T1 Gentechnik und Enzymtechnologie 6. Enzymtechnologie 10/5/2006 Gliederung • Eigenschaften von Enzymen • Einteilung • Enzyme für die Analytik • Enzyme in Waschmitteln • Enzyme zum Abbau von Stärke und anderen Polymerzuckern • Enzyme in der Milchproduktion • Neue Wege zu technischen Enzymen 6.1 Eigenschaften Enzyme • Begriff leitet sich von zyme (gr. = Hefe) ab • Enzyme sind i. R. Proteine oder Proteide, die chemische Reaktionen katalysieren. Sie spalten oder knüpfen chemische Bindungen und wandeln verschiedene Energiezustände ineinander um. • Enzyme wählen zwischen verschiedenen energetisch möglichen Reaktionen eine aus und setzen die Aktivierungsenergie dieser Reaktion herab • Enzyme enden meist auf der Silbe -ase • Stoffe, die von einem Enzym umgesetzt werden bezeichnet man als Substrate. Enzyme sind ein Milliardenmarkt Aktivierungsenergie • Bevor Moleküle neue Bindungen eingehen, müssen zunächst alte Bindungen gelöst werden => Investition von Energie (Aktivierungsenergie) • Bei Körpertemperatur ist die nötige Energie dazu nicht vorhanden => metastabiler Zustand • Erst durch Zufuhr von Energie (z.B. Wärme) kann man den Ablauf dieser Reaktionen herbeiführen (Aktivierungsenergie) Freie Energie Unkatalysierte Reaktion Katalysierte Reaktion Edukt Nettoenergiegewinn bleibt gleich Produkt Reaktionsverlauf Enzyme: Energie und Reaktionsgeschwindigkeit • Katalysatoren verringern die Aktivierungsenergie • Biochemische Reaktionen laufen bei Körpertemperatur ab • v ~ e -Ea/RT Î Reaktionsgeschwindigkeit erhöht sich • Katalysatoren ändern weder den Betrag von ⊗G noch die Lage des Gleichgewichts zwischen den Reaktionspartnern Zwischenstoffkatalyse • Entstehung eines Enzym-Substrat-Komplexes (ES) erleichtert den Bruch der Bindungen bei den Edukten => Senkt Aktivierungsenergie (Zwischenstoffkatalyse) E + S ES E + P • Enzyme liegen nach Ablauf der Reaktion in unverändertem Zustand vor Eigenschaften von Enzyme • Substratspezifität: strukturverwandte Moleküle werden unterschieden, Stereospezifität (nur D- oder L- Form wird umgesetzt); Schlüssel-Schloß-Prinzip • Wirkungsspezifität: Von mehreren mögliche Umsetzungen wird nur eine bestimmte durchgeführt • Für die katalytische Wirksamkeit eines Enzyms ist immer eine bestimmte Region des Enzyms verantwortlich die als aktives Zentrum bezeichnet wird • Hoch Effizient: Enzyme steigern Reaktionsgeschwindigkeit weit mehr als chemische Katalysatoren (bis zu 1014-fach) Das aktive Zentrum • Das aktive Zentrum eines Moleküls liegt häufig in einer durch Faltung entstandenen Tasche (Tertiärstruktur) • Substrat passt in diese Tasche wie ein Schlüssel ins Schloß Das aktive Zentrum: Seitenketten • Bestimmte exponierte AS-Seitenketten in der Substratbindungstasche bilden Bindungen zu den Substratmolekülen aus (HBrücken-, kovalente Bindungen, Ionen-, Van der Waals Bindungen) Substratspezifität • Von mehreren verwandten Molekülen wird nur eins gezielt umgesetzt (Schlüssel-Schloß-Prinzip) • Proteinasen spalten Peptidbindungen unter Bindung von Wasser • Trypsin spaltet Polypeptide am C-terminalen Ende der basischen Aminosäuren Lysin oder Arginin, während Chymotrypsin an apolaren Seitenketten spaltet. Wirkungsspezifität Nicht katalysiert Enzymkatalysiert Enzymkinetik • Mit den quantitativen Beziehungen zwischen Reaktionsgeschwindigkeit und Enzym- und Substratkonzentration beschäftigt sich die Enzymkinetik. • Die Geschwindigkeit einer chemischen Konzentrationsänderung pro Zeit definiert. Reaktion wird als • Neben der Enzymkonzentration und der Substratkonzentration ist die Reaktionsgeschwindigkeit abhängig von enzymspezifischen Eigenschaften. Umsatzrate und Affinität • Umsatzrate: Wie schnell kann ein gebundenes Enzymsubstrat umgesetzt werden ? • Affinität zum Substrat: Wie schnell wird das aktive Zentrum nach einer erfolgreichen Stoffumsetzung wieder mit frischem Substrat besetzt ? Enzymparameter Umsatzrate: Vmax • Wechselzahl (turnover number): Anzahl der Substratmoleküle, die pro Enzym und pro Zeiteinheit umgesetzt werden (3 x 106/min für Acetylcholinesterase) • Enzymaktivität: Zunahme der Reaktionsgeschwindigkeit durch eine bestimmte Menge an Enzyms unter standardisierten Bedingungen: U(nits): µM/min = 16,7 nkat (1 Katal (mol/sek.) Affinität zum Substrat: KM-Wert Enzyminhibition • Inhibitoren sind Moleküle oder andere chemisch aktive Stoffe, die durch Interaktion mit einem Enzym die Aktivität dieses Enzyms verringern • Kommt es zur Ausbildung einer kovalenten Bindung zwischen Inhibitor und Enzym so spricht man von einem irreversibelen Inhibitor (Nervengas an Acetylcholinesterase; Penicillin an Penicilloyl-Enzymkomplex) • Sind die Wechselwirkungen zwischen Enzym und