19 3. AFFEKTIVE STÖRUNGEN * kommen am häufigsten in klinische Behandlung * komplexes Erscheinungsbild: -> Beeinträchtigungen im emotionalen Erleben -> Beeinträchtigungen im körperlichen Empfinden -> Beeinträchtigungen im Denken und Verhalten a) zyklische Veränderungen der Stimmungslage (Manie vs. Depression) = Hauptmerkmal nach KRAEPELIN b) Veränderung der vitalen Aktivität -> zeigt sich in kognitiven, affektiven und physiologischen Funktionen = Hauptmerkmal z.B. nach HAMILTON => DSM-IV: Kernsymptome = sowohl a) als auch b) 1) SYMPTOME DER DEPRESSION: * Im Vordergrund der Beschwerden = Veränderungen der Stimmungslage und der affektiven Ansprechbarkeit -> muß vor allem bei leichteren Depressionen nicht so sein (bzw. ist den Patienten oft nicht bewußt) * Oft fällt va. Veränderung des Interesses an Umgebung und Abnahme der Aktivität auf. a) depressive Verstimmung: -> Mangel an emotionaler Ansprechbarkeit durch äußere Ereignisse -> emotionale Flachheit und Gefühlsmangel * oft in Gegenwart von Freunden „vergessen“ -> fällt Umgebung oft nicht auf. * je schwerer, umso allgegenwärtiger; wird anders als normales Unglücklichsein erlebt > „schwarze Wolke“ > Weinanfälle ohne bzw. aus geringem Anlaß b) andere Affektveränderungen: -> erhöhte Ängstlichkeit (oft Angst vor Situationen, die früher keine Belastung darstellten) -> Reizbarkeit; Gefühl der Feindseligkeit; nachtragend -> Patient ist sich dessen meist bewußt, auch wenn er es nicht offen anspricht. > bei Männern offensichtlicher als bei Frauen > bei Frauen bezieht sich das meist auf den Partner -> Gefühl des Unverstandenseins -> quälende Schuldgefühle -> Anhedonie, d.i. nichts macht mehr Freude, nicht einmal das Essen 20 => All das zeigt sich oft in Körperhaltung und Mimik c) Beeinträchtigung im Selbstwertgefühl: -> häufige Selbstkritik -> eigene Herabsetzung -> Selbsthaß => zeigt sich im Verhalten (Patient wirkt wenig selbstsicher. kann sich nicht durchsetzen) d) Beeinträchtigung der Motivation und des Verhaltens: -> Patienten freuen Dinge nicht mehr, die ihm frühe Freude bereitet haben -> antriebslos; apathisch -> kann an nichts mehr inneren Anteil nehmen -> allgemeine Beeinträchtigung der Spontaneität des Verhaltens -> psychomotorische Retardierung -> seltener: Agitiertheit (Patient kann nicht stillsitzen; muß an etwas herumnesteln) e) Beeinträchtigungen des Denkens: -> „BECKsche Triade“: kognitive Fehlorientierung führt zu falscher Einschätzung von > eigener Person > der Welt > der Zukunft -> inhaltliche Verzerrungen können bis zu Wahn / wahnhaften Vorstellungen reichen -> der depressiven Verstimmung inhaltlich angemessen (z.B. Welt geht gleich unter) -> negative Selbst-Schemata -> negativer Attributionsstil -> verlangsamtes Denken > ineffizientes Problemlösen > Beeinträchtigung der zielgerichteten Aufmerksamkeit f) körperliche Beeinträchtigungen: -> körperliche Beschwerden, Schmerzen (va. im Kopf, Rücken); dabei oft „maskierte Depression“, d.h. depressive Verstimmung wird vom Patienten nicht spontan berichtet, sondern er geht wegen der Schmerzen zum Arzt; Schmerzen va. dann, wenn dem Patienten wegen seiner Sozialisation oder aus kulturellen Gründen unmittelbarer Ausdruck seiner Emotionen nicht möglich ist. -> gestörte Verdauung (Verstopfung) -> Appetitlosigkeit -> übler Geschmack im Mund, Mundtrockenheit -> Hypertonie -> Verlust der Libido, Potenzstörungen -> Schlaflosigkeit oder Hypersomnie 21 > vor allem Einschlafstörung > bei schwerer Depression oft Durchschlafstörung > Alpträume => körperliche Beschwerden sind Ausdruck einer Hypersensibilität gegenüber physiologischen Reaktionen 2. SYMPTOME DER MANIE: a) manische Episode: * = abgegrenzte Episode mit abnormer, anhaltend gehobener, expansiver oder reizbarer Stimmung * 3 der folgenden Symptome (bzw. 4, wenn Stimmung nur reizbar, aber nicht eindeutig gehoben): 1) gesteigertes Selbstwertgefühl oder Größenideen 2) vermindertes Schlafbedürfnis (3 Stunden / Tag) 3) Redseligkeit 4) Ideenflucht; subjektive Erfahrung des Gedankenjagens 5) Ablenkbarkeit (Aufmerksamkeit wird von unwichtigen oder irrelevanten Reizen angezogen) 6) Steigerung zielgerichteter Aktivität (sozial, bei Arbeit, sexuell) oder psychomotorische Unruhe 7) exzessive Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, die unangenehme Konsequenzen haben (z.B. Ausgeben