Methoden at 11/2011 Ingenieurtechnische Besonderheiten bei der automatischen Handhabung von biologischen Organismen Special Technical Requirements in Automated Handling and Microscopy of Living Organisms Christian Pylatiuk, Alexander Pfriem, Urban Liebel, Stefan Schulz, Georg Bretthauer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Zusammenfassung Der Zebrabärbling hat sich als Modellorganismus in der Erforschung der Embryonalentwicklung und für toxikologische Untersuchungen etabliert. Automatisches Handhaben und Mikroskopieren von lebenden Objekten ist dabei in allen Prozessschritten nötig. Hierfür wurden in den letzten Jahren verschiedene Roboter entwickelt. Die Einflüsse von abiotischen Stressfaktoren auf die Embryonalentwicklung von Zebrafischen, wie z. B. mechanische Belastungen beim Handhaben oder die Bestrahlung mit hellem Weißlicht während des Mikroskopiervorgangs wurden in der vorliegenden Studie erstmals evaluiert. Summary Zebrafish were established as model organisms for biological studies of embryonic development and toxicology testing. Automated manipulation and microscopy of living organisms is needed in all process steps and several new robots have been developed in the last years. The impact of abiotic stress factors like low and high ambient temperatures on zebrafish embryo development have been quantified thoroughly in the past. However, very little is known about the impact of mechanical stress or irradiation with artficial bright daylight that occurs during manipulation and microscopy of living organisms. In this study no evidence was found for a negative impact of bright white light on zebrafish embryo development. Additionally the maximum pressure was evaluated to fixate an zebrafish egg with a vacuum gripper without doing harm to the chorion. Schlagwörter Abiotischer Stress, Zebrafisch, mechanischer Stress, Beleuchtung, Embryonalentwicklung Keywords Abiotic stress, zebrafish, mechanical stress, irradiation, embryo development 1 Einleitung 1.1 Der Zebrafish als Modellorganismus für biologische Experimente In den letzten Jahren hat sich der Zebrabärbling (Danio rerio) als biologischer Modellorganismus in der Genetik und Toxikologie etabliert [1–3]. Folgende Eigenschaften qualifizieren den Zebrafisch gegenüber anderen Modellorganismen: Die Embryonen sind bis in frühe 692 Larvenstadien transparent wodurch Vorgänge im Inneren der Larven lichtmikroskopisch beobachtbar sind. Die Haltung der Fische ist relativ einfach und ein Weibchen kann bis zu 300 Eier pro Tag bis zu 4 Mal pro Woche ablaichen. Die Organe entwickeln sich schnell und bereits 48 h nach der Befruchtung schlüpfen die Larven. Schließlich lassen sich auch die entwicklungsbiologischen und toxikologischen Erkenntnisse auf den Menschen übertra- at – Automatisierungstechnik 59 (2011) 11 / DOI 10.1524/auto.2011.0959 © Oldenbourg Wissenschaftsverlag Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM Ingenieurtechnische Besonderheiten bei der automatischen ... weitere Entwicklung nicht gestört wird, sodass eine Beeinflussung des biologischen Experiments ausgeschlossen werden kann. 1.2 Abiotischer Stress Bild 1 Beispiele für Zebrafische: A: lebendiges Ei, 24 Stunden nach der Befruchtung (24 hpf = hours post fertilationem), B: koagulieres (totes) Ei, C: geschlüpfte Larve, 60 hpf. gen. In Deutschland hat z. B. der Zebrafisch-Test seit dem Jahr 2005 traditionelle Tests zur toxikologischen Untersuchung der Wasserqualität abgelöst [3]. Beispiele für lebendige und tote Zebrafischlarven sind in Bild 1 gegeben. Die meisten biologischen Experimente weisen einen sehr geringen Grad an Automatisierung auf und die Teilschritte werden selbst dann manuell durchgeführt, wenn ein Probenumfang von > 1000 Organismen untersucht werden soll. Die einzelnen Teilschritte bis zum Start des eigentlichen Experiments bestehen aus dem Verpaaren von Fischen, dem Sortieren des benötigten