C - Rheinische Kliniken Düsseldorf

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Behandlung der Schizophrenie
Joachim Cordes
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der
Heinrich-Heine-Universität
- LVR-Klinikum Düsseldorf Bergische Landstr. 2, 40629 Düsseldorf
Übersicht
• Fallvorstellung
• Behandlungsmethoden
Psychoeduktion – Psychotherapie – Antipsychotika
Fallbesprechungen zu Nebenwirkungen von Antipsychotika
• Phasenspezifische Therapie
Prodromalphase – Akutphase – postakute
Stabilisierungsphase - stabile Remissionsphase
• Optional: Behandlung bei Therapieresistenz
Evidenz-Ebenen
A Evidenzebene
•
Ia Metaanalyse von mindestens 3 randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs)
•
Ib Mindestens 1 RCT oder Metaanalysen von weniger als 3 RCTs
B Evidenzebene:
•
IIa Mindestens 1 kontrollierte nicht-randomisierte Studie mit methodisch
hochwertigem Design
•
IIb Mindestens 1 quasi experimentelle Studie mit methodisch anspruchsvollem
Design
•
III Mindestens 1 nicht-experimentelle deskriptive Studie
C Evidenzebene:
•
IV Berichte, Empfehlungen von Expertenkomitees, klinische Erfahrung anerkannter
Autoritäten
Gaebel, Falkai 2006, Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie,
Band 1 S-3 Behandlungsleitlinie Schizophrenie, Steinkopff Verlag
Akzeptanz einer Behandlung
–
50% der Fälle mit unbefriedigendem Therapieerfolg mangelnde
Compliance mitverantwortlich
–
Anteil der Patienten, welche die antipsychotische Medikation in
einem 6 Monate Zeitraum nicht einnehmen, liegt bei 41%.
–
Gründe für die ausbleibende Akzeptanz
•
Selbsteinschätzung als nicht erkrankt
•
Ko-morbide Substanzabhängigkeit
•
inadäquate Entlassungsvorbereitung
•
schlechte Therapeut-Patient-Beziehung
Inhalte einer Psychoedukation
Inhalte:

Informationen über die Krankheit und ihre Behandlung

Förderung des Krankheitsverständnisses

Förderung der Selbstverantwortung

Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung
Vorgehensweise:

Meist manualisiert, mit Arbeitsblättern, Hausaufgaben

In der Regel 8 - 10 Stunden

Didaktisch-strukturiert, psychotherapeutisch
Adressaten:

Patienten und Angehörige, in Gruppen oder einzeln

Getrennt oder gemeinsam
Wirksamkeit der Psychoedukation
•
Manualisierte Psychoedukation reduziert Rückfallhäufigkeit
und Re-hospitalisierungsraten (Giron 2010) B
•
Einbeziehung von Familienangehörigen ist effektiver (Lincoln
2007) B
•
Regelmäßige Familieninterventionen über 9 Monate
reduzieren die Rezidiv-Häufigkeit A
•
Psychoedukation ohne begleitende verhaltenstherapeutische
Komponenten verbessert die Medikamenten-Compliance
nicht.
•
Als Folge des verbesserten Wissens kann eine erhöhte
Suizidalität auftreten. B
Inhalte der Kognitiven Verhaltenstherapie

Erkennen von Belastungen

Förderung von Bewältigungsstrategien

Verbesserung des Umgang mit bestehenden Symptomen

Arbeit an dysfunktionalen Denkmustern und Annahmen
über die eigene Person und die Umwelt

