Autosomal dominant vererbte Erkrankungen Prof. Dr. med. Jürgen Kohlhase Praxis für Humangenetik Freiburg www.humangenetik-freiburg.de Mutationstypen • Genommutationen: numerische Änderungen des Chromosomensatzes (Polyploidie, Aneuploidie) • Genmutationen (ein Gen betroffen): Deletionen Insertionen Punktmutationen Chromosomen sind Träger von ca. 2 x 25.000 Genen FBN1 15q21 Gen • Einheit, die für ein Protein kodiert und/ oder in eine mRNA transkribiert wird • Besteht aus Exons (Bestandteile der reifen mRNA), Introns und regulatorischen Regionen • Mutationen sind meist in kodierenden Exons zu finden, gelegentlich aber auch in anderen Regionen Deletionen • Verlust von mindestens einem Basenpaar (keine feste Grenze), auch ganzer Gene. Effekt: Verlust/ Verkürzung wichtiger Proteinabschnitte, Frameshift (Leserasterverschiebung), Gendosisverminderung. Normal Mut delG T ACG ACG T I ATC ATC I L CTG CTG L G GGG GGG G G GGT GTG V V GTG TGA STOP Insertionen/ Duplikationen • Einbau mindestens einem Basenpaar (keine feste Grenze). Effekt: Verlängerung des Proteins, Einbau falscher Aminosäuren, Frameshift (Leserasterverschiebung), Erhöhung der Gendosis. Normal Mut insA T ACG ACG T I ATC ATA I L CTG CCT P G GGG GGG G G GGT GGG G V GTG TGT C Punktmutationen • Veränderung eines Basenpaares. Effekt: Verkürzung des Proteins (Stopp- oder „Nonsense“-Mutation), Einbau falscher Aminosäuren („missense“-Mutation). Normal Mut T>C T ACG ACG T I ATC ATC I L CTG CCG P G GGG GGG G G GGT GGT G V GTG GTG V Q CAG CAG Q Mut C>T ACG ATC CTG GGG GGT GTG TAG T I L G G V X Transition versus Transversion • Transition: Purin zu Purin (A>G), Pyrimidin zu Pyrimidin (C>T) • Transversion: Purin zu Pyrimidin (A>C,T), (G>C,T) Pyrimidin zu Purin (C>A,G), (T>A,G) C>T und G>A sind die häufigsten Mutationen • SpleißMutationen sind eine weitere wichtige Gruppe von Punktmutationen • (Netgene2Server) Was ist autosomal-dominant? • Die Vererbung erfolgt über ein NichtGeschlechtschromosom (Autosom) • Jeder gesunde Mensch hat i.d.R. von allen autosomalen Genen zwei Kopien, eine vom Vater, eine von der Mutter • Ist eine davon defekt, kommt es zur Krankheit, d.h. die zweite Kopie kann die Mutation nicht ausgleichen Was ist autosomal-dominant? I II III IV 1 1 2 2 1 1 3 2 2 3 3 • Suggestiv: Vererbung über drei konsekutive Generationen • Beweisend: Mutter-Sohn- und Vater-Sohn-Vererbung schließen geschlechtschromosomalen Erbgang aus • Beispiel PKD Polyzystische Nierenerkrankung • Zunehmende Nierengröße • Verschlechterung der Nierenfunktion • Endstadium Nierenversagen • Gene: PKD1 (Chromosom 16), PKD2 (Chromosom 4) Wie berate ich Patienten mit autosomal-dominanten Erkrankungen? I II III IV 1 1 2 2 1 1 3 2 2 3 3 • Wiederholungsrisiko? • Zeitpunkt des Auftretens? • Schwere der Erkrankung? • Wiederholungsrisiko 50% bei vollständiger Penetranz Neurofibromatose 1 • • • • • • Gen auf Chromosom 17q11.2 Protein: Neurofibrin Inzidenz: 1/1000 (Israel) - 1/ 3500 (SF) Café au lait-Flecke Neurofibrome Seltener Skoliosen, mentale Retardierung, Pseudarthrose der Tibia, Phäochromozytom, Meningiom, Gliom, Akusticusneurinom, Opticusneurinom, Hypertension Cafe au lait-Flecke Multiple Neurofibrome Lisch-Knötchen der Iris Marfan-Syndrom • • • Bindegewebserkrankung, Häufigkeit 1-2/10000 Meist verursacht durch Mutationen von FBN1 auf Chromosom 15q21 Betrifft verschiedene Systeme: – Kardiovaskuläres System: Aortendilatation, Risiko dissezierender Aortenaneurysmen – Okuläres System: Linsenluxation, abgeflachte Kornea – Skelettsystem: Kielbrust, Trichterbrust, Armspanne/Körperlänge >1.05, positives Handgelenk- und