Klinische Chemie und Hämatologie von Klaus Dörner, Thomas Deufel, Renate Dörner 1. Auflage Klinische Chemie und Hämatologie – Dörner / Deufel / Dörner schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thieme 2009 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 13 129717 4 Inhaltsverzeichnis: Klinische Chemie und Hämatologie – Dörner / Deufel / Dörner 7.4 Schilddrüse und Schilddrüsenhormone 231 werden Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor (TR-AK) gebildet und so wird die Schilddrüsenhormonbildung stimuliert. Als Autonomie bezeichnet man Zellkomplexe, die in der Schilddrüse autonom, also ohne Stimulus durch TSH Schilddrüsenhormone bilden. Diese Zellverbände können als isoliertes Adenom, multilokulär oder diffus auftreten. Hypothyreose. Eine Ursache eines Ausfalls der Schilddrüsenhormonbildung kann eine angeborene fehlende Schilddrüsenanlage sein. Erworbene primäre Hypothyreosen treten nach einer Entzündung (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis), nach Operation und Radiojodtherapie auf. Sekundäre Hypothyreosen werden durch einen Mangel an TSH (z. B. bei Tumoren von Hypophyse oder Hypothalamus) verursacht. Die häufigste Ursache beim Erwachsenen ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Dabei handelt es sich um eine chronische Entzündung der Schilddrüse mit Antikörperbildung gegen Schilddrüsengewebe (Antikörper gegen Thyroid-Peroxidase [TPO-AK] und gegen Thyreoglobulin [T-AK]). Euthyreote Struma. Eine Schilddrüsenvergrößerung wird als Struma bezeichnet. Bei der häufigsten Strumaform ist die Schilddrüsenfunktion normal (euthyreot). Ursachen sind Jodidmangel, was zur lokalen Aktivierung von Wachstumsfaktoren führt, sowie eine nicht adäquate Schilddrüsenhormonbildung, die zu einer verstärkten TSH-Ausschüttung und Hypertrophie der Thyreocyten führt. Die lokalen Wachstumsfaktoren wie EGF und IGF-I bewirken eine Hyperplasie der Thyreocyten. Die Folge ist eine Vergrößerung der Schilddrüse, die zu Beschwerden führen kann. Andererseits wird eine Knotenbildung begünstigt. 7.4.1 Thyroidea stimulierendes Hormon (TSH) Indikation 7 Diagnostik der primären Hypo- und Hyperthyreose 7 Diagnostik der sekundären Hypo- und Hyperthyreose unter Berücksichtigung von fT4 7 Kontrolle der Therapie einer Hypo- bzw. Hyperthyreose 7 Screening der Neugeborenenhypothyreose Untersuchungsmaterial und Präanalytik 7 Serum oder Plasma, bei Raumtemperatur 7 Tage, im Kühlschrank 3 (!) Tage haltbar 7 1 Bluttropfen (Screening der Neugeborenen) Bestimmungsmethoden E E 7 Immunometrische Verfahren (Enzym-, Fluoreszenz-, Lumineszenz- oder Radioimmunoassay) Die Sensitivität der neuen Verfahren ist sehr hoch; es können Konzentrationen bis zu 0,01 mU/l gemessen werden. Damit können eine manifeste und eine subklinische Hyperthyreose unterschieden werden (s. u.), sodass man auf den früher üblichen TRH-Test (s. S. 229) verzichten kann. Referenzwerte 7 0,4 – 2,5 mU/l, Graubereich: 2,51 – 4,0 mU/l 7 Neugeborene X 20 mU/l aus: Dörner u.a., Klinische Chemie und Hämatologie @ 2009 Georg Thieme Verlag KG 7 232 7 Hormone Diagnostische Bedeutung ! Bei TSH-Konzentrationen im Referenzbereich ohne Symptome einer Hyper- oder 7 Hypothyreose kann auf weitere Bestimmungen verzichtet werden. Erhöhte TSH-Konzentrationen finden sich bei der primären Hypothyreose oder dem sehr seltenen TSH-bildenden Hypophysenadenom bzw. der ebenfalls sehr seltenen Schilddrüsenhormonresistenz. Bei erhöhtem TSH sollte fT4 untersucht werden. Erniedrigte Konzentrationen finden sich bei primärer Hyperthyreose. Bei erniedrigtem TSH sollten zusätzlich fT4 und fT3 (5 – 10 % isolierte T3-Hyperthyreosen) untersucht werden. TSH-Konzentrationen X 0,05 mU/l weisen im Allgemeinen auf eine Hyperthyreose, Konzentrationen zwischen 0,05 und 0,4 mU/l auf eine subklinische Hyperthyreose hin. Auch bei der seltenen zentralen Hypothyreose kann TSH erniedrigt sein. Hier sind Klinik und niedrige periphere Schilddrüsenhormone wegweisend. TSH sollte zur Überwachung der Thyroxindosis bei der Behandlung einer primären Hypothyreose und einer suppressiven Behandlung von Schilddrüsenkrebs bestimmt werden. 7.4.2 Freies T4 (fT4) Indikation 7 Klärung der Schilddrüsenfunktion, wenn TSH außerhalb des Referenzbereiches liegt und wenn TSH und Klinik nicht übereinstimmen 7 Überwachung der Therapie einer Hyperthyreose bzw. T4-Substitution Untersuchungsmaterial und Präanalytik 7 Serum oder Plasma; im Kühlschrank 1 Woche haltbar Bestimmungsmethode E E 7 Enzym-, Chemilumineszenzimmunoassay Referenzwerte 7 fT4 8 – 19 ng/l Diagnostische Bedeutung Der größte Anteil des Serum-T4 ist an Protein gebunden, nur 0,03 % liegen in freier, biologisch aktiver Form vor. Die Bestimmung des fT4 ist der des Gesamt-T4 vorzuziehen, weil Veränderungen der Bindungsproteine, wie sie z. B. bei einer Östrogenbehandlung auftreten, keine Rolle spielen. ! Bei einer Hyperthyreose ist TSH supprimiert, fT4 erhöht (Morbus Basedow, T4-bildendes Schilddrüsenadenom) bei einer primären Hypothyreose sind TSH erhöht und fT4 erniedrigt, bei einer sekundären TSH und fT4 niedrig. Bei der sehr seltenen Schilddrüsenhormonresistenz und dem sehr seltenen TSH bildenden Hypophysenadenom sind T4 und TSH erhöht. aus: Dörner u.a., Klinische Chemie und Hämatologie @ 2009 Georg Thieme Verlag KG