Tutorium Klinische Psychologie II Schizophrenie Biologisch-medizinische Behandlungsmöglichkeiten Tutorium Klinische Psychologie II Schizophrenie Schizophrenie Biologisch-medizinische Behandlungsmöglichkeiten Anna Felnhofer [email protected] Tutorium Klinische Psychologie II I Inhalt Schizophrenie 1) Rückblick a) Lobotomie b) Entdeckung antipsychotischer Medikamente 2) Aktuelle Situation a) Arten antipsychotischer Medikamente b) Wirksamkeit c) Nebenwirkungen d) Gegenwärtige Verordnungspraxis Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie 1) Rückblick a) Lobotomie 1935: präfrontale Leukotomie (E. Moniz): in jede Seite des Schädels wird ein Loch gebohrt und ein eispickelähnliches Instrument in das Gehirngewebe eingeführt. 1940er Jahre: transorbitale Lobotomie (W. Freeman & J. Watts): Eine Nadel wird durch die Augenhöhle ins Gehirn eingeführt und zerstört dort durch kreisförmige Bewegungen im orbitalen Bereich das Gewebe. Probleme: hohe Sterblichkeitsrate, körperliche Folgen wie epileptische Anfälle, enorme Gewichtszunahme, Teillähmung, Inkontinenz, endokrine Störungen, emotionale & intellektuelle Reaktionsunfähigkeit. 1950er Jahre: Bürgerrechtsbewegung langsamer Rückgang der Lobotomie als Behandlungsmethode der Schizophrenie Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie 1) Rückblick b) Entdeckung antipsychotischer Medikamente 1950er Jahre: Entdeckung antipsychotischer Medikamente geht zurück auf Antihistaminika H. Laborit: Entdeckung , dass eine Gruppe von Antihistaminika, Phenothiazine (insbes. Chlorpromazin) Patienten vor OPs beruhigte Versuche an psychotischen Patienten; Rückgang der Symptomatik Entdeckung der Phenothiazine führte zur Dopaminhypothese der Schizophrenie 1954: Chlorpromazin kommt als antipsychotisches Medikament in den Vereinigten Staaten auf den Markt Seitdem Entwicklung zahlreicher weiterer sogenannter „Antipschotika“ Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie 2) Aktuelle Situation a) Arten antipsychotischer Medikamente Allgemein werden heute antipsychotische Medikamente unter der Bezeichnung „Antipsychotika“ zusammengefasst; sie werden darüber hinaus folgendermaßen unterteilt: Art Konventionelle Antipsychotika Atypische Antipsychotika Synonyme Antipsychotika der 1. Generation, Neuroleptika Antipsychotika der 2. Generation, Atypische Neuroleptika Wirkstoffe Handelsnamen (Bsp) Phenothiazine: z.B.: Chlorpromazin Melleril, Lyogen Butyrophenone: z.B.: Haloperidol Haldol Depotpräparate: z.B.: Flupenthixol Fluanxol Clozapin Leponex Risperidon Risperdal (Comer, 2008) Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie 2) Aktuelle Situation b) Wirksamkeit Antipsychotika wirksamste Einzelintervention während der Hospitalisierung größtes Problem = Rückfallquote konventionelle Antipsychotika Phenothiazine binden an eine bestimmte Art von Dopamin-Rezeptoren (D-2-Rezeptoren), blockieren dort das Dopamin und verhindern so, dass dopaminerge Rezeptoren feuern können (Dopaminhypothese). beeinflussen va. positive Symptomatik (Halluzinationen, Wahnvorstellungen) und nicht negative Symptome (flacher Affekt, Spracharmut, Motivationsdefizite) atypische Antipsychotika = größte Herausforderung der Dopaminhypothese, da anderer Wirkmechanismus als konventionelle Antipsychotika. Sie binden eher an D-1-Rezeptoren, aber auch an Rezeptoren des Neurotransmitters Serotonin. bewirken einen Rückgang in der positiven Symptomatik; noch ist ungeklärt, ob sie auch zur Besserung der Negativsymptomatik beitragen Tutorium Klinische Psychologie II I 2) Aktuelle Situation c) Nebenwirkungen Schizophrenie konventionelle Antipsychotika va. extrapyramidale Effekte (Bewegungsanomalien) durch Wirkung des Medikaments auf extrapyramidale Hirnregionen; so häufig, dass sie bereits eine eigene Kategorie von Störungen im DSM IV bilden, die medikamenteninduzierten Bewegungsstörungen: - Parkinsonismus und ähnliche Symptome Ähneln dem neurologischen Parkinson-Syndrom; schwerer, anhaltender Muskeltremor und –rigor, Zittern, schlurfender Gang, wenig Mimik, Dystonie, Akathisie - malignes neuroleptisches Syndrom = schwere, manchmal lebensgefährliche Reaktion mit Muskelstarre, Fieber, Bewusstseins- und vegetativen Störungen sofortiges Absetzen des Medikaments! - tardive Dyskinesie erst, wenn Medikament länger als 1 Jahr eingenommen, od. nach Absetzen = unwillkürliche, tic-ähnliche, windende Bewegungen mit der Zunge, des Mundes oder des gesamten Körpers oft nicht mehr zu beseitigen, nur wenn früh erkannt und Medikament abgesetzt wird Tutorium Klinische Psychologie II I 2) Aktuelle Situation c) Nebenwirkungen Schizophrenie atypische Antipsychotika weniger Nebenwirkungen als konventionelle Antipsychotika (va. Gewichtszunahme) keine Spätdyskinesien nach längerer Behandlung, dafür bei Einnahme von Clozapin Gefahr der Agranulozytose (=lebensbedrohliche Abnahme weißer Blutkörperchen). d) Gegenwärtige Verordnungspraxis konventionelle Antipsychotika heute umsichtiger und vorsichtiger verordnet bei Nicht-Ansprechen wird Dosis nicht erhöht, sondern abgesetzt, außerdem wird die geringstmögliche Dosis verordnet, und nach Wochen, höchstens Monaten verringert oder gar abgesetzt. atypische Antipsychotika Aufgrund geringerer Nebenwirkungen häufiger als konventionelle Antipsychotika verschrieben Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie Linktipps Schizophrenie: Forum des Kompetenznetz Schizophrenie http://www.kompetenznetz-schizophrenie.info/forum/ Psychose Forum, Psychosenetz.com (Ö) http://forum.psychosenetz.com/ Schizophrenia Research Forum (US) http://www.schizophreniaforum.org/ Infoseite zu Psychosen und bipolaren Störungen (von Pharmafirma Astra Zeneca initiiert) http://www.psychosis-bipolar.com/ Tutorium Klinische Psychologie II I Schizophrenie Literatur: Comer, R.J. (2008). Klinische Psychologie. Heidelberg: Spektrum. Katschnig, H., Donat, H., Fleischhacker, W.W. & Meise, U. (2002). 4x8 Empfehlungen zur Behandlung von Schizophrenie. Linz: edition pro mente. Julien, R.M. (2005). A primer of drug action (10th ed.). New York: Worth Publishers.