biologischen Materials und dem Pipettieren in Mikrotiterplatten mit 96 oder 384 Näpfchen [4]. Nach dem eigentlichen Experiment (Manipulation der Organismen) wird das biologische Material in definierten Zeitabständen mikroskopiert, wofür teilautomatisierte Mikroskope wie z. B. das ScanˆR von Olympus oder das TCS LSI von Leica Microsystems zur Verfügung stehen. Vor allem das stundenlange manuelle Pipettieren von Fischeiern oder Larven in Mikrotiterplatten ist ein monotoner Prozess, der fehleranfällig ist [5]. Eine Automatisierung dieses Teilschritts der Prozesskette kann die Präzision und Zuverlässigkeit erhöhen und technische Assistenten von einem monotonen Arbeitsprozess entlasten. Erste Roboter, die Zebrafischeier in 96er Mikrotiterplatten pipettieren können, wie z. B. das COPASTMXL System von Union Biometrica Inc [6], der ZebraFactor aus dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM), Lausanne [5], der Fischeisortierer der Oregon State University [7] und der Fischsortierer des Karlsruher Instituts für Technologie [4] wurden in den letzten Jahren entwickelt. Zudem existieren seit den 1960er Jahren vergleichbare Systeme für das Sortieren von einzelnen Zellen oder Zellverbänden [8] und weitere Systeme, die eine automatisierte Manipulation wie z. B. eine Injektion in ein Zebrafischei ermöglichen [9–11]. Allerdings muss gewährleistet sein, dass die Automatisierungstechnik dem biologischen Organismus keinen Schaden zufügt und die Abiotischer Stress ist gemäß [12] definiert als „negativer Einfluss von chemischen oder physikalischen Faktoren auf einen lebenden Organismus in einem spezifischem Milieu“. Der Stressor muss dabei biologische Parameter in einem signifikanten Maß verändern [13]. Konkret bedeutet dies, dass unphysiologische Temperatur, Strahlung oder mechanischer Stress während der Manipulation eines Zebrafischs Auswirkungen auf die weitere Entwicklung haben können. Während der Einfluss der Temperatur oder von UV-Strahlung auf die weitere Entwicklung von Zebrafischlarven gut untersucht und dokumentiert ist, ist kaum etwas über den Einfluss von mechanischem Stress oder von hellem Kunstlicht bekannt. Unterschiedliche physikalische Faktoren, die während der Manipulation von Zebrafischlarven auftreten und als abiotischer Stress wirksam werden können, werden im Folgenden dargestellt: Umgebungstemperatur Viele Tierarten können ihre Körpertemperatur bei extremer Umgebungstemperatur nicht stabil halten. Die Körpertemperatur beeinflusst die Zellteilungsrate, den Metabolismus, die Herzfrequenz und Abweichungen bedeuten Stress für einen Organismus. Die Embryonalentwicklung bei Fischen ist gut untersucht und hängt in starkem Maße von der Umgebungstemperatur ab: niedrige Temperaturen können die Entwicklung verzögern und erhöhte Temperaturen, selbst für einen kurzen Zeitraum von wenigen Minuten fördern das Auftreten von Abnormalitäten oder führen zum Tode [13; 14]. Aus diesem Grund muss die Temperatur während des gesamten Experiments konstant im physiologischen Bereich gehalten werden. Der physiologische Bereich der Wassertemperatur liegt im Bereich von 26–28,5 ◦ C. Mechanischer Stress Beim Manipulieren von biologischem Material wie z. B. Zebrafischeieren muss darauf geachtet werden, dass die einwirkenden Kräfte und Beschleunigungen die Organismen nicht schädigen. Manipulationen sind z. B. erforderlich beim automatisierten Sortieren von Fischeiern [4–7] und während der Mikro-Injektion (ein gängiges Verfahren in der Biologie bei der DNA in einen Organismus transferiert wird) [9]. Die Fischeier werden mittels Vakuum mit einer Pipettenspitze oder auf einer speziell gefertigten Platte mit Saugkanälen fixiert. Während die erforderlichen Kräfte zum Durchdringen der Fischeihülle (Chorion) gut untersucht wurden, um den Prozess der Mikro-Injektion zu optimieren [9–11], sind bislang keine Messwerte publiziert worden, die die Kräfte für die Vakuumfixation