2.2.3 Drehimpuls des starren Körpers Wir wollen nun die

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2.2.3
Drehimpuls des starren Körpers
Wir wollen nun die notwendigen Gleichungen zur Beschreibung des Drehimpulses und der Änderung des Drehimpulses herleiten, so dass die Kinetik des starren Körpers vollständig vorliegt.
Ausgangspunkt ist wieder ein Massenelement, welches wir als Massenpunkt ansehen können.
Für den Drehimpuls bezogen auf einen Punkt A des Körpers erhalten wir
(2.2.61)
z
m
S
Der Körper besitze momentan eine Winkelgeschwindigkeit φ
⃗˙ . Für
einen starren Körper können wir mit Euler die Geschwindigkeit
⃗vdm des Massenpunktes durch
x
(2.2.62)
ausdrücken.
Daher folgt für den Drehimpuls des Massenelementes dm
(2.2.63)
und für den kompletten starren Körper der Masse m
(2.2.64)
Wegen ⃗vA = const vereinfacht sich das erste Integral
(2.2.65)
wobei wegen
(2.2.66)
151
A
rA
y
der Abstandsvektor des Schwerpunktes ⃗rS,A zum Punkt A auftaucht. Für den Drehimpuls erhalten wir also zunächst
(2.2.67)
Diese allgemeine Formel können wir für Spezialfälle vereinfachen:
Der erste Spezialfall ist offensichtlich derjenige, bei dem der Referenzpunkt A mit dem Schwerpunkt des Körpers identisch ist. In diesem Fall erhalten wir mit ⃗rS,A = ⃗0
(2.2.68)
Im zweiten Fall wollen wir den Punkt A als einen festen Punkt in unserem Bezugssystem ansehen.
Mit ⃗vA = ⃗0 folgt sofort
(2.2.69)
In einem dritten Fall soll A ein beliebiger Punkt sein. Wegen ⃗rdm,A = ⃗rS,A + ⃗rdm,S erhalten wir
(2.2.70)
Der erste Summand stellt den translatorischen Anteil am Drehimpuls des starren Körpers dar,
der dem Drehimpuls des im Schwerpunkt konzentrierten Massenpunktes gleicher Gesamtmasse
m bezogen auf einen Punkt A entspricht. Der zweite Summand stellt einen zusätzlichen Beitrag
dar, der die räumliche Verteilung der Masse berücksichtigt und der bei einer Rotationsbewegung
der Massenelemente um den Schwerpunkt mit Winkelgeschwindigkeit φ
⃗˙ hinzutritt.
Übungen
a) Zeigen Sie, dass der Drehimpuls eines starren Körpers bezogen auf einen beliebigen Punkt
A allgemein durch
⃗ A = ⃗rS,A × m ⃗vS + L
⃗S
L
ausgedrückt werden kann, wobei S den Schwerpunkt, ⃗rS,A den Abstand des Schwerpunktes
zum Punkt A sowie ⃗vS die Geschwindigkeit des Schwerpunktes darstellen!
Interpretieren Sie die Bedeutung der beiden Terme auf der rechten Seite, indem Sie mit
dem Drehimpuls eines Massenpunktes gleicher Masse m vergleichen!
152
b) Zeigen Sie, dass aus vorstehender Formel unmittelbar auch wieder eine Formel für den
Drehimpuls um einen festen Punkt A abgeleitet werden kann und dass diese Formel mit
dem Ausdruck
∫
(
)
⃗
LA =
⃗rdm,A × φ
⃗˙ × ⃗rdm,A dm
(m)
äquivalent ist!
In den ersten beiden Fällen finden wir jeweils einen Ausdruck der allgemeinen Form
(2.2.71)
wobei ⃗r einen vom gewählten Bezugspunkt abhängigen Abstandsvektor zum Massenelement dm
darstellt.
Dieses doppelte Kreuzprodukt wollen wir weiter umformen und diskutieren. Es gilt folgende
Regel50)
(
)
(
)
(
)
(2.2.72)
⃗a × ⃗b × ⃗c = ⃗b ⃗a · ⃗c − ⃗c ⃗a · ⃗b ,
weshalb wir mit ⃗a = ⃗c ≡ ⃗r und ⃗b ≡ φ
⃗˙ bekommen:
(2.2.73)
Dieser Ausdruck ist linear in der Winkelgeschwindigkeit51) .
