Kognitive Verhaltenstherapie

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Einführung in
Psychotherapeutische Schulen I
Kognitive
Verhaltenstherapie
Vorlesung WS 2007
Institut für Psychologie KFU Graz
Materialien zur Vorlesung
Dr. Alois Kogler
A
Historischer Überblick
Im Zeitraum 1950 - 1960 entstanden in Amerika (Lindsley, Skinner, Mowrer, Dollard und
Miller), Südafrika (Wolpe, Lazarus, Rachman) und England (Shapiro, Yates, H.G. Jones,
Eysenck) Zentren, die sich mit verhaltenstherapeutischen Themen auseinander setzten.
Interessant dabei ist, dass an verschiedenen Orten ungefähr zur gleichen Zeit wichtige
Grundlagen und Methoden der Verhaltenstherapie unabhängig voneinander entwickelt
wurden. Eine eindeutige Gründerfigur lässt sich daher nicht nennen. 1953 wurde der Begriff
„behavior therapy“ von
O.R. Lindsley (operant conditioning methods in
chronic
schizophrenia), B. Skinner & R.L. Solomon (traumatic avoidance learning) erstmals
verwendet.
Im
deutschsprachigen
Raum
setzte
sich
die
Verhaltenstherapie
auf
akademischem Boden erst ab Ende der 60er Jahre durch.
Weiterentwicklung der VT in den 60er und 70er Jahren
1. Einbeziehung des inneren Verhaltens
Die Reiz-Reaktions-Modelle der Verhaltenserklärung werden von Mahoney (1974) als
nichtvermittelnd bezeichnet, da nach dieser Vorstellung der Organismus lediglich als „black
box“ aufgefasst wird, über den keine objektiven Informationen möglich, aber auch nicht
nötig sind.
Andere Lerntheoretiker nahmen aber schon „innere Zustände“ mit in ihre
Forschungsprogramme auf. Getreu ihrer behavioristischen Herkunft stellten sie die
Hypothese auf, dass die von ihnen untersuchten inneren Vorgänge den gleichen
Gesetzmäßigkeiten folgen wie direkt beobachtbares Verhalten.
Durch die Entwicklung der psychologischen Forschung wurden Ende der 60er und Anfang
der 70er Jahre die Vermittlungsmodelle in der Theorie und der Praxis immer wichtiger, weil
sich die ausschließliche Anwendung nichtvermittelnder Verfahren als praktisch unzulänglich
erwiesen hatte. Mahoney (1974) und andere Psychologen sprechen von vermittelnden
Verhaltensmodellen oder von „Mediatorentheorien“. Diese besagen, dass ein Umweltreiz
automatisch eine vermittelnde innere Reaktion auslöst, die denselben Verstärkerprinzipien
unterworfen ist wie sichtbare Reaktionen. „Inner events“ / „innere Ereignisse“ (oder
Mediatoren) werden als verdeckte Reaktionen auf äußere Reize betrachtet, die ihrerseits als
verdeckte Stimuli offene Reaktionen auslösen. Bei den untersuchten vermittelnden inneren
Ereignissen handelt es sich in erster Linie um Kognitionen (Gedanken, Vorstellungen usw.),
da
von
der
Annahme
ausgegangen
wird,
dass
kognitive
Prozesse
anderen
Vermittlungsprozessen (z.B. emotionalen oder motivationalen Prozessen) vorgeordnet sind.
Die Verhaltenstherapie als angewandte Experimentalpsychologie berücksichtigt heute innere
ebenso wie äußere Ereignisse. Behavioristen unterscheiden sich von Psychologen anderer
Richtung darin, dass sie an Schlussfolgerungen über innere Ereignisse sehr strenge
Maßstäbe legen, sich ihrer so sparsam wie möglich und nur dann bedienen, wenn sie zu
guten Erklärungen und überprüfbaren Hypothesen führen.
Der Übergang zur kognitiven Verhaltenstherapie
Verhalten ist, wie gesagt, ein umfassender Begriff. Er schließt sowohl offenes als auch nicht
sichtbares (verdecktes) Tun und Lassen ein.
Zu Aversionstherapien
Aversive Therapieformen zählen zu den umstrittenen Methoden der Behandlung.
In Zusammenhang mit Verfahren der verdeckten Sensibilisierung und der Token Economy
nach Azrin und Ayllon (1968) wurden verdeckte Varianten der Aversionstherapie entwickelt.
Bestrafungstherapie – aversive Kontrolle oder Gegenkonditionierung – wurde bei der
Behandlung von Homosexualität angewendet. Aversionstherapeutische Behandlungen sind
mit hohen emotionalen Kosten für die Patienten verbunden. Noch 1973 galt unter
Verhaltenstherapeuten die Aversionstherapie bei Homosexualität als Methode der Wahl
(Davison & Wilson 1973). Mitte der 70er Jahre begann – aufgrund der für die Sicherstellung
ihrer Rechte kämpfenden Homosexuellenvereinigungen - ein Umdenken in der
Verhaltenstherapie. Die naive Überzeugung, dass der Klient die Ziele der Behandlung selbst
bestimmt, ließ sich nicht mehr aufrecht erhalten. Auch der Therapeut bringt im Prozess der
Zielfindung seine Wertvorstellungen ein.
⇒ Psychotherapie allgemein und Verhaltenstherapie im besonderen sind machtvolle
Instrumente der Beeinflussung von Menschen. In der Ausbildung müssen die ethischen und
rechtlichen Grenzen der Anwendung besonders deutlich gemacht werden.
Grawe et al. (1994, S. 393-394) bewerten in ihrer Therapie-Effizienz-Studie die
Aversionstherapien wie folgt:
„Insgesamt kann als gesichert angesehen werden, dass man mit gezieltem Einsatz aversiver
Reize einen hemmenden Einfluss auch auf verschiedene klinisch relevante Verhaltensweisen
und Reaktionen ausüben kann. Dies hätte wohl auch kaum jemand bezweifelt, erweisen sich
solche Mittel doch auch im sonstigen Leben als geeignet zur Unterdrückung unerwünschten
Verhaltens. Es stellt sich nur die Frage, ob man diese Mittel wirklich zu klinischen Zwecken
einsetzen sollte. Wir wollen nicht von vornherein ausschließen, dass auch einmal der Einsatz
aversiver Methoden gerechtfertigt erscheinen kann, wenn gar kein anderes Mittel vorhanden
zu sein scheint, um einem Patienten aus einer ausweglos erscheinenden Lage zu helfen.
Dies ist jedoch bei den Anwendungen, über die wir hier berichtet haben, durchaus nicht der
Fall. Für Phobiker gibt es sehr gut bewährte Techniken der Angstbehandlung wie die
Systematische Desensibilisierung, kognitive Therapietechniken und insbesondere die
Techniken der Reizkonfrontation (s. die Ergebnisberichte zu diesen Verfahren). Auch bei
Zwängen steht mit der "response prevention" (s. den Bericht zur Reizkonfrontation) ein
außerordentlich gut bewährtes Behandlungsverfahren zur Verfügung. Für die Therapie von
Alkoholikern sind umfassende Behandlungsprogramme entwickelt worden, bei denen das
gesamte psychische und soziale Umfeld des Alkoholtrinkens in die Therapie einbezogen
wird. Für diese umfassenderen Behandlungsprogramme sind weitaus bessere Wirkungen
festgestellt worden als für die Behandlung mit Aversionstechniken (s. dazu den
Ergebnisbericht "verhaltenstherapeutische Alkoholikerprogramme"), vor allem auch in
Veränderungsbereichen außerhalb des eigentlichen Trinkens. Dass Stottern nicht mit einer
aversiven Konditionierung verbessert werden kann, ist nach den vorherrschenden
Erklärungsmodellen dieser Sprechstörung von vornherein zu erwarten gewesen.