von Lokalrunden, unsinnige geschäftlich Investitionen, sexuell Abenteuer) * wie bei Depression: -> Veränderung der Stimmungslage -> Veränderung der kognitiven Funktionen (va. überhöhte Selbsteinschätzung; übermäßiges Selbstvertrauen -> Beschleunigung der Gedankengänge [beschleunigtes Sprechen!], Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit -> Veränderung des Verhaltens -> Veränderung der Vitalfunktionen (z.B. geringes Schlafbedürfnis) b) manisches Syndrom: wenn Veränderung von Antrieb und Sttimmungslage so ausgeprägt ist, daß es zu deutlichen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit, sozialer Aktivität oder zwischenmenschlicher Beziehungen kommt 22 c) Hypomanische Episode: wenn manische Symptome vorhanden sind, es aber zu keinen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit, sozialer Aktivität oder zwischenmenschlicher Beziehungen kommt d) Unterschied: => Hypomanie: => Manie: Veränderung der Stimmungslage wird als durchaus positiv erlebt Veränderung der Stimmungslage wird meist nicht mehr als positiv erlebt; starke Reizbarkeit und Labilität des Affekts im Vordergrund 3. KLASSIFIKATION: => bis heute grundlegend = Unterscheidung von KRAEPELIN: * manisch-depressive Psychose: biologisch begründet; endogene psychische Erkrankung * psychogene Depression: reaktive Depression, psychoneurotische Depression -> hier prämorbide Persönlichkeit schon auffällig => in deutschsprachiger Psychiatrie Unterscheidung von * endogene Depression (engl. autochthone Depression) * neurotische Depression (engl. reaktive Depression) => daneben auch Position, die beide als unterschiedliche Spielarten EINER Störung ansieht => aktuelle, internationale Unterscheidung (ICD-10 und DSM-IV): * Unterscheidung nach > Schweregrad > Verlauf * im ICD-10 außerdem: depressive Episode mit „somatischen“ Symptomen (= endogene Depression) * im DSM-IV: endogene Depression heißt hier „Depression vom Melancholie-Typ“ (= Subtyp der schweren depressiven Störung) a) Kriterien für eine Episode einer Major Depression (nach DSM-IV): * mindestens 5 Symptome innerhalb EINER Episode zwei Wochen täglich oder fast täglich * deutliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit * entweder: depressive Verstimmung oder: Verlust an Freude / Interesse oder: beides 23 * Symptome: 1) depressive Verstimmung 2) Verlust an Interesse / Freude an fast allen Aktivitäten 3) Gewichts- / Appetitprobleme 4) Schlafstörungen 5) psychomotorische Unruhe / Hemmung 6) Müdigkeit / Energieverlust 7) Gefühl der Wertlosigkeit, Schuldgefühle 8) Denk- / Konzentrationsprobleme 9) Gedanken an Tod / suizidale Tendenz * Schweregrad: -> leicht -> mäßig -> schwer * Typen der Depression: (besonders herausragende Formen; im DSM-IV gibt es drei davon) 1) katatoner Typ: va. Beeinträchtigung der Motorik 2) atypische Depression: atypische Merkmale wie -> starke Reagibilität der Stimmung auf äußere Ereignisse -> Appetitzunahme, Gewichtszunahme -> Hypersomnie -> bleierne Müdigkeit -> besondere Sensibilität gegenüber sozialer Zurückweisung 3) melancholischer Typ: entspricht der endogenen Depression 2 Gruppen von Merkmalen: a) eines der folgenden muß vorhanden sein: -> Verlust der Freude an (fast) allen Aktivitäten -> Mangel an Ansprechbarkeit gegenüber sonst als angenehm empfundenen Reizen b) mindestens 3 der folgenden Merkmale: -> besondere Qualität der depressiven Verstimmung -> Depression am Morgen schlimmer -> frühes morgendliches Erwachen (mindestens 2 Stunden früher) -> starke psychomotorische Hemmung / Agitation -> deutliche Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust -> außergewöhnliche oder unangemessene Schuldgefühle 4) Depression mit psychotischen Symptomen: -> Wahnideen (va. Schuld, Verarmung, Katastrophen) -> Halluzinationen -> depressiver Stupor 24 b) Dysthymie: * Unterschied zur Major Depression: -> weniger Symptome -> geringere Beeinträchtigung -> deutlich längere Dauer * Diagnosekriterien: -> depressive Stimmung meiste Zeit über 2 Jahre -> und mindestens 2 der folgenden Symptome: 1) Gewichts-, Appetitprobleme 2) Schlafstörungen 3) psychomotorische Unruhe / Hemmung 4) Müdigkeit / Energieverlust 5) geringes Selbstwertgefühl 6) Konzentrations-, Entscheidungsprobleme 7) Gefühl der Hoffnungslosigkeit c) Zyklothyme Störung: * chronisch fluktuierende Stimmungslage (mindestens 2 Jahre) * zahlreiche Episoden einer hypomanischen bzw. subdepressiven Verstimmung (aber nicht so schwer, daß sie Major Depression oder manische Episode erreichen) * längere symptomfreie Zeiten (aber nie länger als 2 Monate) * Beeinträchtigung im sozialen und beruflichen Bereich VERLAUFSFORMEN VON AFFEKTIVEN STÖRUNGEN * Kraepelin: alle schweren Depressionen = MDK (= manisch-depressive Erkrankung) * Leonhard: Unterscheidung aufgrund des Verlaufs (hat sich heute durchgesetzt) a) unipolare Depression / Manie: NUR depressive oder manische Merkmale b) bipolare Depression: depressive + manische Episoden 1) bipolar I: * mindestens 1 manische Episode (90% der Fälle bekommen danach weitere) * Patient meist aufgenommen wegen Manie, da manische Phasen schwerer als depressive) 2) bipolar II: * keine manische Episode, sondern hypomanische Episode * Patient meist aufgenommen wegen Depression * oft positive Familienanamnese für Manie und Hypomanie 25 => 80% der bipolaren Patienten entweder wegen Manie aufgenommen, oder bekommen eine solche im Spital bzw. kurz nach Einweisung => 20% bekommen innerhalb von 10 Jahren nach 1. Phase eine Manie => Patienten mit schweren depressiven Phasen entwickeln zu 10% daraus eine bipolare Störung => Unterschiede in depressiven Phasen bei unipolarer bzw. bipolarer Depression: bipolare Patienten -> gehemmte, retardierte Depressive -> Neigung zur Hypersomnie (über 8 Stunden Schlaf / Tag) unipolare Patienten -> eher agitierte Depressive -> Neigung zur Hyposomnie (weniger als 6 Stunden Schlaf / Tag) -> ausgeprägte Schuldgefühle => Ausmaß der Rückbildung ist nicht überall gleich hoch -> manchmal bleibt Residualsymptomatik (= gewissen Beeinträchtigung; zeigt sich z.B. in geringerer Belastbarkeit) => Zykluswechsel: -> rascher / häufiger Zykluswechsel (= rapid cyclers): 4 oder mehr Episoden innerhalb eines Jahres (d.h. 2 ganze Zyklen) -> langsamer / seltener Zykluswechsel (= slow cyclers) 4. DIAGNOSTISCHE INSTRUMENTE: => sehr viele Verfahren zur Diagnose von Depression oder Manie; Unterschied = stützen sich stärker auf -> Eindruck eines Experten (Fremdbeurteilung) -> Selbsteinschätzung des Betroffenen => im deutschen Sprachraum oft verwendete Verfahren: * Depressivitäts-Skala von ZERSSEN * HAMILTONs Depressionsskala (Fremdbeurteilung) * BECK - Depressionsinventar (Selbstbeurteilung): Patient schätzt Ausprägungsgrad von 21 Depressions-Symptomen (z.B. Stimmungslage, Pessimismus, Schuldgefühle, Selbstanklagen, Weinen, Reizbarkeit, Verlust sozialer Interessen, Entschlußunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Schlafstörungen, Ermüdbarkeit, Appetit, usw.) * zur öfteren Aufzeichnung der Stimmungslage geeignet: -> Befindlichkeitsliste von ZERSSEN -> Beschwerdeliste von ZERSSEN -> Eigenschaftswörterliste von JANKE 26 5. HÄUFIGKEIT, RISIKOFAKTOREN: => sehr unterschiedliche Häufigkeitsangaben; Grund: * Unterschiede in Erhebung * spezifische Stichprobenmerkmale => Man unterscheidet: * Punkt-Prävalenz: = Vorhandensein einer Störung zu einem bestimmten Zeitpunkt * Prävalenz innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (z.B. ½ Jahr oder 1 Jahr) * Lebenszeit-Prävalenz: = Morbiditätsrisiko, d.h. Wahrscheinlichkeit, einmal im Leben an bestimmter Störung zu erkranken => Geschlechtsunterschiede: * doppelt so viele Frauen wie Männer leiden zu bestimmtem Zeitpunkt an schwerer depressiver Verstimmung oder Dysthymie (bei bipolarer Störung = Unterschied geringer) * Frauen und Männer haben gleiche Wahrscheinlichkeit, irgendwann einmal depressive Störung zu bekommen, aber bei Frauen größeres Risiko für Wiederholung * Ursache für Geschlechtsunterschiede: -> Männer in westlicher Kultur lernen eher, aktiv gegen depressive Gefühle zu kämpfen -> Frauen in westlicher Kultur geben ihren Gefühlen eher Raum (Kreislauf soziale Isolation - negative Gedanken) -> Veränderung der Geschlechtsrelation zeigt sich erstmals in Pubertät -> hormonelle Einflüsse aber: Einstellung zu körperlichen Veränderungen und Art, wie Pubertät erlebt wird, bei Frauen generell negativer gefärbt; Körperidealbild bei Frauen entspricht eher der präpubertären Figur => Häufigkeit unipolarer Störungen hängt auch ab von: * familiärem Status (verheiratet, unverheiratet, geschieden) * Vorhandensein einer vertrauensvollen persönlichen Beziehung * Land / Stadt (in Stadt häufiger -> Anonymität großstädtischer Beziehungen!) * negativen Life-Events (va. Verlusterfahrungen, Erfahrung von Nichtkontrollierbarkeit von Dingen, die einem wichtig sind) 6. VERLAUF: => Beginn: akut oder schleichend * bei akutem Beginn: -> Gipfel oft schon nach 1 - 2 Wochen -> vor akuter Verschlechterung oft Periode mit starken Angstgefühlen 27 * bei schleichendem Beginn: -> oft schon jahrelang zuvor leichte Symptome -> fluktuierende Beeinträchtigung -> Patient geht erst nach Monaten in Behandlung * ca. ½ der Depressionen erstmals vor 30. Lj. -> bipolare Störung durchschnittlich Ende 20 -> unipolare Störung durchschnittlich Mitte / Ende 30 -> Beginn im Lauf der Zeit immer früher => Dauer: * schwere depressive Verstimmungen dauern länger * durchschnittliche Dauer: -> unipolare Störung: 5 Monate -> bipolare Störung: 4 Monate -> 12% neigen zu Chronifizierung => Verlauf: * fast immer Besserung nach 1. Phase * Besserung ist oft nicht vollständig -> Residualsymptomatik * schlechterer Verlauf der bipolaren Störung: -> manische Phasen = starke Belastung für soziale Beziehungen -> am Beginn von manischer Phase oft Alkoholmißbrauch * Phasenanzahl: -> bipolar: 7 - 9 -> unipolar: 4 - 6 Phasen nehmen in ersten 10 Jahren zu, dann ab (durchschnittliche Dauer 20 Jahre) * 50% der Patienten mit schwerer unipolarer Depression haben nach 1. Phase weitere Phasen (Wahrscheinlichkeit für weitere steigt mit jeder Phase); Risiko für weitere Phasen = größer, wenn: -> nach 1. Phase Residualsymptomatik -> vor 1. Phase länger dauernde dysthyme Störung * Unterschiede in Phasenintervallen: -> bipolar: relativ kurze Phasenintervalle (4 Phasen / Jahr oder mehr) -> manche Phasen = stabiler, manche Phasen länger (intraindividuelle Unterschiede!) 28 7. URSACHEN DER DEPRESSION: a) psychoanalytische Theorien: 1) ABRAHAM: mit Depression gehen oft orale Fixierungen einher oder Verzicht auf Nahrungsaufnahme (= Schutz vor dem Wunsch, andere Menschen zu verschlingen / zu zerstören) => Zusammenhang zwischen Depression und aggressiven Impulsen 2) FREUD: Selbstanklage und Herabsetzung Depressiver = Wendung der aggressiven Wünsche gegen die eigene Person (z.B. im Rahmen einer Trauerreaktion nach Verlust eines geliebten Menschen -> die in den anderen investierte libidöse Energie wird auf eigene Person rückgeführt, wenn Gefühle dem anderen gegenüber ambivalent waren) 3) RADO: übermäßiges Bedürfnis Depressiver nach narzißtischer Gratifikation (Selbstwertgefühl des Depressiven = stark abhängig von Liebe und Anerkennung anderer; Verlust der Zuneigung -> Feindseligkeit und Verbitterung; kann Zuneigung nicht wiedergewonnen werden -> Depression) 3) Melanie KLEIN: Grundlage für Depression = Mutter-Kind-Beziehung -> hat Kind das Gefühl, nicht sicher, gut und geliebt zu sein -> kann Ambivalenz in Beziehung zu anderen nicht überwinden -> keine sichere Selbstachtung, wenn Mutter abwesend 4) Ich-Psychologie HARTMANNs: Depression = Folge des Versagens bei Ausbildung einer sicheren Ich-Identität -> je realistischer das Ideal-Ich und je mehr von selbstkritischen Ich-Funktionen unterstützt, umso weniger verletzlich ist das Selbstbild. Depressiver hat mangelnd ausgeprägte Abgrenzung von anderen Menschen, kein optimales Selbstvertrauen, keine Fähigkeit zu befriedigenden Objektbeziehungen. 5) Unterscheidung von 2 Entwicklungslinien, die zu 2 verschiedenen Depressionsformen führen: * mangelndes Urteilsvermögen (Person = abhängig von Urteil und Zustimmung anderer) * zu hohe Bewertungsstandards internalisiert (Betroffener kann eigenen Ansprüchen nicht genügen, bewertet sich selbst zu kritisch) 29 b) kognitive Theorien und verhaltenstheoretische Ansätze: 1) Verstärkungstheorie: -> depressive Antriebslosigkeit = Folge der Löschung von adaptiven Verhaltensweisen durch Mangel an Verstärkung (FERSTER) -> Verschiebung des Gleichgewichts positiver und negativer Konsequenzen in negative Richtung löst depressives Verhalten aus (LEWINSON); Grund: * geringe Verstärkermenge * Patient empfindet Verstärkung als gering * Patient verfügt nicht über Verhaltensweisen, auf die er von anderen positive Verstärkung erhalten würde => Depressive -> wenig Beteiligung am sozialen Leben, großes Unbehagen bei sozialen Aktivitäten -> verhalten sich dementsprechend; Folge: negative Einschätzung durch