Inhibitor nicht kovalenter Natur, so kann die Bindung i.R. vergleichsweise leicht wieder gelöst werden (reversiblen Inhibition); • Bei der kompetitiven Inhibition bindet der Hemmstoff reversibel an das aktive Zentrum. • Allosterische Inhibitoren bindet an eine separate Bindungsstelle außerhalb des aktiven Zentrums ⇒ Veränderung der 3-D-Struktur ⇒ Verminderung der Aktivität Kompetitive Inhibition • Moleküle, die eine große Ähnlichkeit zu den Substratmolekülen aufweisen können eine Enzymreaktion inhibieren (Substratanaloge) • Bindung des Inhibitors/Substrat an das aktive Zentrum schließen einander aus • Durch die Erhöhung der Konzentration des Substrats kann der Inhibitor wieder aus dem aktiven Zentrum verdrängt werden • Bei der kompetitiven Hemmung bleibt Vmax unverändert, während KM steigt Nicht-Kompetitive Inhibition • Moleküle und Ionen, die andere Bindungsstellen an einem Enzym aufweisen als das aktive Zentrum; Bindung ⇒ Veränderung der 3-D-Struktur ⇒ Aktivität der Substratumsetzung sinkt • Inhibitor und Substrat können gleichzeitig an das Enzym binden • Eine Erhöhung der Konzentration des Substrats führt nicht zu einer Verdrängung des Inhibitors • Bei der Nicht-kompetitiven Hemmung bleibt KM meist unverändert, aber Vmax sinkt. Irreversible Hemmung • Inhibitor bindet an das aktive Zentrum oder eine andere Stelle des Enzyms • Kovalente Bindung des Inhibitors an das Enzym führt zum irreversiblen Verlust der Enzymaktivität • Viele irreversible Schwermetalle) Inhibitoren sind Giftstoffe (CN--Ionen, • Diisopropylfluorophosphat (DIFP) hemmt irreversibel Serin Proteasen und andere Enzyme. Alkylphosphate (z. B. auch als Kampfgase wie Sarin und in Insektiziden vorhanden) binden kovalent an die Acetylcholinesterase. Penicillin: Bedeutung • 1928 entdeckt Alexander Flemming zufällig eine von Pilzen synthetisierte Substanz, die Bakterien abtötet • 1943 gelingt es dem Pathologen Howard Florey und dem Biochemiker Ernst Chain die Synthese größerer Mengen Penicillin ⇒ erfolgreicher Einsatz bei der Behandlung von Wundinfektionen im 2. Weltkrieg • Grundsubstanz für beträchtliche Anzahl an Penicillinarten (Pename: Penicillin-Derivate und Cepheme: Cephalosporin-derivate); • Weltmarkt > 12 Milliarden US-$; > 50.000 t werden jährlich produziert. Penicillin:Ein trojanisches Pferd • Bakterien besitzen eine komplexe Zellwand, die aus ungewöhnlichen Peptiden und einem Zuckerrückrat aufgebaut sind • Enzym Transpeptidase Peptiketten sorgt für die Quervernetzung der • Als Substrat für diesen Vorgang benötigt die Transpeptidase das Dipeptid D-Ala-D-Ala • Hohe strukturelle Ähnlichkeit zwischen den beiden Molekülen • Aufgrund der Spannung der in dem Lactonring beim Penicillin herrscht ist das Molekül sehr reaktiv ⇒ kovalente Bindung an das Enzym ⇒ Zellwandaufbau verhindert ⇒ bakterielle Zelle stirbt Penicillin:Molekülmodell Transpeptidase Instabiler Lactonring Penicillin G D-Ala-D-Ala Penicillin:Ein trojanisches Pferd Steigerung der Enzymaktivität • Enzymreaktionen sind meist Bestandteil komplexer Stoffwechselketten ⇒ Endprodukte dienen als Substrate für nächste Reaktion und werden so dem Gleichgewicht ständig entzogen (Fließgleichgewichte) • Mehrere Enzyme lagern sich zu komplexen Einheiten zusammen ⇒ Multienzymkomplexe • Kompartimentierung der Zellen sorgt Substrat und Enzymen für Konzentration von • Fettlösliche Substrate können in Membranen nur zweidimensional diffundieren Maschine Enzym 6.2 Einteilung Die Enzymklassen Offizielle Enzymnomenklatur • Enzyme werden offiziell nach ihrer Wirkungs- und Substratspezifität klassifiziert • Vierstellige EC-Nummer im Enzym-Katalog: 1. Ziffer Î 6 Hauptklassen – Ziffern 2 + 3 Î Unterklasse und Unter-Unterklasse und 4. Ziffer Î Laufende Nummer • Enzyme werden nach ihrem Substrat benannt und wenn der Name zu lang ist abgekürzt ( z.B. Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) oder ADH = Alkoholdehydrogenase). Oxidoreduktasen (Klasse 1) • Übertragung von Reduktionsäquivalenten zwischen Redoxsystemen • 850 Enzyme Lactatdehydrogenase 1.1.1.27 • Einsatz von Dehydrogenasen v.a. für analytische Zwecke • Wegen der nötigen teuren Cofaktoren, die zudem regeneriert werden müssen selten für technische Prozesse eingesetzt Transferasen (Klasse 2) • Übertragung anderer Gruppen (keine Reduktionsäquivalente) von einem Molekül auf ein anderes • 950 Enzyme • I.R. Cofaktoren nötig ⇒ kein technischer Einsatz Hydrolasen (Klasse 3) • Übertragung von chemischen Gruppen; Akzeptor ist hier aber in jedem Fall ein Wassermolekül • > 1000 Enzyme • Thermolysin (Bacillus stearothermophilus): regiospezifische Veresterung von L-Asparaginsäure und L-Phenylalanin-Methylester zu Aspartam (Süßstoff) • Penicillin Amidase (Escherichia coli): Hydrolyse von Penicillin G zu 6-Aminopenicillansäure Lyasen, auch Synthase (Klasse 4) • Katalysieren Spaltung bzw. Bildung chemischer Bindungen, wobei Doppelbindungen entstehen (Spaltung) bzw. entfernt (Bildung) werden. • > 300 Enzyme • Aspartase (E. coli – Ganze Zellen): Umwandlung von Fumarsäure zu L-Asparaginsäure Isomerasen (Klasse 5) • Verschieben Gruppen innerhalb eines Moleküls, ohne dass sich die Summenformel ändert • ca. 140 • Glucose-Isomerase (Streptomyces - ganze Zellen): Umwandlung von D-Glucose in D-Fructose zur Herstellung von IsoglucoseSüßstoff Ligasen (Klasse 6) • Katalysieren energieabhängig Verknüpfungsreaktionen ⇒ immer mit der Hydrolyse von Nukleosidtriphosphaten verbunden (v.a. ATP) • 117 • Regeneration des Cofaktors ATP bisher nicht in technischem Maßstab gelungen Enzymtechnologische Industrieprozesse 6.3 Anwendungen Enzyme in der Anwendungstechnik • Die Stereo- und und Wirkspezifität von Enzymen und deren höhere Aktivität gegenüber chemischen Katalysatoren macht Enzyme für viele technische Anwendungen interessant. • Es kommen v.a. solche Enzyme zum Einsatz, die keine teuren Cofaktoren benötigen (Hydrolasen, Lyasen, Isomerasen und einige Oxidoreduktasen) Enzyme in der Anwendungstechnik • Die Stereo- und und Wirkspezifität von Enzymen und deren höhere Aktivität gegenüber chemischen Katalysatoren macht Enzyme für viele technische Anwendungen interessant. • Es kommen v.a. solche Enzyme zum Einsatz, die keine teuren Cofaktoren benötigen (Hydrolasen, Lyasen, Isomerasen und einige Oxidoreduktasen) Enzyme als Wirtschaftsfaktor • Weltmarktvolumen für technische Enzyme liegt etwa bei 1,5 Mrd. US-$ (Steigerung um 50 % in den letzten 10 Jahren) 6.3.1 Analytik Enzyme für die Analytik • Blut ist ein Körpersekret, dass sich relativ leicht gewinnen lässt • Viele Krankheiten manifestieren durch eine quantitative Veränderung von Blutbestandteilen qualitative und • Substrat- und Wirkspezifität von Enzymen ⇒ In komplexen Matrizes können einzelne Komponenten selektiv erfasst werden. • Ab 1950 hat sich die Bestimmung von Enzymen bzw. die Substratanalytik als wichtiges Instrument zur Diagnose von Krankheiten etabliert • Heute : Markt für klinische Enzymdiagnostik beträgt etwa 6 Mrd. US-$/a • Weitere Anwendungsfelder: Lebensmittelanalytik, Bioprozesskontrolle und Umweltanalytik Differentialdiagnostik von Organerkrankungen • Zellen verschiedener Organe und deren Kompartimente weisen verschiedene Enzyme bzw. Enzymsubtypen (Isoenzyme) auf • Zerstörung von Gewebe (Infarkt, Dystrophie, Virus-Hepatitis, Cirrhose) ⇒ Enzyme gelangen in ungewöhnlich hohen Konzentrationen ins Blut Messmethodik - direkte Bestimmung • Enzymaktivität: Verschwinden Entstehung eines Produktes eines Substrates oder ADH NAD+ Ethanol + Ethanol = Analyt ADH NADH Acetaldehyd = Alkohol-Dehydrogenase = detektierte Verbindung + NADH + H+ der Messmethodik - indirekte Bestimmung • Bei vielen Reaktionen entsteht kein nachweisbares Produkt ⇒ Koppelung mit Reaktionen, die ein nachweisbares Produkt aufweisen HK Glucose + ATP Glucose-6-Phosphat + ADP GPDH Glucose-6-Phosphat + NADP+ Glucose HK GPDH NADPH 6-Phospogluconat + NADPH + H+ = Analyt = Hexokinase = Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase = detektierte Verbindung Messmethodik - Spektralphotometrie • Bei Stoffen, die im sichtbaren oder ultravioletten Spektralbereich Licht absorbieren, kann aus der Stärke der Absorption auf die Konzentration geschlossen werden. ε = Extinktionskoeffizient (Stoffkonstante) [l • mol-1 • cm-1] c = Konzentration des absorbierenden Stoffes [mol • l-1] d = Schichtdicke der Küvette [cm] Messmethodik - Verfahren • Endpunktmethode: Zu detektierender Stoff wird nach erreichen des Gleichgewichts gemessen (i.R. vollständig auf der Produktseite) • Kinetische Methode: Änderung der Reaktionsgeschwindigkeit im linearen Bereich der Änderung • Katalytische Methode: Analyt wird in einem Kreislaufprozess verbraucht und regeneriert ⇒ Messung des Regenerationsmittels Endpunktmethode • Voraussetzung: Einstellung des Gleichgewichts (Dauer abhängig von Vmax und KM; i.R. einige Minuten) • Wahl des Messzeitpunktes ist nicht kritisch • Methode der Wahl bei gekoppelten Reaktionen Kinetische Methode • Anfängliche Umsatzrate wird gemessen ⇒ Messzeitpunkt bereits nach wenigen Sekunden • [S] << KM; ≈ 0,2 KM – 0,1 KM • Wahl des Messzeitpunktes ist kritisch ⇒ Durchführung Laborautomaten unter standardisierten Bedingungen in Vergleich verschiedener Methoden • Beispiel für den Einsatz der katalytischen Methode: Bestimmung von CoenzymA mit der gekoppelten Reaktion von Phosphotransacetylase, Citrat-Synthase und