Effekte von Morphin auf aquatische Organismen

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Eawag_07711
Effekte von Morphin auf
aquatische Organismen
Literaturrecherche und praktische Experimente
am Modellorganismus Zebrafisch
Grosse Bachelorarbeit im Bereich Naturwissenschaften und Technik
an der ETH Zürich, Departement Umweltsystemwissenschaften
und dem Wasserforschungs-Institut Eawag, Abteilung Umwelttoxikologie
vorgelegt von
Kathrin Wehrli
Januar 2013
Betreuung durch
Prof. Dr. Rik Eggen (ETHZ) und Dr. Ksenia Groh (Eawag)
Titelbild eigene Aufnahme
Abstract
Mit dem Einsatz von Kläranlangen ist die Problematik von Schadstoffen in Gewässern nicht
beseitigt. In den Fokus drängen sich kleinste Mikroverunreinigungen, welche starke Wirkmechanismen entfalten. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf Effekten solcher Stoffe auf
aquatische Organismen. Die Untersuchungssubstanz sind Drogen. Besonders der Einfluss
von Morphin wird genauer betrachtet. Durch die Verwendung von Morphin in der Pharmazie und als Genussmittel gelangen nachweisbare Mengen in die Umwelt. Mittels einer Literaturrecherche und der Durchführung eines praktischen Experiments wird an die Thematik
herangegangen.
Morphin wirkt in erster Linie auf das Nervensystem als potentes Schmerz- und Suchtmittel.
Im Nervensystem werden morphinähnliche Botenstoffe zur Signalübertragung eingesetzt.
Erhöhte Morphinkonzentrationen in Gewässern können die Signalübertragung in aquatischen Organismen beeinflussen und auf diesem Wege neuronale Effekte hervorrufen. Die
Wirkung auf das Nervensystem kann sich in einer Verhaltensänderung äussern. Neben dieser Hauptwirkung werden weitere durch Morphin beeinflusste Systeme diskutiert. Im experimentellen Teil der Arbeit werden das Immunsystem und seine Abwehrfähigkeit untersucht. Das Neurohormonale und das Immunsystem teilen sich Botenstoffe, was eine indirekte Beeinflussung ermöglicht. Da Zellen des Immunsystems Rezeptoren für Morphin haben,
besteht zudem ein direkter Wirkungsweg.
Der Modellorganismus für die durchgeführten Experimente ist der Zebrafisch, ein Repräsentant der aquatischen Vertebraten. An den Embryos des Zebrafisches wurde die Funktion des
Immunsystems unter Morphineinfluss untersucht. Die Fragestellung ist, ob Zebrafischembryos, welche über Tage einer erhöhten Morphinkonzentration ausgesetzt waren, eine andere
Reaktion auf einen Stressor des Immunsystems zeigen.
Die Erkenntnisse aus der Literatur legen nahe, dass eine Wirkung besteht. Mit den durchgeführten Experimenten kann die Fragestellung aber nicht abschliessend beantwortet werden.
Die Daten belegen eine mögliche Konzentrationsabhängigkeit nicht ausreichend und mehr
Experimente sind nötig.
i
Inhaltsverzeichnis
ABSTRACT
I
VORWORT
IV
WORTERKLÄRUNGEN UND ABKÜRZUNGEN
V
I. GRUNDLAGEN
1
A.
Schadstoffe allgemein
1. Schadstoffe in der Umwelt
2. Verunreinigung von Gewässern
1
1
2
B.
Drogen als Umweltbelastung
1. Pharmazeutika
2. Drogen
3. Morphin
3
3
4
7
C.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Betroffene Organismen
Genetische Veranlagung
Wirkung von Morphin auf das Nervensystem
Wirkung von Morphin auf das Immunsystem
Literaturreview
Diskussion der Literatur
Wahl eines Versuchsorganismus
Zebrafisch (Danio rerio)
10
10
11
11
12
16
17
20
II. LABOREMPFEHLUNG UND WEITERFÜHRENDE LITERATUR
22
A.
Neuronale Effekte
22
B.
Immuneffekte
23
C.
Sonstige Effekte
24
D.
Resümee
24
E.
Ausblick
25
III. MATERIAL UND METHODEN
26
A.
Zebrafisch
Haltung
Embryo-Handhabung
26
26
26
Morphin
27
Immunsystem Tests
Lipopolysaccharid-Challenge
27
28
Datenauswertung
30
1.
2.
B.
C.
1.
D.
ii
IV. RESULTATE UND DISKUSSION
31
A.
31
B.
Lipopolysaccharid-Challenge
Diskussion
1. Letale LPS-Konzentration und Konzentrationsabhängigkeit von Morphin
2. Gründe für unterschiedlichen Ausgang der Experimente
3. Folgen
34
34
35
36
V. SCHLUSSFOLGERUNG
37
VI. LITERATURVERZEICHNIS
38
VII. ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
42
ANHANG
A
Daten der LPS-Challenge
A
Eigenständigkeitserklärung
B
iii
Vorwort
Ich bin glücklich, mich in meinem Studium mit Themen befassen zu können, die mich persönlich interessieren und beschäftigen. Diese Bachelorarbeit gab mir die Gelegenheit für drei
Monate einen wertvollen Einblick in die Welt der Forschung und den Alltag in einem Labor
der Eawag zu erhalten. Die Kombination aus Literaturrecherche und praktischer Arbeit gab
mir einen Eindruck von den Fragestellungen der Forschung in der aquatischen Umwelt.
Gleich bei meinem Eintritt Ende September sahen wir uns mit einer Kontamination der
Fischanlage konfrontiert. Wie sich später herausstellte, hatte ein äusserst hartnäckiger
Schimmelpilz mit dem Namen Fusarium solani die Aquarien befallen. Dieser Umstand bewirkte, dass die Experimente über mehrere Wochen ruhen mussten. Schliesslich wurden
zwei Aquarien mit neuen Fischen eingerichtet, diese konnten für meine letzten Experimente
verwendet werden. Einige der Vorhaben und Ideen zu Beginn der Arbeit konnte ich nicht
umsetzen. So nahm meine Arbeit eine andere Richtung. Ich befasste mich eingehender mit
Literatur, um eine Übersicht zu gewinnen, was in der Forschung bereits gemacht wurde und
welche Themen aktuell sind.
Im Verlauf dieser Arbeit kamen immer mehr Fragen und Ideen auf, je mehr ich mit dem
Themengebiet vertraut wurde. Ich bleibe gespannt welche Erkenntnisse zukünftige Forschung bringen wird.
Mein Dank geht an
meine Betreuer Rik Eggen und Ksenia Groh für die Gelegenheit mich mit diesem Thema befassen zu können und die wertvolle Unterstützung im Verlauf meiner Arbeit
die Eawag für eine erlebnisreiche Zeit, besonders an die Mitglieder der Abteilung
Umwelttoxikologie (Utox)
und meine Familie, für die Beratung, den Zuspruch und die liebevolle Unterstützung
bei allen meinen Vorhaben
iv
Worterklärungen und Abkürzungen
hpf
hours post fertilization, auf Deutsch: Stunden nach der Befruchtung
dpf
days post fertilization, auf Deutsch: Tage nach der Befruchtung
Alkaloid
Alkaloide sind pharmakologisch wirksame organische Verbindungen, welche Stickstoffe enthalten. Es sind meist Basen
und sie kommen in verschiedenen Pflanzen aber auch Tieren
vor. Alkaloide können sowohl heilende als auch toxische Wirkung auf ein Lebewesen haben.
Embryo/Larve
Die ersten Tage nach der Befruchtung verbringen Fische als
Larve im Ei. Zwei bis drei Tage nach der Befruchtung schlüpfen Zebrafischlarven, ab diesem Zeitpunkt können sie als
Embryos bezeichnet werden.
Opiat/Opioid/Opium
Opiate ist ein Überbegriff für natürlicherweise in Opium vorkommende Stoffe. Opioide umfasst eine weitere Stoffgruppe
zu der die Opiate aber auch synthetische Substanzen mit
morphinartigen Eigenschaften gehören. Opium ist eine Flüssigkeit welche aus der Mohnpflanze gewonnen wird. Ein
wirksamer Hauptbestandteil ist Morphin.
Target-Protein/Target
Biomolekül, an welches ein Wirkstoff binden kann
v
I.
Grundlagen
Dieses Kapitel dient als Einleitung und behandelt einige wichtige Grundlagen. Erst wird in
einem allgemeinen Teil die Problematik von Schadstoffen in der Umwelt thematisiert. Anschliessend wird auf eine besonders aktive Gruppe, die Pharmazeutika, eingegangen. Darauf
basierend wird untersucht, welche Organismen und welches biologischen Systeme betroffen
sein könnten.
A.
Schadstoffe allgemein
In diesem Abschnitt werden Schadstoffe allgemein thematisiert. Nach einer ersten Übersicht
wird deren Verhalten betrachtet.
1.
Schadstoffe in der Umwelt
Mit der Industrialisierung hat sich unsere Umwelt drastisch verändert. Eine Vielfalt an
Schadstoffen belastet unsere Ökosysteme. Diese Stoffe entspringen verschiedenen Quellen
und gelangen über unterschiedliche Wege in die Umwelt. Transportprozesse verfrachten die
Stoffe teils in Regionen weit entfernt vom Ursprungsort und verteilen sie über die Kompartimente Luft, Wasser, Böden/Sedimente und Biosphäre.
Chemische und biologische Analysemethoden wurden entwickelt, um etwaige negative Effekte durch solche Belastung der Ökosysteme zu verstehen und zu untersuchen. Dazu muss
nachgewiesen sein, dass ein Stoff in der Umwelt vorliegt und eine Beeinträchtigung beobachtbar ist. Umgekehrt ist es genau so wichtig das Auftreten von Effekten im Ökosystem
auf eine verursachende Substanz zurückführen zu können. Schadstoffe lassen sich in Makround Mikroverunreinigungen unterteilen.
-
-
Makroverunreinigungen sind Stoffe natürlicher Herkunft, welche aufgrund ungewöhnlich hoher Konzentrationen in der Umwelt Schaden anrichten können. Ein Beispiel dafür ist Stickstoff.
Mikroschadstoffe sind natürliche oder menschgemachte Chemikalien. In der Natur
kommen sie nur als Spurenstoffe vor, in sehr geringen Konzentrationen von pg L!!
(10!!" g L!! ) bis ng L!! . Bereits in diesen Konzentrationen können Organismen und
Ökosysteme geschädigt werden.
Der Nachweis von Mikroschadstoffen in der Umwelt wurde erst dank der Entwicklung
chemischer Hochleistungs-Analysemethoden möglich. Dazu wurden auch in der biologischen Analyse Fortschritte gemacht. Um die Effekte solcher Stoffe auf Lebewesen zu untersuchen, wurden standardisierte Bioassays (kurz für "biological assay", untersucht die Wirkung chemischer Stoffe auf lebende Organismen) entwickelt. Die Ökotoxikologie kombiniert
solche biologischen und chemischen Analysemethoden, um eine Risikoabschätzung zu machen.
In dieser Arbeit wird die auftauchende Problematik von Mikroschadstoffen in Gewässern
untersucht. Mikroschadstoffe sind eine sehr diverse Gruppe von Verunreinigungen. Anders
als bei Makroverunreinigungen ist bei den Spurenverunreinigungen zu manchen schon viel
bekannt und zu anderen kaum etwas. Weil die Strukturen und toxischen Wirkmechanismen
sich stark unterscheiden, weiss man viel weniger über die meisten dieser Schadstoffe.
1
2.
Verunreinigung von Gewässern
Die Trinkwasserqualität und damit der Gewässerschutz sind in der Schweiz traditionell von
Bedeutung. Gewässer bieten dem Menschen wichtige Ökosystemleistungen. Der Schutz der
Ressource Wasser, aber auch die Erhaltung der Biodiversität und des Ökosystems sind wichtige Anliegen.
Manche Schadstoffe sind natürlicher, geogener Herkunft. Sie können sich zwischen Umweltmedien unabhängig von menschlichen Aktivitäten bewegen oder werden durch
menschliches Eingreifen neu verteilt. Andere Stoffe werden gezielt industriell hergestellt.
Menschliche Tätigkeiten führen zur zunehmenden Belastung von Gewässern mit Stoffen
verschiedener Herkunft. Die Emissionsmengen und Eintragswege sind oft nur ungenau bekannt. Chemikalien gelangen über diffuse oder punktuelle Quellen in die Umwelt. Die wichtigsten Quellen sind Siedlungen und Haushalte, Industrie, Landwirtschaft und Verkehr.
Stoffe können auch über mehrere Eintragswege verfügen. Emissionsmuster und Beispiele:
-
Kontinuierliche und flächendeckende Freisetzung: Waschmittel aus Haushalten
Gebietsweise und periodisch: Landwirtschaftlich verwendete Pestizide
Punktquellen: Altlastenstandorte, Sickerwasser aus Deponien, Störfälle
Verhalten von Chemikalien in der Hydrosphäre
In der Regel nimmt die Konzentration der Verunreinigung mit zunehmender Distanz von
der Schadensquelle ab. Die Verteilung von Schadstoffen in Gewässern hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften ab. Solche Eigenschaften sind Polarität, Löslichkeit,
Stabilität und Verteilungskoeffizienten. Chemikalien im Wasser können interagieren mit
Sedimenten, Böden, der Biota und an der Grenzschicht Wasser-Luft [Walker, 2006]. Transport-, Umwandlungs- und Abbauprozesse wandeln Chemikalien um und ändern ihre biologische Aktivität [Fent, 2003]. Auf diese Weise ergibt sich ein charakteristisches Verteilungsbild des Schadstoffes und seines Gefahrenpotentials. Aufnahme von Organismen über Nahrung, Diffusion, sowie Eingang in die Nahrungskette bestimmen zu welchen Konzentrationen der Stoff sich in Organismen anreichert.
Übersicht der wichtigen Mikroverunreinigungen
Für Gewässer relevante Mikroverunreinigungen werden von René Schwarzenbach et al. in
folgende Gruppen kategorisiert [Schwarzenbach et al., 2006]:
•
Industriechemikalien, zum Beispiel Lösungsmittel und Zwischenprodukte, welche
oft für die Trinkwasserqualität ein Risiko darstellen
•
Industrieprodukte, wie Flammschutzmittel und andere Zusatzstoffe, welche aufgrund ihrer Persistenz lange in der Umwelt verweilen
Konsumentenprodukte, eine sehr vielfältige Gruppe von Waschmitteln, Kosmetika,
über Pharmazeutika und Hormone, welches oft Stoffe mit spezifischer Wirkung sind
Biozide, hierzu gehören Pestizide und auch privat eingesetzte Schädlingsbekämpfungsmittel
Geogene/natürliche Stoffe wie Schwermetalle oder toxische Ausscheidungsprodukte
von Organismen
•
•
•
•
•
Desinfektions-/Oxidationsmittel, welche als Nebenprodukte entstehen
Umwandlungsprodukte, die entstehen bei der Metabolisierung aller zuvor genannten Stoffe
2
Gegenstand dieser Arbeit ist eine bestimmte Gruppe der Konsumentenprodukte, die Pharmazeutika. Sie zählen zu einer neuen Gruppe als auftauchende Problemstoffe identifizierter
Chemikalien. Zwar ist noch keine Beeinträchtigung von Gewässern bekannt, die Charakteristiken dieser Stoffe (Fähigkeit zu Bioakkumulation, Stabilität und Toxizität) lassen erwarten, dass sie einen Einfluss auf die Intaktheit des Ökosystems haben können.
