Volkskrankheit Depression – Ein Ratgeber

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Volkskrankheit Depression –
Ein Ratgeber
Verbreitung, Symptomatik und Therapie
GESUNDHEITSMANAGEMENT
Hinweis
Die Ratschläge in dieser Broschüre sind von dem Autor und den medizinischen Beratern sorgfältig
erwogen und geprüft worden. Eine Haftung kann dennoch nicht übernommen werden. In jedem Fall
muss bei den Arzneimitteln der Beipackzettel gründlich gelesen werden, und es ist zu prüfen, ob das
Präparat im Einzelfall angewendet werden darf. Grundsätzlich sollten Arzneimittel nur in Rücksprache
mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt eingenommen werden.
Juristischer Hinweis
Diese Broschüre ist eine Informationsschrift der HALLESCHE Krankenversicherung. Sie begründet
aber keinerlei Rechtsansprüche. Rechte und Pflichten der Vertragspartner ergeben sich ausschließlich
aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag mit den vorliegenden allgemeinen Informationen.
Impressum
Herausgeber:
HALLESCHE
Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit
Autor:
Dr. Rainer Hakimi
Facharzt für Allgemeinmedizin
Notfallmedizin, Betriebsmedizin, Sportmedizin
Psychotherapie, Naturheilverfahren, Ärztliches Qualitätsmanagement
Leitender Gesellschaftsarzt
Satz & Layout: Netshaus, types GmbH, Medienvorstufe, Stuttgart
Druck:
FIND Druck und Design AG, Stuttgart-Plieningen
3. überarbeitete Auflage 2008, Stand: Januar 2008
02
Leicht überhörbar
»Geh du vor«, sagte die Seele zum Körper,
»auf mich hört er nicht,
vielleicht hört er auf dich.«
»Ich werde krank werden,
dann wird er Zeit für dich haben«,
sagte der Körper zur Seele.
Ulrich Schaffer
03
04
INHALT
Häufigkeit und Verbreitung von Depression
05
Depression – was ist das?
07
Woran erkenne ich eine Depression?
07
Suizidgefahr
10
Formen der Depression
11
Verlauf einer Depression
13
Behandlung der Depression
13
Medikamentöse Therapie
13
Psychotherapie
16
Weitere Therapiemethoden
18
Wer sollte eine Depression behandeln?
19
Wie können Angehörige und Freunde helfen?
20
Hotline-Nummern
22
Selbsthilfegruppen
24
Häufigkeit und Verbreitung von Depression
Depression ist eine sehr häufige Erkrankung. Sie wird nach Erkrankungen des
Herz-Kreislauf-Systems als die weltweit
verbreitetste Krankheit angesehen. Allein
in Deutschland sind ca. 4 Mio. Menschen
an Depression erkrankt – weit über die
Hälfte sind Frauen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht Depression als
bedeutendste aller Volkskrankheiten an.
Zudem belegt sie auf deren Liste der 10
wichtigsten Volkskrankheiten den 1. Platz.
Die Depression war schon immer eine sehr
verbreitete Krankheit. Dennoch wurde und
wird sie auch heute noch vielfach nicht als
solche erkannt, obwohl in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Diagnostik
der Depression große Fortschritte erzielt
wurden. Es wird geschätzt, dass die Zahl
der Menschen, die an einer nicht diagnostizierten Depression leiden, sehr hoch ist.
Frauen sind 2- bis 3-mal häufiger betroffen
als Männer.
Eine allgemeingültige Ursache für die Entstehung von Depression gibt es nicht.
Erbliche Faktoren können dabei eine Rolle
spielen. Des Weiteren kann ein Ungleichgewicht an neurologischen Botenstoffen
wie Serotonin und Noradrenalin vorliegen,
die für die Informationsverarbeitung
im Gehirn notwendig sind. Zum großen
Teil liegt die Ursache aber auch in der
Persönlichkeitsstruktur und an von außen
einwirkenden Erlebnissen wie Verlust
eines Partners, eines Familienmitglieds
oder des Arbeitsplatzes.
HÄUFIGKEIT UND VERBREITUNG
05
Eine wesentliche Ursache für die Zunahme
der Depression in unserer Zeit liegt wahrscheinlich auch im »modernen Leben«.
