Lerntheoretisch fundierte Interventionen_C.AU Kiel

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Dipl.-Psych. O. Bohlen · SEGEBERGER KLINIKEN GRUPPE
Vorlesung
Psychosomatik
C A U Kiel
Lerntheoretisch fundierte
Interventionen in der Psychotherapie
Dipl.-Psych. O. Bohlen - 1. Leitender Psychologe
SEGEBERGER KLINIKEN GmbH
Dipl.-Psych. O. Bohlen · SEGEBERGER KLINIKEN GRUPPE
Inhalte
Geschichte der Verhaltenstherapie:
- Das Block Box-Modell als „Reset-Taste“ der Psychotherapie
- Paradigmenwechsel in der modernen Verhaltenstherapie
Ätiologische Ansätze in der Verhaltenstherapie :
- Lerntheorien als eine Säule der Erklärung von (problematischem) Verhalten
Formen des Lernens
- Klassische und operante Konditionierung, Modelllernen, Instruktionslernen…
Interventionen:
-Klinische Anwendung klassischer Konditionierung und Gegenkonditionierung
(Systematische Desensibilisierung), Reizkonfrontation, operante Methoden,
Training sozialer Kompetenz
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Zur Geschichte der Verhaltenstherapie
• Entwicklung der Verhaltenstherapie in den 50er und 60er Jahren
(z.B. EYSENK, SKINNER, WOLPE) aus dem Behaviorismus (eine
Theorie der Wissenschaft vom Verhalten) auf der Grundlage der
Lerntheorien
Die erste explizite Nennung des Begriffs „Behavior Therapy“ stammt aus dem
Jahr 1953 als O.R. LINDSLAY und B.F. SKINNER Strategien der
kontingenten Verstärkung bei hospitalisierten Patienten einsetzten, um
nichtpsychotische Verhaltensweisen aufzubauen.
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• Die „Initialzündung“ des klassischen Behaviorismus stellt der berühmte
Artikel „Psychology as the Behaviorist views it“ (1913) von J. B. WATSON
dar, in dem er sich vehement gegen die damals in der Psychologie
gebräuchliche Methode der Introspektion aussprach. Watsons Ziel war es,
die Psychologie als eine Naturwissenschaft gleichsam neu zu begründen.
Organismus
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• Fast gleichzeitig Entwicklung verhaltenstherapeutischer Ansätze in
unterschiedlichen Regionen
Durch WOLPE in Südafrika (1958) entstand mit Rückgriff u.a. auf PAWLOW
(1927) die „Systematische Desensibilisierung“ zu Eindämmung gelernter
Angstreaktionen.
EYSENCK (1960) verstand in England unter Verhaltenstherapie die
Anwendung von Lerntheorien auf klinische Probleme (z.B. „Neurosen,
Ursachen und Heilmethoden. Einführung in die moderne Verhaltenstherapie“,
1967)
SKINNER betrieb in den USA systematische Forschungen zu den
Konsequenzen von Verhalten und entwickelte das Konzept der „funktionalen
Analyse“ (1961)
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• „Kognitive Wende“ in den 70er Jahren (z.B. MAHONEY, LAZARUS,
KANFER).
Motivationale Aspekte sowie handlungsleitende kognitive Stile und
Einstellungsmuster und deren Charakteristika i.B.a spezifische psychische
Störungen rückten ins Blickfeld der Aufmerksamkeit.
Entwicklung der Kognitiven Therapie mit ihren wichtigsten Vertretern: A.T.
BECK, A. ELLIS und D. MEICHENBAUM.
Die kognitiven Interventionen zielten vorrangig auf inhaltliche Aspekte des
Denkens wie ungünstige „Philosophien“, eine verzerrte Sicht der Realität und
negative Selbstinstruktionen der Patienten ab.
• Kognitive Therapieelemente und klassische verhaltenstherapeutische
Vorgehensweisen wurden zur „Kognitive Verhaltenstherapie“
kombiniert.
