Die Geldpolitik in einer globalisierten Welt und ihre - Beck-Shop

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Die Geldpolitik in einer globalisierten Welt und ihre Grenzen
Bearbeitet von
Anke Horn
Erstauflage 2015. Taschenbuch. 72 S. Paperback
ISBN 978 3 95934 776 1
Format (B x L): 15,5 x 22 cm
Gewicht: 128 g
Wirtschaft > Volkswirtschaft > Geldwirtschaft, Währungspolitik
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Leseprobe
Textprobe
Kapitel 4.3.2 Funktion von Zinsen
Zinsen dienen als Lockmittel, damit die Menschen, die über „überflüssiges“ Geld verfügen, es auf
den Finanzmärkten gewinnbringend anlegen können und somit Menschen ein Kredit gewährt
werden kann, die dringend einen benötigen. Der Wirtschaftskreislauf ist vom Fluss des Geldes
abhängig und je schneller es fließt, desto mehr wird umgesetzt. Da Geld aber zwei verschiedene
Funktionen hat, nämlich einerseits als öffentliches Tauschmittel zu fungieren und andererseits als
Privateigentum angesehen wird, das es zu schützen gilt, kommt es zu einem Konflikt. Da Geld als
Privateigentum angesehen wird, kann der Besitzer Geld horten und es so dem
Wirtschaftskreislauf entziehen. Damit der Wirtschaftskreislauf nicht stagniert, versprechen die
Banken den Besitzenden entsprechende Gewinne in Form von Zinsen. Bernd Senf bezeichnet
diesen Vorgang als Erpressung. Eine Erpressung ist es daher, weil die Marktteilnehmer keine
gleichberechtigten Partner sind, denn die Besitzenden können ihr überflüssiges Geld horten so
lange sie wollen, ohne geschädigt zu werden, die Kreditnachfrager hingegen sind auf das Geld
angewiesen, da unter Umständen ihre wirtschaftliche Existenz davon abhängt. Dieses
Ungleichverhältnis kommt einer Erpressung gleich und „der Zins ist wie ein Lösegeld der
Gesellschaft an die Entführer des Geldes, damit sie den Missbrauch beenden und das Geld
wieder frei geben.“ Dieses System führt dazu, dass auf der einen Seite die Schulden und auf der
anderen Seite die Guthaben durch Zins und Zinseszins wachsen
4.3.3 Zentralbanken
Aber nicht nur durch Zinsen wächst die Geldmenge in Form von Guthaben und Schulden. Die
Banken haben noch andere Möglichkeiten Geld zu schaffen, und zwar ist es den Banken möglich
aus 100 Millionen Euro 900 Millionen Euro zu machen. Nach Lietaer funktioniert die Alchemie des
Geldes wie folgt: Angenommen die Zentralbank lässt 100 Millionen Euro in das Bankensystem
fließen, dann ist Bank A in der Lage, einem Kreditnehmer einen Kredit in Höhe von 90 Millionen
Euro zu gewähren. Dieser Kredit wird benötigt, um etwas zu bezahlen, und der Empfänger wird
das Geld dann bei Bank B einzahlen. Diese Bank B wiederum kann bei einer
Rücklagenverpflichtung von zehn Prozent 81 Millionen Euro verleihen. Diese 81 Millionen Euro
werden bei Bank C als Einlage aufgeführt, so dass Bank C nun 72 Millionen Euro verleihen kann
usw. bis am Ende aus 100 Millionen Euro 900 Millionen Euro als ›Kreditgeld‹ entstanden sind.
