Einführung: Relevante Beiträge der Klinischen Psychologie für die Soziale Arbeit Vorlesung „Klinische Psychologie“ Prof. Dr. Ralph Viehhauser Definition von Klinischer Psychologie „Klinische Psychologie ist diejenige Teildisziplin der Psychologie, die sich mit psychischen Störungen und den psychischen Aspekten somatischer Störungen/Krankheiten befasst“ (Baumann & Perrez, S. 4, 1998). 2 Die 4 Säulen der Klinischen Psychologie Klinische Psychologie Äthiologie Bedingungsanalyse Klassifikation Diagnostik Psychopathologie Intervention Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es: • eine drohende Behinderung zu verhüten oder • eine vorhandene Behinderung einschließlich der damit verbundenen Folgen zu mildern sowie • den Behinderten so weit wie möglich in die Gesellschaft einzugliedern. 4 Ziele der Rehabilitation • Linderung der Beschwerden • Prävention krankheitsbedingter Verschlechterungen • Kompensation der krankheitsbedingten Beeinträchtigung • soziale Adaptation • Lebensstilumstellung • soziale Integration • Bewältigung der Erkrankung und der Krankheitsfolgebelastungen 5 Grundprinzipien der Soziotherapie • Umgang mit Normalem, Alltäglichem und Regeln • sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen • dem Tag eine sinnvolle Struktur und Regelmäßigkeit geben • Orientierung an den Ressourcen und Entwicklungspotentialen • Förderung von Selbstwirksamkeitserfahrungen • Realisierung individuell angemessener Anforderungen • einen sicheren, wertschätzenden Lebensrahmen bieten 6 Interventionsmethoden in der Rehabilitation • Entspannungstraining • Stressbewältigung • Training sozialer Kompetenz • Förderung euthymen Erlebens und Verhaltens • Gesundheitstrainings • Patientenschulungsprogramme 7 Aufgaben und Ziele der Klassifikation Definition nach Bastine (1994, S. 194): • „Klassifikationen psychischer Störungen zielen auf eine Ordnung und Systematik dieser Erscheinungen ab. Sie dienen einmal der Strukturierung psychopathologischer Phänomene, zum anderen erlauben sie die Zuordnung eines Falles zu einer Klasse und damit der Diagnosestellung. • Klassifikationen sind deshalb eine wesentliche Grundlage für Indikationsstellung, Prognose, Behandlung und Forschung sowie für Entscheidungen von Krankenversicherungen, der Rechtssprechung, der Epidemiologie, der Planung und Gestaltung von Gesundheitsversorgung usw.“ 8 Kritik an der Diagnostik psychischer Störungen • Diagnosen stellen starke Vergröberungen dar, die der Individualität eines Menschen nicht gerecht werden. • Diagnosen beinhalten die Gefahr, dass gerade die durch die Klassifikation vergebenen Etiketten zu einer Stigmatisierung des Patienten führen. 9 Hauptkategorien des ICD-10 • F0 • F1 • • • • F2 F3 F4 F5 • • • • F6 F7 F8 F9 Organisch bedingte psychische Störungen Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen oder Faktoren Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung Entwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kind10 heit und Jugend Erläuterung der Klassifikationssystematik am Beispiel F20.0 für paranoide Schizophrenie • • • • F20 F21 F22 F23 • F24 • F25 Schizophrenie schizotype Störung anhaltende wahnhafte Störung akute vorübergehende psychotische Störung induzierte wahnhafte Störung schizoaffektive Störung 11 F20 Schizophrenie • • • • • • • F20.0 F20.1 F20.2 F20.3 F20.4 F20.5 F20.6 paranoide Schizophrenie hebephrene Schizophrenie katatone Schizophrenie undifferenzierte Schizophrenie postschizophrene Depression schizophrenes Residuum Schizophrenia simplex 12 F20.0 paranoide Schizophrenie • F20.00 • F20.01 • F20.02 • F20.03 paranoide Schizophrenie: mit kontinuierlichen Verlauf paranoide Schizophrenie: episodisch, mit zunehmendem Residuum paranoide Schizophrenie: episodisch mit stabilem Residuum paranoide Schizophrenie: episodisch remittierend • usw. 13 Krankheitsbild der Schizophrenie • ist ausgesprochen facettenreich und komplex • ist diejenige unter den psychiatrischen Erkrankungen, die (mit einem Anteil von 4,6%) am häufigsten vertreten ist • Das Krankheitsrisiko beträgt weltweit ca. 1 % der Bevölkerung, die Geschlechterverteilung ist in etwa gleich. • es gibt eine Reihe von Untergruppen; die paranoide Form ist am häufigsten vertreten 14 Krankheitsbild der Schizophrenie • ist v.a. durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmung gekennzeichnet • häufig zeigt sich eine inadäquate, verflachte Affektivität • beeinträchtigt sind die Grundfunktionen, die dem normalem Menschen ein Gefühl von Identität, Einzigartigkeit und Entscheidungsfreiheit geben • die Betroffenen glauben oft, dass fremde Kräfte am Werk sind, welche die eigenen Gedanken und Handlungen beeinflussen • besonders akustische Halluzinationen sind häufig und können eigenes Verhalten oder Gedanken kommentieren 15 Unterscheidung zwischen Plus - und Minussymptomatik Plus-Symptome: Denkstörungen, Halluzinationen, Wahnerlebnisse, Fremdbeeinflussungserlebnisse, diffuse Ängste sowie Erregung und Anspannung + Minus-Symptome: Verarmung des Gefühlslebens, Anhedonie, innere Leere, Depression, Antriebslosigkeit, Rückzugsverhalten und Kontaktverarmung _ 16 Multifaktorielle Entstehungsbedingungen der Schizophrenie: • genetische, • biochemische, • psychophysiologische, • psychosoziale Bedingungen. 17 Welche klinisch-psychologischen Interventionsformen sind für mich als Sozialpädagogin in der Sozialen Arbeit mit psychisch kranken Erwachsenen von Bedeutung? 18 Klinisch-psychologische Interventionsformen in der Sozialen Arbeit mit psychisch kranken Erwachsenen • Case-management • Lebensassistenz / Langzeitbetreuung • Krisenintervention • Beratung • Therapie 19 Schulen und Ansatzpunkte in der Psychotherapie • Psychoanalytisch orientierte Psychotherapie • Gesprächstherapeutisch orientierte Psychotherapie • Verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie • Systemisch orientierte Psychotherapie • integrativ orientierte Psychotherapie 20 Literatur • Bastine, R. (1998). Klinische Psychologie. Bd1 / Bd2. Stuttgart: Kohlhammer. • Baumann, U. &Perrez, M. (Hrsg.). (1998). Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie. Bern: Verlag Hans Huber. • Comer. R. J. (2001). Klinische Psychologie. Heidelberg: SpektrumVerlag. • Davison, G. C., Neale, J. R. & Hautzinger (2002). Klinische Psychologie. Weinheim: Beltz. • Jungnitsch, G. (1999). Klinische Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer. • Kriz, J. (2001). Grundkonzepte der Psychotherapie. Eine Einführung. Weinheim: Beltz/PVU. • Reinecker, H. (2003). Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe. 21