DIe evolutIon zuM Menschen

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Die Evolution zum Menschen
Günter Ehret
1. Darwins Einsicht in die Abstammung des Menschen
Darwin (1809–1882) schrieb am Ende seines Buches über The Descent of Man, and
Selection in Relation to Sex: „Wir müssen, wie mir scheint, folgendes eingestehen:
Der Mensch mit all seinen edlen Eigenschaften, mit seinem Mitgefühl und seiner
Güte nicht nur anderen Menschen, sondern auch den niedersten Kreaturen gegenüber, mit seinem gottähnlichen Intellekt, mit dem er bis zur Bewegung und dem
Aufbau des Sonnensystems vorgedrungen ist – der Mensch mit all dieser herausgehobenen Macht trägt in seinem Körperbau doch unauslöschlich den Stempel seiner
niederen Herkunft“ (Darwin 1871, Übersetzung des Verfassers). Zu dieser Einsicht
gelangte Darwin allein durch die Anwendung der Beobachtungen und Erkenntnisse, die zu seiner Evolutionstheorie geführt haben, auf den Menschen. Fossile und
molekulargenetische Belege, die uns heute zur Rekonstruktion des menschlichen
Stammbaumes zur Verfügung stehen, kannte Darwin noch nicht. Sein Schluss über
die Abstammung des Menschen aus tierischen Vorfahren basierte auf dem Vergleich
von körperlichen und geistigen Merkmalen und Leistungen von Mensch und Tier
und auf der Anwendung sexueller Selektion, das heißt auf der Auslese der Geschlechtspartner nach ihren körperlichen Merkmalen und ihrem Verhalten. Die folgenden Ausführungen über die Evolution zum Menschen beziehen neueste Erkenntnisse in das Bild mit ein, dessen evolutiven Rahmen allerdings Darwin
bereits vorgezeichnet hatte. Wo kommen wir her? Auf diese Frage können wir heute
eine eindeutige, wissenschaftlich fundierte Antwort geben. Diese Antwort beschreibt die Tatsache der Evolution zum Menschen, ohne dass wir den Anspruch
haben, den genauen, tatsächlichen Ablauf der Evolution zu kennen. Natürliche
Evolution ist ein in die Zukunft gerichteter Prozess, der an den Organismen angreift, die zu dem jeweilig betrachteten Zeitpunkt existiert haben und existieren. Evolutionsmechanismen führen zu einer Merkmalsvielfalt unter den Individuen einer Fortpflanzungsgemeinschaft (Population) und prüfen die Anpassung von Individuen mit bestimmten Merkmalskombinationen an ihre belebte und unbelebte
Umwelt. Je nachdem wie diese Prüfung ausfällt, ergibt sich eine Verbesserung oder
Verschlechterung der Überlebenschancen bestimmter Individuen, so dass sich, über
lange Zeitmaßstäbe gerechnet, die Individuen mit den am besten an die Umweltbedingungen angepassten Merkmalen in einer gegebenen Population durchsetzen. Da
wir für keinen existierenden Organismus die genauen Umweltbedingungen und deren Veränderungen weder zu einem beliebigen Zeitpunkt seiner Vergangenheit genau kennen noch für seine Zukunft vorhersagen können, werden die Details der
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Evolution zum Menschen und die weitere Evolution des heutigen Menschen immer
Hypothesen bleiben. Die Theorie jedoch, welche die Evolution zum Menschen aus
Vorgängerorganismen beschreibt, ist durch die Summe wissenschaftlich nachprüfbarer Fakten so gut abgesichert, dass wir die Tatsache der Evolution zum Menschen
klar vor Augen haben. 2. Belege für die Evolution zum Menschen
2.1. Genetische Verwandtschaften
Die Frage, wo kommen wir her, lässt sich nur beantworten, wenn klar ist, was mit
wir gemeint ist. Wir, die heute lebenden Menschen, sind durch unsere Gene definiert, aus deren Funktionen in der Individualentwicklung und durch weitere Umwelteinwirkungen die physiologischen und strukturellen Eigenschaften unseres
Körpers und die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns mit all seinen Auswirkungen
hervorgehen. Vergleiche zwischen Menschen und Menschenaffen zeigen, dass die