B.
Drogen als Umweltbelastung
Pharmazeutika sind eine vielfältige Stoffgruppe, welche Einsatz finden bei Befund, Heilung,
Minderung und der Verhinderung von Krankheiten der Tiere und des Menschen. Aufgrund
der Verwendung finden sich viele dieser Chemikalien in Gewässern wieder. Der Haupteintrag erfolgt über behandelte Patienten von Spitälern oder über Haushaltsabwasser sowie bei
der Herstellung [Corcoran et al., 2010].
Es gibt kontrolliere Pharmazeutika, kontrollierte Drogen und illegal eingesetzte Drogen. Neben der bewusstseinsverändernden Wirkung können Drogen auch eine pharmazeutische
Wirkung haben. Drogen sind eine spezielle Gruppe der pharmazeutischen Stoffe und können sowohl illegal als Genussmittel als auch als Medikamente verwendet werden. In dieser
Arbeit wird in folgenden Abschnitten besonders auf Morphin eingegangen, eine Droge für
welche beide Verwendungsarten möglich sind. Die illegale sowie legale Verwendung ist in
dieser Arbeit, welche den Eintrag in die Umwelt betrachtet, von gleicher Wichtigkeit.
1.
Pharmazeutika
Der Wirkung von Pharmazeutika auf die Umwelt gebührt besondere Beachtung. In Gewässern werden nur sehr geringe Konzentrationen gemessen, meist im Bereich von wenigen
ng L!! bis µμg L!! . Diese Stoffe werden jedoch hergestellt, um bereits in niedrigen Konzentrationen spezifische biologische Effekte zu erzielen. Die fortwährende Freisetzung aus diffusen
Quellen führt zu einer langanhaltenden, chronischen Belastung [Corcoran et al., 2010].
Nach Aufnahme durch ein Lebewesen interagieren viele der Stoffe bereits in geringen Dosen
mit ausgesuchten Target-Proteinen. Das sind Biomoleküle an die sich der Wirkstoff binden
kann. Pharmazeutika haben oft mehr als eine Angriffsstelle. Solche Targets können im Verlauf der Evolution gut in einem Tierstamm erhalten bleiben. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Wirkmechanismus auch in verwandten Organismen funktioniert. So
kommt es, dass Effekte in Nicht-Zielorganismen auftreten können, welche bei Einsatz des
Stoffes nicht beabsichtigt waren [Gunnarsson et al., 2008].
Auf die Dringlichkeit, solche Effekte zu untersuchen, wird in wissenschaftlichen Arbeiten
hingewiesen [Daughton, 2011]. Arzneimittel sind allgegenwärtig in der wässrigen Umwelt.
In der Wissenschaft ist noch nicht genug über ihre Toxizität und ihren Abbau bekannt
[Heberer, 2002], [Nikolaou et al., 2007]. Verschiedene Studien zeigen auf, dass pharmazeutisch aktive Stoffe in gewöhnlichen Kläranlagen nicht gänzlich verschwinden, sondern als
Spurenstoffe in Fliessgewässern und Grundwasser wieder auftreten [Heberer, 2002].
Diese Überlegungen können gut auch auf Sucht- und Betäubungsmittel ausgedehnt werden.
Verglichen mit Pharmazeutika ist über die Toxizität von Drogen weniger bekannt, besonders
für die Hydrosphäre [Daughton, 2011]. Der weltweite Drogenkonsum ist mengenmässig
durchaus vergleichbar mit dem Konsum anderer Pharmazeutika [Zuccato and Castiglioni,
2009].
3
2.
Drogen
Genau wie Arzneimittel werden auch Drogen nur partiell in Kläranlagen entfernt. In der
Umwelt werden zwar nur geringste Konzentrationen von Drogen und Abbauprodukten
nachgewiesen. Dennoch sind Rauschmittel in ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften
und in ihrer pharmazeutischen Aktivität den Arzneimitteln sehr ähnlich. Dies bedeutet, dass
Gefahren für den Menschen und das Ökosystem gleichfalls nicht ausgeschlossen werden
können [Zuccato and Castiglioni, 2009].
Übersicht
Die Kategorien häufig konsumierter Drogen sind:
•
Opioide, mit dem häufigen Inhaltsstoff Morphin. Eine bekannte Konsumform ist zum
Beispiel Heroin
•
•
•
Cannabis, die weltweit am häufigsten konsumierte Droge [Binelli et al., 2012]
Kokain
Gruppe der Amphetamine und Ecstasy
Tabelle I-1 führt Eigenschaften der wichtigsten Drogeninhaltsstoffe auf. Viele dieser
Grundsubstanzen sind schlecht wasserlöslich (Morphin, rein: 0.149 g L!! ). In der pharmazeutischen Industrie wird darum häufig das Salz hergestellt, zum Beispiel Morphinsulfat oder
Morphinhydrochlorid.
Tabelle I-1: Daten zu geläufigen Drogeninhaltsstoffen.
Quellen: [Garrett and Hunt, 1974], [SRC], [IPCS], [DrugBank, 2011].
Log Kow=Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (logarithmiert), pKa = Dissoziationskonstante
THC=Tetrahydrocannabinol
Droge
Eigenschaft
Wasserlöslichkeit (g L!! )
log Kow
Dampfdruck (Pa)
pKa
Kokain (Salz)
Morphin (Salz)
THC
Metamphetamin
(Salz)
2000
60
0.0028
13.3
2.3
0.89
7.6
2.07
2.55 ∙ 10-5
2.27 ∙ 10-7
6.17 ∙ 10-8
21.73
8.61
8.21
10.6
9.87
Für europäische Städte zeigen sich Gemeinsamkeiten in der Häufigkeit des Konsums: Cannabis ist die mengenmässig mit Abstand am häufigsten konsumierte Droge gefolgt von Kokain und Heroin [Zuccato et al., 2008b]. Die schweizerische Gesundheitsbefragung aus dem
Jahr 2007 bestätigt dieses Ergebnis für die Zahl der Anwender [Suchtmonitoring, 2007]. Tabelle I-2 zeigt eine Übersicht über die wichtigsten Drogen, verwandte Verbindungen und
ihre Häufigkeit in Schweizer Gewässern.
4
Generell findet man geringere Konzentrationen in Kläranlagenabflüssen als in -zuflüssen.
Die Stoffgruppen bleiben dieselben, die Metaboliten werden häufiger im Vergleich zur Ausgangssubstanz [Berset et al., 2010].
Bis auf MDMA (ein Inhaltsstoff von Ecstasy) werden Drogen in Schweizer Kläranlagen zu
einem grossen Anteil entfernt (Tabelle I-2). Trotzdem bleiben bei Belastung durch hohe Konzentrationen nachweisbare Mengen im Abfluss erhalten. In die Kläranlagenzuflüsse gelangen höhere Konzentrationen von Kokain, dessen Metaboliten Benzoylecgonin und Morphin
mit den Metaboliten 6-Acetylmorphin und Morphin-3-β-Glucuronid. Im behandelten Abwasser sind MDMA, Morphin, Kokain und Benzoylecgonin (BE) noch deutlich nachweisbar.
Für Morphin fand eine Studie von Berset et al. eine sehr hohe Konzentration in Zu- und Abflüssen zu Kläranlagen an Standorten in Bern, Basel, Genf, Luzern und Zürich, welche sich
auf 1007 und 929 ng L!! beliefen [Berset et al., 2010]. Dieser Wert muss aber nicht als schwerer Heroinmissbrauch interpretiert werden, sondern kommt vermutlich durch den Gebrauch
von Opioiden zur Schmerzlinderung zustande.
Tabelle I-2: Konzentration von Drogen und ihren Metaboliten in Schweizer Gewässern, acht Messungen in
Lugano im Verlauf einer Woche. Konzentration in unbehandeltem und behandeltem Abwasser (Kläranlagenzufluss und - abfluss, Mittelwert und Standardabweichung in 𝐧𝐠 𝐋!𝟏 ). Übernommen aus [Castiglioni et al.,
2006], verändert.
Abkürzungen: nd.=keine Daten (no data); LOQ=Nachweisgrenze (limit of quantification); Morphin-3-G:
Morphin-3-β-Glucuronid; MDMA=3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin; MDEA=3,4-Methylendioxy-Nethylamphetamin; MDA=3,4-Methylendioxyamphetamin; THC=Tetrahydrocannabinol; THC-COOH= 11-Nor9-carboxy-Δ9-THC; OH-THC=11-hydroxy-THC
Droge
Kokain
Heroin und pharmazeutisches Morphin
Amphetamine
Cannabis
Wichtige in Gewässern vorgefundene
Verbindung
Konzentration in unbehandeltem Abwas-
Konzentration in behandeltem Abwasser,
ser, Mittel ± Standardabweichung
(𝐧𝐠 𝐋!𝟏 )
Mittel ± Standardabweichung (𝐧𝐠 𝐋!𝟏 )
Kokain
218.4 ± 58.4
10.7 ± 3.2
Benzoylecgonin
547.4 ± 169.4
100.3 ± 28.6
Morphin
204.4 ± 49.9
55.4 ± 11.1
Morphin-3-G
18.1 ± 30
<LOQ
6-Acetylmorphin
10.4 ± 4.8
< LOQ
Amphetamin
< LOQ
< LOQ
Metamphetamin
< LOQ
< LOQ
MDMA (Ecstasy)
13.6 ± 12.6
5.1 ± 3
MDEA
< LOQ
< LOQ
MDA
< LOQ
< LOQ
91.2 ± 24.7
7.2 ± 3.7
THC-COOH
5
Eine Publikation von Zuccato und Castiglioni vergleicht gesammelte Daten auch mit Befunden aus Spanien, Italien, Grossbritannien, Deutschland, Irland und den Vereinigte Staaten
von Amerika [Zuccato and Castiglioni, 2009]. In Kläranlagenzuflüssen wurde Kokain in
Konzentrationen von mehreren Hundert ng L!! festgestellt und sein Hauptmetabolit BE im
Bereich von µμg L!! . Aufgrund des Metabolismus im Menschen wird der Metabolit BE in höheren Konzentrationen vorgefunden. Amphetamin wurde in höheren Konzentrationen in
Grossbritannien und Spanien gemessen, in den Abflüssen waren die Werte aber meist unterhalb der Nachweisgrenze. In Spanien und Italien betrugen gemessene Morphinkonzentrationen weniger als 100 ng L!! . Höhere Werte wurden aber in der Schweiz, Deutschland und
England gefunden (200, 300 und 600 ng L!! ).
Messungen in Oberflächengewässern zeigen, dass die Stoffe auch in offenen Gewässern
nachweisbar sind. Mehrere 10 ng L!! für Kokain und BE konnten für Fliessgewässer in verschiedenen Ländern Europas festgestellt werden, sowie wenige ng L!! für Amphetamine
und Morphin [Zuccato and Castiglioni, 2009]. In der Schweiz wurde aus Messungen in 22
Flüssen oder Bächen eine mittlere Morphinkonzentration von 2.2 ng L!! bestimmt [Berset et
al., 2010].
Analog zu Pharmazeutika sind somit Drogen auch omnipräsente Verunreinigungen, welche
aus Kläranlagenabflüssen in kleinen Mengen in die Umwelt gelangen [Castiglioni et al.,
2006]. Die höchsten Werte wurden für Morphin gemessen. Im Abfluss nach der Kläranlage
und selbst in freien Oberflächengewässern ist Morphin nachweisbar als eine der häufigsten,
wenn nicht die häufigste Substanz. Hohe Konzentrationen des Wirkstoffes gelangen in die
Abwässer wegen den verschiedenen Eintragswegen. Die Anwendung ist nicht nur auf Morphin als Rauschdroge beschränkt, sondern auch als Schmerzmittel in der Pharmazie. Diese
Kombination bewirkt, dass Morphin in höheren Konzentrationen vorliegt als andere gänzlich illegale Drogen.
Wirkmechanismen
Kokain, Morphin und Metamphetamine haben eine hohe pharmazeutische Aktivität, ihr
Auftreten mit anderen illegalen Drogen und Pharmazeutika lässt auch gefährliche Wechselwirkungen nicht ausschliessen [Zuccato et al., 2008a].
Im Wesentlichen gibt es vier Gruppen von Target-Proteinen, mit denen Drogen wechselwirken können: Enzyme, Transporter, Ionenkanäle und Rezeptoren [Lambert, 2004].
Drogen haben verschiedene Effekte auf das zentrale Nervensystem [Domingo et al., 2011].
Kokain und Amphetamine wirken auf den Dopamin-Transporter (DAT). Dopamin ist ein
wichtiger Neurotransmitter, der Informationen von einer Nervenzelle über die Synapse weitergibt. Wird die Aktivität des Transporters eingeschränkt, so wird die Aufnahme von Dopamin verhindert und die Konzentration dieses Neurotransmitters erhöht sich am synaptischen Spalt. Das Dopamin-Signal am Rezeptor wird verstärkt [Domingo et al., 2011]. Der
Dopamin-Übertragungsweg ist im Verlauf der Evolution gut erhalten geblieben. Dopamin
ist bekannt als natürliches Belohnungssystem und ist in Vertebraten (wissenschaftlich für
Wirbeltiere) ein bekanntes Angriffsziel für Drogenstoffe [Dziopa et al., 2011].
Snyder et al. veröffentlichten 1973 Daten, welche zeigen, dass Opioide spezifisch gebunden
werden (zitiert aus [McDonald and Lambert, 2011]). Sie konnten die Existenz von Rezeptoren eigens zur Bindung von Opioiden nachweisen. Rezeptoren sind beteiligt an der Signal6
übertragung innerhalb und zwischen Zellen. Auf diese Weise werden wichtige biochemische
Prozesse in den Zellen gesteuert. Die klassischen Opioidrezeptor-Typen sind: µ (MOP), κ
(KOP), δ (DOP) [McDonald and Lambert, 2011]. Die drei Rezeptoren sind nahe verwandt
und gehören in dieselbe Familie transmembraner Rezeptoren [Chadzinska et al., 2009b]. Es
sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, welche in Zellmembranen vorzufinden sind und
Signale über GTP-bindende Proteine (kurz: G-Protein) in das Zellinnere leiten. Die Bindung
von Morphin an den MOP-Rezeptor löst das eine Konformationsänderung aus. Dies erlaubt
die Bindung des Rezeptors an ein G-Protein. Der am G-Protein gebundene Rezeptor ermöglicht die Auslösung einer Signalkaskade [McDonald and Lambert, 2011].
Morphin wirkt spezifisch auf den Morphin- oder kurz µ-Rezeptor [Thomas and Geschwinde,
2007]. Ausserdem finden auch Wechselwirkungen an den κ- und δ-Opioidrezeptoren statt.
Kokain kann ebenso auf den κ-Opioidrezeptor wirken. Für Cannabis finden sich Rezeptoren
in der Zellmembran, welche gleichfalls zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören
[Domingo et al., 2011].
Kennt man Häufigkeit und Wirkmechanismus einer Substanz, kann man die Konsequenzen
der Anwendung abschätzen. Um das Thema abzugrenzen, befasst sich der kommende Teil
der Arbeit mit einer ausgesuchten Substanz, nämlich Morphin. Dies aus folgenden Gründen:
-
3.
