Somatische Mutationen Pankreaskarzinome Holger Kalthoff, Martina Voß Klinik für Allgemeine und Thoraxchirurgie, Abteilung Molekulare Onkologie, Kiel Zusammenfassung Der Nachweis von Kras Mutationen in Kombination mit der Detektion der TelomeraseAktivität im Blut, im Stuhl und in der Gallenflüssigkeit von Pan kreastumorpatienten sind neue und vielversprechende Ansätze für die Di agnose des Pankreaskarzinoms. Es sind jedoch noch umfassende Ring versuche an Kliniken notwendig, be vor die Analyse von KrasMutationen und die Detektion der TelomeraseAk tivität in großem Maßstab in der klini schen Praxis Anwendung finden. Auch bei der Detektion von p53Anti körpern im Serum sowie von p16Ver änderungen (Deletionen im p16Gen und PromotorHypermethylierung) im Pankreaskarzinomgewebe sind die verfügbaren Methoden noch nicht ro bust genug, um einen Verlauf der Krankheit zu prognostizieren. In der Gentherapie gibt es dagegen schon einige vielversprechende Ansätze in der klinischen Phase I. Schlüsselwörter Pankreaskarzinom, Kras, p16, p53, TelomeraseAktivität, Gentherapie Summary Detection of Kras mutations in combination with detection of telo meraseactivity in blood, stool, and bile of pancreatic cancer are new and promising approaches in the dia gnosis of pancreatic cancer. However, Krasbased mutation analysis and detection of telomerase activity is still not well established and robust assays which can be used clinically need to be developed. Detection of p53antibodies in sera of pancreatic cancer patients seems to be a pro gnostic marker for malignancy as well as p16Mutations (deletions and pro motorhypermethylation) in pancreatic cancer tissue, but available methods are still not sensitive enough. Gene therapy has revealed promising results in preclinical studies. Some of the strategies have already pro gressed to phase I clinical trials in humans. Keywords pancreatic cancer, Kras mutations, p16, p53, telomerase activity, gene therapy Einleitung In Deutschland sterben jährlich ca. 12 000 Menschen an einem Pankreas karzinom. Damit nimmt das Pankreas Karzinom als sechsthäufigste Tumor art mit 5 % aller Krebstoten einen wichtigen Platz in der Mortalitätssta tistik aller Tumoren ein. Das erste Jahr nach Diagnosestellung überle ben weniger als 20 % der betroffenen Patienten und die FünfJahresÜber lebensrate liegt unter 5 %. Damit hat das Pankreaskarzinom eine der schlechtesten Prognosen aller Tumor arten überhaupt. Ein Grund für diese außerordentlich schlechte Prognose ist, dass Frühsymptome des Pankreas karzinoms selten und uncharakteris tisch sind. Daher werden Pankreas karzinome häufig erst in fortgeschrit tenen Stadien diagnostiziert. Ein wei terer Grund für die schlechte Progno se ist die Resistenz von Pankreaskar zinomen gegenüber Strahlen und Chemotherapie. Am häufigsten tritt das Pankreaskarzinom in der 6.–8. Lebensdekade auf, wobei Männer etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen („Arbeitsgemeinschaft Be völkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland“, 2002). Die existierenden Methoden, die zur Diagnose des Pankreaskarzinoms eingesetzt werden, wie TumorMarker, Endoskopie und radiologischer Nach weis, sind alle nicht sensitiv genug, um das Pankreaskarzinom im Früh stadium zu diagnostizieren. