17_28_Greiner_Scherzone

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Geopfad - Berliner Höhenweg
Greiner Scherzone
Hier im Floitengrund liegen sich die tief ins Gestein eingeschnittene Mörchen- und
Lapenscharte direkt gegenüber. Das ist kein Zufall sondern Resultat einer
besonderen geologischen Struktur: einer Scherzone.
Prozesse in einer Scherzone
Scherzonen sind Bereiche, in denen Spannungen,
die während einer Gebirgsbildung entstehen, durch
plastische Gesteinsverformungen abgebaut werden.
Plastische Deformation findet in der oberen Kruste in
Tiefen >15 km bei hoher Temperatur (> 300 °C) und
großem Druck statt. Das Gestein zerreißt nicht,
sondern baut die Spannungen durch eine fließende
Verformung ab. Gelangen diese Gesteine an die
Erdoberfläche, sorgt die mit der Verformung einhergehende Zermürbung dafür, dass Verwitterung und
Erosion die auffälligen Geländeformen der Mörchenund Lapenscharte schaffen konnten.
Abb. 1: Duktile Gesteinsdeformation.
Lage der Greiner Scherzone
N
Tuxer
Gneiskern
GSZ
Penninikum
Austroalpine
Decken
S
0
-5
-10
km
A
0
5
Entstehung der Greiner Scherzone
N
Da sich die europäische und die adriatische S
Kontinentalplatte auch nach Ende der Faltung und
Deckenstapelung weiter aufeinander zubewegten,
wurde die steigende Spannung zwischen dem
Zillertaler und Tuxer Gneiskern vor ca. 30-40
Millionen Jahren (BARNES et al. 2004, BEHRMANN &
F RISCH 1990) in einer großmaßstäblichen
Scherzone abgebaut - der Greiner Scherzone.
Dabei wurden die zwei Gesteinseinheiten sowohl
horizontal linksseitig als auch vertikal gegeneinander verschoben. Im Bereich des Berliner
Höhenwegs stellt sich die Greiner Scherzone als
ein sich verzweigendes System kleinerer
Scherzonen von 1-30 m Breite dar (BARNES et al.
2004). Diese können vielerorts in den charakteristischen Erosionsrinnen beobachtet werden, die die
3: Die Mörchenscharte von der Greizer
auffällig parallelen Rippen der die Täler begren- Abb.
Hütte aus gesehen, Blick Richtung Westen.
zenden Gebirgszüge bilden.
Abb. 6: Topographische Übersichtskarte des Geopfades - Berliner Höhenweg.
Die Greiner Scherzone erstreckt sich im Inneren Tauernfenster über 35 km (BARNES
et al. 2004) in WSW-ENE Richtung (siehe Karte in Abb. 7) und trennt den Tuxer- vom
Zillertaler Gneiskern (Abb. 2).
Zillertaler
Gneiskern
Schautafel 17 / 28
B
10 km
Abb. 2: Profil durch das westliche Tauernfenster (vereinfacht und verändert nach LAMMERER et al. 2008).
Geologischer Rahmen
Zillertaler und Tuxer Gneisskern bildeten sich vor ca. 300 Millionen Jahren aus
magmatischer Schmelze in der oberen Erdkruste. Vor der Entstehung der Alpen
waren sie von einem flachen Meer, dem Thetys-Ozean bedeckt. Plattentektonik
führte ab Beginn der Oberkreide (ca. 100 Ma) zur Schließung dieses Meeresbeckens
und zur Kollision der nördlich und südlich an den Ozean angrenzenden europäischen und adriatischen Kontinentalplatte. Während der Kollision, die zur Auffaltung
der Alpen führte, wurden die magmatischen Ausgangsgesteine mehrere Kilometer
tief versenkt, zu ENE-WSW orientierten Strukturen verfaltet und übereinander
geschoben. Die grobkörnigen magmatischen Gesteine (Granodiorite und Tonalite)
wurden dabei metamorph zu geschichteten Gneisen überprägt (BARNES et al. 2004).
