08 VL WS 0607 Psychopharmakologie

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Klinische Psychologie I
WS 06/07
Überblick über die
Psychopharmakologie
19.12.2006
Prof. Dr. Renate de Jong-Meyer
Grundlegendes zu Psychopharmaka
•
•
Existenz verschiedener Gruppen von Psychopharmaka
mit unterschiedlichen Wirkweisen, Indikationen und
Nebenwirkungen.
Grundlegend für das Verständnis der verschiedenen
Wirkmechanismen:
1. Synaptische Übertragung
2. Transmittersysteme
3. Pharmakologische Beeinflussung der synaptischen
Übertragung
1
Überblick über Transmittersysteme
Aus: Wittchen & Hoyer (Hrsg.). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Heidelberg: Springer (2006)
Pharmakologische Beeinflussung der
synaptischen Übertragung
Zu unterscheiden sind zwei große Gruppen von Effekten
pharmakologischer Intervention.
Agonistische Effekte
Bezeichnet eine Verstärkung der synaptischen Übertragung.
Antagonistische Effekte
Bezeichnet eine Schwächung der synaptischen
Übertragung.
2
Agonistische Effekte I
Agonistische Effekte lassen sich durch sechs Mechanismen
erreichen:
1.
Erhöhte Produktion des Transmitters
2.
Förderung der Transmitterfreisetzung
3.
Hemmung der Inaktivierung des Transmitters
4.
Direkte Besetzung der postsynaptischen Rezeptoren
mittels eines ähnlich wirkenden Stoffes
5.
Erhöhung der Empfindlichkeit des postsynaptischen
Rezeptors
6.
Fördernde Eingriffe in die nachgeschaltete
Signaltransduktion
Agonistische Effekte II
Aus: Wittchen & Hoyer (Hrsg.). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Heidelberg: Springer (2006)
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Antagonistische Effekte I
Antagonistische Effekte beruhen auf einer Umkehrung der
beschriebenen agonistischen Effekten:
Konkret bedeutet dies:
1.
Hemmung der Transmitterproduktion
2.
Hemmung der Transmitterfreisetzung
3.
Beschleunigung der Inaktivierung des Transmitters
4.
Direkte Verhinderung der Transmitterwirkung an
postsynaptischen Rezeptoren
5.
Verringerung der Empfindlichkeit des postsynaptischen
Rezeptors
6.
Hemmende Eingriffe in die nachgeschaltete
Signaltransduktion
Antagonistische Effekte II
Aus: Wittchen & Hoyer (Hrsg.). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Heidelberg: Springer (2006)
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Gruppen von Psychopharmaka:
Neuroleptika
Gruppe
Wirkmechanismen
Indikationen
Klassische
Neuroleptika
• Blockade von D2Rezeptoren
Atypische
Neuroleptika
• Blockade von
• Schizophrenie
• D4-Rezeptoren?
(Positiv- und
• Selektive Blockade
Negativvon D2-Rezeptoren
Symptomatik)
im mesolimbischen • Manie
System?
Evtl.:
• Blockade von
SerotoninRezeptoren
• Stimulation von
NMDA -Rezeptoren
Nebenwirkungen
& Bemerkungen
• Schizophrenie (v.a. • motorische
PositivSymptome
Symptomatik)
• häufig Spätdys• Manie
kinesien (i.d.R.
irreversibel)
• selten motorische
Symptome
• wirksam auch bei
NegativSymptomatik
• z.T. starke Beeinflussung des
Prolaktin-Spiegels
• hohe Kosten
Gruppen von Psychopharmaka:
Antidepressiva I
Gruppe
Wirkstoffe (&
Handelsname)
Wirkmechanismen
Indikationen
Nebenwirkungen &
Bemerkungen
Trizyklische
Antidepressiva
• Imipramin
(Tofranil)
• Amitryptilin
(Saroten)
• ReuptakeHemmung
• langfristig
DownRegulation der
Rezeptorempfindlichkeit
• Behandlung
von
Depressionen
• Prophylaxe
unipolarer
Depressionen
• anticholinerge
Nebenwirkungen
• Suizidermöglichung
• manische
Symptomprovokation
Tetrazyklische
Antidepressiva;
sonstige
• Mianserin
(Tolvin)
• Maprotilin
(Ludiomol)
• z.T. wie
Trizyklika
• z.T. andere
Mechanismen
• Behandlung
von
Depressionen
• Prophylaxe
unipolarer
Depressionen
• geringere anticholinerge
Nebenwirkungen als
Trizyklika
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Gruppen von Psychopharmaka:
Antidepressiva II
Gruppe
SSRI
(Selektive
SerotoninWiederaufnahme
-Hemmer)
MAO-Hemmer
Wirkstoffe
•
•
•
•
Wirkmechanismen
Indikationen
Nebenwirkungen &
Bemerkungen
Fluoxetin
Sertralin
Paroxetin
Citalopram
• ReuptakeHemmung
spezifisch für
Serotonin
• vgl. Trizyklika
• zusätzlich
Zwangs störung
• keine
anticholinergen
Nebenwirkungen
• vgl. Trizyklika
Nicht selektiv:
Tranylcypromin
• irreversible
Hemmung von
MAO
--• reversible
Hemmung von
MAO-A
• vgl. Trizyklika
• zusätzlich
Soziale Phobie
• keine
anticholinergen
Nebenwirkungen
• vgl. Trizyklika
--Selektiv:
Moclobemid
Allgemeines zu Effekten von Antidepressiva
• Wirklatenz: Einsetzen der stimmungsaufhellenden Wirkung
erst nach 2 -4 Wochen. Als Ursache gilt eine Neuregulierung
der Rezeptoren bzgl. Anzahl und Empfindlichkeit.
