Kapitel 3 Zeitentwicklung und Symmetrien

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Kapitel 3
Zeitentwicklung und Symmetrien
3.1 Zeitliche Entwicklung von Zuständen und Operatoren
Ohne zeitliche Entwicklung keine Prozesse in dieser Welt. In der Quantenmechanik kann man
die Zeitentwicklung entweder in die Wellenfunktionen oder in die Operatoren stecken, oder in
beide.
Zeitunabhängige Operatoren
Wir betrachten zunächst einzelne Teilchen in einem Potential V (~x), das nicht explizit von der
Zeit abhängen soll. Die Schrödinger’sche Wellenfunktion ψ(~x,t) genügt der Gleichung
ih̄
d
ψ(~x,t) = Hψ(~x,t) ,
dt
H = −
Die Operatoren Q j = Multiplikation mit x j sowie P j =
hängigkeit steht in ψ(~x,t).
h̄ ∂
i ∂x j
h̄2
∆ +V (~x) .
2me
sind zeitunabhängig, die Zeitab-
Zeitabhängige Operatoren
Es gibt Operatoren welche explizit von der Zeit abhängen. Sei z.B. A = A(~P, ~Q,t) ein Operator, der von ~P, ~Q und explizit von der Zeit t abhänge kan,
1
A = ~Q + ~P · t .
m
Klassisch entspricht p/m = v der Geschwindigkeit, der Operator A entspricht also in diesem
Beispiel dem mittleren Aufenhaltsort eines sichs frei bewegenden Teilchens.
Erwartungswerte
Für den zeitabhängigen Erwartungswert < A >ψ (t) ≡ < ψ(t)|A|ψ(t) > führt die Schrödingergleichung zu
d
< A >ψ (t) = < ψ̇|A|ψ > + < ψ|Ȧ|ψ > + < ψ|A|ψ̇ >
dt
1
1
= − < ψ|HA|ψ > + < ψ|AH|ψ > + < ∂t A >ψ ,
ih̄
ih̄
da H selbstadjungiert ist. Es gilt somit
i
d
< A >ψ (t) =
< ψ| [H, A] |ψ > + < ∂t A >ψ ,
dt
h̄
27
28
Zeitentwicklung und Symmetrien
mit der Abkürzung ∂t = ∂/∂t. Dieses ist die grundlegende Bewegungsgleichung für Operatoren.
Beispiel
Es sei A = ~P = h̄i grad, dann hat man ∂t~P = 0 und
[H,~P] ψ(~x,t) = [V (~x),~P] ψ(~x,t) = V (~x)~P ψ(~x,t) − ~P V (~x) ψ(~x,t)
h̄
= − gradV (~x) ψ(~x,t) .
i
Man erhält mit
d ~
< P >ψ = − < gradV >ψ ,
dt
das Analogon zur Newton’schen Bewegungsgleichung
der Operatoren erfüllen das Korrespondenzprinzip.
d
p
dt ~
= −gradV ; Die Erwartungswerte
Zeitentwicklungsoperator
Sei u0 (~x) der Zustand des Teilchens zur Zeit t = 0 (Anfangswertproblem). Dabei muß u0 (~x)
nicht notwendigerweise ein Eigenzustand von H sein, welcher zeitunabhängig sein soll: ∂t H =
0.
Das Anfangswertproblem
ih̄
∂
ψ(~x,t) = Hψ(~x,t),
∂t
ψ(~x,t = 0) ≡ ψ0 (~x) = u0 (~x)
hat die (formale) Lösung
ψ(~x,t) = e
−iHt/h̄
∞
u0 (~x) =
∑
n=0
−it
h̄
n
Hn
u0 (~x) ;
n!
denn
−it n−1 Hn
u0 (~x)
∑ n h̄
n!
n=0
∞ −it m Hm+1
= ∑
u0 (~x) = H ψ(~x,t) ,
h̄
m!
m=0
d
ih̄ ψ(~x,t) =
dt
∞
wobei wir die Substitution m + 1 = n gemacht haben. Die Transformation
ψ(~x, 0) = u0 (~x)
→
ψ(~x,t) = U (−t) u0(~x)
definiert mit
U (t) = eiHt/h̄
3.1 Zeitliche Entwicklung von Zuständen & Operatoren
29
den Zeitentwicklungsoperator U (t).
