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Kursteil II: Genexpression
André Fiala, Arnim Jenett, Johannes Schindelin,
Tom Riemensperger, Jens Rister
Zellen zeichnen sich durch ein ihnen eigenen Muster an exprimierten Genen aus:
Muskelzellen exprimieren beispielsweise ein anderes Set an Genen als Nervenzellen. Man
sagt, eine Zelle hat eine eigene genetische Identität. Jetzt kann man sich fragen, wie die
differentielle Expression von Genen gesteuert wird, z.B. damit ein Tier sich korrekt von einer
Zygote zu einem ausdifferenzierten Organismus entwickelt. Andererseits kann man sich die
spezifische Genexpression zu Nutze machen, um Zellen eines bestimmten Typs zu
untersuchen, sichtbar zu machen oder zu manipulieren. Wir wollen Ihnen in diesem Kursteil
einige Methoden zeigen, wie man die Expression bekannter oder unbekannter Gene in
spezifischen Zellen im Gehirn von Drosophila darstellen kann. Dazu benötigt man prinzipiell
zwei Dinge: Erstens einen Reporter, der einem erlaubt, seine eigene Expression
nachzuverfolgen, z.B. ein Enzym, dessen Aktivität sichtbar gemacht werden kann, oder ein
Fluoreszenzprotein. Zweitens muss der Reporter in seiner Expression das Expressionsmuster
eines Genes, das einen interessiert, nachvollziehen. Der Reporter muss also unter der
Kontrolle eines bestimmten Promotors oder spezifischen Enhancers exprimiert werden.
Wie bekommt man nun fremdes Gen, z.B. ein Reportergen, in die Keimbahn des zu
transformierenden Organismus? Bei der Fruchtfliege bedient man sich dazu „springender“
DNA-Elemente, sogenannter P-Elemente.
Das P-Element
Das P-Element ist ein Transposon (ein „springendes“ Element), welches im Wesentlichen
aus den Inverted Repeats und einem Leseraster besteht, welches für das für die
Transposition wichtige Enzym (Transposase) kodiert (Abb. 3.1). Es kann sich an prinzipiell
beliebigen Stellen im Genom selbst einbauen. P-Elemente spielen in der DrosophilaForschung eine wichtige Rolle. Sie können mobilisiert werden und dadurch als Werkzeug für
die Erzeugung von Mutationen dienen, indem man sie in Gene inserieren lässt, die dadurch
zerstört werden sollen. Sie können aber auch in vitro verändert und als Enhancer-Detektoren
verwendet werden (Enhancer-trap-Methode ). Dabei wird ein Reporter in das P-Element
eingebaut, der so transkribiert wird wie das Gen, das man untersuchen möchte. Natürlich gibt
es noch eine ganze Reihe weiterer Verwendungsmöglichkeiten für die P-Elemente.
Enhancer-trap-Methode
Das P-Element wird in vitro über ein E. coli-Plasmid in ein Reporter-Konstrukt umgewandelt,
indem zwischen die zwei Inverted Repeats anstelle der Transposase ein Reporter-Gen
eingebaut wird. Das am häufigsten benutzte Reporter-Gen ist das E.coli Gen lacZ, welches für
das Enzym β-Galactosidase kodiert. Dieses Enzym ist histologisch sehr leicht nachzuweisen,
z.B. mit dem im Kurs verwendeten Substrat X-gal (5-Brom-4-chlor-3-indoxyl-β-Dgalactosid), welches durch den enzymatischen Abbau in einen blauen Niederschlag
umgewandelt wird. Das lacZ-Gen wird direkt an einem der Inverted Repeats (5’) des PElementes fusioniert und kommt damit unter die Kontrolle des P-Promoters, der aber nur eine
leichte, normalerweise nicht nachweisbare Aktivität zeigt. Weitere typische Eigenschaften
dieses Konstruktes sind ein Marker-Gen zur Identifizierung positiver Insertionen (z.B. das
white-Gen oder das rosy-Gen, beides sind Gene die an der Pigmentbildung im Auge beteiligt
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sind), Polylinker-Sequenzen und ein E. coli-Plasmid zur Klonierung der flankierenden
genomischen Sequenzen. Ein typisches Enhancer-trap-Konstrukt ist in Abb. 3.1 gezeigt.
