Warum sollten Sie diese Broschüre lesen? Wenn Sie lieber Leser ein Mann sind, dann haben Sie eine Prostata. Dieses kleine Organ tief in Ihrem Innern ist sehr wichtig für die Zeugungsfähigkeit. Diese Drüse kann aber auch Schwierigkeiten machen, wenn Sie älter werden. Einige von Ihnen realisieren das Vorhandensein Ihrer Prostata erst, wenn Sie wegen einer Infektion Schmerzen im Unterbauch und/oder Brennen beim Wasserlassen verspüren. Die meisten von Ihnen nehmen Ihre Prostata erst wahr, wenn sie durch eine verengte Harnröhre beim Wasserlassen Probleme bereitet, normalerweise ab dem 50sten Lebensjahr. Ohne diese Erfahrungen ignorieren die meisten Männer das Vorhandensein dieses exklusiven Organs des männlichen Geschlechtes, der Prostata, auch wenn sie bei den Muskelkontraktionen am Endes eines völlig normalen Sexualaktes genannt Orgasmus eine sehr wichtige Rolle spielt. Es gibt auch eine Krankheit, die sich Prostatakrebs nennt. Dieses Leiden führt im Frühstadium zu keinen Symptomen. Jetzt ist es an der Zeit, sich zu informieren, sich Ihren aktuellen oder zukünftigen Problemen anzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen. Diese Broschüre gibt Ihnen alle Basis-Informationen über Ihre Prostata oder die einer geliebten Person. Lesen Sie diesen Text aufmerksam und fragen Sie Ihren Arzt bei Unklarheiten. Bedenken Sie, die meisten Prostataleiden und selbst Prostatakrebs muss nicht oder kann leicht behandelt und oft geheilt werden. Tragen Sie also Sorge zu Ihrer eigenen Gesundheit! EPAD European Prostate Cancer Awareness Day PSA Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist einer der Stoffe, die in der Prostata gebildet werden. Es handelt sich um ein Protein (wie das Eiweiss eines Ei’s) und spielt beim bei der Reproduktion beim Mann eine äusserst wichtige Rolle. Das PSA ist, wie Biochemiker es nennen, ein Enzym. Das PSA ist ein Protein, fähig andere Proteine in kleinere Stücke zu zerteilen. Das PSA entwickelt seine Funktion im Sperma. Bei der Ejakulation ist das hochviskose (stark dickflüssige) Sperma geronnen. Sie können sich vorstellen wie schwierig es für ein Spermium ist, diese Masse zu verlassen, um zum weiblichen Ei zu schwimmen. Hier greift die Funktion des PSA ein und zerteilt die Proteine dieser Masse in kleine Stücke und verwandelt diese in eine wässrige Flüssigkeit. Wir bemerken diese Flüssigkeit z.B. bei der Beobachtung von Ejakulat einige Minuten nach der Ejakulation. Die Spermien können in dieser Flüssigkeit frei schwimmen und ihre Aufgabe mit der Befruchtung des weiblichen Ei’s erfüllen. So ist das PSA-Enzym ausschlaggebend für die menschliche Vermehrung. Es wird in grossen Mengen in der Prostata hergestellt. Daher ist es nicht überraschend, dass ein geringer Teil davon in das Blut diffundiert, wo es aber keine Funktion hat. Dieses PSA kann nun im Labor mittels speziell entwickelter Testverfahren auch in kleinsten Mengen gemessen werden. Im Blut messen wir das PSA in Mikrogramm (1/1000 g) pro Liter. Zum Vergleich, wenn ein 2 Gramm schweres Zuckerstückchen in einen Swimmingpool von olympischer Grösse (50 x 25 x 3 m) gegeben wird, würde eine Zuckerkonzentration von 0,5 µg/l resultieren. Die medizinischen Laborspezialisten können selbst tiefere Werte messen, als diese. Dies bedeutet, dass im Blut der Männer jederzeit ein geringer PSA-Wert gemessen werden kann. Weil wir wissen, dass nur Prostatazellen PSA herstellen können, können wir mit Sicherheit sagen, dass das PSA “organspezifisch” oder eben “prostataspezifisch” ist. Weil das PSA von Prostatagewebe produziert wird, produziert mehr Prostatagewebe mehr messbares PSA. Und weil die Prostata sich laufend