Daumenzeichen, Skoliose >20% oder Wirbelgleiten, eingeschränkte Ellbogenstreckung, Plattfuß – Lunge: Spontanpneumothorax – Dura: Ektasie – Haut: Striae Marfan-Syndrom Linsenluxation Positives Daumenzeichen Marfan-Habitus Marfan-Syndrom • • • Problematik: rechtzeitige Diagnosestellung zur Prophylaxe von lebensbedrohlichen Komplikationen Vorgehen: – klinische Diagnostik bei einem Indexpatienten, dabei Überprüfung aller betroffenen Systeme nach den sog. GentKriterien – Molekulargenetische Untersuchung des FBN1-Gens: Mutation wird in max. 90% der „Gent-positiven“ Personen gefunden – Molekulargenetische Untersuchung von Verwandten: Identifizierung von Mutationsträgern und Angebot eines besonderen Vorsorgeprogramms insbesondere zur Früherkennung von relevanten Gefäßkomplikationen Personen ohne FBN1-Mutation mit starkem klinischen Verdacht können unerkannte Mutationen in FBN1 oder Mutationen in anderen Genen (TGFBR2 und TGFBR1) tragen. Der „sporadische Fall“ • Sporadischer Fall: Keimzellmutation (dominante Neumutation) oder Keimbahnmosaik • Erbgang nur bei Kenntnis der Erkrankung erkenntlich CHARGE-Syndrom • • • • 1 auf 10000 bis 1 auf 8500 Neugeborene Fast ausschliesslich sporadisch, wenige familiäre Fälle Wiederholungsrisiko von 1-2% (empirisch) Lange Zeit als Assoziation bezeichnet, Erbgang oft verkannt. • CHARGE: C = coloboma, H = Herzfehler, A = Atresia der Choanae, R = Retardation (Wachstum und Entwicklung), G = (Uro)Genital-Anomalien, E = Ear Anomalien und/oder Hörstörungen. • LKG-Spalte, Tracheo-Ösophageale Fistel oder Atresie, Gesichtslähmung, Schluckprobleme, zerebrale Anfälle, Mikrozephalie, Anomalien der Hypophyse, Schwäche des Immunsystems. CHARGE-Syndrom • Ursache: heterozygote CHD7-Mutationen • Also: autosomal-dominante Erkrankung mit fast ausschliesslich sporadischen Fällen • 50% Risiko für Kinder Betroffener (selten) CHARGE-Syndrom • Keimbahnmosaik bei sog. „sporadischen Fällen“ dominanter Erkrankungen: die Mutation befindet sich in einer Vorstufe der Keimzellen, z.B. einer Stammzelle. Beratung bei sporadischen Fällen • Mutationsanalyse wenn möglich beim Kind durchführen (EDTA-Blut). Wenn eine Mutation gefunden wird, Eltern untersuchen. • Bei Nachweis der Mutation bei den Eltern in Lymphozyten-DNA (EDTA-Blutprobe): 50% Risiko für weitere Kinder • Kein Mutationsnachweis in elterlicher LymphozytenDNA: meist ca. 2-5% Wiederholungsrisiko Penetranz • Anteil der betroffenen Mutationsträger an der Gesamtheit der Mutationsträger, z.B. 70% (reduzierte Penetranz) oder 100% (vollständige Penetranz) Reduzierte Penetranz beim Okihiro-Syndrom (Radiale Fehlbildungen plus Duane-Anomalie) Variable Expressivität • Erkrankungen manifestieren sich unterschiedlich schwer bei Betroffenen derselben Familie oder verschiedener Familien Townes-Brocks-Syndrom Ohrmuscheldysplasie präaxiale Polydaktylie Analatresie Ursache: Mutationen im Gen SALL1 auf Chromosom 16q12.1 Protein:Transkriptionsfaktor • Townes-BrocksSyndrom als Beispiel stark variabler Expressivität Patient TBS Index pat. Bruder Vater Mut 967C>T 967C>T 967C>T Anal Fb # Daumen Fb# Ohr Fb# SH NierenFb IRF Fu§ Fb Hypospadie x x (x) x (x) x (x) x x x x x x x x x (x) x (x) x x Viele neurologische Erkrankungen werden autosomal-dominant vererbt 1 2 1 2 3 4 5 6 7 9 8 I II III IV 1 1 3 2 3 2 4 6 5 4 5 3 7 8 6 4 7 5 • Pat. II.3 leidet seit kurzem (jetzt 50 Jahre alt) unter unwillkürlichen Bewegungen • Ihr Vater hatte mit etwa 70 Jahren ähnliche Symptome gezeigt. Er ist jetzt 80 und bettlägerig Chorea Huntington • • • • • • • Erste Symptome im Allgemeinen zwischen dem 35. und dem 