Systematische Realitätsprüfung
Behandlungsrahmen:
 Einzeltherapie, 12 Sitzungen
 Dauer: meist nicht unter 9 Monaten
Klingberg et al. 2003
Kognitive Psychotherapie kann den Therapieerfolg steigern
Klingberg 2003
Wirksamkeit der Kognitiven Verhaltenstherapie
– Prä-psychotische Prodromalphase A
– Behandlungsresistente persistierende psychotische
Symptome A
– Verbesserung von Einsicht und Compliance B
– Reduktion des Rückfallrisikos A
Weitere Therapieformen
• Team basierte gemeindenahe psychiatrische Behandlung A
zur Versorgung schwer erkrankter Menschen mit
Schizophrenie mit Gewährleistung von Hausbesuchen
• geringere Einweisungsquote
• Verbesserung der sozialen Funktionen
• Verbesserung der Symptomatik und Lebensqualität
• Programme zur Beruflichen Rehabilitation A
• Angepasste und betreute Wohnformen C
• Ergotherapie
Wirkungen von Antipsychotika auf die
dopaminergen Neuronensysteme
Mesokortikale Bahn
Hypoaktivität:
Wirksamkeit auf
Negativsymptome
Nigrostriatale System
Extrapyramidalmotorische
Nebenwirkungen
Mesolimbische Bahn
Tuberoinfundibuläre System
Prolaktin Erhöhung
Hyperaktivität:
Wirksamkeit auf
Positivsymptome
Nach Stahl SM. Essential Psychopharmacology of antipsychotics and mood
stabilizers. 1st ed. Cambridge University Press; 2002.
Einteilungen der Antipsychotika
Strukturchemisch
• trizyklisch:
Phenothiazine (Fluphenazin)
Thioxanthene (Chlorprothixen)
Dibenzodiazepine (Clozapin)
• Butyrophenone (Haloperidol)
• Substituierte Benzamide (Sulpirid)
• Piperidine (Orap)
„Neuroleptische Potenz“
• hoch / mittel / niedrig „potent“
„Atypizität“
• konventionelle („typische“) Antipsychotika
• atypische Antipsychotika
Einteilung nach neuroleptischer Potenz der
konventionellen Antipsychotika
„hoch potent“
„niedrig potent“
Wirkstoff
Handelsname
Dosierung
Benperidol
GLIANIMON®
2 – 16 mg
Haloperidol
HALDOL®
2 – 20 mg
Flupentixol
FLUANXOL®
5 – 25 mg
Perazin
TAXILAN®
50 – 400 mg
Chlorprothixen
TRUXAL®
50 – 500 mg
Pipamperon
DIPIPERON®
40 – 240 mg
Melperon
EUNERPAN®
50 – 300 mg
Levomepromazin
NEUROCIL®
25 – 250 mg
Optimale antipsychotische Wirksamkeit bei 70% striataler Rezeptorblockade,
>80% Risiko extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen
Rate der striatalen D2-Rezeptorblockade
Amisulprid 100mg
Quetiapin 600mg
Clozapin 450mg
Zotepin 200mg
Olanzapin 10mg
Sertindol 18mg
Risperidon 3mg
Olanzapin 15mg
Amisulprid 800
Ziprasidon 40mg
Risperidon 6mg
0
20
40
60 70 80
Rate in %
100
Haloperidol 13mg
EPS-Schwelle
Naber 1999
Atypizität der Antipsychotika
Im engeren Sinne
atypisch
Atypizität
Im weiteren
Sinne atypisch
„typisch“
konventionell
Wirksames AP ohne motorische
Nebenwirkungen (EPS)
Verglichen mit „typischen“ AP
-weniger EPS-Risiko
-geringes Risiko für tardive Dyskinesien
-geringer Prolaktin-Anstieg
-weniger Therapieresistenz
-besser wirksam gegen Negativsymptomatik
-besser wirksam gegen depressive Symptome
-besser wirksam gegen kognitive Symptome
Bedeutung der ZNS-Rezeptoren
Blockade bewirkt:
D2
antipsychotische Wirkung (mesolimbisches, mesokortikales System)
EPS (nigrostriatales System)
Prolaktinerhöhung (tuberoinfundibuläres System)
5HT2A
antipsychotische Wirkung und Besserung der Negativsymptomatik,
Milderung von EPS
5HT2C
Appetit und Gewichtszunahme, Abnahme des durch D2–Blockade
induzierten Prolaktin Anstieges
H1
Sedierung, Gewichtszunahme
M1-5
Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen, Obstipation,
Miktionsstörung, Merkfähigkeitsstörungen, Delir