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund ei ner chronischen Pankreatitis. Bewei send ist die histopathologische Dia gnose eines Pankreaskarzinoms. Bei medgen 14 (2002) 181 Somatische Mutationen Tab 1 Repräsentatives genetisches Profil des PankreasAdenokarzinoms (Inoue, 2001) Gen Onkogen Kras TumorSuppressorGene p53 p16 DPC4 Locus 12p12 80–95 17p13 9p21 18q21.1 50 85 ca. 55 MikrosatellitenInstabilität TelomeraseReaktivierung der Klassifizierung Pankreatischer Intraepithelialer Neoplasien (PanIN) werden histologisch 3 Läsionstypen (PanIN: „pancreatic intraepithelial Ne oplasia“) unterschieden (http://www. pathology.jhu.edu/pancreas/panin): Normale flache duktale Läsionen (Pa nIN1A), papilläre duktale Läsionen (PanIN1B), atypische papilläre duk tale Läsionen (PanIN2) und schwere atypische duktale Läsionen (PanIN3). Trotz der Verbesserungen der Opera tionstechniken und der palliativen Therapien, hat sich die Prognose von Patienten mit Pankreaskarzinom in den letzten Jahrzehnten nur wenig verbessert. Die effektivste Therapie ist die chirurgische Resektion (Opera tion nach Whipple), wobei nur 20 30 % der Tumore reseziert werden kön nen. Eine frühzeitigere Diagnose soll te die Prognose des Pankreaskarzi noms verbessern, da Patienten mit kleinen Tumoren, die auf das Pankre as beschränkt sind, eine 5Jahres Überlebensrate von 40 % haben. Fragestellung Angesichts der oben geschilderten Situation sind neue Strategien nötig, um das Pankreaskarzinom frühzeitig zu diagnostizieren und effektiver zu behandeln. Dabei könnte die Etablie rung einer molekulargenetischen Dia gnose, die ggf. parallel zur histopa thologischen Diagnose Anwendung finden würde, die Erkennung des Pankreaskarzinoms im Frühstadium ermöglichen. Der Einsatz von genthe rapeutischen Methoden soll zum ei nen mutierte oder deletierte Gene re konstituieren, um Pankreastumoren 182 medgen 14 (2002) Häufigkeit von Mutationen (%) 3 90 z.B. weniger resistent gegenüber che motherapeutischen Behandlungen zu machen. Zum anderen könnte eine molekularbiologische Therapie einge setzt werden, um Tumorzellen mit Hil fe von Viren gezielt zu zerstören. In den nachfolgenden Abschnitten soll der aktuelle Stand der molekular genetischen Charakterisierung des Pankreaskarzinoms, die Ansätze für die molekulargenetische Diagnostik, die Ansätze für eine Beurteilung der Prognose des Pankreaskarzinoms mit molekulargenetischen Methoden sowie die gentherapeutischen Ansät ze zur Behandlung des Pankreaskar zinoms kurz erörtert werden. Molekulargenetische Befunde bei sporadischen Pankreas karzinomen Es wird angenommen, dass die An zahl der Gene, die von Mutationen betroffen sind, mit dem histopatholo gischen Progressionsstadium zu nimmt. Biologisch „frühe“ Läsionen (z.B. Läsionen mit geringgradiger Dy splasie) sollten nur einzelne sehr we nige, „späte“ Läsionen dagegen meh rere Genveränderungen aufweisen. Mit Hilfe von molekularen Analysen der Vorläuferläsionen konnte festge stellt werden, dass aktivierende Kras Mutationen sich meist früh ereignen, während Veränderungen in der Ex pression und der genetischen Inte grität des p16Gens in „intermediären Läsionen“ auftreten und die Inaktivie rung von p53 und DPC4Genen so wie Veränderungen der Telomerase Aktivität erst spät in der neoplasti schen Progression erfolgen. In Pankreaskarzinomen wurden be sonders häufig Kras Onkogen Muta tionen beobachtet, wobei eine be achtliche Prävalenz den Mutationen im Codon 12 zukommt. Das Produkt des Kras Gens ist ein Plasmamem brangebundenes 21kD Guanin Nu kleotidbindendes Protein mit GTPa se Aktivität. Mutationen dieses Pro teins führen zu einem Verlust der GTPase Aktivität, wodurch die Signal transduktion beeinflusst wird. Gleich zeitig sind drei TumorSuppressorge ne, die negativ regulierend auf den Zellzyklus einwirken, besonders häu fig von Mutationen betroffen: p53, p16 und DPC 4 („deleted in pancrea tic cancer, locus 4“). p53 ist ein Tu morsuppressorgen, das für ein 53kD nukleäres Phosphoprotein