Malat-Dehydrogenase Automatisierung • Starke Zunahme klinischer Enzymtests ⇒ Entwicklung von Laborautomaten (Pipettier-, Mess- und Steuervorgänge laufen computergesteuert ab) • > 1000 Einzelbestimmungen/h • Probenzuordnung und -auswertung erfolgen mit Barcodes und aufwendiger Software „Point-of-care“-Diagnostik • Bedarf an schneller und einfach durchführbarer Analytik direkt am Krankenbett („point of care“) • Teststreifen mit mehrschichtigem Vließ (häufig Oxidasen ⇒ H2O2 ⇒ Oxidation eines Leukofarbstoffes (Färbungsintensität < Enzym/Substratkonzentration) = „Trockenchemie“ Herstellung und Eigenschaften • Diagnostische und analytische Enzyme werden in rel. kleinen Mengen aber in hoher Reinheit benötigt (Nebenreaktionen !!!) • meist intrazelluläre Enzyme ⇒ komplizierte und aufwendige Aufreinigungsverfahren • Vereinfachung durch Verwendung rekombinanter Enzyme bzw. Protein-Engineering • Haltbarkeit wird durch spezielle Zuschlagstoffe erhöht Aktivitätsverluste < 20 %/a bei Temperaturen bis 40°C. ⇒ Enzyme in Waschmitteln - Historisches • Der deutsche Chemiker Otto Röhm Spezialwaschmittel „Burnus“ auf den Pankreasenzymen angereichert ist bringt 1914 Markt, das das mit • 1968 kommt das erste Vollwaschmittel, in dem mikrobielle Proteasen enthalten sind, auf den Markt • In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts kommt die Diskussion über das allergene Potential von Waschmittelproteasen auf • Heute: Fast alle Waschmittel enthalten Enzyme (neben Proteasen auch Cellulasen, Lipasen und Amylasen) ⇒ 1000 t/a rekombinante Proteasen 6.3.2 Waschmittel Waschmittel - Inhaltsstoffe Bestandteil Zweck Tenside lösen den Schmutz aus der Wäsche Vergrauungsinhibitoren binden den Schmutz und verhindern Wiederablagerung auf der Wäsche Bleichmittel zerstören unerwünschte Farbpigmente Bleichaktivatoren lassen Bleichmittel bereits bei niedrigen Temperaturen wirken Optische Aufheller lassen weiße Wäsche noch weißer erscheinen Verfärbungsinhibitoren verhindern das Verfärben Parfüme/Duftstoffe Geruchsverbesserung Enthärter, Gerüststoffe enthärten das Wasser und verhindern Kalkablagerungen in Maschinen und Wäsche Enzyme lösen als Katalysatoren für chemische Prozesse bestimmte Typen von Schmutz Eingesetzte Enzyme • Proteasen: Subtilisine ⇒ Proteinverschmutzungen aus Blut, Ei, Milch,… • Amylasen: spalten Stärkeverschmutzungen in Kartoffelbrei, Schokolade, Pudding,… • Lipasen: spalten Fette und wirken gegen Bratenfett • Cellulasen: entfernen abstehende Baumwollfasern ⇒ Wäsche fühlt sich weicher an und wirkt farbenfroher Waschmittelproteasen - Anforderungen • ⇒ Waschvorgang: pH - Wert von 10 Temperaturen von 30°C bis 90°C Stabilität gegenüber Komplexbildnern, Oxidationsmittel und Tensiden Unser Enzym muss diesen Forderungen gewaschen sein! Waschmittelenzyme sollen möglichst geringe Spezifität aufweisen Waschmittelproteasen • Ausschließlich Serin-Proteasen aus Bacillus-Stämmen (Subtilisine) • Früher: Produkt- und Stammverbesserung durch Mutagenese und Selektion von Hochleistungsstämmen • Heute: Rekombinante Hochleistungsstämme mit Mehrfachkopien des Subtilisin-Gens und starken Promotoren Waschmittelproteasen - Verbesserungen • „Site-directed-mutagenesis“: Entfernung des Methionin-Restes 222 ⇒ Stabilität gegenüber Oxidationsmitteln, die v.a. beim maschinellen Waschprozess eingesetzt werden. nicht immunogenes Granulat Weitere Enzyme • Proteasen: Subtilisine ⇒ Proteineverschmutzungen aus Blut, Ei, Milch,… • Amylasen: Stärke in Kartoffelbrei, Schokolade, Pudding... alkalitolerante, thermophile Bacillus-Amylasen (Methioninreste !!!) • Lipasen: Fette, v.a. Bratenfett (schwer emulgierbare Wachsester) alkalisches pH-Optimum Humicola insolens (Pilz) oder Aspergillus oryzae (rekombinant) • Cellulasen: abstehende Baumwollfasern ⇒ Wäsche fühlt sich weicher an und wirkt farbenfroher Endocellulasen mit geeignetem pHOptimum; Humicola insolens oder Bacillus 6.3.3 Abbau polymerer Zucker Enzyme - Stärkeabbau • Stärke ist nach der Cellulose das zweithäufigste Polysaccharid auf der Erde • Wichtige C-Quelle bei Fermentationsverfahren • Stärke ist ein nachwachsender Rohstoff 20 Mio t (1995) davon 70 % aus Mais 20 % aus der Kartoffel • 20 % direkt verwendet 30 % chemisch modifiziert 50 % wird zu oligomeren Dextrinen und D-Glucose verzuckert Stärke - Biochemie • Stärke findet sich in den Chloroplasten in spezialisierten kleinen Organellen (Amyloplasten) unverzweigte α1→4 verknüpfte Ketten von 200 - 300 Glucoseresten Jeder 20 25 Glucose-Rest ist über eine α1→6 Brücke mit einer weiteren Kette verknüpft (Hunderttausende von Glucoseresten möglich Verarbeitung - Vorbereitung • Stärke ist in kaltem Wasser unlöslich, kann aber teilweise