Glücklicherweise stehen für die Behandlung des Stotterns andere, bewährte
Behandlungsansätze bereit (van Riper & Irwing, 1970; Fiedler & Standop, 1978), bei denen
die soziale Dimension des gestörten Sprechens im Vordergrund steht. Das Ausklammern der
sozialen Dimension des jeweils behandelten Problems in den Studien zur Aversionstherapie
ist besonders krass bei den Studien zur Behandlung der männlichen Homosexualität. Wenn
man es nicht schwarz auf weiß nachlesen könnte, würde man kaum glauben, dass wirklich
jemand auf die Idee kommen könnte, sexuell gleichgeschlechtlich orientierte Menschen auf
diese Weise von ihrer Andersartigkeit zu "heilen". Unserer Ansicht nach liegen die meisten
referierten Anwendungsformen aversiver Behandlungstechniken jenseits der Grenze des
ethisch Vertretbaren, und zwar aus drei Gründen, die jeder allein schon ausreichen würden,
um auf die Anwendung dieser Techniken zu verzichten:
1. Es werden z.T. außerordentlich fragwürdige Therapieziele angestrebt ohne eine
gründliche Auseinandersetzung mit den dadurch aufgeworfenen Wertfragen.
2. Das psychische und soziale Umfeld der jeweiligen Störung wird ausgeklammert und der
diesbezügliche wissenschaftliche Erkenntnisstand bleibt unberücksichtigt.
3. Es wird ignoriert, dass es zu all diesen Störungen bereits Behandlungen gibt, die im
Symptombereich eine mindestens ebenso gute, oft sogar bessere Wirkung erzielen, die
zusätzlich aber auch in anderen Bereichen positive Veränderungen bewirken, in denen sie
von den Autoren der Studien zu Aversionstherapien offenbar nicht einmal angestrebt
wurden.
Wir haben den analysierten Studien keine einleuchtenden Begründungen dafür entnehmen
können, wieso diese anderen Behandlungsmöglichkeiten bei den betreffenden Patienten
nicht wahrgenommen wurden. Für die klinische Versorgung dieser Patienten wäre dies in
den
meisten
Fällen
zweifellos
besser
gewesen.
Es
ist
aber
auch
kein
legitimes
Forschungsinteresse erkennbar, das die Durchführung solcher Studien wie der hier
berichteten notwendig oder wünschenswert erscheinen ließe. Man kann sich beim Studium
dieser Untersuchungen des Eindrucks nicht erwehren, dass hier das Recht von Patienten auf
die bestmögliche Behandlung nicht ernstgenommen und auch sonstige Wertfragen in
unverantwortlichem Maße außer acht gelassen wurden. Die Studien zur Aversionstherapie
stellen damit ein höchst unerfreuliches Kapitel der Psychotherapieforschung dar.“
2. Modell-Lernen und Soziales Lernen
Eine weitere Innovation in der Verhaltenstherapie kam mit der Einbeziehung der Theorien
des Modelllernens in den 60er Jahren: das Soziale Lernen diente als neues Erklärungsmodell
für menschliche Lernprozesse.
Die sozialen Lerntheorien leiteten sich nicht aus tierexperimentellen Studien ab, sondern
gingen von spezifisch menschlichen Fähigkeiten und Lebensumständen in der sozialen
Umwelt aus. Im Vordergrund stand dabei das sogenannte Lernen am Modell, bei dessen
Erforschung Albert Bandura Pionierarbeit leistete. Beim Modellernen handelt es sich
ebenso wie beim Konzept des verdeckten Konditionierens um einen vermittlungsorientierten
Ansatz, der die Prozesse zwischen Reiz und Reaktion beschreibt.
Bandura (1965; 1968) zeigte auf, dass die bloße Beobachtung des Verhaltens eines
Vorbildes
(Modells)
ausreicht,
um
neue
Reaktionen
in
das
Verhaltensrepertoire
aufzunehmen, ohne dass der Beobachtende Selbstbekräftigung erfährt. Entscheidend ist,
dass die vom Modell ausgehenden Stimuli vom Beobachter intern kodiert und gespeichert
werden. Die beobachtende Person kann sich aufgrund der Beobachtung neues Verhalten
aneignen, bzw. kann die Ausführung vorhandener Reaktionen erleichtert oder gehemmt
werden. Bei den späteren Ausführungen des Verhaltens dienen diese gespeicherten
Informationen dann als Mediatoren. Ferner können durch die Beobachtung eines Modells
beim Beobachter schon vorhandene Verhaltensweisen gestärkt oder geschwächt werden, je
nachdem, ob die beobachteten Konsequenzen positiven oder negativen Charakter haben
(Bandura, 1976).
Der Begriff der „Beobachtung des Verhaltens“ muss beim Modelllernen sehr weit gefasst
werden: Damit ist nicht nur die Wahrnehmung eines Verhaltens einer vorhanden Person
gemeint. Beobachtung schließt vielmehr auch Beschreibungen, symbolische Darstellungen
(graphisch, filmisch) und ähnliches ein. Damit diese Wahrnehmung fremden Verhaltens in
eigene Reaktionen transformiert werden kann, müssen beim Beobachter verschiedene
Prozesse vorausgesetzt werden, die als grundlegend für das Zustandekommen von
Modelllernen angesehen werden. Es sind dies Aufmerksamkeitsprozesse, Behaltensprozesse,
symbolische
Kodierungsprozesse,
motorische
Reproduktionsprozesse,
motivationale
Prozesse.
Das Modelllernen ist in verschiedenen therapeutischen Prozessen wichtig. Aber es ist
theoretisch schwer einzuordnen. Dies zeigt sich in den unterschiedlichen Ansätzen, die zu
seiner
Erklärung
Verstärkungstheorien,
herangezogen
werden:
Zwei-Faktoren-Theorien,
Instinkttheorien,
Kognitiv-Soziale
Assoziationstheorien,
Lerntheorien.
Die
Grundlagen müssen noch geklärt werden.
Methoden der kognitiven Umstrukturierung
Die Forschung zur behavior modification ist immer differenzierter geworden und über die
Reiz-Reaktions-Modelle hinausgegangen. Kognitionen wurden nicht mehr als vermittelnde
Ereignisse betrachtet, sondern als strukturierende und steuernde Komponenten
für
emotionale, motivationale, physiologische und motorische Vorgänge verstanden. Der
Paradigmenwechsel in der Verhaltenstherapie erfolgte aufgrund der stärkeren Beachtung
der „inneren Ereignisse“ - Gedanken, Wahrnehmungen, Urteile und Selbstaussagen - , um
offenes und verdecktes gestörtes Verhalten zu verstehen und zu modifizieren (Mahoney,
1974).
Bekannt sind die Ansätze von Albert Ellis (1962; 1970; 1973) und Aaron T. Beck (1967;
1970; 1976), die die Bedeutung kognitiver Prozesse bei der Entstehung, Aufrechterhaltung
und Behandlung psychischer Störungen deutlich machten. Beide Psychologen sehen ihre
Ansätze als Alternative zur Psychoanalyse, der beide ursprünglich verpflichtet waren.
Der Begriff Kognition umfasst die Prozesse des Wahrnehmens, Erkennens, Begreifens,
Urteilens und Schließens. Die kognitive Psychologie beschäftigt sich mit der Frage, wie
Menschen (aber auch Tiere) ihre Erfahrungen strukturieren, wie sie ihnen einen Sinn
unterlegen, indem sie Umweltreize in verwertbare Informationen transformieren.
