Vergleichende Untersuchungen über die Protein

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Vergleichende Untersuchungen über die Protein- und Nucleinsäuresynthese in Tümorzellen, Embryonen und Retina bei Aerobiose
und Anaerobiose
V o n
HEINZ TIEDEMANN
Aus dem Heiligenberg-Institut, Abt.
u n d
JOCHEN
O.^MANGOLD,
BORN
Heiligenberg (Bodensee)
( Z . Naturforschg. 15 b , 3 8 0 — 3 9 4 [ 1 9 6 0 ] ; e i n g e g a n g e n am 9 . März 1960)
The rate of incorporation of 1 4 C0 2 and 4-14C-Aspartic acid in low molecular intermediates, proteins and nucleic acids of ascites tumor cells, Xenopus and chicken embryos and the retina of adult
rats was investigated under different conditions.
By Ehrlich Ascites tumor cells amino acids are incorporated in the protein fraction aerobically and
anaerobically with about the same speed. In embryos the protein synthesis is greatly diminished
anaerobically.
To compare the efficiency of energy produced by respiration and by glycolysis for incorporation of
amino acids in proteins an efficiency coefficient was calculated. For tumor cells this coefficient is
anaerobically greater than aerobically, for chicken embryos aerobically greater than anaerobically.
The incorporation of 14 C0 2 in nucleic acids of embryos is more inhibited than the incorporation in
the protein fraction. Also the nucleic acid synthesis of tumor cells is inhibited anaerobically.
In retina the rate of synthesis of proteins and nucleic acids is much lower compared with embryos
and tumor cells aerobically and anaerobically.
Glucose being absent only small amounts of 14 C0 2 were incorporated in the low molecular intermediates, the nucleic acid fraction and protein fraction of tumor cells. Tumor cells respiring only
have a smaller efficiency coefficient, than cells respiring and glycolysing.
Unter aeroben Bedingungen gewinnen höhere
Organismen die für ihren Stoffwechsel benötigte
Energie durch Atmung. Anaerob steht einer Reihe
von Zellen und Geweben — hierzu gehören Embryonen, Tumorzellen und Netzhaut — als Energie liefernde Reaktion die Glykolyse zur Verfügung.
Tumorzellen und Netzhaut glykolysieren außerdem
auch unter aeroben Bedingungen ( 0 . W A R B U R G ) ' .
Atmung und Glykolyse sind für den Zellstoffwechsel nicht gleichwertig. Eingehende Untersuchungen an
Hühnerembryonen und Molchembryonen ergaben,
daß Sauerstoffmangel oder Hemmung der Atmung
mit Blausäure die Entwicklung von Embryonen verzögert und zu Mißbildungen f ü h r t 3 - 8 . Bei totaler
Anaerobiose kommt die Entwicklung vollständig zum
Stillstand. Wie die Entwicklungsstörungen unter 0 2 Mangelbedingungen zeigen, vermag also die Glykolyse der Embryonen die Atmung nicht zu ersetzen.
Atmung und Glykolyse dienen dem Aufbau
1
1
O . W A R B U R G , K . POSENER
309
2
3
4
5
8
u.
E . NEGELEIN,
Biochem. Z.
2
energiereicher Nucleosidtriphosphate (Adenosintriphosphat = ATP und verwandte Verbindungen).
Untersuchungen an Gastrula- und Neurulastadien
des Molches zeigten, daß die Konzentration an
energiereichen Nucleosidtriphosphaten unter anaeroben Bedingungen nicht aufrecht erhalten werden
kann. Nach Behandlung mit 1 • 10 - 3 -m. Blausäure
(Atmung zu 90% gehemmt) nehmen die Nucleosidtriphosphate in den Keimen ab, während die Nucleosiddiphosphate und das anorganische Phosphat ansteigen 8 ' 9
Dagegen ändert sich in Ascites-Tumorzellen die ATP-Konzentration beim Übergang von
aeroben zu anaeroben Bedingungen nicht, weil den
Tumorzellen anaerob als Energiequelle eine große
Glykolyse zur Verfügung steht.
Da für die Protein- und für die Nucleinsäuresynthese Nucleosidtriphosphate benötigt werden,
war zu vermuten, daß diese Synthesen bei Geweben
mit verschieden großer Glykolyse auch in verschiede7
152,
0 . W A R B U R G , Uber den Stoffwechsel der Tumoren. SpringerVerlag, Berlin 1926.
F . BÜCHNER, Klin. Wschr. 2 6 , 3 8 [ 1 9 4 8 ] ,
F . BÜCHNER, Münchener med. Wschr. 97, 1673 [1955].
F . BÜCHNER, J . M A U R A T H U. H . R E H N , Klin. Wschr. 137, 24
[1946].
F . BÜCHNER, H . RÜBSAAMEN U. G. SCHELLONG, Naturwissenschaften 40,628 [1953].
U. H. WAECHTER, Naturwissenschaften 40, 3 2 8 ,
O . MANGOLD
595
[1924].
8
H.
[1953].
TIEDEMANN
[ 1 9 5 4 ] ; b)
U. H. TIEDEMANN, Z . Naturforschg. a) 9 b, 3 7 1
I I B , 666
[1956],
H. TIEDEMANN, a) Z . Naturforschg. 9 b, 8 0 1 [ 1 9 5 4 ] ; b)
Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 23, 385 [1957].
* Weitere Versuche, bei welchen ATP, Adenosindiphosphat
(ADP) und Adenosinmonophosphat (AMP) im optischen
Test bestimmt wurden, zeigten, daß ATP nach 4-stdg. Anaerobiose um ca. 20% abnimmt, während ADP und AMP
um über 50% ansteigen.
9
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in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
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nem Grade durch Anaerobiose gehemmt werden. In
der vorliegenden Arbeit wurde deshalb untersucht,
welche Bedeutung der Atmung für die Nucleinsäuresynthese und die Proteinsynthese in Tumorzellen,
Krallenfroschkeimen und Hühnerembryonen zukommt, und welchen Beitrag unter anaeroben Bedingungen die Glykolyse zu leisten vermag. Außerdem wurde in diese Untersuchungen die Netzhaut
erwachsener Ratten einbezogen, da sie nach den
Befunden von W A R B U R G eine ähnlich große (aerobe
und anaerobe) Glykolyse wie Tumorzellen besitzt 2 .
Die Syntheserate wurde durch den Einbau von markiertem C02 gemessen. 14C02 hat für Markierungsversuche den Vorteil, daß es weitgehend unabhängig von
Permeabilitäts-Schranken und den jeweiligen Versuchsbedingungen in die Zellen einzudringen vermag. Es
kann im Gegensatz zu Aminosäuren und Nucleotiden auch
ungehindert die Hüllen von Molch- und Froschkeimen
durchdringen. — Bei Versuchen mit Ascites-Tumorzellen wurde außerdem der Einbau von 4-14C-Asparaginsäure in die Proteinfraktion gemessen.
Das radioaktive C02 wird zunächst in niedermolekulare Stoffwechsel-Zwischenprodukte aufgenommen. Hierfür sind eine ganze Reihe von Reaktionen bekannt. Bei
der W o o d - W e r k m a n n Reaktion (I) und der von
U t t e r entdeckten Reaktion (II) reagiert C0 2 mit
Brenztraubensäure (I) bzw. Phosphoenolbrenztraubensäure (II) 10a~c- n . Es entsteht Oxalessigsäure, welche
als „Starter" für den Citronensäurezyklus immer wieder neu gebildet werden muß, wenn für Synthesen aus
dem Zyklus Zwischenprodukte entnommen werden.
C O O H
|
C = 0
|
+
C H
X
2
I
I
XCO,
Brenztraubensäure + C0Z ^ Oxalessigsäure
X C O O H
C O O H
I
C-O-PO3H,
IDP
C H ,
I T P
C = 0
I
+
CH
2
I
xCOOH
xCO,
Milchsäure
II
Die Bildung von Oxalessigsäure hängt also von der
Brenztraubensäure- und PhosphoenolbrenztraubensäureKonzentration ab. Beide Säuren werden glykolytisch auf
10
a)
S . OCHOA
[1951];
11
b)
u.
S . KAUFMANN,
S . OCHOA,
J.
biol. Chemistry 192,
J . R . STERN
U.
313
M . C . SCHNEIDER,
biol. Chemistry 193, 6 9 1 [ 1 9 5 1 ] ; c) S . O C H O A
S T E R N , Annu. Rev. Biochem. 21, 5 8 1
[1952].
M . F . U T T E R U . K . K U R A H A S H I , J . biol. Chemistry
*co.
Purine
COOH
I
C O O H
Pentosephosphat-Weg
\V
I
|
C H ,
3
Embden-Meyerhof- Weg
C = 0
H C O H
T P N +
CH
I
|
7 = 1
Glucose
C O O H
C O O H
T P N H
dem E m b d e n - M e y e r h o f - Weg, bei vielen Geweben dem Hauptweg des Glucoseabbaues, gebildet (s.
Abb. 1). Reaktion I benötigt außerdem reduziertes Triphosphopyridinnucleotid (TPNH). Da TPNH aerob vor
allem beim oxydativen Abbau von Glucose über den
Pentosephosphatweg gebildet wird, kann eine Verringerung der C02-Fixierung unter anaeroben Bedingungen z. T. auf mangelnde TPNH-Bildung zurückgeführt
werden.
Oxalessigsäure kann entweder als Vorstufe für die
Asparaginsäure-Synthese verwendet oder im Citronensäurezyklus in a-Ketoglutarsäure, eine Vorstufe der
Glutaminsäure, umgewandelt werden. Dementsprechend
findet man in Asparaginsäure und Glutaminsäure die
höchste Aktivität. In geringerem Maße kann 14C02 auch
in andere Aminosäuren (Serin, Glykokoll, Leucin, Arginin) aufgenommen werden 12a~d. In den Citronensäurezyklus kann 14C02 noch durch Carboxylierung von
a-Ketoglutarsäure zu Oxalbernsteinsäure eintreten. Das
Gleichgewicht liegt aber ganz auf der Seite der a-Ketoglutarsäure. Ein nennenswerter C02-Einbau erfolgt deshalb nur, wenn die Oxalbernsteinsäure durch Hydrierung mit TPNH oder DPNH unter Bildung von Isocitronensäure aus dem Gleichgewicht fortgeschafft wird.