quantifizieren. Ebenso fehlen systematische Untersuchungen ob die biologischen Or- Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM 693 Methoden ganismen durch die mechanische Manipulation Schaden nehmen. UV-Strahlung und künstliches Tageslicht Untersuchungen zeigten, dass Zebrafischembryos je nach Entwicklungsstadium unterschiedlich auf UV-A (315–380 nm) und UV-B (280–315 nm) Strahlung in ihrer weiteren Entwicklung reagieren [16; 17]. So schlüpften bis zu 98% aller untersuchten befruchteten Zebrafischembryos nicht, wenn sie nach der Befruchtung mit UV-B Licht (310 nm/1,95 W/m2 ) bestrahlt wurden und 100% aller frisch geschlüpften Larven starben innerhalb von 12 Stunden, wenn sie nach dem Schlüpfen bestrahlt wurden [16]. Am wenigsten empfindlich zeigten sich Embryos im 1000-Zell Stadium (3 hpf) [16]. Hingegen zeigten Zebrafischembryos eine größere Toleranz gegenüber UV-A Strahlung, wobei eine letale Dosis von 850 J/cm2 ermittelt wurde [17]. Die Anzahl geschlüpfter Embryos nahm mit zunehmender UV-A Bestrahlung ab, die Missbildungsrate und Mortalität dagegen nahmen zu. Um eine gute Bildqualität in der Lichtmikroskopie zu erzielen, muss eine ausreichende Ausleuchtung des Objekts gewährleistet sein. Ob das hierfür verwendete Weißlicht eine toxikologische Wirkung hat und wenn ja, ab welcher Intensität und Dauer der Bestrahlung, wurde bislang nicht systematisch untersucht. Bild 2 Leuchtstärke versus Wällenlänge der verwendeten WeißlichtLEDs. 2 Methoden 2.1 Bestrahlung mit Weißlicht Für die in der Biologie weit verbreitete Durchlicht- oder Auflichtmikroskopie hat sich der Einsatz von leistungsstarken Leuchtdioden bewährt. Nach wie vor werden aber auch noch Halogenlampen und Quecksilberdampflampen verwendet, die jedoch deutlich mehr Wärme bei vergleichbarer Lichtleistung erzeugen. Zur Evaluierung des Einflusses von grellem, weißem Kunstlicht auf die Embryonalentwicklung von Zebrafischen wurde ein Array aus 48 LEDs vom Typ Ledman LL1503HGWW1-301 konstruiert. Das Spektrum dieser LED liegt oberhalb des ultravioletten Bereichs (> 400 nm), sodass ein schädigender Einfluss durch UV-Strahlung ausgeschlossen werden konnte (Bild 2). Für das Experiment wurde eine Beleuchtungsstärke von 45.000 lux verwendet, was ungefähr der zwanzigfachen Beleuchtungsstärke entspricht, die bei der Lichtmikroskopie üblicherweise verwendet wird, wie eigene Messungen ergeben haben. Wildtyp Zebrafischeier (Danio rerio) aus eigener Aufzucht wurden vier Stunden nach dem Laichen und Befruchten manuell in 96er Mikrotiterplatten mit ausreichend Wasser pipettiert und in einem Inkubator bei 28,5 ◦ C temperiert aufbewahrt. Die Mikrotiterplatten wurden zufällig in drei Gruppen aufgeteilt und alle drei Gruppen inklusive der Kontrollgruppe (CG) wurden einem Beleuchtungszyklus im Verhältnis 14 Stunden hell zu 10 Stunden dunkel mit einer Beleuchtungsstärke von 400 lux ausgesetzt. Eine Gruppe Fischeier (4G) wurde 694 Bild 3 Array aus 48 Weißlicht-LEDs, die eine 96er Mikrotiterplatte mit 45.000 lux im Inkubator bestrahlen. 4 hpf 10 min lang mit Weißlicht bestrahlt und eine weitere Gruppe (8G) ebenfalls 10 min lang, jedoch erst 8 hpf. Nach der Bestrahlung wurden beide Gruppen wieder den normalen Bedingungen im Inkubator zugeführt. Mit einem automatisierten Hochdurchsatz-Mikroskop [4] wurden 24 hpf Aufnahmen von den Fischeiern in den Mikrotiterplatten aufgenommen. 