Menschen können nicht auf alle Reize reagieren, die in jedem Augenblick auf sie
einstürmen. Aber wie filtern Individuen diesen überwältigenden „Input“? Wie setzen sie ihn
in Worte oder Bilder um, wie formen sie Hypothesen, kurz, wie gelangen sie zur
Wahrnehmung dessen, was um sie herum vorgeht?
Kognitive Psychologen glauben, dass sich beim Lernen Komplexeres abspielt als die passive
Bildung von neuen Reiz-Reaktions-Verknüpfungen. In der Sicht der kognitiven Psychologie
interpretiert der Lernende eine Situation bewusst und aktiv im Lichte dessen, was er in der
Vergangenheit erworben/gelernt hat. Neue Information wird in ein organisiertes Netzwerk
vorhandenen Wissens, oft auch als Schemata bezeichnet, eingepasst. Widerspricht die neue
Information dem Schema, so wird dieses im erforderlichen Ausmaß neu organisiert.
In der Experimentalpsychologie gewinnt die Erforschung kognitiver Prozesse immer mehr an
Gewicht.
Dennoch
fehlt
es
manchen
kognitiven
Verfahren
noch
an
ausreichender
theoretischer Fundierung.
Experiment
„Der Mann stand vor dem Spiegel und kämmte sich. Er überprüfte sorgfältig, ob die Rasur
wirklich einwandfrei geraten war, und band sich dann die konservative Krawatte um, für die
er sich entschieden hatte. Beim Frühstück studierte er die Zeitung sorgfältig und erörterte
bei einer Tasse Kaffee mit seiner Frau die Möglichkeit, eine neue Waschmaschine
anzuschaffen. Dann führte er einige Telefongespräche. Als er das Haus verließ, ging ihm
durch den Kopf, dass seine Kinder im Sommer wohl wieder in das private Ferienlager
würden fahren wollen. Als das Auto nicht ansprang, stieg er aus, warf die Tür zu und
machte sich sehr ärgerlich in Richtung Bushaltestelle auf den Weg. Nun würde er zu spät
kommen“ (Bransford und Johnson, 1973, S. 415).
Lesen Sie die Geschichte noch einmal, fügen aber vor „Mann“ das Wort „arbeitslos“ ein.
Dann lesen Sie sie ein drittes Mal und ersetzen „Mann“ durch „Börsenmakler“. Achten Sie
darauf, auf welch unterschiedliche Weise Sie den Text aufnehmen. Fragen Sie sich, welchen
Zeitungsteil diese Männer lesen. Wäre diese Frage Teil eines Fragebogens gewesen, hätten
Sie den arbeitslosen Mann vielleicht die Stellenanzeigen, den Börsenmakler den
Wirtschaftsteil lesen sehen. Tatsächlich wird in der Geschichte mit keinem Wort erwähnt,
was der Mann liest. Ihre Antworten hätten zwar nicht den Tatsachen entsprochen, wären
aber in jedem Fall sinnvoll und vorhersagbar gewesen.“ (Zit. In D. Neal, 1988, S. 57)
⇒
Die Wichtigkeit der Adjektiva! Bewertungen.... Therapeuten müssen darauf achten!
Wir handeln also, so die kognitive Hypothese, aufgrund von internen Schlüsselreizen. Wenn
jemand berührt wird, wird die Reaktion davon abhängen, welche Gedanken dabei auftreten.
Wenn die Person annimmt, dass der andere zuschlagen wird, wird sie möglicherweise
aggressiv reagieren, es kann aber auch sein, dass sie ausweicht oder versucht, das
Gegenüber in ein Gespräch zu verwickeln. Die Reaktion hängt ab von Denkmustern und
Bewertungen der Situation. Umgekehrt wird die Person freundlich reagieren, wenn sie
erwartet, dass das Gegenüber nett ist, oder unfreundlich, wenn sie glaubt, dass dies ein
Annäherungsversuch ist.
3. Selbstverbalisationsverfahren
Meichenbaum und Mitarbeiter verbanden ebenfalls kognitive und behavioristische Ansätze
und
entwickelten
zwischen
1971
und
1975
mehrere
Methoden,
die
als
Selbstverbalisationsverfahren (Selbstinstruktionstraining, Stress-Impfungstraining) bekannt
wurden.
Selbstinstruktionstraining
Indikation: zur Ausformung von Verhalten und zur Bewältigung der Verhaltensschritte.
Wurde
ursprünglich
bei
impulsiven
Kindern
verwendet.
Bei
Erwachsenen
gegen
problematische innere Monologe.
Vorgehen:
Modelldarbietung mit begleitendem lautem Sprechen
Nachahmung des Modells, wobei das Modell laut spricht
Nachahmung des Modells, wobei der Klient laut spricht
Nachahmung, wobei der Klient flüsternd spricht
Nachahmung mit verdeckter Sprache
Stressimpfungstraining
Indikation: Damit kann jeder lernen, Stresssituationen angemessener zu bewältigen. Dabei
geht es um das Training von Strategien, wie man Problemsituationen schneller erkennen
kann und durch alternative, kognitive und motorische Maßnahmen sie bewältigen kann. Es
läuft in 3 Phasen ab:
-
soll Einsicht in das Verhalten ermöglichen und Bewältigungsmöglichkeiten aufzeigen.
Dazu genaue Verhaltensanalyse nötig, was Klient in kritischen Situationen zu sich
selbst sagt, welche Gedanken und Bilder ihm durch den Kopf gehen. Klient
beschreibt die körperlichen Symptome und Therapeut erklärt das Stressmodell.
-
auf kognitiver und motorischer Ebene mit eigenen Problemen auseinandersetzen.
Verschiedene Methoden einüben, die sich sowohl auf das Handeln als auch auf die
gedankliche Auseinandersetzung beziehen.
-
5 Schritte sind zu tun:
a) Unterrichtsphase:
Erklärung der Methode, Auslösebedingungen suchen,
Konsequenzbedingungen suchen
b) Vorbereitung auf ein stressauslösendes Ereignis:
Was hast du zu tun?
Denk einfach darüber nach, was du machen kannst.
Mach dir keine Sorgen. Kummer nützt nichts.
c) Konfrontation und Umgehen mit dem stressauslösenden Ereignis
Du kannst deine Furcht mit dem Verstand überwinden
Entspanne dich. du hast dich unter Kontrolle. Atme einmal tief durch
d) Auseinandersetzung mit dem Gefühl, überwältigt zu werden
Mach eine Pause, wenn sich die Furcht einstellt
Konzentrier dich auf das Jetzt. Was hast du zu tun?
e) Selbstverstärkung
Es hat geklappt
Es war gar nicht so schlimm, wie du geglaubt hast
Du hast es geschafft
-
gelernte Bewältigungstechniken in die Praxis umsetzen.
4. Selbstmanagementverfahren
Eine der interessantesten Entwicklungen in der Verhaltenstherapie stellt die Selbstkontrolle
(Kanfer, 1979; Mahoney, 1972) dar. An diesem Konzept ist die Weiterentwicklung der VT
exemplarisch zu sehen.
Skinner’s Auffassung von Selbstkontrolle: Ein Individuum übt Selbstkontrolle aus, wenn es
sich seine Umgebung so einrichtet, dass nur ganz bestimmte kontrollierende Reize
vorhanden sind. Jemand, der abnehmen möchte, entfernt aus seiner Wohnung alle
Nahrungsmittel, die dick machen, und meidet Restaurants, wenn er hungrig ist. Verhalten
bleibt eine Funktion der Umwelt, aber die Umwelt wird vom Individuum kontrolliert.