Unitarität
Das Skalarprodukt
< ψ(t)|φ(t) > = < ψ(0)|U +(−t)U (−t)|φ(0) > = < ψ(0)|eiHt/h̄ e−iHt/h̄ |φ(0) >
= < ψ(0)|φ(0) > ,
bleibt unter der Zeitentwicklung erhalten und somit auch die Norm. U (t) ist somit unitär:
U +(t)U (t) = U (t)U +(t) = 1 .
Zeitentwicklung von Operatoren
Setzt man ψ(~x,t) = U (−t)ψ0(~x) in den Erwartungswert < A >ψ ein, so erhält man
< A >ψ (t) = < ψ(t)|A|ψ(t) > = < ψ(0)|e+itH/h̄ Ae−itH/h̄ |ψ(0) > .
Dieser Ausdruck legt es nahe, zeitabhängige Operatoren
Ã(t) = U (t) AU +(t)
U (t) = eitH/h̄ ,
zu definieren.
Bewegungsgleichung von Operatoren
Aus ih̄ dtd U (t) = −HU (t) folgt mit
ih̄
d
Ã(t) = −HÃ(t) + Ã(t)H + ih̄U (t)∂t AU +(t)
|
{z
}
dt
≡ ∂t Ã
die Bewegungsgleichung für den Operator A, wobei wir mit ∂t à im folgenden die Ableitung
nach der expliziten Zeitabhängigkeit des Operators A bezeichnen. Diese Bewegungsgleichung
ist analog zu der für die Erwartungswerte von Operatoren.
Schrödinger- und Heisenberg-Bild
Sei nun ∂t A = 0, so haben wir dann zwei Möglichkeiten der Beschreibung von zeitabhängigen
Erwartungswerten:
30
Zeitentwicklung und Symmetrien
Schrödinger-Bild
Die Operatoren sind zeitunabhängig und alle Zeitabhängigkeit steckt in den Zuständen ψ(~x,t), deren zeitliche Entwicklung durch ih̄∂t ψ = Hψ gegeben ist.
Heisenberg-Bild
Die Zustände ψ0 (~x) sind zeitunabhängig und die Operatoren Ã(t) hängen von der Zeit ab. Die Bewegungsgleichung für die Operatoren ist
ih̄ dtd Ã(t) = [Ã(t), H] .
Invarianz der Observablen
Beide “Bilder” führen zu den selben Messgrößen, denn die Erwartungswerte
< ψ(t)|A|ψ(t) > = < ψ(0)|Ã(t)|ψ(0) >
bleiben bei einem Wechsel von der Schrödinger- zur Heisenberg-Darstellung nach Konstruktion invariant. Zur Zeit t = 0 stimmen Zustände und Operatoren im Heisenberg– und Schrödinger–Bild überein. Da der Hamilton-Operator H mit U (t) = eitH/h̄ vertauscht gilt allgemein
H̃ = H.
Harmonischer Oszillator
Als Beispiel betrachten wir den harmonischen Oszillator
1
+
H = h̄ω a a +
,
[a, a+ ] = 1 ,
2
mit den Auf- und Absteigeoperatoren a+ und a. Es gilt
[a+ , H] = h̄ω a+ a+ a − a+ aa+ = h̄ω a+ [a+ , a] = −h̄ω .
Wegen U +(t)U (t) = 1 und H̃ = H erhält man hieraus
[U (t)a+U (−t) , U (t)HU (−t) ] = [ã+ (t), H] = −h̄ω .
also
d ã+ (t)
= [ã+ (t), H] = −h̄ω ã+ (t) .
dt
Da die Bewegungsgleichungen für ã(t) und ã+ (t) zueinander konjungiert-komplex sind erhalten wir somit
ih̄
d ã+ (t)
= iω ã+ (t) ,
dt
d ã(t)
= −iω ã(t) .
dt
3.1 Zeitliche Entwicklung von Zuständen & Operatoren
31
Diese Operator–Differentialgleichungen haben die Lösungen:
ã(t) = e−iωt ã(0)
ã+ (t) = eiωt ã+ (0)
ã(0) = a
= a+ .