Diesen Geldschöpfungsprozess setzt eine Zentralbank selbstständig und unabhängig von der
Regierung in Gang., Das ist auch so gewollt, denn Zentralbanken sollten unabhängig von der
Regierung agieren können und sind somit nicht weisungsgebunden. Funktionelle Unabhängigkeit
ist gewährleistet, wenn die Geldmenge eigenmächtig kontrolliert und eine unabhängige Politik
betrieben werden kann. Das erfordert eigene Instrumente zur Kontrolle der
Refinanzierungszinssätze und des Mindestreserveersatzes. In einem System mit fixen Kursen
wird der Wechselkurs von der Regierung festgelegt und das würde eine Einschränkung der
funktionellen Unabhängigkeit bedeuten
Wie am Beispiel Schweiz zu erkennen ist, ist die Möglichkeit der Auf- und Abwertung der eigenen
Währung ein wichtiges geldpolitisches Instrument der Zentralbanken, zwar kann durch eine
adäquate Fiskalpolitik schon vieles ausgeglichen werden, jedoch nur bedingt. Die Fiskalpolitik hat
Einfluss auf das Steueraufkommen und auf öffentliche Ausgaben. Wenn nun die Nachfrage im
Land rückläufig ist, könnte der Staat z. B. durch Steuersenkung in Kombination mit Erhöhung der
Staatsausgaben die Konjunktur ankurbeln und für eine erhöhte Nachfrage sorgen. Die Geldpolitik
der Zentralbanken dient in erster Linie der Stabilisierung des Preisniveaus, aber auch
konjunkturelle Situationen können mithilfe der Geldpolitik beeinflusst werden. Ob die Geldpolitik
zum wirtschaftspolitischen Ziel Vollbeschäftigung etwas beitragen kann, ist umstritten
In einem System fester Wechselkurse ist die Zentralbank dazu verpflichtet, die Wechselkurse zu
stabilisieren. Dies geschieht durch Interventionen am Devisenmarkt durch Kauf bzw. Verkauf der
eigenen Währung. Das bedeutet, dass die Zentralbank lediglich reagieren kann und kein
Instrument besitzt, welches ihr eine eigenständige Geldpolitik ermöglichen würde, um die
umlaufende Geldmenge im eigenen Land zu regulieren. Dadurch liegt der Fokus auf der
Fiskalpolitik, die durch die Zentralbank unterstützt werden muss. Bei einer schwachen
Konjunkturlage könnte die Regierung mit einer expansiven Fiskalpolitik agieren. Das würde zu
einem „Zinsauftrieb, einem Kapitalzufluss und einer Aufwertungstendenz“ führen, wenn die
Zentralbank nicht zu Gunsten der ausländischen Währung intervenieren würde, und zwar durch
eine Erhöhung der umlaufenden Geldmenge
Bei flexiblen Wechselkursen entspricht der Wechselkurs dem Preis einer Währung. Währungen
werden zur Ware, die gehandelt werden kann und deren Preis (Wechselkurs) durch Angebot und
Nachfrage entsteht. Ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage würde gleichermaßen einen
Ausgleich bei Ex- und Importgütern bedeuten, da nur so viel importiert werden kann, wie es die
Einnahmen durch den Export zulassen
Da flexible Wechselkurse Schwankungen ausgesetzt sind, werden sowohl der Außenhandel als
auch die internationalen Investitionen beeinträchtigt, da durch die Volatilität der Wechselkurse
auch die Preise schwanken. Exporteure und Importeure können keine langfristigen Kalkulationen
erstellen, auch könnten sich die Kosten für den Außenhandel erhöhen, so dass Handelsvolumen
und Außenhandelsgewinne abnehmen würden. Befürchtet wird zudem ein Missbrauch des
Wechselkursinstruments. Die Länder könnten in einen Abwertungswettstreit geraten, um die
eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Letztendlich würde dieses Vorgehen allerdings allen
Ländern schaden, so die Befürworter fester Wechselkurse
Beide Systeme, das System der fixen Wechselkurse und das System der flexiblen Wechselkurse,
beinhalten Vor- und Nachteile, daher hat man versucht eine Mischform zu finden. Das
Europäische Währungssystem (EWS I), welches bis zur Euroeinführung im Jahr 1999 Bestand
hatte, war ein System mit festen, aber anpassungsfähigen Leitkursen, die nach Absprache
verändert werden konnten. Im Gegensatz zum Bretton-Woods-System, bei dem die festen Kurse
am Dollar gebunden waren, ist man im EWS I dazu übergegangen die Wechselkurse anhand
eines Warenkorbs zu ermitteln, um die Entstehung einer neuen Leitwährung zu verhindern. Als
1999 der Euro in 11 Mitgliedsstaaten zunächst als Buchgeld und 2002 als physisches Geld
eingeführt wurde, wurde den Zentralbanken die Chance genommen, mit Hilfe von
Kursanpassungen einen Leistungsbilanzausgleich herzustellen. Länder, wie Deutschland, die
einen Bilanzüberschuss vorweisen können, profitieren von der einheitlichen Währung. Bei
Ländern, wie Griechenland, Spanien, Italien oder Portugal, steigt hingegen das Leistungsdefizit.
Nicht wenige sehen die Ursachen der makroökonomischen Ungleichgewichte in der exportlastig
und lohnrestriktiv ausgerichteten Politik Deutschlands. Denn durch diese Politik werde den
benachteiligten Ländern die Defizite aufgezwungen und somit geschädigt. Der Ökonom Wolf
Schäfer hingegen sieht in der Verzerrung der Wechselkurse die Ursache für die
makroökonomischen Ungleichgewichte: „Für die Defizitländer ist der Euro zu hoch und für die
Überschussländer zu niedrig bewertet.“ Schäfers Berechnungen zufolge hat Griechenland einen
Abwertungsbedarf von 40 bis 50 Prozent und Deutschland hat dagegen einen Aufwertungsbedarf
von 15 bis 20 Prozent. Diese Länder bezeichnet er als Extreme, denn die anderen Eurostaaten
lägen dazwischen. Das ist der Stand von 2012, zu dem Zeitpunkt vereinigte der Euro 17 Länder
von denen, laut Schäfer, zehn (inkl. Griechenland) Abwertungsbedarf haben und nur sieben (inkl.
Deutschland) einen Aufwertungsbedarf haben.
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