andere * wichtiger Vorläufer für Depression = Defizit an sozialen Fertigkeiten! * Depressiver = sensibler für aversive Reize, va. für negative soziale Rückmeldung => Depressive Verhaltensweisen ins Verhaltens-Repertoire aufgenommen -> Aufrechterhaltung durch Verstärkung * andere vermeiden den Kontakt * feindselige Reaktionen auf anklammerndes Verhalten des Depressiven 2) Theorie der gelernten Hilflosigkeit: * Ausgangspunkt = Tierversuche von SELIGMAN Tiere erhalten Stromstöße, die sie nicht vermeiden können; konnten später, als sie Gelegenheit zur Vermeidung hatten, nicht mehr lernen, wie das geht; generelle Abnahme der Aktivität und der Futteraufnahme * Gelernte Hilflosigkeit führt zu motivationaler, kognitiver und emotionaler Beeinträchtigung (erst Angst, dann Depression) Hauptmerkmale: -> Passivität -> verzögertes Lernen -> Reduktion von aggressivem und kompetitivem Verhalten -> Verminderung der Nahrungsaufnahme -> Gewichtsverlust * Gelernte Hilflosigkeit entsteht nicht automatisch, sondern als Folge von bestimmtem Attributionsstil: -> Ursache von Versagen = interne, stabile Faktoren; generelle, globale Merkmale -> Ursache von Erfolg = externe, stabile Faktoren; auf Teilbereiche beschränkt (= spezifische Merkmale) 30 => Attributionsstil = Risikofaktor, aber keine hinreichende oder notwendige Voraussetzung für Depression -> trifft nur für Teil der Patienten zu, außerdem muß hier noch kognitive Einstellung der Hoffnungslosigkeit dazukommen (= Hoffnungslosigkeitsmodell der Depression von ABRAMSON, MALLOY & METALSKY) => bei vielen Depressiven = negativer Attributionsstil Folge der Depression; bildet sich später wieder zurück (va. bei endogener Depression) 3) Selbstkontroll-Theorie (REHM & TYBDALL): * Depressive achten selektiv auf negative Ereignisse, betonen unmittelbare Folgen gegenüber ev. längerfristigen positiven Folgen * Depressive haben strengere Kriterien für Erfolge, niedrigere Kriterien für Mißerfolge * Depressive haben Tendenz, Erfolge auf äußere und Mißerfolge auf innere Faktoren zurückzuführen * Depressive zeigen weniger Selbstachtung, viel Selbstbestrafung 4) BECKs kognitive Theorie: * Depressive aktivieren negative Verarbeitungsschemata: Erlebnisse werden so interpretiert, daß sich Depressiver als depriviert, unfähig, ständiger Verlierer fühlt * Folge der Fehlinterpretation = kognitive Triade = negative Sicht -> von sich selbst -> der Welt -> der Zukunft * besonders wichtiges auslösendes Schema = Verlust * übergeordnete kognitive Schemata filtern Informationen -> Verzerrung der Erfahrungsbildung * bestimmte logische Fehler, die unwillkürlich und automatisch depressives Denken bestimmen, sind: -> arbiträre Inferenz (an kritischer Äußerung wird nur die Absicht gesehen, einen herabzusetzen) -> selektive Abstraktion (nur ein Merkmal wird beachtete, nicht der Kontext) -> Übergeneralisation -> Übersteigerung / Verkleinerung von Bedeutung einer Information -> Personalisierung (alles wird persönlich genommen) -> absolutistisches Denken (Schwarz-Weiß-Malerei) 31 * verzerrte kognitive Schemata = Tiefenstruktur depressiver Erfahrungsbildung; werden immer nur bestätigt, aber nicht korrigiert (-> Neigung zu fehlerhaftem Denken!) -> situationsübergreifend, d.h. in bestimmten Situationen immer wieder dieselben negativen Gedanken (z.B. „Das schaff ich nie!“) KRITIK: * gesichert: -> Depressive neigen zu abwertenden Gedanken über sich selbst, beruhen auf übergroßer Bedeutung, die der Anerkennung durch andere beigemessen wird -> Gedächtnisverzerrungen: negative Erinnerungen werden bei Depressiven rascher aktiviert als positive -> verzerrte Beurteilung sozialer Informationen durch Depressive * weniger sicher: -> selektive Aufmerksamkeit für negative, stimmungskongruentes Material * unklar: Sind Verzerrungen Ursache, Begleiterscheinung oder Folge der Depression? -> kognitive Verzerrungen: > führen nicht zum Auftreten einer Depression > sind für Aufrechterhaltung verantwortlich (ähnlich einem negativem Kreislauf) > sind für Rückfall verantwortlich c) psychosoziale Theorien: 1) ungünstige, frühe Erfahrungen von Unsicherheit und Mangel an Liebe durch Eltern: * Trennungserfahrung in früher Kindheit -> spätere Depression (va. Verlust der Mutter) * Herkunft aus sozial schwacher Familie: -> mangelnde Sorge der Eltern für Kind führt zu