Einsatz als Suchtmittel und Pharmazeutika
Häufiges Auftreten, hohe Konzentration in Ökosystemen
Standardopioid und Referenzsubstanz, um die Wirkung anderer Opioide einzuordnen [Newby et al., 2008]
Morphin
Morphin ist der Grundwirkstoff von Opium und der Opiate. Zur Gewinnung von Opium ist
man auf die Mohnpflanze angewiesen. Morphin ist das Hauptalkaloid des einjährigen
Schlafmohns (Papaver somniferum). Das aus der Pflanze gewonnene Rohopium hat einen
Morphin-Gehalt von ungefähr 10% [Thomas and Geschwinde, 2007].
Struktur
Die chemische Bezeichnung für Morphin (C17H19NO3), gemäss IUPAC lautet (5R,6S)-4,5Epoxy-17-methylmorphin-7- en-3,6-diol.
Die Grundstruktur für alle Opiate ist ein Isochinolin, bestehend aus einem Pyridinring der
an einen Benzolring angelagert ist. Isocholin wird gezeigt in Abbildung I–1, daneben die
Struktur von Morphin.
Abbildung I–1: Strukturformeln
Isochinolin (links) und Morphin
(rechts) von [DrugBank, 2011].
7
Die Morphin-Base, welche aus dem Rohopium gewonnen wird, dient als Ausgangsstoff für
Heroin. Bei der Herstellung wird die Morphin-Base einem Acetylierungsschritt unterzogen
und das Derivat 3,6-Diacetylmorphin gebildet [Thomas and Geschwinde, 2007].
Formen
Morphin wird vom menschlichen Körper zu Morphin-3- und Morphin-6-Glucuronid (M-3-G
und M-6-G) metabolisiert. Nebenprodukte sind Morphin-3-Sulfat und Normorphin. Mit einem Anteil von 75% ist beim Menschen M-3-G die häufigste Form welche nach Gebrauch in
die Umwelt gelangt [Thomas and Geschwinde, 2007].
Wirkung
Von den Opium-Alkaloiden hat Morphin die stärkste schmerzlindernde Wirkung. Morphin
wird als Referenzsubstanz der Opioide verwendet. Die Potenz anderer Opioide wird im
Vergleich zu Morphin bestimmt. Zwei Komponenten bestimmen die Wirkungsweise: Einerseits wird die Übertragung von Schmerzimpulsen herabgesetzt, andererseits wird das
Schmerzempfinden verändert, wobei der Schmerz nicht mehr als bedrohlich wahrgenommen wird. Injektion von Morphin kann bei Menschen Euphorie auslösen [Thomas and
Geschwinde, 2007].
Zellen von Vertebraten und Invertebraten sind fähig, körpereigenes (endogenes) Morphin
herzustellen. Dopamin kann dabei als Ausgangsstoff dienen [Kream et al., 2010]. Endogenes
Morphin hat wichtige regulierende Eigenschaften im Nerven und Immunsystem. Diese Eigenschaften werde in folgenden Abschnitten unter C. Betroffene Organismen (beginnend auf
Seite 10) näher beschrieben.
Die Suche nach natürlichen Belohnungen, wie Nahrung und Wasser, ist überlebenswichtig
für einen Organismus [Lau et al., 2006]. Im natürlichen Zustand wirken geringe Konzentrationen von Dopamin und Morphin auf das Belohnungssystem. Leichte Erhöhungen des Levels treten auf durch ein positives Ereignis. Erfolg, Zuwendung oder Nahrung können hierbei als natürliche Motivation wirken. Substanzen hoher Aktivität, welche von aussen wirken,
können diesen Kreislauf jedoch umgehen. Die äusserlich zugeführte Substanz wird zum
neuen Stimulus um Glück und Zufriedenheitsbefinden zu erfahren [Kream et al., 2010]. Auf
diese Weise wird das natürliche Belohnungssystem umgangen. Ein Suchtverhalten kommt
zustande auf der Suche nach dem neuen Stimulus für das Glücksempfinden.
Verwendung
In der frühen Medizin wurde Opium als Schlaf- und Schmerzmittel verwendet. Morphin
wird heute therapeutisch angewandt zur Linderung starker Schmerzen. Die euphorisierenden Wirkung macht man sich beim Konsum von Heroin als Genussmittel zu Nutze [Thomas
and Geschwinde, 2007].
Wichtigste Eigenschaften
Die wichtigsten physikalisch-chemischen Eigenschaften des Morphins sind in Tabelle I-3
zusammengetragen. Sie beschreiben wo ein Stoff nach seiner Freisetzung in die Umwelt vorzufinden ist und die Stärke der Interaktionen mit verschiedenen Umweltkompartimenten
und Organismen.
8
Erklärung zu physikalisch-chemischen Eigenschaften:
!!"#$%&'
KOW
Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient:
Kd
Adsorptionskoeffizient:
KOC
Adsorption am organischen Anteil von Feststoffpartikeln: Um den organischen
Anteil normalisierter Kd: [𝐿 𝑘𝑔!! ]
kbio
biologische Transformationsrate [𝐿 𝑔!"#ö!"# !"#$%&'()*+$, 𝑑 !! ], abgekürzt zu [𝐿 𝑔!! 𝑑 !! ]
BCF
Grad der Bioakkumulation: Biokonzentrationsfaktor:
!!"#$%
!!"##$%
!!"##$%
!!
!!
𝐿 𝑘𝑔!"#ö!"# !"#$%&'()*+$,
, kurz: [𝐿 𝑘𝑔!!
]
!!"#$%&!!"#$%
!!"##$%
Tabelle I-3: Physikalisch-chemische Eigenschaften von Morphin. KOC (Bindung an Bodenmatrix), BCF (Biokonzentrationsfaktor), Kd: Adsorptionsfaktor (organische Bodensubstanz), log KOW: Verteilungskoeffizient
Oktanol-Wasser (logarithmiert)
Stoffeigenschaft
Morphin
Wert
Molekulargewicht
285.34 g Mol!!
Schmelzpunkt
255 °C
Wasserlöslichkeit
149 mg L!! , Reinsubstanz
60 mg mL!! für Sulfatsalz
bei 20°C
[SRC], [DrugBank, 2011]
pKa
8.21
bei 25°C
[Lide]
log KOW
0.89
- 0.07
ungeladen
pH 7.4
[Avdeef et al., 1996]
Kd
12 ± 2 L kg !!
!!
[Wick et al., 2009]
KOC
49 ± 7 L kg !!
[Wick et al., 2009]
kbio
13.5 ± 3.4 L g !! d!!
BCF
37
Dampfdruck
2.27 ∙ 10-7 Pa
bei 25°C
[ChemIDplus]
Henry-Konstante
1.33 ∙ 10-16 m! atm Mol!!
bei 25°C
[SRC]
Beschreibung
Quelle
[SRC]
Messung im Oktober
[Wick et al., 2009]
[SRC]
Die Werte für Dampfdruck und Henry-Konstante deuten darauf hin, dass der Stoff kaum in
die Gasphase übergeht. Bei pH-Werten, wie sie in natürlichen Gewässern vorkommen, ist
Morphin ein geladenes Molekül und liegt zu einem Grossteil als Kation vor [Newby et al.,
2006]. Der KOC-Wert deutet darauf hin, dass sich Morphin nicht an gelöste Feststoffe oder
Sedimente bindet, aber eine hohe Mobilität in Böden aufweist [HSDB]. Entfernung des Stof9
fes nach dem Binden an Klärschlamm spielt daher eine untergeordnete Rolle. Experimentell
wurde eine biologische Transformationsrate von etwa 13.5 L g !! d!! bestimmt [Wick et al.,
2009]. Das ist ein hoher Wert im Vergleich mit anderen Werten derselben Publikation. Die
Autoren vermuten einen effizienten Abbau des Stoffes durch mikrobielle Transformation.
Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (KOW) beschreibt die Akkumulation eines Stoffes
in lipophilen Medien wie etwa das Fettgewebe von Tieren. Mittels Regression aus dem KOWWert wurde auch ein Biokonzentrationsfaktor (BCF) geschätzt. Der BCF beschreibt das Verhältnis der Konzentration einer Substanz in einem Organismus durch direkte Aufnahme aus
dem Wasser zur Konzentration im umgebenden Medium. Er kann als ein Verteilungskoeffizient angesehen werden. Der Wert BCF in Wasserorganismen ist nicht gross. Die Biokonzentration von Morphin in Wasserorganismen ist daher unbedenklich gering [HSDB].
Die experimentell bestimmten Daten zu Morphin deuten darauf hin, dass die Substanz nach
ihrer Freisetzung auf dem Wasserweg auch im Kompartiment verbleibt. Die Biokonzentration liegt im moderaten Bereich. Die hohe pharmazeutische Aktivität und die Spezifität der
Wirkung stellen eine Gefahr dar. Wegen dem breiten Einsatzgebiet gelangt eine genug grosse Menge in die Gewässer, um trotz guter Entfernungsrate im nachweisbaren Bereich zu
bleiben. Kritisch ist auch ein Eintreten von kurzzeitiger Belastung mit hohen Konzentrationen, wie es zum Beispiel beim Überlaufen einer Abwasserreinigungsanlage geschehen könnte. In einem solchen Fall wären Wasserorganismen direkt den hohen Konzentrationen in den
Zuflüssen ausgesetzt.
C.
Betroffene Organismen
Jener Anteil an Morphin, der in Kläranlagen nicht entfernt wird, findet Eingang in natürliche
Gewässer. Die dort lebenden aquatischen Organismen sind geringsten, aber dennoch nicht
vernachlässigbaren Konzentrationen ausgesetzt. Um abzuschätzen, wo eine Wirkung von
Morphin zu erwarten sein könnte, kann die genetische Ähnlichkeit verglichen werden. Am
Menschen und an anderen Säugetieren verursacht Morphin bereits in geringen Konzentrationen nachweisbare Effekte. Die Hauptwirkung des Morphins beruht auf dem Nervensystem. Schmerzen können gelindert und Verhaltensänderungen hervorgerufen werden. Gleiche oder ähnliche Effekte an Nichtzielorganismen sind wahrscheinlich bei naher Verwandtschaft. Im Folgenden werden die Verwandtschaft der Organismen auf Ebene der Gene und
die Funktion des Nerven- und Immunsystems unter Morphineinfluss thematisiert.
1.
Genetische Veranlagung
Im Laufe der Evolution blieben bei der Entstehung neuer Tierstämme manche Gene der Vorfahren erhalten. Diese Gene können auch heute noch sehr ähnliche Nucleotidsequenzen und
Funktionen haben. Es sind evolutionär verwandte Gene. Untersucht man die Orthologie, das
Verhältnis zwischen zwei Genen gemeinsamer Abstammung, so kann man daraus Rückschlüsse ziehen welche Spezies durch eine Droge einem Risiko ausgesetzt sein könnte
[Castiglioni, 2011]. Da Pharmazeutika in sehr geringen Konzentrationen vorliegen, kann ein
unspezifischer Effekt ausgeschlossen werden. Eine mögliche Wirkung auf NichtZielorganismen wäre eher eine Folge von spezifischen Wechselwirkungen der Droge an einer Angriffsstelle. Daher steigt bei evolutionär stark erhaltenen Zielproteinen das Risiko für
das Auftreten eines solchen Effekts [Gunnarsson et al., 2008]. Bei ähnlichen Targets kann mit
10
hoher Wahrscheinlichkeit ein toxischer Effekt auftreten. Eine Ähnlichkeit von mindestens
40% der Nucleotidsequenz gilt bei der Untersuchung von Thomas Lengauer und Ralf Zimmer als Richtwert für eine nahe verwandte Funktionsweise [Lengauer and Zimmer, 2000]. Ist
der Wert kleiner, so kann aufgrund der Sequenz nicht mehr von einer Ähnlichkeit ausgegangen werden.
Einschränkungen
Findet man ein orthologes Drogentarget in einem untersuchten Organismus, so garantiert
das noch nicht, dass Wechselwirkungen mit der Droge tatsächlich stattfinden. Gleichzeitig
ist es auch möglich, dass die Droge auf einem anderen Weg, an einem nicht durch Evolution
ähnlichen Protein, wirken kann [Gunnarsson et al., 2008]. Dieser Umstand muss beim Anwenden von Orthologie-Vorhersagen durch Nucleotidsequenz-Vergleiche beachtet werden.
2.
Wirkung von Morphin auf das Nervensystem
Auf der Ebene des Organismus kann Morphin das Nervensystem und das Verhalten beeinflussen. Diese Effekte hängen oft zusammen. Eine Veränderung in der Signalübertragung
des Nervensystems kann sich weiter auf das Verhalten auswirken [Walker, 2006]. Die
Hauptwirkung von Morphin an Säugetieren, nämlich als Schmerzmittel und Verhaltenswandler, beruht auf seiner Wirkung am Nervensystem. Da dieser Wirkmechanismus am
Menschen bekannt ist, wird er auch für Nichtzielorganismen in Betracht gezogen.
Das Nervensystem überträgt Information in Form elektrischer Impulse. Botenstoffe wie Acetylcholin, Adrenalin und Serotonin sind Beispiele für Neurotransmitter [Walker, 2006]. Auch
endogene Opioide werden als Botenstoffe eingesetzt. Eine Einmischung von exogenem Morphin in diese Signalübertragungswege führt zu Störungen des Nervensystems und kann sich
auch im Verhalten zeigen.
3.
Wirkung von Morphin auf das Immunsystem
Neben dem Nervensystem kann auch das Immunsystem durch Opioide beeinflusst werden.
Deshalb ist die Betrachtung der Immunabwehr auch von Interesse.
Alle Lebewesen verfügen über eine Schutzfunktion gegen Krankheitserreger und Abweichungen von Zellen von ihrer normalen Funktion. Bei Signalen vom Gehirn, Veränderungen
im Körper, oder durch Pathogene und Toxine kann eine Reaktion vom Immun- und neuroendokrinen System ausgelöst werden. Eine solche Antwort kann sein:
-
Freisetzung von Botenstoffen wie Neurotransmittern und Hormonen
Produktion von Cytokinen, Chemokinen und Antikörpern
Änderung in der Übertragungsgeschwindigkeit von Information.
Die erforderlichen Botenstoffe werden sowohl vom Immunsystem als auch vom neuroendokrinen System geteilt und sind ein Weg zur Kommunikation [Carr and Weber, 2001]. Reagiert das Immunsystems auf einen Stressor, wirkt das auch auf das Nerven- und das Hormonsystem. Umgekehrt können Hormone und Signalstoffe der Nerven die Immunfunktion
verändern [Machelska and Stein, 2007]. Opioidpeptide, die natürlichen Bindungspartner der
Opioidrezeptoren, sind eine solche Gruppe von Hormonen, welche vom zentralen Nervensystem und dem Immunsystem geteilt werden. Belasten Stressoren intern oder extern den
Organismus, werden vom Gehirn unter anderem Opioide freigesetzt [Carr and Weber, 2001].
