahren: •„Autism Diagnostic Interview-Revised“ (ADI-R; Diagnostisches Interview für Autismus – revidiert) • „Autism Diagnostic Observation Schedule-Generic“ (ADOS-G; Diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen) • „Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom“ (MBAS) als ScreeningFragebogen • Fragebogen über Verhalten und soziale Kommunikation (FSK) • „Adult Asperger Assessment“ (AAA) von Baron-Cohen, bestehend aus den Screening-Verfahren „Autismus-Quotient“ (AQ; soziale Fertigkeiten, Aufmerksamkeitsschwankungen, Detailgenauigkeit, Kommunikation, Fantasie/Vorstellungsvermögen) und „Empathie-Quotient“ (EQ). • Skala sozialer responsivität (SRS) Zusätzlich Intelligenz- und Aufmerksamkeitsdiagnostik, Labor, EEG, Bildgebung v.a. zum Ausschluss anderer Erkrankungen. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Autismus-Beurteilungsskala Diagnostik (CARS nach Schopler und Mitarbeiter 1980, bearbeitet von Steinhausen) 1. Beziehungen zu Menschen Ausgeprägte Distanz und Vermeidung 2. Imitation - verbal und motorisch Kind imitiert selten, wenn überhaupt 3. Affekt selten situationsangemessen, rigide 4. Körperbewußtsein, Einsatz des Körpers eigenartige Haltungen oder Bewegungen 5. Beziehung zu nicht-belebten Objekten mangelndes und übermäßiges Interesse 6. Anpassung an Veränderung Überempfindlichkeit auf Veränderungen 7. Visuelle Reaktionsbereitschaft Vermeidung u. bizarrer Gebrauch von Reizen 8. Akustische Reaktionsbereitschaft Vermeidung, Überempfindlichkeit Skala sozialer Responsivität (SRS) • Soziale Bewusstheit • Soziale Kognition • Soziale Kommunikation • Soziale Motivation • Autistische Manierismen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Autismus-Beurteilungsskala (CARS nach Schopler und Mitarbeiter 1980, bearbeitet von Steinhausen) Schwere geistige Behinderung. Die Differentialdiagnose ist bei IQ < 35 und bei sehr jungen Kindern sehr schwierig. Eine gute Interaktion mit dem Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand spricht gegen die Diagnose eines frühkindlichen Autismus. Sprachentwicklungsstörung Die Art der spezifischen Auffälligkeiten der monotonen Modulation, Lautstärke, Sprachflüssigkeit, Sprechgeschwindigkeit, Tonfall und Rhythmus sowie stereotype und repetitive Verwendung der Sprache können von Artikulationsstörungen, expressiver Sprachstörung, entwicklungsbedingter Aphasie, rezeptiver Aphasie, Dysphasie im Rahmen einer rezeptiven Sprachstörung, Epilepsie bei einem Landau-Kleffner-Syndrom (Die Krankheit beginnt zwischen dem dritten und dem siebten Lebensjahr. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (Androtropie). Die vorher altersgemäß entwickelten sprachlichen Fähigkeiten des Kindes gehen innerhalb von Tagen bis Wochen verloren, hinzu kommen Auffälligkeiten im EEG, häufig auch epileptische Anfälle. ) meist gut abgegrenzt werden Verzögerung und Störung der motorischen Entwicklung. Keine motorischen Stereotypien in der Regel bei Störung der motorischen Entwicklung (F82). 1 = altersgemäß bis 4 = hochgradig abnorm Summe über 30 = autistisch, über 37 = hochgradig autistisch Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Demenz: unauffällige intellektuelle Entwicklung geht voraus Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien (F84.4). Es fehlen die für den Autismus typischen Kommunikations- und Interaktionsstörungen. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Geistige Behinderung: Diagnosekriterien Begriffe Intelligenzminderung Schwachsinn Oligophrenie Mental deficiency Geistige Behinderung Mental handicap Mental retardation Geistige Retardierung Diagnostik Weitergehende Diagnostik und Differentialdiagnostik I 9. Reaktion der Nah-Rezeptoren taktile Exploration, Mangel an Schmerzreaktion 10. Angst-Reaktion anhaltende nicht beruhigbare Angst 11. Verbale Kommunikation Fehlen erkennbarer Wörter, bizarrer Einsatz 12. Nonverbale Kommunikation fehlt oder bizarr und unverständlich 13. Aktivitätsniveau (Bewegungsmuster) extrem hoch mit Problemen der Lenkung 14. Funktionsniveau der Intelligenz z.T. retardiert mit extremer Streuung 15. Allgemeiner Eindruck • • • • • • • • Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie 1. Deutlich unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit: – ein IQ von ca 70 oder weniger bei einem individuell durchgeführten Intelligenztest – (bei Kleinkindern durch eine klinische Beurteilung der deutlich unterdurchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit) Geistige Entwicklungsstörung + 2. Gleichzeitige Defizite oder Beeinträchtigungen sozialen Anpassungsfähigkeit der gegenwärtigen – (d.h. der Fähigkeit einer Person, die sozialen Normen ihres Umfelds altersgemäß zu erfüllen) in mindestens zwei der folgenden Bereiche: Soziale Einschränkung – – – – – – – – – – – Kommunikation Eigenständigkeit häusliches Leben soziale/zwischenmenschliche Fertigkeiten Nutzung öffentlicher Einrichtungen Selbstbestimmtheit schulische Fertigkeiten Arbeit Freizeit Gesundheit Sicherheit + 3. Beginn der Störung vor Vollendung des 18. Lebensjahres Geistige Behinderung: Klassifikation Leichte Geistige Behinderung: IQ50-55 Mittelschwere Geistige Behinderung IQ35-40 bis Geistige Behinderung: alternative Klassifikation ca. 70 Entwicklungsstand bei geistiger Behinderung: bis 50-55 leichte geistige Behinderung: 15 Jahre Schwere Geistige Behinderung IQ20-25 bis 35-40 mittlere und schwere geistige Behinderung: Schwerste Geistige Behinderung IQunter 20 bzw. 25 Geistige Behinderung hat viele verschiedene Ätiologien und kann als der letzte gemeinsame Weg unterschiedlicher pathologischer Prozesse betrachtet werden, die die Funktionsfähigkeit des zentralen Nervensystems beeinträchtigen. 