50)
Die Regel wird auch als Graßmann-Identität
sprich bak-zap. Beweisen
( bezeichnet
)
(oder als
) ”bac-cab-Regel“(
)
Sie mit dieser Regel die Jacobi-Identität: ⃗a × ⃗b × ⃗c + ⃗b × ⃗c × ⃗a + ⃗c × ⃗a × ⃗b = ⃗0. Vergleichen Sie auch das
entsprechende Vorgehen bei der Ableitung der kinetischen Energie als die Lagrange-Identität angewandt wurde.
51)
Die hier vorgestellte Herleitung ist sinnvoll, wenn wir den bei vielen Problemen auftretenden ebenen Fall ins
Auge fassen. Für dreidimensionale Probleme ist es üblich wegen der Linearität des Ausdrucks mit dem Trägheits⃗
tensor J⃗ folgende Schreibweise
⃗· φ
⃗ = J⃗
⃗˙
L
einzuführen. Durch Ausrechnen in kartesischen Koordinaten überzeugt man sich davon, dass
∫
(
)
⃗ ˙
⃗ =
⃗
⃗r × φ
⃗˙ × ⃗r dm = J⃗ · φ
L
(m)
tatsächlich stimmt. Eine rechnerische Herleitung kann mit der Tensoralgebra durchgeführt (werden.
Mit
)) dem
(
⃗˙ × ⃗r i bei
Levi-Civitaschen Tensor ϵijk schreiben sich die Koordinaten des doppelten Kreuzproduktes ⃗r × φ
Verwendung der Einsteinschen Summenkonvention - Summation über doppelt auftretende Indizes (
))
(
= ϵijk ϵklm rj φ̇l rm
⃗˙ × ⃗r
⃗r × φ
i
Dieser Ausdruck kann mit dem Kronecker-Delta δij wegen ϵijk ϵklm = δil δjm − δim δjl umgeformt werden in
(
(
))
(
)
(
)
⃗r × φ
⃗˙ × ⃗r i = δil δjm − δim δjl rj rm φ̇l =
δil δjm rj rm φ̇l − δim rm δjl rj φ̇l
(
)
2
−
ri rl φ̇l ,
=
δil rm
153
∫
r2 dm wieder.
Im ersten Term erkennen wir das Massenträgheitsmoment J =
(m)
Analog zur kinetischen Energie liefert der zweite Term einen Beitrag, der für den ebenen Fall
wegen φ
⃗˙ · ⃗r ≡ 0 entfällt!
Für ebene Probleme ergibt sich also wieder eine wesentliche Vereinfachung, nämlich
∫
˙
⃗
(2.2.74)
Leben = J φ
⃗ mit J = r2 dm,
(m)
wobei offensichtlich die Richtung des Drehimpulsvektors mit der Richtung der Drehachse und
sein Richtungssinn mit dem Richtungssinn der Winkelgeschwindigkeit zusammenfällt.
⃗ im Allgemeinen
Im dreidimensionalen Fall sehen wir, dass die Richtung des Drehimpulsvektors L
˙
nicht mit der Richtung des Winkelgeschwindigkeitsvektors φ
⃗ zusammenfällt
(2.2.75)
da der Beitrag des zweiten Integrales eine gewichtete Summe der Ortsvektoren ⃗r zu den Massenelementen mit einem Gewichtungsfaktor φ
⃗˙ · ⃗r darstellt.
Nur für den ebenen Fall dürfen wir mit unserem Überlegungen folgende einfache Formeln zur
Berechnung der Drehimpulsvektoren anwenden:
1. Drehimpuls der ebenen Bewegung bezogen auf den Schwerpunkt S:
(2.2.76)
so dass wir in Übereinstimmung mit Gl. (2.2.73) für den Drallvektor
∫
( 2
)
Li =
rm δil − ri rl dm φl
(m)
oder in Vektorschreibweise mit dem dyadischen Produkt ⃗r ⊗ ⃗r
∫
( 2⃗
)
⃗
⃗· φ
⃗ = J⃗
⃗r I⃗ − ⃗r ⊗ ⃗r dm
⃗˙ mit J⃗ =
L
(m)
erhalten und damit auch die Graßmann-Identität (2.2.72) nachrechnen konnten. Mit dem Trägheitstensor und
Drehimpulsvektor können wir auch die kinetische Energie des starren Körpers neu formulieren. Wir hatten für
die kinetische Energie in Fußnote ??, S. ?? die Darstellung
T =
)
(
) 1
(⃗
1
2
⃗˙ .