Eine ähnliche verhaltenspsychologische Sicht der Selbstkontrolle spiegelt sich in Banduras
(1969) Erklärung des aversiven Konditionierens.
Der Klient widersteht einer Versuchung, indem er sich bewusst die negativen Erfahrungen in
Erinnerung ruft. Das Individuum schafft sich symbolische Reize, die ihrerseits das Verhalten
kontrollieren.
Eine andere Möglichkeit der Selbstkontrolle besteht darin, sich selbst Maßstäbe oder
Standards zu setzen und sich jede Verstärkung zu versagen, bis man diese Maßstäbe
erreicht hat. Wenn jemand sich Ziele setzt und mit sich selbst vereinbart, sich erst nach
deren Erreichen zu belohnen, und wenn er diese Vereinbarung ohne sichtbaren äußeren
Zwang einhält, kann man sagen, er habe Selbstkontrolle ausgeübt.
Kanfer et al. (1991) sehen es als Kernstück der Selbstmanagement-Therapie an, die
Klienten in die Lage zu versetzen, ihr Leben wieder ohne therapeutische Hilfe zu gestalten.
Selbstkontrolle kann mit jeder therapeutischen Technik verbunden werden. Einzige
Bedingung ist, dass der Klient selbständig an sich arbeitet, nachdem ihm der Therapeut das
Verfahren erklärt hat.
Alle Auffassungen von Selbstkontrolle beinhalten drei Kriterien:
1. Das Verhalten lässt sich mit wenigen äußeren Kontrollen erklären.
2. Sich selbst zu kontrollieren, ist so schwierig, dass es den Betroffenen eine gewisse
Anstrengung kostet.
3. Der/die Betroffene führt das Verhalten überlegt und nach bewusster Entscheidung aus.
Selbstmanagement ist im Licht der multiplen Regulation menschlichen Verhaltens in
Abhängigkeit
von
Alpha,
Beta
und
Gamma
–
Variablen
zu
verstehen.
Ziel
der
therapeutischen Intervention ist es, das Ausmaß an Selbstregulation und Selbstkontrolle
(Beta) im Kontinuum mit den anderen beiden Größen zu optimieren.
Alpha-Variablen: Einflüsse der externen, physikalischen Umgebung (z.B. Wohnsituation,
soziale Situation
Beta-
Variablen:
interne,
kognitive
Prozesse
(Gedanken,
Erwartungen,
Schemata,
Befürchtungen)- sie sind Kernbestandteil der Selbstregulation
Gamma-Variablen: biologisch- somatische Ausstattung des Menschen (Regulation des
Blutdrucks, Wach- und Schlafrhythmus, Ernährung..)
Kanfer geht im Vorgehen von 3 aufeinanderfolgenden Schritten aus:
1.Selbstbeobachtung und Selbstregistrieren
2.Selbstbewertung und Vergleich mit Standards
3.Selbstbelohnung und Selbstbestrafung
Methoden:
Selbstbeobachtung
durch
schriftliche
Aufzeichnung
eigenen
Verhaltens
mithilfe
von
Verhaltenstagebüchern, Strichlisten, Stoppuhren,
Stimuluskontrolle, kognitive Umstrukturierung
Die Selbstkontrolle ist eine Herausforderung für das behavioristische Paradigma, denn sie
setzt den Menschen als jemanden voraus, der unabhängig handelt, sich um etwas bemüht,
plant und entscheidet. In jedem Fall ist der Mensch in dem Moment, wo die Kontrolle
einsetzt, der Initiator der Handlung.
Durch die Therapie sollen die Automatisierten Prozesse in Kontrollierte Prozesse
übergehen. Wichtig, die automatisierten Prozesse zu unterbrechen. Symptome sind
automatisierte Prozesse.
Selbstmanagementtherapie:
1. Zielsetzung
2. Selbstbeobachtung lernen
3. Neue Verhaltensweisen lernen
4. Sichere Situationen aufbauen
5. Kleine Schritte
DENKREGELN:
1. Denken Sie verhaltensnah
2. Denken Sie lösungsorientiert
3. Denken Sie positiv
4. Denken Sie in kleinen Schritten
5. Denken Sie flexibel
6. Denken Sie zukunftsorientiert
ÄNDERUNGSMOTIVATION: Stufenmodell
Prozess der Zielerreichung
Beispiele therap. Methoden
1. Entwickeln von Zielen
Selbstüberzeugung (Wie kann es anders sein?) -
(kognitive und emotionale Ebene)
Informationsvermittlung, Modelllernen
2. Entwicklung instrumentellen
Gedankenexperiment, Kognitives Üben
zielorientierten Verhaltens
3. Entscheidung
Verdecktes Problemlösen, Stressimpfung
Ziel – Werteklärung, in vivo Exploration von
Zielzuständen
vor der Entscheidung
-----------------------------------------------------------------------------------------nach der Entscheidung
4. Engagement für Veränderung
Zielsetzung
In vivo Exploration von Handlungsmustern
5. Ausführung
Rollenspiel, Soz. Kompetenztraining,
Kontingenzmanagement, Desensibilisierung,
Graduierte Aufgabenstellung
6. Feed - foreward
Verbalisierte Wiederholungen, Entwickeln von
Regeln, Übungen
7. Aufrechterhaltung
Rückfallstraining
Der Sinn des Lebens ist die Motivation, der alles andere untergeordnet ist.
ZIEL UND WERTEKLÄRUNG :
geht oft gut mit Phantasiespielen ( Zauberstab, Meteor, )
Fragen des Klienten: sollten für Therapieerfolg positiv beantwortet werden
1. Wie wird es sein, wenn ich mich ändere? Patienten helfen, sich realistische
Veränderungen vorzustellen.
2. Wird es mir besser gehen, wenn ich mich ändere? Wie wird es mir besser gehen?
3. Was habe ich dabei zu gewinnen?
4. Kann ich es schaffen?
5. Was wird es mich “kosten”, das zu erreichen? (Was gebe ich alles dafür auf?)
6. Kann ich diesem Therapeuten (und der Therapiesituation) trauen, das zu erreichen?
Methoden zur Erhöhung der Motivation:
1.
Definieren Sie begrenzte und erreichbare Ziele, die an den Werten des Klienten
orientiert sind.
2.
Entautomatisieren Sie eingefahrene Gedankengänge und Handlungsabläufe
3.
Verringern Sie Angst vor Veränderung
4.
Fordern Sie Vorstellungen der zukünftigen Zielzustände
5.
Nutzen Sie real und in der Vorstellung Rollenspiel und Rollenveränderung
6.
Fordern Sie Selbstbeobachtung und Einschätzung der erreichten Fortschritte
7.
Benutzen Sie Therapiekontrakte
8.
Nutzen Sie die therapeutische Beziehung ( z.B. durch paradoxe Interventionen, soz.
Unterstützung, spez. Anleitung)
9.
Bauen Sie in die Alltagsroutine Auslöser für neue Verhaltensweisen ein und sorgen Sie
dafür, dass Feedback aus gewohnter Umgebung kommt.
10. Lassen Sie den Klienten kleine (und “sichere”) Erfahrungen machen, um den Erwerb
oder die Ausübung neuer Fähigkeiten auszuprobieren und zu unterstützen.
11. Beziehen Sie unterstützende soziale Netze mit ein.
12. Fördern Sie kleine Erfolgserlebnisse und den Gebrauch verbaler Wiederholung mit
Selbstverstärkung.
13. Fördern Sie die Fähigkeiten zu positiver Selbstverstärkung und vergrößern Sie positive
Reaktionen auf eigenes Verhalten.