vergrössert, steigt auch der PSA-Wert im Blut. Aber, bei jedem Problem mit der Prostata, einer Infektion oder eben auch bei Krebs steigt der PSA zum Teil auf sehr hohe Konzentrationen. Wenn wir in einer Blutprobe PSA-Anteile messen können, sind wir sicher, dass irgendwo im Körper Prostatagewebe PSA produziert. Wenn nun die PSA Werte steigen obwohl die Prostata durch einen chirurgischen Eingriff entfernt wurde oder wenn sie durch eine äussere oder innere Bestrahlung zerstört wurde, ist es sicher, dass noch Prostatagewebe zurück geblieben ist oder eben an anderen Orten im Körper wächst (Metastasen). EPAD European Prostate Cancer Awareness Day Gutartige Prostatavergrösserung (BPH) Die gutartige Prostatavergrösserung ist eines der häufigsten Ereignisse für Männer im mittleren Alter. Die Prostatazone, die die Harnröhre umschliesst, verändert sich und bildet Kugeln aus Prostatagewebe anstelle von Drüsengewebe. Aufgrund der Zellstruktur sollte diese Veränderung “Fibro-Myo-Adenom” genannt werden. Der Prozess beginnt mit der altersbedingten Verminderung der männlichen Hormone (Testosteron) und dem dadurch veränderten Verhältnis zu den Anteilen von weiblichen Hormonen, was diese Anomalie auslöst. Es ist nicht besonders bekannt, dass die laufende Vergrösserung ein schwerwiegendes Problem beim Wasserlösen ist und bis zum völligen Harnverhalt führen kann. Das Wichtigste dabei ist es, ruhig zu bleiben und zu verstehen wieso diese kleinen, ärgerlichen Symptome den Harnstrahl derart reduzieren können, dass man nachts wegen Harndrang aufwacht, dringend Urinieren muss und es nach dem Wasserlassen zum Nachtropfen kommen kann. Diese Probleme können von den Urologen behoben werden. Wenn die Symptome überhand nehmen, können dagegen Medikamente eingesetzt werden. Alphablocker reduzieren die Muskelspannung der Prostata soweit, dass leichter uriniert werden kann. Das erklärt auch, dass die Ejakulation unter diesen Bedingungen wegfallen oder sich auf ein paar Tropfen reduzieren kann. Alpha-Blocker können die Muskelanspannung reduzieren und somit das Wasserlassen erleichtern. Ebenso kann die Erlahmung des inneren Schliessmuskels zu einer Ejakulation in die Blase führen. 5-alpha Reduktase Inhibitoren, die die Bildung von prostataspezifischem männlichem Hormon, eine Art von Testosteron, blockieren, lassen die Prostatazellen austrocknen, was deren Grösse und somit auch das Volumen reduziert. Wenn diese Behandlung die Beschwerden der Patienten nicht reduzieren kann, kann eine chirurgische Verkleinerung der Vergrösserung (Adenom) hilfreich sein. Dabei wird die Prostata in ihrer ursprünglichen Lage und Hülle belassen und der Inhalt entfernt. Dieser Vorgang wird fälschlicherweise von Laien als Prostatektomie bezeichnet, meint aber die chirurgische Verkleinerung der in die Blase drückenden Prostata durch einen Eingriff durch die Harnröhre (TURP) erfolgt. Dieser Standardeingriff führt, bei korrekter Diagnose, üblicherweise zu 100 %igem Erfolg. EPAD European Prostate Cancer Awareness Day Diagnose des Prostata-Krebses Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA-Test) Prostatakrebs im Frühstadium, stets in der Prostata lokalisiert, verursacht keine Symptome. Glücklicherweise ist die Heilung in diesem frühen Stadium möglich. Bei der Abklärung der möglichen Risiken einen Prostata-Krebs zu finden, ist die Messung des PSA in der Blutprobe der führende Vorgang, neben der Tastuntersuchung durch den Enddarm (TURP) und modernen, bildgebenden Verfahren. Trotzdem handelt es sich bei der Messung nicht um eine Diagnose, ausser die PSA-Werte liegen weit ausserhalb “normaler” Werte. Der PSA-Test ist eine äusserst