ã+ (0)
Für den Ortsoperator Q̃(t) = √1 ã(t)+ ã+(t) und dem Impulsoperator P̃(t) = h̄i √β ã(t)−
2β
2
mω
+
2
ã (t) , mit β = h̄ erhält man somit
1
P(0) sin ωt
mω
P̃(t) = P(0) cos ωt − mωQ(0) sinωt
Q̃(t) = Q(0) cos ωt +
die klassische Lösung des harmonischen Oszillators, welche man auch mit Hilfe der kohärenten Zustände hergeleiten kann.
Konstanten der Bewegung
Aus der klassichen Mechanik wissen wir, dass jede (zeitunabhängige) Funktion auf dem Phasenraum F(P, Q) genau dann eine Konstante der Bewegung (Erhaltungsgrösse) ist, wenn die
Poisson-Klammer von F und der Hamilton-Funktion verschwindet.
Quantenmechanisch gilt:
d
Ã(t) = 0,
dt
falls
[H, Ã(t)] = 0
und
∂t A = 0 .
Jeder Operator Ã(t), (bzw. A), der mit H vertauscht, ist eine Konstante der Bewegung, liefert also einen Erhaltungssatz.
Somit geht im Rahmen des Korrespondenzprinzips die Poisson-Klammer der klassischen Mechanik in den Kommutator der Quantenmechanik über.
Kanonische Gleichungen
Im Heisenberg–Bild genügen die Operatoren Q̃ j (t) und P̃ j (t) den “kanonischen” Operator–
Gleichungen
d
d
∂H
∂H
,
.
P̃ j (t) = −
Q̃ j (t) =
dt
dt
∂P̃ j (t)
∂Q̃ j (t)
Diese Gleichungen folgen direkt aus dem Korrespondenzprinzip, man kann sie natürlich auch
direkt mit Hilfe der fundamentalen Vertauschungsrelationen
d
i
Ã(t) = [H, Ã(t)] ,
dt
h̄
herleiten.
[P̃ j (t), Q̃k(t)] =
h̄
δ jk
i
32
Zeitentwicklung und Symmetrien
Welchselwirkungsbild
Es sei H = H0 + W, wobei H0 das System ohne Wechselwirkung (Störung) W beschreibt. Die
Zustände im Schrödinger-Bild sind
ψ(~x,t) = U (−t) ψ0(~x) .
Verfolgt man nun die zeitliche Entwicklung von ψ(~x,t) relativ zu H0 rückwärts, so bekommt
man
b (~x,t) = eitH0 /h̄ ψ(~x,t) = eitH0 /h̄U (−t) ψ0(~x) .
ψ
b
b (~x,t) die Wellenfunktion im Wechselwirkungsbild. Die Operatoren A(t)
Man nennt ψ
im
Wechselwirkungsbild definieren wir nun via
b
A(t)
= eiH0t/h̄ A e−iH0t/h̄ .
Die Erwartungswerte bleiben nach Konstruktion invariant:
b ψ
b (t)|A(t)|
b (t) > = < ψ(t)|A|ψ(t) > = < ψ0 |Ã(t)|ψ0 > .
<ψ
Die Bewegungsgleichungen (für ∂t A = 0) sind jetzt:
d b
b , H0 ] ,
A = [ A(t)
dt
b (~x,t) = c
b (~x,t) .
ih̄∂t ψ
W(t) ψ
ih̄
Das Wechselwirkungsbild spielt eine wichtige Rolle in der zeitabhängigen Störungstheorie. In
dieser ist H0 bekannt und die Störung typischerweise ein Messvorgang. Da die Zeitentwicklung, welche aus der Störung resultiert, im Wechelwirkungsbild separat auftritt, kann man im
Wechelwirkungsbild sehr einfach nach Potentenzen in c
W entwicklen.
