Inklusive kinder- und jugendpsychiatrische Therapie im stationären Eltern – Kind therapeutischen Rahmen Katharina Kraft St. Lukas - Klinik Liebenau Seminar 23.03 2015 Indikation zur Behandlung auf der Eltern-Kind-Station • In einem ambulanten Vorkontakt, z. B. auf Zuweisung von ambulant tätigen Kinder– und Jugendpsychiatern, kinder-und jugendpsychiatrischen Kliniken, Kinderkliniken, sozialpädiatrischen Zentren oder niedergelassenen Kinderärzten, wird zusammen mit der Familie die Indikation für eine stationäre Behandlung geklärt. • Mit den Familien erfolgt eine Auftragsklärung mit Klärung des Vorstellungsanlasses, der Behandlungsmotivation und Bedürfnisse des Kindes und der Familie. • Die Familien werden dabei ausführlich über das Behandlungskonzept informiert, und es besteht Gelegenheit, während eines Rundgangs die Station zu besichtigen. Indikationen EKS • Hyperkinetische Störungen (F90) • Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten (F91.3) (ODD nach DSM-IV) • Anpassungsstörungen (F43.2) • Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) • Depressive Episoden (F32) und depressive Störung (F33) • Emotionale Störung des Kindesalters (F93) • Mutismus • Ticstörung • Autismus (F84.0 und 84.1-9) • Bindungsstörungen (F94.1 und 94.2) • Fütterstörungen (F 98.2) • Schlafstörungen (F51) Indikationen EKS Psychische Symptomatik + Körperliche Erkrankungen + neuropädiatrische + genetische + syndromale Probleme + der motorischen Funktionen (F82) + der Sprache (Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache (F80) + kombinierte Störung der Entwicklung (F83) + geistige Behinderung (F7; Achse 3 MAKS) Klärung der somatischen Problematik im Vorfeld des stationären Aufenthaltes Indikationen EKS • Interaktionsprobleme in der Familie • Störungen in familiären Subsystemen, z. B. Geschwisterkonflikte oder Grenzregulationsprobleme über die Generationen hinweg • Erkrankungen und Behinderungen, durch die die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben und die Entwicklung der Persönlichkeit beeinträchtigt ist und bei denen eine Stützung des gesamtfamiliären Systems notwendig erscheint. Indikation • Art und Schwere der Erkrankung muss eine multimodale Komplexbehandlung erforderlich machen die nur in einem stationären Setting möglich sind. • Der Patient muss im Setting der Station behandelbar sein. • Die Begleitpersonen müssen den Belastungen im stationären Rahmen körperlich und psychisch gewachsen sein. Problem • Druck auf die Familie von außen zu einer Behandlung z.B. Jugendamt, Kindergärten, Schulen, Gerichte • Keine eigene Behandlungsmotivation der Eltern • Ängste wegen „Umfeld“ • Zu geringe Belastbarkeit der Eltern • Zu schwere psychische Beeinträchtigung der Eltern oder auch der Kinder • Wartezeit Aufnahme • „Kurssystem“ ca. 4 Wochen (durchschnittlich 22 Behandlungstage) • 4 – 6 Patienten mit Teilfamilie oder auch ganzer Familie (begrenzte Zahl) • Teilweise Eltern im Wechsel oder Einbeziehung für einen Teil der Zeit • Auch Pflegefamilien, Großeltern.. • Schule im Rahmen der Klinikschule auch für Begleitkinder möglich Diagnostik • einzelfallbezogen • störungsübergreifend • Bezogen auf Patient, Familie und soziales Umfeld unter Berücksichtigung transgenerationaler Problematiken • Fokus liegt auf den Ressourcen aber auch auf krankheitsauslösende und aufrechterhaltende sowie entwicklungspsychologische Faktoren • Besonderer Fokus liegt auf der innerfamiliären Beziehungsgestaltung Diagnostik • Eltern sind die wichtigsten Personen im therapeutischen Team • • • • entwicklungsbasierte Differentialdiagnose Abklärung psychopathologischer oder sonstiger Risiken eine Beziehungsperspektive ist unabdingbar notwendig eine Entwicklungsperspektive ist unabdingbar notwendig • Diagnostik und Intervention stellen einen gemeinsamen Prozess dar. Diagnostik Anamnese: • • • • • SS, körperliche, medizinische Anamnese Kognitive, emotionale Entwicklung, Temperament Familiäre Beziehungen, Beziehungen zu Gleichaltrigen Ungewöhnliche und traumatische Umstände Genogramm mit Einschätzung des familiären, kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrunds • Familieninterview, Elternsitzungen, Kindsitzungen Diagnostik Klinische Beobachtung von Interaktion und Beziehung mit beiden Eltern /jedem Elternteil getrennt einzeln und in alltäglichen Situationen auf Station: Einzelsituationen mit den Eltern: - „Spielen sie so mit dem Kind, wie Sie es zu Hause tun“ - „Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Kind wie sonst“ Beurteilung: Kategorien Elternseite: – Die elterliche Fähigkeit, auf das Kind einzugehen – Elterliche Feinfühligkeit – Fähigkeit, den emotionalen Ausdruck des Kindes zu regulieren – Gebrauch von Grenzen Kategorien Kindseite: – Interaktion des Kindes mit seinen Eltern – Autonomie – Ablauf und Inhalt des interaktionellen Spiels mit den Eltern Diagnostik • Klinische Beobachtung von Interaktion und Beziehung mit Geschwister