bekannte, einfache und standardmässig durchgeführte Messung im Blut, der auch im Rahmen von regelmässig durchgeführten Gesundheits-Checks gemacht werden kann. Aber wie erklärt, handelt es sich dabei zwar um prostataspezifische, aber nicht um krebsspezifische Werte, die mit ausreichender Vorsicht zu interpretieren sind. Vor allem wird Ihr Arzt die Werte mit den Standardwerten Ihrer Alterskollegen vergleichen. Beim älter werden vergrössert sich die Prostata und damit nehmen die PSA-Werte zu. Dann, wenn Ihre Werte im Vergleich zu Ihren Alterskollegen höher liegen, wird Ihr Arzt sorgfältig abklären, ob eine gutartige Prostatavergrösserung oder eine Prostataentzündung vorliegt und weiter wird er auch eine Tastuntersuchung durch den Enddarm vornehmen, um zu klären, ob sich die Oberfläche der Prostata “normal” anfühlt. Biopsien Falls der PSA-Wert verdächtig hoch ist, wird der Arzt Sie für eine ultraschallgeführte Biopsie zu einem Urologen schicken. Die Ultraschalltechnik ist dieselbe wie bei der Sichtbarmachung eines ungeborenen Kindes, benützt aber spezielle Sensoren. Der Sensor zur Sichtbarmachung der Prostata wird in den Enddarm eingeschoben und erlaubt dem Arzt die Prostata als Ganzes auf dem Bildschirm zu sehen. Dies erlaubt eine Grössenmessung und teilweise auch Unregelmässigkeiten in den verschiedenen Graustufen zu erkennen. Damit lassen sich Zonen von unterschiedlicher Dichte, eventuell auch von Krebs, erkennen. Der Urologe wird mit einem Nadelhalter mehrere Nadeln in die Prostata schiessen, um kleine Gewebeproben zu gewinnen und diese in einem pathologischen Labor untersuchen zu lassen. EPAD European Prostate Cancer Awareness Day Gleason score Prostatakrebs ist eine sehr heterogene Krankheit. Die Aggressivität kann anhand der Gewebeproben festgestellt werden. Das Standardmass für die Klassifizierung der Aggressivität des Krebses ist der eine Spanne von 2 bis 10 umfassende Gleason Score. Seit 2005 wird der Gleason Score nur noch von 6 bis 10 bewertet. Der Gleason Score 6 und einige von 7 (3+4) sind langsam wachsende Krebsarten, während Score 8 bis 10 (max. 20 % aller diagnostizierten Prostatakrebse) auf aggressiven Krebs hinweisen, was aber nicht bedeutet, dass die Prognose aussichtlos ist. Auch bei diesem Score ist abhängig von den individuellen Umständen eine Heilung oder eine Kontrolle möglich. Dieser Wert heisst, dass es sich dabei um einen potentiell tödlicheren Krebs handelt. Das Gute ist, das die zumeist tieferen Scores und deren langsames Wachstum, genügend Zeit (bis zu 3 Monate) lassen, Informationen zu sammeln und zusammen mit dem Arzt die persönlichen Bedürfnisse und die Entwicklungserwartung des Krebses zu definieren, die Behandlungsoptionen breit durchzusprechen und mit den zu erwartenden Nebenwirkungen abzugleichen, um dann zusammen mit dem Arzt die Behandlungsentscheidung zu treffen. Der Arzt wird Sie mit richtigen, vertrauenswürdigen Informationen versehen und Ihnen, aufgrund der vorliegenden Biopsieergebnisse, die Wahlmöglichkeiten aufzeigen. Wenn Sie unsicher sind Test bitte wiederholen… Es ist möglich, dass trotz abnormalen PSA-Werten und einer Reihe von Biopsien kein Krebs gefunden wird. Der Urologe wird Ihnen empfehlen abzuwarten und einige Monate später die Untersuchung zu wiederholen. Dies ist ein normaler Vorgang. Prostatakrebs ist kein schnell wachsender Krebs, insbesondere wenn er kaum zu erkennen ist. Andere Techniken Neben PSA-Tests und Biopsien kann Ihr Urologe auch weitere Untersuchungen empfehlen, z.B. ein bildgebendes Verfahren. Das kann ein Magnetresonanz Tomograph (MRI) oder eben ein Test mit einem neuen Tumormarker sein. Einige dieser Verfahren können