Es spielen hierbei der Verlust des familiären Zusammenhalts eine große Rolle,
ebenso auch die Lösung religiöser Bindungen. Das Gefühl der Entfremdung und
Isolation wächst durch neue Kommunikationstechnologien. Wir kommunizieren
heute vielfach über Computer und Maschinen anstatt im direkten Gespräch mit
anderen Menschen. Darüber hinaus
herrscht ein enormer Druck in unserer
Gesellschaft voranzukommen, nicht innezuhalten und immer besser zu werden.
Unrealistische und unerreichbare Standards von schönen, schlanken, glücklichen,
vermögenden und erfolgreichen Menschen – denen der Einzelne nicht gerecht
werden kann – werden über die Medien
verbreitet.
Depression ist nicht nur eine Erkrankung
der westlichen Welt. Es gibt sie in allen
Kulturkreisen: Sowohl in Schwarzafrika
als auch in Asien, Südamerika und Australien ist die Depression sehr verbreitet.
Ebenfalls leidet ein sehr hoher Prozentsatz
der Eskimos auf Grönland unter Depression.
06
HÄUFIGKEIT UND VERBREITUNG
Depression – was ist das?
Jeder Mensch kennt das Gefühl von Mutlosigkeit, Traurigkeit oder innerer Erschöpfung, das durch zahlreiche Faktoren
ausgelöst werden kann, wie z. B. berufliche
oder private Enttäuschungen und Probleme. Dies kann so belasten, dass alle
Lebensbereiche davon negativ beeinflusst
werden.
Bei diesen Symptomen kann es sich um
eine normale Reaktion handeln. Sind diese
Gefühle aber sehr tief greifend und lang
anhaltend, kann auch eine Depression vorliegen. Wer an einer Depression leidet, ist
nicht mehr in der Lage, sich aus eigener
Kraft von diesem Leiden zu befreien. Gut
gemeinte Ratschläge wie »Fahr doch mal
in Urlaub«, »Geh mal wieder aus« oder
»Reiß dich zusammen« helfen nicht weiter.
Gespräche mit Angehörigen und Freunde
sind aber sehr wichtig, besonders auch
geduldiges Zuhören.
Woran erkenne ich eine Depression?
Es gibt eine große Anzahl von unterschiedlichen Symptomen, die bei einer Depression auftreten können. Leider sind diese
Symptome einzeln betrachtet nicht eindeutig, da sie auch durch andere körperliche oder seelische Erkrankungen verursacht werden können. Die Diagnose der
Depression ergibt sich aus der Kombination der Symptome.
Ein Leitsymptom ist Freudlosigkeit oder
auch tiefe Traurigkeit. Damit gehen
Hoffnungslosigkeit, innere Leere, Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit, Interesselosigkeit, Lustlosigkeit einher, aber auch
die »Leere an Gefühlen«. Antriebslosigkeit
und Entscheidungsunfähigkeit sind weitere
Symptome. Die Gedanken kreisen und
das Denken ist gehemmt. In solchen Fällen
können bereits die einfachen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Aufstehen,
Anziehen und Zubereiten des Frühstücks
eine ungeheure Kraft und Überwindung
erfordern.
Viele Patienten klagen über Konzentrationsstörungen. Dies führt dazu, dass ihre
Arbeit sie übermäßig anstrengt und sie
DEPRESSION – WAS IST DAS?
07
sich von Aufgaben überfordert fühlen, die
sie früher problemlos tagein, tagaus verrichtet haben. Grübeln über die immer
selben Inhalte ist bei stärkerer Depression
typisch.
drang. Sie liegen nachts viele Stunden
wach und sind am nächsten Morgen dementsprechend nicht ausgeruht. Dadurch
ergibt sich als weiteres Symptom Müdigkeit.
Bei schwerer Depression fühlen sich
die Patienten minderwertig oder gar wertlos und glauben an ihrer Erkrankung
selbst schuld zu sein. Die Depression wird
als Folge des eigenen Versagens erlebt
und von Schuldgefühlen begleitet, die die
Depression vertiefen.
Depression kann aber auch von zahlreichen körperlichen Beschwerden begleitet
sein. Das können Rückenschmerzen,
Schulterschmerzen, Kopfschmerzen oder
auch Magen-Darm-Störungen mit Übelkeit
und Verdauungsstörungen sein. Wieder
andere Patienten klagen über Halsschmerzen, Missempfindungen im Bereich des
Herzens oder Hautsymptome wie Juckreiz
oder Rötung. Es gibt auch eine Form der
Depression, die sich fast nur durch körperliche Symptome zeigt.
