Der abschliessende Tracertest für HPF Der abschliessende HPF-Tracertest hat Anfang 2004 stattgefunden. Für diesen Test wurde eine Reihe von sicherheitsrelevanten Radionukliden in das Fliessfeld injiziert. Für einige dieser Radionuklide wird davon ausgegangen, dass sie stark vom Gestein retardiert werden und eine sehr lange Zeit für ihren Transport durch das Fliessfeld benötigen. Zum besseren Verständnis der durch die Zementwässer hervorgerufenen Veränderungen wird geplant, das Gesteinsmaterial der Scherzone mit einem speziellen Harz zu imprägnieren, um es für eine Überbohrung mit einer Grossbohrlochmaschine (Kerndurchmesser 38 cm) zu stabilisieren. Die Bohrkerne werden anschliessend sorgfältig in kleinere Kernprobenabschnitte unterteilt, die dann mithilfe einer sehr genauen Radiographie analysiert werden. Mit dieser Technik kann «sichtbar» gemacht werden, in welchen Gesteinsbereichen die Radionuklide am stärksten retardiert werden. FELSLABOR GRIMSEL Hoch-pH-Fahne in geklüftetem Gestein (HPF Experiment) Überblick HPF Das Experiment zur Hoch-pH-Fahne in geklüftetem Gestein (HPF) untersucht die Auswirkung der Freisetzung von Zementwässern mit hohem pH-Wert aus einem Tiefenlager für radioaktive Abfälle auf die hydrochemischen Bedingungen und die Retardation (Rückhaltung) von Radionukliden im umgebenden Wirtgestein. KWO km 1.750 CRR Zur weiteren Analyse werden die Kernproben dann in verschiedene Labors weltweit verschickt. Radiochemische Analysen und die Bestimmung von Sekundärmineralien, die sich während der zweijährigen Zirkulation der HochpH-Lösung gebildet haben, stehen dabei im Vordergrund. Diese Techniken sind vergleichbar mit denjenigen, die bereits während des RRP (Radionuklid-Retardationsprojekt) im FLG zur Anwendung kamen. Die nachstehenden Bilder zeigen zum einen die Grossbohrlochmaschine und zum anderen eine Mikroskopaufnahme einer Scherzone unter UV-Licht, die mit einem fluoreszierenden Harz imprägniert wurde. Die hellen Bereiche sind potenzielle Fliesswege und offene Poren, die dunklen Bereiche verdeutlichen die undurchlässigen Gesteinsbruchstücke bzw. Mineralien. HPF km 1.500 GAM Versuchsstandort im FLG llen ssto ang ug O-Z GMT KW km 1.020 el Labortunn EFP FEBEX Projekt Massstab 1 mm Wodurch entsteht eine Hoch-pH-Fahne? Künftige Zementstudien im FLG Neue Zementexperimente werden im Rahmen der nächsten Arbeitsphase im FLG vorgeschlagen. Diese Studie wird das Verhalten mit Zement verfüllter Tiefenlager über Zeiträume von einigen Dekaden untersuchen und dabei auf die Erfolge und Erfahrungen aus dem HPF-Experiment aufbauen. Eine solche Studie ist für die Sicherheitsanalyse eines Tiefenlagers direkt relevant. Parallel sind Untersuchungen mit niedrig alkalinen Zementwässern (pH 10 –11) und deren Wechselwirkungen mit dem Wirtgestein geplant. Bei schwach- und mittelaktiven radioaktiven Abfällen sowie bei vielen chemotoxischen Abfällen sehen die meisten der gegenwärtigen Lagerkonzepte die Verwendung grosser Zementmengen zur Verfestigung der Abfälle und Verfüllung des Lagers vor. Anhand von Analogstudien aus der Natur (z.B. natürliche Zemente in Jordanien) und Laboruntersuchungen ist bekannt, dass bei der Auslaugung von Zement und Beton Lösungen entstehen, die anfangs hochkonzentriert an NaOH und KOH (pH > 13) und später an Ca(OH)2 (pH ≥ 10) sind. Diese Zementwässer mit hohem pH-Wert können lokal das Grundwasserfliesssystem sowie die Retardationseigenschaften des Wirtgesteins verändern. Solche Änderungen können sich sowohl positiv auswirken – beispielsweise können Klüfte/ Fliesswege durch Abbauprodukte (z.B. Ausfällung von Sekundärmineralien) blockiert werden – als auch negativ, wenn sich inerte Kluftbeläge entwickeln, die den Zugang zur Gesteinsmatrix behindern. Auswirkungen von künstlich eingebrachten Zementen in einem Tiefenlager A pH 8 Hoch-pHFahne Tiefenlager A = Grundwasser im Wirtgestein B = Wechselwirkung Grundwasser/Zement C = Wechselwirkung pH-Fahne/Gestein B pH < 13.5 C Wirtgestein geringer Durchlässigkeit Natürliche Zementvorkommen in Maqarin (Jordanien) A pH 7.5 Zementzone B pH 12.7–12.9 A = Grundwasser B = Wechselwirkung Grundwasser/ Zementmineralien C = Wechselwirkung pH-Fahne/Gestein C Gesteine hoher Durchlässigkeit Fluss Yarmouk pH 12.5 –12.7 C