6 Jahre schwerste geistige Behinderung 18 Monate Diagnostik Diagnostik Weitergehende Diagnostik und Differentialdiagnostik I Weitergehende Diagnostik und Differentialdiagnostik III Schwere geistige Behinderung. Die Differentialdiagnose ist bei IQ < 35 und bei sehr jungen Kindern schwierig. Eine gute Interaktion mit dem Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand spricht gegen die Diagnose eines frühkindlichen Autismus. Phenylketonurie. Hierbei ist der Nachweis des gestörten Phenylalaninabbaus erforderlich. Sprachentwicklungsstörung Die Art der spezifischen Auffälligkeiten der monotonen Modulation, Lautstärke, Sprachflüssigkeit, Sprechgeschwindigkeit, Tonfall und Rhythmus sowie stereotype und repetitive Verwendung der Sprache können von Artikulationsstörungen, expressiver Sprachstörung, entwicklungsbedingter Aphasie, rezeptiver Aphasie, Dysphasie im Rahmen einer rezeptiven Sprachstörung, Epilepsie bei einem Landau-Kleffner-Syndrom (Die Krankheit beginnt zwischen dem dritten und dem siebten Lebensjahr. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (Androtropie). Die vorher altersgemäß entwickelten sprachlichen Fähigkeiten des Kindes gehen innerhalb von Tagen bis Wochen verloren, hinzu kommen Auffälligkeiten im EEG, häufig auch epileptische Anfälle. ) meist gut abgegrenzt werden Verzögerung und Störung der motorischen Entwicklung. Keine motorischen Stereotypien in der Regel bei Störung der motorischen Entwicklung (F82). Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien (F84.4). Es fehlen die für den Autismus typischen Kommunikations- und Interaktionsstörungen. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Rett-Syndrom normale Geburt und anfänglich normale Entwicklung doch bald treten die typischen Merkmale auf, mal früher, mal später... * Entwicklungsstillstand zwischen dem 6. und 18. Monat! * keine Sprache, oder nur wenige Worte * Regressionsphase, in der Fähigkeiten verloren gehen * insbesondere Verlust der Handmotorik! * auffälliges Kneten der Hände! * oder andere auffällige gleichförmige Handbewegungen * Zähneknirschen * Kopfwachstum verlangsamt sich * autistische Züge, sozialer Rückzug * Schrei- oder Wutphase * pathologisches EEG * mit oder ohne epileptische Anfälle * schaukelnde Bewegungen mit dem Oberkörper * breitbasiger Gang (oder nie laufen gelernt) * Hyperventilation * beginnende Skoliose, die schnell fortschreitet Die geschilderten Symptome laufen in 4 Phasen ab!!!! Rett-Syndrom Das Rett-Syndrom kommt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1: 10.000 bis 15.000 Geburten vor. Es sind fast nur Mädchen betroffen, weil das veränderte X-Chromosom meistens vom Vater stammt. Das Rett-Syndrom gilt als zweithäufigste Ursache für geistige Behinderung bei Frauen! Frühkindliche schizophrene Psychose. Die hierbei auftretenden Wahnsymptome, Halluzinationen oder Verschlechterung des erlangten Niveaus fehlen beim Autismus. Schizoide Persönlichkeitsstörung. Die Differentialdiagnose gegenüber dem Asperger-Syndom ist schwierig (eine weit in die frühe Kindheit zurückführende klare Anamnese mit Auffälligkeiten entsprechend den Leitlinien autistischer Störungen schließt eine Persönlichkeitsstörung aus). Mutismus und Angstsyndrome. Im Vergleich zum Autismus finden sich wesentlich bessere soziale Wahrnehmung, Bindungs- und Spielverhalten bzw. deutlich bessere averbale Reaktivitäten von Mimik, Gestik und Blickkontakt; die Situationen, in denen Auffälligkeiten gezeigt werden, sind selektiv, z.B. unauffälliger Gebrauch der Sprache bei mutistischen Kindern in vertrauter Umgebung. Perinatalschäden und neurologische Dysfunktion. stellen keine Differentialdiagnose, aber häufig Begleiterscheinungen beim Autismus dar. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Rett-Syndrom 1. Entwicklungsstillstand zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat 2. Regression - Verlust bereits erworbener Fähigkeiten wie Laufen, Krabbeln, Sitzen, Sprechen, soziale Kontaktfähigkeit - was im Einzelfall verloren geht kann ganz unterschiedlich sein, ... aber immer ist es das Greifen, die sinnvolle Handmotorik, die verloren geht. Statt dessen setzen Handstereotypien ein - Kneten, Waschen, Zupfen, Schlagen, Klatschen, Haare rupfen, Finger beißen, Zunge fangen... die Bandbreite ist sehr individuell. Sehr häufig - Zähneknirschen. Die Regressonsphase wird häufig von fast pausenlosem Schreien und Weinen begleitet, die sogenannte Schreiphase 3. In der pseudostationären Phase stoppt die Regression, die Mädchen werden wieder zugänglicher und lernfähig, wogegen andere Dinge erstmals auftreten oder sich verschlechtern können: Skoliose, EEG-Veränderungen, epileptische Anfälle, Gang- und Rumpfataxie (der Schritt wird breitbasig, die Mädchen führen mit dem Oberkörper schaukelnde Bewegungen aus), Atemregelstörungen wie Hyperventilation, vereinzelt Hinweis auf Herzrhythmusstörungen (Long-QT-Syndrom). 4. Manche Mädchen bleiben ihr Leben lang in Phase 3, andere treten mit Beginn der Pubertät in die 4. Phase ein - allgemeine motorische Verschlechterung mit Spastiken und starker Skoliose Das Rett-Syndrom verläuft sehr unterschiedlich von Kind zu Kind. Die Übergänge der einzelnen Stadien sind fließend!!! Diagnostik Weitergehende Diagnostik und Differentialdiagnostik II Bindungsstörungen (F94.1/F94.2). Kinder mit Deprivationssyndromen und/oder Sinnesstörungen zeigen nach einigen Monaten in adäquatem Umfeld deutlich schnellere und bessere sprachliche Funktionen als Kinder mit Autismus. Rett-Syndrom. Tritt nur bei Mädchen auf, erworbene Fähigkeiten gehen verloren und typische psychomotorische Entwicklungsstörungen treten auf. Hellersche Demenz bzw. andere desintegrative Störungen. Bis zum Alter von mindestens 2 Jahren liegt eine normale Entwicklung vor, der Verlust erworbener Fähigkeiten differenziert diese Störung vom Autismus. Fragiles X-Syndrom. Die Differenzierung vom Autismus ist durch molekulargenetische Untersuchungen eindeutig möglich. Nur etwa etwa 2% der Kinder mit Autismus zeigen auch ein Fragiles X-Syndrom. Tuberöse Hirnsklerose. Der Ausschluß ist durch spezifische Untersuchungsmethoden (Hautdiagnostik bzw. bildgebende Verfahren) möglich. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Diagnostik Komorbidität Komorbidität Psychopathologische Störungen Bei Kindern häufig ADHS, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen depressive Episoden. Im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus besteht beim AspergerSyndrom ein geringfügig erhöhtes Risiko für eine schizophrene Episode, psychotische Depression oder bipolare Störungen. Gillberg beschrieb ein gehäuftes gemeinsames Auftreten von Anorexia nervosa und Asperger-Syndrom: In einer repräsentativen Stichprobe fanden sich bei 18% der Anorexie-Patientinnen Störungen aus dem Autismus-Spektrum, darunter in 6% ein Asperger-Syndrom. Psychopathologische Syndrome ADHS Tics/TouretteSyndrom Autismu s HFA AspergerSyndrom +++ +++ +++ ++ ++ ++ Störungen der Motorik ++ ++ +++ Zwangssymptome +++ +++ +++ Affektive Störungen ++ ++ +++ Essstörungen +++ ++ ++ Mutismus ++ ++ ++ Schizophrenie - - + Persönlichkeitsstörungen - +++ +++ Aggressives Verhalten +++ +++ +++ Selbstverletzendes Verhalten +++ ++ ++ Schlafstörungen +++ +++ +++ Mit dem frühkindlichen Autismus sind über 40 körperliche Erkrankungen überzufällig häufig assoziiert. Beim Asperger-Syndrom ist dies nicht zu beobachten, eher noch beim Highfunctioning-Autismus. Da viele dieser Erkrankungen mit geistiger Behinderung assoziiert sind, wäre es denkbar, dass die geistige Behinderung führend ist und dazu beiträgt, daßss für den Autismus relevante Gene aktiviert werden und zusätzlich ein Autismus auftritt. • hier wichtig, dass nicht nur die Komorbidität behandelt wird Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Auftreten, körperliche Grundlagen des Autismus: Diagnostik Assoziierte körperliche Erkrankungen und Syndrome • sonst wichtig, dass Komorbidität behandelt wird + = überzufällig häufig assoziiert, ++ = >10%, +++ = >20%, ++++ = >40% Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Komorbidität Problem: Somatische Erkrankungen und Syndrome Autismu s HFA Asperger Syndrom Geistige Behinderung ++++ (bis 80%) - - Kein Spracherwerb Sprachstörungen +++ - - Sinnesmängel (Hörstörungen, Sehstörungen) +++ + - Tuberöse Sklerose + (+) - Neurofibromatose + (+) - Fragiles X-Syndrom + (+) - Andere Chromosomenstörung + (+) - Rett-Syndrom + (+) - Fetales Alkoholsyndrom + (+) - Röteln-Embryopathie + (+) - Häufigkeit: 3,9 bis 13,8 auf 10 000 Menschen in Deutschland etwa 35 000 Autisten Kontinuum von Störungen ohne klare Grenze Geschlechtsverteilung: überwiegend Jungen (ca. 4:1) (Asperger-Syndrom: ca. 12:1) 80% mit geistiger Behinderung (bei Kanner-Autismus) Ursachen: ungeklärt bei Störungen des Gehirns: Kleinhirnstörungen (Wurm und Hemisphären) häufig bei fragilem X-Syndrom Zwillingsuntersuchungen sprechen für familiäre Disposition + = überzufällig häufig assoziiert, ++ = >10%, +++ = >20%, ++++ = >40% nach Gillberg u. Billstedt 2000, Ghazziuddin et. al. 1998 Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Epidemiologie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Epidemiologie Problem: Verwendung von erheblich voneinander abweichenden Kriterien und Definitionen ÆVergleiche praktisch unmöglich Æ schwankende Zahlen Greßnich 2008 Frühkindlicher Autismus: ♂ : ♀ = 3:1 Asperger-Syndrom: ♂ : ♀ = 8:1 Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Zunahme der Fallzahlen in den letzten Jahrzehnten (Prior 2003): vermehrte Aufmerksamkeit für Verhaltensauffälligkeiten und psychische Störungen zunehmende Bekanntheit der Syndrome in der Fachwelt, aber auch bei den Betroffenen selbst (Information und Austausch über das Internet, Selbstdiagnosen) viele Betroffene wurden in ihrer Kindheit nicht oder fehldiagnostiziert Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Theorien über Autismus-Entstehung Bleuler (1911) psychotische Persönlichkeitsstörung mit extremer Selbstbezogenheit und Insichgekehrtheit und phantastisch-impulsiver (autistischer) Sprache Kanner (1943) negative Einflüsse des Elternhauses (Kühlschrank-Eltern) Bettelheim permanente Nicht-Reaktion der Mutter (der Eltern) auf die Wünsche des Säuglings, führt zur Überzeugung, dass eigene Anstrengungen die Welt nicht beeinflussen können bzw. dass eigenes Handeln katastrophale Folgen auslöse Delacato: "Sensorismus" Sinnesbahn eines der 5 Sinne zum Gehirn gestört, Verhalten versucht diese Sinnesbahn zu aktivieren. Tinbergen • milieubedingte und psychogene Störung des emotionellen Gleichgewichts mit ununterbrochenem Motivationskonflikt und Wunsch des Ausweichens, als Angst • Ursachen sind Komplikationen bei Geburt, Trennung von der Mutter, Milieuschäden, organische Schäden • Zivilisationskrankheit, Kinder in der heutigen Gesellschaft überfordert • autistisches Verhalten ist funktionelle Anpassung, kann aber zur Abwärtsspirale führen Ätiologie Die Ursachen des Autismus sind bis heute nicht vollständig geklärt. Man vermutet eine multifaktorielle Genese: genetische Ursachen biologische Umweltfaktoren psychosoziale Risikofaktoren Hirnschädigungen und -funktionsstörungen biochemische Anomalien assoziierte körperliche Erkrankungen komorbide psychopathologische Störungen neuropsychologische und kognitive Auffälligkeiten emotionale Störungen und Störungen der Theory of Mind/Empathie Die Konsequenz ist eine Entwicklungsstörung neuronaler Netze („neurodevelopmental disorder“) Æ Fehlverarbeitung komplexer Information Æ Beeinträchtigung grundlegender Gehirnfunktionen, die die Kontaktfähigkeit steuern bzw. beeinflussen Die bis in die 1960er-Jahre vertretene These, Autismus entstehe durch emotionale Kälte der Mutter („Kühlschrankmutter“) gilt als widerlegt. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Ätiologie Störung der Exekutiven Funktionen Mangelnde zentrale Kohärenz Das Konstrukt der EF vereint Funktionen wie Antizipation, Planung, Handlungsinitiierung, Arbeitsgedächtnis, kognitive Flexibilität, Koordinierung von Prozessen, Impulskontrolle, Sequenzierung und Zielüberwachung in sich. Æ Schwierigkeiten bei allen Planungsprozessen, insbesondere bei zielgerechtem und problemorientiertem Handeln Æ Schwierigkeiten, Strategien zur Problemlösung zu entwickeln (z.B. beim Turm von Hanoi) Æ Schwierigkeiten bei der Umstellung von einem Lösungsweg auf den anderen (z.B. bei Labyrinthaufgaben) Æ Perseveratorisches Verharren bei einer einmal eingeschlagenen Strategie „vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen“ Zentrale Kohärenz meint die Tendenz, ganzheitlich, kontextbezogen und gestaltmäßig zu denken und wahrzunehmen. ‘Schwache’ zentrale Kohärenz: Vorteile im täglichen Leben