durch Erhitzen gelöst werden (Amylose !). • In einem bestimmten Temperaturbereich (Verkleisterungsbereich) quillt die Stärke und nimmt unter Volumenzunahme sehr viel Wasser auf ⇒ Voraussetzung für Modifikation und Abbau Verarbeitung - Enzyme (endo-Amylase): Spaltet α1→4-glycosidische • α-Amylase Bindungen innerhalb der Kette → Maltose, Maltotriosen und andere Oligosaccharide • ß-Amylase (exo-Amylase): Spaltet Maltose-Einheiten vom nichtreduzierenden Ende ab (Spaltet α1→4-glycosidische Bindungen ) • Glucoamylase: (γ-Amylase): Spaltet D-Maltose zu 2 Molekülen DGlucose und mit geringer Geschwindigkeit auch α1→6glycosidische Bindungen im Amylopektin • Pullulanasen: V.a. α1→6-glycosidische Bindungen im Pullulan, aber auch Amylopektin α1→6-glycosidische • Isoamylasen: V.a. Amylopektin, aber auch im Pullulan Geschwindigkeit) Bindungen im (mit geringerer α-Amylase - Allgemein • α-Amylasen finden sich in allen Hauptgruppen der Lebewesen (Bakterien, Pilze, Pflanzen und Tiere) • Technisch eingesetzte α-Amylasen stammen aus Bakterien (Bacillus-Arten) und Pilzen (Aspergillus oryzae) • α-Amylasen bilden eine große Proteinfamilie, die durch eine gemeinsame Enzymstruktur ausgezeichnet ist: (αß)8-Supersekundärstruktur α-Amylase – Technischer Einsatz • Mehrere α-Amylasen wurden kloniert und in Produktionsstämmen überexprimiert ⇒ technischer Einsatz je nach pH oder Temperaturanforderung. • Bakterielle α-Amylasen weisen ein wesentlich höheres Temperaturoptimum auf ( B. licheniformis: 78 °C) und sind alkalistabiler • Kommerziell verwendete bakterielle α-Amylasen entweder aus B. amyloliquefaciens (verschiedene Hersteller) oder aus B. licheniformis (Novo Industries A/S - Termanyl - höhere Stabilität bei hohen Temperaturen) ß-Amylasen • ß-Amylasen finden sich hauptsächlich in Pflanzen (Mobilisierung der Stärkereserven in Keimlingen) und seltener in Bakterien • Großtechnisch wird v.a. ein Enzym aus Bacillus stearothermophilus zur Produktion von Maltosesirup verwendet „Debranching“-Enzyme • Bereits 1951 wurden die ersten Glucoamylasen charakterisiert, die aus den Pilzen Aspergillus niger („Amyloglucosidase“) and Rhizopus delemar („Glucoamylase“) isoliert wurden ⇒ werden auch heute noch eingesetzt. • Glucoamylasen entfernen Glucosereste vom nicht-reduzierenden Ende des Zuckers her • Werden v.a. in der zweiten Stufe der Stärkeverzuckerung eingesetzt • Pullulanase aus Klebsiella pneumoniae oder Bacillus cereus wird ebenfalls technisch hergestellt Herstellung • Oberflächenfermentation (klassisch), aber auch in großvolumigen Bioreaktoren (120 m3) im Submersverfahren • Extrazelluläre Enzyme + Mengenprodukte mit geringen Preisen ⇒ leichte Reinigung (Ultrafiltration, Fällung) Stärkeverzuckerung - Verfahren • ca. 10 Mio t Stärke werden jährlich enzymatisch verzuckert • Ausgangsmaterial: Mais und Weizen aus USA und Kanada • D-Glucose-Monohydrat (Hydratdextran) durch Kristallisation Stärkeverzuckerung - Verwendung • 6 Mio t dienen zur Herstellung von Isoglucose ( auch HFS = high fructose syrup) - Rest für diverse Anwendungen u.a. C-Quelle für Fermentationen • Herstellung von Maltose- oder Hochkonversionssirup häufig mit αAmylasen aus Aspergillus niger (hohe Viskosität, aber geringe Bräunungs- und Kristallisationsneigung) Dextran-Äquivalente: Der DE-Wert Theorie: Anzahl gespaltener glycosidische Bindungen DE = x 100 Gesamtzahl glycosidische Bindungen Praxis: Menge reduzierender Zucker DE = x 100 Gesamtmenge Kohlehydrate Cyclodextrine - Molekulare Zuckertüte spalten • Cyclodextrin-Gycosyltransferasen Bindungen unter Bildung von Cyclodextrinen α1→4-glycosidische • Cyclodextrine können aus 6-(α-Cyclodextrin) 7-(α-Cyclodextrin oder 8 Zuckermolekülen (γ-Cyclodextrin) bestehen • Im Inneren des Rings herrschen hydrophobe (Einschluß hydrophober Moleküle) - außen hydrophile Bedingungen ⇒ gute Wasserlöslichkeit Cyclodextrine - Eigenschaften/Anwendung • Löslichkeit von organischen Verbindungen in wässrigem Milieu wird verbessert • Empfindlichkeit gegenüber UV-Licht und Strahlung wird verringert • Stabilisierung leicht flüchtiger Verbindungen • Cyclodextrine, die an die stationäre Phase Chromatographiesäulen gebunden sind, ermöglichen stereoselektive Aufreinigung von Racematen von die Enzyme und Süßkraft • Seit über 6.000 Jahren ist Zuckerrohr in Ostasien bekannt • 1801 errichtet Franz Carl Achard mit staatlicher Hilfe die erste Fabrik zur Herstellung von Zucker aus der „Runkelrübe“ • Ab 1850 sorgt der Konkurrenzkampf Zuckerrübe und Zuckerrohr für einen Preisverfall ⇒ Zucker wird Allgemeingut zwischen scharfen • Enzyme spielen v.a. bei der Produktion von Grundstoffen für die Süßwarenindustrie und Zuckeraustauschstoffen eine