In den Pyrimidinring der Pyrimidinnucleotide wird
14C02
über Carbamylphosphat und Carbaminobernsteinsäure eingebaut. 14C02 erscheint dementsprechend
vor allem im C-Atom 2 des Pyrimidinringes. Diese Reaktionsfolge wurde von C O H E N auch in Froschkeimen nachgewiesen l3 . Die Bildung von Carbamylphosphat dient
der Aktivierung von C0 2 . Ein anderes „aktiviertes"
C0 2 ist das Adenylcarbonat, welches wahrscheinlich bei
der Bildung verzweigter Carbonsäuren eine Rolle
U.
207,
J.
C02+HZ0
Pyrimidine
^Asparaginsäure^
/
*
!
\ \ v/
Glutaminsäure
Nucleotide
1
1
1
Protein'
Nucleinsäure
Abb. 1. Stark vereinfachtes Schema der Verknüpfung von
Glucoseabbau, Fixierung von *C0 2 und Energie (ATP)-Gewinnung. 1. Durch Glykolyse in Cytoplasma gebildetes ATP.
2. Durch oxydative Phosphorylierung in den Mitochondrien
gebildetes ATP.
12
J.
R.
821
[1954],
13
a) P . C. Z A M E C N I K U . J . D . F R A N K , Cold Spring Harbor Sympos. quantitat. Biol. 1 4 , 203 [1950]; b) R . W. S W I C K U .
D . T . H A N D A , J . biol. Chemistry 2 1 8 , 577 [1956]; c) A . L .
B L A C K U . M . K L E I B E R , J . biol. Chemistry 2 1 0 , 895 [1954];
d) R . E . K O E P P B U . R . J . H I L L , J . biol. Chemistry 2 1 6 , 813
[1955].
S T . C O H E N , J . biol. Chemistry 211, 337 [1954].
spielt. - In den Purinbasen der Purinnucleotide leitet
sich das C-Atom 6 vom C0 2 ab, C8 und C2 aus Q-Verbindungen. Als Co-Ferment für den Einbau der Ci-Verbindungen wird Tetrahydrofolsäure benötigt, deren Bildung wieder vom TPNH abhängt14.
Der kurze Überblick zeigt, welche wichtige Funktion der C0 2 -Fixierung im Stoffwechsel zukommt.
Es werden zunächst markierte Nucleotide und
Aminosäuren gebildet, die dann in Nucleinsäuren
und Proteine eingebaut werden. —
Die Protein- und Nucleinsäuresynthese von Krallenfroschkeimen konnte unter physiologischen Bedingungen untersucht werden. Die Keime blieben in
ihren Hüllen und konnten sich weiterentwickeln.
Unter diesen Bedingungen findet also eine wirkliche
Neusynthese von Proteinen und Nucleinsäuren
statt. Dies gilt vielleicht auch für Asciteszellen in
Ascites-Serum. Bei den Versuchen in R i n g e r Lösung handelt es sich aber wahrscheinlich nicht um
eine Neusynthese von Proteinen, sondern um einen
Austausch von Aminosäuren im Rahmen des Proteinstoffwechsels 15 . Für unsere Fragestellung ist
dabei wesentlich, daß beide Vorgänge in ähnlicher
Weise Energie benötigen 1 5 ' 1 6 . — In Abb. 1 ist das
Zusammenwirken der verschiedenen Reaktionen
beim Einbau von 1 4 C0 2 noch einmal schematisch
dargestellt.
Versuch
Nr.1
Medium
Ergebnisse
in
I. E i n b a u v o n 1 4 C0 2
Ehrlich-Ascites-Carcinomzellen
In der ersten Versuchsreihe wurden Zellen des
Ehrlich-Ascites-Tumors der Maus unter aeroben und
anaeroben Bedingungen mit 1 4 C 0 2 in bicarbonathaltiger Lösung inkubiert (s. Methoden). Nach dem
Freisetzen des markierten C 0 2 , welches sich mit dem
vorhandenen C 0 2 und H C O 3 0 schnell ins Gleichgewicht setzt, wurden nach verschieden langer Versuchsdauer aus den Zellen die in kalter Trichloressigsäure lösliche Fraktion ( L F ) , die Proteinfraktion und die Nucleinsäurefraktion gewonnen und
deren Aktivität bestimmt.
1.
Aktivität
Fraktion
Fraktion.
LF
2.
Aktivität
der
freien
Aminosäuren.
Beim
Ver-
gleich der Proteinaktivität unter verschiedenen Ver-
Aktivität d.
Aktivität d.
Proteinlöslichen
Vers.fraktion
dauer Fraktion (L.F.)
[Min.] [Imp./10 Min.] [Imp./10 Min.]
aerob anaerob
der löslichen
enthält aktive Nucleotide und Aminosäuren als Vorstufen der Nucleinsäure- und Proteinsynthese. Wie
aus Tab. 1 hervorgeht, ist die Aktivität dieser Fraktion nach 4 0 — 1 2 0 Min. dauernder Inkubation etwa
gleich groß. Die Fraktion steht also schon nach kurzer Zeit im Gleichgewicht mit 1 4 C 0 2 . Anaerob ist
die Gesamtaktivität der löslichen Fraktion gegenüber
dem aeroben Wert um etwa
erniedrigt.
aerob anaerob
relative
Aktivität
[SSr-H
aerob anaerob
Wirkungskoeffizient
Aktivität d.
Nucleinsäurefraktion 2
[Imp./10 Min.]
aerob anaerob
aerob anaerob
RiNGER-Glucose
40
843
692
193
152
229
220
4,6
6,5
186
43
R I N G ER-Glucose
120
928
542
529
385
570
710
3,8
7,0
506
88
II
RiNGER-Glucose3
120
1200
810
712
601
594
742
3,9
7,3
543
222
III
RiNGER-Glucose
120
1135
691
770
693
678
1003
4,5
9,8
706
258
IV
RiNGER-Glucose
120
983
673
730
643
743
955
4,9
9,4
576
86
RiNGER-Glucose
120
—
955
661
—
—
—
667
130
V
AscitesserumGlucose3« 4
120
2640
877
960
604
-
-
-
1550
284
120
1061
680
685
581
583
163
L
Durchschnitt
Versuch I — I V
—
630
853
Tab. 1. Einbau von 1 4 C0 2 in Ascites-Carcinomzellen unter aeroben und anaeroben Bedingungen. Alle Aktivitätsangaben beziehen sich auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge der jeweiligen Fraktion. 1 Die verschiedenen Ansätze eines
Versuches wurden jeweils mit der gleichen Zellcharge ausgeführt. 2 Ribonucleinsäure und Desoxyribonucleinsäure wurden
nicht getrennt. 3 Mittelwerte aus 2 Versuchsansätzen. Die Differenz zwischen den einzelnen Werten betrug 4 — 12 Prozent.
4 Bei diesen Versuchen wurde die Aktivität der Aminosäuren in der lösl. Fraktion nicht bestimmt.
14
15
S. F U T T E R M A N , J . biol. Chemistry 2 2 8 , 1 0 3 1 [ 1 9 5 7 ] .
E. F. G A L E , The Harvey Lectures, Ser. L I, p. 25, Academic
Press, New York 1957.
16
B. H O A G L A N D (Zusammenfassg.)
chem. Wien (1958).
M.
IV.
Int. Congr. Bio-
suchsbedingungen muß berücksichtigt werden, daß
Aktivitätsunterschiede entweder durch Verringerung
oder Erhöhung der Einbaurate von 1 4 C0 2 in Aminosäuren (Veränderung der spezifischen Aiminosäureaktivität) oder aber durch eine veränderte Einbaurate der Aminosäuren in die Proteine bedingt sein
können. Deshalb wurde die jeweilige spezifische
Aktivität (Imp./Gewichtseinheit) der Aminosäuren
berücksichtigt.
Um den Anteil der Aminosäuren an der Gesamtaktivität der löslichen Fraktion zu bestimmen, wurde
diese bei einer Reihe von Versuchen mit Ninhydrin
decarboxyliert, das freigesetzte C0 2 in BaC0 3 übergeführt und dessen Aktivität gemessen. Dabei werden alle Aminosäure-Carboxylgruppen mit Ausnahme der /-Carboxylgruppe der Glutaminsäure
erfaßt 17 . Die Aktivität der Aiminosäure-Carboxylgruppen betrug bei einer Versuchsdauer von 40 bis
60 Min. 2 4 - 3 2 % der Gesamtaktivität und war
aerob und anaerob bei Versuchen mit gleichen Zellchargen jeweils der Gesamtaktivität der löslichen
Fraktion proportional, d. h. der anaerobe Wert betrug etwa 2 /s des aeroben Wertes. Nach längerer
Versuchsdauer (120 Min.) nahm der Anteil der
Aminosäureaktivität an der Gesamtaktivität ab (18
bis 24% der Gesamtaktivität von LF)*. Die Konzentration der freien Aminosäuren in der löslichen Fraktion wurde kolorimetrisch mit Ninhydrin bestimmt.
Sie war aerob und anaerob nur wenig verschieden
(Differenz < 10%). Somit ergibt sich, daß auch die
spez. Aktivität der Aminosäuren in glucosehaltigem
Medium aerob und anaerob der jeweils vorhandenen Gesamtaktivität der löslichen Fraktion etwa proportional ist.
3. Aktivität der Proteine. In der zweiten Spalte
von Tab. 1 ist die Aktivität der Proteinfraktion angegeben. Wie aus der Tabelle und aus Abb. 2 hervorgeht, steigt die Aktivität etwa proportional mit
der Versuchsdauer an **. Die Aktivität der Proteinfraktion ist anaerob etwas geringer als aerob (durchschnittlich um etwa 15%).
Die Aktivität der Proteine hängt aber von der
jeweiligen spezifischen Aktivität der zum Einbau
D. D. V A N S L Y K E U. Mitarb., J. biol. Chemistry 141, 671
[1941],
* Bei einem Teil der länger dauernden Versuche (120 Min.)
war die Aminosäureaktivität relativ zur Gesamtaktivität
der löslichen Fraktion anaerob etwas höher als aerob (s.
auch Anm. S. 385).
17
verwendeten Aminosäuren ab, welche, wie schon erwähnt, der Gesamtaktivität der löslichen Fraktion
etwa proportional ist. Um dies zu berücksichtigen,
wurde die Proteinaktivität auf die jeweilige Aktivität der löslichen Fraktion bezogen und mit 1000
multipliziert
/
Proteinaktivität-1000
\
\ Aktivität der löslichen Fraktion /
Diese Werte (Spalte III, Tab. 1 und Spalte III,
Tab. 4) geben also die Aktivität der Proteinfraktion,
bezogen auf jeweils 1000 Impulse der löslichen
Fraktion an. Sie werden im folgenden als „relative
Proteinaktivität" bezeichnet. Es ergab sich, daß die
relative Proteinaktivität bei Experimenten mit Tumorzellen anaerob gleich groß oder sogar größer ist
als aerob. Die geringere absolute Aktivität unter
anaeroben Bedingungen ist also auf die geringere
Aktivität der zum Einbau gelangenden Aminosäuren
zurückzuführen.