codiert. Mutationen im p53Gen sind die häu figsten somatischen genetischen Al terationen in humanen Karzinomen und führen zu einem mutierten Pro tein mit einer erhöhten Halbwertzeit. Als Transkriptionsfaktor kontrolliert p53 eine große Zahl von Genen und ist für die Inhibition einer Onkogenin duzierten Transformation, die Erhal tung der genomischen Stabilität, der Modulation der G1Phase des Zellzy klus und der Expression von Wachs tumsKontrollGenen verantwortlich. Ein mutiertes p53Gen verliert diese regulatorischen Funktionen und trägt so zur malignen Zelltransformation bei. Das Tumorsuppressorgen p16 codiert für einen Regulator des Zell zyklus. Funktionell ist p16 ein Inhibi tor der CyclinDCdk4 und CyclinD Cdk6 Kinase Komplexe, die die Akti vität des ZellzyklusInhibitorProteins Rb herunterregulieren. Das Tumor Syndrom Verantwortliches Gen Relatives Risiko Familäres Pankreaskarzinom (FPC) noch nicht identifiziert 60–80 __ Hereditäte Pankreatitis (PCTT) PRSS1 CFTR SPINK1 80–100 __ Familiäres atypisches multiples Mole Melanom Pankreas KarzinomSyndrom (FAMMMPC) p16/INK4 CDKN2A PeutzJeghersSyndrom (PJS) STK11 LKB1 100 Hereditäres Brust/Ovarialkarzinom BRCA2 1–3,5 LiFraumeniSyndrom (LFS) p53 CHK2 5 Gehirntumoren Melanom Lungenkarzinom Prostatakarzinom Tumore der Gonaden Multiple Primärtumore Hereditäres nichtpolyposis colorektales Karzinom (HNPCC) hMSH2 hMSH3 PMS1 PMS2 HMSH6 5 Colonkarzinom Magenkarzinom Karzinome des Urinaltraktes Gallenkarzinome Endometriumkarzinom Familäres adenomatöses Polyposis coli Syndrom (APC) APC 5 Colonkarzinom Endometriumkarzinom Multiple primäre Neoplasien Hepatoblastom suppressorprotein DPC4 vermittelt die durch den Wachstumsfaktor TGFß stimulierte Gentranskription über Se quenzspezifische Bindung an die DNA. Da TGFß auf Zellen epithelialen Ursprungs eine Wachstumsinhibie rende Wirkung hat, kann der Verlust von DPC4 zur malignen Transforma tion beitragen. Als Synonym für DPC4 wird in der Literatur auch häufig die Bezeichnung SMAD4 verwendet, die auf die Entdeckung des bei Drosophi la melanogaster entdeckten homolo gen Proteins zurückzuführen ist. 25 Assoziierte Tumoren Melanom Ösophaguskarzinom Plattenepithelkarzinom Ovarialkarzinom Ösophaguskarzinom Colonkarzinom Brustkarzinom Somatische Mutationen Tab 2 Familiäre Krebssyndrome mit erhöhtem Risiko für Pankreaskarzinome (siehe OmimDatenbank: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Omim/) Brustkarzinom Ovarialkarzinom Prostatakarzinom Weiterhin kommt es beim Pankreas karzinom – wie auch bei anderen Tu moren – zur Reaktivierung der Telo meraseAktivität. Die Telomerase ist ein Enzym, das eine DNASequenz von 6 Nukleotiden an die chromoso malen Enden in Keim und Stammzel len anfügt und damit für die Immorta lität der Zellen verantwortlich ist. auf die hereditäre Pankreatitis (PCTT). Weitere Tumorsyndrome wie das Li FraumeniSyndrom (LFS), das Here ditäre NichtPolyposis Colorektale Syndrom (HNPCC) und das Familäre Adenomatöse Polyposis ColiSyn drom (APC) scheinen ebenfalls mit ei nem erhöhten Pankreaskarzinomrisi ko verbunden zu sein, allerdings wird auch für diese Syndrome, ähnlich wie für das erbliche Brust/OvarialSyn drom, nur von einem relativen Risiko von maximal 5 ausgegangen. Ein deutlich erhöhtes Pankreaskarzinom risiko weisen Risikopersonen aus Fa milien mit Familiärem Pankreaskarzi nom (FPC) auf, wobei hier noch kein verantwortliches Gen identifiziert wer den konnte. Die FPC’s sollen unge fähr 57% aller Pankreaskarzinome ausmachen (Klein, 2001). Einen Über blick der familiären Krebssyndrome mit erhöhtem Risiko für Pankreaska zinome zeigt die Tabelle 2. Molekulargenetische