wichtige Rolle • Süßkraft eines Austauschstoffes Saccharoselösung verglichen wird mit einer 10 %-igen Invertzucker • Invertase spaltet Saccharose in die Einzelzucker D-Glucose und DFructose • Süßkraft identisch mit Saccharose, aber keine Kristallbildung ⇒ Verwendung als Füllung für Bonbon- und Pralinefüllungen • Invertase wird aus der Zellmasse von Saccharomyces cerevisiae gewonnen • 70 %-iger Saccharosesirup wird in einem Enzymreaktor (immobilisierte Invertase) mehrere Tage kontinuierlich zu Invertzucker verarbeitet (55°C). Isoglucose • Großteil der verzuckerten Stärke wird zu Isoglucose weiterverarbeitet (3,5 Mio t Isoglucose42 und 4,5 Mio t Isoglucose55 - 80 % davon in Nordamerika hergestellt) • Mais-/Weizen-Stärke dienen als Grundstoff („corn syrup“) • Glucose-Isomerase (aus Streptomyces-Arten oder Bacillus coagulans) wandelt D-Glucose zu D-Fructose (42 %) um ⇒ HFS („high fructose syrup“). • Isoglucose42 hat etwas geringere Süßkraft als Saccharose, wird aber gerne für Getränke und Obstkonserven eingesetzt (Produktionstendenz steigend). • Ursache für die geringere Süßkraft ist der Glucoseanteil ⇒ Herstellung von Isoglucose55 • Glucose wird chromatographisch von der Fructose getrennt und erneut mit Glucoseisomerase behandelt ⇒ Fructoseanteil steigt auf 55 %; Verwendung v.a. bei gekühlten Soft-Drinks Isoglucose - Herstellung • Glucose-Isomerase ist ein Homodimer, das in vielen Organismen vorkommt (Cofaktoren Co2+, Mn2+ oder Mg2+) • Glucose-Isomerase wird häufig in Form ganzer Zellen eingesetzt (Mit Glutaraldehyd im Enzymreaktor immobilisiert) D-Fructose • D-Fructose weist eine deutlich höhere Süßkraft auf als Saccharose • Gewinnung durch chromatographische Verfahren aus Invertzucker oder Isoglucose • Topinambur (Jerusalem-Artischocke) enthält in ihrer Knolle 75 Gew% Inulin (Fructose-Polymer) • Enzymatische Gewinnung mit Inulinase Enzymatischer Abbau von Cellulose/Polyose • Cellulose ist das häufigste Zuckerpolymer Jahresproduktion der Biosphäre 20 Mrd. Tonnen auf der Erde; • Nahrungsmittelindustrie verwendet Cellulasen und Hemicellulasen v.a. zur schonenden Pürierung von Gemüse und Früchten • Weitere Anwendungen ergeben sich auch in der Zellstoff- und Papierindustrie • Alkalische Cellulasen dienen als Weichmacher in Waschmitteln Cellulase Cellulose Bio-Ethanol Fermentation • Preise für Bio-Ethanol: 0,80 - 0,90 (0,45 Benzinäquivalent ↔ 0,20 Euro/l für Normalbenzin - 0,55) Euro/l Chemie der Cellulose • Cellulose ist der Hauptbestandteil der pflanzlichen Zellwand • Etwa 10.000 D-Glucose- Moleküle werden ß1→4-glycosidisch zu einem langen, linearen Polymer verknüpft. • Wasserstoffbrücken sorgen für eine parallele Anordnung der Glucoseketten ⇒ Mikrofibrillen. Chemie der Hemicellulosen • Die Hemicellulosen bilden die restlichen 20 % der pflanzlichen Zellwand • Hemicellulosen sind eine heterogene Mischung aus verschiedenen Zuckerpolymeren (Pentosen, Hexosen, Desoxyhexosen und Hexuronsäuren, v.a. Xylane, Xyloglucane, Arabinogalactane usw.) die über nicht kovalente Bindungen mit den Cellulosefasern verbunden sind. • Die Verbindung zwischen den Komplexen stellen neutrale oder saure Pectine her (Galacturonsäurebaustein) • Ein collagenartiges Protein vervollständigt Primärwand von Pflanzenzellen (Extensin) den Aufbau der Natürlicher Abbau von (Hemi-)Cellulose • Natürlicher Abbau cellulosehaltiger Materialien v.a. durch Weißfäulepilze (simultaner oder sukzessiver Abbau von Cellulose, Hemicellulose und Lignin) • Neben Enzymen, die ins Medium sezerniert werden, ist die mechanische Lockerung durch Pilzmycel entscheidend • Cellulose-abbauende Clostridienarten vereinigen degradierende Enzyme im sogenannten Cellulosom. Cellulose • Celluloseabbau in der Natur erfolgt durch die synergistische Aktion dreier unterschiedlicher Enzymsysteme • Endo-ß-Glucanasen greifen die wenigen amorphen Bereiche der Cellulose an ⇒ Entstehung freier reduzierender Enden • Exo-ß-Glucanasen spalten vom Ende her Cellobiose-Einheiten ab • ß-Glucosidasen Zuckerpolymere spalten Cellobiose und mehrgliedrige Biotechnologisch nutzbare Cellulasen • Im Anschluss an den 2. Weltkrieg konnte der erste Celluloseproduzierende Pilz, Trichoderma reesei isoliert werden • Cellulasen lassen sich aus vielen Organismen isolieren (Bakterien: Cellulomonas, Clostridium ssp.; Pilze: Aspergillus niger, Humicola insolens) • Zur Holzverzuckerung wird v.a. ein ins Medium sezerniertes Enzymgemisch (Endo-ß-Glucanase, Exo-ß-Glucanase und ßGlucosidase) ausgentechnisch veränderten Trichoderma reeseiStämmen verwendet. • Herstellung: Oberflächen-Fermentation (Koji-Anreicherung des Enzymgemisches) oder submers im Bioreaktor (Zellabtrennung Fällung mit