Auch Sedimente des Thetys-Ozeans wurden mit eingefaltet, sie bilden heute die
Schiefer der Greiner Mulde (siehe auch Tafel 16 - Ophiolithe).
Erkennung im Gelände
Die Prozesse in einer Scherzone hinterlassen im Gesteinsgefüge charakteristische
Spuren, von denen manche mit bloßem Auge in den Gneisen des Tuxer- und des
Zillertaler Kerns zu erkennen sind. Sie sind das sichtbare Gedächtnis der Steine im
Hinblick auf Temperatur, Druck und Bewegungsrichtung der Scherzone. Verwitterung und Erosion haben diese Spuren freigelegt, nachdem die Gneiskerne im Zuge
der Bildung des Tauernfensters an die Erdoberfläche gehoben wurden (siehe auch
Tafel 27 - Tektonik des Tauernfensters).
C' Scherflächen:
Reagiert das Gestein bei der Verformung in Abhängigkeit von Druck und
Temperatur nicht vollkommen plastisch,
werden die Schichten im Gneis wie ein
Kartenstapel gegeneinander verschoben und verschuppt. Es bilden sich
sogenannte C'-Scherflächen mit denen
sich der Schersinn bestimmen lässt.
Schleppfalten:
Bei intensiverer plastischer Verformung
unter hohem Druck und Temperatur
findet eine kleinräumige Verfaltung des
Gesteins statt. Die auffällige Faltenform
mit einem engen und einem weit
gespreizten Faltenschenkel gibt ebenfalls Aufschluss über die Bewegungsrichtung der Scherzone.
12 °E
Inneres Tauernfenster
westlicher Teil
Austroalpine Decken
Mayrhofen
A
Großer
Greiner
47 °N
er
f
e
i
Sch
d
N
r
e
n
i
re
er G
^
d
Mul
n
r
Aho
Lapenscharte
Tuxer
Gneiskern
e
is
e
n
G
Mörchenscharte
S
r
ne
i
e
r
G
Zillertaler
Gneiskern
e
n
zo
r
e
ch
B
Austroalpine Decken
1
2
3
4
5
6
0
5
10 km
Abb. 7: Geologische Karte des Inneren Tauernfensters (vereinfacht und verändert nach LAMMERER et al. 2008).
Abb. 4: C‘ Scherflächen im Gneis.
(Bildbreite: 60 cm)
Abb. 5: Schleppfalte im Gneis.
(Bildbreite: 90 cm)
1: Gneiskerne, ca. 300 Ma; 2: Schiefer aus Sedimenten des Thetys-Ozeans, ca. 200-300 Ma: 3: Hochstegen Marmor,
ca. 150-160 Ma; 4: Schiefer der Kontinentalränder, ca. 200-300 Ma, 5: Penninikum, Kalkhaltige Schiefer aus der
Tiefsee des Thetys-Ozeans (Bündnerschiefer) ca. 100-200 Ma
Herausgeber:
Ingo Sass, Rafael Schäffer, Claus-Dieter Heldmann
Bearbeiter:
Katharina Knorz & Johannes Krimm
Literatur:
BARNES, J. D., SELVERSTONE, J. & SHARP Z. D. (2004): Interactions between serpentinite devolatilization, metasomatism and strike-slip strain localization during deep-crustal shearing in the Eastern Alps. Journal Of
Metamorphic Geology 22, S. 283–300.
BEHRMANN, J. H. & FRISCH, W. (1990): Sinistral ductile Shearing Associated with Metamorphic Decompression in the Tauern Window, Eastern Alps. Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt Wien 133 - 2, S. 135-146
LAMMERER, B., GEBRANDE, H., LÜSCHEN, E., VASÉLA, P. (2008): A crustal-scale cross-section through the Tauern Window (eastern Alps) from geophysical and geological data. Tectonic Aspects of the Alpine-Dinaride-Carpathian
System. Geological Society, London, Special Publications 298, S. 219–229.
Ein Projekt der Hauptgeländeübung II 2013 der TU Darmstadt
http://www.geo.tu-darmstadt.de/fg/angeotherm/hgue_ii_2013/eine_extrabreite_spalte.de.jsp
Stand: März 2014
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