Abb. 3.1. Aufbau der P-Elemente und der Enhancer-trap-Konstrukte
A) Ein intaktes P-Element besteht aus den Inverted Repeats und der Transposase-kodierenden Region, die von
drei Introns unterbrochen wird. Das korrekte Splicen des dritten Introns findet im Normalfall nur in den
Keimzellen statt. Aktive Transposase ist deshalb nur in den Keimzellen zu finden.
B) Ein typisches Enhancer-Trap-Konstrukt besitzt nur noch die Inverted Repeats des P-Elementes. Zwischen den
beiden Repeats befinden sich jetzt neu das Reporter-Gen (lacZ), ein Marker-Gen für die Identifizierung von
transformierten Fliegen (rosy oder white), Polylinker-Sequenzen für die molekulargenetischen Manipulationen
und ein E.coli-Plasmid zur Klonierung von flankierenden genomischen Sequenzen.
Die Funktionsweise dieser Enhancer-trap-Konstrukte ist in Abb. 3.2 gezeigt. Dabei kommt es
zu einer mehr oder weniger zufälligen Insertion dieses Konstruktes in die Nähe eines
Drosophila-Gens. Idealerweise findet die Insertion zwischen der Enhancer-Region und dem
Promoter des Gens statt. Während im Normalfall der Enhancer die Zeit- und Gewebespezifische Expression des Gens steuert (A), kommt es nach der Insertion zu einer doppelten
Wirkung des Enhancers. Er aktiviert nun das Reporter-Gen im Konstrukt (z.B. das lacZ-Gen)
in der genau gleichen Weise, wie er das für das normale Drosophila-Gen auch tut. In vielen
Fällen ist dabei die ursprüngliche Enhancer-Wirkung auf das normale Gen immer noch intakt,
d.h. es kommt erstaunlicherweise trotz Insertion zu keiner Mutation. Damit kann nun die
Genaktivität eines spezifischen Gens auf einfache Weise verfolgt werden.
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Abb. 3.2 Wirkungsweise des Enhancer-trap-Konstruktes. A) Der Enhancer (E) steuert die Entwicklungs- und
Gewebe-spezifische Expression eines Drosophila-Gens. Über die Wirkung der Transposase kommt es zur
Insertion des Enhancer-trap-Konstruktes. B) Nach der Insertion kann der Enhancer nun auf zwei Gene wirken.
Einerseits aktiviert er das Reporter-Gen lacZ, andrerseits aber auch das ursprüngliche Drosophila-Gen.
Wie wird das Enhancer-trap-Konstrukt in das Genom der Fliegen integriert? Die in vitro
hergestellten Konstrukte werden durch Coinjektion mit einem Helfer-Plasmid in den
Rezipienten-Stamm (white- oder rosy-) injiziert. Das Helfer-Plasmid ist ein E. coli Plasmid,
welches den kodierenden Teil der Transposase enthält aber keine Inverted Repeats. Das
coinjizierte Plasmid führt nach der Injektion zur Herstellung von Transposase-Molekülen,
kann aber selbst nicht integrieren, da es keine Inverted Repeats besitzt. Dadurch wird
gewährleistet, dass nach Integration des Enhancer-trap-Konstruktes ein stabiler Stamm ohne
Transposase entsteht. Nach Integration dieses Konstruktes ins Genom von Keimzellen der
injizierten Embryonen zeigt sich unter den Nachkommen der ersten Generation eine positive
Integration durch die Rettung der defekten Augenpigmentierung im Marker-Stamm (Abb.
3.3). Die Integration der P- Elemente ist im Prinzip ungerichtet, d. h. sie kann an (fast) allen
Stellen des Genoms erfolgen. Gehäuft scheint eine Insertion in der 5’Region
(Promoter/Enhancer) von Genen aufzutreten.