11
Aktuelle Studien zeigen, dass Opioidrezeptoren auch auf Zellen des Immunsystems zu finden sind und dass Zellen wie Lymphozyten und Makrophagen (wichtig für Erkennung und
Entfernung von Fremdstoffen im Organismus) Opioidpeptide bilden können [Chadzinska
and Plytycz, 2004]. Opioide beeinflussen das Immunsystem folglich nicht nur indirekt über
das Nerven- und Hormonsystem, sondern wirken auch direkt auf Opioidrezeptoren an Immunzellen. Dabei können sie die Aktivierung von Leukozyten, das Zellwachstum und die
Zellteilung regulieren. Lymphozyten, natürliche Killerzellen und Makrophagen reagieren
besonders empfindlich auf Opioide [Carr and Weber, 2001].
Aktiviert ein Opioid einen Rezeptor, kann eine Signalkaskade ausgelöst werden, welche ein
biologisches Ereignis auf Zellebene auslöst [Carr and Weber, 2001]. Die pharmazeutische
Aktivität des endogenen Morphins ähnelt dem pflanzlichen Morphin. Studien fanden eine
Wirkung beider Substanzen auf die Funktion des Immunsystems [Machelska and Stein,
2007], [Stefano and Kream, 2010].
Die Signalwege für teils ähnliche Substanzen wie Morphin sind vorhanden und eine Wirkung auf eine grosse Vielfalt an Organismen kann nicht von vorneherein ausgeschlossen
werden. Für die Kommunikation zwischen Nerven, Hormonrezeptoren und dem Immunsystem werden in Invertebraten, wie auch in Vertebraten, Signalmoleküle der endogenen
(körpereigenen) Opioide eingesetzt.
4.
Literaturreview
Im Folgenden soll eine Abschätzung gemacht werden, welche Organismen wie stark von
natürlich in Gewässern auftretenden Morphinkonzentrationen betroffen sein können.
Die Ähnlichkeit der Organismen wird verglichen, um abzuschätzen an welchen Lebewesen
Effekte erwartet werden könnten. In verschiedenen Ansätzen werden Toxizität und Reaktion
auf Morphin untersucht. In diesem Abschnitt wird ein Ausschnitt von Publikationen zu diesem Thema vorgestellt.
Untersuchung von Homologien
Um in Erfahrung zu bringen, welche Drogen an aquatischen Organismen möglicherweise
toxische Wirkungsweise haben, verglichen Domingo, Schirmer et al. die Sequenzen der
menschlichen Drogen-Targets und deren Homologie zu den Nucleotidsequenzen aquatischer Spezies [Domingo et al., 2011]. Mithilfe eines solchen Vergleichs können die Funktion
eines Proteins vorhergesagt und möglicherweise beeinflusste biologische Prozesse identifiziert werden. Die Daten aus erwähnter Publikation sind für die Morphinrezeptoren in Tabelle I-4 zusammengefasst. Für den aquatischen Vertebraten Danio rerio, umgangssprachlich als
Zebrabärbling oder Zebrafisch bekannt, wurden homologe Sequenzen von hoher Ähnlichkeit (über 60% für die Morphin-Rezeptoren) gefunden. Die Signifikanz dieser Ergebnisse ist
hoch. Für den Afrikanische Krallenfrosch Xenopus laevis waren die Werte höher als 40%.
Eine andere Studie suchte Homologien für 1318 Drogen-Targets des Menschen in 16 Spezies.
Von den aquatische Organismen hatten Fische (Danio rerio, Gasterosteus wheatlandi) und Frösche (Xenopus tropicalis) bei weitem die höchsten Ähnlichkeitswerte zu den menschlichen
Targets. Zebrafische (Danio rerio) führten die Rangliste mit 86% Orthologie an [Gunnarsson
et al., 2008].
12
Homologe Sequenzen für Targets von Drogenstoffen in den Invertebraten Daphnia magna
und Escherichia coli wurden als deutlich geringer bestimmt als jene der anderen betrachteten
Organismen (voller Datensatz: [Domingo et al., 2011]). Für Escherichia coli bewegen sich auch
die Werte aus der Untersuchung von Gunnarsson um 37% [Gunnarsson et al., 2008].
Die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii wurde sowohl von Gunnarsson et al. als auch von
Domingo et al. auf Orthologie in den Drogentargets untersucht [Gunnarsson et al., 2008],
[Domingo et al., 2011]. Für Morphin bewegen sich die Werte zwischen 25 und 30% (Tabelle
I-4) und auch über alle Targets gesehen wurde ein Wert von nur 35% gefunden [Gunnarsson
et al., 2008]. Den "Supporting Information" der Publikation von Gunnarsson et al. lässt sich
entnehmen, dass die Übereinstimmung in den Haupttargets des Morphins noch geringer ist.
Bei Amphibien fanden Domingo et al. Ähnlichkeiten zwischen 43 und 56% für die MorphinRezeptoren in der Nucleotidsequenz des Apothekerfrosches (X. laevis). Gunnarsson berichtet
gar von 65% über alle Targets gesehen, allerdings ist die Anzahl ähnlicher Targets zu diesem
hohen Wert vergleichsweise gering [Gunnarsson et al., 2008], [Domingo et al., 2011].
Tabelle I-4: Homologie-Vorhersage übernommen aus [Domingo et al., 2011]. Ähnlichkeit in Prozent. E-Wert in
Klammern angegeben: Mass für Ähnlichkeit welche durch Zufall zustande kommt. Je kleiner E, desto signifikanter der Ähnlichkeits-Wert.
Abkürzungen: nd.=keine Daten (no data); Danio rerio: Zebrabärbling/Zebrafisch; Xenopus laevis: Krallenfrosch/Apothekerfrosch; Drosophila melanogaster: Taufliege; Daphnia magna: Grosser Wasserfloh, Gattung
der Daphnien; Chlamydomonas reinhardtii: einzellige Grünalge, Gattung der Chlamydomonas; Synechococcus elongatus: Eine Blaualge, Klasse der Cyanobakterien; Escherichia coli: gramnegatives Bakterium.
Menschliches Target
Ähnlichkeit in % (statistische Signifikanz als E-Wert)
Organismus
µ-Opiat-Rezeptor
κ-Opioidrezeptor
δ-Opioidrezeptor
Danio rerio
83 (3 ∙ 10!!"# )
69 (1 ∙ 10!!"# )
68 (2 ∙ 10!!"# )
Xenopus laevis
56 (8 ∙ 10!!!" )
48 (2 ∙ 10!!"# )
43 (5 ∙ 10!!" )
Drosophila melanogaster
35 (5 ∙ 10!!" )
36 (8 ∙ 10!!" )
33 (9 ∙ 10!!" )
Daphnia magna
34 (6.3)
31 (3.0)
20 (3.6)
Chlamydomonas
reinhardtii
32 (1.9)
25 (0.72)
26 (2.2)
Synechococcus
elongatus
31 (0.76
31 (0.76)
22 (0.55)
Escherichia coli
26 (6.7)
nd.
34 (2.9)
13
Beurteilung der Toxizität in der Literatur
Die Toxizität einer Substanz kann auf mehrere Arten bestimmt werden. Klassischerweise gilt
als Endpunkt das Eintreten des Todes. Da es sich bei Morphin in erster Linie nicht um eine
tödliche Substanz handelt, sondern viele andere Wirkungen möglich sind, kann die Wahl
anderer Kennzahlen aufschlussreicher sein.
In Tabelle I-5 werden einige Werte zur Wirkung von Morphin an Wasserorganismen zusammengefasst. Im Folgenden werden die zugrunde liegenden Untersuchungen sowie weitere Literaturergebnisse genauer ausgeführt.
Tabelle I-5: Literaturübersicht Toxizität von Morphin an Wasserorganismen. LDLo=niedrigste letale Dosis
Organismus
Test
Wert
Aufnahmeroute
Testbeschreibung
Quelle
Muschel
Geometrisches
Mittel aus
LOEC, NOEC
31µM
Immersion,
Test an Hämolymphe. Aktivität
der Phagozyten
[Gagné et al.,
2006]
Muschel
LOEC
10µM
Immersion,
Beweglichkeit von Kiemenhärchen
[Mantione et al.,
2006]
Zebrafisch
(Embryo)
LOEC
10nM
Immersion,
Genexpression
[Sanchez-Simon
et al., 2010]
Zebrafisch
(erwachsen)
NOEC
1.5µM
Immersion,
Verhalten
[Lau et al., 2006]
Flusskrebs
LOEC
2.5µg/g
Kanüle am Herz,
Verhalten
[Nathaniel et al.,
2010]
Frosch
LOEC
10mg/kg
Injektion in Lymphgefässsystem,
Schmerztoleranz
[Pezalla, 1983]
Frosch
LOEC
320mg/kg
Injektion in Lymphgefässsystem,
Verhalten
[Pezalla, 1983]
Literaturergebnisse zu Invertebraten
Neuronale und Verhaltenseffekte
An der Muschel Elliptio complanata wurde nachgewiesen, dass Morphin einen Anstieg des
Dopamins im Muschelgeweben unterstützt und möglicherweise einen Entspannungszustand einleitet. Zugleich wurde bereits bei geringen Dosen Morphin die Aktivität der Acetylcholinesterase deutlich reduziert und jene des GABA-Rezeptors erhöht [Gagné et al., 2010].
Das Protein Acetylcholinesterase zerstört den Neurotransmitter Acetylcholin. Durch seine
Hemmung dauert die Stimulation des Rezeptors länger an. Die Bewegung der Kiemenhärchen von Mytilus edulis, der Miesmuschel, wird durch das Nervensystem gesteuert. Die Regulierung dieser Funktion ist für den Organismus wichtig um an genügend Sauerstoff zu
14
kommen. Eine Untersuchung von Morphinbehandlung auf die Frequenz von Schlägen der
Kiemenhärchen zeigte eine Wirkung ab einer Dosis von 10µM [Mantione et al., 2006].
An Flusskrebsen (Orconectes rusticus) kann Morphin nachweisbar Änderungen in der Genexpression auslösen. Ausserdem reagieren die Flusskrebse auf eine einzelne Morphinbehandlung mit reger Bewegung. Wiederholte Behandlung mit höheren Dosen dämpft die Beweglichkeit. Anwendung von tiefen Dosen über lange Zeit förderte hingegen die Beweglichkeit. Effekte wurden bereits bei der geringsten angewandten Dosis von 2.5µg/g Körpergewicht deutlich [Dziopa et al., 2011], [Nathaniel et al., 2009].
Verhaltensänderungen, ähnlich dem Suchtverhalten beim Menschen, kommen auch bei
Flusskrebsen vor. Sie begeben sich bevorzugt in jene Umgebung, wo zuvor Morphin zugegeben wurde. Zusammen mit einer anregenden Umgebung kann eine Morphininfusion als
Belohnung eingesetzt werden. Bereits eine einzige Dosis ist ausreichend um langzeitliche
Verhaltensänderungen zu bewirken [Huber et al., 2011].
Effekte am Immunsystem
Eine in vitro Untersuchung an den Muschelarten Planorbarius corneus (Posthornschnecke)
und Mytilus edulis (Essbare Miesmuschel) zeigt eine Wirkung von Morphin auf Immunsystemzellen. Die Zellen wurden mit Lipopolysacchariden (LPS) stimuliert. Im Verlauf des Experiments zeigte sich, dass Morphin der Antwort auf LPS in konzentrationsabhängiger Weise entgegenwirkt. Morphinbehandlung reduziert nicht nur die Anzahl aktivierter Immunocyten, sondern verhindert auch Phagozytose von Bakterien welche den Muscheln zugesetzt
werden. In der erwähnten Studie bestätigte sich die Wirkung von Morphin an Muscheln
auch für die Insektenart Leucophaea maderae (Riesenkakerlake) [Ottaviani et al., 1995].
Auch eine weitere Muschelart, Elliptio complanata, reagiert in selber Weise auf Morphin
[Gagné et al., 2006]. Phagozytose wird bereits bei geringer Konzentration gehemmt. Der
Grenzwert, ab welchem ein Effekt festgestellt werden kann, wurde auf 31µM Morphin (8.8
mg/L) bestimmt (siehe auch Tabelle I-5). Pharmazeutika wurden an der Hämolymphe getestet, welche von der Muschel entnommen wurde. Der Grenzwert wurde bestimmt als
LOEC ∙ NOEC.
Literaturergebnisse zu Vertebraten
Neuronale und Verhaltenseffekte
Erst eine hohe Dosis von 320mg/kg Körpergewicht (vergleiche Tabelle I-5) löste bei Rana
pipiens pipiens, dem Leopardfrosch eine signifikante Verhaltensänderung aus. Als Schmerzmittel ist Morphin in Fröschen weniger wirksam als bei Säugetieren. Erst bei 10mg/kg wurde eine leicht höhere Schmerztoleranz festgestellt. 100mg/kg waren für eine deutliche Wirkung nötig [Pezalla, 1983].
Bereits zweiwöchige Zebrafischlarven können eine Verhaltensreaktion auf Morphin zeigen.
Mit Morphin behandelte Larven ziehen die morphinreichere Umgebung eines Versuchsaufbaus vor. Durch eine Vorbehandlung wird die Präferenz für Morphin viel ausgeprägter. Unbehandelte Larven reagieren nicht so deutlich. 0.8µM bewirken hierbei die deutlichste Reaktion. Morphin wurde auch im Inneren der Larve gefunden, was einen Einfluss auf biologische Prozesse ermöglicht [Bretaud et al., 2007]. Für adulte Zebrafische nennt eine andere
Quelle eine Dosis von 1.5µM (vergleiche Tabelle I-5) bei welcher ein signifikanter Unterschied zu unbehandelten Fischen sichtbar wird. Zugleich konnte gezeigt werden, dass dies
15
aufgrund der Übertragung von Informationen über den Signalweg der Opioide geschieht
[Lau et al., 2006]. An Zebrafisch-Embryos wurde der Einfluss auf die Entwicklung des Nervensystems untersucht. Ein LOEC konnte experimentell auf 10nM bestimmt werden
[Sanchez-Simon et al., 2010].
Bei Morphinbehandlung von Zebrafisch Embryos nahm die Zahl teilungsfähiger Zellen zu
(Morphinkonzentration: 10nM). Der Mechanismus konnte experimentell gezeigt werden:
Morphin beeinflusst über das Opioidsystem die Expression des Wnt1-Gens. Wnt1 codiert für
ein Signalprotein, das eine wichtige Rolle hat in der Ausbildung des Zentralen Nervensystems. Das Gen blieb im Verlauf der Evolution gut erhalten [Sanchez-Simon et al., 2012].
Effekte am Immunsystem
Auf der Ebene einzelner Zellen kann Morphin die Chemotaxis der Leukozyten von Fröschen
(verwendet wurde Rana esculenta) und Goldfischen (Carassius auratus gibelio L.), in Abhängigkeit eines Stimulators, beeinflussen. Die Wanderung von Leukozyten zu einem Chemoattraktor (Lockstoff) wird in Fischen verhindert, aber nicht in Fröschen [Chadzinska and
Plytycz, 2004]. Morphin verringert einerseits in vitro die Zahl abgesonderter Leukozyten des
Goldfisches, andererseits wird jedoch deren Beweglichkeit über ein breites Konzentrationsspektrum (10-12 bis 10-4 M) erhöht [Chadzinska et al., 2000], [Chadzinska and Plytycz, 2004].
Niedrige Konzentration (10!!" M und 10!!" M) von Morphin vermochten in vitro direkt die
Apoptose von Leukozyten in der Kopfniere zu verringern [Chadzinska et al., 2009b]. Hinsichtlich der Genexpression ist bei der Karpfenart Cyprinus carpio L. in vitro eine Reduktion
von entzündungsfördernden Cytokinen/Chemokinen und chemokinen Rezeptoren feststellbar. In vivo äussert sich dies in einer entzündungshemmenden Wirkung von Morphin
[Chadzinska et al., 2009b].
