MEDIZINREPORT STUDIEN IM FOKUS PERKUTANE KORONARINTERVENTION Sind die Medikamenten-Stents der dritten Generation effektiv und sicher? Die klinische Effektivität und Sicherheit von Permanent-PolymerDrug-Eluting Stents (DES) der dritten Generation zu untersuchen, war Stent. Ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen bestand nicht, womit der Nachweis der Nichtunterlegenheit des Zotaroli- den Stent (p = 0,34). Longitudinale Stent-Deformationen wurden lediglich bei 1 % der Fälle in der Patientengruppe mit Everolimus-freisetzenden Stents gesehen (p = 0,002), allerdings ohne Auftreten von Komplikationen. GRAFIK 10 Zotarolimus-freisetzende Stents Everolimus-freisetzende Stents 9 8 7 log-Rank p = 0,40 6 5 4 3 2 1 0 0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 Tage nach initialer Revaskularisierung Ziel einer Investigator-initiierten Multicenterstudie. In der Studie erhielten 1 811 nicht vorselektierte Patienten (2 371 Zielläsionen) mit Indikation für eine perkutane Koronarintervention (20 % STEMI-, 25 % Non-STEMI-Patienten) randomisiert entweder einen KobaltChrom-basierten Zotarolimus-freisetzenden Stent implantiert oder einen Platin-Chrom-basierten Everolimus-freisetzenden Stent. Primärer Endpunkt war das Therapieversagen im Zielgefäß (TVF, Target-Vessel-Failure) als kombinierter Endpunkt der Parameter kardialer Tod oder mit der Zielläsion assoziierter Myokardinfarkt (Sicherheitsendpunkt) sowie der Revaskularisation des Gefäßes nach 12 Monaten (Wirksamkeitsendpunkt). Ziel war der Nachweis der Nichtunterlegenheit des Zotarolimus-freisetzenden Stents (Nichtunterlegenheitsgrenze 3,6 %). Der primäre Endpunkt wurde von 6 % der Patienten, die den Zotarolimus-freisetzenden Stent erhielten, erreicht und von 5 % der Patienten mit dem Everolimus-freisetzenden A 456 300 330 360 mus-freisetzenden Stents dokumentiert wurde (absolute Risikodifferenz 0,88 %, 95-%-Konfidenzintervall [KI] –1,24–3,01 %, oberes Limit des einseitigen 95-%-KI 2,69 %, Nichtunterlegenheit p = 0,006). Zur Stent-Thrombose kam es bei 0,3 % der Patienten mit einem Zotarolimus- und 0,7 % der Patienten mit einem Everolimus-freisetzen- modifiziert nach: Lancet 2014; 383: 413–23 Kumulative Ereignisfrequenz (%) Therapieversagen im Zielgefäß (primärer Endpunkt der Studie) Fazit: Die Studie bestätigt eindrucksvoll den technologischen Fortschritt bei den beschichteten Koronarstents. Sie belegt eine hohe Erfolgsquote für beide geprüften DES bei zugleich erfreulich geringer Komplikationsrate. „Die ursprünglichen Bedenken gegen beschichtete Stents sind damit hinfällig geworden“, kommentiert Prof. Dr. med. Christian Hamm, Direktor der Abteilung für Kardiologie der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim das Studienergebnis. Christine Vetter Von Birgelen, et al.: Third-generation zotarolimus-eluting and everolimus-eluting stents in all-comer patients requiring a percutaneous coronary intervention (DUTCH PEERS): a randomized, single-blind, multicenter, non-inferiority trial, Lancet 2014; 383: 413–23. Die Studie wurde unterstützt von Boston Scientific. ERSATZ DER AUGENLINSE Hohes Maß an Brillenfreiheit mit Multifokal-IOL Nach Extraktion einer Katarakt ist es vor allem für körperlich und geistig fitte Patienten wichtig, Aktivitäten des Lebens ohne Brille bewältigen zu können. Multifokale Intraokularlinsen (IOL) sollen dies ermöglichen, doch hat dieser Linsentyp, der zwei unterschiedliche Foci auf die Netzhaut wirft, Nachteile wie verminderte Kontrastsehschärfe und die Wahrnehmung von Lichterscheinungen (Halos und Glare). Mit einer sogenannten asphä- rischen diffraktiven Optik hofft man, diese Effekte zu minimieren und gutes Fern- wie Nahsehen zu ermöglichen. Fünf klinische Zentren in verschiedenen europäischen Ländern haben die Ergebnisse von 52 Patienten (Durchschnittsalter 68,5 Jahre ± 10,5 Jahre, n = 35 weiblich) vorgelegt, denen ein sol® cher Kunstlinsentyp (Tecnis , Model ZMB00) beidseits implantiert wurde. Die Genauigkeit bei Erreichen der Zielrefraktion war exzelDeutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 11 | 14. März 2014 MEDIZINREPORT lent, 56 % lagen maximal eine Viertel Dioptrie von der Zielrefraktion – in aller Regel Emmetropie, also „Null Dioptrien“ für die Weitsicht – entfernt, 97 % lagen innerhalb einer Dioptrie. Ohne weitere Korrektur des Visus durch eine Brille hatte das Kollektiv im Durchschnitt eine Sehschärfe von 1,0 für die Ferne und ungefähr 0,75 für die Nähe. Die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit der Patienten lag bei 121,4 Wörtern pro Minute (± 30,8). Von einer Brille unabhängig waren 100 % der Patienten beim Sehen auf größere Distanzen und 88 % beim Lesen. Optische Komplikationen waren selten: bei 8 % Glare bei