Ethanol) Cellulose-Verzuckerung - Ungelöste Probleme • Mindestens 3 Enzyme müssen synergistisch zusammenwirken • Geringe Aktivität der Cellulasen • Lösliche Cellulasen müssen ein wasserlösliches Substrat umsetzen • Catabolit-Repression und Endprodukthemmung sorgen für geringe Produkt ausbeuten Cellulose-Verzuckerung - Aktuelle Verfahren • Bei enzymatischen Verfahren zur Stärkeverzuckerung muss die Biomasse adäquat vorbehandelt werden (z.B. alkalische Extraktion von Lignin/Hemicellulose bei hohen Temperaturen) ⇒ optimale Bedingungen für Cellulasen • SHF-Verfahren: separate hydrolysis and fermentation • Neueres Verfahren umgeht die Endprodukthemmung durch gleichzeitige Hydrolyse und Fermentation: SSF (simultaneous saccharification and fermentation 6.3.4 Milchprodukte Enzyme und Milchprodukte • Hochspezifische 1000 t / 1995 Proteasen (Lab, Rennin) zur Käseherstellung; • Lipasen, Proteasen ⇒ Käsearoma ß-Galactosidase Lactose D-Glucose + D-Galactose • Molkeverwertung: 50 Mio. t / a aus der Quark-/Käseherstellung • Entwicklungsländer: Enzymatische Sterilisation von Milchprodukten mit Lysozym und H2O2 Zusammensetzung von Milch • Für die Denaturierung von Milchproteinen existieren 3 Möglichkeiten • Ca2+ > 6 mM • pH-Wert < 4,6 • Spaltung der Peptidbindung zwischen 105Phe und 106Met durch Chymosin (Rennin) • Chymosin ist eine Protease, die bei allen Säugern im oberen Verdauungstrakt vorkommt Caseinspaltende Proteasen • Chymosin wird beim Menschen als inaktives Pro-Chymosin (Zymogen) im Magen gebildet und wird erst durch die Magensäure in aktives Chymosin umgewandelt. • Traditionelle Gewinnung: Aus Labmägen von Schlachtkälbern ⇒ Nebenaktivitäten anderer Enzyme (Geschmacksbeeinflussung) + schwer standardisierbar • Asien: „mikrobielles Lab“ aus Mucor miehei zur Herstellung von Sake (billiger, leichter und reiner produzierbar) • 1981 erstmals Herstellung rekombinanten Chymosins: Chymosin m-RNA → c-DNA → Klonierung in E.coli Pro- Caseinspaltende Proteasen 2 • Mittlerweile wird rekombinantes Chymosin neben E. coli auch in Kluyveromyces lactis und Aspergillus niger hergestellt (keine Inclusion bodies; Export der Protease) ⇒ keine Nebenaktivitäten, standardisierbarer Herstellungsprozess Caseinspaltende Proteasen 3 • Käse, der mit rekombinantem Chymosin hergestellt wird ist kein gentechnologisch verändertes Lebensmittel (Chymosin wird nur zur Herstellung verwendet; Protease ist empfindlich und wird beim Reifen schnell zerstört) • 1992 wurde rekombinates Chymosin zur Produktion von Käse in den USA zugelassen; 1997 in Deutschland; • 80 % der Hartkäse in USA und 90 % der Käse in England werden mittlerweile mit rekombinantem Chymosin hergestellt • Gentechnologisch veränderte K. lactis-Stämme werden in einem fed-batch Verfahren kultiviert, anschließend abgetötet (Benzoesäure) und das Chymosin wird durch Filtration gewonnen Lactase-Defizienz • In vielen Kulturen: Milch wird nur in der Stillzeit gut vertragen ⇒ Erwachsene zeigen Lactose-Intoleranz • Übelkeit, Flatulenz und durchfallartige Symptome sind die Folge • In den Mikrovilli der Darmepithelien fehlt das Enzym Lactase • Anhäufung von Lactose im Darm führt zu einer osmotisch ungünstigen Situation und zu einer stark gasenden Vergärung durch die Dickdarmflora. • Nur 3 % der Dänen, aber 97 % der Thailänder betroffen (Ausnahme Kaukasier) • Abhilfe durch Milchprodukte, bei denen die Lactose vorher bereits enzymatisch abgebaut wurde (Joghurt) Galactosämie und Käsearoma • Von der Lactoseintoleranz ist die Galactosämie zu unterscheiden, die auf einem Gendefekt (Chromosom 9) beruht ⇒ Organismus wird mit toxischen Stoffwechselprodukten überschwemmt (v.a. Galactit) • Abhilfe verschafft hier nur eine galactosefreie Diät Käsearoma • Kurz- und mittelkettige Triglyceride in der Milch können mittels Lipasen zu Käsearomen verarbeitet werden (enzyme-modified cheeses - EMC) • Kettenlänge und Enzym bestimmen die Geschmacksnote 6.4 Trends in der Enzymtechnologie Neue Wege zu technischen Enzymen • Für wichtige Reaktionstypen (C-C-Verknüpfung) stehen nur wenige Enzyme zur Verfügung (ohne teure Cofaktoren) • Zeitbedarf für die Entwicklung/Optimierung eines neuen Enzyms meist sehr hoch • Rationales Protein-Design • Gerichtete Evolution zur Verbesserung der Enzymeigenschaften • Neue Screening-Strategien zur Ausschöpfung der natürlicherweise vorhandenen Enzym-Diversität Rationales Protein-Design • Protein Design, Protein Engineering: Willkürliche Änderung einer Proteinsequenz mit gentechnischen Methoden • Voraussetzung: Gen eines Proteins kloniert und exprimierbar; Informationen über die Raumstruktur vorhanden (optional); • Rationales Protein-Design: bekannte Raumstruktur ⇒ gezielte