Aus: „Psychotherapie – Hilfe für Menschen mit psychischen

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Aus: „Psychotherapie – Hilfe für Menschen mit psychischen Problemen bei
Patienten mit Essstörungen: Welche Bedeutung hat dieses Erstgespräch für
den Einstieg in das sowhat-Programm?“ (Abschlussarbeit für das
Propädeutikum, 2005, 6. Kapitel: Zusammenfassung und Resümee)
Dr. Sonja Brustbauer
Beim Erstgespräch wird die biographische Anamnese erhoben und das Problem der
Essstörung in seinen verschiedenen Dimensionen und Auswirkungen beleuchtet.
Weiters wird versucht herauszuarbeiten, was sich die Klientinnen von der Beratung
erhoffen, welche Erwartungen sie haben und welche Art der Behandlung am Besten
für sie geeignet erscheint. Das Erstinterview wird geführt von einer von drei
Therapeutinnen, die den Patienten dann auf geeignete Psychotherapieplätze
zuweist. Da die Erstgesprächsführenden die Mitglieder des Leitungsteam bei
Sowhat, Institut für Menschen mit Essstörungen, sind, kennen sie alle Therapeuten
und Therapeutinnen. Dies vereinfacht es, schnell und gezielt einen geeigneten
Therapieplatz für den Patienten zu finden. Die Erstgesprächsführende hat die
„Schutzherrschaft“ über ihre Patienten im Erstinterview. Bei Problemen (z.B. kommt
nicht zu den Arztterminen) oder bei Therapeutenwechsel ist immer der
Erstinterviewer Ansprechpartner.
Das Erstinterview ist der Schlüssel zum Einstieg bei Sowhat. Es wurde ein gut
strukturierter Erstgesprächsbogen verfasst der alle wichtigen Daten – aktueller
Behandlungsanlass, Vorgeschichte der Essstörung, Lebenskrisen, etc. um nur einige
zu nennen – beinhaltet. Weiters wurden alle Namen des angewiesenen
Betreuungsteams (Therapeut, Allgemeinmediziner und Psychiater) in diesem
verankert. Dieser schriftlich verfasste Gesprächsbogen ist die Basis für alle weiteren
Gespräche der betreuenden Therapeuten und Mediziner, aber auch für die Arbeit im
Büro, da auch Daten zur Person (Adresse, Telefonnummer) und Versicherung
eingeschlossen waren.
Der Erstgesprächsbogen hat für die Therapeuten und Ärzte eine wichtige Bedeutung
und einen hohen Stellenwert. Die Therapeuten hatten die Möglichkeit, sich auf das
Erstgespräch zu beziehen und einzelne Punkte nachzufragen.
Die Therapeuten erkennen aus den verschiedenen Ereignissen im Lebenslauf
manchmal schon, welche Störung (z.B. Borderline) vorliegt. Sie können besser
einschätzen, was sie erwarten wird und dann auch entscheiden, ob sie mit diesem
Patienten arbeiten wollen. Andere Therapeuten wiederum lasen den
Erstgesprächsbogen erst nach ihrem ersten Treffen mit der Patientin, um so die
„Geschichten“ zu vergleichen und sich danach ein Bild zu machen. Angaben über die
Person (z.B. Alter und Beruf) und ihr Sozialleben sind wichtige Inhalte des
Erstinterviews, um festzulegen, ob der Patient auch von außen Unterstützung
bekommt. Vollkommen einsame und isolierte Personen oder Patienten mit einem
kritischen BMI bedürfen eines Krisenplans und eines intensiveren Netzwerks bei
Sowhat.
Es zeigten sich aktive und passive Patientenrollen. „Die Hypnotherapie wird mir
helfen!“ „Die Therapeutin wird mir Tipps geben, wie ich meine Essstörung in den Griff
bekomme!“ Patienten hatten manchmal ein falsches Bild von der Länge der
Therapie. Optimal war, wenn der Patient aktiv die Motivation zur Veränderung in die
Therapie mitbrachte. Motivation ist eine unabdingbare Voraussetzung für die
erfolgreiche Behandlung von Krankheiten, bei denen das Verhalten der Betroffenen
selbst eine wesentliche Rolle spielt.
Die Therapiewünsche der Patienten waren einerseits symptombezogen „weniger an
Essen denken“ andererseits persönlichkeitsbezogen „freier sein, selbstbewusster
werden.“
Da im Erstinterview auch nach dem Suchtpotential gefragt wurde, konnte sich auch
der Psychiater schon ein Bild machen, inwieweit z.B. Alkohol oder Laxantien eine
Rolle spielen. Die Gewichtsangaben und Gewichtseinschätzungen waren ein
wichtiges Indiz über die Selbstwahrnehmung des Patienten und die Zufriedenheit mit
dem eigenen Körper.
Im Erstinterview galt es auch zu entscheiden, ob der Schweregrad der Symptomatik
ein bestimmtes Maß überschritt (gemessen am Gewichtsverlust, dem Vorhandensein
schwerer körperlicher Folgeerscheinungen), ob gravierende komorbide Diagnosen
vorlagen (z.B. Schwierigkeiten im Bereich der Impulskontrolle in Form einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung, Depressivität mit Suizidgefahr, Alkohol- oder
Drogenprobleme), oder ob die psychosoziale Situation der Patientin besonders
problematisch war. Die dann zu entscheidende Frage war nach ambulanter versus
stationärer Behandlung. Es lag dann im Ermessen der Erstgesprächsführenden, ob
sie die Patientin gleich ablehnt und sie zu einem stationären Aufenthalt ermutigt,
oder ob sie die Erstuntersuchung beim Psychiater und Allgemeinmediziner abwartet.
Alles in allem ist das Erstinterview und das parallel dazu erstellte Schriftstück der
Ausgangspunkt der Therapie bei Sowhat. Es gibt allen Beteiligten ein Bild über die
wichtigsten Eckdaten des Patienten und seiner Essstörung. Auch Patienten, die
Jahre später einen Wiedereinstieg planten, wurden zuerst nach dem
Erstgesprächsbogen „beurteilt“. Obwohl ich leider nicht in die laufende Therapie
eingebunden war, habe ich doch viele Patienten aus den Erstgesprächen immer
wieder bei Terminvereinbarungen mit Ärzten gesehen. Viele von ihnen hatten nach
einiger Zeit eine wesentlich positivere und gesündere Ausstrahlung und ich sah
ihnen an, dass sie bei uns im Programm Fortschritte machten. Natürlich gab es auch
Einzelfälle, die wir nach kurzer Zeit zur stationären Aufnahme schicken mussten oder
die plötzlich ohne ersichtlichen Grund nicht mehr zu uns kamen.
Das Erstinterview bzw. Erstgespräch war der Grundstein für einen guten
Therapieweg. Vom Anfang an gab es ein Betreuungsteam, das dem Patienten ein
sicheres Gefühl gab, gut aufgehoben zu sein. Patienten, die im Erstgespräch noch
nicht bei uns „landen“ können, werden ebenso Möglichkeiten und Anlaufstellen
aufgezeigt. Ziel war es, dass der Patient sich nach dem Erstgespräch besser fühlt,
egal ob er nun in das Programm einsteigt oder nicht.
(In die vollständige Arbeit kann in der Bibliothek von sowhat – Institut für Menschen mit Essstörungen
eingesehen werden)
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