genetische Distanz von uns zu den Schimpansen kleiner ist als zu allen anderen
Menschenaffen. Da die genetische Distanz zwischen Gorillas oder Orang-Utans
und uns in etwa der Distanz dieser Menschenaffen zu den Schimpansen entspricht,
sind eindeutig die Schimpansen unsere nächsten Verwandten. Das heißt jedoch
nicht, dass wir von den Schimpansen abstammen, sondern nur, dass wir und die
Schimpansen aus gemeinsamen Vorfahren hervorgegangen sind. Aus dem Vergleich von genetischen Distanzen zwischen heute lebenden Arten und der Datierung von Fossilien, die auf gemeinsame Vorfahren hinweisen, lässt sich berechnen,
wann sich die Evolutionslinien zum heutigen Schimpansen und heutigen Menschen
getrennt haben. Dies geschah vor etwa 6 Millionen Jahren. Weitere gentische Analysen der gegenwärtigen Weltbevölkerung, vor allem der
genetischen Verwandtschaft, die sich aus den Genen der Mitochondrien ergibt (z. B. Olson 2003), haben gezeigt, dass der moderne Mensch (Homo sapiens) vor etwa
200.000 Jahren in Afrika entstand und sich vor etwa 60.000 Jahren aus einer relativ
kleinen Population heraus von Ostafrika nach Asien und von dort nach Amerika
bzw. nach Europa ausgebreitet hat. In Europa hat der moderne Mensch den Neanderthaler (Homo neanderthalensis) verdrängt bzw. ersetzt, in Asien den Homo erectus. Gene, die aus fossilen Knochen des Neanderthalers isoliert werden konnten,
haben im Vergleich zu denen von Homo sapiens gezeigt, dass beide Menschenlinien vor etwa 400.000–700.000 Jahren begannen, sich aus gemeinsamen Vorfahren
getrennt weiter zu entwickeln. Zusammengefasst geben die genetischen Daten aus
Fossilien und heute existierenden Populationen Auskunft ungefähr über die letzten
400.000 Jahre unserer Evolution, die vor etwa 6 Millionen Jahren begonnen hatte. Für die Zeit dazwischen gibt es keine direkten genetischen Messwerte. Daher muss
hier die Evolution aus Strukturmerkmalen von Fossilien rekonstruiert werden.
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wir das differenzierteste Kommunikationssystem besitzen, das die Evolution hervorgebracht hat.
Unter der Annahme, dass der Neanderthaler noch keine differenzierte Sprachfähigkeit besaß, wäre die Entwicklung anatomischer Merkmale des Gesichtsschädels und des Rachens, welche für die menschliche Sprachfähigkeit notwendig sind,
der letzte Evolutionsschritt zum modernen Menschen. Es ist leicht vorstellbar, dass
Populationen mit einer hoch entwickelten Symbolsprache Selektionsvorteile gegenüber anderen, weniger weit entwickelten Populationen hatten. Die akustisch
übermittelte Sprache ist der Schlüssel zur Übertragung großer Informationsmengen
zwischen Individuen einer Gruppe unabhängig von der Tageszeit (eine Gebärdensprache wäre bei Dunkelheit unbrauchbar) und zwar nicht nur über konkrete Dinge
und Handlungen aus der Gegenwart sondern auch über Ereignisse aus der Vergangenheit und Planungen und Hoffnungen für die Zukunft. Mit der biologischen Evolution zur Sprachfähigkeit konnte der moderne
Mensch das enge Korsett seiner bis dahin biologisch bestimmten Evolution sprengen. Vorteilhafte Verhaltensweisen bestimmter Mitglieder einer Population benötigten jetzt nicht mehr viele Generationen an Mutationen, Gendrift und Selektion,
um sich in dem Genpool der Population biologisch zu manifestieren. Mit Hilfe der
Sprache war und ist es möglich, positive wie negative individuelle Erfahrungen und
vorteilhafte Verhaltensweisen höchst effektiv und unmittelbar an andere Gruppenmitglieder und damit auch an die nächsten Generationen (Kinder, Enkel) weiter zu
geben. Über die Rückwirkungen dieser über die biologische Evolution hinausgehende sprachgetragene Kulturevolution auf unsere Biologie darf spekuliert werden.
Literaturverzeichnis
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