45. Lebensjahr (also selten vor dem Heiratsalter!) auf. Krankheitsbeginn vor dem 10. und nach dem 60. Lebensjahr selten. Anfangs nicht selten psychische Auffälligkeiten: Betroffene sind vermehrt reizbar, aggressiv oder enthemmt, verlieren ihre Spontanität oder zeigen zunehmende Ängstlichkeit (im Spätstadium Demenz). Bewegungsunruhe der Extremitäten, plötzlich auftretende unwillkürliche Bewegungen von Armen, Beinen, Kopf oder Rumpf. Grimassenschneiden, in Extremfällen tänzelnder Gang, der den Namen "Veitstanz" (griech. Choreia = Tanz) prägte. abgehackte Sprache, Schluckstörungen. Muskelsteifheit mit Bewegungsverminderung im Spätstadium Dauer bis zum Tod ca. 5-20 Jahren (abhängig von der Schwere der Erkrankung). Mutationswirkungen • Stoppmutationen, Deletionen: Menge des Genprodukts halbiert, was zur normalen Funktion nicht ausreicht (Haploinsuffizienz). • Andere Möglichkeit: Stoppmutationen führen zu kürzeren Proteinen, die mit dem Normalprotein interferieren (dominant-negative Wirkung) • Missense-Mutationen, CAGRepeatveränderungen: veränderte Proteine haben veränderte Eigenschaften, echte dominante (gain of function) oder auch dominant-negative Wirkung Dominant negative Mutationen in KollagenGenen sind schwerwiegender als NullMutationen Osteogenesis imperfecta Genomische Erkrankungen Prof. Dr. med. Jürgen Kohlhase Praxis für Humangenetik Freiburg www.humangenetik-freiburg.de Was sind genomische Erkrankungen? • Krankheiten, die aufgrund wiederkehrender DNARearrangements in „instabilen genomischen Regionen“ entstehen • der klinische Phänotyp ist eine Konsequenz einer abnormalen Gendosis eines oder mehrerer Gene • inter- und intrachromosomale Rearrangements werden begünstigt durch regionsspezifische „low-copy repeats“ (LCRs) und resultieren aus nicht-allelischen homologen Rekombinationen (NAHR) • LCRs umfassen ca. ~10–400 kb genomischer DNA und zeigen ≥ 97% Sequenzübereinstimmung. • NAHR-verursachte Erkrankungen zeigen übereinstimmende Bruchpunkte. Eine zweite Form genomischer Erkrankungen ist durch wiederkehrende Deletionen unterschiedlicher Größe gekennzeichnet, der Mechanismus ist nicht NAHR. Was sind genomische Erkrankungen? • Unterschied zu nicht-genomischen erblichen Erkrankungen: solche entstehen durch Punktmutationen oder kleinere Deletionen/ Insertionen und mangelhafte DNAReplikation oder -Reparatur • Sind in der Regel häufiger als monogene Erkrankungen durch Punktmutationen Möglichkeiten von chromosomalen Rearrangements Einige nach Mendel vererbte Erkrankungen sind genomischen Ursprungs „Contiguous gene syndromes“ genomischen Ursprungs Genomische Erkrankungen Mechanismen für genomische Erkrankungen Mechanismen für genomische Erkrankungen Genomische Erkrankungen Beispiele: • HNPP/ CMT1A • WBS • DGS/VCFS • Sotos-Syndrom Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung • Synonym: Hereditäre Motorisch-Sensible Neuropathie • langsam progrediente Degeneration der peripheren Nerven • motorische Nervenfasern meist wesentlich stärker betroffen als sensorische • Sekundär Untergang einzelner Muskelfasern und damit neurale Muskelatrophie, meist zuerst an Fuß- und Unterschenkelmuskulatur. Später auch obere Extremitäten betroffen. Spätfolgen: schwere Gangstörung oder zu einer Beeinträchtigung der Feinbeweglichkeit der Hände. • Ausprägung intra- und interefamiliär sehr variabel. • verschiedene Typen der HMSN werden unterschieden. Meist autosomal-dominant vererbt, aber auch Xchromosomal- und autosomal-rezessive Vererbung. Hände und Füße bei HMSN1 Hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen (tomakulöse