m ⃗vA
+ ⃗vA · φ
⃗˙ × ⃗rS,A + φ
⃗˙ · J⃗A · φ
2
2
angegeben. Falls der Bezugspunkt A mit dem Schwerpunkt S zusammenfällt, folgt mit dem Drehimpulsvektor für
die kinetische Energie
)
1
1 ˙ (⃗
1 ˙ ⃗
1
⃗˙ = m ⃗vS2 + φ
⃗ · J⃗S · φ
⃗ · LS
T = m ⃗vS2 + φ
2
2
2
2
und falls A ein ruhender Punkt ist, ergibt sich Energie
T =
)
1 ˙ ⃗
1 ˙ (⃗
⃗˙ = φ
φ
⃗ · J⃗A · φ
⃗ · LA
2
2
154
2. Drehimpuls der ebenen Bewegung bezogen auf einen ruhenden Punkt A (⃗vA ≡ 0):
(2.2.77)
3. Drehimpuls der ebenen Bewegung bezogen auf einen beliebigen Punkt A:
(2.2.78)
Wir sind nun in der Lage die zeitliche Änderung des Drehimpulses zu formulieren.
Für das Massenelement dm gilt natürlich sinngemäß der Zusammenhang, den wir für den Drehimpulsänderung eines Massenpunktes mit Gl. (1.2.117) konstanter Masse m abgeleitet haben:
z
(2.2.79)
dm
r
rdm
Wenn wir uns auf ein Inertialsystem beziehen, dürfen wir demnach
⃗ dm des Massenelementes dm
die Änderung des Drehimpulses dL
aus der Summe der Momente berechnen:
x
m
y
dm
(2.2.80)
Darin sind dF⃗dm die Kräfte, die am Massenelement angreifen52) .
Dies integrieren wir über alle Massenelemente. Auf der rechten Seite erhalten wir mit dem Satz
vom resultierenden Moment eines Kräftesystems
(2.2.81)
52)
Sofern man das Massenelement als punktförmig ansieht, sind keine freien Momente (Kräftepaare) zu berücksichtigen. Für den gesamten Körper können dann aber freie Momente auftreten, wenn an verschiedenen Massenelementen entgegengesetzt gleich größe Kräfte auftreten, die nicht zur resultierenden Kraft beitragen, wohl aber
als Kräftepaare freie Momente bilden.
155
wobei F⃗ =
n
∑
F⃗i die resultierende Kraft, ⃗r die Lage der Wirkungslinie relativ zum Bezugs-
i1=1
⃗ =
punkt und M
m
∑
⃗ j das resultierende freie Moment gleichbedeutend mit der Summe aller
M
j=1
auftretenden Kräftepaare bezeichnen. Alternativ wollen wir für die rechte Seite abkürzend das
⃗ res einführen:
sich ergebende resultierende Moment M
(2.2.82)
Es besteht, wenn wir keine resultierende Kraft einführen wollen, aus dem Momenten aller Einn
∑
zelkräfte
r⃗i × F⃗i bezüglich des gewählten Bezugspunktes sowie den freien Momenten, die als
i
Kräftepaare in der Summe
n
∑
r⃗i × F⃗i herausfallen:
i
(2.2.83)
Damit folgt für die Drehimpulsänderung des starren Körpers
(2.2.84)
Da die Masse m des Körpers konstant ist, dürfen wir auf der linken Seite wieder Differentiation
und Integration miteinander vertauschen
(2.2.85)
Wir erhalten schließlich
(2.2.86)
Die Änderung des Drehimpulses bezogen auf einen Punkt, der in einem Inertialsystem ruht, ist
demnach durch das auf den Körper wirkende resultierende Moment bezüglich dieses Bezugspunktes bestimmt.
156
Wir wollen dieses Ergebnis nun weiter umformen, indem wir die gefundenen Beziehungen für
den Drehimpulsvektor und den Schwerpunktsatz
(2.2.87)
ins Spiel bringen. Für den Drehimpuls hatten wir bezogen auf einen beliebigen Punkt die nützliche Formel
(2.2.88)
gefunden. Einsetzen in Gl. (2.2.86) liefert mit Gl. (2.2.82)
(2.2.89)
Die Zeitableitung der ersten Summanden
(2.2.90)
z
Da wir uns auf ein Inertialsystem beziehen, dürfen wir m ⃗as durch
F⃗ ersetzen und erhalten
(2.2.91)
rS
x
Damit ergibt sich
(2.2.92)
Darin ersetzen wir noch ⃗r − ⃗rS durch ⃗rF,S , um schließlich
(2.2.93)
157
y
S
m
zu erhalten.