die Lage und Grösse eines Krebses genauer zeigen, so dass auch eine Biopsie den Krebsherd exakter trifft. Für den Prostatakrebs, wie auch für die meisten festen Tumore, wird die endgültige Diagnose vom Pathologen unter dem Mikroskop erstellt. EPAD European Prostate Cancer Awareness Day Behandlungen des Prostatakrebses Wie bei anderen Krebsarten gibt es “den Prostata-Krebs” nicht. So wie jeder Mann anders ist, so ist es auch beim Prostata-Krebs. Die Kombination der Aussagen “jeder Mann ist anders” und “jeder Prostata-Krebs ist anders” ergibt eine individuell angepasste Behandlung. Für Patienten ist es schwierig ihre Behandlung mit anderen zu vergleichen. Hier nun ein kurzer Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten. Beobachtendes Abwarten [watchful waiting] Diese Behandlungsoption ist gedacht für Männer mit einer limitierten Restlebenszeit und/oder anderen schweren Erkrankungen. Bei diesen Männern werden die Symptome beobachtet und eventuell behandelt. Aktive Überwachung [active surveillance] Die meisten Prostata-Krebs-Arten entwickeln sich langsam und verursachen nie ein schweres (lebensbedrohliches) Leiden. Für diese Männer kann die aktive Überwachung die beste Behandlungsoption sein. Diese Männer werden sorgfältig überwacht mit regelmässigen PSA-Messungen und mit den notwendigen Biopsien. Das Ziel ist es, notwendige, heilende Behandlungsoptionen, falls nötig, zu erhalten. Radikale Prostatektomie (RP) Abhängig vom Alter eines Mannes und von seiner spezifischen Krebsart, kann die Totalentfernung der Prostata eine gute Behandlungsoption sein. Entsprechend der vorstehenden Erklärung zur Lage der Prostata im männlichen Körper, ist leicht zu verstehen, dass Inkontinenz (Schliessmuskelbeschädigung) und Impotenz (Nervenschädigung) unerwünschte, aber mögliche Nebenwirkungen sind. Bei der Durchführung dieser Operation stehen verschiedene Techniken zur Verfügung wie: offener Bauchschnitt, manuelle und robotergestützte Laparoskopie. Bestrahlung Bestrahlung kann gutes und schlechtes Gewebe zerstören. Die Bestrahlung ist heute eine gezielte, sehr exakt gesteuerte Variante zur Krebsbehandlung, wobei gesundes Gewebe vor zerstörender Bestrahlung möglichst geschützt wird. Bestrahlung ist von innen mit radioaktiv strahlenden Seeds (schwach dosierte Brachytherapie) und aussen mit PhotonenBestrahlung (MRT) möglich. Die äussere Bestrahlung kennt moderne Technikvarianten, die die schädigende Strahlung auf gesundes Gewebe auf ein Minimum reduzieren (IMRT). Die unerwünschen Nebenwirkungen der Bestrahlung sind: ebenso (Teil-)Inkontinenz und (nach einigen Jahren) Impotenz und Strahlungsschäden (Muskelerlahmung) an Blase und Enddarm. EPAD European Prostate Cancer Awareness Day Europäischer Prostatakrebs-Gedenktag 2012 EPAD 2012 Resolution von Brüssel 1. 2. 3. 4. 5. Prostatakrebs ist der häufigste Männerkrebs Prostatakrebs ist die dritthäufigste Todesursache der Männer Die Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA) zur Früherkennung vermindert die Todesraten signifikant (ERSPC) Die Messung des PSA zur Früherkennung vermindert die Anzahl der metastasierenden Prostata-Krebse signifikant (ERSPC) Unbedachte Nutzung von Ergebnissen der PSA-Messung kann zu unnötigen Nebenwirkungen durch unnötige Behandlungen von nicht aggressiven Krebsarten führen Wir fassen zusammen 1. Ein gut zu Prostata und PSA-Messung informierter Mann ist berechtigt den Nutzen einer Früherkennung des Prostata-Krebses wahrzunehmen 2. Allgemein-Ärzte und Urologen sollen die PSA-Messung intelligent anwenden und die Männer dadurch vor unerwünschten Nebenwirkungen schützen EPAD European Prostate Cancer Awareness Day