Bei Versuch V (Tab. 1) wurde an Stelle von
R i n g e r - Lösung inaktiviertes Ascites-Serum als
Medium verwendet. Die Aktivität der löslichen Fraktion war dann besonders bei den aeroben Versuchen
erhöht, während sich die Gesamtaktivität der Proteinfraktion gegenüber den Versuchen mit R i n g e r Lösung aerob und anaerob nicht wesentlich änderte.
Nach Hydrolyse der Proteinfraktionen mit HCl,
Decarboxylierung mit Ninhydrin und Überführung
des freigesetzten C0 2 in BaCOa wurden im BaC0 3
91 — 100% der ursprünglichen Proteinaktivität wiedergefunden. In der Proteinfraktion sind also fast
ausschließlich mit Ninhydrin reagierende Aminosäure-Carboxylgruppen markiert.
4.
Wirkungskoeffizienten
für
die
Aminosäure-
Incorporation. Für den Einbau von Aminosäuren in
Proteine sind, wie einleitend schon erwähnt wurde,
Nucleosidtriphosphate (ATP + GTP) erforderlich,
welche durch Atmung oder durch Glykolyse geliefert
werden können. Pro Mol gebildeter Milchsäure werden 1 Mol ATP gewonnen, pro Mol veratmetem
Sauerstoff dagegen maximal 6 Mole ATP, da der
** Ein genau linearer Anstieg mit der Zeit ist natürlich
nicht zu erwarten (s. auch W . M A U R E R , in: Dynamik des
Eiweißes, S. 1, Springer Berlin 1960, Colloq. Dtsch. Ges.
physiol. Chemie). Da es bei den Versuchen nicht auf die
absolute Einbaurate, sondern einen Vergleich der Einbauraten unter verschiedenen Bedingungen bei gleicher Versuchsdauer ankam, wurde die Kinetik des Einbaues nicht
eingehender untersucht.
o
5
s
a
l
s
1
s
mg • Stdn.
Versuchsbedingungen
S
9
£
9
•
mg • Stdn.
„ s
o 2
m
£•
SM
E
Wirkungskoeffizient
o S
O»
Imp.
aerob mit Glucose
-8,4
25,0
+ 1•
Imp.
75,4 • Stdn.
• Stdn.
Imp.
aerob ohne Glucose
-
11,9
aerob mit Milchsäure
-
14,2
Imp.
6 • Q 0 s • Stdn.
AscitesCarcinom
71,4 • Stdn.
Imp.
Imp.
6 • Q 0 i • Stdn.
85,2 • Stdn.
Imp.
anaerob mit Glucose
51,0
1•
Imp.
* Stdn.
51 • Stdn.
Stdn.
74 • Stdn.
Imp.
Hühnerembryo
(37 2 Tage)
aerob mit Glucose
-
12,0
2
(«•«O.
+ 1
Imp.
Imp.
anaerob mit Glucose
25,0
1•
Imp.
• Stdn.
25• Stdn.
Imp.
aerob mit Glucose
-
12,0
28,0
+ 1•
RattenNetzhaut
Imp.
• Stdn.
100 • Stdn.
Imp.
anaerob mit Glucose
55,0
1•
Imp.
-Stdn.
55 • Stdn.
Tab. 2. Stoffwechselquotienten und Wirkungskoeffizienten unter verschiedenen Versuchsbedingungen.
Phosphorylierungs-Quotient {P/O) audi für Tumormitodiondrien zu 3 bestimmt wurde 18. Wenn man
also
Qu
mm3 Milchsäure
mg • Stdn.
mit 1 und
Q0
0,
mg-Stdn. _
mit 6 multipliziert, erhält man relative Werte für den
Energie-(ATP-) Gewinn durch Glykolyse und Atmung.
Will man nun die Wirksamkeit des durch Glykolyse gewonnenen ATP für den Einbau von Aminosäuren in Proteine vergleichen, so ist zu bestimmen,
wieviel Mole Aminosäuren jeweils pro Mol durch
Atmung oder durch Glykolyse gewonnenem ATP
incorporiert werden.
Da die absolute Menge an incorporierten Aminosäuren jedoch nicht bekannt ist, wurde mit der rela18
R. K . K I E L L E Y , a) Cancer Res. 1 2 , 124 [1952]; b) Biochim.
biophysica Acta [Amsterdam] 21, 574 [1956].
tiven Proteinaktivität, welche der eingebauten
Aminosäuremenge proportional ist, gerechnet. Ein
relatives Maß für die Wirksamkeit der Glykolyse
• .
i
j
..
. rel. Proteinaktivität
ist also der üuotient
—
.
, ..
, ein relatives
Maß für die Wirksamkeit der Atmung der Quotient
Gewebe
Wirkungskoeffizient
aerob
anaerob
Ascites-Tumorzellen1
3,8
6,0
3 y 2 Tage alte Hühnerembryonen2
2,1
1,5
Ratten-Netzhaut 3
0,2
0,2
Tab. 3. Durchschnittliche Wirkungskoeffizienten für den Einbau radioaktiver Aminosäuren in Proteine (Versuche mit
1 4 C0 2 ). 1 Tab. 1, Versuch I (40 Min.) und Tab. 4, Versuch III,
IV (60 Min.). 2 Tab. 7, Versuch I - I I I (45 Min.). 3 Tab. 8.
Versuch III (50 Min.).
rel. Proteinaktivität
6 • @02 • Stdn.
r> •
1
\T
j.
T
. bei aeroben Versuchen mit lu-
morzellen in glucosehaltiger Lösung muß sowohl
die Atmung (^02)
die aerobe Glykolyse
((?M°S)
berücksichtigt werden. — Wirkungskoeffizienten für verschiedene Gewebe und Versuchsbedingungen sind in Tab. 2 zusammengestellt. Diese Wirkungskoeffizienten sind, da es sich um relative Werte
handelt, nur unter genau festgelegten Versuchsbedingungen direkt vergleichbar.
Ein Vergleich der Wirkungskoeffizienten für Ver-
Versuch
Nr. 1
Medium
Aktivität d.
Vers.löslichen
dauer Fraktion (L. F.)
[Min.] [Imp./10 Min.]
aerob anaerob
III
IV
5.
Aktivität
der
Nucleinsäurefraktion.
Aktivität d.
relative
ProteinAktivität
fraktion
rimp. Prot.
1000
[Imp./10 Min.] j [imp. L.F.
aerob anaerob
Wirkungskoeffizient
aerob anaerob aerob
anaerob aerob anaerob
124
162
3,2
210
75
152
3,2 7
128
540
540
3,6
40
765
40
494
RiNGER-Glucose
120
1000
RINGER
120
285
124
1,6®
124
120
299
-
153
1,9®
185
RINGER-Glucose
40
745
-
192
RINGER-Lactat10
40
576
-
211
RiNGER-Glucose
120
1160
-
770
RiNGER-Lactat 2
120
1038
-
977
RiNGER-Glucose
60
988
502
235
166
238
331
RiNGER-Glucose
+ Glutaminsäure
- f Asparagins. 4
60
2700
2260
142
115
53
51
RiNGER-Glucose
+ a-Ketoglutarsäure 5
60
RiNGER-Glucose
60
1110
631
298
164
269
260
RiNGER-Glucose
+ Aminosäuren6
60
2140
957
490
162
229
169
-
-
258
187
5.1
664
106
3210
der
Aktivität d.
Nucleinsäurefraktion 3
[Imp./10 Min.]
RINGER
789
In
letzten Spalte von Tab. 1 ist die Aktivität der
Nucleinsäurefraktion angegeben. Sie steigt etwa proportional mit der Versuchsdauer an. Im Gegensatz
RINGER-Glucose
RINGER
II
suche mit glucosehaltiger R i n g e r - Lösung zeigt,
daß die Koeffizienten anaerob höher liegen als
aerob * (Tab. 1 und Tab. 3). Hieraus folgt, daß die
Energie der anaeroben Glykolyse von AscitesTumorzellen sehr wirksam für den Einbau von
Aminosäuren in Proteine verwendet werden kann.
207
4,4
3.2
228
6,5
352
324
33
3,6
5,1
295
477
Tab. 4. Der Einfluß von Glucose, Lactat, Aminosäuren und a-Ketoglutarsäure auf den Einbau von 1 4 C0 2 in Ascites-Carcinomzellen unter aeroben und anaeroben Bedingungen. Alle Aktivitätswerte beziehen sich auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge der jeweiligen Fraktion. 1 Die verschiedenen Ansätze eines Versuches wurden jeweils mit der gleichen Zellcharge ausgeführt. 2 Mittelwerte aus 3 Ansätzen. 3 Ribonucleinsäure und Desoxyribonucleinsäure wurden nicht getrennt.
4 Glutaminsäure 0,12; Asparaginsäure 0,07 mMol je Ansatz (4 cm 3 ).
5 a-Ketoglutarsäure 0,06 mMol je Ansatz (4 cm 3 ).
6 Glutaminsäure 0,06; Asparaginsäure 0,034; Arginin 0,032; Alanin 0,032; Glykokoll 0,032 mMol je Ansatz (4 cm 3 ). 7 Veränderung der Aminosäureaktivität zur Gesamtaktivität der lösl. Fraktion nicht berücksichtigt. 8 Berechnung s. Text.
9 Versuchsdauer 60 Minuten. 10 Lactat 0,04 /^Mol je Ansatz.
* Da die Aktivität der freien Aminosäuren relativ zur Gesamtaktivität der löslichen Fraktion in einigen Fällen nach
längerer Versuchsdauer im Vergleich zu aeroben Versuchen anaerob etwas höher lag (s. Anm. S. 383) sind die
Wirkungskoeffizienten für die 120-Min.-Versuche anaerob
wahrscheinlich etwas zu hoch. — Die Gesamtaktivität der
freien Aminosäuren ist jedoch auch nach langer Versuchsdauer anaerob nie höher als aerob. Nimmt man nun an,
daß die Gesamtaktivität der freien Aminosäuren aerob
und anaerob während der ganzen Versuchsdauer gleich
wäre, berechnet also die Wirkungskoeffizienten mit der
tatsächlich gemessenen
Proteinaktivität,
statt wie oben
angegeben mit der relativen Proteinaktivität, so sind auch
dann die Wirkungskoeffizienten aerob höher als anaerob
(mit Ausnahme von Versuch IV, Tab. 4). Dieses Ergebnis bleibt also unabhängig davon, wie die Aktivität der
freien Aminosäuren berücksichtigt wird, bestehen.