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Abb. 3.3. P-Transformation bei Drosophila melanogaster. Das Enhancer-trap-Konstrukt wird mit dem HelferPlasmid in Embryonen des Stammes white-(weisse Augen) in den posterioren Pol von ca. 2h alten Embryonen
injiziert. In einigen Fällen führt die Injektion zur Integration des Konstruktes in Keimzellen. Die erste
Generation von Fliegen, wo nun nur ein Teil der Keimzellen transformiert ist, wird mit dem Rezipienten-Satmm
zurückgekreuzt. Unter den daraus entstehenden Nachkommen sollten wieder rotäugige (white+) Fliegen
auftauchen wo nun die ganze Fliege transformiert ist.
Mit einer einzelnen Fliege ist es natürlich nicht getan. Da man möglichst viele Enhancer
aufdecken möchte, müssen nun Tausende von Linien erzeugt und untersucht werden. Der
Aufwand über Injektion von einzelnen Eiern wäre hier aber viel zu groß, weshalb man nun
ein paar genetische Tricks anwendet. Dabei nimmt man sich einen Fliegenstamm zur Hilfe,
der ein P-Element besitzt, welches zwar aktive Transposase produziert, aber selbst nicht mehr
springen kann, wo also z.B. einer der Inverted Repeats defekt ist. Kreuzt man diese Fliege n
mit einem Enhancer-trap-Stamm kann man nun das entsprechende Konstrukt in den
Keimzellen wieder aktivieren und anschließend eine beliebig große Anzahl von
unterschiedlichen Enhancer-trap-Fliegen erzeugen. Diese jump-start-Aktivierung ist in Abb.
3.4 gezeigt.
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Jump-Starter-Stamm
1. w/Y;
+/+;
X-Chr. 2. Chr.
Enhancer-trap-Stamm
P[ry+Js] Sb/TM3 Ser X
P[w+]/P[w+] ;
3. Chr
1. Chr.
2. P[w+]/Y; +/+;P[ry+;Js] Sb/+
X
+/+;
+/+
2. Chr. 3. Chr.
w/w;+/+;+/+
3. w/Y; P[w+]/+; +/+ oder w/Y; +/+; P[w+]/+
Abb. 3.4. Reaktivierung des integrierten Reporterkonstruktes durch eine Jump -Start-Kreuzung. Ein Enhancertrap-Stamm mit einer Insertion auf dem X-Chromosom (P[w+]) wird mit dem Jump -Start-Stamm gekreuzt. Der
Jump -Start-Stamm enthält ein nicht mobile P-Element, welches ´Transposase erzeugt und auf dem 3.
Chromosom liegt. Das Chromosom ist mit einem dominanten Marker (Sb; Stubble) markiert und über einem
Balancer-Chromosom balanciert (TM3 Ser). Aus der ersten Generation werden die Männchen isoliert die
sowohl rotäugig sind als auch den Sb-Marker zeigen. In den Keimzellen dieser Männchen kommt die
Transposase mit dem Enhancer-trap-Konstrukt zusammen und führt zu neuen Transpositionen. Aus der
Rückkreuzung mit dem white-Stamm erhält man nun Männchen, die nach Mendel nicht rotäugig sein dürften
(3). Diese Männchen besitzen ein neues P-Element auf dem zweiten oder dem dritten Chromosom und können
nun auf die Expression des Reporter-Gens untersucht werden.
Das Gal4-UAS-System
Die oben beschriebene Methode erlaubt die ektopische Expression eines Gens, z.B. eines
Reporters in Zellen mit spezifischem Expressionsmuster. Dabei wird das Reportergen direkt
an einen „schwachen“ Promotor gekoppelt, der durch einen zellspezifischen enhancer
aktiviert wird (enhancer trapping). Bei dem Gal4-System induziert nun der enhancer die
Expression des Transkriptionsaktivators Gal4 aus der Hefe. Das exprimierte Gal4-Protein
aktiviert die Expression nur solcher Gene, die Gal4-Bindungsstellen, genannt upstream
activator sequence (UAS), tragen. Gal4-Gen und UAS-Zielgen werden auf zwei separate,
transgene Fliegenlinien aufgeteilt. In der Gal4-Linie („driver line“) wird das Aktivatorprotein
Gal4 zellspezifisch exprimiert, hat aber kein Zielgen, das es aktivieren könnte. In der UASLinie ist das Zielgen, z.B. ein Reporter, zusammen mit der UAS-Sequenz im Genom inseriert,
wird aber ohne Gal4-Aktivatorprotein nicht exprimiert. Werden beide Linien gekreuzt, wird
in der Nachkommenschaft das Zielgen akiviert. Dadurch erhält man eine große Flexibiltät:
Ein Reportergen kann in vielen UAS-Linien mit spezifischen Expressionsmustern exprimiert
werden oder verschiedene Reporter können in spezifischen Zellen untersucht werden.