• Erhöhtes Suizidrisiko, da die antriebssteigernde Wirkung vor
stimmungsaufhellender Wirkung einsetzt und so bisher
vorhandene Hemmungen ggf. wegfallen.
• Unterschiedliche Effekte von Antidepressiva auf den
Antrieb: Je nach Substanz können sie sedierend,
antriebsneutral oder psychostimulierend wirken.
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Gruppen von Psychopharmaka:
Phasenprophylaktika & Antimanika
Gruppe
Wirkmechanismen
Lithium
• Eingriff in
nachgeschaltete
Signaltransduktion
Carbamazepin
Indikationen
Nebenwirkungen
& Bemerkungen
• Prophylaxe uni• Bestimmung des
und bipolarer
Plasmaspiegels
affektiver
erforderlich
Störungen
• schlechte
• Therapie der Manie
Verträglichkeit
• vermutl. wie Lithium • wie Lithium
• bessere
Verträglichkeit als
Lithium
Gruppen von Psychopharmaka: Sedativa
Gruppe
Wirkmechanismen
Indikationen
Nebenwirkungen
& Bemerkungen
Benzodiazepine
• Agonismus am
GABAA-Rezeptor
• Sedierung /
Anxiolyse
• Schlafinduktion
• Wirkung ist
abhängig von
Halbwertzeit des
Wirkstoffes
Buspiron
• partieller
Serotonin-Agonist
• Sedierung
• partieller
Serotoninagonist
• Anxiolyse ohne
Ermüden
• Anxiolyse
• Anxiolyse ohne
Sedierung
Betablocker
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Allgemeines zu Benzodiazepinen
Wirkung
•
•
•
Unmittelbar: affektiv-distanzierend und beruhigend, dabei v.a. angstlösend und
aggressionsdämpfend
Schlafinduktion: Bei höheren Dosen sowie bei Benzodiazepinhypnotika; dabei
aber Veränderungen des physiologischen Schlafs ð Verkürzung von REMPhasen und Tiefschlafepisoden
Bei höheren Dosen: Muskelschlaffheit, Störungen der Muskelkoordination,
Erinnerungslücken
Toleranz
•
Durch beschleunigten Abbau und Veränderungen am GABA-Rezeptor (ð
Down-Regulation)
Entzugssymptomatik
•
•
•
bei regelmäßiger Einnahme über mehrere Monate
Rebound-Effekte
Entzugssymptome ð Krampfanfälle, Verwirrtheit, Halluzinationen, Muskelzittern
Langfristige pharmakologische Behandlung
von Angststörungen
Substanz / Substanzgruppe
Störung
Benzodiazepine
Clomipramin
Andere
Trizyklika
SSRI
MAOHemmer
Buspiron
Betablocker
Phobien
(+)
(+)
(+)
+
+a
?
+
Panikstörung
(+)b
+
+c
+
?
--
?
Generalisierte
Angststörung
(+)
(+)
+
(+)
?
+
(+)?
Zwangs störung
(+)?
+
(-)
+
(+)?
(+)?d
(-)
PTSD
(*)?e
(+)
(+)
+
?
?
(+)
+ therapeutischer Nutzen gut belegt; (+) wahrscheinlich; ? fraglich; (-) eher unwahrscheinlich; -- mit
Sicherheit nach gegenwärtigem Erkenntniszustand auszuschließen
a: v.a. bei Sozialer Phobie
b: Alprazolam hier wohl besonders wirkungsvoll
c: Imipramin hier möglicherweise besonders wirkungsvoll
d: möglicherweise hur oder besonders wirksam in Kombination mit anderen Substanzen
e: Zurückhaltung bei der Therapie wegen hohen Suchtpotentials
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Gruppen von Psychopharmaka: Nootropika
Gruppe
Wirkmechanismen
Indikationen
Nebenwirkungen
& Bemerkungen
Unspezifische
Nootropika
• Diverse
Mechanismen
• Demenzen
• Wirksamkeit
umstritten
CholinesteraseHemmer
• Erhöhung der
AcetylcholinKonzentration
• Alzheimer-Demenz
• vegetative
Nebenwirkungen
• AlzheimerDiagnose muss
gesichert sein
Literaturhinweise:
H.-U. Wittchen & J. Hoyer (Hrsg.) (2006). Klinische Psychologie &
Psychotherapie. Heidelberg: Springer
Daraus das Kapitel 8: Psychopharmakologische Grundlagen
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