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• So genannte „Dritte-Welle-Verfahren“ in der Verhaltenstherapie
setzen sich seit den 90er Jahren zunehmend mit weiteren
Wirkfaktoren der Psychotherapie (sensu GRAWE) auseinander und
beziehen u.a. direkter die emotionale Dimension ein (z.B. DBT nach
LINEHAN, emotionsbasierte VT oder Schematherapie nach
YOUNG). Behaviorale und kognitive Interventionen werden dabei
aber weiterhin genutzt.
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Ätiologische Ansätze in der Verhaltenstherapie
• In aktuellen Lehrbüchern der Verhaltenstherapie finden sich i.d.R.
multifaktorielle Erklärungsansätze für die Entstehung und
Aufrechterhaltung psychischer Störungen
• Entsprechend sind die Behandlungsansätze komplexerer
Störungen multimodal.
• Die Entwicklung psychischer Auffälligkeiten kann mit
unterschiedlicher Auflösung auf der Ebene zeitlicher
(chronologischer) Abläufe betrachtet werden und die
Ursachenanalyse auf eine jeweils unterschiedliche „Erklärungstiefe“
abzielen.
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„Wir machen uns ein Bild von den Problemen des
Patienten…“
Vergangenheit
Gegenwart
Lebens- und Lerngeschichte des Patienten
Voraussichtliche
Zukunft
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• Für die verschiedene Perspektiven können unterschiedliche
Theoriemodelle zur Erklärung dessen, was wir sehen,
hilfreiche Hinweise geben !
• Nach G.T. Wilson & C.M. Franks (1982) können folgende
ätiologische Modelle als Grundpfeiler in der Verhaltenstherapie
angesehen werden:
- Klassische Lerntheorien
- Angewandte Verhaltensanalyse
- Kognitive Theorien
- Soziale Lerntheorie
Sie dienen dem Verständnis der Entstehung und
Aufrechterhaltung (auffälligen) Verhaltens und stellen den
Ausgangspunkt für Ansätze ur Veränderung dar.
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• Spezifischere Theorien und Erklärungsmodelle lassen sich häufig
auf in eine der genannten Oberkategorien einordnen, z.B.
- das Konzept der „erlernten Hilflosigkeit“ (SELIGMAN)
- die Verstärkerverlust-Theorie (LEWINSOHN)
- die Schematheorie von BECK
Lerntheorie
Kognitive Theorie
• In der 3. Welle der VT fanden weitere ätiologische Faktoren, wie
z.B. bedürfnistheoretische Konzepte (in der Schematherapie nach
YOUNG) Berücksichtigung
• Die Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit führten darüber
hinaus dazu, neurobiologische Modelle weiter in die Überlegungen
zur Genese psychischer Störungen im Rahmen der
verhaltenstherapeutischen Gesamtkonzeption ein zu beziehen
(z.B. zum Verständnis von Posttraumatischen Belastungsstörungen
oder Zwängen).
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Lerntheorie und lerntheoretisch fundierte Interventionen stellen
zwar ein wichtiges Fundament der VT dar, sie sind aber
dennoch nur eine Teilmenge des umfassenderen ätiologischen
Gebäudes in aktuellen kognitiv-behavioralen Therapieansätzen.
!
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Formen des Lernens
A. Klassische Konditionierung
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Das Experiment von I.P. Pawlow (1849-1936)
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Klassische Konditionierung
psychophysischer Reaktionen (Angst)
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Klassische Konditionierung als Teil des Placeboeffektes
Aus: H. Reinecker: Grundlagen der VT, Internetressource
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Klassische Konditionierung als Teil der Enuresis-Therapie bei Kindern
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Klassische Konditionierung als Teil der Wirkung einer „Klingelhose“
UCS
(Lauter Ton
der
Klingelhose)
UCR
(Erwachen)
Koppelung
CS
(Gefüllte
Blase,
Harndrang)
CS
(Erwachen)
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B. Gegenkonditionierung (reziproke Hemmung)
Die „Systematische Desensibilisierung“
nach J. WOLPE (1915-1997)
- Reizhierarchie
- Entspannung
- Konfrontation
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A. Operante Konditionierung
SKINNER (1904-1990) Box
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• Ein Verstärker ist ein Reiz, der die Auftretenswahrscheinlichkeit
eines Verhaltens erhöht.