14. a) Nutzen Sie bereits vorhandene begleitende Verstärker
b) Assoziieren Sie neue mit bereits etablierten Verstärkern
c) Nutzen Sie altruistische Motivationen
d) Vermindern Sie die Anziehungskraft problematischen Verhaltens
15. a) Nutzen Sie die “Fuß - in - der - Tür - Technik”
b) Setzen Sie die Aufgaben in einen Zusammenhang mit den Therapiezielen
16. Benutzen Sie spezifische Verhaltenstechniken, um Aktionen zu vereinfachen und
Hindernisse für den Fortschritt auszuräumen.
17. Maximieren Sie den Anteil des Klienten beim Treffen von Entscheidungen und beim
Problemlösen in allen vorher angeführten Punkten.
EMOTIONEN - AFFEKTE
Katharsis kann schädlich sein, wenn ich nicht weiß, was ich als Therapeut damit mache.
Daher muss ich vorher überlegen.
1. Gefühlssituation vorbereiten
2. Lösche Erwartung vor Bestrafungen
3. Hilfe bieten, dass Klient sich selbst über sich informiert.
”Denken Sie nicht an den weißen Bären”
4. Fördere Distanz vom traumatischen Erlebnis
5. Unterstütze das Erlebnis mit verbalen Hinweisen für bessere Kontrolle
6. Die Therapeut - Klient Beziehung wird verstärkt.
7. Unterstütze die Erleichterung, das Gefühl losgeworden zu sein.
Kanfer’s ELF GESETZE DER PSYCHOTHERAPIE
1. Bringe einen Patienten nicht dazu, gegen sein Eigen-Interesse zu handeln.
Wer das Eigen-Interesse des Patienten verstehen will, muss die Welt des Patienten und
dessen Erfahrungen mit bestimmten Ereignissen aus dessen Perspektive verstehen.
Auch dann, wenn TherapeutIn mit dieser Wahrnehmung nicht übereinstimmt oder eine
Reaktion emotional unpassend oder irrational findet. (TherapeutIn muss Bescheid
wissen über health beliefs, implizite Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen und
Lebensziele). Erst, wenn Th das Eigeninteresse des Kl versteht, kann man daran gehen,
die Ziele, Motive und Verhaltensmuster des Kl zu verändern.
2. Denke zukunftsorientiert, suche nach Lösungen, fokussiere auf die Stärken des
Patienten, und sei konkret bei Verhaltensweisen, den auslösenden
antecedenten Bedingungen und den Auswirkungen.
Laien neigen dazu, sich auf Probleme und Schwächen zu konzentrieren, in der
Vergangenheit zu verweilen, und nach Ursachen zu suchen (“wenn ich nur wüßte,
warum ich so bin”), vage und sehr allgemein zu sprechen (“ich war angefressen”), und
unklare Ziele (“Glück”) zu suchen.
Die Therapie zielt darauf ab, mit entsprechenden Lösungen eine bessere Zukunft
vorzubereiten, indem sie die Fähigkeiten und Fertigkeiten der PatientInnen nutzt,
spezifische Aktionsmuster so zu verändern, dass gewünschte Ergebnisse
herauskommen.
3. Du bist nur ein gut ausgebildeter Experte. Spiele nicht Gott oder Schicksal,
indem Du die Verantwortung für das Leben des Patienten übernimmst. .
Das Wertvollste an Professionalität besteht darin, dass wir unser Können, Wissen und
unseren guten Willen für die Patienten einbringen. Wir können weder für sie Aufgaben
übernehmen, noch die Verantwortung für ihre Handlungen oder Fehler. Manchmal reicht
es aber nicht, dass wir unser Bestes geben. Die Kräfte in der Umgebung oder
Entwicklung des Patienten sind stärker als wir. Der Erfolg oder Misserfolg in der Therapie
hängt nicht nur von den Fähigkeiten, dem Wissen oder irgendeiner höheren göttlichen
Qualität ab.
4. Säge nicht den Ast ab, auf dem der Patient sitzt, ohne ihm vorher eine Leiter
gegeben zu haben.
Finde heraus, welche Funktionen das pathologische Verhalten, die irrationale Einstellung
oder die emotionale Reaktion hat. Wenn du dem Patienten keine alternativen Methoden
für die Erreichung seiner Ziele anbieten kannst (ihm/ihr eine Leiter geben), oder wenn
du ihm nicht klar machen kannst, dass er auf den Ast gar nicht zu klettern braucht,
dann will und kann der Patient nicht zusammenarbeiten.
5. Der Patient hat immer Recht.
Der Patient hat höchstwahrscheinlich hunderte und tausende Stunden damit verbracht,
seine/ihre Gedankenmuster oder Reaktionen zu rechtfertigen, und er/sie hat gute
Gründe gegen jeden Versuch des Therapeuten, sie sofort zu verändern. Versuche
deshalb nicht, den Wert eines wichtigen Ziels herabzuwürdigen oder dagegen zu
argumentieren. Ebenso nicht gegen die wahrgenommene böse Absicht eines Partners
oder gegen die Wahrheit anderer irrationaler Meinungen oder Reaktionen. Akzeptiere
stattdessen, dass die Sicht des Patienten möglich, ABER, dass sie vielleicht nicht richtig
ist. TherapeutIn wird versuchen, Meinungen, Ziele oder Einstellungen durch Fragen,
Experimentieren oder andere Arten zu modifizieren. Versuche dann, den Patienten mit
seiner Irrationalität oder Inkonsistenz zu konfrontieren.
6. Wenn du kein Symptom gesehen hast, weißt du nicht, was wirklich los ist.
Beschreibungen sind ungenau und irreführend. Ein “totales soziales Desaster” kann in
Wirklichkeit eine leichte Unbeholfenheit, ein “hartnäckiger Zwang” kann in der Nähe von
wiederholtem, aber durchaus angemessenem vernünftigem Denken, das eben mehrmals
täglich auftritt, liegen. Wer sagt, dass er physisch eingeschränkt sei, weicht vielleicht
nur ein wenig von seiner Maximalleistung ab. Wenn du es nicht direkt beobachten
kannst, dann musst du den Patienten dazu bringen, sein Verhalten in der Therapie zu
zeigen, im Rollenspiel, in der Selbstdarstellung, in der Aufzeichnung. Wenn möglich, ist
es auch günstig, Beschreibungen des Verhaltens von Informanten zu bekommen.
7. Du kannst einen Patienten nicht behandeln, der in der Sitzung nicht anwesend
ist.
Deshalb muss es das erste Ziel sein, den Patienten in die Therapie zu bekommen. Du
musst verhindern, dass er frühzeitig abbricht, und Versuchen widerstehen, einen
anderen Patienten als Vermittler für die Behandlung eines Familienangehörigen oder
einer
anderen
Person
einzusetzen.
Du
kannst
eine
Partnerschaft
oder
Familienbeziehung, wo beide nicht anwesend sind, eher verändern, wenn du einen Teil
des Systems veränderst, als das ganze zu verändern. Häufig aber reicht das nicht für
eine Veränderung aus.
8. Richte das Augenmerk auf Verbesserungen während der kommenden Woche
und ziele nicht auf Perfektion in der Zukunft.
Spezifische, limitierte und möglichst naheliegende Ziele sollen formuliert werden anstelle
breiter, allgemeiner und entfernter Hoffnungen und Phantasien. Die Dinge verändern
sich mit der Zeit, und Ziele verändern sich während der Therapie. Wichtig ist, dass es
dem Patienten in der nächsten Woche besser geht als in der vorherigen.