2.2 Anwendung mechanischer Kräfte Ziel des Experiments war es mechanische Kräfte zu analysieren, die typischerweise bei der Handhabung von Fischeiern auftreten. Die mechanischen Kräfte wurden dabei auf zwei unterschiedliche Arten appliziert: In einer ersten Versuchsreihe wurden die Drücke evaluiert, denen das Chorion in unterschiedlichen Entwicklungsstadien beim Fixieren an einer Pipette mittels Vakuum standhält. Dafür wurden Wildtyp Zebrafischeier 4, 24 und 31 hpf mit Saugspitzen mit 3 unterschiedlichen Innendurchmessern von 0,51, 0,61 und 0,84 mm angesaugt. Der Unterdruck in der Saugspitze wurde mit einem Drucksensor gemessen und der Unterdruck kontinuierlich durch eine Saugpumpe erhöht, bis die Chorionhülle dem Unterdruck nachgegeben hat. Sowohl die Druckerfassung, als auch die Steuerung des Unterdrucks erfolgten mittels Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM Ingenieurtechnische Besonderheiten bei der automatischen ... Bild 4 Darstellung der Bildanalyse einer 96er Mikrotiterplatte. Drei koagulierte Zebrafischeier wurden erkannt und mit einem Bildrahmen hervorgehoben. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM 695 Methoden Tabelle 1 zeigt die mittleren Unterdrücke (und Standardabweichungen), die zum Platzen der Chorions mit unterschiedlichen SaugspitzenInnendurchmessern und an unterschiedlichen Zeitpunkten, erforderlich waren. Für den Zeitpunkt 24 hpf sind zusätzlich die Unterdrücke für Embryonen bestimmt worden, die 2 bzw. 4 min lang einer Pronaselösung ausgesetzt waren. Pufferlösung E3 ohne Pronase Innendurchmesser der Saugspitze 4 hpf 24 hpf 31 hpf 0,84 mm 32 (3) kPa 28 (3) kPa 21 (5) kPa 0,61 mm 61 (6) kPa 39 (4) kPa 30 (4) kPa 64 (3) kPa 48 (6) kPa 33 (5) kPa LabviewTM . In einer zweiten Versuchsreihe wurden zwei weitere Gruppen von Zebrafischeiern gemessen, die zuvor 2 bzw. 4 min in einer Lösung aus 15 Tropfen Pronase in 11,5 ml Pufferlösung E3 gelagert wurden. Pronase ist eine Mischung unterschiedlicher Enzyme, die in der Biologie verwendet werden, um die Proteine des Chorions abzubauen, sodass das Chorion weich wird und der Embryo vorzeitig freigesetzt wird [18]. In einer dritten Testreihe wurde verglichen, ob diejenigen Fischeier, die automatisiert in Mikrotiterplatten hineinsortiert wurden häufiger geschädigt wurden, als solche die manuell pipettiert wurden. Es wurden zwei 96er Mikrotiterplatten manuell mit Fischeiern im Alter von 24 hpf befüllt und zwei weitere wurden automatisch mit einem neuen Fischsortierroboter befüllt [4]. Zur Quantifizierung der Schädigung der Fischeier durch den Sortierprozess wird die Anzahl koagulierter Fischeier in beiden Gruppen ermittelt. 2.3 Automatisierte Bildanalyse Zur Evaluierung koagulierter Fischeier 24 hpf wurde eine Software zur automatisierten Bildanalyse eingesetzt, wie sie in [19] detailliert beschrieben ist. Die Identifizierung koagulierter Fischeier erfolgte in drei Schritten: Bildvorverarbeitung, Merkmalsgewinnung und Klassifikation. Auf diese Weise wurden fehlerhafte Bilder auf denen z. B. kein Fischei oder mehr als ein Fischei zu erkennen war automatisch herausgefiltert. Die von der Software erkannten Aufnahmen mit koagulierten Fischeier wurden wie in Bild 4 dargestellt. 3 Ergebnisse 3.1 Der Einfluss von Weißlicht auf die Embryonalentwicklung Es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen denjenigen Gruppen von Zebrafischeiern gefunden, die mit hellem Weißlicht bestrahlt wurden und der Kontrollgruppe, die nicht bestrahlt wurde: 3,6% (7 von 196) der Fischeier der Kontrollgruppe (CG) wurden 24 hpf als „koaguliert“ klassifiziert, 2,9% (5 von 175) der Gruppe, die 4 hpf bestrahlt wurde (4G) und 3,2% (5 von 156) der Gruppe, die 8 hpf betrahlt wurde (8G). Somit konnte kein negativer Einfluss auf die Zebrafisch Embryonalentwicklung durch die Bestrahlung mit künstlichem Weißlicht während zweier unterschiedlicher Entwicklungsstadien festgestellt werden. 696 2 min Pronase 4 min Pronase 0,51 mm NN 47 (9) kPa NN NN 32 (7) kPa NN 3.2 Der Einfluss mechanischer Kräfte auf Zebrafischeier Wie in Tabelle 1 dargestellt, stieg der zum Aufbrechen des Chorions erforderliche Unterdruck, je kleiner der Innendurchmesser der verwendet Saugspitze war. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass je weiter die Zeit nach der Befruchtung des Fischeier fortgeschritten war ein geringerer Unterdruck erforderlich war. Deswegen wurde der höchste Unterdruck von durchschnittlich 64 kPa zum Platzen der Chorions gemessen, wenn die Saugspitze einen Innendurchmesser von 0,51 mm aufwies und der Zeitpunkt der Messung 4 Stunden nach der Befruchtung (4 hpf) der Fischeier betrug. Nur ein Drittel davon (21 kPa) betrug der gemessene durchschnittliche Unterdruck in einem weit fortgeschrittenen Embryonalstadium (31 hpf) wenn zudem eine Saugspitze mit einem Innendurchmesser von 0,84 mm verwendet wurde. Die Lockerung der Proteine, die das Chorion bilden ist ein physiologischer Prozess, der das Schlüpfen der Larven 48–60 hpf erleichtern soll [18]. Wurden die Embryonen 24 hpf für 4 min lang in eine Pronaselösung gelegt, dann verringerte sich der zum Platzen der Chorions erforderliche Unterdruck derlei, wie er in etwa der physiologischen Embryonalentwicklung zum Zeitpunkt 31 hpf entspricht. Hingegen hatte das Einlegen der Embryonen 24 hpf für nur 2 min praktisch keinen Einfluss auf die ChorionStabilität. Abschließend wurde der Gesamteinfluss des automatisierten Sortierens und Manipulierens von Fischeiern zum Zeitpunkt 4 hpf auf deren weitere Entwicklung evaluiert. Dafür wurde die Anzahl koagulierter Fischeier 24 hpf mit einer Kontrollgruppe verglichen, die manuell sortiert wurde. In beiden Gruppen wurden 11,5% (22 von 192 Fischeiern) von der automatisierten Bildanalyse als koaguliert identifiziert. 4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Viele biologischen Experimente erfordern die Untersuchung einer großen Zahl an Modellorganismen, wie z. B. Zebrafischembryonen. Dafür ist eine Automatisierung der gesamten Prozesskette von der Sortierung des biologischen Materials, über die Mikroskopie bis zur Bildanalyse und Interpretation erforderlich. Bislang wurde jedoch nur sehr wenig über mechanische „Material“-Eigenschaften biologischer Organismen publiziert. Ebenso findet sich Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM Ingenieurtechnische Besonderheiten bei der automatischen ... im Vergleich zu anderen abiotischen Strassfaktoren wie der Umgebungstemperatur oder dem Einfluss von UVLicht auf die Embryonalentwicklung von Organismen wie z. B. Zebrafischeier nur sehr wenig Informationen über den Einfluss mechanischer Faktoren oder dem Einfluss von weißem Licht in der Literatur. Mit der vorliegenden Studie sollten zwei Faktoren die bei der Automatisierung von biologischen Experimenten wirksam sind und die abiotischen Stress auf einen Organismus ausüben können evaluiert werden. Erstens sollte die potentielle Toxizität von weißem Licht auf die Embryonalentwicklung eines Modellorganismus untersucht werden. Es zeigte sich, dass die Bestrahlung von Zebrafischembryonen in frühen Entwicklungsstadien (4 hpf und 8 hpf) mit Weißlicht mit einer Beleuchtungsstärke von 45.000 lux keinen negativen Effekt auf die weitere Embryonalentwicklung im Vergleich zu nichtbestrahlten Embryonen hatte. Diese Beleuchtungsstärke entspricht ca. dem Zwanzigfachen derjenigen, die bei der Lichtmikroskopie verwendet wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass Weißlicht, wie es in der automatisierten Mikroskopie und in Sortiersystemen zur Anwendung kommt nicht die Embryonalentwicklung negativ beeinflusst. Zweitens sollte der Einfluss von mechanischen Kräften, wie sie bei der Fixierung von Fischeiern mittels Vakuum auftreten evaluiert werden. Das Ziel der Untersuchung war für unterschiedliche embryonale Entwicklungsstadien und Saugkanaldurchmesser Grenzwerte für Unterdrücke zu finden ab denen der Organismus geschädigt werden wird. Diese Grenzwerte sollten bei der Manipulation von Zebrafischeiern nicht überschritten werden und können beim Einstellen des Unterdrucks zur sicheren Fixierung dienen. Hierbei zeigte sich, dass mit abnehmendem Innendurchmesser der Saugspitze höhere Unterdrücke möglich sind, ohne die Chorions der Fischeier zu schädigen. Die manipulierten Fischeier und die Kontrollgruppe wurden mittels automatisierter Bildanalyse ausgewertet. Schließlich konnte auch