Proteinfraktion ein, da sie dann weder durch Atmung noch durch Glykolyse Energie gewinnen können.
b) Lactathaltiges Medium (Tab. 4, Versuch II).
Bei weiteren Versuchen wurde dem Medium an
Stelle von Glucose Lactat hinzugefügt. Da Lactat
und Brenztraubensäure in den Zellen im Gleichgewicht stehen, ist genügend Brenztraubensäure für
die C02-Fixierung vorhanden, die Aktivität der löslichen Fraktion infolgedessen auch nicht verringert.
Die in Gegenwart von Lactat um etwa 20% gestei6 . Veränderungen der Einbaurate bei Verwendung
abgewandelter Medien. In Tab. 4 sind Versuche zu- gerte Atmung 20 kann für die Proteinsynthese wirksammengestellt, bei welchen die Zusammensetzung sam verwendet werden, wie die höhere Aktivität der
Proteinfraktion bei lactathaltigem Medium zeigt.
der Medien abgeändert worden war.
Die Aktivität der Nucleinsäurefraktion steigt ebena) Glucosefreies Medium (Tab. 4, Versuch I).
Bei Versuch I wurde Glucose fortgelassen. Ascites- falls an.
Tumorzellen glykolysieren unter diesen Bedingun- c) Zusatz von Asparagin- + Glutaminsäure und von
a-Ketoglutarsäure (Tab. 4, Versuch III).
gen nicht, da sie kein Glykogen enthalten 19 und auf
Enthielt das M e d i u m eine größere Menge
Asparazugeführte Glucose angewiesen sind. Zunächst seien
oder
a-Ketoglutarsäure,
die unter aeroben Bedingungen durchgeführten Ver- ginsäure + Glutaminsäure
so nahm die Gesamtaktivität der löslichen Fraktion
suche betrachtet. Die Aktivität der löslichen Fraktion
nahm gegenüber Ansätzen mit Glucose vor allem sowohl aerob als auch anaerob stark zu, da auch in
die zugesetzten Säuren über den Tricarbonsäurebei längerer Versuchsdauer (120 Min.) stark ab, da
14
wegen des Ausfalls der Glykolyse nicht mehr genü- zyklus C0 2 eingebaut wird. Die spezifische Aktivität
der
Aminosäuren nimmt wegen der großen
gend Brenztraubensäure und PhosphoenolbrenztrauMenge
der
zugesetzten Säuren jedoch ab. Damit
bensäure für die C0 2 -Fixierung zur Verfügung stenimmt
aber
auch die Aktivität der Proteinfraktion
hen.
ab,
da
nun
Aminosäuren
geringerer spez. Aktivität
Die Aktivität
der Aminosäuren
(Bestimmung
eingebaut
werden.
Wurde
eine geringere Menge
durch Decarboxylierung, s. S. 383), nahm relativ zur
Asparaginsäure
und
Glutaminsäure
zusammen mit
Gesamtaktivität der löslichen Fraktion aber zu. Sie
Alanin,
Arginin
und
Glykokoll
zum
Medium
hinzubetrug etwa 50% (48% und 54%) der Gesamtaktivigefügt,
so
war
die
relative
Proteinaktivität,
ähnlich
tät gegenüber 24% bei Versuchen mit Glucose (Versuchsdauer 120Min.). Da die Konzentration der wie bei den Versuchen mit inaktiviertem AscitesAminosäuren in der löslichen Fraktion sich gegen- Serum als Medium, nur wenig verringert. Die Geüber Versuchen mit Glucose nicht wesentlich änderte, samtaktivität der Proteine nahm im Vergleich zu
nimmt auch die spezifische Aminosäure-Aktivität re- Versuchen ohne Aminosäuren aerob sogar zu
(Tab. 4, Versuch IV, Spalte II). Wahrscheinlich ist
lativ zur Gesamtaktivität zu.
dies durch eine erhöhte Einbaurate nach Zusatz von
Die Aktivität der Proteine nahm ebenfalls stark
Aminosäuren zu erklären.
ab. Berücksichtigt man bei der Berechnung der Wirkungskoeffizienten die eben erwähnte Zunahme der
II. V e r s u c h e ü b e r d e n E i n b a u v o n
spezifischen Aminosäure-Aktivität relativ zur Ge4 - 14C - A s p a r a g i n s a u r e i n
samtaktivität der löslichen Fraktion, so ergeben sich
Ascites-Carcinom-Zellen
geringere Wirkungskoeffizienten als bei Versuchen
mit Glucose. Die endogene Atmung glucosefreier
In einer anderen Versuchsreihe wurde der Einbau
Zellen ist vor allem bei längerer Versuchsdauer für von 4-14C-Asparaginsäure in Ascites-Tumorzellen
die Proteinsynthese also weniger wirksam als die untersucht. Die Asparaginsäure wird anaerob schnelAtmung und Glykolyse von Zellen, denen Glucose
L . S L E C H T A , A . SAKUBOVIC U . F . SORM, c i t . C 8 3 8 1
(1956)
zur Verfügung steht.
zur Proteinfraktion ist ihre Aktivität unter aeroben
Bedingungen wesentlich höher als unter anaeroben
Bedingungen. Der Einbau von 1 4 C0 2 in die Nucleinsäurefraktion hängt also in viel stärkerem Maße von
der Atmung ab als der Einbau in die Proteinfraktion. In inaktiviertem Ascites-Serum war die Nucleinsäure-Aktivität im Vergleich zur R i n g e r - Lösung
aerob und anaerob höher; die Differenz zwischen
aerober und anaerober Einbaurate änderte sich aber
nicht (Tab. 1, Versuch V ) .
19
Unter anaeroben Bedingungen bauen Asciteszellen in glucosefreier Lösung fast kein C0 2 in die
20
(durch eigene Versuche mit dem von uns verwendeten
Tumorzellstamm bestätigt).
S. auch MCKEE, Cancer Res. 13, 537 [1953].
VersuchsNr.«
T
I
Medium
Asparaginsäure
[mg]
Aktivität der
Proteinfraktion
[Imp./10 Min.]
aerob
anaerob
Versuchsdauer
[Min.]
Wirkungs koeffizient2
aerob
RiNGER-Glucose
0,4
30
154
—
4,1
RINGER
0,4
30
113 1
-
3,2
128
anaerob
RiNGER-Glucose
0,4
30
180
3,4
7,1
RiNGER-Lactat
0,4
30
99 1
—
2,3
—
III
Ringer-Glucose
0,2
30
63
80
3,3 3
6,3 3
IV
RiNGER-Glucose
0,2
120
361
958
4,8 3
18,8 3
RiNGER-Glucose
0,2
120
365
965
4,8 3
18,9 3
RINGER
0,2
120
151 1
-
2,1 3
RiNGER-Glucose
0,2
120
369
—
4,9 3
—
RINGER
0,2
120
132
—
1,8*
—
Ascites-Glucose
0,2
120
123 (70) 4
—
—
—
Ascites-Glucose
0,2
120
118 (67) 4
—
—
—
Ascites
0,2
120
74 (52) 4
—
—
—
Ascites
0,2
120
75 (53) 4
-
-
-
II
V
V I
5
-
Tab. 5. Einbau von Asparaginsäure-4-14C in Ascites-Carcinomzellen unter verschiedenen Versuchsbedingungen. Alle Aktivitätswerte beziehen sich auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge Protein. 1 Mittelwerte aus 2 Versuchsansätzen.
2 Die Wirkungskoeffizienten sind mit den Wirkungskoeffizienten der Versuche mit 1 4 C0 2 nicht direkt vergleichbar. 3 Da die
Proteinaktivität der zugesetzten Asparaginsäuremenge proportional ist (vgl. Versuch II mit 0,4 mg Asparaginsäure und Versuch III mit 0,2 mg Asparaginsäure), wurden die Wirkungskoeffizienten in Versuch 3 — 6 mit 2 multipliziert, um für alle Asparaginsäureversuche direkt vergleichbare Werte zu erhalten. 4 Die in Klammern gesetzten Werte geben die Proteinaktivität,
bezogen auf je 1000 Impulse in den Zellen vorhandene Asparaginsäure an. Sie berücksichtigen also die mit und ohne Glucose
etwas verschiedene Asparaginsäure-Aktivität in den Zellen (mit Glucose: 1765 Imp./10 Min., ohne Glucose: 1415 Imp./
10 Min.). 5 Bei Versuch VI wurde erst 30 Min. bei 37° vorinkubiert, dann die Asparaginsäure eingekippt und 120 Min. mit
Asparaginsäure inkubiert. 6 Die Ansätze eines Versuches wurden jeweils mit der gleichen Zellcharge ausgeführt.
ler in die Proteinfraktion eingebaut als aerob (Tab. 5 ) .
Dementsprechend sind die Wirkungskoeffizienten
anaerob größer als aerob. Wie bei den Versuchen
mit 1 4 C0 2 ist die Glykolyse für den Einbau der
Aminosäure in die Proteine also sehr wirksam.
Ein aerob und anaerob verschieden schneller Einbau von Asparaginsäure in die Proteinfraktion
könnte audi durch verschieden schnelle Aufnahme
der Aminosäure in die Zellen bedingt sein. Von verschiedenen Autoren wurde aber gefunden, daß die
Aufnahme von Aminosäuren in Tumorzellen aerob
und anaerob in Gegenwart von Glucose nicht wesentlich verschieden i s t 2 1 - 2 4 . Die aerob geringere Einbaurate von Asparaginsäure ist also nicht durch ein
langsameres Eindringen der Aminosäure in die Zellen bedingt.
oder durch Lactat ersetzt, so war die Proteinaktivität
gegenüber Versuchen mit Glucose verringert. Tumorzellen, welche nur atmen, bauen also weniger Asparaginsäure in ihre Proteine ein als Zellen, welche
atmen und glykolysieren, obwohl unter beiden Bedingungen etwa gleichviel Energie gewonnen wird,
da die Atmung glucosefreier Tumorzellen erhöht
ist (C r a b t r e e - Effekt) 25 . Der geringeren Proteinaktivität entsprechend sind auch die Wirkungskoeffizienten bei aeroben Versuchen oihne Glucose erniedrigt. Bei Verwendung von inaktiviertem AscitesSerum als Medium, welches ca. 15 //Mole Lactat/cm3
enthält, ist die Proteinaktivität bei aerolben Versuchen ebenfalls größer, wenn Glucose izur Verfügung
steht. Die Differenzen sind jedoch nicht so ausgeprägt wie bei den Versuchen mit R i n g e r - Lösung.