Depression ist besonders häufig von
Schlafstörungen begleitet. Viele Patienten
können nicht einschlafen, andere wachen
mehrfach in der Nacht auf, wieder andere
leiden unter einem vermehrten Schlaf-
08
DEPRESSION – WAS IST DAS?
Die Beschwerden bei Depressiven weisen
meistens deutliche Tagesschwankungen
auf. Nach einem Morgentief kommt es
im Laufe des Tages zu einer Besserung.
Auch jahreszeitliche Schwankungen sind
häufig.
Die Patienten leiden oft auch unter Appetitstörungen und nehmen deshalb ab,
andere neigen zu einer sehr hohen Kalorienzufuhr und entwickeln somit ein Übergewicht. Häufig sind auch Störungen des
sexuellen »Appetits«. Sexuelle Lustlosigkeit und Funktionsstörungen können auftreten.
Eine Depression kann auch von anderen
psychischen Symptomen begleitet sein.
Ängste und Panikzustände kommen vor.
Die Angst kann völlig diffus auftreten oder
auch auf einen bestimmten Sachverhalt
konzentriert sein. Beispielsweise die Angst
zu sterben oder schwer krank zu werden,
ohne dass es dafür einen erkennbaren
Anlass gibt. Bei den so genannten Panikattacken leiden die Patienten unter Herzrasen, Schwindel, Luftnot, Nervosität
und Schwitzen.
Eine sehr schwere Depression kann auch
mit Wahnvorstellungen einhergehen.
Dies kann zum einen ein Versündigungsoder Verarmungswahn sein, zum anderen
können aber im Rahmen von »manischen
Phasen« auch überwertige Ideen auftreten. Der Patient überschätzt sich dabei
bei weitem: Er ist überaktiv und gereizt,
sprüht vor Ideen und kann in kürzester
Zeit große Summen für sinnlose Dinge
ausgeben.
DEPRESSION – WAS IST DAS?
09
Eine schwere Komplikation der Depression
ist die
Suizidgefahr
Die vorhin geschilderten Symptome, insbesondere die Freudlosigkeit, Nutzlosigkeit
und Wertlosigkeit, können dazu führen,
dass Depressive in ihrem Leben keinen
Sinn mehr erkennen und ihren einzigen
Ausweg im Tod sehen. Diese Suizidgefahr
(= Selbstmordgefahr) ist leider eine häufige Begleiterscheinung der Depression.
Sie stellt ein hohes Risiko dar. In manchen
Altersabschnitten ist der Selbstmord eine
der drei häufigsten Todesursachen. Insgesamt ist Selbstmord in Deutschland eine
der 10 häufigsten Todesursachen. Wenn
Suizidgefahr besteht, ist immer professionelle Hilfe notwendig.
Die häufigsten Krankheitszeichen einer Depression sind:
Traurigkeit
Verlust von Interesse und Freude
Verminderter Antrieb und Müdigkeit
Verlust von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
Unbegründete Selbstvorwürfe
Denk- und Konzentrationsstörungen
Schlafstörungen
Appetitlosigkeit
Schmerzen, Verspannungen, Schwindel, Erschöpfung
Gedanken an den Tod
10
DEPRESSION – WAS IST DAS?
Formen der Depression
Man kann insgesamt fünf Formen von
Depression unterscheiden.
Reaktive Depression
Eine reaktive Depression ist häufig und
entsteht als Folge einer sehr starken Belastungssituation. Zum Beispiel bei Trennung
oder Tod des Partners, ausweglos erscheinenden familiären Konflikten, aber auch
bei chronischer Arbeitsüberlastung
oder lang anhaltender Arbeitslosigkeit.
Neurotische Depression
Bei einer neurotischen Depression handelt
es sich um eine gestörte Verarbeitung
bestimmter Erlebnisse, meist schon aus
der Zeit der frühen Kindheit. Entscheidend
ist dabei das Zusammenspiel einer so
genannten neurotischen Persönlichkeitsstruktur mit entsprechend belastenden
Umweltbedingungen.
Somatische Depression
Bei dieser Form von Depression spielen
körperliche Ursachen die Hauptrolle. Die
Depression kann z. B. Folge von Schilddrüsen- oder Herzkrankheiten sein. Aber
auch von Gefäß- oder Hirnkrankheiten
oder von schweren Infektionen.