1
orthostatische Dysregulation, Ejakulationsstörungen
Pickar, Lancet 1995, Richelson, J Clin Psychiatry 1999
Rezeptorbindungsprofile
Rezeptor
D2
Clozapin
(Leponex®)
Haloperidol
(Haldol®)
126
0.7
16
45
1
7
6
H1
6
440
M1
1.9
>1500
5-HT2A
Bindungsaffinität in nmol/l
Müller 2002 Psychopharmakotherapie 2002; 9(4): 120-127.
Klinische Wirkprofile
• Positivsymptomatik
• Negativsymptomatik
• Kognitive Störungen
• Katatone Symptome
• Psychomotorische Erregung
Ergebnisse verschiedener Metaanalysen zum Vergleich der
Wirksamkeit von Antipsychotika auf die PANSS total Skala
0,8
Effect Size
0,6
0,4
0,2
0
0
0,0
-0,2
CLO
AMI
Leucht et al, 2008
OLA
RIS
ZOT
Davis et al, 2003
Leucht et al. Psychological Medicine 2009;
ARI
QUE
SER
ZIP
Geddes et al, 2001 Cochrane Reviews
N=498, 1-Jahres-Studie: Offene, randomisierte Studie
Rate des Therapie-Abbruches (%)
100
80
p<0.0001
60
48.0
40.0
40
26.0
20
14.0
14.0
Ola
Amis
0
Zip
Quet
Kahn R.S. et al. Lancet 2008;371:1085-97
Hal
Kein signifikanter Wirkunterschied der atypischen Neuroleptika
auf die PANSS Negativ Symptom Subskala in einer Meta-Analyse
*
Amisulprid
Quetiapin
Aripiprazol
Clozapin
Olanzapin
Risperidon
Ziprasidon
Leucht et al. Am J Psychiatry 2009; 166:152-163
Meta-analyse zur Wirksamkeit der Antipsychotika der
zweiten Generation von 38 randomisierten Studien
Positivsymptomatik
Negativsymptomatik
Depression
-0.48
-0.39
-0.26
Signifikant geringere Wirkung auf Negativsymptomatik
Wenige Studien bei Patienten mit ausgeprägter
Negativsymptomatik (Amisuprid)
Leucht et al. 2009, Molecular Psychiatry
Wirkung der Antidepressiva mit klassischen
Antipsychotika auf die Negativsymptomatik
.
7 Studien, N=202, statistisch signifikante Überlegenheit P=.0002
Rummel et al. 2005, Schizophrenia Research,
Rummel et al. 2006, Cochrane Review
Zeitverlauf des antipsychotischen Effekts
% Verbesserung pro Woche
Psychotische Symptome nach Korrektur für Placeboeffekte
16
14
Metaanalyse von 53
Studien mit 8177
Patienten
12
10
8
6
4
2
0
0
1
2
Woche
Agid et al. Arch Gen Psychiatry 2003;60(12):1228-35
3
4
5
Anteil der Patienten
ohne Rückfall in %
2-Jahres-Daten: Depot versus Orales Fluphenazin
Depotfluphenazin (n=58)‫‏‬
Fluphenazin oral (n=55)‫‏‬
100
90
80
70
60
n.s.
50
40
30
0
6
12
18
Hogarty et al. Arch Gen Psychiatry, 1979; 36: 1283–1294
24
Zeit in
Monaten
Fallbericht
27 jährige Patientin wird seit Jahren mit 10 mg
Olanzapin wegen bekannter Schizophrenie bei guter
Verträglichkeit behandelt.
Wegen einer zusätzlichen depressiven Episode
erhält sie seit einer Woche 10 mg Fluvoxamin.
Aktuell entwickelte sie bisher ihr unbekannte
motorische Auffälligkeiten: Herausstrecken der
Zunge, Blickkrampf und Schlundkrampf mit Atemnot.
Wie schätzen sie dies diagnostisch ein und welche
Maßnahmen würden Sie ergreifen?
Pharmakokinetische Aspekte der
Antipsychotika
konv.
hepatischer
Abbau
atypisch
HAL
CLOZ RIS
OLZ
ASP
QUET ZIPR
+++
+++
+++
-
+++
++
++
• Leber- / Niereninsuffizienz
• Genetische Unterschiede der Cytochrom-P450-Isoenzyme
• Interaktionen (www.psiac.de, Plasmaspiegel):
• Nikotinkonsum (Abbauförderung über CYP1A2 Induktion)
• Fluvoxamin (Abbauhemmung über CYP1A2 Inhibition)
u.a. nach M.J. Müller, 2006
Unerwünschte Begleiterscheinungen von Antipsychotika
• Kardiale Nebenwirkungen
• zerebrovaskuläre Nebenwirkungen
• Vegetative Nebenwirkungen
• Allergische Reaktionen
• Leber-Gallengangsystem
• Generalisierte Krampfanfälle
• Delirante Syndrome
• Depression