Wurde bei Einbauversuchen mit Asparaginsäure
unter aeroben Bedingungen Glucose fortgelassen
Bei den Versuchen mit Ascites-Serum wurde die
Aktivität der freien, in die Zellen aufgenommenen,
21
E . HEINZ, J .
24
H.
22
K . A . PIEZ
25
C . CRABTREE,
23
E.
biol. Chemistry 2 2 5 , 3 0 5 [ 1 9 5 7 ] .
u. H . EAGLE, J . biol. Chemistry 2 3 1 , 533 [1958].
NEGELEIN, Biochem. Z. 323, 214 [1952].
J. biol. Chemistry 186, 41 [1952].
Biochem. J. 2 3 , 536 [1929].
N . CHRISTENSEN,
Larvenstadium
HCNKonz.
Restatmung
[%1
1 •io- 4
Aktivität
[%]
Versuchsdauer
[Stdn.]
lösliche
Fraktion
Proteinfraktion
Nucleinsäure
fraktion1
24,0
10,5
-50
2
43
Neurula
1•
io- 3
-10
2
-
1,6
0,65
III
Neurula
1 • io- 3
-10
3
31
2,2
0,55
IV
Neurula
1 • io- 3
-10
10
12
2,5
1,2
I
II 2
Schwanzknospe
Tab. 6. Aktivitätsabnahme verschiedener Fraktionen aus Krallenfrosch-Keimen nach Hemmung der Atmung mit HCN. Die
Werte geben die im Hemmversuch gemessene Aktivität in % der Aktivität der Kontrollen ( = 100%) an*. Die Restatmung ist in
% der nicht gehemmten Atmung angegeben. 1 Ribonucleinsäure und Desoxyribonucleinsäure wurden nicht getrennt. Die
Werte umfassen also beide Nucleinsäuren. 2 Die lösl. Fraktion wurde durch Extraktion mit Methanol gewonnen.
aber noch nicht in die Proteine eingebauten Asparaginsäure bestimmt **. Sie war mit Glucose etwas
höher als ohne Glucose. In Gegenwart von Glucose
wird also mehr aktive Asparaginsäure in die Zellen
aufgenommen. Berücksichtigt man dies, indem man
die Proteinaktivität für je 1000 Impulse der löslichen Fraktion berechnet, so ergeben sich die in
Tab. 5, Versuch VI in Klammern gesetzten Werte.
Für Versuche mit Glucose ergeben sich auch dann
höhere Proteinaktivitäten. Atmende und glykolysierende Zellen bauen also auch in Ascites-Serum als
Medium Asparaginsäure schneller in die Proteine ein
als nur atmende Zellen ***.
Ob der Einbau von Asparaginsäure ausschließlich
über Peptidbindungen der a-Carboxylgruppe erfolgt,
ist nicht sicher. Ein anderer denkbarer Weg wäre
die Bildung von Asparagin unter Mitwirkung von
ATP und enzymatische Übertragung von Asparagin
durch eine Transferase auf freie Aminogruppen der
Proteine unter Bildung von Asparaginsäure-/?-Peptidbindungen. Vielleicht ist die auffallende Steigerung des Asparaginsäure^Einbaus bei längeren anaeroben Versuchen (Tab. 5, Versuch IV und V) so
zu erklären. Da K I T und A W A P A R A 26 fanden, daß in
Ascitestumorzellen nur sehr wenig freie Asparaginsäure nachzuweisen ist, könnte diese in stark glykolysierenden Ascites-Tumorzellen aber auch besonders schnell für Synthesen nutzbar gemacht werden.
III. E i n b a u v o n 1 4 C0 2 i n
K r a l l e n f r o s c h k e i m e ****
In Tabelle 6 sind Versuche über den Einbau von
(dem Medium als NaH 14 C0 3 zugesetzt, s.
Methoden) in Krallenfroschkeime zusammengestellt.
Krallenfroschkeime besitzen aerob keine und anaerob nur eine relativ geringe Glykolyse61'. Die At14 C0 2
mung
beträgt
<?02=U4
im
Gastrula- bis
mm3 O»
mg-stdn. _
(„Glykogenolyse"
die
Neurulastadium
anaerobe
<?mn' = 0 , 6
Glykolyse
mm3 Milchsäure
mg* stdn.
Hemmung der Atmung auf 50% des aeroben Wertes
durch 1 • 10~ 4 -m. HCN verringert die Aktivität der
löslichen Fraktion auf 43% des Wertes der nicht gehemmten Kontrolle, die Aktivität der Proteinfraktion auf 24% und die Aktivität der Nucleinsäuren
auf ca. 10 Prozent. Der Einbau von 1 4 C0 2 in die
Nucleinsäurefraktion ist also am stärksten gehemmt.
Bei Versuchen mit 1 • 10 - 3 -m. HCN (Restatmung
10%) wurde fast keine Aktivität in die Nucleinsäuren und Proteine eingebaut. Am stärksten war wieder die Nucleinsäurefraktion betroffen.
Bei Versuch II (Tab. 6) wurde die lösliche Fraktion
mit Äther im K u t s c h e r - S t e u d e l - Apparat extrahiert. Neben Lipoiden und Milchsäure enthält der
Ätherextrakt aktive Säuren aus dem Tricarbonsäurezyklus. Die Aktivität des Extraktes war anaerob auf
19% des aeroben Wertes erniedrigt. Die in Äther lösliche Fraktion wurde dann in Wasser aufgenommen und
nach dem Abtrennen von Lipoiden papierchromatographisch aufgetrennt (s. Methoden). Abb. 3 zeigt das
Autoradiogramm dieser Fraktion für einen aeroben
Versuch. Anaerob waren nur Fleck I (Bernsteinsäure)
und II in weitaus geringerer Intensität und Größe sichtbar.
* Da bei den einzelnen Versuchen verschiedene BicarbonatAktivitäten eingesetzt wurden, sind die absoluten Werte
zwischen den einzelnen Versuchen nicht direkt vergleichbar. In der Tabelle sind daher nur die direkt vergleichbaren Prozentzahlen angegeben.
** Die abzentrifugierten Zellen wurden 1-mal mit BicarbonatR i n g e r - Lösung gewaschen und die lösliche Fraktion
wie oben beschrieben mit Ninhydrin decarboxyliert.
*** In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß nach Ergebnissen von W A R B U R G 1 die Glykolyse in glykolysierenden
Geweben Eiweiß vor dem Zerfall schützt.
**** Versuche mit Anuren- und Urodelenkeimen s. auch
H. T I E D E M A N N , Klin. Wschr. 3 4 , 406 [1956].
M S. K I T U. J . A W A P A R A , Cancer Res. 1 3 , 694 [1953].
1800-
¥5
15
Lösl. Fr. Protein
Hühner-Embiyon.
Oncub. Dauer: W 120
W 120 WSO 120
Fraktion:
Lösl.Frakt. Nucleinsäure Protein
Ascites-Tumorzellen
50
50 Min.
Lösl.Fr. Protein
Ratten-Netzhaut
Abb. 2. Durchschnittswerte für die Aktivitäten von Fraktionen aus Ascites-Tumorzellen, Hühnerembryonen und RattenNetzhaut. Alle Aktivitäten beziehen sich auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge der jeweiligen Fraktion.
IV. E i n b a u v o n 1 4 C0 2
in H ü h n e r e m b r y o n e n
Die Versuche mit Krallenfroschkeimen wurden
durch Versuche mit Hühnerembryonen, welche eine
größere anaerobe Glykolyse haben, ergänzt. Wie
aus Tab. 7 hervorgeht, erfolgt der Einbau von 14 C0 2
in die lösliche Fraktion auch bei Hühnerembryonen
anaerob langsamer als aerob.
Versuch
Nr.
Medium
f2
Auftragungspunkt
Abb. 3. Autoradiogramm der löslichen Fraktion (äther-löslicher Teil) aus Krallenfroschembryonen. Aerober Versuch.
1; 2 : Lösungsmittelgemische für beide Läufe
s. experimenteller Teil.
Die Hühnerembryo-Profeme erreichen aerob eine
ebenso hohe oder sogar eine höhere Aktivität als die
Tumorproteine. Anaerob ist der Einbau von Aminosäuren in die Proteinfraktion dagegen stark gehemmt, jedoch nicht in so hohem Maße wie bei den
Krallenfroschkeimen. Die Proteinaktivität beträgt
nach 45 Min. Versuchsdauer 6 — 8% des aeroben
relative
Aktivität d.
Aktivität d.
Aktivität
löslichen
Proteinfraktion
Vers.- Fraktion (L.F.)
dauer [Imp./10 Min.] [Imp./10 Min.] L Imp. L.F
[Min.]
aerob anaerob aerob anaerob
Imp. Imp. [%1 Imp. Imp. [%]
Wirkungskoeffizient
Aktivität d.
Nucleinsäurefraktion
[Imp./10 Min.]
aerob anaerob
aerob anaerob
Imp. Imp.[%]
J
aerob anaerob
Imp. Imp.[%]
I
RiNGER-Glucose
45
17401
430 1 25
213
13
6
122
30 25
2,2
1,6
89
II
RiNGER-Glucose
45
1850
598 32
225
17
7
122
28 23
2,2
1,6
81
11 15
III
RiNGER-Glucose
45
1520
407 27
171
11
6
112
27 24
2,0
1,4
105
10 10
FruehtwasserGlucose
30
3660
1280 35
98
9
9
27
7 26
76
32 42
FruchtwasserGlucose
90
4420
2240 50
696
62
9
157
28 18
FruchtwasserGlucose
150
1490 3 i280*86
1710
FruchtwasserGlucose + 2 • IO" 4
Dinitrophenol
150
1560 3
IV
V
370
345 20
—
-
—
—
-
(1,4) 2
—
-
-
(0,8) 2
417
11
3
—
232
14
6
95
Tab. 7. Einbau von 1 4 C0 2 in Hühnerembryonen unter aeroben und anaeroben Bedingungen. Alle Aktivitätswerte beziehen sich
auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge der jeweiligen Fraktion. 1 Die Aktivität der Aminosäuren betrug aerob
60%, anaerob 56% der Gesamtaktivität der lösl. Fraktion. 2 Diese Wirkungskoeffizienten sind mit dem Koeffizienten der Versuche mit R i n g e r - Lösung nicht direkt vergleichbar. 3 Mit Perchlorsäure enteiweißt, mit Versuch I —IV nicht direkt
vergleichbar.
