Aufgaben zur Einführung in die Geometrie und Topologie Prof. Dr. C.-F. Bödigheimer, M. Sc. Felix Boes Sommersemester 2016 Blatt 6 Abgabetermin: Donnerstag, den 02.06.16, 10:00 (vor der Vorlesung) Dieses Bild zeigt die projektive Ebene eingebettet als Kreuzhaube im R3 . Aus Tu: An introduction to Manifolds, Seite 79. Aufgabe 31 (Zum Wegzusammenhang) Betrachten Sie einen Raum X und zeigen Sie 1. Ist W wegzusammenhängend und f : W → X eine (stetige) Abbildung, so ist im(f ) wegzusammenhängend. 2. Die Wegekomponente, die x ∈ X enthält, ist gleich der Menge, der von x aus erreichbaren Punkte {y ∈ X | ∃γ : [0, 1] → X, γ(0) = x, γ(1) = y}. 3. Ist X lokal wegzusammenhängend, so ist jede Wegekomponente sowohl offen als auch abgeschlossen in X. Also ist jede Zusammenhangskomponente eine Wegekomponente und umgekehrt. Aufgabe 32 (Ein Beispiel zu Zusammenhangseigenschaften) Skizzieren Sie den Kegel über dem Abschluss der Stammbrüche, also X = Sn=∞ n=1 Xn ⊆ R2 wobei Xn = {(t/n, 1 − t) | 0 ≤ t ≤ 1} für n < ∞ und X∞ = {(0, 1 − t) | 0 ≤ t ≤ 1} . Entscheiden Sie, ob X (wegweise) zusammenhängend ist und ob X lokal (wegweise) zusammenhängend ist. Aufgabe 33 (Die Grassmannschen sind wegzusammenhängend) Bestimmen Sie die Wegekomponenten von SO(n), O(n), SU (n) und U (n). In Aufgabe 29 haben wir gesehen, dass die relle Grassmannsche der Quotient Grk (Rn ) ∼ = O(n)/(O(k)×O(n−k)) ist. Zeigen Sie, dass die komplexe Grassmannsche Grk (Cn ) := U (n)/(U (k) × U (n − k)) wegzusammenhängend ist. Um zu zeigen, dass die relle Grassmannsche ebenfalls wegzusammenhängend ist, nutzen Sie den Satz vom Fundamentalbereich um einzusehen, dass Grk (Rn ) Quotient eines wegzusammenhängenden Raums ist. 1 Aufgabe 34 (Universelle Objekte sind eindeutig bis auf eindeutigen Isomorphismus) In dieser Aufgabe überzeugen sie sich davon, dass Objekte, die eine universelle Eigenschaft erfüllen, bis auf eindeutigen Isomorphismus bestimmt sind. 1. Es sei X ein topologischer Raum, mit Quotientenabbildung q : X → A = X/ ∼; Sie wissen, dass q : X → A die folgende universelle Eigenschaft erfüllt: Für jede Abbildung f : X → Y , die für alle a ∈ A auf q −1 (a) konstant ist, existiert genau eine Abbildung f : A → Y mit f = f ◦ q. Nehmen Sie nun an, dass p : X → B ebenfalls diese universelle Eigenschaft erfüllt und zeigen Sie, dass es genau einen Homöomorphismus φ : A → B gibt mit p = φ ◦ q. Dazu zeigen Sie, dass es eindeutige Abbildung φ : A → B und ψ : B → A gibt, welche die offensichtlichen Diagramme kommutativ machen; Vergleichen Sie nun ψ ◦ φ mit idA und φ ◦ ψ mit idB . 2. Gehen Sie analog vor, um zu zeigen, dass Produkte von topologischen Räumen durch ihre universelle Eigenschaft bis auf eindeutigen Homöomorphismus eindeutig bestimmt sind. 3. Sind Faserprodukte und Amalgame von topologischen Räumen, Tensorprodukte von Vektorräumen, Kerne linearer Abbildungen usw. durch ihre universelle Eigenschaft eindeutig bestimmt? Aufgabe 35 (Limestopologien) Es seien Xi , (i ∈ I) eine Familie von topologischen Räumen und Ti ihre Topologie; und es sei X eine Menge. Wir beginnen mit einer kurzen Wiederholung. 1. Angenommen, wir haben für jedes i ∈ I eine Abbildung von Mengen fi : Xi → X, dann können wir auf X die feinste Topologie betrachten, sodass alle fi stetig sind. Eine solche Topologie T heißt Finaltopologie bzgl. der fi . (Vgl. Aufgabe 13) Beispiele sind die Quotiententopologie ` (wobei I einelementig ist und fi die offensichtliche Abbildung) und die Summentopologie (wobei X = Xi und fi = ιi die Inklusionen der Xi sind). Formulieren und beweisen Sie die universelle Eigenschaft der Finaltopologie. 