Unabhängig von einer möglichen Bewegung des Schwerpunkts im Inertialsystem gilt daher, dass
die Änderung des Drehimpulsvektors bezogen auf den Schwerpunkt durch das resultierende Moment bzgl. des Schwerpunkts gegeben ist.
Auch jetzt werden die Zusammenhänge für den ebenen Fall besonders einfach.
⃗ S,eben = JS φ
⃗˙
Es gilt mit L
(2.2.94)
Ein ähnlich einfaches Ergebnis erhalten wir, wenn der Ursprung
des Inertialsystems in einem Punkt A des Körpers fixiert ist:
m
(2.2.95)
∫
⃗A =
mit L
z
(
)
⃗rdm,A × φ
⃗˙ × ⃗rdm,A dm.
x
(m)
y
A
Ist der Körper nicht nur punktuell gelagert, sondern im Punkt A eine feste Drehachse vorgegeben,
⃗ A zu
wird die Rotation in einer Ebene stattfinden müssen. Dann vereinfacht sich wieder L
(2.2.96)
und wir erhalten
(2.2.97)
158
2.2.3.1
Zusammenfassung zum Drehimpuls oder Drall
- Für den Drehimpuls bezogen auf einen beliebigen Bezugspunkt B gilt:
∫
)
(
⃗ B = ⃗rdm,B × φ
(2.2.98)
L
⃗˙ × ⃗rdm,B dm
(m)
Dies schließt den Spezialfall, dass der Punkt B mit dem Schwerpunkt S zusammenfällt,
ein.
- Zwischen dem Drehimpuls bezogen auf einen beliebigen Punkt B kann mit dem Drehimpuls
bezogen auf den Schwerpunkt nach der Beziehung
(2.2.99)
⃗ B = ⃗rS,a × m ⃗vS + L
⃗S ,
L
umgerechnet werden, wobei ⃗rS,A den Abstandsvektor des Schwerpunkts S vom Punkt B
bezeichnet.
⃗ und momentaner Win- Im allgemeinen dreidimensionalen Fall sind Drehimpunlsvektor L
˙
kelgeschwindigkeitsvektor⃗φ nicht parallel zueinander.
Spezialisierung für den ebenen Fall:
- Für den Drehimpuls bezogen auf einen beliebigen Bezugspunkt B gilt:
∫
2
˙
⃗
(2.2.100)
LB,eben = JB⃗φ mit JB =
rdm,B
dm
(m)
Dies schließt wieder den Spezialfall, dass der Punkt B mit dem Schwerpunkt S zusammenfällt ein.
⃗ eben immer parallel zum Winkelgeschwin- Im ebenen Fall ist der Drehimpulsvektor L
˙ Beide stehen senkrecht auf der Ebene der Drehbewegung.
digkeitsvektor⃗φ.
159
2.2.3.2
Zusammenfassung zum Drehimpuls- oder Drallsatz
- Die Drehimpulsänderung mit dem Körperschwerpunkt S als Bezugspunkt errechnet sich
aus
∫
⃗S
)
(
dL
⃗
⃗
(2.2.101)
= Mres,S mit LS = ⃗rdm,S × φ
⃗˙ × ⃗rdm,S dm
dt
(m)
Dabei darf der Schwerpunkt im gewählten Inertialsystem einen beliebige Bewegung ausführen.
- Für die Drehimpulsänderung bezogen auf einen Punkt A, der im gewählten Inertialsystem
ruht, ⃗vA ≡ ⃗0 , und mit dem Körper fest verbunden ist, gilt
(2.2.102)
⃗A
dL
⃗ res,A
=M
dt
∫
⃗A =
mit L
(
)
⃗rdm,A × φ
⃗˙ × ⃗rdm,A dm
(m)
- Drehimpulsänderung und Momentenvektor sind immer zueinander parallel.
Spezialisierung für den ebenen Fall:
- Die Drehimpulsänderung für einen in einem Inertialsystem beliebig bewegten Körperschwerpunkt S errechnet sich aus
(2.2.103)
⃗S
dL
¨ =M
⃗ res,S
= JS⃗φ
dt
∫
2
rdm,S
dm
mit JS =
(m)
Dabei darf der Schwerpunkt wieder im gewählten Inertialsystem beliebig bewegt sein.