Wertes. Durchschnittsaktivitäten für Versuche mit
Hühnerembryonen sind Durchschnittswerten für Tumorzellen in Abb. 2 gegenüber gestellt.
Die Wirkungskoeffizienten sind für Hühnerembryonen im Gegensatz zu den Versuchen mit Tumorzellen anaerob kleiner als aerob. Durchschnittswerte sind in Tab. 3 (S. 384) zusammengestellt.
Nach Entkopplung von Atmung und Phosphorylierung durch 2 • 1 0 - 4 - m . Dinitrophenol ist die Proteinaktivität stark erniedrigt, da die Atmung dann
kein ATP für die Proteinsynthese liefert. Andere
Autoren fanden ebenfalls, daß der Einbau von 14 CAminosäuren in Proteine durch Dinitrophenol gehemmt wird 27 .
Die Werte der Nucleinsäurefraktion wiesen größere Schwankungen auf. Wahrscheinlich sind die
Bedingungen für die Nucleinsäuresynthese bei den
Versuchen mit Hühnerembryonen noch nicht optimal. Bei längerer Versuchsdauer ist die Aktivität der
Nucleinsäurefraktion wie bei den Versuchen mit
Krallenfroschembryonen anaerob sehr stark erniedrigt.
V. E i n b a u v o n 1 4 C0 2 i n d i e R e t i n a
erwachsener Ratten
Die Ergebnisse von Versuchen mit Ratten-Netzhaut sind in Tab. 8 zusammengestellt. Wie Versuch I
zeigt, wird aerob und anaerob in die lösliche Fraktion und vor allem auch in die Protein- und Nucleinsäurefraktion im Vergleich zu Hühnerembryonen
und Tumorzellen viel weniger Aktivität incorporiert.
Bei Versuch II mit Serum als Medium war die Aktivität der löslichen Fraktionen erhöht, während sich
Versuch
Nr.
aerob
anaerob aerob
I3
RiNGER-Glucose
50
309
83
II 3
Serum-Glucose1
50
3980
1580
III 4
RiNGER-Glucose
50
2440 5
1 4 C0 2
Besprechung der Ergebnisse
Unsere Versuche über den Einbau von 1 4 C0 2 und
der Vergleich der Syntheseraten von Nucleinsäuren
und Proteinen unter aeroben und anaeroben Bedingungen sollten vor allem zur Klärung folgender Fragen beitragen:
1. Kann die Störung der Embryonalentwicklung
bei Anaerobiose auf eine anaerobe Hemmung der
Synthesen zurückgeführt werden? 2. Bestehen zwischen Embryonen, stark glykolysierenden Tumorzellen und der Netzhaut (einem Gewebe mit hoher Glykolyse) wesentliche Unterschiede in den Syntheseraten?
Bei Krallenfroschembryonen werden Protein- und
Nucleinsäuresynthese durch 1 • 10~3-TTI. HCN (At-
Aktivität d.
Aktivität d.
Proteinlöslichen
Vers.fraktion
dauer Fraktion (L.F.)
[Min.] [Imp./10 Min.] [Imp./10 Min.]
Medium
Tab. 8. Einbau von
die Aktivität der Proteinfraktionen nicht wesentlich
änderte. In beiden Versuchen ist die Aktivität aller
Fraktionen aerob wesentlich höher als anaerob. Die
Werte sind den mit Tumorzellen und Embryonen erhaltenen Aktivitäten in Abb. 2 gegenübergestellt.
Wegen der geringen Syntheserate konnte die Aktivität der Proteine und Nucleinsäuren bei Versuch I
und II nur angenähert gemessen werden. Zur genaueren Bestimmung dieser Werte und der Wirkungskoeffizienten wurde deshalb bei Versuch III
Ba 1 4 C0 3 mit einer ca. 10-mal höheren spezifischen
Aktivität verwendet. Die Wirkungskoeffizienten für
die Aminosäure-Incorporation sind sehr viel kleiner
als die entsprechenden Werte für Tumorzellen und
Hühnerembryonen. Die Koeffizienten für die einzelnen Gewebe sind in Tab. 3 noch einmal gegenübergestellt.
858 5
-1,1
~ 9
- 3
8,0
-23
-
2
-
17,0
RNS und DNS wurden nicht getrennt.
0 069 mC
der spez. Aktivität—?
pro Versuch.
mg
5
3
1
M.
RABINOWITZ,
—
-
52
0,20
- 1
-
9,5
Es wurde inaktiviertes Kälberserum verwen-
0,5 mg Ba 14 CO s der spez. Aktivität ° - 0 0 7 9
M.E.OLSON
U.
D . M .
m C
pro
Versuch.
4
0,5 mg Ba 1 4 C0 3
Die in den Aminosäuren incorporierte Aktivität betrug aerob 46%, anaerob 38""
der Gesamtaktivität der lösl. Fraktion.
27
0,20
9,3
- 5
-0,28
anaerob
in Rattennetzhaut unter aeroben und anaeroben Bedingungen. Alle Aktivitätswerte beziehen sich
auf die in 1 mg Zelltrockengewicht enthaltene Menge der jeweiligen Fraktion.
det.
aerob anaerob aerob
-0,27
-13
Aktivität d.
Nucleinsäure
fraktion 2
[Imp./10 Min.]
Wirkungskoeffizient
[S^-H
anaerob aerob anaerob
-7,2
41,5
relative
Aktivität
GREENBERG,
J. biol. Chemistry 213, 1 [1955].
mung zu 90% gehemmt) fast vollständig gehemmt.
Bei Hühnerembryonen findet anaerob noch ein Einbau von Aminosäuren in die Proteinfraktion statt.
Die Einbaurate ist aber stark verringert. Die Energie, welche durch die relativ große anaerobe Glykolyse der Hühnerembryonen geliefert wird, kann
also für die Proteinsynthese verwendet werden.
Doch reicht diese Energie nicht aus, um die durch
Atmung gelieferte Energie zu ersetzen. — Eine generelle Verwendbarkeit von glykolytisch gebildeten
Nucleosidtriphosphaten für die Proteinsynthese ergaben auch Versuche von G R E E N B E R G und Mitarb.,
Z A M E C N I K und Mitarb. sowie von Q U A S T E L
° .
und Proteinsynthese sicher eine wesentliche Rolle.
Amphibienkeime enthalten zrwar eine gewisse Reserve an Nucleinsäuren. Diese ist für die Desoxyribonucleinsäure aber schon in der Blastula und für
die Ribonucleinsäure in der Gastrula-Neurula erschöpft 3 3 , 3 4 a - b . Der dann einsetzende Anstieg des
Nucleinsäuregehaltes kann nur durch vollständige
Neusynthese von DNS und RNS erfolgen.
Die Ribonucleinsäure greift in die Neubildung
von Proteinen ein 1 5 ' 1 6 , 3 5 . Die Proteinsynthese
braucht jedoch nicht mit einer gleichzeitigen Neusynthese von RNS gekoppelt zu sein 1 5 , 3 6 . Für die
Bildung neuer Organproteine im Verlauf der DiffeNoch stärker als die Syntheserate der Proteine renzierung muß in Embryonen jedoch sicher eine
war die Syntheserate der Nucleinsäuren anaerob ge- neue funktionsspezifische Ribonucleinsäure synthetisiert werden. Eine Hemmung der Nucleinsäuresynhemmt. Ob hierbei die Synthese der Nucleotide oder
these durch 0 2 -Mangel wird deshalb die Embryonalaber der Aufbau von Nucleosid-Diphosphaten und
-Triphosphaten und deren Einbau in Nucleinsäuren entwicklung besonders empfindlich stören.
am stärksten betroffen ist, steht noch nicht fest.
Die Proteinsynthese wird aber, wie schon erFrühere Versuche hatten gezeigt, daß in Gastrula- wähnt, nicht nur durch den Ausfall der Nucleinund Neurulastadien von Molchkeimen nach Hem- säuresynthese gehemmt, sondern auch durch den
mung der Atmung durch 1 • 10~3-m. HCN noch min- anaerob eintretenden Energiemangel. Durch Hemdestens 40% der aerob in den Keimen nachzu- mung der Proteinsynthese wird wiederum die Hemweisenden Nucleosidtriphosphate vorhanden sind. mung der Nucleinsäuresynthese weiter verstärkt,
Unter diesen Bedingungen ist die Nucleinsäure- weil damit auch die Neubildung Nucleinsäure synsynthese aber fast vollständig gehemmt. Da glyko- thetisierender Fermente ausbleibt.
lytisch gebildetes ATP für die Nucleinsäuresynthese
Eine vom Redoxzustand der Atmungskette abverwendet werden kann, wird die Nucleinsäure- hängige, zunächst reversible Änderung übergeordsynthese offenbar nicht nur durch Energie-(ATP-)
neter Zellstrukturen, wie sie in einem veränderten
Mangel gehemmt. Wahrscheinlich ist auch die Syn- Bindungsvermögen für Nucleotide zum Ausdruck
theserate bestimmter Zwischenprodukte der Nucleo- kommt 3 7 ' 3 8 , stellt sicher nicht die alleinige Ursache
tidsynthese, welche nur bei intakter Atmung im nöti- für die Hemmung der Synthesen dar. Doch kann
gen Umfang gebildet werden können, verringert. eine aerolb unid anaerob verschiedenartige VerteiEin solcher Zusammenhang kann bei der Bildung lung von Nucleotiden und anderen Co-Fermenten zu
von Pentosen durch oxydativen Abbau von Glucose- einer Veränderung der Syntheserate mit beitragen.
6-Phosphat bestehen. Wenn die Ribose-Synthese Es ist außerdem möglich, daß anaerob bestimmte
anaerob verringert ist *, steht für Nucleotidsynthe- abbauende Fermente aktiviert werden. Solche Fersen weniger Ribose zur Verfügung 3 1 , 3 2 (s. auch mentaktivierungen könnten entweder gleich nach
Abb. 1, S. 381).
dem Beginn der Anaerobiose einsetzen oder aber als
Folge
von Strukturveränderungen infolge des verFür das Auftreten von Entwicklungsstörungen
minderten
Protein- und Nucleinsäureaufbaues.
spielt die anaerobe Hemmung der Nucleimsäure2 7 - 3
E. B. K E L L E R U. P. C. ZAMECNIK, J. biol. Chemistry 209, 337
[1954].
29 P. ZAMECNIK, Proc. Amer. Assoc. Cancer Res. 1 , 63 [1953].
30
J . H . QUASTEL, Nature [London] 183, 2 8 1
[1959].
31
I . LESLIE, W . C . FULTON U . R . SINCLAIR, Biochim. biophysica
Acta [Amsterdam] 24, 365 [1957].