Æ Schnelles Finden von Objekten, Fehlern Æ Gutes Korrekturenlesen Æ Gutes wörtliches Behalten Æ Objektiver Standpunkt Æ Systematischer Erwerb von Fakten, Objekten Æ Stärke im Mosaik-Test des HAWIK Nachteile im täglichen Leben Æ Wenig Orientierung auf Sinnhaftigkeit Æ Gedächtnis für Details kann zu gut sein! Æ Unabhängigkeit vom Kontext kann zu weit gehen! Æ Wenig Relativität: Schwarz-weiss-Malerei Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Defizite in der Theory of Mind Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Theory of Mind ‚Mentalisieren‘ bzw. ‘Theory of mind’ ist Fähigkeit, sich in das Denken und Fühlen anderer Menschen hineinversetzen zu können und deshalb auch deren Handlungen voraussehen zu können. Sie ermöglicht unmittelbares Verstehen des Verhaltens anderer Personen durch implizite Attribution von Gedanken, Wünschen, Gefühlen, Überzeugungen. Æeingeschränkte Fähigkeiten, physikalische Vorgänge von psychischen Vorgängen zu unterscheiden Æ unzureichendes Verständnis für psychische Vorgänge Æ Schwierigkeiten in der sprachlichen Bezeichnung psychischer Vorgänge Æ eingeschränkte Fähigkeit fiktive Spiele auszuführen Æ Einschränkungen im Verständnis emotionaler und sozialer Situationen ÆEingeschränkte Fähigkeiten im Verständnis metaphorischer Bedeutungen (z.B. Ironie, Witze) Æ Eingeschränkte Fähigkeit die Intentionen anderer Personen zu erkennen Æ Eingeschränkte Fähigkeit zu unterscheiden, ob Ereignisse zufällig eingetreten sind oder absichtlich herbeigeführt wurden Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Mentalizing Ätiologie Defizite in der Theory of Mind ‚Mentalisieren‘ bzw. ‘Theory of mind’ ist Fähigkeit, sich in das Denken und Fühlen anderer Menschen hineinversetzen zu können und deshalb auch deren Handlungen voraussehen zu können. Sie ermöglicht unmittelbares Verstehen des Verhaltens anderer Personen durch implizite Attribution von Gedanken, Wünschen, Gefühlen, Überzeugungen. Æeingeschränkte Fähigkeiten, physikalische Vorgänge von psychischen Vorgängen zu unterscheiden Æ unzureichendes Verständnis für psychische Vorgänge Æ Schwierigkeiten in der sprachlichen Bezeichnung psychischer Vorgänge Æ eingeschränkte Fähigkeit fiktive Spiele auszuführen Æ Einschränkungen im Verständnis emotionaler und sozialer Situationen ÆEingeschränkte Fähigkeiten im Verständnis metaphorischer Bedeutungen (z.B. Ironie, Witze) Æ Eingeschränkte Fähigkeit die Intentionen anderer Personen zu erkennen Æ Eingeschränkte Fähigkeit zu unterscheiden, ob Ereignisse zufällig eingetreten sind oder absichtlich herbeigeführt wurden Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Mentalisierung Kind Gegenüber Entwicklung von Denken und Verstehen bewusst: symbolische Repräsentanz: „Gefühle“ - Sprache unbewusst: undifferenzierte Affekte quälende Beunruhigung Durch das Rückspiegeln eines Gegenüber kann die Symbolisierung von Affekten, also das bewußte Fühlen entwickelt werden. Dies ist ein notwendiger Schritt der IchEntwicklung. Durch das Spiegeln wird das Bild von sich selbst entwickelt. Durch den Gefühlsausdruck des Gegenüber wird eine Vorstellung vom anderen entwickelt. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Hintergrund des Autismus • Unmöglichkeit andere Menschen oder soziale Situationen einzuschätzen Sprach e Mimik Gestik Verarbeitung im Denken und Fühlen Aufnahme der quälenden Beunruhigunng Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Identifizieren von Emotionen Emotionen aus den Augen ablesen: RMIE • Alle Begegnungen und alle soziale Situationen machen Angst • Autismus-Symptome sind überwiegend ein Versuch der Angstberuhigung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Defekt des Spiegelneuronen-Systems Spiegelneurone sind Nervenzellen, die im Gehirn während der Betrachtung eines Vorgangs die gleichen Potenziale auslösen, wie sie entstünden, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet, sondern (aktiv) gestaltet würde. „Eine große Anzahl von Studien zeigte auf, dass die Beobachtung von Tätigkeiten bei Anderen im Menschen ein komplexes Netzwerk, gebildet aus okzipitalen, temporalen und parietalen visuellen Gebieten aktiviert und zwei kortikale Regionen mit überwiegend motorischer Funktion. […] Die letzten beiden Regionen sind der kraniale Teil des Lobus parientalis inferior, der untere Teil des präzentralen Gyrus und der hintere Teil des inferioren frontalen Gyrus (IFG). Diese Regionen bilden den Kern des menschlichen Spiegelneuronensystems.“ (Rizolatti u. Craighero, 2004) Bei Menschen mit Autismus wird ein Ausfall bzw. eine Entwicklungsstörung des Spiegelneuronensystems vermutet. Dies führt zu Æ Defiziten in der Fähigkeit zur Imitation ÆEinschränkungen im emotional-sozialen Bereich (geteilte Aufmerksamkeit, Phantasie-Spiel, Theory of Mind) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Remschmidt /Kamp-Becker 2007 Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Remschmidt/Kamp-Becker 2007 Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Ätiologie Hirnanatomische, neurophysiologische und biochemische Veränderungen beim Asperger-Syndrom extreme male brain theory Größeres Hirnvolumen in den ersten Lebensjahren im Vergleich zu Kontrollen Reduktion der grauen Substanz im frontostrialen Bereich und Kleinhirn Metabolische Veränderungen im präfrontalen Kortex Abweichungen der Anordnung der Zellsäulen in 3 Hirnregionen Geringere Aktivität (PET) in Strukturen des Mentalisierungsnetzwerks während einer sozialen Attribuierungsaufgabe Anomalien im peptidergen System (speziell im Oxytocin-System) Geringere rechtshemisphärische Aktivierung im Bereich des Gyrus fusiformis bei der Verarbeitung von Gesichtern, hingegen erhöhte rechtshemisphärische neuronale Aktivität im Bereich des Gyrus temporalis inferior, die bei nicht-autistischen Menschen eher bei Objekterkennung aktiviert wird bei den autistischen Probanden geringere Aktivierung der Amygdala Baron-Cohens extreme male brain theory besagt, dass Autisten, verursacht durch einen hohen Testosteronspiegel im Mutterleib, ein extrem ausgeprägtes männliches Gehirn haben. Seine Mitarbeiter und er untersuchten bei 58 schwangeren Frauen den Testosteronspiegel im Mutterleib. Solche Kinder, die im Mutterleib einem erhöhten Testosteronspiegel ausgesetzt waren, zeichneten sich gegenüber normalen Kindern durch einen kleineren, aber qualitativ höheren Wortschatz und selteneren Blickkontakt aus. Im Alter von vier Jahren waren diese Kinder weniger sozial entwickelt. Dem zugrunde liegt Baron-Cohen's empathising-systemising theory (E-S), die besagt, dass sich das Gehirn von Kindern, die im Mutterleib einem erhöhten Testosteronspiegel ausgesetzt waren, in Richtung zu einer verbesserten Fähigkeit, Muster zu sehen und Systeme zu analysieren, entwickelte. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ätiologie Ätiologie Francis Tustin (aktuelle psychoanalytische Sichtweise) Es gibt keine normale autistische Entwicklungsphase. Autismus ist damit auch nicht Regression in einen solchen frühen Zustand. Als autistisch sollte nur ein pathologischer Zustand benannt werden. Dem Autismus liegt eine traumatisch erlebte (auch körperliche) Trennungserfahrung von der Mutter (primäre Bezugsperson) zugrunde. Diese traumatische Erfahrung ist Folge einer unangemessenen Ungetrenntheit zwischen Kind und Mutter, in der das Kind keine Verschiedenheit von der Mutter erleben konnte. Als Folge der traumatischen Trennungserfahrung meidet der Autist alle weiteren Kontakte mit der Möglichkeit weiterer schmerzhafter Erfahrung. Stattdessen schafft er sich als Schutz eigene autistische Objekte. Autistische Symptome sind Schutz, sie sollen die noch dauernde Anwesenheit des mütterlichen Körpers suggerieren. Wenn mit zunehmendem Alter der Trennungsschmerz dann doch ins bewußte Erleben vordringt, wird therapeutische Hilfe gesucht. Psychoanalytische Therapie versucht diese traumatisierende frühe Trennungserfahrung aufzuarbeiten. Dazu muß diese Therapie zunächst Halt geben, dann die Trauer über den Verlust ermöglichen. Dadurch wird Vorstellung für andere Menschen geschaffen und entsteht eine Symbolisierungsfähigkeit. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie "Um diese Kernmerkmale zu identifizieren, mussten wir unter die Oberfläche der Symptome schauen. Dann erst konnten wir den roten Faden entdecken, der sich durch die Befunde zieht. Es ist dies die Unfähigkeit, Informationen so zusammenzufassen, dass sie kohärente und bedeutungshaltige Vorstellungen ergibt. Die Veranlagung der Psyche, aus der Welt Sinn herauszulesen, ist gestört. Genau diese besondere Störung in der 'Mechanik der Psyche' kann die wesentlichen Merkmale des Autismus erklären. Der Rest ist sekundär. Wenn wir diese Tatsache aus dem Auge verlieren, verfehlen wir auch den übergreifenden Zusammenhang.“ Uta Frith, 1992 Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Therapie Einschätzung der Effektivität von Interventionstechniken in der Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen Empirisch gut abgesicherte und allgemein anerkannte Verfahren: - generell verhaltenstherapeutische Verfahren und Therapieprogramme (zum Beispiel ABA-Ansatz, Lovaas, 1987; TEACCH, Mesibov, 1997) Empirisch mäßig abgesicherte, aber potenziell wirksame Verfahren: - Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten: „theory of mind“-Training, Förderung des sozialen Verständnisses Empirisch nicht abgesicherte, aber in bestimmten Fällen hilfreiche Verfahren: - Ergotherapie, Physiotherapie, sensorische Integration Zweifelhafte Methoden: - gestützte Kommunikation, Festhaltetherapie, Diäten, Vitamin- und Mineralstofftherapien, Sekretin, Therapie der visuellen und auditiven Wahrnehmung, wie Auricula-Training, Tomatis-Therapie, Irlen-Therapie, auditives Integrations-Training Weitere nach Elternberichten förderliche Verfahren: - Reittherapie, aktive (gegebenenfalls unterstützte) Freizeitgestaltung (zum Beispiel Sport, Musik, Schachverein) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Therapie Bisher gibt es kein spezifisches Medikament zur Behandlung des Autismus. Es wird empfohlen, komorbide Störungen (Depression, Ängste, ADHS) mit den bei diesen Störungen bewährten Medikamenten zu behandeln: Zielsymptome Medikation Aggressives und Selbstverletzendes Verhalten Atypische Neuroleptika Lithium, Antikonvulsiva Clonidin Stereotypien, Rituale SSRI Atypische Neuroleptika Hyperaktivität, impulsives Verhalten Stimulanzien Atypische Neuroleptika Clonidin Naltrexon Angstzustände Buspiron Atypische Neuroleptika Clonidin Depression Antidepressiva vom Typ des SSRI Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie TEACCH-Programm „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“ • • • • • • Beginn möglichst im ersten Lebensjahr Nicht zu viele Bezugspersonen Möglichst 24-Stunden-Therapie Aufbau von Beziehung, zunächst durch Imitation, Begleitung Regelmäßige, vorhersagbare Routine Verlässlich gleichbleibende Umgebung Konkret statt abstrakt Vorhandene Fähigkeiten ausbauen Verhaltenstherapeutische Techniken Visuelle Lernmethoden ohne lange mündliche Erklärungen Musische Fähigkeiten fördern und einsetzen Sensorische Integration Kontakt zu Normalkindern Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Therapie Medikamente • Therapie Verständnis der typischen Schwierigkeiten von Menschen mit Autismus Individuelle Diagnostik und Förderung Kooperation mit Eltern/Familien Optimierung der Fähigkeit, in seiner Lebenswelt zurechtzukommen Ganzheitlichkeit (Förderung sämtlicher Aspekte der Persönlichkeit) Kompetenzorientierung und Respekt vor Andersartigkeit Strukturierung, kognitive Ansätze und Verhaltenstheorie Wesentliche Elemente sind • Strukturiertes Lernen • Visualisierung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Therapeutische Interventionen bei AspergerSyndrom und „High-Functioning“-Autismus (Remschmidt, mozifiziert nach Mesibov 1992) 1.Individuelle Behandlung • Anregung von Lernprozessen zur eigenen Lebensperspektive • Aufbau einer Beziehung und des Gespürs für Vertrauen • Anregung zur Analyse und Organisation der eigenen Denkprozesse • Herausarbeitung der Zusammenhänge von Ereignissen • Einübung der Bewältigung von Alltagsproblemen 2. Einübung sozialer Fertigkeiten in einer Gruppensituation • Förderung des Interesses an sozialen Interaktionen • Förderung des Verständnisses sozialer Regeln • Vermittlung sozialer Erfahrungen 3. Berufliches Training und Beschäftigung • Nutzung der Spezialinteressen für die berufliche Ausbildung • Bereitstellung beruflicher Möglichkeiten, die den besonderen individuellen Fähigkeiten angepasst sind • Vermeidung von Beschäftigungen, die intensive soziale Kontakte erfordern 4. Medikation • Zielorientierte Anwendung einer Medikation nach Maßgabe der Symptomatik bzw. der Verhaltensauffälligkeiten • Die Medikation darf stets nur eine Komponente in einem umfassenden Behandlungsplan sein. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze ABA (Lovaas) • Applied Behavoiur Analysis = angewandte Verhaltensanalyse • konsequente Belohung erwünschten Verhaltens • ggf. Einschluss sprachlichen Verhaltens Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Tiergestützte Therapie Aufmerksamkeits-Interaktionstherapie Hartmann (1986) Kontaktaufnahme zum Tier einfacher • Theory of mind – Defizit fällt nicht so ins Gewicht Schritte: • Spiegeln durch Imitation oder Unterbrechung • größere Sensibilität fürs Tier? • Variation des Spiegelns oder Verhaltens • beruhigt Ängste • Neugierde (Aufmerksamkeit) des Betroffenen • Tiere sensibel? • Imitation des variierten Spiegelns durch Betroffenen • Integration neuer Kompetenzen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Weitere Therapieformen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Spezialformen „Spezialmethoden“ bzw. umstrittene Therapieansätze: Festhaltetherapie (Tinbergen, Welch, Prekop, Janssen) • • • • • Kommunikative Sprachtherapie Sensorische Integrationstherapie Lautsprachbegleitende Gebärdensprache Individuelle Aufbautherapie … Auflösen von Bindungsstörungen durch intensives "aggressionsfreies" Festhalten, so lange, bis sich die Erregung legt und sich eine Bereitschaft zum „freudige[n] Erleben der Zärtlichkeit“ einstellt; der Widerstand des Kindes gegen Nähe und Körperkontakt soll gebrochen und so das Urvertrauen nachträglich entwickelt werden Gestützte Kommunikation = Facilitated Communication (FC) Annahme, dass manche angeblich geistig behinderte Personen über kognitive Fähigkeiten verfügen, aber unfähig sind, diese ohne fremde Hilfe auszudrücken. Durch eine minimale körperliche sowie emotionale Stütze während des Zeigens (häufig am Arm) können sie ihre motorischen und/oder psychischen Barrieren überwinden. Der Stützer darf dabei keinesfalls die Führung übernehmen, sondern nur die vom FCSchreiber ausgehenden Impulse unterstützen. Nach einer Vergleichsuntersuchung von Biermann (1999) über sämtliche 44 bis dahin publizierten Studien konnten ca. 80 % der untersuchten FC-Schreiber keinerlei authentische Kommunikation produzieren, hingegen war bei 77 % der untersuchten Schreiber Stützereinfluss nachweisbar. Bei den 20 % der FC-Schreiber, die mindestens eine authentische Kommunikation produzierten, entsprach dann allerdings das Niveau der FC-Kommunikation in der Regel dem der Kommunikation ohne Stütze. (vgl. Ouija- oder Carpenter-Effekt) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Festhaltetherapie Gedanken zur FC = Facilitated Communication • • • Zurückgeführt auf Bruno Bettelheim und Nikolaas Tinbergen Martha Welch Jirina Prekop (1981): „Unter der festen Umarmung Die therapeutische Wirkung der gestützten Kommunikation muß diskutiert werden: entsteht für zwei nah verbundene Menschen (Paar, Eltern und Kind) die Chance, einen sprachlich nicht zu bewältigenden Konflikt von Antlitz zu Antlitz gegenseitig auszudrücken, sich ineinander einzufühlen und die bedingungslosen Liebe zu erneuern, bis jeder von den beiden sich frei fühlt.“ • Liegt in der Versprachlichung der ungetrennten Einheit durch den Unterstützer ein Lernen oder ein therapeutisches Potential für den autistischen Menschen? • • Körperbezogene Interaktionstherapie (KIT) nach Jansen Vorgehen: Festhalten auch gegen Widerstand Ziel: den Willen brechen • • • Zwang? Stockhom-Syndrom? Traumatisierungsberichte • Spielt heute keine wesentliche Rolle in der Autismustherapie mehr Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie • Ist die enge Unterstützung als Angstreduktion das therapeutische Wirkprinzip? • Muß der Unterstützer nicht gerade ein gerade erträgliches Maß an Trennung einführen, um dem Autisten zu einer eigenen Sprache zu verhelfen? • Muß dazu nicht gerade von einer Fixierung auf die genialen Inhalte der Texte abgesehen werden? Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Psychotherapie • In vielen therapeutischen Ansätzen enthalten • Übliches psychotherapeutischen Setting oft ungeeignet • stark abhängig von der Person des Therapeuten • Anpassung des Settings: – auf Akzeptanz des Therapeuten achten – auf sprachliche Besonderheiten achten – kürzer aber häufiger – klar und strukturiert – evtl. schriftliche Zusammenfassungen – ggf. elektronische Hilfsmittel – konkrete Hilfsmittel zur Gefühls- und Gedankenssymbolisierung – hilfreiche Erklärungen – Klärung der Beziehung • Psychotherapie für Angehörige? Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie aus dem Inhalt: Wichtige Themen in der Therapie: Grundlagen Schematische Therapieprogramme sind nicht sinnvoll Es muß jede Therapie ganz individuell auf jeden Einzelnen eingestellt und angepasst werden Jeder hat unterschiedliche Zugangswege und ist darin von anderen unterschieden Es gibt nicht die eine beste Therapie Therapie sollte multimodal sein Soziale Integration ist ein zentraler Baustein der Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Es scheiden sich die Geister darüber … Freundschaft und Beziehungen Sexualität Wohnen Schule Arbeit und Beruf Freizeit Krisensituationen Angehörige, Bezugspersonen Weiterführende Hilfen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Affektive Beruhigung Wahrnehmungsschulung • Aufmerksamkeit auf die individuellen Reaktionen vermeidet Überforderung • konstante Beziehung ermöglicht Vertrauen • Wertschätzung der Fähigkeiten baut Selbstvertrauen auf • Emotionales Einschwingen schafft basale Beruhigung • zunehmende Emotionsdifferenzierung beruhigt