3.2 Translationen, Drehungen und
Galilei–Invarianz
3.2.1 Räumliche Translationen
Erzeugende von Transformationen
Analog zu den gerade diskutierten zeitlichen Translationen
ψ
→
ψ(~x,t + τ) = e−iτH/h̄ ψ(~x,t)
kann man die räumlichen Translationen ~x → ~x +~a behandeln. Die verschiebung des Koordinantenurspungs um einen konstanten Vekotr ~a wird durch den Operator U (~a) bewirkt, mit
U (~a) u(~x) = u(~x +~a)
~
U (~a) = ei~a·P/h̄
3.2 Translationen, Drehungen, Galilei–Invarianz
33
wobei u(~x) eine (beliebig oft differenzierbare) Wellenfunktion ist, und ~P = h̄~∇/i der Impulsoperator. Wegen dieser Exponentialdarstellung nennt man ~P die Erzeugende des Translationsoperators.
Fall einer Dimension
Wir betrachten den Fall einer räumlichen Dimension,
U (a) u(x) = ei aP/h̄ u(x) = ea∂/∂x u(~x) =
an ∂n
∑ n! ∂n x u(x)
= u(x + a) ,
n
was zu beweisen war.
Unitarität
Da
(U (~a)u(~x),U (~a)u(~x)) = =
Z
3
∗
d ~xu (~x +~a)u(~x +~a) =
Z
d 3 ~xu∗ (~x)u(~x) = (u(~x), u(~x))
ist somit das Sklarprodukt erhalten und
u(~x)
~
U (~a) u(~x) = ei~a·P/h̄ u(~x)
→
eine unitäre Transformation.
N-Teilchen Wellenfunktion
Bei N Teilchen hat der Gesamtimpuls-Operator die Form
N
~P = h̄ ∑ ~∇n
i n=1
u(~x1 , . . . ,~xN ) .
und
Man muss nun alle N Koordinaten ~xn gleichzeitig transformieren:
~
U (~a) u(~x1 , . . . ,~xN ) = ei~a·P/h̄ u(~x1 , . . . ,~xN ) = u(~x1 +~a, . . . ,~xN +~a) .
Gesamtimpuls-Erhaltung
Es sei nun
H =
1
−h̄2
∑ 2mn ∆n + 2
n=1
N
∑ V jk (~x j −~xk ) ,
j,k=1
j6=k
dann folgt wegen der Translations–Invarianz von H aus
H u(~x1, . . . ,~xN ) = E u(~x1 , . . . ,~xN ) ,
H u(~x1 −~a, . . . ,~xN −~a) = E u(~x1 −~a, . . .,~xN −~a) ,
daß
HU (−~a) u(~x1 , . . . ,~xN ) = E U (−~a) u(~x1 , . . . ,~xN ) .
Multiplikation von links mit U (~a) ergibt
U (~a)HU (−~a) u(~x1 , . . . ,~xN ) = U (~a) E U (−~a) u(~x1 , . . . ,~xN ) = E u(~x1 , . . .,~xN )
= H u(~x1, . . . ,~xN ) .
34
Zeitentwicklung und Symmetrien
Da diese Beziehung für alle Eigenfunktionen des selbstadjungierten Operators H gelten soll,
so hat man
U (~a)HU (−~a) = H,
U (~a)H − HU (~a) = 0
.
Der Hamilton-Operator vertauscht also mit allen Translationen. Dieser Zusammenhang gilt
für alle Symmetrien.
Infinitesimale Translationen
Entwickelt man U (~a) = exp[i~a ·~P/h̄] nach Potenzen von ~a bis zur Ordnung ~a, so erhält man
1 + i~a ·~P/h̄ H − H 1 + i~a ·~P/h̄ = 0 ,
für kleinen ~a, und damit
HP j − P j H = H, P j = 0
j = 1, 2, 3 .
Der Gesamt–Impuls ~P kommutiert also mit H und ist demnach eine Konstante der Bewegung
(Erhaltungssatz). Dieser Zusammenhang gilt allgemein:
Invarianz unter Symmetrien
Ein Operator A ist invariant unter einer Symmetrie dann
und nur dann wenn er mit der Erzeugenden E der Symmetrie vertauscht, also wenn [A, E] = 0.
In unserem obrigen Beispiel war A = H und E = ~P.
3.2.2 Drehungen
Erzeugende für Drehungen
Die Drehimpuls–Operatoren
~L = ~x ×~P,
Lj =
h̄
ε jkl xk ∂l
i
sind die Erzeugenden endlicher Drehungen.