5.
Diskussion der Literatur
Die opioiden Peptide (z.B. endogenes Morphin) sowie ihre µ-, δ- und κ-Rezeptoren sind phylogenetisch bereits lange erhalten. Sie finden sich in Spezies der Vertebraten und Invertebraten, welche evolutionär vor 500 Millionen Jahren divergierten. Dies ist auch ein Hinweis auf
die Wichtigkeit dieses Mechanismus für den evolutionären Vorteil einer Spezies [Stefano et
al., 1998].
Suchtmittel wirken auf einen phylogenetisch gut erhaltenen Teil im Gehirn [Huber et al.,
2011], [Dziopa et al., 2011]. Das endogene Opioidsystem ist beteiligt an Entwicklungsprozessen wie Neurogenese und Teilung von Nervenzellen. Die Haupteffekte von Opioiden sind
Schmerzminderung und das Entstehen einer Sucht nach der Droge [Sanchez-Simon et al.,
2012]. In Invertebraten und Vertebraten können ähnliche Verhaltensmuster hervorgerufen
werden. Die Wirkung von Morphin auf die Embryonalentwicklung und besonders das Zentrale Nervensystem bestätigt sich in mehreren Untersuchungen [Bretaud et al., 2007],
[Sanchez-Simon and Rodriguez, 2008], [Sanchez-Simon et al., 2010], [Sanchez-Simon et al.,
2012]. Auch ein Wirkungsweg wurde gefunden: Die Reaktion auf Morphinbehandlung beruht auf der Einwirkung der Droge in die Signalübertragung von endogenen Opioiden und
Neurotransmittern [Bretaud et al., 2007].
Die Publikation von Enzo Ottaviani et al. weist darauf hin, dass nicht nur Opiate als Signalmoleküle während der Evolution erhalten blieben, sondern auch ihre Wirkung auf das Immunsystem. Dies belegen sie mit einem Experiment an drei Invertebraten, zwei Muschelarten und einer Insektenart [Ottaviani et al., 1995].
16
Durch Bindung von Stoffen am µ- und δ- (aber nicht κ-) Opioidrezeptor wird die Beweglichkeit von Leukozyten beeinflusst. Dieser Effekt auf der Immunsystem-Ebene blieb auch bei
phylogenetisch voneinander entfernte Spezies erhalten [Chadzinska and Plytycz, 2004].
Widersprüchliche Ergebnisse
In der Literatur findet man nicht immer einheitliche Aussagen zur Wirkung des Morphins.
Abhängig vom untersuchten Organismus und dem experimentellen Ansatz wurde in manchen Studien nach einer Morphinbehandlung eine verstärkte Aktivität von Komponenten
des Immunsystems (zum Beispiel Leukozyten) unter Einfluss des Stimulus gefunden, in anderen wurde eine Abschwächung festgestellt [Ottaviani et al., 1995], [Chadzinska and
Plytycz, 2004], [Chadzinska et al., 2009b]. Unterschiede zwischen Studien und Spezies können entstehen aufgrund verschiedener Konzentrationen und zeitlicher Zugabe. Ebenso spielt
die Aufnahmeroute (Zugabe in Medium oder über Injektion in verschiedene Gewebeteile)
eine Rolle [Chadzinska et al., 2009b].
Magdalena Chadzinska et al. nennen eine Hypothese, welche dieses Phänomen teilweise zu
erklären versucht. Sie vermuten, dass Opioide einerseits hemmend auf die Chemotaxis wirken, andererseits jedoch Zellbewegung anregen. Daher wäre möglich, dass bei hoher Konzentration des Lockstoffes die Leukozyten unter Opioid-Einfluss gehemmt werden, bei geringerer Konzentration wäre die spontane Zellbewegung jedoch stärker. Diese Effekte auf
die Beweglichkeit der Leukozyten scheinen abhängig zu sein von der Menge an Opioiden
und Lockstoffen. Unter welchem Verhältnis der eine oder andere Effekt auftritt, hängt vom
betrachteten Organismus ab [Chadzinska and Plytycz, 2004]. Die unterschiedliche Immunsysemantwort von Fröschen und Fischen unter Opioideinfluss lässt sich mit dieser Hypothese
erklären.
6.
Wahl eines Versuchsorganismus
Morphin wirkt nicht auf alle Arten gleich stark, und bei gleicher Konzentration tritt nicht
immer derselbe Wirkmechanismus auf. Trotzdem ist es nicht möglich alle Spezies des aquatischen Ökosystems einzeln zu untersuchen. Um die Toxizität von Morphin abzuschätzen
wird aus praktischen Gründen ein Organismus gewählt, der als Vertreter für eine möglichst
grosse Vielzahl anderer steht.
Man hat festgestellt, dass grundlegende Zellfunktionen gar in Invertebraten erhalten sind
und biologische Prozesse auf molekularer Ebene in Fliegen und Würmern modelliert werden
können. Die Möglichkeit mit diesen Modellen komplizierte Wechselwirkungen, wie bei einer
Krankheit oder einem anderen Angriff auf das Immunsystem nachzustellen, ist jedoch begrenzt [Lieschke and Currie, 2007].
Die aquatische Nahrungskette wird vereinfacht in vier trophische Stufen gegliedert (siehe
Abbildung I–2): Destruenten, Primärproduzenten, Primärkonsumenden und Sekundärkonsumenten. In einem aquatischen Ökosystem, wie es typisch für unsere Gewässer ist, finden
sich auf diesen Stufen Bakterien, Algen, Krebstiere und Vertebraten wie Fische [Fent, 2003].
Hinzu kommen wenige Säugetiere und Amphibien, welche oft nur eine gewisse Zeit, zum
Beispiel während ihrer Entwicklung im Wasser verbringen.
17
Abbildung I–2 Trophische Stufen
im aquatischen Ökosystem, mit
Beispielen
Sekundärkonsument
Fische
Primärkonsument
Krebstiere,
Gliederfüsser
Primärproduzent
Destruent
Bakterien
Algen
Bakterien
Die einzelligen Bakterien sind wichtige Destruenten. Sie bauen organische Substanz von anderen Organismen wieder zu anorganischem Material ab und stellen dieses für die Primärproduzenten zur Verfügung. Ihre Zellwand schützt Bakterien vor vielen Chemikalien, zudem vermögen Bakterien sich gut anzupassen und Resistenzen zu entwickeln.
Bakterien sind geeignet um Kurzzeittests durchzuführen und in kurzem Zeitraum ein Toxizitätsscreening durchzuführen. Von Morphin geht für diese Organismengruppe kein direktes Risiko aus. Genetisch sind Bakterien den Säugetieren nicht sehr ähnlich und Signalübertragung sowie Schutzfunktionen geschehen auf andere Weise. Bakterien haben nur ein rudimentäres Immunsystem und kein Nervensystem. Ähnliche Wirkungsweise wie an Säugetieren kann nicht auftreten. Die Untersuchung dieser Gruppe hinsichtlich Morphinbehandlung steht daher an untergeordneter Stelle.
Algen
Algen sind Vertreter der Primärproduzenten. Aus anorganischen Verbindungen bauen sie
Biomasse auf, welche als Energiequelle für höhere Organismen dient. Von den anderen Wasserlebewesen unterscheiden sie sich durch die Fähigkeit Photosynthese zu betreiben. Häufig
werden Chemikalien hinsichtlich Effekte auf die Photosynthese untersucht. Wie Bakterien
sind auch Algen genetisch nicht so veranlagt, dass direkte Effekte über den Hauptwirkungsweg des Morphins erwartet werden könnten.
Spezifische Wirkungsmechanismen an Bakterien und Algen
Bakterien und Algen werden aus erwähnten Gründen aus dieser Betrachtung ausgeklammert. Aufgrund des kontinuierlichen Eintrags tiefer Konzentrationen, geht von Morphin
eine Gefahr durch chronische Belastung aus. Da Langzeittests zur Untersuchung chronischer
Effekte zudem schwer möglich sind, werden diese Spezies in Morphin-Toxizitätstests nicht
betrachtet.
Trotzdem darf in Erinnerung behalten werden, dass an diesen Organismen neue Wirkmechanismen möglich wären, welche auf ein System wirken, das den Vertebraten nicht bekannt
ist. In Ausnahmeereignissen wäre zudem eine akute Belastung von Gewässern mit Morphin
denkbar.
18
Krebstiere und Gliederfüsser
In Toxizitätstests werden Daphnien, auf Deutsch Wasserflöhe, als Vertreter der Krebstiere
gewählt. Sie sind repräsentativ für Primärkonsumenten. Aufgrund ihrer genetischen Veranlagung wäre nicht zwingend ein Effekt zu erwarten. Für höhere Krebstiere wurden in der
Literatur aber schon Effekte durch Morphin gefunden. Krebstiere gehören zu den Gliederfüssern. Der Stamm der Gliederfüsser hat mit den Wirbeltieren unter anderem gemeinsam,
dass eine Cephalisation auftritt, die deutliche Ausbildung von Nerven und Sinnesorganen.
Die Entdeckung von endogenen Opioiden in Zellen von Invertebraten [Kream et al., 2010]
und die Ausbildung eines Nervensystems sind Hinweis darauf, dass diese Organismen auch
Schmerzen wahrnehmen könnten. Körpereigene Opioide übernehmen jedoch auch andere
regulatorische Funktionen in einem Organismus. In phylogenetisch weit von den Säugetieren entfernten Arten ist eher eine andere Hauptwirkung des Morphins anzunehmen.
Gliederfüsser wie Krebstiere, aber auch andere Invertebraten, zum Beispiel Muscheltiere
sind geeignet um Wirkungen von Morphin zu untersuchen. Die Gesamtheit der Effekte
kommt an einem höheren Organismus wahrscheinlich eher zum Vorschein. Zudem könnten
die Wirkungsmechanismen wegen der näheren Verwandtschaft mit den Säugetieren stärker
sein. Darum wird im Folgenden eine höhere trophische Stufe betrachtet. Von dieser Ebene
können immer noch Rückschlüsse auf einfachere Organismen gemacht werden. Trotzdem
sollten spezifische Experimente an Gliederfüssern, zum Beispiel Insekten nicht ausgeschlossen werden. Lange bevor die Wirkung von Drogen an Menschen entdeckt wurde, dienten
diese Stoffe Pflanzen als Toxine unter anderem als Verteidigung. Natürliche Toxine wie Kokain schützen die Pflanze vor Insekten, indem der den Invertebraten eigene Neurotransmitter Octopamin beeinflusst wird [Domingo et al., 2011]. Diese Erkenntnis lässt die Interpretation zu, dass die Wirkung von Morphin an höheren Organismen wie dem Menschen ein bedeutender Nebeneffekt ist. Invertebraten und der Octopamin-Transporter sind damit ein
interessanter Gegenstand für weitere Untersuchungen.
Fische
Fische sind typische aquatische Sekundärkonsumenten, können aber auch in anderen Trophiestufen von Nahrungsnetzen auftreten [Fent, 2003]. Es sind Wirbeltiere und sie gehören
somit zu den hochentwickelten Organismen aquatischer Ökosysteme. Wegen der ökologischen Nische und der Ähnlichkeit vieler Lebensprozesse zu jenen von Säugetieren, gelten
Fische als die am wahrscheinlichsten durch Pharmazeutika beeinflusste Spezies [Corcoran et
al., 2010]. Fische sind geeignete Modellorganismen für chronische und akute Tests.
Aus folgenden Gründen wurde für unsere Untersuchung der Zebrafisch als Modellorganismus gewählt:
-
Repräsentant für aquatische Vertebraten
Einfache Handhabung, kurze Generationszeit
Genomsequenz verfügbar, Homologie zu anderen Organismengruppen untersucht
Normale Entwicklung und arttypisches Verhalten sind aus früheren Studien bekannt
Häufige Verwendung in anderen Studien macht Vergleiche möglich
Generell ist die Übereinstimmung von Toxizitätsvoraussagen für verschiedene Fischspezies
sehr hoch [Lammer et al., 2009]. Zu beachten ist eine Publikation von Newby et al., welche
besagt, Aussagen macht zur Verteilungs- und Eliminationsgeschwindigkeit von Morphin in
Fischspezies. Die Verteilung von Morphin im Fischkörper sehr ähnlich ist für alle Spezies
19
und verläuft sehr schnell. Die Elimination ist ein langsamer Prozess und bei der Eliminationsgeschwindigkeit von Morphin gibt es grosse Variation zwischen Fischspezies. Die Aussagen beruhen auf Experimenten mit ausgewachsenen Exemplaren der Fischspezies Pseudopleuronectes americanus (eine Schollenart) und Oncorhynchus mykiss (Regenbogenforelle).
Die Unterschiede in der Eliminationsphase sind möglicherweise teils auf die massenspezifische Variation in der Pumpfunktion des Fischherzen zurückzuführen. Die leichtere Scholle
hat eine geringere Pumpleistung (pro kg Körpergewicht) als die Regenbogenforelle. Die
Morphinelimination geschieht in der Scholle langsamer. Ausserdem verläuft die Elimination
um etwa eine Grössenordnung (Zehnerpotenz) langsamer als in Säugetieren [Newby et al.,
2006]. Dies relativiert sich, berücksichtigt man die Untersuchung an ausgewachsenen Zebrafischen, welche einen raschen Metabolismus von Morphin vermuten lässt [Lau et al., 2006].
Die Studien von Newby et al. und Lau et al. untersuchen beide ausgewachsene Fische. Die
Schollenart aus der Untersuchung von Newby et al. ist ein Salzwasserfisch. Die Regenbogenforelle hingegen ist ein Süsswasserfisch, wie auch der Zebrafisch. Scholle und Regenbogenforelle sind Kaltwasserfische, während Zebrafische in warmen Gewässern leben. Ob es sich
um einen Süss- oder Salzwasserfisch, um einen Warm- oder Kaltwasserfisch handelt könnte
also zusätzlich einen Einfluss auf die Eliminationsgeschwindigkeit haben.
Newby et al. führen die Eliminationsgeschwindigkeit hauptsächlich auf die Masse der Fische
und die Pumpfunktion des Herzens zurück. Für den gewählten Versuchsorganismus ist,
beruhend auf [Lau et al., 2006], ein rascher Metabolismus naheliegend. Zuvor aufgezählte
Gründe könnten zu einer weniger raschen Elimination in anderen Fischspezies führen.
7.
Zebrafisch (Danio rerio)
Der Zebrafisch wird immer mehr zu einem beliebten Modell-Vertebraten für die Ermittlung
der Toxizität von Chemikalien. Besonders in frühen Entwicklungsstadien sind Fische sehr
empfindlich auf Behandlung mit Chemikalien [Hill et al., 2005].
