Olperer Scherzone Ost Geologie Die interne Struktur des Tauernfensters besteht aus mehreren Gesteinsformationnen, die während der Gebirgsbildung parallel zueinander aufgefaltet wurden. Die Achsen dieser Faltenstrukturen streichen hierbei parallel zu mehreren Scherzonen, mit sinistraler, also nach links gerichteter Scherrichtung. Es ist davon auszugehen, dass die Scherzonen mit der Faltung des Gesteins in Zusammenhang stehen. Die Olperer Scherzone ist Teil des Salzach-Ennstal-Mariazell-Puchberg-Störungs-System (SEMP), das sich über eine Länge von 400 km in den östlichen Alpen erstreckt (Rosenberg & Schneider, 2008). Zu diesem Störungssystem gehören außerdem noch die parallel verlaufende Ahornscherzone im Norden sowie die Greiner Scherzone im Süden (Abb. 1). Das SEMP-Störungssystem markiert die nördliche Grenze des Zentralgneises, während die einzelnen Scherzonen diesen durchschneiden. Es wird angenommen, dass dieses Großstörungssystem noch heute aktiv ist. Mittersill N SEMP-Störzone Krimml AS r e r lpe Hintertux h c S on z r e e Geopfad - Berliner Höhenweg Schautafel 25 / 28 Obere Schieferhülle Topografische Karte Top (Abb.3) 20 km AS = Ahornscherzone GS = Greiner Scherzone Untere Schieferhülle Zentralgneis ± 1 e 3 Gamshütte e e 2 Karl von Edelhütte e 27 28 e # Die Scherzone im Stilluptal 26 # 25 20 e # e # Grundschartner Floitenturm Maxhütte Steinbockhaus e 16 Hoher Riffler # e Stilluphaus 24 ee 19 Pitzenalm 5 Ahornspitze e 4 Hier, am Rand des Stillupspeichers ist die Scherzone mit ihren Auswirkungen besonders gut zu beobachten. Die Staumauer des Sees liegt in etwa auf dem Übergang zwischen der Olperer Scherzone (SE/ taleinwärts) und der des Ahorn-Kerns (NE/ talauswärts), die angrenzende tektonischen Faltenstruktur der SEMP. Entlang des Speichersees verlaufen die Klüfte der Scherung mit etwa 60° in NE-SW-Richtung, also fast senkrecht zur Verlaufsrichtung des ehemaligen Gletschers, der einst das Stilluptal formte, und somit die Scherzone auf beiden Talseiten offenlegte. Vor allem in den beiden nicht ausgekleideten Tunneln von der Gaststätte Wasserfall talaufwärts kann ein aufmerksamer Wanderer die Spuren der tektonischen Großstruktur gut sehen. Im 1968 angelegtem Ute-Stollen kann man an der Wand neben den Klüften der Scherzone auch Fließstrukturen aus hellen und dunklen Gesteinen, den Migmatiten, beobachten. # Dristner e Grüne-Wand Hütte 18 e Friesenberghaus Breitlahner # # # Olperer # Dominikus Hütte e 13 e 6 # Großer Greiner e 22 e 17 e 15 Grawandhütte 23 21 Greizer Hütte Zsigmondyspitze Ochsner e e Gigalitz Olpererhütte Kasseler Hütte 21 eAlpenrose Berliner Hütte e 12 14 e e 11 # # Großer Löffler Großer Mörchner 10 # # Schwarzenstein Furtschaglhaus Schönbichler Horn e e7 e 8 Pfitscherjoch e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e e # 1, Schöne Aussicht 2, Grinbergbach 3, Rutschung Penkenberg 4, Olperer Scherzone West 5, Hängetal 6, Schlegeisspeicher 7, Hydrochemie Zamser Grund 8, Hydrochemie Rotbachl 9, Furtschaglschiefer 10, Granate 11, Waxeggkees 12, Glimmerschiefer 13, Geologisches Panorama 14, Schwarzsteinmoor 15, Schwarzsee 16, Ophiolithe 17, Greiner Scherzone 18, Oberflächengewässer 19, Wasserkraft 20, Quellwasser 21, Alpine Naturgefahren 22, Petrografie der Gneise 23, Kare 24, Trotgal Stillupgrund 25, Olperer Scherzone Ost 26, Speicherseen 27, Tektonik des Tauernfensters 28, Ahornkern Hütten Gipfel Höhenweg Zustieg 9 0 1 2 4 6 8 Kilometer © OpenStreetMap (and) contributors, CC-BY-SA Abb. 3: Topographische Übersichtskarte des Geopfades - Berliner Höhenweg, Bearbeiter: Georg Kuhn & Stefan Wewior, verändert. Aufschlüsse der Olperer Scherzone O Brenner Schautafeln e Mittlere Grinbergspitze Migmatite GS Legende In spröden Scherzonen konzentriert sich die Verformung auf eine enge Bruchfläche zwischen benachbarten Gesteinsblöcken, wohingegen sich in duktilen Scherzonen die Gesteine auf einen breiteren Bereich plastisch ohne Bruch verformt werden. (Reuther, 2012) Migmatite entstehen durch Anatexis, also das partielle Aufschmelzen der Gesteine durch die Kräfte der Scherung. Dafür reichen schon relativ geringe Temperaturen von etwa 600 bis 800 °C. Wasser, das durch Klüfte eindringen kann, senkt den Schmelzpunkt zusätzlich. Hier schmolzen die Gesteine im