tiefe innere Gefühle Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie • Schulung der Wahrnehmung durch die Umgebung • Lernen der Wahrnehmung von Innenleben und Reaktionen der anderen • Integrationsförderung der verschiedenen Wahrnehmungen • bessere soziale Orientierung durch integrierte Wahrnehmung • Aufbau eines verlässlichen Intuitionsersatz • Intuitionsentwicklung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Studienergebnisse Beispiel FC: Schullaufbahn • bisher kaum wirklich verlässliche Ergebnisse aus kontrollierten und randomisierten Studien • (Randomisierung bei Autisten noch schwerer möglich als bei anderen Patienten) Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Prognose Heilung? • Frühkindlicher Autismus (Kanner) – 1-2% als Erwachsene unauffällig – 5-15% grenzwertig auffällig – 16-25% auffällig, aber gut betreubar – Über 60% dauerhaft massiv auffällig mit bleibendem hohem Betreuungsbedarf • Asperger – Deutlich günstigerer Verlauf – u.U. ebenfalls hoher Betreuungsbedarf (Leben in spezialisierter Einrichtung • es lässt sich bei autistischen Kindern und Jugendlichen viel erreichen, braucht aber dafür Geduld • kurzfristiger stärkere Effekte lässt sich über ein Verständnis der Umwelt erreichen • altersabhängig kann auch ein Wissen über den eigenen Autismus entlasten • langfristig muss eine Integration in gesellschaftliche Strukturen erfolgen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Integration in Arbeit und Schule Prognose • Frühkindlicher Autismus (Kanner) – 1-2% als Erwachsene unauffällig – 5-15% grenzwertig auffällig – 16-25% auffällig, aber gut betreubar – Über 60% dauerhaft massiv auffällig mit bleibendem hohem Betreuungsbedarf • Asperger – Deutlich günstigerer Verlauf – u.U. ebenfalls hoher Betreuungsbedarf (leben in spezialisierter Einrichtung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Eine andere Sichtweise Kriterien für die Entdeckung von Aspie von Attwood und Gray A. Qualitative Vorteile in sozialer Interaktion, manifestiert in der Mehrzahl der folgenden Punkte: 1. Beziehungen zu Altersgenossen geprägt von absoluter Loyalität und untadeliger Zuverlässigkeit 2. frei von sexistischer, ‘alters-istischer’ oder kulturalistischer Voreingenommenheit, Fähigkeit andere mit ihrem ‘Nennwert’ zu betrachten 3. man sagt, was man denkt, ungeachtet des sozialen Kontextes bzw. Festhalten an der eigenen Meinung und Einstellung 4. Fähigkeit, persönliche Theorien oder Perspektiven zu verfolgen trotz offenkundiger Konflikte 5. Suche nach Zuhörern oder Freunden mit folgenden Fähigkeiten: Enthusiasmus für einzigartige Interessen und Themen; Wertschätzung von Details; Zeit verbringen, ein Thema zu diskutieren, das möglicherweise nicht von primärem Interesse ist 6. Zuhören, ohne permanentes Urteilen oder voreilige Schlüsse zu ziehen 7. hauptsächlich interessiert an signifikanten Beiträgen eines Gesprächs; Neigung ‘ritualistischen small talk’ oder sozial triviale Bemerkungen und oberflächliche Konversation zu vermeiden 8. Suche nach aufrichtigen, positiven, ehrlichen Freunden mit einem zurückhaltenden Sinn für Humor B. Flüssig in ‘Aspergerese’ einer sozialen Sprache, charakterisiert durch mindestens drei der folgenden Punkte: 1. Entschlossenheit, die Wahrheit zu suchen 2. Konversation frei von versteckten Bedeutungen oder Andeutungen 3. fortgeschrittenes Vokabular und Interesse an Wörtern 4. Faszination an auf-Wörter-basierendem-Humor, wie in Wortspielen 5. fortgeschrittener Gebrauch von bildhaften Vergleichen Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Autismus ist Eine andere Sichtweise C. Kognitive Fähigkeiten, charakterisiert durch mindestens vier der folgenden Punkte: 1. starke Bevorzugung von Details vor dem Gesamtbild 2. originelle, oft einzigartige Weise der Problemlösung 3. außergewöhnliches Gedächtnis und/oder Erinnerung an Details, die oft von anderen vergessen oder ignoriert werden, wie z.B. Namen, Daten, Zeitpläne, Routinen 4. begierige Ausdauer Informationen über ein interessierendes Thema zu sammeln und zu katalogisieren 5. Beharrlichkeit des Denkens 6. enzyklopädisches, oder ‘CD-ROM’ Wissen über ein oder mehrere Themen 7. Wissen um Routinen, und ein fokussierter Wunsch, Ordnung und Genauigkeit zu bewahren 8. Klarheit um Werte/Entscheidungen, ungeachtet politischer oder finanzieller Faktoren D. Mögliche zusätzliche Merkmale: 1. scharfe Empfindlichkeit gegenüber spezifischen sensorischen Erfahrungen und Stimulierungen, z.B. Hören, Berührung, Sehen, und/oder Geruch 2. Stärke in Einzelsportarten oder Spielen, insbesondere solche, die Ausdauer oder scharfes Sehen verlangen, einschließlich Rudern, Schwimmen, Bowling/Kegeln, Schach 3. ‘sozial unbesungener Held’ mit vertrauensvollem Optimismus: häufiges Opfer der sozialen Schwächen anderer, dennoch standfest im Glauben an die Möglichkeit ehrlicher Freundschaft 4. erhöhte Wahrscheinlichkeit über der allgemeinen Bevölkerung nach der weiterführenden Schule eine Universität/Hochschule zu besuchen 5. oft fürsorglich anderen gegenüber außerhalb des Rahmens der typischen Entwicklung Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ich will raus hier Text: Hartmut Engler / Ingo Reidl / Birger Sellin Musik: Hartmut Engler / Ingo Reidl Er plapperte schon Worte wie es kleine Leute tun Alles schien in Ordnung und gesund doch mit nicht mal ganz zwei Jahren blieb seine Sprache stumm scheinbar ohne Grund Und er schrie viel und tobte zog sich dann weit in sich zurück und nach falscher Diagnose und nach Ratlosigkeit blieb nur eins: "wohl verrückt" einsam, traurig, Kastenmensch lebendig begraben, ein steinernes Wesen das mich im Kerker gefangenhält Er spielte mit den Murmeln und er saß gern unter'm Tisch so blieb lange vieles unendeckt bis nach Jahren eines Tages eine neue Therapie zeigte was da in ihm steckt "... eines der kompliziertesten natürlichen Phänomene, die es überhaupt gibt" Elisabeth und Niko Tinbergen "... die schwierigste und am meisten irreführende, die bizarrste und am wenigsten beeinflussbare Verhaltensstörung" Carl H. Delacato Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Ich will raus hier Und er schreibt