7 Molekulare Wirkungsweise der Gene

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56  Molekulargenetik
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Molekulare Wirkungsweise der Gene
Erbanlagen oder Gene sind verantwortlich für die Ausprägung bestimmter
Merkmale eines Organismus. Gene sind definierte Abschnitte auf der DNA,
die abgelesen werden. Die Information der meisten Gene wird in Proteine
übersetzt. Deren Rolle im Stoffwechsel führt anschließend zum beobachtbaren
Merkmal. Andere Gene steuern die Bildung der Proteine und tragen so zu
einem geregelten Ablauf der Lebensprozesse bei.
Ein Gen ist molekulargenetisch betrachtet ein DNA-Abschnitt, dessen Information in ein
Genprodukt übersetzt wird und zur Ausbildung eines Merkmals beiträgt. Das Genprodukt
ist ein den meisten Fällen ein Polypeptid bzw. Protein.
7.1
Bauprinzip und Bedeutung der Proteine
Proteine (Eiweiße) sind die am Auf- und Umbau lebender Organismen am
stärksten beteiligte Stoffklasse. Nach ihrer Gestalt und der dadurch bedingten
Funktion lassen sich zwei Großgruppen unterscheiden:
• Faserproteine: Strukturproteine, z. B. Kollagen, die Grundsubstanz der Sehnen, Bänder, Knorpel und Knochen
• globuläre Proteine: runde bzw. ellipsenförmige Gestalt, z. B. Enzyme (Biokatalysatoren), Transportproteine (z. B. Hämoglobin), Hormone, Antikörper
Proteine sind Polymere („Vielfache“), d. h. Makromoleküle, die durch wiederholte Verknüpfung bestimmter Grundbausteine (Monomere), in diesem Fall
Aminosäuren, entstehen. Die 20 natürlich vorkommenden Aminosäuren, aus
denen die Proteine aufgebaut sind, unterscheiden sich im organischen Rest (R).
Abb. 18: Allgemeine Struktur
der Aminosäuren (AS)
Die Carboxy(l)gruppe (– COOH) einer Aminosäure kann formal mit der
Aminogruppe (– NH2) einer zweiten Aminosäure unter Wasseraustritt
reagieren (Kondensation). Die beiden Aminosäuren sind dann zu einem
Dipeptid verknüpft.
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Die bei der Kondensation zweier Aminosäuren entstehende Verknüpfung wird als Peptidbindung bezeichnet.
Beispiel
Die drei Aminosäuren Serin (R1: – CH2OH), Alanin (R2: – CH3) und
Asparaginsäure (R3: – CH2COOH) kondensieren zu einem Tripeptid.
Durch Kondensation mit weiteren Aminosäuren entsteht eine Polypeptidkette. Bei bis zu zehn Aminosäuren bezeichnet man die Kette als Oligo-, bei
bis zu 100 als Polypeptid. Sind mehr als 100 Aminosäuren verknüpft, spricht
man von einem Protein. Durch die verschiedenen Aminosäuren, ihre Anzahl
und Abfolge entsteht die unvorstellbar große Vielfalt der Proteine; so sind z. B.
bei einer Kettenlänge von 100 Aminosäuren 20100 = 10130 unterschiedliche
Sequenzen möglich.
Die Reihenfolge der Aminosäuren, die Aminosäuresequenz, wird als Primärstruktur des
Proteins bezeichnet.
Der räumliche Bau, die Eigenschaften und biologische Funktion der Proteine
(Enzym- oder Strukturprotein) hängen im Wesentlichen von der Zahl und Art
der sie aufbauenden Aminosäuren ab.
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Durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Peptidbindungen ist die
Sekundärstruktur fixiert. Verknüpfen sich auf diese Weise zwei antiparallel
verlaufende Abschnitte der Polypeptidkette, so entsteht die Faltblattstruktur
der Faserproteine (z. B. Seide). Ist jedoch der Polypeptidstrang durch molekulare Wasserstoffbrücken zwischen nahe beieinander liegenden Peptidbindungen zu einer Schraube fixiert, so spricht man von Helixstruktur (z. B.
Keratin der Wolle).
Abb. 19:
Sekundärstrukturen
der Proteine
Ein fadenförmiges Protein mit Faltblatt- bzw. Helixstruktur kann erneut mit
Windungen und Schleifen eine zusätzliche Raumstruktur erreichen – stabilisiert durch unterschiedliche Bindungsarten. Diese Tertiärstruktur findet man
z. B. beim Myoglobin, einem Häm-Protein, das als „Sauerstoffspeicher“ des
Muskels fungiert.
Treten schließlich Polypeptide (mit Sekundär- und Tertiärstrukturanteilen) zu
funktionsfähigen Proteinkomplexen zusammen, so spricht man von einer
Quartärstruktur (z. B. Hämoglobin, das sich aus vier Häm-Proteinen
zusammensetzt).
Typische Sekundärstrukturen wie die Helix oder das Faltblatt entstehen durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Peptidbindungen. Die Tertiärstruktur ist die
übergeordnete Raumstruktur (Konformation), die die Sekundärstrukturen eines Proteins
einnehmen können. Die Quartärstruktur beschreibt die Anordnung der Polypeptidketten (Untereinheiten) in einem komplexen Protein.
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