9. Gib dem Patienten nicht mehr Information als er verarbeiten kann.
Mache kurze Bemerkungen (nicht mehr als 10 bis 15 Sekunden auf einmal), sprich zu
einem bestimmten Zeitpunkt nur einen bestimmten Punkt an, und wiederhole ihn
mehrmals. Sei redundant, mache eher Fehler der Redundanz als ständig zu neuen Ideen
zu springen und die Aufnahmekapazität des Patienten zu überfordern.
10. Wenn du während einer Sitzung härter gearbeitet hast als der Patient, dann
machst du etwas falsch.
Therapiesitzungen dienen dazu, den Klienten zu aktivieren. Er / sie ist mit einem
Problem konfrontiert, und arbeitet daran, das Unbehagen zu reduzieren.
Konsequenterweise sind sie es und nicht du, die betroffen und aktiv sein müssen. Sie
können nicht passive Zuhörer sein, während du dich um eine Lösung abmühst.
11. Geniere dich nicht, dem Patienten für seine/ihre Besserung Anerkennung zu
zollen. Anerkenne, dass er/sie den Erfolg mit einer kleinen Unterstützung von
dir zustande brachte.
Erfolg zeugt Erfolg. Die Patienten brauchen mehr positives Reinforcement als
Therapeuten. Ihr Selbstwert, nicht der der Therapeuten, muss während der Therapie
gestützt werden.
Die Selbstkontrolle ist eine Herausforderung für das behavioristische Paradigma, denn sie
setzt den Menschen als jemanden voraus, der unabhängig handelt, sich um etwas bemüht,
plant und entscheidet. In jedem Fall ist der Mensch in dem Moment, wo die Kontrolle
einsetzt, der Initiator der Handlung.
Allgemeines zu Kognitiven Verfahren:
Die Kognitive Therapie stellt eine enge Verbindung zwischen Gedanken, Gefühlen und
Verhalten her. Wenn die Gedanken dem Lebensalltag entsprechen, haben die Menschen
keine Probleme damit. Wenn bestimmte Gedankenmuster aber nicht zu den Realitäten des
Lebens passen, können psychische Störungen die Folge sein.
Allgemein
gesprochen,
versuchen
kognitiv
orientierte
Verhaltenstherapeuten
die
Denkprozesse ihrer Patienten zu ändern, um so auch ihre Emotionen und ihr Verhalten zu
beeinflussen. Wichtig sind (neue) Handlungsmuster. Sie sollen Verhaltensänderungen
bewirken.
Kognitive Verhaltenstherapeuten berücksichtigen die mentalen Prozesse ihrer Klienten. Sie
interessieren sich dafür, wie der einzelne die Welt wahrnimmt. Nicht was von außen auf
Menschen
einwirkt,
kontrolliert
ihr
Verhalten,
vielmehr
werden
Gefühle
und
Verhaltensweisen davon bestimmt, wie Individuen die Welt sehen. „Nicht die Dinge
verwirren die Menschen, sondern die Ansichten, die sie von den Dingen haben“,
behauptete der griechische Philosoph Epiktet im ersten Jahrhundert.
Die Verhaltenstherapie weist insofern Ähnlichkeiten zu den existentiell-humanistischen
Therapien auf. Zentrales Thema von Therapeuten wie Rogers und Perls ist, dass man den
Klienten aus dessen eigenen Bezugsrahmen oder dessen eigener phänomenologischer Welt
heraus verstehen müsse, denn es sei diese Wahrnehmung der Welt, die Leben und
Verhalten kontrolliere.
Zimmer (1984) stellt fest, dass die kognitiven Theorien durch ihre subjektive Sicht ein
Defizit der Verhaltenstherapie ausfüllen konnten. Dennoch sind die kognitiven Therapien
ebenso wie die frühen behavioristischen Ansätze in ihren Aussagen begrenzt, und dies gilt
insbesondere auch für Emotionstheorien und Emotionen bearbeitende Verfahren. Die
weitere Forschung wird Alternativen finden müssen, die der Analyse und Veränderung
psychischer Störungen von Menschen auf allen Erlebens- und Verhaltensebenen gerecht
werden.
Mahoney hat (1978) die Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie formuliert:
1.
Der
menschliche
Organismus
reagiert
vor
allem
auf
die
kognitive
(‚innere’)
Repräsentation, also die Darstellung oder Abbildung seiner Umgebung, und nicht auf die
Umgebung selbst.
2. Diese kognitiven Repräsentationen sind funktional mit den Lernprozessen verbunden.
3. Menschliches Lernen ist zum Großteil kognitiv vermittelt.
4. Gedanken, Gefühle und Verhalten sind interaktiv, sie bedingen einander. „Aus diesen
allgemeinen Aussagen lassen sich bestimmte Voraussagen ableiten. Wenn diese Annahmen
stimmen, dann müssten kognitive Phänomene wie Überzeugungen oder Erwartungen
bessere Vorhersagen für menschliches Verhalten liefern als externe Variablen. Wenn es
beispielsweise
eine
Diskrepanz
zwischen
Kognitionen
eines Menschen
und
der ihn
umgebenden Realität gibt, dann beeinflussen die Kognitionen die Gefühle und das Verhalten
stärker als die externe Realität“ (Mahoney, 1978, S. 70f.).
Therapie
Bei der Durchführung einer Verhaltenstherapie sind drei Fragenkomplexe zu beachten, die
von Kanfer & Saslow (1969) formuliert wurden:
1. „Welches sind die Bedingungen unter denen dieses Verhalten erworben wurde und
welche Faktoren erhalten es momentan aufrecht?“
(= Problemanalyse)
2. „Welche besonderen Verhaltensmuster verlangen eine Veränderung hinsichtlich ihrer
Auftrittshäufigkeit, ihrer Intensität, ihrer Dauer oder der Bedingungen, unter denen sie
auftreten?“
(= Zielanalyse)
3. „Welche sind die praktikabelsten Mittel, um die erwünschten Veränderungen bei diesen
Individuen
zu
erzielen
(Veränderungen
der
Selbsteinschätzung des Patienten? “
Umgebung,
des
Verhaltens
oder
der
(=Therapieplanung)
(zit. in Kanfer, Reinecker, Schmelzer, 1991, S. 101).
Therapie verfolgt eine Veränderung im Verhalten, in den Emotionen und Einstellungen eines
Klienten, weil diese Bereiche für ihn oder für seine Umgebung gegenwärtig zum Problem
geworden sind. Die Therapie wird als geplantes, problemorientiertes, systematisches und
zielgerichtetes Vorgehen verstanden und sie ist zeitlich begrenzt. Es werden Methoden
angewandt, um bestimmte Ziele zu erreichen. Die Therapieziele sollen gemeinsam von
Therapeuten und Klienten gesucht und definiert werden. Sie sollen also nicht vorgegeben
werden oder an irgendwelchen idealen Persönlichkeitsmodellen orientiert sein, sondern in
jedem Einzelfall individuell vereinbart. Sie spiegeln aber in gewisser Weise die persönlichen
Einstellungen und Normen von Klient und Therapeut wieder. Im Sinn der Hilfe zur
Selbsthilfe sollen grundlegende Fertigkeiten der Problembewältigung erworben werden
(solche
Fertigkeiten
bestehen
z.B.
in
der
Selbstbeobachtung,
in
der
Analyse
der
Problemsituationen, einer sogenannten Zielanalyse, der Suche nach Lösungen und der
Überprüfbarkeit eigeninitiierter Lösungsversuche). Bei der Verfolgung des Therapiezieles ist
es meistens notwendig, Teilziele zu formulieren, um handlungsrelevante Schritte einleiten
zu können. Hier wird deutlich, dass Verhaltenstherapie als Prozess zu verstehen ist, im
Sinne von Zielfindung, Zielvereinbarung und praktischer Therapieziel-Umsetzung. Es werden
innere
ebenso
wie
äußere
Ereignisse
berücksichtigt.