selbstunsicherer Persönlichkeit des Kindes -> wenig Möglichkeiten zur Entwicklung von Kompetenz (keine ordentliche Schulbildung, Berufsausbildung) und von sozialer Sicherheit (va. Frauen gehen frühzeitig Bindungen ein, werden schwanger = zusätzliche Belastung!) * emotionale Wechselbäder von Annahme und Zurückweisung: -> Mutter gibt Kind wenig Liebe und Zuneigung -> geht es dem Kind aber schlecht: Mutter überschüttet es aufgrund von Schuldgefühlen mit Zuneigung * Vernachlässigung von Kind aufgrund: -> offener Ablehnung (z.B. ungewolltes Kind) -> Überlastung der Mutter (eigene Sorgen der Mutter) -> Bevorzugung anderer Geschwister durch Mutter 32 2) aktuelle Belastungen: * Frauen zwischen 25 - 35 mit Kleinkind = Risikogruppe * isolierte Frauen (nur zu Hause, keine Unterstützung bei Kinderbetreuung) * bestimmte Life-Events: -> Verlust einer geliebten Person -> Aufgabe einer lang gehegten Vorstellung -> Erleben einer Demütigung -> Erleben einer ausweglosen Situation * je mehr solche Ereignisse gleichzeitig, umso eher Depression! (aber nicht, wenn ausreichende Hilfe durch soziales Netzwerk!) d) Persönlichkeitseigenschaften als Risiko: 1) TELLENBACH „Typus melancholicus“: Depressive sind: * außergewöhnlich ordnungsliebend (auf allen Gebieten -> Umwelt fühlt sich dadurch eingeengt) * hoher Leistungsanspruch, ruhig, arbeitsam, sehr genau -> hoher Zeitaufwand bei Arbeit; hohes Pflichtbewußtsein * anderen gegenüber meist sehr freundlich, mitfühlend, warmherzig; ABER: gelegentlich scheinbar unverständliche, aggressive Ausbrüche * am liebsten in kleinem Kreis von vertrauten, lieben, verläßlichen Menschen; Konflikte werden vermieden oder rasch ausgeglichen -> ABER: erwarten von Umgebung ähnliche Ordentlichkeit und Pflichtbewußtsein -> „sanfte Tyrannen“! -> Vorgesetzten gegenüber immer bereitwillig unterordnend und absolut loyal => Charakterzüge bilden sich in Pubertät aus, sind das ganze Leben vorhanden (mal schwächer, mal stärker) * Beginn der Depression: vermehrtes Bemühen um Ordnung * zunehmende Schwere der Depression: gehen verloren, kommen aber wieder => Charakterzüge = Risikofaktor für Depression, wenn Lebensumstände Aufrechterhaltung der Ordnung verhindern! 2) englischer Sprachraum: auch hier bestimmte Charakterzüge in Zusammenhang mit Depression gebracht (interpersonelle Abhängigkeit): * starkes Bedürfnis nach Zustimmung * starkes Bedürfnis nach emotionaler Unterstützung * erhöhte Angst vor Trennung und Zurückweisung 33 => im Nachhinein bestätigt, aber keine Zusammenhänge bei Prognosen festgestellt! e) biologische Theorien: => Depression hängt zusammen mit Veränderungen im Zusammenspiel der Neurotransmitter im ZNS (Störung des Gleichgewichts!): * Katecholamin - (Noradrenalin) - Hypothese * Hypothese einer Gleichgewichtsstörung im cholinergen - adrenergen System * Serotonin - Hypothese => Depression hängt zusammen mit Veränderungen in neuroendokrinologischen Regulationssystemen: * Störung des Rückmeldekreises Hypothalamus - Hypophyse - Nebennierenrinde * Störung des Rückmeldekreises Hypothalamus - Hypophyse - Schilddrüse -> noch keine eindeutigen Belege! => Depression hängt zusammen mit Störung von biologischen Rhythmen: * bei manchen Patienten auffällige Abhängigkeit der Stimmungslage von der Tageszeit * bei manchen Patienten schwere Störung des Schlafrhythmus (z.B. Vorverlegung und Verlängerung der 1. REM-Phase im Schlaf-EEG) * bei manchen Patienten Abhängigkeit von Jahreszeit (Depression va. im Winter -> wenig Licht!) => genetisch bedingte Vulnerabilität: * Häufung bestimmter depressiver Störungen in Familien: -> bipolare Störung: Risiko für Verwandte 1. Grades = 8% -> unipolare Störung: Risiko für Verwandte 1. Grades = 15% -> sind Eltern depressiv: > bei einem Elternteil: Risiko für Kind = 21% > bei beiden Elternteilen: Risiko für Kind = 74% * Entwicklung von Kind mit depressiven Eltern: schon im Kleinkind- und Schulalter Vorläufer der Depression -> unsichere Bindung an Mutter -> Schwierigkeiten in Affektregulation Auch von großer Bedeutung = Erziehungsverhalten der Eltern (durch Depression beeinträchtigt!); Belastung der gesamten Familie durch die Depression * Zwillingsstudien: höhere Konkordanz für affektive Störungen bei EE als bei ZE (63% : 14%) * Adoptionsstudien: Auswirkungen der Depression in Herkunftsfamilie = größer als die in Adoptivfamilie -> genetische Faktoren! * „Linkage“-Untersuchungen (d.h. ist bestimmtes Gen für die Depression verantwortlich) brachten kaum replizierbare Ergebnisse! 