Sei ϕ der Drehwinkel einer Drehung R~n (ϕ) um die Richtung ~n, ~n2 = 1. Ist ψ(~x,t) die
Wellenfunktion von einem spinlosen Teilchen, so gilt
U (~n, ϕ)ψ(~x,t) ≡ ei L·~n ϕ/h̄ ψ(~x,t)
= ψ(R~n (ϕ)~x,t)
~
3.2 Translationen, Drehungen, Galilei–Invarianz
35
Die 3 × 3 Drehmatrix R~n (ϕ) erhält die Norm,
Z
d ~x ψ (R~n (ϕ)~x,t) ψ(R~n (ϕ)~x,t) =
Z
∗
d 3 (R−1
n (ϕ)~x) ψ (~x,t) ψ(~x,t)
=
Z
d 3~x ψ∗ (~x,t)ψ(~x,t) ,
∗
3
und somit ist auch U (~n, ϕ) ein unitärer Operator. Falls V (~x) = V (k~xk), so folgt
eiL·~n ϕ/h̄ H e−iL·~n ϕ/h̄ = H ,
~
~
oder
oder
[H,~n · ~L] = 0 ,
[H, L j ] = 0 .
Die Komponenten des Drehimpulsoperators L j sind also Konstanten der Bewegung.
Teilchen mit Spin 21 h̄
Der Gesamtdrehimpuls eines Teilchens mit Spin ist J = L + S. Um die Erzeugenden für Drehungen von Spionoren zu erhalten muss man daher ~n · ~L in U (~n, ϕ) durch
~S = h̄ σ1 , σ2 , σ3 ,
2
~n ·~S,
ersetzen, mit den Pauli-Matrizen σi . Man erhält
ei~n·S ϕ/h̄ = ei~n·~σ ϕ/2
∞
1 iϕ j
(~n ·~σ) j
= ∑
2
j=0 j!
∞
∞
(−1) j ϕ 2 j
(−1) j ϕ 2 j+1
= ∑
+ i (~n ·~σ) ∑
,
2
j=0 (2 j)!
j=0 (2 j + 1)! 2
~
wobei wir
(~n ·~σ)2 j = 1,
verwendent haben. Also gilt
(~n ·~σ)2 j+1 = ~n ·~σ
US (~n, ϕ) = ei~n·S ϕ/h̄ = cos
~
ϕ
ϕ
+ i (~n ·~σ) sin .
2
2
Offensichtlich ergibt US (~n, 2π) = −1 und nicht +1, wie man vielleicht erwartet hätte. Die
Drehungen von Spinoren werden daher von der SU(2) Gruppe beschrieben, und nicht von der
Gruppe für räumliche Drehunen in drei Dimensionen, O(3).
Die SU(2) Gruppe
Aus


cos ϕ2 + in3 sin ϕ2 (n2 + in1 ) sin ϕ2
ϕ
ϕ

cos + i(~n ·~σ) sin = 
2
2
ϕ
ϕ
ϕ
−(n2 − in1 ) sin 2 cos 2 − in3 sin 2
36
Zeitentwicklung und Symmetrien
folgt
det(US (~n, ϕ)) = cos2
also
ϕ
ϕ
ϕ
+ n23 sin2 + n21 + n22 sin2 = 1 ,
2
2
2
det(US (~n, ϕ)) = 1 .
Da außerdem
US (~n, ϕ)US+(~n, ϕ)
ϕ
ϕ
ϕ
ϕ
cos − i~n ·~σ sin
= cos + i~n ·~σsin
2
2
2
2
ϕ
2
2ϕ
2
= cos
+ (~n ·~σ) sin
= 1,
2
2
so ist US+(~n, ϕ) = US−1 (~n, ϕ) und US (~n, ϕ) ist ein Element der Gruppe von unitären 2 × 2–
Matrizen mit Determinante =1. Diese Gruppe nennt man SU(2).
