Querschnittsbereich Nr. 1: Intervention Epidemiologie, Med. Biometrie und Med. Informatik SS 2010, Vorlesung 5 — Kurzfassung Lernziele Phasen der klinischen Forschung unterscheiden können Sensibilisierung für ethische Aspekte klinischen Forschung Notwendigkeit der Randomisierung für Wirksamkeitsbeurteilung nachvollziehen Überblick über Regelwerk und Behörden Qualitätsmerkmale von Therapiestudien beurteilen können Randomisierung Verblindung Intention-to-Treat-Prinzip Statistische Grundlagen: Klinische Relevanz vs. statistische Signifikanz Wiederholung Effektmaße Grundlagen der Fallzahlberechnung Entwicklungsstadien neuer medizinischer Behandlungen Präklinische Phase: Labor- und Tierversuche Phase I: Dosisfindungsstudien. Die Behandlung wird noch nicht therapeutisch eingesetzt. Studien zur Bioverfügbarkeit und Toxizität Phase II: Studien zu therapeutischer Wirkung und Nebenwirkungen. Aussortieren unwirksamer oder zu nebenwirkungsreicher Behandlungen. Geringe Anzahl Patienten. Schätzen der Ansprechrate (response rate) Phase III: Studien zum Wirksamkeitsnachweis. Vergleich der neuen Behandlung mit der Standardbehandlung / Plazebo für die entsprechende Indikation an einer ausreichend großen Anzahl Patienten (Zulassungsstudien) Phase IV: Studien zu seltenen Nebenwirkungen (UE = unerwünschte Ereignisse, adverse events) und Langzeitstudien zu Morbidität und Mortalität. Postmarketing surveillance. Regelungen und Behörden Methodische Standards, z.B. durch GCP – Good Clinical Practice ICH – International Conference on Harmonization Ethische Standards, z.B. Ethikkommissionen Deklaration von Helsinki Gesetzgebung und Behörden, z.B. Deutschland: BfArM – Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Europa: EMA; USA: FDA Arzneimittelgesetz, Medizinproduktegesetz Definitionen und Informationen zu diesen Behörden und Dokumenten gibt es im Internet, z.B. mit links über Wikipedia (www.wikipedia.org). Stand: 26.03.2010 Seite 1 von 3 Querschnittsbereich Nr. 1: Intervention Epidemiologie, Med. Biometrie und Med. Informatik SS 2010, Vorlesung 5 — Kurzfassung Studienprotokoll Genaue Festlegung und Begründung der Fragestellung der Studie. Definition der Zielkriterien, an denen Wirksamkeit gemessen wird. Vorgabe der Ein- und Ausschlusskriterien für die Aufnahme der Patienten Definition der Behandlungs- und Untersuchungsmodalitäten. Anweisungen, wie die Patienten den Behandlungen zugeteilt werden sollen (z.B. Randomisierung) Die Vorgabe des erforderlichen Stichprobenumfangs und dessen Berechnungsgrundlagen Festlegung der vorgesehenen statistischen Auswertungsverfahren. Vorteile des RCT (= randomized controlled trial) Gewährleistung von Beobachtungs- und Strukturgleichheit Intervention kommt als einzige Ursache für Unterschiede im Effekt in Frage Hohe interne Validität der Ergebnisse Nachteile des RCT Hoher Aufwand, vor allem bei seltenen Ereignissen und langer Nachbeobachtungsdauer Nicht immer möglich; hoher ethischer Anspruch Eingeschränkte externe Validität (idealisierte Behandlungsbedingungen, Patientenselektion) Randomisierung Dient der Gewährleistung von Strukturgleichheit Verblindung Doppelblind: Patient und Behandler. Ebenfalls wichtig: Diagnostiker, Statistiker Nicht immer möglich. Besonders wichtig bei „weichen“ Endpunkten Intention-To-Treat (ITT)-Prinzip: alle in die Studie eingeschlossenen und randomisierten Patienten müssen in die Analyse eingehen, und zwar in der Gruppe, zu der sie randomisiert wurden, unabhängig davon, was nach der Randomisierung mit ihnen geschieht Interpretationsprobleme Überbewertung von statistischer Signifikanz vs. klinischer Relevanz des Unterschiedes Überschätzung der Relevanz eines Ergebnisses bei Angabe der relativen Risikoreduktion Bedeutung des Konfidenzintervalles (siehe Alderson Artikel) Maßzahlen (Effektmaße): Die Ergebnisse einer Studie sind in einer Vierfeldertafel zusammengefasst (siehe Kursteil Ätiologie). Ereignisrate unter Therapie: p1 = a/(a+b); unter Kontrolle: p2 = c/(c+d) Relatives Risiko: RR = p1/p2 = (a/(a+b)) / (c(c+d)) Stand: 26.03.2010 Seite 2 von 3 Querschnittsbereich Nr. 1: Intervention Odds Ratio: Absolute Risikoreduktion Relative Risikoreduktion Number needed to treat Number needed to harm Epidemiologie, Med. Biometrie und Med. Informatik SS 2010, Vorlesung 5 — Kurzfassung OR = (p1/(1-p1))/(p2/(1-p2)) = (a*d)/(c*b) ARR = p2 – p1 RRR = (p2 – p1 ) / p2 = 1 – RR NNT = 1 /ARR NNH = 1/ARI (Risikozunahme einer Nebenwirkung) Eine Risikoreduktion im eigentlichen Sinne liegt vor, wenn das therapeutische Ereignis nachteilig formuliert ist (Mortalität, Schub, Verschlechterung….). Dabei gilt: p2 > p1, RR < 1, ARR > 0 Ist das Ereignis als Benefit formuliert (Heilung, Remission, Besserung…..), wird oft trotzdem von Risiko gesprochen. In diesem Fall gilt p2 < p1, RR > 1. ARR = p1 – p2 ARR kann also auch eine Risikozunahme sein (Risk-Increase, ARI). Allgemein gilt für ARR und ARI: | p2 - p1 | , entspricht | p1 – p2 |. Erklärungen dieser Begriffe finden sich z.B. unter www.cochrane.de => Glossar Fallzahl, notwendige Informationen: maximal tolerable Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 1. Art (z.B. 5% oder 1%) Power = 1- (maximal tolerable Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art) (z.B. 80% oder 90%). die ungefähre Ereignisrate in der Kontrollgruppe die „klinisch relevante“ Größenordnung des erwarteten Wirkungsunterschiedes Außerdem von Belang: Art der statistischen Auswertung, erwartete Dropoutrate, evtl. geplante Subanalysen. Ein ausführliches online statistisches Glossar und Lehrwerk ist z.B. JUMBO der Uni Münster (Google). Stand: 26.03.2010 Seite 3 von 3