FORMEN DER DEPRESSION
11
Endogene Depression
Depression im höheren Lebensalter
Diese Depression ist bestimmten Lebensabschnitten zugeordnet. Zum Beispiel den
Wechseljahren, dem Alter der Pensionierung mit seinen einschneidenden Veränderungen und dem Verlust einer Lebensaufgabe oder dem Verlust eines langjährigen
Lebenspartners. Auch die Einsamkeit
im Alter ist ein wichtiger Grund für eine
Depression.
12
FORMEN DER DEPRESSION
Endogen bedeutet »von innen heraus«.
Bei dieser Form spielen erbliche Faktoren
und der Hirnstoffwechsel mit den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin eine
wichtige Rolle. Häufig war schon ein
Eltern- oder Großelternteil von endogener
Depression betroffen. Diese Form verläuft meist mittel- bis schwergradig und
neigt zur Wiederkehr. Oft wechseln bei
der endogenen Depression depressive
Phasen mit Phasen von Selbstüberschätzung und Überaktivität ab. »Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt« ist eine
anschauliche Beschreibung dafür.
Verlauf einer Depression
Eine Depression zeigt ein phasenhaftes
Auftreten. Etwa 30 % der Erkrankten
erleben lediglich einmal im Leben eine
depressive Phase. Bei diesen bleiben keine
Symptome zurück und die Depression
kehrt nicht wieder. Eine Depression ist also
relativ häufig keine chronische Erkrankung. Die Dauer einer depressiven Phase
liegt meist zwischen 3 und 12 Monaten.
Jedoch gibt es auch depressive Phasen,
die nur einige wenige Tage oder Wochen
dauern.
Behandlung der Depression
Für die Patienten gibt es eine gute Nachricht: Eine Depression kann meist mit
großem Erfolg behandelt werden. In Frage
kommen zwei Behandlungsmethoden:
Die Therapie mit Medikamenten
oder/und Psychotherapie
Eine Behandlung mittels Psychotherapie
ist in der Regel bei der neurotischen
Depression und der reaktiven Depression
erfolgversprechend. Bei der endogenen
Depression und der Depression im höheren Lebensalter muss häufig medikamentös behandelt werden. Zum Teil benötigen
depressive Patienten aber sowohl Arzneimittel als auch Psychotherapie.
Arzneimitteltherapie
Die medikamentöse Therapie besteht vorwiegend aus stimmungsaufhellenden
oder beruhigenden Medikamenten. Viele
dieser Psychopharmaka haben auch beide
Wirkungen vereint. Ihre Wirkung setzt
im zentralen Nervensystem ein. Sie normalisieren den Gehalt an neurologischen
Botenstoffen wie Serotonin und Noradrenalin. Bei gesunden Menschen entfalten sie in der Regel keine Wirkung.
Ein Abhängigkeitsrisiko besteht bei diesen
Medikamenten nicht.
VERLAUF EINER DEPRESSION/BEHANDLUNG DER DEPRESSION
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Eine weitere Medikamentengruppe, welche
häufig begleitend bei Depression eingesetzt wird, sind die Benzodiazepine, die
vorwiegend angstmindernd und beruhigend wirken. Sie lindern die akuten
Beschwerden, zeigen aber keine dauerhafte
antidepressive Wirkung. Bei ihnen besteht
die Gefahr der Gewöhnung und Abhängigkeit, weshalb sie in der Regel nicht länger
als 4 Wochen eingesetzt werden sollten.
Darüber hinaus werden in größerem
Umfang auch pflanzliche Medikamente
verordnet, die z. B. Johanniskraut enthalten, das bei leichter Depression eine
gute Wirkung zeigt.
14
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
Pflanzliche Mittel, die den Extrakt aus
dem so genannten Kava-Kava-Wurzelstock
enthalten, dürfen wegen gefährlichen
Nebenwirkungen (z. B. akute schwere
Leberschädigung) nicht mehr angewendet
werden.
Antidepressiva wirken meist nicht sofort;
in der Regel dauert es zwei bis drei
Wochen, bis sich die volle Wirkung entfaltet. Dies ist wichtig zu wissen, weil der
Patient sonst über die mangelhafte Wirkung in den ersten Behandlungstagen
enttäuscht sein könnte und das Medikament vielleicht absetzt.