• Sedierung, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen
• Extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen
• Hämatopoetisches System
• Endokrine Begleitwirkungen
• Gewichtszunahme, Diabetes
Extrapyramidalmotorische Störungen:
Risiko: hochdosierte Behandlung mit typischen Antipsychotika
•
Früdyskinesien: 2-17%, 1. Woche, Risiko: Männlich, junges
Alter, hohe Dosis; Dosisreduktion, Anticholinergikum C
•
Parkinsonoid: 15-20%, 1.-10-Woche; Dosisreduktion,
Anticholinergikum C
•
Akathisie: 20%, 1.-7.Woche; Benzodiazepine, Beta-Blocker C
•
Spätdyskinesien: 15-20%, 3 Monate-3Jahre, Risiko: hohes
Alter, weibliches Geschlecht, affektive Störung, zerebrale
Vorschädigung, Diabetes mellitus; potientiell irreversibel,
Clozapin, Tiaprid
Fallbericht
Ein 20-jähriger Mechaniker mit einer paranoidhalluzinatorischen Psychose wird seit 2 Wochen mit
dem hochpotenten, klassischen Antipsychotikum
Haloperidol behandelt. Es kam bereits zu einer
deutlichen Besserung der Symptomatik bei guter
Verträglichkeit. Innerhalb von 24 Stunden entwickelt
sich jedoch ein akutes Krankheitsbild mit Rigor,
Akinese, fluktuierender Bewußtseinsstörung sowie
einer autonomen Funktionsstörung mit Fieber,
Tachykardie, Tachypnoe, Hypertonie und starkem
Schwitzen.
Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Malignes Neuroleptisches Syndrom (1.- 2.Woche, 0.02-2.4%),
erhöhtes Risiko bei jungen Männern und unter Lithium, Mortalitätsrate 10%
Symptomatik
•
Erhöhte Körpertemperatur, Tachykardie, Erhöhter, schwankender
Blutdruck
•
Rigor, Akinese, Dys- und Hyperkinesen
•
Fluktuierende Bewusstseinsveränderungen
•
Leukozytose, CK-Erhöhung, Transaminasenerhöhung, metabolische
Azidose
Therapien
•
Sofortiges Absetzen, Kühlung, Flüssigkeitszufuhr, Intensivüberwachung
•
Dantrolen (4-10mg/kg KG), alternativ: Bromocriptin, Amantadin,
Lorazepam
•
bei leichten Formen und diagnostischer Unsicherheit Benzodiazepine
•
bei unzureichender Wirksamkeit EKT C
Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Achse
Antipsychotikum
Dopaminerge Aktivität
Prolaktin
Hemmt Freisetzung von
hypothalamischem
GnRH
Gonadotropine
Östrogen und
Testosteron
GnRH = Gonadotropin-Releasing-Hormon
Byerly M et al. J Clin Psychopharmacol 2007;27:1–20
Symptomatische
Hyperprolaktinämie
Mögliche Symptome einer akuten
Hyperprolaktinämie
Akut
Hyperprolaktinämie
Direkte Gewebeeffekte:
Galaktorrhoe
Gynäkomastie
Menstruationsstörungen:
Oligomenorrhoe
Amenorrhoe
Chronisch
Chronischer Hypogonadismus
Reduzierte Knochendichte
Erhöhtes Osteoporoserisiko
Sexuelle Dysfunktion:
Libidoveränderungen
Erektile Dysfunktion
Ejakulatorische Dysfunktion
Byerly M et al. J Clin Psychopharmacol 2007;27:1–20
Fallbericht
Nach Neueinstellung auf Clozapin wegen
therapieresistenter beschimpfender Stimmen zeigte
sich bei einer an Schizophrenie erkrankten 23jährigen Studentin ein rascher Rückgang der
Symptomatik. Außer eines erhöhten Speichelflusses
und einer leichtgradigen Obstipation bestand gute
Verträglichkeit. Zwei Monate nach Einstellung
entwickelte sich akut Fieber, Halsschmerzen und
Zahnfleischentzündung.
Welches Vorgehen würden Sie empfehlen?
AGRANULOZYTOSE UNTER BEHANDLUNG MIT CLOZAPIN
<500 Granulozyten/mm3 (Agranulozytose)
<1500 Granulozyten/mm3 (Granulozytopenie )
Kumulative Inzidenz 0,8-1% erstes Behandlungsjahr
70-80 % aller Granulozytopenien in den ersten 18 Wo.
Therapie
• Absetzen von Clozapin
• GM-CSF-Gabe
Risiko des metabolischen Syndroms unter atypischen Antipsychotika