Zentralgneis teilweise auf und so wurden die bereits metamorph geprägten Gneise ein weiteres mal metamorph verformt. Graue Platte/ Wildschrofen Speicher Stillup/ Tunnel + N + + Scherrichtung Abschiebung + Leukosom SEMP = Salzach-Ennstal-Mariazell-Puchberg-Störung Abb. 1: Tauernfenster und SEMP Störungssystem (Rosenberg & Schneider 2008) Neben dem Aufschluss der Olperer Scherzone hier im Stilluptal, der quer zur Scherrichtung liegt, findet man an der Grauen Platte am Wildschrofen einen Aufschluss längs zur Richtung in Form einer sinistralen Blattverschiebung (Tafel 4). Die Olperer Scherzone verläuft von WSW nach ENE (Streichen) und zeigt ein nahezu vertikales Einfallen. Sie enstand im mittleren Tertiär und formt eine etwa 300 m breite Zone im Zentralgneis aus Myloniten. Dies sind Gesteine, die durch die Scherbewegung metamorph verformt wurden. Scherzone und Duktilität Eine Scherzone ist eine bedeutende tektonische Unstetigkeitsfläche der Erdkruste und des Oberen Mantels. Ihre Entstehung lässt sich auf einen nicht homogenen Verformungsprozess zurückführen. Je nach Gestein und Druckverhältnissen gibt es sie in verschiedene Ausbildungen. Sie reichen von spröden Scherzonen (Störungen) über spröd-duktile Scherzonen und duktil-spröde Scherzonen hin zu rein duktilen Scherzonen. + + + + + Melanosom 10 cm + + + 30 cm Abb. 2: Migmatite der Olperer Scherzone. Da die Bestandteile des Gneises unterschiedlich hohe Schmelztemperaturen haben, schmolzen vor allem Quarz und Feldspat. Diese hellen Minerale trennten sich dabei von den anderen, dunkleren Mineralen wie Biotit und Amphibol, die sich im zurückbleibenden Gestein anreicherten. So bildeten die hellen Komponenten das sogenannte Leukosom, das zwischen den dunklen Mineralen auskristallisierte, die man als Melanosom oder Restit bezeichnet (Wimmenauer & Bryhni (2007). Die Kraft der Scherung formte sie zu gefalteten Bändern im cm- bis m-Bereich. Durch Verknüpfen der Migmatite auf beiden Seiten der Tunnel und der Richtung deren Grenzflächen lässt sich sehr gut die Richtung der Scherung ermitteln. Das Ergebnis stimmt mit etwa 60° NE mit der Hauptrichtung der Olperer Scherzone überein. Deshalb können die Klüfte und die Migmatite der Scherzone zugeordnet werden. So bieten die Tunnel einen lokalen, aber ausgezeichneten Einblick in die Großstruktur der Olperer Scherzone für jeden interessierten Wanderer. + + + + + + + + Verlauf der Störung 0 10 20 30 40m Tunnelwand Migmatischer Gneis + + Abb. 4: Störungen und Migmatite der Olperer Scherzone im Ute-Stollen. Herausgeber: Ingo Sass, Raffael Schäfer, Claus-Dieter Heldmann Bearbeiter: Alexander Seitz, Sebastian König, Julia Gumbert, Björn Schwalb Quellen: EBNER, M., DECKER, K. & GRASEMANN, B. (2004): Normal versus strike-slip faulting – deformation mechanisms during exhumation in the footwall of the Brenner normal fault (Tyrol, Austria), Ber. Inst. Erdwiss. K.-F.-Univ. Graz S.114f LAMMERER, B. & WEGER, M. (1998): Footwall uplift in an orogenic wedge: The Tauern Window in the Eastern Alps of Europe, Tectonophysics, S. 213-230 REUTHER, C.-D. (2012): Grundlagen der Tektonik, Kräften und Spannungen der Erde auf der Spur 277 S. ROSENBERG, C. & SCHNEIDER, S. (2008): The western termination of the SEMP Fault (eastern Alps) and its bearing on the exhumation of the Tauern Window S. 197-218 SCHNEIDER, S., ROSENBERG, C. & HAMMERSCHMIDT, K. (2010): The Western Tauern Window (Eastern Alps): Timing and Interplay of Folds and Sinistral Shear Zones as Result of South-Alpine Indentation, EGU General Assembly S.15113 SCHNEIDER, S., ROSENBERG, C. & HAMMERSCHMIDT, K. (2010): Dating the Duration and Termination of Sinistral Shear in the Western Tauern Window: Implications for Indentation and Exhumation in the Eastern Alps, EGU General Assembly S.13949 WIMMENAUER, W. & BRYHNI, I. (2007): Migmatites and related rocks, IUGS Subcommission on the Systematics of Metamorphic Rocks. Web version of 01.02.07 S. 1-5 JOHANNES, W. & GUPTA, L.N. (1982): Origin and Evolution of a Migmatite, Mineralogy and Petrology S.114-123 IAG Institut für Angewandte Geowissenschaften Ein Projekt der Hauptgeländeübung II 2013 der TU Darmstadt http://www.geo.tu-darmstadt.de/fg/angeotherm/hgue_ii_2013/eine_extrabreite_spalte.de.jsp Stand: Juli 2014