Lernen: Themen der Vorlesung I II III Geschichte und Gegenstand der Lernpsychologie Habituation Klassisches Konditionieren I – Grundlegende Phänomene, Prinzipien, Anwendungsbeispiele IV Klassisches Konditionieren II – Komplexitäten und mathematische Erklärungsmodelle V Klassisches Konditionieren III – Evaluative Konditionierung VI Operante Konditionierung I – Grundlegende Phänomene, Prinzipien, Anwendungsbeispiele VII Operante Konditionierung II – Verstärkerpläne VIII Operante Konditionierung III – Vermeidung, Bestrafung, Löschung IX Operante Konditionierung IV – Theorien X Relation von operanter und klassischer Konditionierung XI Kausales Lernen Übersicht • Positive/negative Verstärkung/Bestrafung • Bestrafung • Vermeidung • Gelernte Hilflosigkeit Positive/negative Verstärkung/Bestrafung • Positive Verstärkung (positive reinforcement) – Kopplung von Verhalten mit dem Auftreten eines Stimulus erhöht dessen Auftrittswahrscheinlichkeit • Bestrafung (punishment) – Kopplung von Verhalten mit dem Auftreten eines Stimulus reduziert dessen Auftrittswahrscheinlichkeit • Negative Bestrafung (omission) – Kopplung von Verhalten mit dem Ausbleiben eines Stimulus reduziert dessen Auftrittswahrscheinlichkeit • Negative Verstärkung (negative reinforcement, avoidance/escape) – Kopplung von Verhalten mit dem Ausbleiben eines Stimulus erhöht dessen Auftrittswahrscheinlichkeit Abbildung 8.1: Ein 4-Felder-Schema, das jeweils zwei Arten von Verstärkung und Bestrafung darstellt. VERHALTEN Zunahme 1 Abnahme 2 Positive Verstärkung 3 Bestrafung (Typ I) 4 Negative Verstärkung (Vermeidung) Negative Bestrafung (Typ II) (Entzug) © James E. Mazur, Lernen und Gedächtnis, Pearson Studium Verlag 2004. Bestrafung • Positive Bestrafung – Kopplung von Verhalten mit aversiven Reizen • Negative Bestrafung – Entzug positiver Verstärker; Auszeit („time out“) • Effektivität von Bestrafung – Intensitäts- und Kontiguitätseffekte – Bestrafung ist parasitär zur Verstärkung – Generelle Verhaltensunterdrückung durch Bestrafung? • CER • Spezifische Unterdrückung bei verhaltenskontingenter Bestrafung – Fazit • Bestrafung ist sinnvoll zur schnellen Unterdrückung von Verhalten • Bestrafung sollte intensiv beginnen und unmittelbar erfolgen • Bestrafung sollte mit dem Aufbau eines alternativen (erwünschten) Verhaltens zur Erlangung des Verstärkers kombiniert werden Abbildung 8.4: Kumulative Aufzeichnungen während zweier Löschungssitzungen der beiden Rattengruppen in Skinners (1938) Experiment zur Bestrafung. Die obere Aufzeichnung bezieht sich auf die Gruppe, die eine normale Löschungsprozedur erhielt, die untere auf diejenige, deren Reaktionen während der ersten 10 Minuten der Löschung bestraft wurden. 200 150 100 50 Schläge Erster Tag 20 30 40 50 60 70 Zweiter Tag 80 90 100 110 10 20 30 40 50 60 Zeit in Minuten © James E. Mazur, Lernen und Gedächtnis, Pearson Studium Verlag 2004. 70 80 90 100 110 Vermeidung • Vermeidung im Alltag • Pathologisches Vermeidungsverhalten • Experimentelle Paradigmen des Vermeidungslernens – Flucht-/Vermeidungslernen mit Hinweisreizen (Solomon & Wynne, 1954) – Unangekündigtes Flucht-/Vermeidungslernen (freie operante Vermeidung, „Sidman“-Vermeidung) Abbildung 8.2: Vorgehensweise in einer Bedingung von Sidmans (1953) Vermeidungsaufgabe. (a) Wenn das Individuum nicht reagiert, wird alle 5 Sekunden ein Elektroschock verabreicht. (b) Jede Reaktion verschiebt den nächsten Schock um 30 Sekunden. a) Elektroschocks Reaktionen Zeit (Sekunden) 0 20 40 60 30 Sekunden b) 80 100 30 Sekunden Elektroschocks Reaktionen Zeit (Sekunden) 0 20 40 60 80 © James E. Mazur, Lernen und Gedächtnis, Pearson Studium Verlag 2004. 