alltäglichen Situationen auf Station, in der Schule und bei Freizeitaktivitäten • Klinische Beobachtung von Interaktion und Beziehung mit anderen Kindern • Klinische Beobachtung von Interaktion und Beziehung mit anderen Familien Wellcome • z.B. „Werbeplakat für die Familie“ als Multifamilienaktion Diagnostik • Standardisierte Test-Diagnostik Entwicklungstests: • Bayley Scales of Infant Development II und III • ET 6-6 Intelligenztests • SON-R 2½ -7 • K-ABC • WPPSI Funktionstests • DLKG,SETK 2, 3-5 Allgemeine und spezielle Fragebögen: • CBCL 1½ - 5 • C-TRF 1½-5 • VBV 3-6 • KIDS I-III • Autismusspezifische Diagnostik (z.B. FSK, ADOS) Diagnostik • In der Fachwelt herrscht Einvernehmen darüber, dass die diagnostische Zuordnung auffallender, belastender und störender Verhaltensweisen von geistig behinderten Kindern und Jugendlichen eine große Herausforderung darstellt und besonderen Erfordernissen unterliegt. Eltern – Kind - Station Was würden sie von der Behandlung auf einer Eltern-Kind Station erwarten? • Aus Sicht des Kindes? • Aus Sicht der Eltern? • Aus Sicht des einweisenden Arztes (KA,KJP)? • Aus Sicht von Schule und Kindergarten? • Aus Sicht des Therapeuten? Grundverständnis • Bio-psycho-soziales Verständnis für die Entstehung von Krankheit • Therapeutische Haltung mit Wertschätzung, Empathie und Kongruenz • Ziel ist der Aufbau von tragfähigen Beziehungen zu den Kindern und den Eltern • Geborgenheit gewähren und Autonomie fördern Grundverständnis • Patientenorientiertes Arbeiten mit Orientierung an der individuellen Krankheitsgeschichte und den Ressourcen • Systemorientiertes Arbeiten mit Orientierung am familiären und sozialen Umfeld unter Einbeziehung transgenerationaler Themen • Der Familien- und Elternarbeit wird besondere Bedeutung beigemessen Allgemeine Therapieansätze • milieutherapeutischen Rahmen als tragende Säule, Pädagogen und Therapeuten, aber auch andere Familien geben Orientierung, Halt und Unterstützung, Regeln mit flexibler Gestaltung • multimodale Therapie • individual• familien• gruppentherapeutische Vorgehensweisen • Kreativtherapie • Erlebnispädagogik Therapie Beratung: z.B. die zeitliche Strukturierung des Alltags die Auswahl von Spielmaterialien Psychoedukation: Vermittlung von Informationen über die körperlich, geistige und psychische Störung des Kindes Elterntrainings: Triple P stepping stones, Autismusschulung Erlebnisspädagogik Therapie • Verhaltenstherapie • Gesprächstherapie • Spieltherapie, Sandspiel • Kunsttherapie • Gestalttherapie • Multifamilientherapie • Ressourcenorietierte systemisch Familientherapie Psychoedukation Vermittlung von Konsistenz, Vorhersagbarkeit und Konsequenz im elterlichen Verhalten Einübung von effektiven Hinweisen: einfach, direkt, höflich, spezifisch, alters entsprechend Überprüfung der Befolgung (Compliance) Verstärkung der Compliance, positive Verstärkung Definition von Nichtbefolgung: etwas anderes tun als verlangt, Trödeln, Ignorieren, partielles Befolgen, und „undoing“, d.h. Rückgängigmachen einer ursprünglichen Befolgung Ggf. elterliche Auszeit, um eigene Wut abzubauen, Eskalationen vorzubeugen Therapeutische Ansatzpunkte Klärung und Einigung der Eltern über Regeln und Grenzen Freundliches, klares, konsistentes, Einführen und Durchsetzen sozialer Regeln und Grenzen Abbau übermäßiger und abwertender negativer Rückmeldungen an das Kind Bearbeitung von emotionalen Erfahrungen mit dem Erziehungsstil der eigenen Eltern und den im Kontext der durch Trotzanfälle ausgelösten Affekte Multifamilientherapie • Die Grundidee der sogenannten Familiengruppen lässt sich auf den systemisch ausgerichteten Ansatz der Marlborough Model of Multi Family Therapy zurückführen, der in London von einem Team um den Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Eia (Karl Michael) Asen entwickelt wurde. • Dieser Ansatz geht davon aus, dass Patienten Experten für ihre Probleme sind, und den Ratschlägen anderer Patienten mit gleicher Problematik leichter folgen, als denen der Therapeuten. In den Gruppen geht es darum, dass die Teilnehmer sich gegenseitig, auf gleicher Augenhöhe, beraten, während die anwesenden Therapeuten die Gespräche lediglich, und das so wenig wie möglich, moderieren. Kunsttherapie • • • • • Einzeln mit Familien Mit Geschwistern In Kindergruppen Mit Familiengruppen Therapie Paarberatung • Paartherapie anregen • Psychotherapie und psychiatrische Behandlung der Eltern anregen Assoziierte Therapien: • Heilpädagogik, Physiotherapie, • Psychomotorik, Ergotherapie • Th. Reiten Pharmakotherapie Grenzen der Behandlung • Schwerste körperliche Erkrankungen der Eltern oder Kinder • schwerste psychische Erkrankungen der Eltern (Persönlichkeitsstörungen, Sucht, schwere Depression, Angst etc.), • Starke Erschöpfung der Eltern • Fehlende Motivation der Eltern • Starke kognitive Beeinträchtigung der Eltern • Gruppen- und Handlungsfähigkeit in der Alltagsbewältigung sollte gegeben sein