Zebrafische sind kleine tropische Fische, heimisch in Flüssen in Indien und Südasien. Rasche
Entwicklung, einfache Haltung und eine grosse Zahl an Nachkommen zählen zu ihren Vorteilen. Bereits 24 Stunden nach der Befruchtung ist der Grundbauplan festgelegt [Scholz et
al., 2008]. Nach 48 Stunden funktionieren komplexe Lebensprozesse, welche in vieler Hinsicht vergleichbar sind mit menschlichen Lebensfunktionen [Deo and MacRae, 2011]. Ein
transparentes Chorion erleichtert die Beobachtung der Entwicklung von Auge oder mit dem
Mikroskop. Um 2-3 Tage nach der Befruchtung (Abkürzung dpf) schlüpfen die Embryos. Bei
5dpf ist der Vorrat im Dottersack aufgebraucht. Die Fische beginnen sich selbstständig zu
ernähren, was darauf hinweist, dass zu diesem Zeitpunkt die Hauptorgane entwickelt sind.
Nach ungefähr drei Monaten sind die Zebrafische erwachsen [Scholz et al., 2008]. Die Lebensdauer wird in der Literatur mit 3-5 Jahren angegeben [Lieschke and Currie, 2007]. Weil
ältere Fische anfälliger sind auf verschiedene Krankheiten werden im Labor keine Fische
älter als 2 Jahre verwendet.
Embryos nehmen Stoffe aus dem Wasser über passive Diffusion durch die Haut auf. Je nach
Experiment wird auch die Aufnahme über den Verdauungstrakt oder durch eine Injektion in
den Dottersack untersucht [Diekmann and Hill, 2012]. Bis mehrere Wochen nach der Fertilisation schützt nur das angeborene Immunsystem [Novoa et al., 2009].
20
Ersetzen der Fisch-Toxizitätstests mit Embryos
Die Korrelation zwischen Embryotests und Tests mit erwachsenen Zebrafischen ist sehr
hoch, bei 96% [Lammer et al., 2009]. Die gefundenen Daten können als gleichwertig betrachtet werden. Tests mit Embryos ermöglichen kürzere Expositionsdauern und Verringerung
des Chemikalieneinsatzes. Die Fischembryotests sind weder besser noch schlechter als der
sonst übliche Akute Fisch-Toxizitätstest. Sie sind eine vernünftige Alternative und können
helfen Prioritäten zu setzen, welche Substanzen für höhere Organismen oder Ökosysteme zu
untersuchen sind [Scholz et al., 2008], [Lammer et al., 2009], [Deo and MacRae, 2011].
Nachteile von Zebrafisch
Da die Kiemen bei Embryos noch nicht funktionieren und der Dottersack die Nahrungsquelle darstellt, werden in den ersten fünf Tagen der Entwicklung Chemikalien ausschliesslich
über die Haut und nach Diffusion in den Dottersack mit dem Dotter aufgenommen [Sipes et
al., 2011]. Im Dottersack reichern sich besonders hydrophobe Substanzen in ungewöhnlich
hohen Konzentrationen an [Diekmann and Hill, 2012]. Eine natürliche Barriere für die Aufnahme von Stoffen stellt das Chorion dar, manche Chemikalien könnten dadurch in den ersten Tagen der Entwicklung unwirksam auf das Embryo bleiben.
Bei Experimenten mit Zebrafischembryos muss bedacht werden, dass manche Stoffe aufgrund ihrer Eigenschaften den Embryo möglicherweise nicht erreichen oder aber in verstärkter Weise Wirkung nehmen.
Zebrafisch als Modellorganismus für die Untersuchung von Morphin an Wasserorganismen
Für unsere Experimente eignet sich der Zebrafisch als Modellorganismus, da es sich um einen Repräsentanten der aquatischen Vertebraten handelt, welcher in Toxizitätstests bereits
häufig eingesetzt wird.
In der aktuellen Forschung hat man bereits gut untersucht, an welchen Stellen eine Wirkung
von Morphin zu erwarten sein könnte. Bezüglich Drogen haben Fische dem Menschen sehr
ähnliche Rezeptoren. Das Genom des Zebrafisches wurde vollständig sequenziert und mögliche Angriffsziele von Morphin konnten identifiziert werden.
Einen in der Forschung oft verwendeten Modellorganismus zu wählen hat zudem den Vorteil, dass Verhalten und Entwicklung im Normalzustand bekannt sind und nicht zusätzlich
untersucht werden müssen.
21
II.
Laborempfehlung und weiterführende Literatur
In welche Kompartimente in einem Ökosystem Morphin geht und wie es sich in einem Organismus verteilt, kann aufgrund einer Analyse chemisch-physikalischer Eigenschaften abgeschätzt und mit Messungen überprüft werden. Morphin wird hauptsächlich aus Siedlungen und Haushalten über das Abwasser in die Umwelt eingetragen. Aus Literaturwerten ist
bekannt, dass Morphin kaum in die Atmosphäre entweicht [Daughton, 2011]. Die Adsorption an Bodenpartikel ist gering, wenn auch höher für organische Böden als für anorganische
Böden. Die Bindung an organische Böden oder die Anreicherung in Organismen macht einen geringfügigen Anteil aus (vergleiche Tabelle I-3, Seite 9), [HSDB]. Es ist davon auszugehen, dass Morphin grösstenteils im Kompartiment Wasser als Hintergrundbelastung bestehen bleibt.
Welche biologischen Systeme jedoch darauf reagieren und was für Wechselwirkungen auftreten, erfordert weitergehende Untersuchungen, welche für Morphin noch nicht abgeschlossen sind. Im Folgenden wird betrachtet welche biologischen Systeme betroffen sein
könnten und wo weiterer Forschungsbedarf besteht.
Aus unseren Experimenten und anderen Studien geht hervor, dass Morphin keine Missbildungen hervorruft und die morphologische Entwicklung von Embryos nicht beeinträchtigt.
Auf der Ebene des ganzen Organismus lassen sich keine Veränderungen feststellen. Die
Haupteffekte von Opioiden und ihres Wirkstoffs Morphin sind Schmerzlinderung und das
Auftreten einer Sucht. Opioide übernehmen nach neusten Erkenntnissen aber auch weitere
Rollen in der Teilung und Vermehrung von Nervenzellen. Studien weisen darauf hin, dass
das Opioidsystem eine wichtige Rolle spielt in der Embryoentwicklung, besonders bei der
Entwicklung des Zentralen Nervensystems [Sanchez-Simon et al., 2012]. Das Immun- und
das Neuroendokrine System teilen sich Botenstoffe und Rezeptoren, sie arbeiten nahe zusammen in der Selbstregulation biologischer Systeme [Chadzinska and Plytycz, 2004].
A.
Neuronale Effekte
Das Streben die eigenen Bedürfnisse wie Nahrungsaufnahme und Trinken zu erfüllen, wird
durch das evolutionär gut erhaltene Nervensystem geregelt. Es wird angenommen, dass
Drogen in diese neuronalen Netzwerke eindringen und als Belohnung wahrgenommen
werden. Endogene Opioide regulieren als Botenstoffe das Nervensystem. Langfristige Exposition mit exogenen Opioiden kann zu Veränderungen auf neuronaler Ebene führen. Über
das Nervensystem kann aufgrund der Präferenz für natürliche Belohnungen oder für exogenes Morphin eine Verhaltensänderung ausgelöst werden [Lau et al., 2006]. Die Abhängigkeit
von Morphin kann in einem Konditionierungs-Experiment untersucht werden, wo betrachtet wird ob der Modellorganismus auf eine morphinreichere Umgebung stärker anspricht.
Das körpereigene Opioidsystem reguliert wichtige Prozesse in der Entwicklung eines Organismen wie die Neurogenese, die Bildung von Nervenzellen und die Zellteilung von Neuronen [Sanchez-Simon et al., 2012]. Morphin wirkt spezifisch auf den µ-Rezeptor. Hinsichtlich
der Expression des Rezeptors, gibt es ein paar besonders interessante Zeitpunkte. Die mRNA
(ZfMOR für Zebrafische: Transkript des betreffenden Genabschnitts der DNA) für den Rezeptor wurde in einem Versuch zu zwei besonderen Zeitpunkten besonders häufig oder in
22
höherer Konzentration als andere Opioidrezeptoren vorgefunden [Sanchez-Simon and
Rodriguez, 2008]:
•
Vor 2.75 hpf: Kurz vor der Midblastula Transition, also bevor der Embryo beginnt eigene Genprodukte (RNA) zu produzieren
10-24 hpf: Segmentationsperiode
•
•
48 hpf: Höchstwert während der Embryonalentwicklung
72 hpf: Übergang von Embryonalentwicklung zur Larvenentwicklung
•
Es wird angenommen, dass die mRNA für ZfMOR, welche bereits vor 2.75 hpf festgestellt
werden kann, von der Mutter an das Embryo weitergegeben wird, da das Embryo erst nach
der Midblastula Transition beginnt eigene Genprodukte (RNA) zu produzieren [SanchezSimon and Rodriguez, 2008]. Zum Zeitpunkt der Midblastula Transition, etwa bei 3 hpf, reichern sich die Rezeptortranskripte an, da mütterliche und eigene Transkripte vorliegen
Stärkere Expression von ZfMOR, im Vergleich zu anderen Opioidrezeptoren, lässt sich während der Segmentationsperiode feststellen. Dies ist genau dann, wenn das Zentrale Nervensystem sich beginnt zu teilen und seine komplexe Struktur entsteht, wie sie im ausgewachsenen Organismus vorhanden ist. Räumliche Untersuchung bestätigt die Expression von
ZfMOR im Zentralen Nervensystem [Sanchez-Simon and Rodriguez, 2008].
Bei 48 hpf fand man Opioidrezeptoren in zwei Regionen des Gehirns: Im Tegmentum und in
der Hirnanhangdrüse. Letztere ist ein Hauptelement des Neuroendokrinen Systems
[Sanchez-Simon and Rodriguez, 2008].
Eine Zunahme in der Expression führt für gewöhnlich zu einer verstärkten Funktion. Der
regulierende Einfluss von Opioiden auf das Zentrale Nervensystem kann auf der Ebene der
Genexpression beobachtet werden. Je nach der Häufigkeit exprimierter Rezeptoren besteht
eine mögliche Beeinflussung von exogen aufgenommenem Morphin an verschiedenen Stellen im Nervensystem.
B.
Immuneffekte
Es wurde gefunden, dass Opioidrezeptoren auf Zellen des Immunsystems exprimiert werden [Chadzinska and Plytycz, 2004]. Morphin kann die Immunfunktion entweder direkt
über diese Rezeptoren beeinflussen oder indirekt über das Neurohormonsystem [Ader,
2007], [Chadzinska et al., 2009b].
Neben Apoptose von Leukozyten sowie Unterdrückung ihrer Chemotaxis sind weitere bekannte Effekte am Immunsystem: Ein Einfluss auf die Expression von entzündungsfördernden Cytokinen/Chemokinen, deren Rezeptoren und die Freisetzung von Stickstoffmonoxiden. Diese Veränderungen können die Funktion von Immunzellen beeinflussen was in Versuchen, wie dem in dieser Arbeit vorgestellten, untersucht werden kann [Chadzinska and
Plytycz, 2004], [Gagné et al., 2006], [Chadzinska et al., 2009b].
Der Zweck des Immunsystems ist die Abwehr von Pathogenen und die Elimination von
funktionsunfähigen Zellen. In vivo können die Erfüllung dieser Aufgaben und die Immunabwehr ganzheitlich untersucht werden. Auf der Ebene von Zellen und Genen lassen sich
einzelne Einflüsse getrennt betrachten und Unterschiede zwischen Spezies ausmachen.
23
C.
Sonstige Effekte
In ausgewachsenen Zebrafischen wurde die Expression von Opioidrezeptoren im Verdauungstrakt nachgewiesen. Während der Entwicklung dieser Organe wurde ZfMOR vermehrt
exprimiert (48-72 hpf). Dies ist ein Hinweis auf eine erhöhte Funktion des Rezeptors
[Sanchez-Simon and Rodriguez, 2008]. Opioide haben also möglicherweise auch eine regelnde Funktion bei der Entwicklung des Verdauungsapparats.
D.
Resümee
Regelungsfunktion auf neuronaler Ebene führt Verhaltensänderungen. Neuronale Effekte
lassen sich daher durch Beobachtung des Verhaltens untersuchen. Zum Beispiel kann die
Aktivität beim Schwimmen oder die Präferenz für einen Aufenthaltsort betrachtet werden.
Untersuchung der Genexpression lieferte Hinweise darauf, welche neuronalen Systeme betroffen sein könnten. Neben dem Zentralen Nervensystem ist auch eine neuroendokrine
Wirkung auf die Hirnanhangdrüse denkbar.
Am Immunsystem sind eine Vielfalt von direkten und indirekten Wirkmechanismen auf
direkte sowie indirekte Weise möglich. Zur Untersuchung solcher Effekte sind mehrere Methoden möglich. Verschiedene Funktionen des Immunsystems können untersucht werden.
Ein Experiment mit Lipopolysacchariden kann durchgeführt werden um der Frage nachzugehen ob Morphin eine Immunantwort verstärkt oder abschwächt. Weiter kann untersucht
werden ob Morphin einen bestimmten Abwehrmechanismus, die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies durch Makrophagen, beeinflusst. Der sogenannte oxidative Burst gilt als ein
verlässliches Mass für die Immunantwort des Organismus und kann mittels eines Respiratory Burst Assay untersucht werden [Hermann et al., 2004]. Werden nur einzelne Funktionen
des Immunsystems betrachtet, erhält man aber kein ganzheitliches Bild über die Beeinflussung der Immunabwehr eines Organismus. Kompensierende Prozesse und Wechselwirkungen können die Wirkung aufheben. Um die Wirkung von Morphin auf das Immunsystem als
Ganzes zu verstehen, ist es daher wichtig Experimente mit realen, lebenden Pathogenen (Viren, Bakterien oder Pilze) am Versuchsorganismus durchzuführen.
Apoptose von Neuronen oder Immunzellen kann durch ein Färbemittel sichtbar gemacht
werden. Während der Entwicklung des Embryos, der Embryogenese, kommt es zur Apoptose vieler Zellen. So gehen zwischen 20 und 80% der Neuronen während der Formung des
Nervensystems von Vertebraten in den programmierten Zelltod [van Ham et al., 2010].
Durch das Anfärben kommt ein typisches Färbemuster für ein bestimmtes Entwicklungsstadium zustande.
Der Verdauungsapparat könnte Angriffsstelle von direkter Morphineinwirkung sein. Aufgrund einer Genexpressions-Untersuchung des Morphinrezeptors lässt sich eine solche
Vermutung machen.
24
E.
Ausblick
Von Interesse für zukünftige Forschung ist, die Wechselwirkungen der verschiedenen Systeme unter Morphineinfluss genauer auszuleuchten und Tests auf höherer Ebene durchzuführen.
Im praktischen Teil dieser Arbeit wurden Wirkungen auf das Immunsystem untersucht. Es
wurde untersucht ob Morphin die Immunantwort verstärkt oder ihr entgegenwirkt. Zu diesem Zweck wurde ein Experiment mit Lipopolysacchariden durchgeführt.
25
III. Material und Methoden
A.
Zebrafisch
Für den experimentellen Teil fiel die Wahl auf den Zebrafisch (Danio rerio) als Modellorganismus. Im Folgenden wird der Umgang mit dem Modellorganismus Zebrafisch beschrieben.
1.