Allgemeine Quantisierungsachse
In Kap. 1.2.1 kam die Matrix
x = ~x ·~σ =
x3
x1 − ix2
x1 + ix2
−x3
im Zusammenhang mit den Projektionsoperatoren P = (1 ±~x ·~σ) /2 auf eine allgemeine
Quantisierungsachse ~x/|~x| vor, sie spielt haher auch bei SU(2) Drehnungen eine zentrale
Rolle.
~x ·~σ ist hermitisch, es gilt
x+ = x ,
det x = −~x 2 ,
Sp(x) = 0 .
SU(2) Drehungen
Die transformierte Matrix xS
xS = US (~n, ϕ) x US+(~n, ϕ)
ist wiederum hermitisch
US xUS+
und hat die Spur 0,
+
= US++ x+ US+ = US xUS+ ,
Sp(US xUS+) = Sp(US+US x ) = Sp(x) .
Es gibt also ein ~xS , so dass
US (~n, ϕ) xUS+(~n, ϕ) = xS = ~σ ·~xS .
Die Zuordnung ~xS = A (~n, ϕ)~x definiert eine lineare Transformation der ~x →~xS . Wegen
−~xS 2 = det(xS ) = det US (~n, ϕ) xUS+(~n, ϕ)
= detUS detUS+ det x = det x
= −~x 2
3.2 Translationen, Drehungen, Galilei–Invarianz
37
ist A(~n, ϕ) eine 3 × 3 Drehmatrix, A(~n, ϕ) = R~n (ϕ).
Darstellungstheorie
Dieses ist ein Beispiel aus der Darstellungstheorie.
Darstellungen der SU(2) Gruppe
Jeder unitären 2 × 2–Matrix US (~n, ϕ) mit Determinante 1 ist eine 3–dim. Drehmatrix R~n (ϕ) zugeordnet!
Man spricht von einer 3-dimensionalen Darstellung der SU(2)-Gruppe. Jedem Element aus
SU(2) wird eine 3 × 3-Matrix zugeordnet, so dass die Gruppenoperationen erhalten bleiben.
Allgemein werden in der Darstellungstheorie die Repräsentation einer allg. Gruppe durch
n × n Marizen behandelt.
• Die Darstellungstheorie der Krystallsymmetrien bildet die Grundlage zur Klassifizierung von Eigenfunktionen in der Festkörperphysik.
• Die Darstellungstheorie von Feldtheorien bestimmen in der Hochenergiephysik die Einteilung der Elementarteilchen. Die Symmetriegruppe des Standardmodells ist SU (3) ×
SU (2) ×U (1).
Drehung um die z-Achse
Als Beispiel betrachten wir eine Drehung um die z-Achse,
~n = (0, 0, 1) ,
iϕ/2
ϕ
ϕ
e
0
US = cos + iσ3 sin =
.
0
e−iϕ/2
2
2
Wir bemerken, dass US (~n, ϕ + 2π) = −US (~n, ϕ). Erst eine Rotation um 4π führt eine SU(2)
Matrix in sich selber über. In Komponenten gilt
x3
(x1 − ix2 )eiϕ
+
US xUS =
(x1 + ix2 )e−iϕ
−x3
so dass
(x1 )S = x1 cos ϕ + x2 sin ϕ
(x2 )S = −x1 sin ϕ + x2 cos ϕ ,
(x3 )S = x3 .
Wir erhalten also mit





x1
cos ϕ sin ϕ 0
x1
 x2  =  − sin ϕ cos ϕ 0   x2  ,
x3 S
0
0
1
x3
38
Zeitentwicklung und Symmetrien
unsere bekannte 3 × 3 Drehmatrix um die z-Achse.
Allgemeine Drehungen
Es ist eine gute Übung für den Umgang mit den Pauli-Matrizen die allgemeine Transformationsvorschrift
US (~n, ϕ)~σUS+(~n, ϕ) = ~n(~n ·~σ) − ~n × (~n ×~σ) cos ϕ
+ ~n ×~σ sin ϕ .
auszurechnen.
Drehung der Wellenfunktion
Ist
e (~x,t) =
ψ
ψ+ (~x,t)
ψ− (~x,t)
ein zweikomponentiger Spinor, so transformiert er sich bei einer Drehung ~x → ~xS = R~n (ϕ)~x
folgendermaßen
e (~x,t)
e S (~xS ) = US (~n, ϕ)ψ
e,
ψ
→
ψ
ganz in Analogie zu der Transformationseigenschaft einer Wellenfunktion unter Rotationen
des Koordiantensystems.