Befunde beim erblichen Pankreaskarzinom 4–16 % der Pankreaskarzinome zei gen eine familiäre Häufung. Diese ist zurückzuführen auf das Familiäre Aty pische Multiple Mole Melanom Pan kreasSyndrom (FAMMMPC), das PeutzJeghers Syndrom (PJS), das erbliche BrustOvarialKarzinom und Ansätze für die molekulargenetische Diagnostik des Pankreaskarzinoms Obwohl noch keine klinischen Tests für die genetische Diagnostik des Pankreaskarzinoms etabliert sind, gibt es vielversprechende Ansätze. Bisher konzentrierten sich die mei sten Anstrengungen darauf, ein sen sitives diagnostisches Werkzeug zu entwickeln, welches spezifisch die K ras Codon 12 Mutation detektiert. K ras Mutationen schienen gute poten tielle Kandidaten für genetische Tests zu sein, da sie früh in der Pankrea skarzinogenese auftreten. Inzwischen hat sich jedoch abgezeichnet, dass die Spezifität der Kras Mutationen zur Diagnose des Pankreaskarzinoms alleine nicht ausreicht, da auch bei Patienten mit Pankreatitis Kras Mu tationen detektiert wurden. Die Häu figkeitsangaben von Kras Mutationen beim Pankreaskarzinom beziehen sich auf den Nachweis der Kras Mu tation im Gewebe und im Pankreas sekret. Es ist jedoch zu bedenken, dass invasive Techniken zum Erhalt von Pankreassekret oder Pankreasge webe für ein „CancerScreening“ un geeignet sind. Daher wurden Kras Mutationen au ßer im Pankreassekret auch in Stuhl proben, Gallenflüssigkeit, Sputum und PlasmaDNA von Pankreastu morpatienten untersucht (Friess, 1997). Hier konnte je nach Herkunft der Probe eine Kras Mutation in 25–87 % der Fälle nachgewiesen werden. Die Sensitivität hängt stark von der Methode sowie von der Qua lität der klinischen Probe ab (Minamo medgen 14 (2002) 183 Somatische Mutationen to, 2000). Bezüglich der mangelnden Spezifität könnte der gleichzeitige Nachweis der Reaktivierung der Telo merase in differenzierten Zellen als Marker dienen, um das Pankreaskar zinom von der Pankreatitis zu unter scheiden. Die Reaktivierung der Telo merase kann mit Hilfe eines neuen hoch sensitiven auf PCRbasierenden Telomerase Tests (TRAP) erkannt wer den. Im Gegensatz zum Pankreaskar zinom konnte bei der Pankreatitis bis her keine Reaktivierung der Telome rase detektiert werden. Beim gleich zeitigen Nachweis von Kras Mutatio nen und TelomeraseAktivität im Pan kreassekret waren 100 % der gete steten Pankreaskarzinompatienten (12/12) positiv (Myung, 2000). Die weitere Entwicklung dieser Tests könnte in naher Zukunft ein neues di agnostisches Werkzeug für die früh zeitige Diagnostik des Pankreaskarzi noms schaffen. Ansätze für die Beurteilung der Prognose des Pankreaskarzinoms mit molekulargenetischen Methoden Während der Nachweis von Kras Mutationen und der Nachweis der Reaktivierung der TelomeraseAkti vität eher in der molekularen Diagnos tik des Pankreaskarzinoms Anwen dung finden könnten, dürfte der Nachweis von Mutationen/Deletionen in den Tumorsuppressorgenen p53 und p16 eher eine Hilfestellung für die Beurteilung der Prognose bieten (Inoue, 2001). p53Mutationen scheinen eine schnel lere Progression des Pankreaskarzi noms zu induzieren. Sie sind assozi iert mit einem fortgeschrittenen Tu morstadium, lokalem Lymphknoten befall und kürzeren Überlebenszeiten aber nicht mit einer höheren Inzidenz von Fernmetastasen oder gesteiger ter Tumorgröße. Weiterhin scheint die Anwesenheit von p53Antikörpern im Serum von Patienten sehr spezifisch für die Malignität der Pankreaserkran kung zu sein. Damit könnte p53 – be sonders postoperativ – ein prognosti scher Indikator sein. Allerdings konn ten im Serum von Pankreaskarzinom patienten (n = 160) nur bei 6,4 % der 184 medgen 14 (2002) Probanden p53Antikörper detektiert werden, obwohl die p53Mutationsra te bei > 50 % liegt (Marxsen, 1994). p53Mutationen wurden allerdings auch – wenn auch selten – im Pankre assaft von Patienten mit chronischer Pankreatitis detektiert (Löhr, 2001a). Als weiterer prognostischer Marker könnte auch der Nachweis von Verän derungen im TumorSuppressorgen p16 im Pankreasgewebe eingesetzt werden, da p16Veränderungen bei der chronischen Pankreatitis ein Indi kator für ein hohes Risiko einer Weiterentwicklung in ein Pankreaskar zinom sind. Die am häufigsten be schriebenen p16Veränderungen bei Pankreastumoren sind eine Hyperme thylierung des Promotors sowie Dele tionen im p16Gen. Die Anwesenheit von p16 Veränderungen in Pankreas tumoren ist mit einer schlechten Pro gnose verbunden (Gerdes, 2002). Je doch muss auch hier – wie beim Nachweis von p53Mutationen – die Sensitivität des Nachweises noch verbessert werden. Gentherapeutische Ansätze zur Behandlung des Pankreas karzinoms (Kasuya, 2001) In der Gentherapie gibt es einige viel versprechende Ansätze, die hier im Einzelnen kurz vorgestellt werden sol len. Bei der AntisenseStrategie werden Nukleinsäuren eingesetzt, die zu be stimmten Sequenzen der DNA oder RNA komplementär sind. Die Hybridi sierung der Oligonukleotide an ihr Ziel kann die Transkription oder Transla tion des GenProdukts effektiv blok ken. In vitro und im Tiermodell zeig ten AntisenseOligonukleotide gegen Kras eine Reduktion der Kras Ex pression und ein supprimiertes Zell wachstum. In diesem Zusammenhang könnte auch doppelsträngige RNA Einsatz finden, welche die Expression korrespondierender ExonSequenzen in der RNA inhibiert (Paul, 2002). Die Gengerichtete Prodrug Aktivie rung Therapie (GPAT) beruht auf dem Einsatz von nichtSäugerEnzymen. Die Thymidin Kinase des Herpes Sim plex Virus (HSVtk) und die Cytosin deaminase (CD) aus E. coli sind hier zwei klassische Enzyme. Die HSVtk phosphoryliert die „Prodrug“ Ganci clovir (GCV) zu Ganciclovir Mono phosphat. Diese Substanz wird dann durch die Wirtszelle weiter zu der to xischen Form GanciclovirTriphosphat phosphoryliert. Ganciclovir Triphos phat inhibiert die DNAPolymerase und ist toxisch für Zellen, die sich in der SPhase des Zellzyklus befinden. GenTherapien, die das HSVtkGen benutzen, versuchen das Gen vor zugsweise in Pankreastumorzellen einzuschleusen und anschließend GCV hinzuzufügen, so dass selektiv die infizierten Tumorzellen sterben. Im Tiermodell konnten hierdurch vielver sprechende Ergebnisse z.B. die Re gression von Lebermetastasen erzielt werden. Nach dem gleichen Prinzip erfolgt der Einsatz des Enzyms Cyto sindeaminase (CD), welches die Dea mination von Cytosin zu Uracil kata lysiert. Die CD kann die ungiftige Pro drug 5Fluorcytosin (5FC) zu 5Fluo ruracil (5FU) umsetzen, welche an schließend zu 5Fluoruraciltriphos phat (5FUTP) oder Fluor2Deoxyu ridin5’Monophosphat (5FdUMP) prozessiert wird. 5FUTP wird dann in die mRNA inkorporiert und interferiert mit dem mRNA Prozessing, während 5FdUMP die Thymidylat Synthase in hibiert und dadurch mit der DNASyn these interferiert. Die CD wird mit Hil fe eines Vektors in Pankreastumorzel len eingebracht und anschließend wird 5FC verabreicht. Mit dieser Me thode konnte im Mausmodell eine Verminderung des Tumorwachstums beobachtet werden. Eine Problematik dieser antiNeoplas tischen Therapien ist es, dass die ein gesetzten Mengen an Therapeutika, die toxisch für Tumorzellen sind, auch zu einem gewissen Grad toxisch für normale Zellen sind. Hier könnte der Einsatz von Säugerassoziierten Pro motoren, die die Expression einge schleuster Gene steuern (z.B. HSVtk