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Abbildung 3.5, aus: Brand et al. (1995): Current Opinion in Neurobiology 5: 572-578. Durch zwei getrennte PElement-Insertionen werden transgene Fliegen hergestellt, die entweder Gal4 zellspezifisch exprimieren, oder
ein Gen von Interesse unter UAS-Kontrolle inseriert haben. Kreuzt man beide Linien, kommen beide Transgene
in der nächsten Generation zusammen und das Gen von Interesse wird exprimiert.
Das Green Fluorescent Protein (GFP)
Wie Sie in Abbildung 3.1 gesehen haben, kann man das P-Element verändern und das Gen
lacZ inserieren. Dieses Gen codiert für das Enzym β-Galactosidase, das den Zucker Galactose
spaltet. Der Stoff X-gal (5-Brom-4-chlor-3-indoxyl-β-D-galactosid) kann ebenfalls von
diesem Enzym gespalten werden, was sich in einer blauen Färbung nachweisen lässt. Ein
Nachteil ist, dass man das Gewebe dazu fixieren, d.h. abtöten muss. Wäre es nicht toll, man
hätte ein Genprodukt, das selbständig leuchtet? Ein solches Protein wurde aus der Qualle
Aequorea victoria isoliert, das GFP. Mittlerweile gibt es eine Reihe von gentechnisch
veränderten Versionen dieses GFP, die z.B. nicht mehr grün fluoreszieren, sondern Gelb oder
Rot. Damit kann man also die Expression eines Gens direkt nachverfolgen. Das wollen wir im
Kurs tun. Nachdem es sich um ein fluoreszierendes Protein ha ndelt, müssen wir noch kurz auf
die Fluoreszenzmikroskopie eingehen. Dabei wird das fluoreszierende Protein mit Licht einer
bestimmten Wellenlänge angeregt. Eine Lichtquelle, z.B. eine Quecksilberdampflampe
erzeugt Licht, das über einen Anregungsfilter auf die Wellenlänge eingeengt wird, die das
Fluoreszenzmolekül optimal anregt. Das emittierende Licht wird über einen sogenannten
dichroitischen Spiegel geleitet, der nur Licht oberhalb der Anregungswellenlänge durchlässt.
Über einen Emissionsfilter wird nun das emittierende Licht auf die optimale
Emissionswellenlänge eingeengt und in einen Detektor, z.B. eine digitale Kamera, gelenkt. Im
Kurs wollen wir unter anderem eine besondere Form der Fluoreszenzmikroskopie
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kennenlernen, die es einem erlaubt, bestimmte Schnittebenen im Präparat zu untesuchen, die
konfokale Laser-Scan-Mikroskopie.
Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie
Das exprimierte GFP kann mithilfe eines Fluoreszenzmikroskopes bei passender
Anregungswellenlänge beobachtet werden. Gegenüber der einfachen konventionellen
Fluoreszenzmikroskopie weist die sogenannte konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie zwei
Unterschiede auf:
1. Das emittierte Licht wird durch eine Blende, ein sogenanntes „pinhole“, geleitet.
Dadurch wird hauptsächlich Licht aus einer definierten Ebene detektiert, Licht aus
anderen Ebenen wird ausgeblendet (siehe Abbildung 23).