Relative Kontraindikationen von Antipsychotika
• Akute Intoxikationen, schwere Bewußtseinsstörungen
• Leukopenie, Erkrankungen des hämatopoetischen Systems
• Engwinkelglaukom, Pylorusstenose, Prostatahypertrophie,
• Kardiale Vorschädigung, schwere Hypotonie
• Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen
• Prolaktin-abhängige Tumore, Phäochromozytom
• Epilepsie, Morbus Parkinson, hirnorgan. Vorschädigung
• Schädigung des extrapyramidal-motorischen Systems
• Anamnestisch malignes neuroleptisches Syndrom
Abstimmung der Pharmakotherapie auf das klinische Zielsyndrom
• Früheres Ansprechen auf medikamentöse Therapie
• Erfahrungen mit Nebenwirkungen
• Applikationsform und Dosierung
• Begleitmedikation
• Patientenpräferenz
• Individuelles Risikoprofil
Gaebel, Falkai 2005, Praisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie, Band 1
Behandlungsleitlinie Schizophrenie, Steinkopff Verlag
Phasenspezifische Therapieziele
•
Prodromalphase (Wochen-Jahre)
» Verhinderung einer Erstmanifestation
•
Akutphase (Wochen-Monate)
» Verminderung der Krankheitssymptome
» Verhinderung von Selbst- und Eigengefährdung
» Verhinderung sozialer Folgen
•
postakute Stabilisierungsphase (3-6 Monate)
» Remission, Stabilisierung sozialer Kontakte
» Behandlung kognitiver Defizite, Negativsymptomatik
» Förderung Compliance, Früherkennung von Rückfällen
•
stabile Remissionsphase (Monate-Jahre)
» Rückfall- und Suizidprophylaxe
» Berufliche Rehabilitation
» Verbesserung der Lebensqualität
Verlauf bei Schizophrenie
Akute Symptomreduktion (50%) in 1-6 Wochen
•
70 – 85% bei Ersterkrankten
•
40 – 70% bei Mehrfacherkrankten
Rückfallrate innerhalb 1 Jahr
•
10 – 30% (kontinuierlich behandelt)
vs. 50 – 75% (unbehandelt)
•
zunehmender Zahl der Rückfälle verlängert sich die Zeit zum
Ansprechen auf die Therapie
Behandlung in der initialen Prodromalphase
• Reliable Kriterien für unterschwellige psychotische Symptome,
Denk- und Wahrnehmungsstörungen, Übergang von 20-30%
innerhalb von 12 Monaten in eine Psychose
• 75% einer schizophrenen Psychose geht eine präpsychotische
Prodromalphase voraus
• Antipsychotika bei Vorliegen psychosenaher Symptome oder
kurzdauernder psychotischer Symptome C
• Medikamentöse und Nicht-medikamentöse Behandlungen
führen zu einem günstigeren Verlauf als die
Standardbehandlung
• Anwendung von kognitiver Verhaltenstherapie A oder einer
psychoedukativen Intervention C
Erstmanifestation einer Schizophrenie
• Höhere Ansprechrate auf die antipsychotische
Pharmakotherapie
• Niedrigere Rückfallraten während der Erhaltungstherapie
• Höhere Empfindlichkeit für Nebenwirkungen, insbesondere
EPMS
• Ansprechen auf eine niedrig dosierte Behandlung mit
Antipsychotika, Möglichst niedrig-dosiert C
• Behandlung so früh wie möglich C
• Empfehlung der Behandlung mit atypischen Neuroleptika B
Pharmakotherapie bei Wiedererkrankung
• Berücksichtigung einer Patientenverfügung
• Monotherapie, erste Wahl atypische Antipsychotika A
• Prädominante Negativsymptomatik B und kognitive Symptome A Erste Wahl
atypische Antipsychotika
• Bei konventionellen Antipsychotika die niedrigste wirksame Dosis
• Kombination mit Benzodiazepinen, bei katatoner Schizophrenie
Benzodiazepine B
• Bevorzugung beim kooperativen Patienten die oralen Applikationsform C zur
Gewährleitung der Patientenautonomie
• Umstellung oder Dosiserhöhung über den empfohlenen Dosisbereich
frühestens nach 2-4 Wochen C