oder CD), Abhilfe schaffen. Da diese Promotoren in normalen Geweben theoretisch nicht aktiv sind, wird das eingeschleuste Gen nicht in normalen Zellen exprimiert, so dass diese Zel Eine weitere Strategie ist der Einsatz von Tumorspezifischen Replikations kompetenten Herpes oder Adenovi ren. Hierbei werden Replikations kompetente Viren auf Tumorzellen „gerichtet“, die dann durch virale Re plikation und resultierende ZellLyse zerstört werden. Der Vorteil dieser Therapie ist, dass nicht jede Zelle transduziert werden muss, um eine erfolgreiche Therapie zu gewährlei sten, da der Virus auch anliegende Tumorzellen zerstört. Ein Tumorspe zifischer Adenovirus produziert z.B. ein Protein, das die Replikation von Tumorzellen verhindert. In Kombina tion mit HSVtkExpression/Ganciclo virBehandlung konnten Mäuse mit peritoneal disseminiertem Pankrea skarzinom effektiv behandelt werden: Die Überlebenszeit der behandelten Mäuse verbesserte sich signifikant. Ein Beispiel für einen Replikations kompetenten Virus ist Onyx015, der bereits in der klinischen Phase I zur Behandlung des Pankreaskarzinoms getestet wird. Onyx015 ist ein E1B55kDa Gendeletierter Adenovi rus, der das Tumorsuppressorgen p53 bindet und damit die p53vermittelte transkriptionelle Aktivierung blockiert. Onyx015 soll für seine effiziente Re plikation in Tumorzellen auf Verände rungen im p53 TumorsuppressorSig nalweg angewiesen sein. Obwohl die ser Effekt in neuesten Veröffentlichun gen in Frage gestellt wurde, wurden in der Behandlung von KopfHalsTu moren mit diesem Virus bereits viel versprechende Ergebnisse erzielt. In der klinischen Phase IStudie an Pan kreastumorpatienten konnte bei der Behandlung mit Onyx015 jedoch kei ne virale Replikation beobachtet wer den (Mulvihill, 2001). Eine weitere Methode ist der Transfer von genetisch modifizierten allogenen Zellen in das Blutgefäßsystem des Tumors. Hierfür werden die Zellen, die ein Cytochrom p450 Enzym exprimie ren, in CelluloseSulphat eingebettet. Die Aktivierung der Zellen im Tumor erfolgt über die Verabreichung von geringen Mengen Ifosfamid. In der kli nischen Phase I/IIStudie zeigte sich hier bei 4/14 Pankreastumorpatienten eine Regression des Tumors, während der Tumor bei den anderen Patienten (10/14) zumindest unverändert blieb (Löhr, 2001b). Literatur Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland. Krebs in Deutsch land. 3. Erweiterte, aktualisierte Ausgabe, Saar brücken, 2002 Friess H, Kleeff J, Gumbs A, Buchler MW (1997) Molecular versus conventional markers in pan creatic cancer. Digestion 58: 557563 croencapsulated cellmediated treatment of in operable pancreatic carcinoma. 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Eine Trans duktion mit Retroviren, die das HSV tk Transgen unter der Kontrolle des MUC1Promotors haben, resultiert in der Zellkultur in einem Anstieg der GCVSensitivität in MUC1 positiven Zellen. Minamoto T, Mai M, Ronai Z (2000) Kras muta tion: early detection in molecular diagnosis and risk assessment of colorectal pancreas, and lung cancers – a review. Cancer Detect Prev 24(1): 1 12 Mulvihill S, Warren R, Venook A, Adler A, Rand lev B, Heise C, Kirn D (2001) Safety and feasibi lity of injection with an E1B55 kDa genedele ted, replicationselektive adenovirus (ONYX015) into primary carcinomas of the pancreas: a pha se I trial. Gene Ther 8(4): 308315 Myung SJ, Kim MH, Kim YS, Kim HJ, Park ET, Yoo KS, Lim BC, Wan Seo D, Lee SK, Min YI, Kim JY (2000) Telomerase activity in pure pan creatic juice for diagnosis of pancreatic cancer may be complementary to Kras mutation. 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