32
W. SCHMID, Biochem. Z . 329, 560 [1958].
33
J . BRÄCHET, Enzymologia [Amsterdam] 10, 87 [1941].
* Anaerob können Pentosen durch die Transaldolase-Transketolasereaktion gebildet werden, wahrscheinlich aber nur
in geringem Umfang.
28
34
35
36
37
38
S. LevTRUP, a) J. Acad. Sei. Lab. Carlsberg Ser. Chim. 29,
261 [1955]; b) IV. Int. Congr. Biochem. Symp. VI Wien
1958 (Zusammenfassg.).
H . CHANTRENNE, Ann. Rev. Biochem. 2 7 , 35 [1958] (Zusammenfassg.) .
G. RICHTER, Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 34,
407 [1959].
R. L . LESTER U. Y. H A T E F I , Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 29, 103 [1958].
A. L . LEHNINGER, J. Biophys. Biochem. Cytol. 5,199 [1959],
Der zweite Gesichtspunkt bei unseren Versuchen
war ein Vergleich der Einbauraten von 1 4 C0 2 in Proteine und Nucleinsäuren von Embryonen, Tumorzellen und Netzhaut unter aeroben und anaeroben
Bedingungen (s. Abb. 2, S. 3 8 9 ) . Beim Ehrlich-Ascites-Tumor war der Einbau von 1 4 C0 2 in die Proteinfraktion im Gegensatz zu den Versuchen mit Embryonen (s. oben) anaerob nicht wesentlich verringert. Die letzte Stufe der C0 2 -Fixierung in Proteine,
der Einbau markierter Aminosäuren, war bei Tumorzellen anaerob sogar gesteigert. Zu dem gleichen
Ergebnis führten Versuche mit 4- 14 C-Asparaginsäure.
Die Einbaurate von 1 4 C0 2 in Nucleinsäuren ist
dagegen auch bei Tumoren anaero'b erniedrigt. Die
Nucleinsäuresynthese wird also sowohl bei Embryonen als auch bei Tumorzellen durch 0 2 -Mangel gehemmt. Wahrscheinlich gilt dies auch für andere
Gewebe. Da partieller 0 2 -Mangel cancerogen wirken
kann 39 . ist daran zu denken, daß die Bildung von
Tumoren durch eine Störung der Nucleinsäuresynthese verursacht werden könnte.
Um den Energiegewinn durch Atmung und Glykolyse und dessen Verwendbarkeit für den Einbau
von Aminosäuren in Proteine bei den verschiedenen
Geweben und Zellen direkt vergleichen zu können,
wurde ein Wirkungskoeffizient eingeführt. Die Berechnung des Koeffizienten geht davon aus, daß sowohl die Energie der Atmung als auch der Glykolyse
zunächst zum Aufbau von ATP (und anderen
Nucleosidtriphosphaten) dient. Ein Maß der Wirksamkeit von Atmung und Glykolyse bei der Proteinsynthese ist deshalb der Quotient aus der Proteinaktivität und dem unter den jeweiligen Versuchsbedingungen gebildeten ATP. Es zeigte sich, daß die
anaerobe Tumorglykolyse den höchsten Wirkungskoeffizienten hat. Der aerobe Wirkungskoeffizient
ist bei Tumorzellen kleiner (Tab. 3, S. 3 8 4 ) . Bei Hühneremtbryonen war der Wirkungskoeffizient aerob
dagegen höher als anaerob. Dies stimmt mit dem
Ergebnis kürzlich von Q U A S T E L veröffentlichter Versuche über den Einbau von 14 C-Glykokoll in die Proteine verschiedener normaler und maligner Gewebe
überein 30 .
39
H . GOLDBLATT
U.
G . CAMERON,
J. exp. Medicine 97, 525
[1953].
H . HOLZER,
41
P . C . ZAMECNIK,
42
N.
R . B . LOFTFIELD,
M . L . STEPHENSON
Cancer Res. 11, 592 [1951],
T. S P R A T T , J. exp. Zool. 107. 39 [1948],
STEELE,
Hinsichtlich der Bedeutung der Glykolyse für den
Energiehaushalt bestehen zwischen Tumorzellen und
Embryonen aber doch wesentliche Unterschiede. Wie
W A R B U R G fand, bilden nur Tumoren auch aerob aus
Glucose große Mengen Milchsäure, Embryonen dagegen nicht. Bei Embryonen ist deshalb die durch
Substratphosphorylierung („glykolytische" Phosphorylierung) bei der Bildung von Brenztraubensäure
gewonnene Energie gegenüber der durch Atmungsketten-Phosphorylierung beim oxydativen Abbau
der Brenztraubensäure gewonnenen Energie zu vernachlässigen
(
oxydativ gewonnene Energie
glykolytisch gewonnene Energie
U.
J.
M.
36
Tumoren können wegen der großen aeroben Glykolyse dagegen einen beträchtlichen Teil der Energie
durch Substratphosphorylierung gewinnen
oxydativ gewonnene Energie
n ##
\
glykolytisch gewonnene Energie
W. L A N D A U E R U . C . J . B L I S S , J . exp. Zool. 1 0 2 , 1 [ 1 9 4 6 ] .
G. C H O M E T T E , Beitr. pathol. Anatom, allg. Pathol. 1 1 5 , 439
[1955].
** Bei der angenäherten Berechnung dieser Quotienten
wurde vernachlässigt, daß ein Teil der Glucose nicht auf
dem E m b d e n - M e y e r h o f - Weg abgebaut wird
(s. Abb. 1).
43
44
8. Coli. Ges. physiol. Chem., S. 65, SpringerVerlag, Berlin 1957.
40
Versuche, bei welchen Glucose aus dem Medium
fortgelassen worden war, lassen deren große Bedeutung für den Stoffwechsel erkennen. Wenn unter
Glucose-Mangelbedingungen den Tumorzellen nur
die endogene Atmung zur Verfügung steht, ist besonders bei längerdauernden Versuchen (2 Stdn.)
der Wirkungskoeffizient der Proteinsynthese gegenüber Versuchen mit Glucose erniedrigt.
Bei Versuchen ohne Glucose war besonders bei
längerer Versuchsdauer auch der Einbau von 1 4 C0 2
in die lösliche Fraktion der Tumorzellen stark verringert, da dann Brenztraubensäure und Phosphoenolbrenztraubensäure für die C0 2 -Fixierung fehlen.
Die Aufrechterhaltung einer hohen Konzentration
von Zwischenprodukten des Glucoseabbaues dient
also in Tumorzellen und auch in Embryonen der Bereitstellung von Ausgangsprodukten für Synthesen.
Dies zeigten auch andersartige Versuche von H O L Z E R
und Mitarlb. an Hefe und Tumorzellen 40 sowie von
ZAMECNIK
und Mitarb. an Tumorzellen 41 . Für die
in vitro-Kultur von Hühnchen-Keimscheiben ist Glucose unentbehrlich 42 . In diesem Zusammenhang
sei auch an die Auslösung von Mißbildungen durch
Insulinschock erinnert 4 3 ' 4 4 .
wurde dann in dem abgeschlossenen System durch Einkippen der Citronensäure aus der Seitenbirne in die
Hauptbirne 14 C0 2 freigesetzt. Die Inkubation erfolgte
im W a r b u r g - Thermostat bei 37 °C.
Bei Versuchen mit DL-Asparaginsäure-4-14C (0,1 mc/
18 mg) wurde diese in R i n g e r - Bicarbonat neutral
gelöst und den Ansätzen gleich zugegeben oder nach
30 Min. langer Vorinkubation aus der Birne in den
Hauptraum der Gefäße (Fo = 18cm 3 , FF = 4 cm8) gespült.
2. V e r s u c h e
mit
Hühnerembryonen.
3a/2 Tage alte Hühnerembryonen wurden aus den Eiern
herauspräpariert und dann sofort in glucosehaltige,
02-gesättigte R i n g e r - Lösung von 37° gebracht. Sie
wurden dann entweder in R i n g e r - Bicarbonatlösung
oder in Fruchtwasser 8 — 9 Tage alter Hühnerembryonen in den bei den Ascites-Versuchen bereits beschriebenen Gefäßen inkubiert. Zum Fruchtwasser wurde
soviel NaHCOs zugefügt, daß der Endgehalt ca.
2 • 10~ 2 Mol// betrug (16,85 mg NaHC0 8 /10 cm 3 ). Das
Gasgemisch war bei den aeroben Versuchen mit Hühnerembryonen 5% C 0 2 / 0 « . Für jeden Versuch wurden
5 — 7 Embryonen verwendet.
Die Arbeit wurde mit Unterstützung der D e u t 3. V e r s u c h e m i t N e t z h a u t . Die Netzhäute
s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t ausgeführt. entstammten Ratten von ca. 170 —200 g Gewicht. Sie
wurden gleich nach dem Herauspräparieren in körperwarmer, glucosehaltiger R i n g e r - Lösung aufgefanBeschreibung der Versuche
gen. Für jeden Versuch wurden 5 Netzhäute verwendet.
4. V e r s u c h e m i t K r a l l e n f r o s c h e m b r y o 1. V e r s u c h e m i t E h r 1 i c h - A s c i t e s - T u - n e n. Krallenfrösche (Xenopus laevis) wurden durch
m o r z e l l e n . Der Ascites wurde 8 —10Tage nach
Injektion von Prolan (6001.E./Tier) zum Laichen geUberimpfung von jeweils 0,1 —0,15 cm3 aus den Mäu- bracht. Die Keime wurden vor dem Versuch möglichst
sen entnommen. Die Zellen wurden dann bei Zimmer- weitgehend von der Gallerthülle befreit und einige Male
temperatur und etwa 800 g abzentrifugiert, zweimal mit
mit dem Inkubationsmedium, das bei diesen Versuchen
R i n g e r - Lösung gewaschen und in Ri n g e r - Lösung
Frosch - R i n g e r - Lösung (ohne NaHC0 3 und Ca2®)
suspendiert. Zur Bestimmung des Zellvolumens zentri- mit Phosphat pn 7,4 (0,033 Mol//) war, gewaschen,
fugierten wir 0,1cm 3 Suspension 10 Min. im Kafka- mit diesem in die Gefäße pipettiert und NaH 14 C0 3 hinröhrchen bei 3000 U/Minuten. Für die einzelnen Ver- zugefügt. Der Gasraum enthielt Luft. Die Temperatur
suchsansätze wurden 60 bis 100 mg Zellen in 4 cm3
betrug 25°.