2. Man benötigt zur Anregung des Fluorophors eine monochromatische Lichtquelle, die
relativ hohe Lichtintensität hat, da ja nur das Licht, das durch das pinhole trifft,
„verwendet“ wird. Deswegen benutzt man nicht, wie bei der normalen
Fluoreszenzmikroskopie, eine Quecksilberdampflampe mit passendem Filter, sondern
einen Laser bestimmter Wellenlänge, der das Präparat „abtastet“.
Dadurch kann man ein dickeres Präparat, wie z.B. ein Fliegengehirn, auf bestimmten
Schnittebenen darstellen. Fluoreszenz, die aus Schnittebenen über oder unter der Fokusebene
auftritt, wird ausgeblendet. Diese Schnittebenen können anschließend mithilfe geeigneter
Software dreidimensional rekonstruiert werden.
Abbildung 3.6, von Leica Microsystems: Strahlengang eines konfokalen Laser-Scanning Mikroskopes.
Hauptsächlich Licht einer definierten Schnittebene (focal plane) wird detektiert.
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Das Drosophila-Gehirn als Untersuchungsobjekt
Man kann sich diese molekulargenetische Methodik, die auf diffierenzieller Genexpression
beruht, zunutze machen, um zum Beispiel neurobiologische Fragen zu untersuchen. Es stehen
zahlreiche Gal4-Linien zur Verfügung, welche eine ektopische Expression von Genen in
definierten Zelltypen im Gehirn ermöglichen. Eine von vielen möglichen Anwendungen ist z.
B. die Abtötung bestimmter Zelltypen durch die Expression von Toxinen und die
Untersuchung der Auswirkungen auf das Verhalten des Tieres. Wir wollen im Kurs
fluoreszierende Reporter exprimieren, um neuroanatomisch diese Strukturen zu untersuchen.
Im Mittelpunkt stehen dabei Gal4-Linien, die eine Expression verschiedener
Fluoreszenzmoleküle in bestimmten Strukturen des Fliegengehirns erlauben. Wir teilen uns
dabei in vier Gruppen auf und untersuchen dabei vier verschiedene neuronale Systeme.
Gruppe 1 (André): Das olfaktorische System
Das olfaktorische System von Drosophila ist recht detailliert im Teil I (Verhalten) dargestellt
(siehe Abbildungen dort!). Düfte werden von olfaktorischen Rezeptorneuronen, die auf den
Antennen und Maxillarpalpen lokalisiert sind, wahrgenommen. Diese Neurone ziehen in ein
Gebiet, das sich Antennallobus nennt. Dort terminieren die Rezeptorneuronen in kugeligen
Strukturen, die sich Glomeruli nennen. Wichtig ist nun, dass alle Rezeptorneurone, die ein
bestimmtes Duftrezeptormolekül exprimieren, in denselben Glomerulus ziehen. Somit ergibt
sich, dass ein bestimmter Duft ein ganz definiertes Set an Glomeruli aktiviert. Düfte werden
also im Antennallobus durch ein Muster an „aktiven“ Glomeruli codiert. Dieses Muster wird
von so genannten Projektionsneuronen abgelesen und an höhere Gehirnzentren weitergeleitet,
z.B. die Pilzkörper. Diese Strukturen sind, wie man durch Untersuchungen aus Prof.
Heisebergs Arbeitsgruppe weiß, wichtig für das olfaktorische Lernen der Fliege (siehe
Kursteil „Verhalten“!). Dort wird ein bestimmter Duft mit einer Belohnung oder Bestrafung
assoziiert. Eine Hypothese ist, dass die Düfte über die Projektionsneurone in denn Pilzkörper
gelangen, die Bestrafung über dopaminerge Neurone (siehe Gruppe 2!). Wir wollen in
unserem Kursteil die drei olfaktorischen Verarbeitungsstufen untersuchen: die
Rezeptorneurone, die Projektionsneurone und die Pilzkörperneurone.
Versuch 1: lacZ-Färbungen von Pilzkörper-Neuronen. Sie sollen dabei die Methode der lacZFärbung kennenlernen und die Struktur der Pilzkörper untersuchen.
Versuch2: Visualisierung der GFP-Expression in Rezeptorneuronen, olfaktorischen
Projektionsneuronen und Pilzkörperneuronen mit Hilfe der Auflichtfluoreszenzmikroskopie.