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Verstärkerprogramme
-Das „Kontingenzverhältnis“ wirkt sich auf die Geschwindigkeit des Aufbaus
und die Stabilität des erlernten Verhaltens aus:
- 1:1-Verstärkung
- intermittierende Verstärkung (z.B. 5:1)
- Löschung: Fehlende Darbietung des positiven (oder negativen) Verstärkers
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Beispiele klinischer Anwendung operanter
Prinzipien
- Tokenprogramme (z.B. Reaktivierung von chronischen
Langzeitpatienten
- Verhaltensaufbau in der Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapie
- Aktivitätsaufbau bei der Behandlung depressiver Störungen
Prädisponierende
Faktoren
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Soziokulturell
vorgegebene
Werte/Normen
Probleme im
Familiensystem
Ursprungs- / jetzige Familie
Spezifische,
störungsrelevante
Lernerfahrung
Körperliche
Faktoren
Auslösende Faktoren
„Kritische Lebenssituation“: z.B. Trennung, Verlust,
neue Leistungsanforderungen, körperliche Krankheiten, Trauma
Aufbau
positiver
Aktivitäten
Symptome der Störung
z.B. depressives Rückzugsverhalten, chronisches
Schmerzverhalten, Somatisierung, Angst, Dissoziation
Psychosoziale Konsequenzen
Körperliche Konsequenzen
z.B. zunehmender Verlust
körperlicher Leistungsfähigkeit
Internal
z.B. zunehmender Verlust von
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
External
z.B. soziale Isolation
Aufrechterhaltende
Faktoren
Positive und negative Verstärkung:
z.B. Sekundärer Krankheitsgewinn im
Umfeld, Nichtauftreten aversiver
Emotionen etc.
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Verstärkungstheoretischer Ansatz
Die verstärkungstheoretischen Vorstellungen lauten:
Eine geringe Rate (verhaltenskontingenter) positiver Verstärkung (Mangel an
positiven Erfahrungen und ein Überwiegen negativer Erfahrungen) wirkt auslösend
für depressives Verhalten.
Eine geringe Rate positiver Verstärkung (Löschungsbedingungen) hält eine
Depression aufrecht und wirkt zusätzlich reduzierend auf die Verhaltensrate.
Die Gesamtmenge positiver Verstärkung ist abhängig
von dem Umfang potenziell verstärkender Ereignisse und
Aktivitäten (die wiederum beeinflusst werden von der
Lerngeschichte, dem Alter, dem Geschlecht etc.), dem
Umfang erreichbarer Verstärker, dem Verstärkerrepertoire
und den Fähigkeiten, Verhalten zu zeigen, das verstärkt
werden kann.
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Kombination verschiedener
Konditionierungsprinzipien
Beispiel:
Reizkonfrontation bei
Angststörungen
Das Zwei-Faktoren-Modell von MOWRER & MOWRER
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*
Cstabiler wird das Vermeiden konditioniert!
*
Beispielsweise Beinahe-Unfall auf der Autobahn -> LKW-Licht
Dipl.-Psych. O. Beispiel
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Angststörung
Biologisch-psychologisch integrativer Ansatz
Persönlichkeitsdispositionen
Klassische
Konditionierung
Stress /
Konflikte
Panik
Operante
Konditionierung
Interpersonelle /
Intrapsychische
Funktionalität
In Anlehnung an: Hans-Ulrich Wittchen,Thomas Lang, Dorte Westphal. (Erweitert: O. Bohlen, 2011.)
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Reizkonfrontations-Methoden
Wirkmechanismen:
-Darbietung des klassisch konditionierten Stimulus unter
Abwesenheit des unkonditionierten Stimulus (S->R-Verbindung)
- Ausbleiben des aversiven Stimulus (Angst) hebt erlernte
Flucht- und Vermeidungsreaktion auf (R->S-Verbindung)
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Vorlesung Psychosomatik im Zentrum für Integrative Psychiatrie, Kiel
Ich wünsche Ihnen
noch eine gute Woche..!
Dipl.-Psych. Oliver Bohlen
1. Leitender Psychologe
Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie (Akademisches Lehrkrankenhaus
für die Medizinische Fakultät der CAU Kiel)
SEGEBERGER KLINIKEN GmbH
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