3.3
Zeitumkehrinvarianz
Klassisch
In der klassischen Mechanik ist die “Zeit”- oder “Bewegungs”-Umkehr durch
Θ:
t
~x(t)
~p(t)
→ −t
→ ~x Θ (t) = ~x(−t)
d
→ ~p Θ (t) = m ~x Θ (t) = −~p(−t)
dt
definiert. Die durch ~x Θ , ~p Θ beschriebene Bahn ist geometrisch dieselbe wie die durch ~x, ~p
beschriebene, sie wird nur in umgekehrter Richtung durchlaufen. Die Newton’schen (Lagrange’schen) Bewegungsgleichungen sind i.a. invariant gegenüber der Transformation Θ.
Quantenmechanisch
Quantenmechanisch definieren wir im Schrödinger–Bild
QΘ
j = Qj ,
PΘ
j = −P j .
3.3 Invarianz gegenüber Zeit-Umkehr
39
Wir verlangen die Invarianz der Schrödinger Gleichung unter Θ:
d
ψ(~x,t) = H ψ(~x,t),
dt
d
−ih̄ ψ∗ (~x,t) = H∗ ψ∗ (~x,t),
dt
d
ψ∗ (~x, −t) = HΘ ψ∗ (~x, −t) ,
ih̄
d(−t)
ih̄
da im allgemeinen
HΘ (~P, ~Q) = H(−~P, ~Q) = H(~P, ~Q) .
1~2
Wie z.B. für H = 2m
P +V (~Q). Damit is Θ ist eine antilineare Transformation,
(λ1 A + λ2 B)Θ = λ∗1 AΘ + λ∗2 BΘ ,
(AB)Θ = AΘ BΘ ,
Zeitentwicklungsoperator
Der Zeitentwicklungsoperators U (t) verhält sich unter Zeitumkehr wie erwartet,
Θ
Θ
= e−it H /h̄ = e−it H/h̄ = U (−t) .
U Θ (t) = eit H/h̄
Spinlose Teilchen
b
Der Operation Θ entspricht ein antiunitärer Operator U(Θ),
mit folgenden Eigenschaften:
b (λ1ψ1 + λ2 ψ2 ) = λ∗1Uψ
b 1 + λ∗2Uψ
b 2 ,
U
b 1 , Uψ
b 2 ) = (ψ2 , ψ1 ) = (ψ1 , ψ2 )∗ .
(Uψ
Für ein Teilchen ohne Spin definiert man
b
U(Θ)
ψ(~x,t) ≡ ψ Θ (~x,t) = ψ∗ (~x, −t) ,
b 2 (Θ) = 1
U
b
b (Θ)−1
U(Θ)
= U
.
Ist H Θ = H, so ist mit ψ(~x,t) auch ψ Θ (~x,t) eine Lösung von ih̄∂t ψ = Hψ. Dies bedeutet, dass
sowohl ℜeψ und ℑmψ seperat Lösungen der Schrödinger-Gleichung sind.
Elektromagnetische Felder
Elektrische und magnetische Felder haben unterschiedliche Transformatonseigenschaften.
• Elektische Felder
Elektrische Felder werden von Ladungen erzeugt, das elektrisches Potential ϕ(~x) ist
zeitumkehrinvariant.
Bezgl. einer Inversionen ~x → (−~x) transformieren sich elektrische Felder wie Vektoren
und kehren die Richung um.
40
Zeitentwicklung und Symmetrien
• Magnetische Felder
Magnetische Felder werden durch bewegte Ladungen erzeugt, sie kehren daher unter
einer Zeitinversion ihre Richtung um.
Unter Inversionen ~x → (−~x) transformieren sich magnetische Felder wie axiale Vektoren und kehren die Richung nicht um.
Der Hamilton-Operator für ein Teilchen in einem äusserem Vektorfeld ~A(~x,t) und äusserem
elektrischem Potential ϕ(~x,t) ist
1 ~ q ~ 2
~
P − A + q ϕ(~x) .