- Für die Drehimpulsänderung bezogen auf einen Punkt A, der im gewählten Inertialsystem ruht ⃗vA ≡ ⃗0 und mit dem Körper fest verbunden ist, gilt
(2.2.104)
⃗A
dL
¨ =M
⃗ res,A
= JA⃗φ
dt
∫
2
rdm,A
dm
mit JA =
(m)
- Drehimpulsänderung und Momentenvektor sind zueinander parallel und stehen senkrecht auf der Ebene der Bewegung.
160
Erstes Beispiel
Wir wollen den Drehimpulssatz nutzen, um die Dynamik der
Pirouette zu untersuchen. Mit der Bitte um Verzeihung wird die
Pirouettenläuferin zur Vereinfachung als Welle der Masse m1 mit
zwei Punktmassen m2 betrachtet. Ihre anfängliche Winkelgeschwindigkeit mit ausgestreckten Armen um die senkrechte Achse
soll mit α̇0 gegeben sein.
2R
2r
g
α0
m1
Geg.: m1 , m2 , R , r , α̇0 , ⃗g
Richtungssinn der Vektoren nach Skizze
Zahlenwerte: m1 = 36 kg , m2 = 7 kg , R = 0, 6 m , r = 0, 15 m , α̇0 = 2 s−1
Ges.:
a) Winkelgeschwindigkeit mit angezogenen Armen,
b) Unterschied der kinetischen Energien,
c) Arbeitsaufwand der Läuferin!
Lösung
a) Wir gehen davon aus, dass die Lagerung reibungsfrei ist. Auf das
Gesamtsystem wirkt dann kein Moment in Richtung der Drehachse, so dass der Drehimpuls in Achsrichtung erhalten bleiben muss:
g
Für den Drehimpuls zu Beginn addieren wir die Teildrehimpulse
von Rumpf und Armen, da diese wie ein starrer Körper rotieren sollen
Nach Anziehen der Arme ergibt sich entsprechend
und es folgt für das Verhältnis der Winkelgeschwindigkeiten
Die Zahlenwerte ergeben:
J0 = 5, 445 m2 kg , J1 = 0, 72 m2 kg
m2
m2
⇒
α̇1 = 7, 56 α̇0 = 15, 1 s−1
b) Für die kinetischen Energien ergibt sich
161
so dass wir
erhalten.
Die Zahlenwerte ergeben:
T0 = 10, 9 Nm , T1 = 82, 4 Nm , T1 − T0 = 71, 5 Nm
c) Die Differenz der kinetischen Energien erzeugt die Läuferin durch ihre Arbeit beim Heranziehen der Arme. Der Energiesatz lautet:
Der Unterschied der kinetischen Energien und damit die Arbeit sind deutlich größer als die anfangs vorhandene Energie!
Wir wollen im Weiteren zwei frühere Beispiel aufgreifen und noch nicht berechnete Kräfte auf
die betrachteten Körper ermitteln, da uns nun mit dem Drehimpulssatz die notwendigen Hilfsmittel dazu vollständig zur Verfügung stehen.
Zweites Beispiel
Für das auf einer feststehenden schiefen Ebene rutschfrei
rollende homogene Rad mit Radius r hatten wir mit dem
Energieerhaltungssatz die Beschleunigung des Schwerpunkts
tangential zur Ebene zu
aS =
g
S
r
2
g sin α
3
ermittelt. Bei der Herleitung mussten wir ausnutzen, dass
die Arbeit der Reibkraft beim rutschfreien Rollen des Rades
Null ist.
α
G
Es ist zu zeigen, dass obiges Ergebnis auch ohne Benutzung
des Energieerhaltungssatzes hergeleitet werden kann. Ferner
soll der notwendige Haftreibungskoeffizient µH ausgerechnet
werden.
S
m, r
α
Lösung
Die Beschleunigung ⃗aS lässt sich mit dem Schwerpunktsatz aus der Kräftebilanz am Rad angeben
durch
162
Wir betrachten die tangentiale Richtung und erhalten mit dem definierten Richtungssinn der
Vektoren,
Uns fehlt nun eine Beziehung für die Reibkraft. Da das rutschfreie Rollen auf Haftreibung beruht,
können wir nur die maximale Reibkraft Rmax mit der Normalkraft N = G cos α auf das Rad
verknüpfen
Die vorhandenen Information lassen keinen Schluss zu, ob die maximale mögliche Reibkraft ausgeschöpft wird. Stattdessen soll im Nachgang der mindestens notwendige Haftreibungskoeffizient
µH
ausgerechnet werden.