34 8. THERAPIE DER DEPRESSION: a) psychoanalytische Therapie: * Ziel = Veränderung der Persönlichkeitsstruktur, nicht Besserung einzelner Symptome * Techniken = Übertragung, Analyse des Widerstandes (läßt nur Wahrnehmung bestimmter Inhalte im Bewußtsein zu) * typische Probleme bei Depression: -> Patient hat starke Erwartungen an Fürsorge des Therapeuten -> Patient hat starke Tendenz, den Therapeuten zu idealisieren b) Verhaltenstherapie: * Ernstnehmen der Beschwerden des Patienten; ABER: seine Definition der Probleme wird nicht fraglos akzeptiert (Depressive neigen dazu, ALLE Probleme auf die Verstimmung zurückzuführen oder Umgebung / körperliche Faktoren für die Depression verantwortlich zu machen) * Neudefinition der Probleme -> führt Patienten aus der Passivität heraus * Ableitung von konkreten, erreichbaren kleinen Schritten, die anzustreben sind 1) Aktivierung: * 1. Ziel = Patienten dazu bewegen, Aktivitäten zu setzen und Tagesablauf so zu verändern, daß wieder positive Erfahrungen möglich werden * konkrete Vereinbarungen -> Patient soll sich für deren Einhaltung belohnen (dabei auch gleich Bearbeitung der zu hohen Standards und der überkritischen Bewertung eigenen Verhaltens * Patient lernt Tag so zu gestalten, daß positive Ereignisse häufiger werden; lernt, sich nicht in negative Erfahrungen verstricken zu lassen, dafür: -> Entspannungsmethoden -> Kontrolle der eigenen Gedanken (nicht auf unangenehme Erfahrung warten; bei unangenehmer Erfahrung sich nicht in negative Sichtweise hineinsteigern) 2) Training sozialer Kompetenzen: * bei vielen Patienten Defizit in sozialen Kompetenzen * es gibt standardisierte Trainingsprogramme * ABER: besser = feststellen, was Patienten genau fehlt -> Intervention darauf abstimmen * Erklärung der angestrebten Fertigkeit; Training im Rollenspiel; Therapeut als Modell; Üben der Fertigkeiten im Alltag -> soziale Verstärkung angemessenen Verhaltens -> Ermutigung (coaching) -> strukturierte, immer schwierigere Hausübungen 35 3) Assertiveness-Training: * unsicheres Verhalten hindert Patienten daran, auf andere zuzugehen, sie zu loben, ihnen etwas Positives zu sagen (= positive assertiveness) * unsicheres Verhalten hindert Patienten daran, auf andere zuzugehen, sie um etwas zu bitten, Forderungen stellen, Ansinnen anderer ablehnen, wenn diese belastend oder unangenehm sind (= negative assertiveness) 4) Entscheidungen treffen: * Depressiver kann keine Entscheidungen treffen, sich nicht auf bestimmtes Ziel in seinem Leben festlegen * Patient erhält Richtlinien und Vorgehensweisen, wie er Entscheidungen treffen soll; soll Konsequenzen dieser Entscheidungen selbst erkunden! 5) Probleme lösen: * genaue Definition des Problems * Brainstorming für mögliche Lösungen * Auflisten von Vor- und Nachteilen * Auswahl der geeignetsten Lösung * Durchführung * Evaluation des Ergebnisses c) kognitive Therapien: * Patient lernt, daß Inhalte und Logik seines Denkens zu emotionaler Belastung führen -> bekommt Strategien vermittelt, diese kognitiven Muster zu identifizieren und sich vor ihnen zu schützen -> keine rigide Unterweisung, sondern dem Patienten eigenes Erfahren und Entdecken ermöglichen! * Therapieansatz von BECK: 1) Identifizierung von automatischen Gedanken und dysfunktionalen Denkmustern: * Patient stellt sich typische Situation vor und berichtet, was ihn dabei traurig macht * geht das nicht -> Rollenspiel * bei Stimmungsänderung in Therapie soll Patient sagen, was er sich jetzt denkt * kann Patient dysfunktionale Gedanken erkennen -> Tagebuch führen (Situation und Gedanken dazu aufschreiben!) 