H(A) =
2m
c
Damit ist
−1
~A)U(Θ)
b
b
U(Θ)H(
= H(−~A) 6= H(~A) .
Im Gegensatz zu einem äußeren elektrischen Feld bricht ein äußeres magnetisches Feld die
Invarianz gegenüber Zeitumkehr.
In einem Magneten wie Eisen werden spontan innere magnetische Felder erzeugt. Magnetismus bricht also spontan die Zeitumkehrinvarianz, denn die Schrödinger-Gleichung für
Eisen ist natürlich Zeitumkehr-invariant (siehe Festkörperphysik).
Zeitumkehr vom Spin der Elektronen
Der Spin der Elektronen entspricht einem magnetischen Moment und wird daher bei der Zeitumkehr invertiert, die beiden Komponenten des Spinors
ψ+ (~x,t)
e (~x,t) =
ψ
ψ− (~x,t)
werden also bei der Zeitumkehr vertauscht und müssen zudem noch das relative Vorzeichen
umkehren. Um dies zu sehen betrachten wir die Erwartungswerte < σ j > der drei PauliMatrizen
0 1
,
< σ1 > = ψ∗+ ψ− + ψ∗− ψ+ ,
σ1 =
1
0
0 −i
σ2 =
,
< σ2 > = −i ψ∗+ ψ− − ψ∗− ψ+ ,
i 0 1 0
σ3 =
,
< σ3 > = ψ∗+ ψ+ − ψ∗− ψ− .
0 −1
Man sieht leicht, dass die Foderung < σ j >Θ = − < σ j > für alle drei Komponenten j = 1, 2, 3
erfüllt ist falls
i ψ∗− (~x, −t)
Θ
e (~x,t) =
ψ
.
−i ψ∗+ (~x, −t)
Zeitumkehroperator für Teilchen mit Spin-1/2
Bezeichnen wir die komplexe Konjugation mit K, und definieren den Zeitumkehroperator
b
U(Θ)
für Teilchen mit Spin-1/2 nun als
b (Θ) = K ⊗ σ2 ,
U
3.3 Invarianz gegenüber Zeit-Umkehr
41
wobei das äußere Produkt ⊗ andeutet, dass K im Raum der quadratintegrablen Funktionen
wirkt und σ2 im Raum der Spinoren. Es gilt
b 2 (Θ) = K ⊗ σ2 · K ⊗ σ2 = −σ22 = −1 ,
U
da Kσ2 = −σ2 K. Für N Elektronen bekommt man analog
b
U(Θ)
= K
N
O
(n)
σ2 ,
n=1
2
b
U(Θ)
= (−1)N 1 .
Kramers Entartung
Diese Relation hat folgende wichtige Anwendung:
Kramers Entartung
Der Hamilton–Operator H sei zeitumkehrinvariant,
−1
b
b
U(Θ)H
U(Θ)
= H,
e (~x1 , . . . ,~xN ) = E ψ
e.
und habe den Eigenwert E, Hψ
b
e und U(Θ)ψ
e für ungerades N linear
Dann sind ψ
unabhängig und E ist mindestens 2–fach entartet.
Die zweifache Entartung folgt direkt aus der Zeitumkehr-Invarianz des Hamilton-Operators,
b (Θ)ψ
b
b (Θ) ψ
e = U(Θ)
e) = E U
e.
H U
(Hψ
Für die lineare Unabhängigkeit berechnen wir
b
b
e , U(Θ)
e = (ψ
e, ψ
e) = 1 ,
U(Θ)
ψ
ψ
∗
∗
bψ
b 2ψ
bψ
bψ
e, ψ
e
e,U
e
e,U
e
U
= U
= (−1)N ψ
bψ
e, ψ
er .
= (−1)N U
b (Θ)ψ
e ist zu ψ
e orthogonal, falls N ungerade, gehört aber zum selben Eigenwert
Das bedeutet: U
E. In einem äußeren elektrischen Feld sind die Energie–Niveaus einer ungeraden Anzahl von
Elektronen also immer mindestens 2–fach entartet. Die Entartung kann durch Anlegen eines
Magnetfeldes aufgehoben werden.
42
Zeitentwicklung und Symmetrien
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