Weniger
die
Ätiologie
eines
Problemverhaltens liegt im Vordergrund, sondern die Variablen, die es gegenwärtig
aufrechterhalten.
Die
„funktionale Analyse“ besagt, dass die Entstehung und Aufrechterhaltung eines
Problems von bestimmten Bedingungen abhängt. Diese sind zu analysieren und im Falle
einer Intervention zu verändern. Mit der funktionalen Analyse werden die Ursachen einer
Störung in den vorausgehenden und nachfolgenden Bedingungen eines Verhaltens gesucht.
Das Denkmodell der funktionalen Analyse besagt, dass man eine Veränderung des Problems
nicht erwarten kann, wenn man nicht bereit oder in der Lage ist, die Bedingungen dieses
Problems zu verändern.
Der Bereich der Bedingungen schließt soziale und physikalische Ereignisse ebenso ein wie
biologisch-physiologische und kognitive, das heißt geistige Prozesse. Das Ergebnis einer
funktionalen Analyse bildet das „hypothetische Bedingungsmodell“. Die im hypothetischen
Bedingungsmodell angeführten Faktoren bilden für den Verhaltenstherapeuten mögliche
Ursachen eines Problems, die im Laufe einer Intervention im Einzelfall zu verändern sind.
Bei der Beschreibung des Problems sollen folgende Ebenen unterschieden werden:
subjektiv-kognitive Ebene, Verhaltensebene, physiologische Ebene. Der Therapeut muss
auch in den persönlichen Beziehungen des Klienten nach Hinweisen dafür suchen, warum
dieser an seinem Problem festhält, obwohl er doch unmittelbar darunter leidet.
Ein theoretischer Rahmen hilft dem Therapeuten bei seinen Überlegungen, ist aber
keineswegs alleiniger Garant für Erfolg. „Der Kliniker macht sich in der Tat mit einer
bestimmten Haltung an die Arbeit, mit einem theoretischen Rahmen, innerhalb dessen er
die komplexen Daten, mit denen er es zu tun hat, ordnet. Doch dieser Rahmen reicht nicht
aus. Wie jeder angewandte Wissenschafter muss auch der Kliniker das therapeutische
Skelett mit Fleisch füllen. Jeder individuelle Fall konfrontiert ihn mit Problemen, die ein
Wissen verlangen, das über grundlegende psychologische Prinzipien hinausgeht“ (Lazarus
und Davison, 1971, S. 203).
Das 7-Phasen-Modell nach Kanfer
1. Eingangsphase oder Orientierungsphase: Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen
2. Aufbau von „Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen“
3. Verhaltensanalyse, Problemklärung / Problemanalyse und funktionales Bedingungsmodell
4. Therapiezielklärung, Zielanalyse und Vereinbaren therapeutischer Ziele
5. Planung, Auswahl und Durchführung spezieller Methoden
6. Evaluation therapeutischer Fortschritte
7. Endphase: Erfolgsoptimierung und Abschluss der Therapie. „Follow-up“/Katamnese
Problembeschreibung
Analyse der Lebensbedingungen
Abklärung körperlicher und geistiger Beeinträchtigung
Beschreibung lebensgeschichtlicher Entwicklung
Problemanalyse
Welche Problembereiche sind veränderungsbedürftig
Welche Gründe sind für die Problemaufrechterhaltung von Bedeutung
Präzise Beschreibung des Problems
Erfassung und Beschreibung situationaler Bedingungen des Verhaltens
Bisheriger Umgang mit dem Problem und Grad der Beeinträchtigung
Genese und Entwicklung des Problems
Erstellung eines hypothetischen Bedingungsmodells für das Problem
Erfassung des „Health-Belief-Model“ und der Attributionen des Patienten
(= „Mikroanalyse“)
Analyse des Zusammenhangs mehrerer Probleme; Systemische Analyse; Probleme im
„Lebenskontext des Patienten“
Methoden
für
die
(= „Makroanalyse“)
Diagnose:
Exploration,
Verhaltensbeobachtung,
Verhaltenstest,
Rollenspiel, Fragebogen, Diagnostikverfahren usw.
Zielfindung:
Information aus Problemanalyse
Klärung motivationaler Aspekte: Persönliche Änderungswünsche
Analyse der sozialen Rahmenbedingungen: Derzeitige Lebensbedingungen
Erwartungen der Sozialpartner
Normen und Wertvorstellung des Patienten und Therapeuten
Therapeutische Möglichkeiten
Therapieplanung
„Welches sind geeignete praktische Methoden, um angestrebte Veränderungen bei einer
Person zu erzielen?“ (Kanfer & Saslow, 1969)
Planung des Therapieverlaufs
Vermittlung eines plausiblen Ätiologie- und Therapiemodells (PM)
Ansatzpunkte der Therapeutin/des Therapeuten
Verfahren zur Problemveränderung
Reihenfolge der Anwendung
Ansatzpunkte: beim Patienten, bei Bezugspersonen, an den Rahmenbedingungen
Endphase / Stabilisierung und Transfer / follow up
Mittels Attribution wird versucht, Behandlungserfolge über das Ende der Therapie hinaus zu
stabilisieren. Selbstattribution besagt, dass es nicht ohne Einfluss auf zukünftiges Handeln
bleibt, wie jemand sich selbst ein gegenwärtiges oder vergangenes Verhalten erklärt.
Die Klienten sollen ein Gefühl größerer Selbstverantwortung bekommen. Wenn Therapeuten
die
Klienten
anregen,
neue
Fertigkeiten
selbständig
zu
erproben
und
sich
selbst
herausfordernden Situationen zu stellen, wird sich bei diesen verstärkt der Eindruck
einstellen, es selbst geschafft zu haben. Sie werden unabhängiger von Therapie und
Therapeuten, und die Behandlungsergebnisse bleiben stabiler.
.............................................................................................
bis hierher Prüfungsstoff
Methoden der Verhaltenstherapie
(Fliegel et al, Standardmethoden der Verhaltenstherapie)
Dem/der Verhaltenstherapeuten/in stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die aber
nicht als voneinander abgegrenzte Therapieformen anzusehen sind, sondern sie bilden
zusammen ein Ganzes. Ein Verhaltenstherapeut wählt aus diesem Repertoire diejenigen
Vorgehensweisen aus, die ihm am besten für die Probleme des Patienten zu passen
scheinen. Sehr oft wird er mehrere dieser Vorgehensweisen innerhalb ein und derselben
Therapie anwenden.
Rollenspiel
Operante Methoden
Entspannungsverfahren
Training sozialer Kompetenz
Konfrontationsverfahren
Systematische Desensibilisierung und Angstbewältigungstraining
Biofeedback
Selbstverbalisationstraining
Paradoxe Intervention
Rational-emotive Therapie
Kognitives Bewältigungstraining
Problemlösetraining
Kognitive Therapie nach Beck
Depressionstherapie nach Lewinsohn
Genusstraining
Verhaltenstherapeutische Alkoholikerprogramme
Verhaltenstherapeutische Sexualtherapie
Breitspektrumverhaltenstherapie
Verhaltensorientierte Familientherapie
(Aversionstherapie)
Abschließende Bemerkungen
Die moderne (kognitive) Verhaltenstherapie wird oft als Breitbandverhaltenstherapie
bezeichnet (Lazarus, 1971), da in der Therapie nacheinander gleichzeitig mehrere Verfahren
zur Anwendung kommen, um möglichst alle wichtigen kontrollierenden Variablen zu
erfassen.