Nacht, zwei Patienten spürten diese abnorme Blendungsempfindlichkeit auch am Tag. Fazit: Mit multifokalen, asphärischen diffraktiven Intraokularlinsen lässt sich eine gute Sehschärfe im Nahund Fernbereich erzielen, sowohl unter photopischen (Tag) wie mesopischen (Dämmerung) Lichtverhältnissen. Die Häufigkeit von Glare war in dieser Studie deutlich seltener als bei multifokalen IOL ohne asphärische Optik. Dr. med. Ronald D. Gerste Schmickler S, et al.: Clinical evaluation of a multifocal aspheric diffractive intraocular lens. Br J Ophthalmol 2013; 97: 1560–4. NEOADJUVANTE THERAPIE DES MAMMAKARZINOMS Prädiktoren für das Langzeitüberleben evaluiert A 458 erreichter pCR verglichen. Auf Studienebene wurden die jeweiligen Therapiegruppen auf Korrelationen analysiert (n = 9 440). Die mediane Beobachtungszeit für das Überleben betrug 5,4 Jahre. Bei der Frage, welche Definition der pCR sich für die Vorhersage des Langzeitverlaufs am ehesten eignet, korrelierte eine komplette Response, definiert als Eradikation des Tumors aus Brust und Lymphknoten, deutlicher mit einem günstigen Langzeit- Assoziation zwischen Gesamtüberleben und pathologischem Ansprechen auf Patientenebene (12 Studien zur neoadjuvanten Brustkrebstherapie) 100 80 60 Hazard Ratio 0,36; (95-%-Konfidenzintervall 0,31–0,42) 40 komplettes pathologisches Ansprechen kein komplettes pathologisches Ansprechen 20 0 0 3 6 9 12 Jahre seit Randomisierung verlauf als die Definition ohne Berücksichtigung des Lymphknotenstatus (für ypT0ypN0 und ypT0/is ypN0: Hazard Ratio [HR] für das OS jeweils 0,36; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,30–0,44 und 0,31– 0,42; für ypT0/is: HR 0,51; 95-%-KI 0,45–0,58). Für die weiteren Analysen wurde daher die pCR-Definition 15 18 modifiziert nach: Lancet 2014; http://dx.doi.org/10.1016/S0140–6736(13)62422–8 GRAFIK Gesamtüberleben (%) Die Indikationen für neoadjuvante Behandlungen von Patientinnen mit Mammakarzinom haben sich in den letzten Jahren erweitert. Der histopathologische Befund eines kompletten Ansprechens (pCR) gilt als Prädiktor für einen anhaltend klinischen Nutzen. Allerdings gibt es unterschiedliche Definitionen des pCR, und die Vorhersagekraft für verschiedene Subtypen des Mammakarzinoms differiert. In der CTNeoBC-Studie ist untersucht worden, welche Definition der pCR am besten mit dem Langzeitverlauf korreliert und ob es Unterschiede für die Tumorsubtypen gibt. Basis der Analyse waren 12 klinische Studien, in denen randomisiert verschiedene, der Operation vorangehende Chemo- und Chemoimmuntherapien verglichen wurden und aus denen Daten zur pCR, dem ereignisfreien und dem Gesamtüberleben (EFS, OS) vorlagen. Die Definitionen der pCR jeweils nach neoadjuvanter Therapie waren ypT0ypN0: kein invasives und kein In-situ-Karzinom in Brust und Axilla, ypT0/is ypN0 entsprach ypT0ypN0, aber ohne Berücksichtigung eventuell noch vorhandener duktaler In-situ-Karzinome (DCIS), ypT0/is bedeutete kein invasives Karzinom, DCIS und Lymphknotenstatus bleiben unberücksichtigt. Die Daten von 11 955 Patientinnen wurden in eine „Responderanalyse“ einbezogen: Unabhängig von der Therapieform wurde der Langzeitverlauf bei erreichter und nicht ypT0/is ypN0 verwendet. Nach dieser Definition waren ein komplettes Ansprechen und ein günstiger Langzeitverlauf vor allem bei aggressiv wachsenden Subtypen miteinander assoziiert: bei Her2positiven, Hormonrezeptor-negativen Tumoren nach Trastuzumabtherapie betrug die HR für das OS 0,08 (95-%-KI 0,03–0,22), bei triple-negativen Karzinomen 0,16 (95-%-KI 0,11– 0,25) bei Hormonrezeptor-negativen 0,19 (95-%-KI 0,12–0,31). Auf Basis dieser Ergebnisse empfehlen die Autoren, bei der Definition der pCR den Lymphknotenstatus zu berücksichtigen, also ypT0ypN0 oder ypT0/is ypN0 zu verwenden. Auf Studienebene war die pCR kein Prädiktor für das Langzeitergebnis, möglicherweise wegen der Heterogenität der Tumorsubtypen in den verschiedenen Therapiearmen. Fazit: In einer Analyse gepoolter Daten von randomisierten Studien zur neoadjuvanten Behandlung von Brustkrebspatientinnen korrelierte ein komplettes pathologisches Ansprechen, unabhängig von der Art der Therapie, mit einem besseren Überleben: je aggressiver der Tumor, desto stärker diese Korrelation. Auf der Ebene von Studien, in denen Therapien verglichen wurden, erwies sich die pCR nicht als Surrogat-Endpunkt für das ereignisfreie oder das Gesamtüberleben. Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze Cortazar P, Zhang L, Untch M, et al.: Pathological complete response and longterm clinical benefit in breast cancer: the CTNeoBC pooled analysis. Lancet 2014; http://dx.doi.org/10.1016/S0140–6736 (13)62422–8 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 11 | 14. März 2014