Haltung
Zur Züchtung der Embryos wurden ausgewachsene Zebrafische der Linie "wikmix" in einer
Fisch-Anlage an der Eawag in Dübendorf gehalten. Die Wassertemperatur war auf 28°C eingestellt und künstliche Beleuchtung simulierte einen Tag-Nacht Zyklus mit 14 Stunden Licht
und 10 Stunden Dunkelheit. Die Fische wurden mit Artemia und einem Trockenfutter gefüttert. Am Tag der Embryo-Einsammlung wurden vor Angehen der Lichter Eier-Legeschalen
in den Aquarien platziert.
Für die ersten Experimente wurden die erwähnten Fische der Linie "wikmix" verwendet.
Nach einer Kontamination der Anlage mit einem Pilz wurden für das zweite Experiment
(LPS II) Fische einer anderen Linie aus einer neu eingerichteten Anlage verwendet.
2.
Embryo-Handhabung
Vor Ablauf einer Stunde nach Einsetzen des Lichtzyklus wurden die Legeschalen entnommen und die Eier in Petrischalen pipettiert. Nach zweimaligem Waschvorgang mit Embryolösung wurden die Eier dem vorbereiteten Morphin exponiert. Pro Konzentration wurden
50-70 Eier in eine Petrischale mit etwa 10mL Morphin-Lösung pipettiert, um mit der Exposition spätestens 1hpf anzusetzen. Nachher wurden die Eier einzeln in 48-Well Platten mit je
200µL Morphin-Lösung von gewünschter Konzentration transferiert, um mit der eigentlichen Exposition zu beginnen. Zu jeder Expositionsplatte wurden 5-6 Kontrollembryos hinzugefügt. Um 8hpf wurden die unbefruchteten Eier aus den Platten entfernt. Für die Tests
wurden mindestens 12 Fischen pro Konzentration und Durchlauf verwendet. Die Experimente wurden so gehandhabt, dass die Embryos stets bei 27-28°C gehalten wurden und der
natürliche hell-dunkel Zyklus fortgeführt werden konnte.
Nährlösung
Im Verlauf der Experimente wurden zwei verschiedene Nährlösungen verwendet.
Die Eier-Lösung (EW) wird aus einer konzentrierten Salzlösung zubereitet. Hierzu werden
0.5g des Instant Ocean Salzes mit 100mL H2O verdünnt. 12mL des Konzentrats werden mit
1L destilliertem Wasser verdünnt, um EW zu erhalten. Damit hat das Instant Ocean Salz im
EW eine Konzentration von 0.06g/L. Die Lösung wurde frisch (höchstens 1-2 Tage vor Einsatz) zubereitet.
26
Die E3-Wachstumslösung (E3) wird gleichfalls aus einer konzentrierten Lösung zubereitet.
In dieser Lösung liegen die Salze in 60-facher Konzentration verglichen zu E3 vor. Für 0.5L
Konzentrat wird benötigt:
8.6g NaCl
0.38g KCl
1.45g CaCl2 × 2 H2O
2.45g MgSO4 × 7 H2O
17.2g/L
0.76g/L
2.9g/L
4.9g/L
wird verdünnt zu
(Konzentration in E3)
0.287g/L
0.013g/L
0.048g/L
0.082g/L
Zudem wird 0.3mM NaHCO3 Lösung hergestellt aus 1.3g NaHCO3 in 50mL Wasser mit
Reinheitsgrad "nanopur".
Für 1L von E3 werden 16.67mL des Konzentrats und 9mL der 0.3mM NaHCO3 Lösung mit
Nanopur Wasser (974mL) auf 1L verdünnt. Die konzentrierte Salzlösung wird somit 60-fach
verdünnt und die NaHCO3 Lösung wird auf 0.234g/L verdünnt. Nach der Zubereitung
wurde die Lösung belüftet.
B.
Morphin
Der experimentelle Teil der Arbeit untersucht die Wirkung von Morphin auf Zebrafische.
Zur Herstellung des Morphin-Konzentrats wurde Morphine-sulfate-pentahydrate (Formel:
(C17H19NO3)2.H2SO4) von Lipomed verwendet. 1mg Pulver der reinen Substanz wird in 5mL
destilliertem Wasser gelöst. Dies entspricht einer Grundkonzentration von 200mg/L oder
266µM (bei einem Molekulargewicht von 751.65g/Mol).
In den nachfolgend beschriebenen Experimenten wurden 6 verschiedene Konzentrationen
untersucht: 0, 1000, 100, 10, 1 und 0.1µg/L. Als Verdünnungsmedium wurde eine der beiden
Nährlösungen verwendet.
C.
Immunsystem Tests
Eine Entzündung kann auftreten als Folge eines Angriffs durch Pathogene oder anderem
Fremdmaterial aber auch bei Zerstörung des Zellmaterials eines Organismus. Makrophagen
und weisse Blutzellen spielen die Hauptrolle in der Erstantwort bei Angriff auf das Immunsystems. Pathogen-assoziierte molekulare Muster (PAMPs, aus dem Englischen pathogenassociated molecular patterns) werden von in weissen Blutkörperchen exprimierten pathogen-erkennenden Rezeptoren (pathogen recognition receptors: PRRs) erkannt. Zur Verteidigung wird die Produktion von entzündungsfördernden Cytokinen, Proteasen sowie reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies eingeleitet. Auf diese Weise wird zudem die Art der
Infektion dem Immunsystem signalisiert [Novoa et al., 2009], [Verburg-van Kemenade et al.,
2011]. Hauptzweck der Immunantwort ist der Transport von Flüssigkeit, Cytokinen/Chemokinen und Zellwanderung in das angegriffene Gewebe. Möglicherweise sind
Hormone und Neuropeptide (Proteine, welche von Nervenzellen als Botenstoffe freigesetzt
werden) an der Regelung dieses Prozesses beteiligt. Das Immun- und das Nervensystem
teilen sich Botenstoffe und Rezeptoren. Morphin kann somit auf verschiedenen Wegen Einfluss auf die Immunfunktion nehmen. Einerseits direkt über Opioid-Rezeptoren an den Immunzellen, andererseits über Hormone welche vom Nervensystem abgegeben werden
[Ader, 2007].
27
In den folgenden Teilabschnitten werden die Versuche beschrieben welche durchgeführt
wurden, um die Wirkung von Morphin auf das angeborene Immunsystem des Modellorganismus zu untersuchen. Die LPS-Challenge untersucht ob Morphin eine Immunantwort fördert oder abschwächt.
1.
Lipopolysaccharid-Challenge
Lipopolysaccharide (LPS) sind ein Produkt der Bakterienzellwand und werden vom Immunsystem der Wirbeltieren als PAMPs erkannt [Verburg-van Kemenade et al., 2011]. Sie bestehen aus drei verbundenen Teilbereichen [Raetz and Whitfield, 2002]:
•
Lipid A, ein hydrophober Teil welcher als Endotoxin wirkt
•
•
Die Kernregion, aufgebaut aus Oligosacchariden
Das C-Antigen, ein randständiger Bereich aus Polysacchariden
Das Lipid A baut die Mono-Schicht der äusseren Membran von Gram-negativen Bakterien
auf [Raetz et al., 2009]. Verbindungen wie Lipopolysaccharide die in Mikroorganismen vorkommen, können ausgehend vom Lipid A toxisch auf Wirbeltiere wirken und Entzündungen einleiten. Sie stimulieren damit eine Antwort des Immunsystems, nachdem die Verbindung an den Rezeptoren erkannt wird. [Novoa et al., 2009]
Toll-ähnliche Rezeptoren (auf Englisch: toll-like receptors, TLR) gehören zu der am besten
erforschten Gruppe von PRRs [Verburg-van Kemenade et al., 2011]. Mithilfe von Gensequenzierung und der Untersuchung von Genomsequenzen verschiedener Spezies konnte
gezeigt werden, dass Funktion und codierende Sequenz der TLRs innerhalb der Wirbeltiere
stark erhalten blieb, ebenso die ausgelöste Signalkaskade [Roach et al., 2005].
Der Toll-ähnliche Rezeptor TLR4 ist ein Protein der Plasmamembran von tierischen Zellen,
welcher das Lipid A von gram-negativen Bakterien erkennt. TLR4 gehört zu den PRRs des
angeborenen Immunsystems [Raetz and Whitfield, 2002]. Die TLR sind trans-membran lokalisierte Proteine und initiieren Signalübertragungen. Nach Erkennen der bakteriellen LPS
wird die Aktivität des Interleukin-1 (IL-1) und des Tumornekrosefaktor (TNF-α) eingeleitet,
um das Wachstum und die Ausbreitung der Bakterien zu verhindern. Eine Überproduktion
dieser Signalstoffe kann jedoch zu einem Schock führen. Falls die Entzündungsreaktion nicht
spezifisch genug gesteuert wird, so kann es zu einer Überreaktion und gar zur Sepsis kommen. Besonders für Fische, die in ihrer natürlichen Umgebung einer Vielzahl von Mikroorganismen ausgesetzt sind, ist eine strenge Kontrolle der Entzündungsantwort wichtig
[Novoa et al., 2009]. Während der letzten Phase der Entzündung produzieren Makrophagen
vermehrt entzündungshemmende Cytokinen wie IL-10 und der transformierende Wachstumsfaktor-β (transforming growth factor-β, TGF-β), um eine überstarke Immunantwort zu
verhindern und die Wundheilung einzuleiten [Verburg-van Kemenade et al., 2011].
Bereits zwei Tage alte Zebrafisch-Embryos sind fähig eine Immunantwort auf LPS einzuleiten. Die Vorteile dieses Modellorganismus machen die Beobachtung der Entzündungsreaktion am lebenden Organismus möglich [Novoa et al., 2009]. Mithilfe von E. coli LPS wurde
die Immunantwort von Zebrafisch-Embryos untersucht. Dieses Produkt der Bakterien regt
Makrophagen an TNF-α und IL-1β herzustellen [Raetz et al., 2009]. Bei genug hoher Dosierung kommt es zur Überreaktion des Immunsystems. Die Struktur des E. coli Lipid A wird
gezeigt in Abbildung III–1. Die Wasserstoffketten bilden die Struktur einer Lipiddoppelschicht, der äusseren Zellmembran.
28
Abbildung III–1: Lipid A des Lipopolysaccharids von E. coli. Quelle: [Raetz et al., 2009]
Links: Schematisch. Rechts: Strukturformel
Das im Folgenden beschriebene Experiment untersuchte die Frage ob Morphin die Immunantwort auf eine Behandlung mit LPS verändert. In den folgenden Unterabschnitten wird
die Handhabung und das Vorgehen im Experiment beschrieben.
Escherichia coli LPS
Es wurden Lipopolysaccharide von E. coli verwendet. Ein Konzentrat von 2.5mg/mL wurde
hergestellt. In der Literatur wird die letale Konzentration für Zebrafische mit 150-200µg/mL
angegeben [Novoa et al., 2009]. Nach Prüfen von mehreren Konzentrationen (Resultat siehe
Abbildung III–2) an 24 Kontrollembryos je Konzentration, zeigte sich, dass nach 8 Stunden
nur bei einer Konzentration von 200µg/mL der Tod eintrat. Für die Experimente war wichtig
eine Konzentration zu finden, welche nach kurzer Zeit letale Wirkung zeigt. Daher wurde
200µg/mL als letale Konzentration gewählt. Es ist gut möglich, dass eine geringere Konzentration auch letal wirkt. Der Untersuchungszeitraum für die Durchführung eines Experiments würde aber zu lange dauern, um das festzustellen.
Tote Embroys (%) nach
Expositionskonzentration
Abbildung III–2: Vergleich der LPS Konzentrationen: Experiment zum Finden der letalen
Konzentration für E. Coli LPS. Durchführung mit 28 Embryos je Konzentration und Auswertung bei 3, 5 und 8 Stunden nach Behandlung
100%
75%
50%
e+f (150µg/mL)
g+h(200µg/mL)
25%
0%
0
1
2
3
4
5
Stunden nach LPS Zugabe
29
6
7
8
Durchführung des Experiments
Bis zum dritten Tag nach der Befruchtung wurden die Embryos in den 48-Well platten gehalten. Für die Versuchsdurchgänge wurde einen Tag nach Befruchtung das Medium gewechselt. Hierzu wurden erneut die verschiedenen Morphinkonzentrationen in frischer
Nährlösung hergestellt. Vom Medium wurden 70% (entspricht 140µL) entnommen und
durch dieselbe Menge der neuen Lösung ersetzt.
Nach der erfolgreichen Durchführung des ersten Experiments, schlugen zwei Folgeexperimente fehl. Am dritten und vierten Tag nach der Befruchtung wurden Missbildungen festgestellt. Die Embryos hatten Herzödeme, eine gekrümmte Achse oder schlüpften nicht aus den
Eiern. Aus diesem Grund wurde entschieden, ein anderes Nährmedium einzusetzen. Im
zweiten erfolgreichen Experiment wurde E3 und nicht wie im ersten Durchgang EW als
Nährmedium eingesetzt.
Am dritten Tag nach der Befruchtung der Eier wurden die Embryos einzeln in 96-well Plates
pipettiert mit je 100µL vom Medium pro Well. Am folgenden Tag, bei 4dpf, wurden 25µL E.
coli LPS pro Well hinzu pipettiert so, dass die gewünschte Konzentration von 200µg/mL
erreicht wurde. Es wurden sofern möglich mindestens 12 Embryos je Konzentration eingesetzt. Das Experiment dauerte von 8-16 Uhr des jeweiligen Tages. Ungefähr jede Stunde
wurden unter dem Mikroskop die lebenden und gestorbenen Fische ausgezählt.
D.
Datenauswertung
Die Daten der fehlgeschlagenen Experimente gingen nicht in die Datenauswertung mit ein.
Die Ergebnisse der beiden erfolgreich durchgeführten Experimente zeigten unterschiedliche
Trends auf. Zudem war die Übereinstimmung mit der Kontrollgruppe aus der LPSKonzentrations-abschätzung nicht immer gegeben. Darum wurden die Daten nicht zusammengefasst. Jedes Experiment wurde einzeln betrachtet und nur Trends zwischen den
Gruppen eines jeden Ansatzes beschrieben.
30
IV. Resultate und Diskussion
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Experimente mit Lipopolysacchariden von Escherichia coli vorgestellt, ausgewertet und abschliessend diskutiert. Das genaue Vorgehen
wird näher beschrieben unter III. Material und Methoden, Seite 26.
A.
Lipopolysaccharid-Challenge
Eine Abschätzung welche Konzentration im Experiment verwendet werden soll, wurde erst
gemacht (siehe auch III. Material und Methoden). Die Resultate der LPS-Challenge sind veranschaulicht in Abbildung IV–1, Diagramme A und B. Der volle Datensatz findet sich im
Anhang.
Ein Versuch mit 24 Embryos ohne Morphinbehandlung diente als Abschätzung und zeigte,
dass 200µg/mL als tödliche Konzentration für die folgenden Experimente mit Morphin gewählt werden kann.
Das erste Experiment vom 05.10.12 (Abbildung IV–1, Diagramm A), welches mit 12 Embryos
je Konzentration durchgeführt wurde, zeigt eine Konzentrationsabhängigkeit der Antwort.
Bei Morphinbehandlung mit höherer Konzentration starben die Embryos früher an den Folgen der LPS Zugabe. Die mit 10µg/L bis 1mg/L exponierten Embryos starben zwischen 6
und 7 Stunden nach der Zugabe. Von den Kontrollembryos waren auch nach Verstreichen
von 8 Stunden erst 58% gestorben.