Das Sichtbarmachen der verschiedenen Neuronentypen soll Ihnen veranschaulichen, wie
Düfte im Gehirn verarbeitet werden.
Versuch 3: Konfokale Laser-Scan-Mikroskopie der entsprechenden Strukturen. Mit dieser
Methode soll eine detailreichere Darstellung der olfaktorischen Bahn erreicht werden.
Versuch 4: Dreidimensionale Rekonstruktion der Strukturen mit Hilfe bildverabeitender
Software (Amira).
Gruppe 2 (Tom): Das dopaminerge System in Drosophila melanogaster
Dopamin ist ein wichtiger Vertreter der Gruppe der bioaminergen Transmitter, wobei
angenommen wird, dass dieser Transmitter eine übergeordnete Rolle beim
bestrafungsassoziierten Lernen bei Drosophila spielt. Paart man zum Beispiel einen Duft mit
einem negativen Stimulus, so lernt die Fliege, diesen Duft zu vermeiden. Die Fliege lernt also,
Düfte bestimmten Erfahrungen zuzuordnen. Man vermutet, dass dieser Prozess der
Assoziationsbildung bei negativen Stimuli durch Dopamin vermittelt wird. Dabei wirkt
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Dopamin nicht nur als Transmitter, sondern übernimmt auch die Rolle der Neuromodulation,
es kann also die Bildung und Umstrukturierung von Synapsen erheblich beinflussen.
Dopmin wird über L-Dopa aus Tyrosin synthetisiert. Bei dieser Synthese sind maßgeblich
zwei Enzyme beteiligt. Zum einen TH, die Tyrosin Hydroxylase, und zum anderen DDC, LDopa- Decaboxylase. Zur strukturellen Untersuchung des dopaminergen Systems bedient man
sich nun Antikörper, welche an Proteine binden, die an der Synthese von Dopamin beteiligt
sind. Da das Enzym DDC auch an der Synthese eines anderen biogenen Amins, des
Serotonins beteiligt ist, wird zu dieser Untersuchung der Antikörper gegen TH verwendet.
Da, wie oben schon erwähnt, davon ausgegangen wird, dass Dopamin beim Prozess des
Bestrafungslernen eine Rolle spielt, sind besonders die Innervationen dieser Neuronen in
höhere Hirnzentren, die ebenfalles mit Lernen in Verbindung gebracht werden, wie zum
Beispiel die Pilzkörper, von Interesse. Da es sich bei dem konditionierten (z.B. Bestrafung)
Reizen um Düfte handelt, sind natürlich auch die Zentren der Duftwahrnehmung von großem
Interesse. Bei diesen handelt es sich um die Projektionsneurone, welche die Düfte von den
Antennen zu den Pilzkörpern leiten.
Das Prinzip der Antikörpergegenfärbung:
Um das Zusammenspiel verschiedener Strukturen im Gehirn zu untersuchen, bedient man
sich oft der Antikörpergegenfärbung. Diese basiert darauf, dass man verschiedene Strukturen
mit verschiedenen Fluoreszenzen markiert. Hierzu werden normalerweise zwei verschiedene
primäre Antikörper verwendet, die zum einen unterschiedliche Proteine binden, zum anderen
aber aus unterschiedlichen Tieren stammen (z.B. Maus und Kanichen). An diese binden dann
die sekundären Antikörper, entweder Anti-Maus- oder Anti-Kaninchen-Antikörper, an welche
Fluoreszenzfarbstoffe gekoppelt sind. Dank der Technik des UAS-Gal4 Systems ist es
möglich, diese Gegenfärbung etwas zu vereinfachen. Hierzu wird durch einen bestimmten
Treiber ein Reporterprotein in den gewünschten Geweben exprimiert. Dieses Reporterprotein
kann unterschiedliche Fluoreszenzfarbstoffe besitzen. Um nun das Zusammenspiel dieses
Gewebes mit einem anderen Gewebe von Interesse zu untersuchen, wird dieses mit Hilfe von
Antikörpern angefärbt. Hierbei bindet wiederum der erste Antikörper gegen das Zielprotein
und trägt ein Antigen, welches dann von dem zweiten Antikörper, der das Fluorophor
beinhaltet, gebunden wird. Wir können jetzt einerseits die Expression eines Reportergens mit
der Verteilung eines Antigens vergleichen.