100 Theoretische Erklärungen von Vermeidung • Zwei-Faktoren-Theorie (Mowrer, 1947) – 1. Klassische Konditionierung von Furcht – 2. Furchtreduktion als Verstärker der Vermeidung – Vermeidung ist negative Verstärkung – Evidenz • Pro: Erwerb neuen Verhaltens um Furchtsignal zu beenden (Miller, 1948) • Pro: Suppressionseffekte des Furchtsignals (Kamin et al., 1963) • Contra: Vermeidung ohne CS (Herrnstein & Hineline, 1966) • Contra: Vermeidung ohne CR – Keine Zeichen von Furcht nach gut gelernter Vermeidung • Contra: Löschung von Furcht und Vermeidung – Keine Zyklen von Löschung und Wiederaufbau – Aber: Löschung nach Responseblockierung (Baum, 1970) Abbildung 8.3: Hypothetisches 100-Sekunden-Segment einer Sitzung in dem Experiment von Herrnstein und Hineline (1966). Jede Reaktion brachte eine Ratte von einem Plan, in dem nach einem 2-Sekunden-Intervall mit 30% Wahrscheinlichkeit ein Elektroschock erfolgte, vorübergehend in einen Plan mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% . Ein Versuchstier konnte durch Reagieren viele Elektroschocks vermeiden (offene Kreise), aber eine Reaktion bot keine Gewähr für eine festgelegte Zeitspanne ohne Elektroschocks. 30% -Plan 10% -Plan 1 Reaktionen Zeit (Sekunden) 0 20 2 3 40 60 4 Vermiedene Elektroschocks Erhaltene Elektroschocks 5 80 100 © James E. Mazur, Lernen und Gedächtnis, Pearson Studium Verlag 2004. Theoretische Erklärungen von Vermeidung • Ein-Faktor-Theorie („operante Vermeidung“) – Reduktion in der relativen Frequenz aversiver Ereignisse verstärkt Vermeidungsverhalten (Herrnstein & Hineline, 1966) – Nicht die reduzierte Kontingenz, sondern die „schock-freie Phase“ ist der effiziente Verstärker • Dissoziation von Verzögerung und Häufigkeit (Hineline, 1970) – Contra: • Löschungsresistenz • unabhängiger CS wirkt als Furchtsignal, verstärkt Vermeidungsverhalten Theoretische Erklärungen von Vermeidung • Kognitive Theorie (Seligman & Johnston, 1973) – Erklärung auf der Basis von Präferenzen, Erwartungen und Bestätigung/Widerlegung • • • • • P: Kein Schock ist besser als Schock E1: Wenn R, dann P(Schock) niedrig E2: Wenn nicht R, dann P(Schock) hoch Bestätigungen: R → ¬Schock, ¬R → Schock Widerlegungen: R → Schock, ¬R → ¬Schock – Löschungsresistenz (ja) – Löschung nach Responseblockierung (ja) – Aber: Keine Erklärung für CS-Furchteffekte Gelernte Hilflosigkeit • Beeinträchtigung des späteren Vermeidungslernens nach unkontrollierbaren negativen Reizen – Tierversuche (Overmier & Seligman, 1967) • Aversive Reize mit vs. ohne Flucht- bzw. Vermeidungsmöglichkeit – Yoked-control Design • Generalisierungseffekte – Übertragung auf andere Formen des Lernens (Hiroto & Seligman, 1975) • Hilflosigkeit als Modell der Depressionsentstehung – Kontrollverlust als Ursache eines globalen Motivationsdefizits Overmier & Seligman (1967) Seligman & Maier (1967) Hiroto & Seligman (1975) Literatur Mazur, J. E. (20066). Lernen und Verhalten (Kap. 8). München: Pearson Studium. Schwartz, B., Wasserman, E. A. & Robbins, S. J. (20025). Psychology of learning and behavior (Kap. 9).New York, Norton & Co.