Dauer der Langzeitbehandlung
• Erstmanifestation medikamentöse Behandlung mindestens 12
Monate A/B
• Erstes Rezidiv Kontinuierliche Behandlung für 2-5 Jahre C
• Multiple Rezidive lebenslange Behandlung C
• Bei Mehrfachmanifestation kontinuierliche orale Gabe A
• bei stabiler Remission und vorliegenden Gründen gegen die
Fortführung Intervalltherapie mit gezielter Frühintervention und
Psychoedukation möglich B
Elektrokrampftherapie
• Frequenz 30 - 70Hz, Stromstärke 0,9 Ampere
• 6 - 12 Einzelbehandlungen 2 x / Woche
• Kurznarkose
• De- und Repolarisierung der elektrisch leitenden Hirnzellen
• Relative Kontraindikationen
– Intrakranielle Raumforderungen, Myokardinfarkt, Hirnblutung,
Gefäßanomalien, Aneurysmen, Beckenvenenthrombose, Ablatio
retinae, Phäochromozytom, erhöhtes Anästhesierisiko
• Nebenwirkungen
– Kardiovaskuläre Begleiterscheinungen, protrahierte Krampfanfälle,
postiktale Verwirrtheit, Gedächnisstörungen
Elektrokrampftherapie
• Kürzere Wirklatenz und deutliche Remission unter Kombination
mit Antipsychotika gegenüber Monotherapie (Matheson 2010)
• Geringere Rückfallrate in der Erhaltungstherapie
• Einsatz bei Therapieresistenz möglich C Kombination mit
Clozapin (Braga 2005)
• Wirksamkeit bei katatoner Schizophrenie Option erster Wahl C
(Thirthalli 2009)
• Malignes neuroleptisches Syndrom
Transkranielle Magentstimulation
• 1,5-2 Tesla, Frequenz 1-20 Hz, 100-110 % der Motorschwelle
• 2000-3000 Stimuli / Tag, 10-20 Behandlungen
• repetitive Depolarisierung in begrenztem Cortexareal
• Kontraindikationen
– Implantate, Herzschrittmacher, Schwangerschaft, Schädeltrauma,
Schädeloperation, Krampfanfälle in der Vorgeschichte
• Nebenwirkungen
– Partieller oder generalisierter Krampfanfall, transiente Erhöhung der
Hörschwelle, Kopfschmerzen, lokale Hitze in Fremdkörpern, Manie,
Wahn
Cordes J et al., Dtsch Med Wochenschr 2005; 130: 889 -892
Hinweise auf eine Korrelation zwischen Ausmaß der
frontalen Aktivität und dem Schweregrad der
Negativsymptomatik und kognitiver Leistungsfähigkeit
Hypometabolismus
und Hypoperfusion
in PET Studien
bei Schizophrenie
im frontalen Kortex
Monte S Buchsbaum et al.; Kimbrell 1999, Wolkin 1992,
Manoach 2003, Callicot 2003
PET-Studie an gesunden Probanden: Erhöhung der extrazellulären
Dopamin- und Glutamatkonzentration unter rTMS im Nucleus caudatus
A Lokalisation der beiden Stimulationsorte
B Transversale und sagittale Ansicht Veränderung der
Aktivität im linken Nucleus Caudatus
Strafella et al. 2001
10Hz Studien d=0.63, Metaanalyse der 10HZ rTMS bei
Negativsymptomatik der Schizophrenie
Dlabac-de Lange JJ, et al. J Clin Psychiatry. 2010 Apr;71(4):411-8.
Meta-Analyse der Wirksamkeit der rTMS bei
Akustischen Halluzinationen (N=7 Studien)
Effektstärke d=0.54, p<.001
Slotema, J Clin Psychiatry 2010;71(7):873–884
Therapieresistenz
•
2 Antipsychotika 6-8 Wochen Zieldosis, Spiegelkontrolle,
mindestens ein atypisches Antipsychotikum
•
Umstellung auf ein atypisches Antipsychotikum, dann
Umstellung auf Clozapin B
•
Lithium, Valproat, Carbamazepin bei Vorliegen von affektiven
Symptomen B
•
Kombination Atypikum mit Clozapin C
•
Bei medikamentös therapieresistenter persistierender
psychotischer Symptome kognitive Verhaltenstherapie B
•
Elektrokrampftherapie als ultima ratio C
•
repetitive transkranielle Magnetstimulation bei
therapieresistenter Negativsymptomatik und akustsischen
Halluzination
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