Antidepressiva können – wie alle wirksamen Arzneimittel – Nebenwirkungen
haben. Diese treten besonders zu Beginn
der Behandlung auf und lassen im Laufe
der Zeit nach oder verschwinden ganz.
Mögliche Nebenwirkungen sind beispielsweise
Mundtrockenheit
Harnverhalt
Schwindel
schneller Herzschlag
Kollapsneigung
Gewichtszunahme
Verstopfung
Übelkeit
Erbrechen.
Wenngleich Antidepressiva sehr wirksame
Medikamente sind, so gibt es doch einzelne Gegenanzeigen. Dazu zählen z. B.
delirante Zustände
Verwirrtheit
grüner Star
ausgeprägte Leber- und Nierenschädigung
Prostatavergrößerung mit Harnentleerungsstörung
ausgeprägte Herzschwäche.
Verschiedene Antidepressiva können unterschiedliche Nebenwirkungen haben.
Nähere Informationen hierzu liefert der
jeweilige Beipackzettel.
Schwere Unverträglichkeiten oder Überdosierungen können sich in folgenden
Anzeichen äußern:
Akuter Harnverhalt
Schwere Kollapsneigung
Muskelzuckungen
Krampfanfälle
Leberfunktionsstörungen mit Gelbsucht
Herzrhythmusstörungen
Ausgeprägte Hautausschläge
Bewusstseinsstörungen
Delirium.
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
15
Psychotherapie bei Depression
Psychotherapie ist ein Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und
Leidenszuständen mit psychologischen
Mitteln.
Es gibt heutzutage eine größere Zahl an
psychotherapeutischen Verfahren, es sind
aber nicht alle Psychotherapieverfahren
anerkannt. Formen wie die Gestalttherapie, die klientenzentrierte Gesprächstherapie, Psychodrama oder katathymes
Bilderleben werden von den Krankenversicherungen deshalb in aller Regel nicht
erstattet.
Die Wirksamkeit der klassischen psychotherapeutischen Verfahren ist dagegen
wissenschaftlich gut belegt.
In der Psychotherapie gibt es drei
anerkannte Hauptrichtungen:
1. Tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapie
2. Psychoanalyse
3. Verhaltenstherapie
16
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
Die tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapie – auch analytisch orientierte Psychotherapie genannt – versucht
die Gründe für ein seelisches Leiden
aufzudecken. Tiefenpsychologie bedeutet
biographische Arbeit mit dem Patienten
und das Durchgehen und Wiedererleben
der lebensgeschichtlichen Entwicklung,
um die gewordene Persönlichkeit aufgrund
der Lebensgeschichte zu verstehen und
somit Symptome, die Folge seiner Konflikte und Erlebnisse sind und sich deshalb
ständig wiederholen, zu mindern. Die
Behandlung wird meist mit einer Sitzung
pro Woche durchgeführt.
Die Psychoanalyse geht auf den Neurologen und Psychiater Sigmund Freud
zurück (1856 Wien – 1939 London). Freud
prägte den Begriff der »Psychoanalyse«
bereits 1896 als Methode zur Erforschung
psychischer Vorgänge und zur Behandlung psychischer Störungen. Ähnlich wie
bei der später daraus entwickelten tiefenpsychologischen Psychotherapie geht
es auch hier um die Auseinandersetzung
mit der persönlichen Lebensgeschichte
und unbewussten Konflikten und darum,
durch Einsicht und Nacherleben in der
Therapie eine Besserung seines Leidens
zu erreichen.
Die klassische Psychoanalyse wird heute
eher selten angewendet. Das ist darin
begründet, dass die Psychoanalyse eine
sehr zeitaufwändige, langwierige und
schließlich auch teure Psychotherapiemethode ist. Die Patienten werden
zum Teil über viele Jahre mit zwei bis
drei Sitzungen pro Woche behandelt.
Die dritte wissenschaftlich anerkannte
Psychotherapieform ist die so genannte
Verhaltenstherapie, die seit den 50erJahren entwickelt wurde. Bei der Verhaltenstherapie geht es vorwiegend um das
beobachtbare Verhalten. Neurotische
Symptome werden als gelerntes Fehlverhalten aufgefasst, die sich aus Kindheitserlebnissen, Umweltbedingungen und
sozialen Prägungen ergeben. Das Ziel der
Verhaltenstherapie ist die Veränderung
der Wahrnehmung des Patienten einerseits
und die Veränderung seiner ungünstigen
Verhaltensweisen und Gewohnheiten
andererseits. Hierzu gehören z. B. die
Strukturierung der Tagesaktivitäten und
das Erlernen und Festigen positiver
Verhaltensweisen.