Neuropathie, HNPP) • Erkrankung der peripheren Nerven: Verdickung der Markscheide und später segmentale Entmarkung der Nerven. • polyneuropathische Beschwerden mit Neigung zu Druckläsionen • Sensibilitätsstörungen und/ oder Lähmungen bevorzugt an den Extremitäten. • Erste Symptome zwischen dem ersten und dritten Lebensjahrzehnt. • Auslöser: längerdauernder Druck, kleinere Traumata, Kälte. • Prophylaxe: Vermeidung auslösender Faktoren (insbesondere bei Operationen!) • Autosomal-dominante Vererbung CMT und HNPP entstehen beide durch Veränderungen des PMP22-Genlocus auf Chromosom 17p11.2 FISH-Diagnostik Williams-Beuren-Syndrom • breite Stirn • Mikrozephalie • abgerundete Nasenspitze, antevertierte Nasenlöcher • volle Wangen • großer Mund mit evertierter Unterlippe • kleines Kinn (Mikrogenie) • Strabismus • Hypoplastische Zähne • Kleinwuchs • IQ meist zwischen 35 und 70 • Gefäßstenosen, besonders supravalvuläre Aortenstenose • Ca. 1/10000 Neugeborene „WBS-Region“ auf Chromosom 7q11.23 Ursache • „Contiguous gene syndrome“ durch ungleiche meiotische Rekombination • in 95% der Fälle: definierte 1,5 MbDeletion (heterozygot) • Deletion umfaßt 17 Gene • restliche 5% der Fälle: kein nachweisbares ChromosomenRearrangement Inversion zwischen Duplikons Duplikon • Bei ca. 1/3 der Eltern von Patienten findet man eine Inversion der WBS-Region, die sonst bei ca. 5% der Bevölkerung zu finden ist • Die Inversion liegt auf dem Chromosom, welches beim Kind die Deletion trägt • Prädisposition zur Deletion! Zusammenfassung WBS • Das Williams-Beuren-Syndrom entsteht durch eine heterozygote Deletion mehrerer Gene auf Chromosom 7q11.23 • Die WBS-Region zeigt häufig eine Inversion bei Eltern von Betroffenen • Inversion und Deletion werden durch Duplikons (sog. Low-Copy-Repeats) vermittelt • Die typische Inversion führt nicht zu phänotypischen Ausprägungen, aber scheint für eine Deletion zu prädisponieren. • Bei Eltern mit Inversion ist daher ein leicht erhöhtes Wiederholungsrisiko anzunehmen Das 22q11.2 Deletions-Syndrom Synonyme: Di-George-Syndrom (DGS): Thymus- und Nebenschilddrüsenhypoplasie oder –aplasie. Ausfall der zellulären Immunität, Herzfehler, Hypokalzämie, Gesichtsdysmorphien Velo-Cardio-Faciales Syndrom (VCFS): Gaumenspalte, Herzfehler (rechtsseitiger Aortenbogen), Gesichtsdysmorphien, kleine Körpergröße, Hypotonie, dünne Hände und Zehen, Lernschwäche und geistige Retardierung Conotruncal anomaly face syndrome (CAFS/CAS): Klinische Übereinstimmung mit DGS, in Japan beschrieben Kardiovaskuläre Ausprägung Das 22q11.2-Deletions-Syndrom • Meist de novo Deletionen (90 %), weniger als 10 % vererbt • 80-90% der Patienten haben die gleiche 3MbDeletion (ca. 30 Gene), Phänotypen variieren stark • Ca. 10% zeigen eine kleinere 1,5Mb-Deletion, die aber nicht zwingend zu einem milderen Phänotyp führt • Häufigkeit: ca. 1 : 4000, häufigstes MikrodeletionsSyndrom DiGeorgeRegion auf Chromosom 22q11.2 Welche Faktoren prädisponieren zur Deletion von 22q11.2? •Vier „low copy repeats“ (LCRs) vorhanden •Prädisposition der Region für aberrante meiotische Rekombination Verschiedene Deletionen werden bei Patienten mit DGS beobachtet FISH-Analyse zum Nachweis der Deletion N25 DGCR (DiGeorge Chromosomale Region; gelb) Kontrolle: Cosmid A6-62 (grün) Inversionsanalyse • Die 22q11.2-Deletion wird nicht durch eine Inversion des Chromosomenabschnittes im elterlichen Chromosom begünstigt, wie für das Williams-Beuren-Syndrom gezeigt TBX1Haploinsuffizienz ist die Ursache einiger Symptome des DGS Rolle von TBX1 bei del22q11.2 TBX1 Mutationen sind verantwortlich für 5 Partialphänotypen: •„Conotruncal anomaly face“- typische Gesichtsdysmorphien •Herzfehler •Hypoplasie des Thymus •Velopharyngeale Insuffizienz mit Gaumenspalte •Nebenschilddrüsendysfunktion mit Hypokalzämie TBX1 Mutationen sind nicht verantwortlich für die mentale Retardierung Die TBX1-Haploinsuffizienz ist eine genetische Hauptdeterminante des 22q11.2 Deletions-Syndroms Sotos-Syndrom •Großwuchs-Syndrom, Länge >97. Perzentile •Makrozephalie >97. Perzentile •Grosse Hände und Füße •Mentale Retardierung •Entwicklungsverzögerung •Neonatale Hypotonie •Epileptische Anfälle •Verursacht durch NSD1-Mutationen •Aber: in Japan 50% größere Deletionen, in anderen Populationen seltener als 10 % Sotos-Syndrom Sotos-Syndrom • • NSD1 ist flankiert von LCRs Alle Väter von Kindern mit paternaler Deletion in Japan tragen eine Inversion des NSD1-Locus, die aber auch in japanischen Kontrollen häufig ist. Die Häufigkeit der Inversion in anderen Populationen ist noch unklar. Moderne Diagnostische Methodik Array-CGH • Auflösung von Chromosomenanalysen: maximal 5 Mb. • Bei vielen Fehlbildungs-Retardierungssyndromen ist eine eindeutige klinische Diagnosestellung und damit eine klare Abschätzung des Wiederholungsrisikos nicht möglich. • Genomprojekt: die Sequenz des humanen Genoms ist nahezu vollständig verfügbar. Damit können Hybridisierungssonden hergestellt werden, um jede Region des Genoms zu untersuchen. Dies kann inzwischen für das gesamte Genom gleichzeitig auf einem Objektträger (Chip, Microarray) geschehen. • Auflösung: zur Zeit maximal ca. 12 - 50 kb, also 100-mal genauer als die Chromosomenanalyse. • Bei 12,7% unklarer geistiger Behinderungen wurden mit dieser Methode ursächliche Deletionen/ Duplikationen gefunden, davon 31,7% kleiner als 1 Mb. Array-CGH Patienten-DNA Farbe 1 normale DNA Farbe 2 normale Chromosomen (CGH) oder normale Chromosomenfragmente auf array slides (Array CGH) Patient = normal Patient >> Dosiserhöhung Patient << Dosiserniedrigung CGH Array CGH - Methode Sonden in 1 Mb Intervallen Array CGH Array CGH Ca. 3 Mb Deletion, Chr. 1q41-42 Gen DISP1 CNV = copy number variation Abklärung eines unklaren Krankheitsbildes mittels aCGH • Array-CGH-Ergebnis: heterozygote Deletion auf Chromosom 1q41-q42 (ca. 3 Mb) • Untersuchung der Eltern (qPCR): unauffällig • Beurteilung: Deletion 1q41-42 höchstwahrscheinlich ursächlich Submikroskopische 1q41-q42Deletionen: ein neues Krankheitsbild • • • • • Geistige Behinderung Wachstumsretardierung Schwere Sprachentwicklungsverzögerung Anfallsleiden Distinkte Dysmorphien wie dicke Lippen, breite Nasenspitze, grobe Gesichtszüge, vorstehende Stirn 17q21.31-Deletionssyndrom 17q21.31-Deletionssyndrom Lernziele 1 o o o o o o o o Welche Mutationstypen- und -wirkungen gibt es? Was ist autosomal-dominant? Wie kann ich einen solchen Erbgang erkennen? Wie berate ich solche Erkrankungen? Wie ist mit „sporadischen Fällen“ zu verfahren? Was versteht man unter „Repeaterkrankungen“? Was ist Penetranz, was Expressivität? Was ist eine Keimbahnmutation? Lernziele 2 o Was sind genomische Erkrankungen? o Wie entstehen diese Erkrankungen? o Welche sind die häufigsten Vertreter dieser Krankheitsgruppe? Literatur • „Online Mendelian Inheritance In Man“: (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/OMIM) • Strachan/ Read: Human Molecular Genetics 3. Ed. (Garland Science) • Jorde, Carey, Bamshad, White: Medical Genetics, 3. Ed. (Mosby) • Passarge: Taschenatlas der Genetik, 2. Aufl. (Thieme) • Buselmaier, Tariverdian: Humangenetik, 4. Aufl. (Springer) • Murken, Grimm, Holinski-Feder: Taschenlehrbuch Humangenetik, 7. Aufl. (Thieme)