2. Dual dazu nehmen wir an, wir haben für jedes i ∈ I eine Abbildung von Mengen fi : X → Xi , dann können wir auf X die gröbste Topologie betrachten, sodass alle fi stetig sind. Eine solche Topologie T heißt Initialtopologie bzgl. der fi . (Vgl. Aufgabe 13) Beispiele sind die Teilraumtopologie Q (wobei I einelementig ist und fi die offensichtliche Abbildung) und die Produkttopologie (wobei X = Xi und fi = πi die Projektionen auf die Faktoren Xi sind). Formulieren und beweisen Sie die universelle Eigenschaft der Initialtopologie. Dies wird nun wie folgt verallgemeinert. Es sei I eine geordnete Menge und wir schreiben i ≤ j für die Ordnung. Wir fassen I als Kategorie auf: Objekte sind alle i ∈ I und zwischen i, j ∈ I gibt es einen und nur einen Morphismus i → j, wenn i ≤ j gilt. Ein durch I indiziertes direktes System von topologischen Räumen ist ein kovarianter Funktor Φ : I → Top, d.h. wir haben Räume Xi , (i ∈ I) und genau eine stetige Abbildung φji : Xi → Xj für jedes Paar i ≤ j und diese erfüllen φii = idXi und φkj φji = φki . Dual dazu ist ein durch I indiziertes inverses System von topologischen Räumen ein kontravarianter Funktor Ψ : I → Top, d.h. wir haben Räume Xi , (i ∈ I) und genau eine stetige Abbildung ψij : Xj → Xi für jedes Paar i ≤ j und diese erfüllen ψii = idXi und ψij ψjk = ψik . 3. Im kovarianten Fall konstruieren wir einen Kolimes colim(Xi , φji ) wie folgt: als Menge ist es a X = colim(Xi , φji ) = ( Xi )/ ∼ i∈I mit der von (x, i) ∼ (φij (x), j) für alle i ≤ j, x ∈ Xi erzeugten Äquivalenzrelation; die Topologie auf X ist ` die Finaltopologie bezüglich den Abbildungen fi : Xi → i∈I Xi → X; und die damit stetigen fi erfüllen fi = fj ◦ φji . Ein Beispiel ist das Amalgam (push-out), wobei I wie folgt aussieht {1 > 0 < 2}. Formulieren und beweisen Sie die universelle Eigenschaft. 4. Im kontravarianten Fall konstruieren wir einen Limes lim(Xi , ψij ) wie folgt: als Menge ist es ( ) Y X = lim(Xi , ψij ) = x = (xi )i∈I ∈ Xi | xi = ψij (xj ) für alle i ≤ j i∈I 2 Q die Topologie auf X ist die Initialtopologie bezüglich den Funktionen fi : X → i∈I Xi → Xi ; und die damit stetigen fi erfüllen fi = ψij fj . Ein Beispiel ist das Faserprodukt (pull-back), wobei I wie folgt aussieht {1 > 0 < 2}. Formulieren und beweisen Sie die universelle Eigenschaft. Aufgabe 36* (Warschauer Linie) Die Warschauer Linie ist folgender Teilraum von R2 . W = W1 ∪ W2 wobei W1 = (−∞, 0] × {0} und W2 = {(x, sin(1/x)) | x ∈ (0, ∞)} Machen Sie sich zunächst eine Skizze. Zeigen Sie, dass W zusammenhängend, aber weder wegzusammenhängend noch lokal wegzusammenhängend ist. Dazu könnten Sie wie folgt vorgehen. 1. Sowohl W1 als auch W2 sind wegzusammenhängend und deshalb zusammenhängend; Dann ist aber auch W2 zusammenhängend und W1 ∩ W2 6= ∅ ebenfalls; Es folgt, dass W = W1 ∪ W2 zusammenhängend ist. 2. Ist γ ein Weg in W , so nennen wir γi = πi ◦ γ, wobei π1 , π2 : W → R die auf W eingeschränkten Koordinatenprojektionen ist. Ist γ ein Weg in W mit γ2 (0) = 1 = γ2 (1) und γ1 (0) > γ1 (1), so muss ein 0 < t < 1 mit γ2 (t) = −1 existieren. Also kann es keinen Weg von (1/π, 0) nach (0, 0) geben und somit ist W nicht wegzusammenhängend. 3. Folgern Sie, dass W nicht lokal wegzusammenhängend ist. Die Warschauer Linie. 3