Die kognitive Verhaltenstherapie ist
eine inzwischen weitverbreitete Psychotherapiemethode, deren Wirksamkeit
bei der Behandlung depressiver Störungen
in wissenschaftlichen Studien sehr gut
nachgewiesen werden konnte. Diese
Therapieform basiert auf der Annahme,
dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens
durch persönliche Erfahrungen und
Nachahmung von Personen aus seinem
sozialen Umfeld für sich typische Verhaltensmuster und Reaktionsweisen entwickelt. Bei der Entstehung einer Depression werden eine Reihe charakteristischer,
negativer Denk- und Verhaltensmuster
angenommen, die in schweren Belastungssituationen depressive Symptome auslösen können.
Bei der kognitiven Verhaltenstherapie
werden problematische Verhaltensweisen,
Denkmuster und Einstellungen konkret
angegangen. Der Patient lernt dabei, diese
zu erkennen und mit Unterstützung
des Psychotherapeuten so zu verändern,
dass die Symptome der Depression positiv
beeinflusst werden. Ein großer Vorteil
der Methode ist, dass oft in relativ kurzer
Zeit erkennbare Erfolge erzielt werden
können.
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
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Therapieziele der Psychotherapie sind
u. a.:
Die Minderung von psychischen und
körperlichen Symptomen
Die Erhaltung und/oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
Das Auftreten weiterer seelischer Leiden
zu verhindern.
Gefahren der Psychotherapie
Psychotherapieverfahren – insbesondere
die Psychoanalyse – dürfen bei so genannten Psychosen in der Regel nicht eingesetzt werden, da sie einen akuten Schub
auslösen können. Des Weiteren besteht die
Gefahr, dass sich Patienten – besonders
bei Langzeittherapie – nicht mehr vom
Therapeuten und der Psychotherapie lösen
können.
18
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
Weitere Therapiemethoden
Lichttherapie: Sie wird besonders eingesetzt bei jahreszeitlich auftretender
Depression. Helles Licht kann antidepressiv wirken. Die Patienten werden täglich
ein bis zwei Stunden taghellem Licht
ausgesetzt. Die Behandlung dauert ca.
2 Wochen und hat nur eine mäßiggradige
Wirksamkeit, weshalb sie in aller Regel
mit Medikamenten kombiniert wird.
Schlafentzug: Bei schwerer Depression,
die einer stationärer Behandlung bedarf,
wird gelegentlich die Schlafentzugstherapie eingesetzt. Dabei wird der Patient
ein bis mehrmals pro Woche nachts
wachgehalten und sollte dann auch am
folgenden Tag wach bleiben. Für diese
Therapieform ist eine gute Wirksamkeit
nachgewiesen.
Elektrokrampftherapie (EKT): Die Elektrokrampftherapie wird nur bei schwerster
und lebensbedrohlicher Depression eingesetzt, wenn mit Medikamenten keine
Besserung erzielt werden kann. Vor der
eigentlichen Behandlung wird hierzu
eine Kurznarkose durchgeführt und es
werden am Kopf Elektroden angebracht,
die elektrische Impulse abgeben. Die
Patienten erleben die Elektrokrampftherapie also nicht bei Bewusstsein.
Für eine therapeutische Wirksamkeit
sind meist einige Elektrokrampftherapiesitzungen notwendig.
Wer sollte eine Depression behandeln?
Auf dem großen Markt der Psychotherapieangebote werden heutzutage Dutzende
verschiedene Verfahren angeboten. Daher
ist es nicht einfach zu durchschauen,
welche Angebote »seriös« sind. Nur der
Blick auf den Titel »Psychotherapeut« hilft
nicht; beispielsweise dürfen auch Personen psychotherapeutische Behandlungen
anbieten, die eine Zulassung als Heilpraktiker besitzen.
Der Hausarzt sollte in der Regel bei allen
gesundheitlichen Problemen – also auch
bei einer Depression – zunächst der erste
Ansprechpartner sein, da er seine Patienten
und ihr persönliches Umfeld am besten
kennt. Er wird den Patienten auch körperlich untersuchen, um auszuschließen,
dass eine körperliche Störung oder Krankheit für die Depression verantwortlich ist.