Um die Fragestellung zu lösen, haben wir noch den Drehimpulssatz als weitere Beziehung offen.
Für das hier vorliegende ebene Problem gilt
Darin taucht eine neue Unbekannte, die Winkelbeschleunigung φ
⃗¨ auf. Mit der im Lageplan
getroffenen Definition erhalten wir aus der Abrollbedingung auf der feststehenden Ebene den
bereits früher mit Euler hergeleiteten Zusammenhang
mit dem wir
erhalten.
Es gilt also
wobei wir wegen
das gesuchte Ergebnis
erhalten.
Daraus errechnet sich die Reibkraft zu
163
und der mindestens notwendige Haftreibungskoeffizient zu
Dies ist ein Drittel des statischen Wertes für einen auf der schiefen Ebene haftenden Klotz, der
keine rollende Bewegung auszuführen vermag.
Es sei hier noch auf die nachfolgende alternative Lösung verwiesen, bei der die Beschleunigung
des Schwerpunkts erhalten werden kann, ohne dass im Gleichungssystem die Reibkraft auftritt.
Bei der rutschfreien Bewegung der Scheibe fungiert der
Berührpunkt B zwischen Scheibe und stehender Unterlage
in jedem Moment als ruhender Punkt.
Dies erlaubt es den Drehimpulssatz um den Berührpunkt B
zu formulieren
wobei bei dieser Wahl des Bezugspunktes alleine die Gewichtskraft für das antreibende Moment verantwortlich ist.
g
S
r
α
Mit dem Satz von Steiner ist
ϕ
G
S
aS m, r
Wir erhalten deshalb mit der Abrollbedingung aS = r φ̈ wieder das gewünschte Ergebnis:
R
N
α
Der Schwerpunktsatz oder der Drallsatz um den Schwerpunkt erlaubt uns dann im nächsten
Schritt die Reibkraft zu bestimmen.
164
Drittes Beispiel
Für den in der Halfpipe reibungsfrei gleitenden Klotz wollen wir
die Auflagerkräfte an den Ecken des Quaders in der Position 2
bestimmen. Aus dem Energieerhaltungssatz ist bereits die Winkelgeschwindigkeit für dieses Beispiel auf S. 147 in der Position 2 zu
√
2g∆h
α̇ =
JM /m
bestimmt worden mit aus der Geometrie bekanntem ∆h.
g
r
M
1
ρ
S
b
∆h
S
a
2
Freischnitt
M
Lösung
1
Mit dem Freischnitt liefert der Schwerpunktsatz in tangentiale
Richtung und in normale Richtung
α
S
S
G
In Normalenrichtung taucht die Winkelgeschwindigkeit auf. Es ist typisch, dass diese aus dem
Energie- oder Energieerhaltungssatz bestimmt wird. Das entsprechende Ergebnis ist in der Aufgabenstellung vorweggenommen. Für die unbekannte Winkelbeschleunigung steht der Drehimpulssatz zur Verfügung. Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder die Formulierung um den
Schwerpunkt in der Position 2 oder um den festen Punkt M. Letzterer ist vorzuziehen, da die
Auflagekräfte kein Moment um den Punkt M aufweisen. Wir erhalten
so dass
Ausrechnung liefert
)
NA
m ρ2 ( 2∆h
=1+
−1 ,
mg
2 JM ρ cos α
)
NB
m ρ2 ( 2∆h
=
+1 .
mg
2 JM ρ cos α
Kontrolle:
Wir überprüfen dieses Ergebnis an Hand des Drehimpulssatzes um den Schwerpunkt S. Dieser
liefert
)
(
)(b
a
g ρ sin α
JS α̈ = NA − NB
sin α + cos α
mit α̈ = −
.
2
2
JM /m
Mit unserem Ergebnis für
NA − NB = m g
JM − m ρ 2
JS
= mg
JM
JM
und JM = JS + m ρ2
folgt nach Ausrechnung, dass
b
a
cot α −
2
2
gelten muss. Einen Zusammenhang, den wir bei unserer ersten Besprechnug des Beispiels aus
√
rein geometrischen Gründen bereits formuliert haben.
!
ρ=
165
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