36 2) gemeinsame Analyse der automatischen Gedanken: * inwieweit werden sie der Realität gerecht * welche logischen Fehler kommen vor (Liste von Beck dazu!) * Patient lernt Zusammenhang zwischen automatischen Gedanken und negativen Gefühlen erkennen; lernt ihn bewußt zu unterbrechen (rationaleres Reagieren auf bestimmte Situationen, Ersetzen der dysfunktionalen Gedanken durch angemessenere Reaktionen) 3) Annahmen, die den automatischen Gedanken zugrunde liegen, bearbeiten: * drehen sich meist um bestimmte Themen * haben inneren Bezug zueinander * Themen stammen aus früher Phase der Sozialisation (ähnlich einer Lebensmaxime) * Bewußtmachen der Themen -> Neubewertung! d) Interaktionstherapie und Familientherapie: * Depressionen haben Ursprung oft in zwischenmenschlichen Beziehungen, daher Therapieformen, die sich auf Interaktionsprobleme konzentrieren 1) Interpersonale Psychotherapie (IPT): -> 4 typische Problemsituationen bei Depression: * unaufgearbeitete Trauerreaktionen * Rollenauseinandersetzungen * Rollenübergänge * Kontaktmangel -> Konzentration auf aktuelle Lebensumstände (z.B. Probleme in Familie, in Arbeit, mit Freunden, Kontaktarmut) -> Belastung soll reduziert werden durch: * Änderung der Umgebungsbedingungen * Änderung unangemessener Reaktionen 2) Familientherapie: -> längerfristig -> weiterreichende Ziele -> ähnlicher Ansatz wie bei IPT: * Veränderungen des aktuellen sozialen Kontexts * keine Auseinandersetzung mit innerer Persönlichkeitsdynamik 37 c) somatische Therapieverfahren: 1) Trizyklische Antidepressiva: -> für Patienten mit akuter, unipolarer, mindestens mittelschwerer Depression (65-90% der Patienten sprechen darauf an) -> bei sehr schweren Depressionen: * Heilkrampftherapie * trizyklische Antidepressiva PLUS Neuroleptika -> bei chronischen Depressionen: trizyklische Antidepressiva weniger wirksam => antidepressive Wirkung meist erst nach 2 - 3 Wochen; wenn keine Wirkung -> nach 6 Wochen absetzen! => medikamentöse Behandlung bei Major Depression über Besserung hinaus fortsetzen (sonst Rückfall!); bis zu 3 Jahren * Arten: -> Imipramin: mehr aktivierend -> Desimipramin: mehr aktivierend -> Amitryptilin: mehr sedierend => ist aber nicht gesichert! * wirken sich primär auf Noradrenalin-Haushalt aus (direkt oder über Metaboliten) * Nebenwirkungen: -> über das ZNS: > Sedation, Müdigkeit, Verwirrtheit, Zittern > bei längerer Behandlung Gewöhnung > bei bipolaren Patienten Exzerbation manischer und psychotischer Symptome -> über das ANS: > antiadrenerge und anticholinerge Wirkungen # orthostatische Hypotension (kann bedrohlich werden!) # verschwommenes Sehen, Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwierigkeiten beim Urinieren # Verlängerung der Reizleitung im Herz (-> Überdosis = Lebensgefahr!) 2) MAOI (= Monoamineoxidase-Hemmer): * für Patienten, die auf trizyklische Antidepressiva nicht ansprechen 38 * für Patienten mit schweren Depressionen, ängstlich-depressiver Verstimmung, chronischer Dysphorie * große Zurückhaltung beim Verschreiben, da Tyramin-haltige Nahrungsmittel nicht gegessen werden dürfen (z.B. kein Käse, Salami, Leber, Hefegetränke, Rotwein) und auch z.B. keine Antiallergika eingenommen werden dürfen! * Nebenwirkungen: > Müdigkeit, erhöhte Nervosität, Schlaflosigkeit > Exazerbation von manischen Symptomen > orthostatische Hypotension, Mundtrockenheit, usw. 3) Antidepressiva der 2. Generation: * in 70er Jahren entwickelt, z.B. Maprotilin, Trazedone; haben andere chemische Struktur als die trizyklischen Antidepressiva * beeinflussen Neurotransmitter Serotonin, Dopamin * Nebenwirkungen: > geringer > bei Überdosierung weniger gefährlich * viele Patienten, die auf trizyklische Antidepressiva nicht ansprechen, sprechen darauf an 4) Lithium: * für Manie und Rückfallprophylaxe bei bipolaren Störungen (auch für andere?) * bei Rückfallprophylaxe: 0,5 - 0,8 mEq/l im Blut erforderlich (hier geringere Nebenwirkungen!) * Nebenwirkungen: > Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Zittern, > Koordinationsstörungen > Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme > Durst > Polyurie 5) Lichttherapie: * va. bei SAD (= Herbst / Winter - Depression) * täglich mehrstündige Bestrahlung mit starkem Licht 39 6) Heilkrampfbehandlung: * EKT (elektrische Konvulsionstherapie); dabei 0,1 - 0,5 Sekunden Stromstoß ins Gehirn -> löst Krampfanfall aus (Vollnarkose!) * sehr effektiv bei schweren Depressionen (80% Verbesserung) * 4 - 8 Behandlungen im Abstand von 1 - 2 Tagen * raschere Wirkung als medikamentöse Therapie * Nebenwirkungen: -> akute Verwirrtheit -> anterograde Amnesie (bei bilateralem Heilkrampf stärker) * meist nur verwendet, wenn medikamentöse Therapie wirkungslos (50% der Patienten sprechen darauf an) * positives Ansprechen = wahrscheinlicher -> bei psychotischen Symptomen -> wenn bereits einmal mit dieser Methode behandelt wurde