Das am 14.12.12 durchgeführte Experiment zeigte einen rascheren Verlauf. Bereits nach 3
Stunden zeigten sich bei allen Morphinkonzentrationen schon einige Mortalitätsfälle und
nach 5 Stunden lag die Mortalität bei 100%. Es bestand kein Unterschied zwischen den unterschiedlichen Morphinkonzentrationen.
Die Immunantwort auf LPS konnte in den Experimenten beobachtet werden. Die LPS Behandlung bewirkt den Transport von Flüssigkeit, Cytokinen/Chemokinen in angegriffenes
Gewebe. Zudem werden reaktive Sauerstoff und Stickstoffspezies produziert. Bei genug hoher Dosierung von LPS kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems [Novoa et al.,
2009]. Die Zebrafischembryos sterben an den Folgen dieser Überbelastung. In den durchgeführten Experimenten führte die Behandlung zum Platzen in der vorderen Körperregion.
Bilder aus den Versuchen sind gezeigt in Abbildung IV–2.
31
Abbildung IV–1A, B: Resultat der Immunsystemtests mit E. coli Lipopolysaccharid mit einer Konzentration von 200µg/mL. Kumulierter Anteil toter Embryos an allen Embryos welche exponiert wurden. Farben
der Balken stehen für jeweils eine Behandlungsmethode mit bestimmter Morphinkonzentration. A: LPSChallenge I vom 05.10.12, B: LPS Challenge II vom 14.12.12.
Embryo Mortalität (%)
A
100%
75%
50%
25%
0%
0
1
control
Embryo Mortalität (%)
B
2
0.1 µg/L
3
4
5
Stunden nach LPS Zugabe
1 µg/L
10 µg/L
6
7
100 µg/L
8
1 mg/L
100%
75%
50%
25%
0%
0
1
2
3
4
5
Stunden nach LPS Zugabe
control
0.1 µg/L
1 µg/L
10 µg/L
32
100 µg/L
1 mg/L
Abbildung IV–2A, B, C: Embryos während LPS-Challenge. A: Lebendes Embryo; B: Embryo, an einer Stelle
geplatzt; C: Embryo, geplatzt an Auge und einer weiteren Stelle. Pfeile zeigen auf die geplatzten Stellen.
A
B
C
33
B.
Diskussion
Der LPS Test wurde an Kontrollembryos dreifach durchgeführt, berücksichtig man die Konzentrationsabschätzung. Die Reaktionen zeigten jedoch unterschiedliche Charakteristiken.
Hinsichtlich einer Konzentrationsabhängigkeit im Zusammenhang mit Morphinbehandlung
lassen die zwei durchgeführten Experimente keine einheitliche Schlussfolgerung zu. Mögliche Gründe und Schlüsse, welche daraus gezogen werden können, sollen hier diskutiert
werden.
1.
Letale LPS-Konzentration und Konzentrationsabhängigkeit von Morphin
Beim Abschätzen der tödlichen Dosis genügten 200µg/mL LPS für eine Mortalität von 100%
der Kontrollembryos 8 Stunden nach Zugabe. Beim Durchführen der eigentlichen Versuche
zeigte diese Dosis jedoch nicht immer gleich stark Wirkung. Das Eintreten der Todesfälle zog
sich im ersten Experiment für alle Morphinkonzentrationen über mehrere Stunden hin. Im
zweiten Experiment starben alle Embryos vergleichsweise sehr rasch. Die Resultate aus den
Experimenten sind in Tabelle Tabelle IV-1 zusammengetragen.
Im ersten Experiment deuten die Daten auf eine klare Konzentrationsabhängigkeit hin. Eine
höhere Morphinkonzentration in der Vorbehandlung machte die Embryos empfindlicher
gegenüber dem E. coli Lipopolysaccharid. Im zweiten Experiment kann nicht mehr von einer
Konzentrationsabhängigkeit gesprochen werden. Unabhängig von eingesetzter Morphindosis, starben die Fische an den Folgen der LPS-Behandlung. Es stehen also eine konzentrationsabhängige und eine von Morphin unabhängige Antwort gegeneinander.
Da für die Kontrollembryos Daten aus drei Versuchen vorliegen, können diese einzeln betrachtet werden, um Trends zu erkennen oder aussagekräftigere Resultate zu erhalten. Der
Mortalitätsverlauf der Kontrollembryos ist veranschaulicht in Abbildung IV–3. Werden nur
die Kontrollembryos betrachtet, so sind folgende Unterschiede deutlich: In der Mortalitätsabschätzung trat nach 8 Stunden der Tod aller Embryos ein, im ersten Experiment konnte
dieser Zeitpunkt nicht festgestellt werden und im zweiten Experiment war er nach 4 Stunden bereits erreicht. Hinsichtlich der Kontrollembryos sind sich das Experiment 2 und die
Mortalitätsabschätzung ähnlicher. In beiden Versuchen ist eine typische Dosis-Wirkung Beziehung ersichtlich, obwohl in der Mortalitätsabschätzung nach Ablauf von 4 Stunden noch
50% der Embryos lebten. Zu den Daten der LPS-Challenge I kann nicht mit Bestimmtheit
gesagt werden ob nicht gar eine Stagnation nach 8 Stunden erreicht wurde.
34
Abbildung IV–3: Veranschaulichung von Trends aus LPS Behandlung von Kontrollembryos in 3 Experimenten. Dargestellt sind interpolierte Linien welche sich an den Datenwerten orientieren.
Embryo Mortalität (%)
Mortalität der Kontrollembryos aus 3 Versuchen
100%
75%
50%
LPS challenge I
LPS challenge II
25%
Mortalitätsabschätzung
0%
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Stunden nach Exposition
Tabelle IV-1: Übersicht der Resultate aus den durchgeführten Experimenten.
Experimente
Konzentrationsabschätzung
LPS-Challenge I
LPS-Challenge II
50% Mortalität der Kontrollembryos (Stunden nach LPS
Zugabe)
4
6
ca. 2.5
100% Mortalität der Kontrollembryos (Stunden nach LPS
Zugabe)
8
-
4
Konzentrationsabhängigkeit
von Morphin
-
morphinbehandelte
Embryos sensibler
keine
2.
Gründe für unterschiedlichen Ausgang der Experimente
Ein Grund für den unterschiedlichen Verlauf der Experimente könnte die Verwendung von
verschiedenen Nährmedien für die Embryos sein. Die Kontrollembryos für die Mortalitätsabschätzung waren in der E3-Wachstumslösung grossgezogen worden. Für das erste Experiment wurde dann die Embryolösung (EW) verwendet, aber für das zweite Experiment
wurde wieder E3 eingesetzt (Näheres zu den Nährmedien unter III. Material und Methoden). Ob die verschiedenen Nährmedien einen Einfluss auf die Antwort auf LPS haben,
wurde bisher nicht untersucht. Möglicherweise liegt eine Erklärung im ungewöhnlichen
Ausgang der Experimente bei den verschiedenen Nährmedien. Die hier festgestellten Unterschiede in der Mortalität benötigen weitere Abklärung.
35
Das zweite Experiment vom 14.12.12 überrascht mit der Schnelligkeit der Antwort welche
keine Konzentrationsabhängigkeit für Morphin mehr erkennen lässt. Möglich wäre, dass bei
geringerer LPS-Konzentration eine Abhängigkeit sichtbar geworden wäre. Falls die eingesetzte LPS-Konzentration zu hoch war, könnte dies den Einfluss des Morphins übersteuert
haben.
Es ist gut möglich, dass der Ausgang der Experimente durch den Einsatz unterschiedlicher
Medien in der LPS-Challenge I und der LPS-Challenge II beeinflusst wurde. Die Verwendung verschiedener Fischkolonien zur Züchtung der Embryos könnte zu weiteren Unterschieden im Verlauf der Experimente geführt haben.
3.
Folgen
Aus den Daten lässt sich nicht schliessen ob Morphin die Immunantwort von Zebrafischen
auf LPS Behandlung in irgendeiner Weise beeinflusst.
Ob eine Tendenz in der Antwort auf die LPS-Challenge besteht, lässt sich weder bestätigen
noch ausschliessen. Die Daten aus zwei Experimenten mit morphinbehandelten Embryos
sind nicht ausreichend, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Zudem war die Zahl der verwendeten Embryos zu gering für eine Aussage. Mehr Kontrollembryos sollten eingesetzt werden, um die Reaktion auf LPS besser zu beschreiben. Möglicherweise könnte durch eine geringere LPS-Konzentration eine Konzentrationsabhängigkeit deutlich werden.
Als Randbemerkung soll hier hinzugefügt werden, dass auch die Pilzkontamination die Immunreaktion der Fische beeinflusst haben könnte. Der Pilzbefall kann als zusätzlicher Stressor des Immunsystems gewirkt haben. Dieser Einfluss wurde jedoch noch nicht aufgeklärt.
Um den aufkommenden Fragen weiter nachzugehen, müssen die Experimente wiederholt
werden. Die exakt gleiche Haltung und Handhabung der Fische und Embryos ist dabei
wichtig. Im Speziellen sollte der Einfluss verschiedener Nährmedien auf die Reaktion auf
eine LPS Behandlung untersucht werden.
36
V.
Schlussfolgerung
Auf neuronaler Ebene wird Morphin als Belohnung wahrgenommen. Verhaltensänderungen
können eine Folge davon sein. Die im Rahmen dieser Bachelorarbeit durchgeführten Experimente befassen sich mit Effekten auf das angeborene Immunsystem von Zebrafischembryos. Hier ist eine Beeinflussung über die Rezeptoren auf Immunzellen oder über gemeinsame
Botenstoffe mit dem Neurohormonsystem möglich. In diesem Zusammenhang sind folgende
Fragen von Interesse:
-
Hat Morphin eine Wirkung auf die Funktion des Immunsystems?
Bei welchen Morphinkonzentrationen wird ein Effekt deutlich? (Ist diese Konzentration umweltrelevant?)
Besteht eine Konzentrationsabhängigkeit bei der Reaktion des Immunsystems und
falls ja, in welche Richtung zeigt sie?
Bei Karpfen und anderen Fischen erhöht eine in vitro Behandlung von Zellen mit Morphin
die Expression der Opioidrezeptoren in Immunzellen. Trotz erhöhter Beweglichkeit wird die
Wanderung von Leukozyten in Richtung von Chemokinen verringert. Zudem werden die
Gene für die Chemokinrezeptoren weniger häufig exprimiert. Morphin reduziert also bei
Karpfen die Chemotaxis von Leukozyten an die Stelle der Entzündung in in vitro Experimenten [Chadzinska et al., 2000], [Chadzinska and Plytycz, 2004], [Chadzinska et al., 2009a],
[Verburg-van Kemenade et al., 2011]. Erwähnte Publikationen untersuchen die Wirkung von
Morphin auf das Immunsystem an ausgewachsenen Karpfen. Daten zu Effekten von Morphin auf die Immunantwort von Fischen sind limitiert. Trotzdem lassen die Ergebnisse vermuten, dass eine Wirkung auch bei anderen Spezies wie dem Zebrafisch besteht.
Mit den Ergebnissen der durchgeführten Versuche ist keine Aussage möglich ob Morphin in
irgendeiner Weise Einfluss auf das Immunsystem von Zebrafischembryos nimmt. Der Zusammenhang zwischen Morphinexposition der Embryos und ihrer Immunantwort auf eine
Behandlung mit E. coli LPS konnte nicht aufgeklärt werden. Der Ausgang der Experimente
liefert Ansätze für weiterführende Untersuchungen und wirft neue Fragen auf:
-
Beeinflusst das verwendete Nährmedium die Immunantwort auf eine LPS Behandlung?
Ist die eingesetzte LPS Konzentration von 200µg/mL geeignet, oder würde bei geringerer Konzentration ein deutliches Ergebnis sichtbar?
Die Experimente müssen mit mehr Versuchsembryonen wiederholt werden, um signifikante
Aussagen zu machen.
37
VI. Literaturverzeichnis
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41
VII. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen
Wo nicht anders erwähnt wurden eigene Abbildungen verwendet (inklusive Titelbild)
Abbildung I–1: Strukturformeln Isochinolin (links) und Morphin (rechts)
Quelle: [DrugBank, 2011]
7
Abbildung I–2 Trophische Stufen im aquatischen Ökosystem, mit Beispielen
18
Abbildung III–1: Lipid A des Lipopolysaccharids von E. coli
Quelle: [Raetz et al., 2009]
29
Abbildung III–2: Experiment zum Finden der letalen Konzentration für E. Coli LPS
29
Abbildung IV–1A, B: Resultat der Immunsystemtests mit E. coli Lipopolysaccharid
32
Abbildung IV–2A, B, C: Embryos während LPS-Challenge
33
Abbildung IV–3: Veranschaulichung von Trends aus LPS Behandlung von Kontrollembryos
35
Tabellen
Tabelle I-1: Daten zu geläufigen Drogeninhaltsstoffen
Quellen: [Garrett and Hunt, 1974], [SRC], [IPCS], [DrugBank, 2011]
4
Tabelle I-2: Konzentration von Drogen und ihren Metaboliten in Schweizer Gewässern
Quelle: [Castiglioni et al., 2006], verändert.
5
Tabelle I-3: Physikalisch-chemische Eigenschaften von Morphin
Quellen in der Tabelle einzeln aufgeführt
9
Tabelle I-4: Homologie-Vorhersage
Quelle: [Domingo et al., 2011]
13
Tabelle I-5: Literaturübersicht Toxizität von Morphin an Wasserorganismen
14
Tabelle IV-1: Übersicht der Resultate aus den durchgeführten Experimenten.
35
42
Anhang
Daten der LPS-Challenge
Vollständiger Datensatz der LPS-Challenge. Prozentzahlen geben den Anteil gestorbener
Zebrafischembryos an.
Challenge I Morphin-­‐
konzentrati-­‐
onen Total Embryos Stunden nach Exposition 0 1 2 3 3.5 4 5 6 6.5 7 8 control 0% 0% 0% 0% 17% 25% 33% 50% 58% 58% 58% 12 0.1 μg/L 0% 0% 0% 8% 8% 17% 17% 33% 50% 58% 67% 12 83% 1 μg/L 0% 0% 0% 0% 0% 33% 58% 58% 67% 83% 12 10 μg/L 0% 0% 0% 0% 33% 42% 75% 92% 100% 100% 100% 12 100 μg/L 0% 0% 8% 33% 50% 75% 83% 100% 100% 100% 100% 12 1 mg/L 0% 0% 0% 25% 42% 67% 83% 100% 100% 100% 100% 12 Challenge II Total Embryos Morphin-­‐
konzentrati-­‐
onen Stunden nach Exposition 0 1 2 3 control 0% 0% 31% 88% 100% 100% 0.1 μg/L 0% 0% 9% 73% 1 μg/L 0% 0% 0% 71% 6 100% 16 100% 100% 100% 11 93% 100% 100% 14 10 μg/L 0% 0% 8% 92% 100% 100% 100% 12 0% 0% 19% 56% 100% 100% 100% 16 1 mg/L 0% 0% 0% 50% 100% 12 Konzentrationsabschätzung 5 100 μg/L 4 100μg/mL LPS Kon-­‐
150μg/mL zentrationen 200μg/mL 3 5 0% 4% 4% 0% 4% 0% 4% 92% Total Embryos Stunden nach Exposition 0 92% 8 4% 28 4% 4% 28 88% 100% 28 a
b
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