R i n g e r - Bicarbonatlösung (0,3% Glucose enthaltend)
Das hierfür benötigte NaH 14 C0 3 wurde durch Freisuspendiert. Für Versuche mit Ascites-Serum als Me- setzen von 14 C0 2 aus Ba14COs mit konz. H 2 S0 4 i. V.
dium wurde die Ascites-Flüssigkeit — nach Abzentrifu- und Einfrieren in NaOH (10% Überschuß berechnet
gieren der Zellen — 10 Min. auf 57° erhitzt und hochfür Bicarbonat) mit fl. N2 gewonnen.
tourig klarzentrifugiert. Der Bicarbonatgehalt des Asci5. G e w i n n u n g d e r Z e l l f r a k t i o n e n n a c h
tes-Serum wurde manometrisch bestimmt und dann so- I n k u b a t i o n . Den Ascites-Tumoransätzen wurden
viel NaHCOs zugefügt, daß die Endkonzentration
3 cm3 Zellsuspension entnommen, die Zellen durch Zen2 • 1 0 - 2 Mol// betrug ( - 9 , 3 5 mg NaHC0 3 /lO cm 3 ). trifugieren möglichst schnell vom Medium getrennt und
Außerdem wurden je 10 cm3 Ascites-Serum 30 mg Glu- 3-mal mit je 4 cm3 kalter 5-proz. Trichloressigsäure
cose hinzugefügt. Für die Versuche wurden gleichgroße
(TCE) unter Rühren mit einem Glasstab extrahiert und
Gefäße mit Zwillingsbirnen („siamesischen Birnen")
abzentrifugiert. Bei Versuchen mit Ascites-Serum wurden
3
14
verwendet (F G = 24cm ). 1,0 mg ( ± 5 % ) Ba C0 3
die Zellen vor der TCE-Extraktion 1-mal mit R i n g e r (1 mc/254 mg) wurde in einem sehr kleinen Glasbecher
Lösung gewaschen. Embryonen und Retina wurden in
auf der Mikrowaage eingewogen und mit diesem in die
gleicher Weise extrahiert. Durch die vereinigten Über3
Hauptbirne gebracht. Die Seitenbirne enthielt 0,2 cm
stände wurde 10 Min. ein lebhafter C02-Strom geleitet,
10-proz. Citronensäure.
um etwa gelöstes 14 C0 2 zu vertreiben. Die Fraktion
wurde zur Entfernung der Trichloressigsäure 5-mal mit
Die fertig beschickten Inkubationsgefäße wurden
etwa 1,5 Vol. Äther (DAB 6) geschüttelt und dann auf
8 —10 Min. mit jeweils neu hergestelltem aerobem (5%
12 cm3 aufgefüllt. Die so erhaltene Fraktion ist in den
C0 2 /Luft) bzw. anaerobem Gasgemisch (5% C0 2 /N 2 ;
Tabellen mit LF ( = lösliche Fraktion) bezeichnet. Beim
weniger als 0,01% 0 2 nach Angabe der Herstellerfirma
Ausschütteln mit Äther werden ätherlösliche BestandGesellschaft für Linde's Eismaschinen, Nürnberg, entteile entfernt. Da alle Fraktionen in gleicher Weise
haltend) durchströmt. Nach vorsichtigem Druckausgleich
Zum Schluß seien die Versuche mit Netzhaut den
Versuchen mit Embryonen und Tumorzellen gegenübergestellt. Das Vermögen C 0 2 zu fixieren ist
wesentlich geringer als bei Tumorzellen und Embryonen (s. Abb. 2, S. 3 8 9 ) . Die Aktivität der Proteinfraktion und der Nucleinsäurefraktion erreicht nur
sehr geringe Werte. Trotz ihrer großen Atmung und
Glykolyse hat die Netzhaut sowohl aerob als auch
anaerob einen sehr geringen Wirkungskoeffizienten
für die Proteinsynthese, wie dies übereinstimmend
auch die schon erwähnten Versuche von Q U A S T E L 3 0
zeigten. Alle diese Umstände weisen darauf hin, daß
der Stoffwechsel in der Netzhaut vor allem zur Aufrechterhaltung der differenzierten Funktion dient
und die durch Atmung und Glykolyse gewonnene
Energie offenbar nur in beschränktem Maße zur
Protein- und Nucleinsäuresynthese verwendet werden kann.
extrahiert wurden und es nur auf einen relativen Vergleich der Werte ankommt, ist dies für die Versuche
jedoch ohne Bedeutung. —Die Enteiweißung mit Perchlorsäure ergab Schwierigkeiten, da audi nach dem
Neutralisieren und Ausfrieren noch soviel KC104 gelöst
bleibt, daß die Aktivitätsbestimmung gestört wird.
Der Rückstand wurde nach dem Verfahren von
SCHNEIDER
1 5 Min.
mit 4 — 8 cm3 und 5 M i n . mit
4 cm3 5-proz. Trichloressigsäure bei 95 °C unter dauerndem Rühren extrahiert. Die TCE wurde durch mehrmaliges Schütteln mit Äther entfernt und auf 12 cm3 (oder
8 cm3) aufgefüllt: Nucleinsäure-Fraktion. Der nach der
Extraktion mit heißer TCE verbleibende Rückstand besteht vor allem aus Proteinen. Er wurde 3-mal auf der
Zentrifuge mit 96-proz. Äthanol/Äther = l / l und 3-mal
mit Äther gewaschen, dann getrocknet und gewogen.
Bei einem Teil der Versuche mit Krallenfroschembryonen wurden die vom Medium abgetrennten Embryonen bei 0 °C mit 2 Vol. Methanol homogenisiert
und nach dem Ansäuern des Homogenates auf PH ~ 2,5
(Ameisensäure) 10 Min. C0 2 durchgeleitet. Der abzentrifugierte Rückstand wurde noch 2-mal mit 70-proz.
Methanol (PH 3) extrahiert. Aus diesem Rückstand
wurden Nucleinsäure- und Proteinfraktion, wie oben
beschrieben gewonnen. Die vereinigten Überstände wurden i. V. zur Trockne gebracht, der Rückstand bei
PH 2,5 ( + HCl) in Wasser gelöst, klarzentrifugiert und
20 Stdn. im K u t s c h e r - S t e u d e l - Apparat mit
Äther extrahiert.
Die Ätherphasen wurden zur Trockne gebracht, in
wenig Wasser gelöst und aliquote Teile zur Papierchromatographie 4 6 a _ b verwendet: 1. Dimension (aufsteigend) Phenol — Wasser — Ameisensäure (3 g Phenol, 1 g
1-proz. wäß. Ameisensäure) 29 Stdn. bei 16 °C; 2. Dimension (absteigend nach intensivem Trocknen) Äthanol—25-proz. Ammoniak—Wasser (16 : 1 : 3) 2-mal
13 Stdn. bei 16 °C (Papier: Whatman Nr. 1).
Zur Identifizierung mitlaufende Säuren wurden mit
einem Sprühreagens (Bromkresolgrün) nachgewiesen.
Die getrockneten Chromatogramme wurden entweder
mit einem Zählrohr oder durch Autoradiographic ausgewertet (Röntgenfilm, Expositions-Zeit 10Tage).
6. H y d r o l y s e
und
Decarboxylierung
v o n P r o t e i n e n u n d A m i n o s ä u r e n . 1 bis
5 mg der Proteinfraktionen wurden 16 bis 21 Stdn. in
45
45
46
W. C. SCHNEIDER, J. biol. Chemistry 161, 293 [1945].
a) J. B. S T A R K , A. E. GOODBAN u. H. S . ONCUS, Analytic.
Chem. 23, 413 [1951]; b) R. M U N I E R , Bull. Soc. chim.
France, Mem. 19, 869 [1952].
3 cm3 6-n. HCl im zugeschmolzenen Rohr bei 115 °C
hydrolysiert. Das Hydrolysat wurde quantitativ in einer
V a n - S l y k e - Decarboxylierungs-Apparatur 17 durch
Aufleiten von C0 2 oder N2 im Wasserbad bei etwa
80 °C zur Trockne gebracht. Das Eindampfen wurde,
nachdem jeweils Wasser zugegeben worden war, wiederholt, bis die stark saure Reaktion verschwunden war.
Die Decarboxylierung erfolgte nach V a n S l y k e mit
Ninhydrin in Citratpuffer (PH 2,5). Das ausgefallene
BaC03 wurde unter Stickstoff abzentrifugiert und mehrmals mit C02-freiem Wasser gewaschen.
Bei der Decarboxylierung der löslichen Fraktionen
wurden als Träger 2 mg DL-A-Alanin hinzugefügt.
Die Konzentration der Aminosäuren in der löslichen
Fraktion wurde kolorimetrisch nach Y E N N und C O C K I N G
bestimmt.
7. B e s t i m m u n g
d e r A k t i v i t ä t . In der
Regel wurden je 2 cm3 der LF- und Nucleinsäurefraktionen auf Aluminiumschälchen aufgetragen und mit
1 Tropfen 96-proz. Äthanol/cm3 im Exsikkator erst bei
30 —40 Torr und zum Schluß bei 1 0 - 2 Torr zur Trockne
gebracht. Proteine und BaC0 3 wurden in alkoholischer
Suspension (96-proz. Äthanol) in gleicher Weise als
gleichmäßige feine Schichten auf die Schälchen gebracht.
Die Aktivitätsbestimmung erfolgte mit einem Methanflow-counter. Bei allen Präparaten, mit Ausnahme der
Versuche mit Retina, betrug die Aktivität mindestens
das Dreifache des Nulleffektes. Die Selbstabsorption
wurde bei der Berechnung der Aktivitäten berücksichtigt.
47
Bei Versuchen mit Ascites-Tumorzellen betrug die
Abweichung der Aktivitätswerte zwischen 2 Ansätzen
der gleichen Zellcharge \% ibis maximal 9% bei der Proteinfraktion; — bei der Nucleinsäurefraktion war sie
maximal 12 Prozent. Die Versuche waren also gut reproduzierbar.
8. B e s t i m m u n g d e r S t o f f w e c h s e l k o e f f i z i e n t e n . (?c>2 u n ( l (?MN* (anaerobe Glykolyse) wurden manometrisch in der W a r b u r g - Apparatur bestimmt 1. — Die gleichzeitige Bestimmung von Qo^ u n d
QM°* (aerobe Glykolyse) erfolgte nach der Gefäßpaarmethode von W A R B U R G 2. Zur Ermittlung der Trockengewichte wurden die Gewebe und Zellen bei 105° bis
zur Gewichtskonstanz getrocknet.
47
E. W.
Y E N N U.
E.
C . COCKING,
Analyst
80,
209 [1955].
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