Hoch-pH-Fahne Nähere Details finden Sie auf unserer Website: www.grimsel.com HPF-PARTNERORGANISATIONEN Nagra, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Hardstrasse 73, CH 5430 Wettingen, Schweiz. Tel. +41 56 437 11 11 Fax: +41 56 437 12 96 Email: [email protected] Internet: www.nagra.ch Die HPF-Partnerorganisationen trugen weltweit zum In-situ-Versuch mit umfassenden Laborstudien und Computermodellierungen bei. Partnerorganisationen: Nagra (CH), ANDRA (FR), JNC (JP), SKB (SE). Bisherige Versuchsergebnisse In-situ-Feldexperiment im FLG Das HPF In-situ-Experiment dauert immer noch an, und es sind zwei weitere Injektionen mit Radionukliden geplant. Die bislang erhaltenen Daten zeigen aber schon jetzt sehr deutlich eine Veränderung der hydraulischen und chemischen Bedingungen im Wirtgestein durch die Injektion der Hoch-pH-Lösung. Das HPF-Experiment wurde aufgrund des Einsatzes von Radionukliden in der kontrollierten Zone im FLG durchgeführt. Von März 2001 bis März 2004 wurde in eine Scherzone eine Lösung mit hohem pH-Wert in das Grundwasser injiziert. Druckmessungen im Injektions- und Extraktionsbohrloch Vor dem Start der Injektion der Hoch-pH-Lösung wurde das Testfeld mit einer Reihe von Dipol-Tracertests hydraulisch charakterisiert. Während der Hoch-pHInjektion erfolgten zudem periodische Tracertests mit Radionukliden, um die graduellen Änderungen der hydraulischen Bedingungen zu überwachen. HPF HPF HPF HPF 750 Injektionsintervall 650 Druck [kPa, absolut] Bohrungen Drei Jahre lang wurde eine HochpH-Lösung injiziert mit konstanter Fliessrate von ~ 1 ml min-1 (Bohrung BOHPF03-I2). Nach einer kurzen, stabilen Anfangsphase erhöhte sich der Injektionsdruck kontinuierlich. Diese Erhöhung des Injektionsdrucks lässt sich auf Sekundärmineralausfällungen infolge von Reaktionen zwischen den Zementwässern und dem Gestein zurückführen, welche offensichtlich Klüfte bzw. Fliesswege blockieren. 850 Beginn Injektion der Hoch-pH-Lösung Beginn Dipolinjektion 550 450 run#1 run#2 run#3 run#4 run#5 run#7 run#6 run#11 350 250 run#10 150 Scherzone hinter Plastikfolie Tank für Tracerinjektionen Die Radionuklide wurden mit einem Gamma-Spektrometer entsprechend dem neuesten Stand der Technik gemessen. Das Spektrometer befand sich in einer klimatisierten Box, um optimale Betriebsbedingungen zu gewährleisten. Sämtliche Radionuklidinjektionen erfolgen entsprechend den Auflagen der Schweizerischen Strahlenschutzverordnung. Chemische und physikalische Parameter (pH, Eh, elektrische Leitfähigkeit, Druck und Temperatur) wurden auf der Injektions- und Extraktionsseite des Fliessfelds gemessen. Mit speziellen Bohrlochmesssystemen wurden die hydraulischen Bedingungen in der Scherzone überwacht. Die Systeme ermöglichten zudem periodische Injektionen von Radionukliden in die Scherzone. Steuerung Gamma-Spektrometer Extraktionsintervall 50 März '00 Oktober '00 April '01 run#8 November '01 BOHPF01-I2 BOHPF03-I2 Mai '02 6.E-04 5.E-04 4.E-04 3.E-04 2.E-04 1.E-04 1.E-07 0 5 10 15 Klimabox mit dem Gamma-Spektrometer Elektrische Kühlung für das Gamma-Spektrometer Aufgrund der sehr starken korrosiven Eigenschaften der Hoch-pH-Lösung ist die Durchführung eines solchen Langzeitexperiments eine grosse technische Herausforderung. Ausserdem kann es wegen der geringen Fliessraten (~ 1 ml min-1) zu Verstopfungen auf der Extraktionsseite kommen, die zusätzliche Probleme verursachen. Juni '03 7.E-04 Zeit [h] Drucksensoren der Bohrungen Dezember '02 Tracertests (run #...) Durchbruchskurven für den Uranin-Farbstoff Gleichzeitig kann man Änderungen im Durchbruchsverhalten von Tracern beobachten, wenn die kleinen Fliesswege blockiert werden. Dies bewirkt eine Fokussierung des Flusses auf die grösseren, weiterhin offenen Fliesswege mit dem Resultat, dass die injizierten Tracer schneller am Extraktionsbohrloch (Durchbruch) ankommen. Normalisierte Konzentration C/Mo [1/ml] Messboxen (Injektion und Extraktion) für die chemischen und physikalischen Parameter Erste Schlussfolgerungen Die oben dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die Hoch-pH-Fahne die Bedingungen und die Entwicklung eines Tiefenlagers mit der Zeit beeinflussen kann. Änderungen der Grundwasserfliesswege in und um die Testzone sind offensichtlich. 20 25