Veränderung einzelner Aminosäuren oder Sequenzabschnitte • Gerichtete Evolution: Zufallsgesteuerte Veränderung der Aminosäuresequenz ⇒ Selektion der erzeugten Varianten (Raumstruktur nicht nötig) • Ziele: Hinweis auf katalytischen Mechanismus - Veränderung der Substratbindungseigenschaften - Veränderung anderer Enzymeigenschaften (Temperatur-, Proteasestabilität, allergenes Potential, Löslichkeit) RPD - Positionsgerichtete Mutagenese • Historisch: Auf J. Messing zurückgehendes System mit einem Primer, der die gewünschte Basenveränderung trägt und M13 als Expressionsvehikel • Neuere Verfahren benutzen vier PCR-Primer (P1 - P4); 2 davon umschließen das zu verändernde Gen, die anderen beiden weisen die gewünschte Basenveränderung auf • Reaktionsbedingungen bei der PCR müssen so gewählt werden, dass die Primer P2 und P3 trotz der vorhandenen Fehlpaarung an die Matrizenstränge binden RPD - „Quick Change“ • Neue Kits zur positionsspezifischen Klonierung benutzen eine DNAPolymerase mit hoher Prozessivität und methylgruppenspezifische Restriktionsendonuklease. Produktion des mutierten Plasmidstranges 1) Denaturierung der DNA 2) Anbindung der mutierten Primer 3) Verlängerung der Primer (Pfu-Polymerase) 4) Verknüpfung der neuen Stränge Ein Arbeitstag DnpI-Verdau 1) Verdau der Matrizen DNA durch methylgruppenspezifische Restriktionsendonuklease Transformation 1) Transformation der mutierten EinzelstrangDNA Gerichtete Evolution • Gen eines zu optimierenden Proteins wird einer Zufallsmutagenese unterzogen • Einbringen in sogenannte Mutator-Stämme von E. coli oder PCR mit einer DNA-Polymerase, die viele Fehler macht (oder Mn2+ als Cofaktor) • Monitoring der entstehenden Proteinvarianten in einem schnellen Funktionstest Gerichtete Evolution • Verbesserung der Bindungseigenschaften eines Proteins (z.B. Antikörperderivate ⇒ Phage-Display-Technik ( - 1010 Mutanten können untersucht werden) • Eine weitere auf zufällige Veränderung und effizientem Funktionstest beruhende Technik ist das Gene shuffling • Künstlich erzeugte (oder natürlicherweise vorhandene) Proteinvarianten werdenauf genetischer Ebene miteinander rekombiniert und die entstehenden Rekombinationsprodukte einem Funktionstest unterzogen Rationales Protein Design - Subtilisin 1 • Subtilisine sind Serinproteasen aus hitzestabilen Bacillusarten • Bleichreagenzien in Waschmitteln sind starke Oxidationsmittel, die die Aktivität von Waschmittelproteasen stark beeinträchtigen können • Besonders empfänglich für eine Oxidation ist der Methioninrest an Position 222 (neben Serinrest 221, der an der katalytischen Umsetzung im aktiven Zentrum beteiligt ist). • Oxidation von Met222 ist für eine 90 %-ige Aktivitätsminderung der Waschmittelprotease verantwortlich • Ersatz von Met222 durch eine andere Aminosäure könnt zu einer Stabilitätsverbesserung von Waschmittelproteasen führen Rationales Protein Design - Subtilisin 2 • Test von 19 Mutanten, die eine andere Aminosäure an Position 222 aufwiesen ergab folgendes Ergebnis • Einbau große, sperriger und geladene Aminosäuren sorgt für einen starken Aktivitätsverlust • Verzweigte Aminosäuren sorgen für einen größeren Aktivitätsverlust als unverzweigte • Die Mutante Met222Ala zeigte bei vollständiger Oxidationsresistenz noch die höchste Restaktivität. Rationales Protein Design - Subtilisin 3 • Je unspezifischer eine Waschmittelprotease ist, desto besser für den Waschprozess ⇒ Erhöhung der Unspezifität durch rationales Protein Design ? • Spaltung einer Peptidbindung nach einer frei wählbaren Aminosäure wird als Maß für die Spezifität einer Protease benutzt (Succinyl-AlaAla-X-p-Nitrophenol) • Glycinrest an Position 166 ist für die Substratspezifität entscheidend Rationales Protein Design - Subtilisin 4 • Positiv geladene Aminosäuren (Gln, Lys, Arg) erhöhen die Aktivität bei der Spaltung von Peptidbindungen nach Glutamat • Negativ geladene Aminosäuren (Asp, Glu) verringern Spaltaktivität nach apolaren Aminosäuren (Phe, Ala) die Weitere Beispiele Neue Screening Strategien • Isolierung von Mikroorganismen aus extremen (hochalkalisch, stark sauer, Tiefseesedimente) Standorten • Erste thermostabile DNA-Polymerase aus Thermus aquaticus verwendet (Taq-Polymerase) • Bakterium das aus 90° heißen Schwefelquellen („Old Faithful“ im Yellostone Nationalpark) isoliert wurde und dessen optimale Wachstumstemperatur bei 72 °C liegt ⇒ DNAPolymerase wird beim Denaturieren nicht zerstört • Suche nach Enzymkonsensussequenzen in den Genomen neu sequenzierter Mikroorganisnmen • Nur 1 % der auf der Erde vorkommenden Bakterien sind bisher bekannt ⇒ Screening in Umweltgenombanken (auch bisher nicht kultivierter Bakterien enthalten)