Falls es sich um eine mittelschwere oder
schwere Depression handelt oder die
Symptome über längere Zeit bestehen
bleiben, sollte er den Patienten an einen
Facharzt für Psychotherapie und/oder
Psychiatrie überweisen. Sowohl Psychiater
als auch ärztlicher Psychotherapeut haben
nach dem Medizinstudium eine mindestens 5-jährige fachliche Weiterbildung
absolviert und sind besonders zur Diagnostik und Therapie von psychischen Leiden
befähigt. Wenn der Hausarzt selbst durch
Weiterbildungsmaßnahmen die Zusatzqualifikation »Psychotherapie« oder
»Psychoanalyse« erworben hat, ist er selbst
dazu befähigt, eine Psychotherapie durchzuführen.
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
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Bei der Suche nach einem ärztlichen
Psychotherapeuten kann Ihnen auch das
Gesundheitstelefon der HALLESCHE
helfen. Das Expertenteam ist täglich rund
um die Uhr unter 0711/66 03-20 00 mit
kostenfreier Beratung für Sie da.
Falls Sie die Hilfe eines nichtärztlichen
Psychotherapeuten in Anspruch nehmen
wollen, sind dafür sowohl bei den gesetzlichen Krankenkassen als auch bei den
privaten Krankenversicherungen unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen
zu erfüllen, die an dieser Stelle nicht im
Einzelnen dargestellt werden können.
Bei der HALLESCHE Krankenversicherung gilt im Wesentlichen Folgendes:
Ein Anspruch auf die Erstattung von
Leistungen eines nichtärztlichen Psychotherapeuten besteht nur, wenn vor Behandlungsbeginn eine schriftliche Zusage
erteilt wurde. Diese vertragliche Regelung
hat zum einen gesetzliche Bestimmungen
zur Grundlage, andererseits war sie aufgrund der dargestellten Vielfalt der psychotherapeutischen Angebotspalette angezeigt.
20
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
Gesunde Lebensweise
Eine ausgewogene Ernährung mit viel
Obst und Gemüse, Getreideprodukten
und fettarmen Speisen wird generell als
gesundheitsförderlich angesehen und
kann auch für eine ausgewogene Stimmungslage sorgen.
Auch ein Spaziergang oder leichter Sport
an der frischen Luft können zu einer
verbesserten Stimmungslage beitragen.
Wie können Angehörige und Freunde
helfen?
Angehörigen und Freunden kommt
bei Depressiven eine sehr wichtige Aufgabe zu. Sie sollten versuchen, Verständnis und Nähe zu vermitteln, sollten
den Klagen geduldig zuhören und die
Person wertschätzen. Aber auch Hoffnung vermitteln und darauf hinweisen,
dass Besserung möglich ist, aber Zeit
braucht. Außerdem kann es hilfreich
sein, die Tagesstruktur zu planen und
zu besprechen.
Achten Sie darauf, dass der Betroffene
verordnete Medikamente regelmäßig
einnimmt und die Termine beim Hausarzt oder Psychotherapeuten einhält.
Oft glauben depressive Menschen, dass
ihnen weder Medikamente noch ärztliche Hilfe Besserung bringen können,
und meiden deshalb den Arztbesuch.
Soll man Depressive auf Selbstmordgedanken ansprechen? Sie brauchen keine
Bedenken zu haben, dass Sie einen Depressiven damit auf Selbstmordgedanken
bringen. Häufig haben diese Menschen
bereits solche Gedanken, wagen aber nicht,
sie auszusprechen. Sie sind dann für eine
offene Ansprache meist sehr dankbar.
Nehmen Sie andererseits entsprechende
Andeutungen von Selbstmordgedanken
sehr ernst. Häufig ist dies ein letzter Hilferuf. Lassen Sie es nicht dabei bewenden,
dem Depressiven Selbstmordgedanken
ausreden zu wollen, er wird sich sonst
meist in sich zurückziehen. Geben Sie ihm
stattdessen die Möglichkeit und die Zeit
sich auszusprechen. Versuchen Sie eine
ärztliche Behandlung herbeizuführen.