Versuch 1. Untersuchung der Innervationsstruktur der Pilzkörper durch die dopaminergen
Neurone. Hierfür wird eine Fliegenlinie verwendet, die in den Pilzkörpern ein Reporterprotein
exprimiert. Wahlweise kann es sich bei diesem Reporter um ein grün fluoreszierendes (GFP,
Cameleon 2.1) oder ein rot fluoreszierendes (DsRed) Protein handeln. Die Antikörperfärbung
wird im einzelnen wie in der Anweisung beschrieben durchgeführt. Der erste Antikörper
bindet, wie oben erwähnt, das Protein TH. Dieser Antikörper wird durch Bindung eines
zweiten Antikörpers detektiert, an den wieder ein Fluoreszenzfarbstoff, z.B: Alexa 488 (grün)
oder Cy3 (rot), gekoppelt ist.
Versuch 2: Untersuchung der Innervation der Projektionsneurone durch die dopaminergen
Neurone. Für diese Untersuchung werden Fliegen verwendet, bei denen in den Projektionsneuronen das Reporterprotein exprimiert wird. Auch in diesem Fall wird die Antikörperfärbung gegen TH durchgeführt. Wiederum gilt es bei der Wahl des zweiten
Antikörpers auf dessen Fluorszensspektrum zu achten.
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Versuch 3: Untersuchung einer TH-Gal4 Linie mit Hilfe von Antikörpern. Hierbei soll eine
Fliegenlinie untersucht werden die das Reporterprotein in den dopaminergen Neuronen selbst
treibt. Mit Hilfe der Antikörperfärbung soll nun gezeigt werden, dass das Expressionsmuster
des Reprotermoleküls mit den dopaminergen Neuronen übereinstimmt.
Gruppe 3 (Jens): Das visuelle System
Mehr als die Hälfte aller Gehirnzellen von Drosophila sind am Sehen beteiligt. Unterhalb der
Retina der Komplexaugen findet man die optischen Ganglien, d.h. strukturelle Einheiten, die
Verrechnungs- und Verschaltungsstationen darstellen. Diese werden als Lamina, Medulla und
Lobula-Komplex bezeichnet, wobei letzterer bei Dipteren noch in Lobula und Lobula Platte
unterteilt ist. In der Lamina, welche direkt unterhalb der Retina zu finden ist, wird die von den
Photorezeptoren R1-6 übermittelte Information von säulenartig angeordneten, repetitiven
Neuronen in Empfang genommen. Dazu gehören die sogenannten Lamina-Monopolarzellen
L1, L2 und L3, welche im Verdacht stehen, eine Schlüsselrolle bei der Verarbeitung von
Bewegungsreizen zu spielen. Obwohl diese Zellen auf anatomischer Ebene in verschiedenen
Studien charakterisiert wurden, ist dennoch über deren Funktion noch relativ wenig bekannt.
Wegen ihres geringen Durchmessers sind sie außerdem für elektrophysiologische Messungen
kaum zugänglich.
Eine Möglichkeit zur Analyse der Funktion dieser Zellen wäre die Identifizierung von GAL4Linien, die spezifisch in diesen Neuronen Expression zeigen. Das Expressionsmuster kann
ermittelt werden, indem man ein Reporterkonstrukt, wie z.B. UAS-GFP verwendet. Um
fluoreszenzmarkierte Neurone des visuellen Systems zu identifizieren, sind vor allem an
einem Vibratom durchgeführte Horizontalschnitte des Gehirns besonders gut geeignet.
Die GAL4-Treiberlinien können dann mit Transgenen kombiniert werden (z.B. UAS-TNT),
die zu einer Blockierung der markierten Zellen führen. In Verhaltensexperimenten kann dann
analysiert werden, inwieweit das Sehen von Bewegungen durch gezieltes Ausschalten dieser
Neurone gestört werden kann.