gezeigt werden, dass das automatisierte Sortieren und Mikroskopieren von biologischem Material (Zebrafischeiern) bei dem sowohl künstliches Weißlicht zur Bildbelichtung als auch Unterdruck zum Ansaugen der Fischeier verwendet wird nicht zu einer höheren Rate an koagulierten Embryonen führt. Literatur [1] L. Yang et al.: Zebrafish embryos as models for embryotoxic and teratological effects of chemicals. In: Reproductive Toxicology 28 (2009), S. 245–253. [2] L. Zon, I. Peterson: In vivo drug discovery in the zebrafish. In: Nature Reviews Drug Discovery 4 (2005), S. 35–44. [3] R. Nagel: DarT: the embryo test with the Zebrafish Danio rerio – a general model in ecotoxicology and toxicology. In: Altex 19 Suppl. (2002), S. 38–48. [4] A. Pfriem, S. Schulz, C. Pylatiuk, R. Alshut, G. Bretthauer: Robotersysteme für Hochdurchsatzverfahren in der Bioanalysetechnik. In: at – Automatisierungstechnik 59 (2011) Nr. 2, S. 134–140. [5] S. F. Graf, S. Hötzel, U. Liebel, A. 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Christian Pylatiuk ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Angewandte Informatik (IAI) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Hauptarbeitsgebiete: Medizintechnik, Biotechnologie, Mikroskopie. Adresse: Karlsruher Institut für Technologie, Institut fur Angewandte Informatik, Gruppe „Bio Robot Lab“, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, E-Mail: [email protected] Dipl.-Ing. Alexander Pfriem ist Doktorand am Institut für Angewandte Informatik (IAI) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Hauptarbeitsgebiete: Robotik, Labor-Automatisierung. Adresse: Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Angewandte Informatik, Gruppe „Bio Robot Lab“, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, E-Mail: [email protected] Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM 697 Methoden Dr. Urban Liebel ist Gruppenleiter am Institut für Toxikologie und Genetik (ITG) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Forschungsschwerpunkte: Angewandte Bioinformatik, High-Content Screening. Adresse: Karlsruher Institut fur Technologie, Institut fur Angewandte Informatik, Gruppe „Bio Robot Lab“, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, E-Mail: [email protected] Adresse: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Toxikologie und Genetik, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 EggensteinLeopoldshafen, E-Mail: [email protected] Prof. Dr.-Ing. habil. Georg Bretthauer ist Leiter der Institute für Angewandte Informatik (IAI) und für Angewandte Informatik/Automatisierungstechnik (AIA) am Karlsruher Institut fur Technology (KIT). Hauptarbeitsgebiete: Mechatronik, Automatisierungstechnik, Computational Intelligence. Dr.-Ing. Stefan Schulz ist Leiter der Gruppe „Bio Robot Lab“ am Institut für Angewandte Informatik (IAI) am Karlsruher Institut für Technology (KIT). Hauptarbeitsgebiete: Robotik, Sensorik, Medizintechnik, Fluidtechnik. Adresse: Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Angewandte Informatik, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, E-Mail: [email protected] Vorschau auf Heft 12/2011 In unserem nächsten Heft finden Sie unter anderem folgende Themen: • Ardelt, M., Waldmann, P.: Hybrides Steuerungs- und Regelungskonzept für das hochautomatisierte Fahren auf Autobahnen • Kroll, A.: Zur regelungsorientierten Ableitung von Takagi-Sugeno-Modellen • Polzer, J., Jelali, M.: Mehrgrößenregelung mit Entkopplung von Banddicke und Bandplanheit von 20-Rollen-Kaltwalzwerken • Werling,M.,Gröll,L.,Bretthauer,G.:TrajektorienregelungvonzeitkritischenFahrmanövern Weitere Informationen über geplante Hefte, ausführliche Informationen über die in den letzten Heften der at erschienenen Beiträge sowie Hinweise für Autoren finden Sie im Internet unter http://www.at-automatisierungstechnik.de. 698 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 6:02 PM