Charakteristisch
für
die
Verhaltenstherapie
ist
mehr
ihr
prinzipieller
methodischer
Standpunkt, als der Rückgriff auf spezielle theoretische Konzepte oder Techniken.
Die Verhaltenstherapie weist eine enge Beziehung zu Grundlagen und Anwendungsfeldern
der Psychologie auf. Die im Kern psychologische Fundierung der Verhaltenstherapie
ermöglicht eine Orientierung an methodologischen und Forschungsaspekten der Psychologie
ebenso
wie
eine
Offenheit
gegenüber
neuen
Anwendungsfeldern
für
verhaltenstherapeutisches Denken (Beispiel: Verhaltensmedizin).
Seit
Jahrzehnten
Gruppenverfahren
werden
von
entwickelt,
Psychologen
erprobt
und
und
evaluiert.
Verhaltenstherapeuten
Dabei
haben
sich
auch
deutliche
Modifikationen und Unterschiede zu den „klassischen“ Formen der Gruppendynamik gezeigt.
Ein besonderes Kennzeichen der Verhaltenstherapie in Gruppen ist, dass für verschiedene
Störungen jeweils spezifische Gruppenprogramme entwickelt wurden. Den aktuellen Stand
dieser Forschungen und Verfahren zeigt Fiedler (1996) auf.
Diskussionspunkte
Der Ausdruck kognitiv-behavioral wird oft missverstanden. Er besagt nicht, dass in der
Verhaltenstherapie nur dem Verhalten und in der Kognitiven Therapie nur den Kognitionen
Beachtung geschenkt wird, während das Erleben, die Emotionen, Motivationen usw.
ausgeklammert oder nicht berücksichtigt werden. Mit kognitiv-behavioral sind vielmehr die
beiden vorherrschenden Paradigmata oder theoretischen Betrachtungsweisen gemeint, auf
deren Grundlage diese Therapiemethoden konzipiert wurden.
Effektivität
Studien
belegen,
Veränderungen
dass
die
durchaus
durch
stabil
sind
verhaltenstherapeutische
und
Langzeitstudien
Behandlung
keine
erzielten
Hinweise
auf
Symptomverschiebungen zeigen. Im Gegenteil: Die erfolgreiche Behandlung spezifischer
Probleme
bewirkt
häufig
-
insbesondere
bei
konsequenter
Verfolgung
des
Problemlöseansatzes - eine positive Veränderung anderer Probleme, und die Verhinderung
neuer Probleme.
Beziehung zwischen Klient und Therapeut
Eine gute therapeutische Beziehung ist schon deswegen wichtig, da eine Verhaltenstherapie
ohne die Bereitschaft des Klienten mitzuarbeiten nicht möglich ist. Der Therapeut muss die
KlientInnen zur Mitarbeit gewinnen, wenn die therapeutischen Techniken die gewünschte
Wirkung zeigen sollen.
Direktives versus einfühlsames Vorgehen
Bei bestimmten Symptomen (schweren Ängsten, Zwängen) sind Konfrontations- oder
Reizüberflutungsverfahren sehr effizient (siehe Grawe,1994).
Der Therapeut ist bei
stärkerer Konfrontation mit den Angstobjekten im Feld anwesend. Dabei wirkt er zum Teil
angstreduzierend, manchmal hilft er, die Aufmerksamkeit des Klienten auf die Angst zu
richten (Reizüberflutung), und diese bei Vorstellungsübungen manchmal noch ins Irreale zu
übersteigern (Implosion). Dieses Vorgehen belastet Klienten und Therapeuten sehr. Bei
Implosion (in der Vorstellung) oder bei Reizüberflutung (in vivo) kann es manchmal
notwendig sein, maximale Angst auszuhalten, bis Erschöpfung eintritt, damit Habituation
einsetzen kann. Dies gelingt nur dann, wenn ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen
Patient und Therapeut besteht und Konzept und Vorgehen dem Patienten erklärt und von
diesem auch akzeptiert werden. Der „strenge aber einfühlende“ Therapeut ist hier gefordert.
Diese Form der therapeutischen Haltung wird vielfach kritisiert. Aber das strenge
strukturelle Vorgehen muss einer vertrauensvollen Beziehung nicht widersprechen. In einem
post hoc Vergleich von
Therapeuten-Bewertungen erfolgreich und nicht erfolgreich mit
Reizüberflutung behandelter Klienten (Rabavilas et al., 1979) korrelierten positiv mit dem
Therapieerfolg: Respekt und Verständnis, Interesse und Sympathie für den Patienten sowie
Eingehen auf seine Abhängigkeitsbedürfnisse. Weiterhin bewerteten die Patienten positiv:
explizite
Regeln,
direktes
Vorgehen
und
gleichzeitig
starke
Ermutigung.
Negativ
korrelierten: eine permissive Haltung und Toleranz für Vermeidungsverhalten. Diese
empirischen Daten decken sich auch mit der Studie von Sloane et al. (1975), in der
verhaltenstherapeutische und psychoanalytische Vorgehensweisen miteinander verglichen
wurden (94 Patienten, davon etwa 65% mit starken Ängsten). Dabei zeigte sich, dass die
Verhaltenstherapeuten als warm und vertrauenswürdig, aber auch als aktiv und direktiv
eingeschätzt wurden. Die Daten sind ein Beleg dafür, „dass bei bestimmten Klienten und
spezifischen Verfahren die Variablen der Gesprächstherapie nicht hinreichen, um eine
wirkungsvolle Therapie sicher zu stellen“ (Zimmer, 1983, S. 157).
I
Manipulation und Anpassung
Der verhaltenstherapeutische Prozess läuft in enger Zusammenarbeit zwischen KlientIn und
TherapeutIn ab. Die Schritte sind offen und transparent.
Klienten werden so früh wie
möglich zur Eigenkontrolle angeleitet. Viel stärker als jede andere Therapierichtung hat die
Verhaltenstherapie durch ihre Konzepte der sorgfältigen Problemanalyse die Möglichkeit,
auch
die sozial und materiell vermittelten
Bedingungen der psychischen Probleme
aufzudecken und aufzuzeigen. Welche Konsequenzen der Klient aber aus diesen Einsichten
zieht, ist letztlich seine alleinige Entscheidung. Seine Entscheidungen werden sich auch in
den
Zielen
der
Therapie
niederschlagen.
Wie
emanzipatorisch
die
therapeutischen
Konsequenzen sind, das hängt sicherlich zumindest in zweiter Linie auch mit den
Einstellungen des Therapeuten zusammen.
Das planende, rationale und vor allem transparente Vorgehen im Sinne von Spezifität und
Funktionalität
bei
Therapiedurchführung
Diagnose,
sowie
Therapiezielbestimmung,
der
verwendeten
Interventionsfestlegung
Terminologie
(„Reiz“,
und
„Verstärker“,
„Löschung“, „Modifikation“) der Verhaltenstherapie reizen eher zur Kritik.
Der Verhaltenstherapie ist besonders von psychoanalytischer Seite vorgehalten worden, ihre
Behandlung führe zu Symptomverschiebung, da sie nur an den Symptomen, nicht aber an
den
zugrundeliegenden
Ursachen
arbeite.
Viele
Missverständnisse
sind
durch
unterschiedliche inhaltliche Belegung der Begriffe (insbesondere „Symptom“) entstanden.
Während die Psychoanalyse davon ausgeht, dass das direkt erfassbare Symptom nur
Ausdruck einer tieferliegenden Störung (z.B. unbewusster Konflikt) ist, bezeichnet die
Verhaltenstherapie mit „Symptom“ die psychische Störung selbst.
Letztlich hat jede Therapie - von der Psychoanalyse bis zur Psychochirurgie - die
Modifikation von Verhalten zum Ziel.
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