Versuch 1: Durchführung von Horizontalschnitten an Drosophilagehirnen am Vibratom.
Detektion des Reporters (GFP, Cameleon 2.1) mit Hilfe eines Primärantikörpers gegen GFP
und zweier verschiedener fluoreszierender Sekundärantikörper: Alexa 488 emittiert Licht
grüner Wellenlänge, wohingegen CY5 im roten Bereich des Spektrums Licht emittiert.
Versuch 2: Visualisierung und Identifizierung des Fluoreszenzsignals in Monopolarzellen der
Lamina und Beschreibung der Struktur und Anordnung innerhalb des visuellen Systems mit
Hilfe der konfokalen Laser-Scan-Mikroskopie. Vergleich mit Daten aus Golgi-Studien.
Diskussion der Eigenschaften der verwendeten Sekundärantikörper.
Versuch 3: Dreidimensionale Rekonstruktion der Neurone mit bildverarbeitender Software.
Gruppe 4 (Arnim): Der Zentralkomplex, ein Zentrum motorischer Kontrolle
In diesem Teil des Praktikums werden wir uns mit dem Zentralkomplex (ZK) des DrosophilaGehirnes befassen. Der ZK ist eine unpaare Struktur, die in der Arbeitsgruppe von Dr. Roland
Strauß bearbeitet wird. Dort wird untersucht, wie der ZK die motorischen Fähigkeiten
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kontrolliert. Wir wollen genauer untersuchen, wie der ZK eigentlich strukturell aufgebaut ist.
Der Zentralkomplex besteht aus vier deutlich unterscheidbaren Neuropilgebieten: ellipsoid
body, fanshaped body, protocerebral bridge und noduli. Diese Neuropilgebiete liegen im
Zentrum des Protocerebrums und sind - mit Ausnahme der noduli - im Gegensatz zu den
meisten
anderen
Neuropilgebieten
nicht
paarig
angelegt.
Vorhergehende
Verhaltensexperimente zeigen sowohl den Einfluss des Zentralkomplexes auf das
Balzverhalten und ganz allgemein auf die Haltung und das Laufverhalten der Fliegen als auch
auf deren Lernverhalten. Daher stellt sich die Frage, welche Teile des Zentralkomplexes
diesen Einfluss ausmachen. Dazu verwenden wir Gal4-Linien, die eine Expression von GFP
in den Strukturen des ZK erlauben. Mit Fluoreszenzmikroskopie und konfokaler Laser-ScanMikroskopie stellen wir diese Strukturen dar. Jeder Kursteilnehmer wird eine eigene
Kreuzung behandeln, deren unterschiedliche Expressionen im Zentralkomplex verglichen
werden sollen. Ausserdem werden wir die Präparate mit dem monoklonalen Antikörper nc82
rot fluoreszierend anfärben, der gegen ein synaptisches Protein bindet. Dadurch erhalten wir
eine detaillierte Darstellung der einzelnen Gehirnregionen. Mit der Visualisierungs- und
Rekonstruktionssoftware Amira werden die Daten dann dreidimensional rekonstruiert und
ausgewertet. Wir können so die Einzelpräparate zu einem 'Standardzentralkomplex'
verarbeiten. Erst durch diesen Schritt bekommen die Aussagen ueber einzelne Präparate
statistisch fundierte Allgemeingültigkeit.
Versuch 1: Präparation von Gehirnen, die eine Fluoreszenzmarkierung im Zentralkomplex
aufweisen. Untersuchung dieser Präparate unter dem Auflicht-Fluoreszenzmikroskop.
Versuch 2: Gegenfärbung von Gehirnpräpraten, die eine ZK-spezifische GFP-Expression
zeigen, mit dem Antikörper nc-82, und Untersuchung unter dem Laser-Scan-Mikroskop.
Versuch 3: Rekonstruktion der Präparate mit dem Programm Amira.
Detaillierte Protokolle zu den einzelnen Versuchsabläufen bekomme n Sie von den
Kursleitern zu Beginn des Kurses. Bitte bringen Sie Ihre eigenen Pinzetten mit!
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