am Computer Und er schreibt gestützt auf Mutter's Hand Er schreibt in seiner eignen Sprache Kämpft mit Worten und Verstand gegen seine Kerkerwand einsam, traurig, Kastenmensch lebendig begraben, ein steinernes Wesen das mich im Kerker gefangenhält Wo ist der Weg in die richtige Welt? Ich will raus hier aus der Kistenwelt in die wirre Welt ich will kein in mich mehr sein Ich will raus hier Wuchernde Erdklumpen auf meiner Seele, unruherastlopfiger Geistüberfall Chaosgedanken, autistischer Panzer Ohneichwesen und rohe Gestalt Isolationshaft in zwanghafter Weise bin ich ein Sklave der Wunderangstmacht Ich will raus hier versteh mich aus der Kistenwelt begreif mich in die wirre Welt und lieb mich doch ich will kein in mich mehr sein Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Birger Sellin Ich will kein inmich mehr sein Botschaften aus einem autistischen Kerker Verlag: Kiepenheuer Witsch, Köln ISBN-Nr. 3-462-02463-9 Ein Zwanzigjähriger, schwer autistisch behindert und seit seinem zweiten Lebensjahr verstummt, schreibt Texte von bizarrer Schönheit. Sie lassen uns in die "welt der kastenmenschen" blicken und zeugen von den Qualen, denen der Autor ausgesetzt ist. Bevor der stumme Autist Birger Sellin im August 1990 seine ersten Buchstaben in den Computer tippte, war er vermutlich einer der unterschätztesten Menschen der Welt und in einem Maße einsam, wie es für Normalmenschen kaum vorstellbar ist. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Birger Sellin ich deserteur einer artigen autistenrasse. neue botschaften an das volk der oberwelt Dokumente des Fortschritts nach dem »Inmich«-Buch, der Verzweiflung, der Hoffnungen Autor Birger Sellin, 1973 in Berlin geboren, ist seit seinem zweiten Lebensjahr schwer autistisch behindert. Er kann sich ausschließlich schriftlich und mit fremder Hilfe äußern. Birger Sellin begann im Alter von 17 Jahren mit Hilfe seines Computers zu schreiben: erst einzelne Buchstaben, die nach und nach zu ungewöhnlich faszinierenden Texten wurden. 1993 erschien sein erstes Buch ich will kein inmich mehr sein. botschaften aus einem autistischen kerker. Diese neuen Texte berichten von seinem Leben seither. »ich will kein inmich mehr sein« hieß die erste Veröffentlichung des autistischen Birger Sellin, der im Alter von 17 Jahren begann, mit Hilfe eines Computers zu schreiben. Nun erscheinen neue Texte. Sie zeugen von der Freude des jungen Mannes über Fortschritte, die er inzwischen auf vielen Gebieten gemacht hat, aber auch von der Verzweiflung nach Niederlagen und von Hoffnungen, die sich nicht erfüllten. Nach dem Erscheinen seines ersten Buches »ich will kein inmich mehr sein« (KiWi 382) hat Birger Sellin Hunderte von Leserzuschriften erhalten, und immer wieder tauchte darin die Frage auf »Wie geht es weiter?« Dem Autismus ist er nicht entronnen, aber viele Etappen auf dem Weg zu mehr Selbständigkeit konnte er erreichen. Was uns, dem volk der oberwelt, so selbstverständlich erscheint, sind für ihn, den deserteur, Leistungen von höchster Anstrengung. Birger Sellin hat in einem inzwischen preisgekrönten Film sich selbst dargestellt (»wie ein wuchernder erdklumpen auf der seele«, WDR 1994), er hat ein Kolleg für Erwachsenenweiterbildung besucht, Einzelunterricht erhalten, Fremdsprachen erlernt. Von seiner Freude darüber, seiner Verzweiflung nach Niederlagen, seinen ungestillten Hoffnungen zeugen diese Texte. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie 10-jähriger Junge: depressiv-aggressive Mutter, aggressionsgehemmter Vater Container eng und schwarz Keine eigene Entfaltungsmöglichkeit Permanente Angst Gedanken zur FC = Facilitated Communication Hilfe geschieht durch Stütze des Armes/der Hand: also auf körperlicher, damit auf vorsprachlicher Ebene = auf primärprozeßhafter Ebene, nicht auf Ebene strukturierten Denkens Auf dieser Ebene gibt es keine Gedanken und keine Getrenntheit Deshalb ist es müßig, zu diskutieren ob die Texte der FC vom Patienten oder vom Unterstützer stammen, sie stammen aus einer ungetrennten Einheit von Unterstützer und Patient. Alle Untersuchungen, die darauf abzielen, ob ein eigenes Denken des Autisten die Texte produziert, müssen zu einem negativen Ergebnis führen. Die Texte geben etwas vom inneren Erleben von Autisten wieder, da in der ungetrennten Einheit mit dem Unterstützer auch der autistische Mensch mit seinem vorsprachlichen Erleben enthalten ist. Die Ansicht, dass das Denken der Autisten immer in diesem vorhanden ist und lediglich durch fehlende Kommunikationsfähigkeit in diesem abgeschlossen bleibt, ist falsch, da es erst in Verbindung mit dem Unterstützer entsteht. Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Botschaft an Sie: aus Christine Preißmann: Psychotherapie bei Menschen mit Asperger-Syndrom „Natürlich ist die Behandlung von Menschen mit Autismus nicht immer einfach, im Gegenteil, Sie, die Therapeuten, werden wahrscheinlich in vielen Fällen immer wieder an Ihre Grenzen stoßen. Dennoch möchte ich Sie zu einer Zusammenarbeit mit autistischen Menschen ermutigen. Diese mögen zwar auf den ersten Blick ablehnend oder sogar feindselig wirken, aber bei näherem Hinsehen erkennt man doch meist, dass wohlwollende Hilfsangebote gern angenommen werden. Wenn Sie sich also auf eine solche Arbeit einlassen wollen, vergessen Sie bitte zunächst einmal die meisten theoretischen Dinge, die sie irgendwann einmal über Autismus gelesen und gelernt haben. Versuchen Sie vielmehr zu erkennen, was Ihr jeweiliges Gegenüber gerade am meisten benötigt.“ Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Gibt es einen ethischen Aspekt? Verstehen wie Autisten wahrnehmen und denken: • Goldene Regel • Kategorischer Imperativ (Kant): „Handle immer so, dass der andere Mensch nie nur Mittel sondern immer Zweck des Handelns ist.“ • Heute: Utilitarismus = größter Nutzen • Radikale personale Ethik (Emmanuel Levinas): „Das Antlitz des anderen zwingt mich“ • Geht über Hippokratischen Eid (nil nocere) hinaus Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie Einführung | Symptome | Kriterien | Historisches | Epidemiologie | Ätiologie | Diagnostik | Therapie