BEHANDLUNG DER DEPRESSION
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Hotline-Nummern
Bei Vorliegen von seelischen Leiden können Sie sich auch an eine der folgenden
Einrichtungen wenden:
Forum für seelische Gesundheit
Psychiatrische Klinik der Universität Mainz
Untere Zahlbacher Straße 8, 55131 Mainz
Telefon 0 6131/28 07 51
Telefonseelsorge
Durchgehende anonyme telefonische Beratung
Telefon 0800/111 0 111 oder 111 0 222
Kinder- und Jugendtelefon
Bundesweit wochentags von 15.00 bis 19.00 Uhr
Telefon 0800/111 0 333
Betreuungsstelle für Suizidgefährdete
(in der Poliklinik für Psychiatrie), Dresden
Telefon 03 51/4 58 27 97
Berliner Krisendienst
Überregionaler Bereitschaftsdienst aller Regionen
telefonisch rund um die Uhr erreichbar
Telefon 0 30/3 90 63-00
22
HOTLINE-NUMMERN
Krisenzentrum Dortmund
Telefon 02 31/43 50 77, Telefax 02 31/4 27 04 79
Psychotherapie-Informationsdienst (PID), Bonn
Telefon 02 28/74 66 99
Kontakt- und Krisenhilfe im Ennepe-Ruhr-Kreis e. V.
Telefon 0 23 36/1 84 08
Telefon-Seelsorge, Frankfurt
Telefon 0 69/150 12 34
Arbeitskreis Leben (AKL) – Laienhilfe und Kontakt in Lebenskrisen
Telefon 0 70 22/3 9112
Telefon 0 70 22/192 98 (Krisendienst)
Sorgentelefon für Erwachsene
Telefon 0 77 62/80 74 21
Mobiler Krisendienst München-Süd
Mobile Einsätze täglich von 13.00 bis 21.00 Uhr
telefonisch 24 Stunden erreichbar
Telefon 0 89/76 78-0
Ambulanter Krisendienst Nürnberg-Fürth
Montag bis Freitag 16.00 bis 24.00 Uhr,
Samstag, Sonntag, Feiertag 10.00 bis 24.00 Uhr
Telefon 09 11/4 24 85 50, Telefax 09 11/4 24 85 58
Ambulanter Krisendienst Nürnberg
Telefon 09 11/4 24 85 50
HOTLINE-NUMMERN
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Selbsthilfegruppen
Angehörige psychisch Kranker
Landesverband Berlin e. V.
Mannheimer Str. 32, 10713 Berlin
Telefon 0 30/86 39 57 01
Das Boot Emden e. V.
Verein zur Hilfe psychisch Kranker e. V.
Dollartstr. 11, 26723 Emden
Telefon 0 49 21/96 40 33
Charon Beratungsstelle
Winterhuderweg 29, 22085 Hamburg
Telefon 0 40/22 63 03 00
KOMM e. V.
Psychosoziale Beratungsstelle
Goethestraße 34, 34119 Kassel
Telefon 05 61/77 39 30
Magdeburger Stadtmission e. V.
Selbsthilfe für psychisch kranke Menschen
Leibnizstraße 48, 39109 Magdeburg
Telefon 03 91/5 32 49 22
Psychiatrische Hilfsgemeinschaft Duisburg e. V.
Weidmannstraße 15, 47166 Duisburg
Telefon 02 03/5 44 47 90
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SELBSTHILFEGRUPPEN
Rat und Tat e. V.
Angehörige von psychisch Kranken
Kempener Straße 135, 50676 Köln
Montag und Mittwoch 13.00 bis 16.00 Uhr,
Donnerstag 18.00 bis 2.00 Uhr
Telefon 02 21/7 39 07 34
Psychosoziales Rehabilitationszentrum
Eckenheimer Landstraße 172 – 178, 60318 Frankfurt
Telefon 0 69/59 79 87-0
Psychosoziales Rehabilitationszentrum
Elsässer Straße 33, 81667 München
Montag bis Freitag 9.00 bis 13.00 Uhr
Telefon 0 89/4 48 13 42
Sozialpsychiatrischer Dienst
Julius-Schieder-Haus
Pirckheimer Straße 16, 90408 Nürnberg
Telefon 09 11/93 59 55-5
SELBSTHILFEGRUPPEN
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Für Ihre Notizen.
26
NOTIZEN
Für Ihre Notizen.
NOTIZEN
27
HALLESCHE_Gesundheitstelefon
Für Fragen rund um Ihre Gesundheit
Täglich 24 Stunden
Tel.: 0711/66 03-20 00
Verbund ALTE LEIPZIGER – HALLESCHE
W 305 – 03.08
HALLESCHE
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