Mathematik 1 im Studiengang Technik-Management (Bachelor) Prof. Dr. Stefan Etschberger Hochschule Weingarten Sommersemester 2008 Vorlesungsbegleitende Unterlagen Arbeitsmaterial: ◮ Foliensatz ◮ Aufgabenskript ◮ Unterlagen jeweils vor der Vorlesung online ◮ Bücher: Luderer, B. (2001): Einstieg in die Wirtschaftsmathematik, Teubner, Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden, 4. Auflage. Opitz, O. (2004): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, Oldenbourg, München, 9. Auflage. Papula, L. (1994): Mathematische Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Vieweg, Braunschweig, Wiesbaden, 4. Auflage. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 2 Team, Themenaufteilung und Prüfung Team ◮ Prof. Dr. Paczinsky: Analysis ◮ Prof. Dr. Etschberger: Rest Klausur: ◮ Klausur am Ende des Semesters ◮ Teil Etschberger: Bearbeitungszeit: 60 Minuten, erreichbare Punktzahl: 50 ◮ Hilfsmittel: Schreibzeug, nicht-programmierbarer Taschenrechner, ein Blatt (DIN-A4, vorne und hinten beschrieben) mit handgeschriebenen Notizen (keine Kopien oder Ausdrucke) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 3 Probleme, ... ...die Sie nach dem Kurs lösen können: ◮ Sich widersprechende Politiker entlarven, ◮ Bedarf an Einzelteilen in Produktionsprozessen bestimmen, ◮ die Käuferfluktuation zwischen verschiedenen Produkten im Zeitablauf analysieren, ◮ die Nachfragereaktion von Kaffee auf Preisänderungen bestimmen ◮ Ströme und Spannungen in linearen Schaltungen mithilfe komplexer Zahlen berechnen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 6 Schon bekannt? Begriff Nie gehört Gehört Kann ich erklären Nenner Reelle Zahlen Assoziativgesetz Logarithmus Diskriminante Fundamentalsatz der Algebra Konjunktion Kartesisches Produkt Geometrische Reihe Regel von Cramer Eigenwerte Taylorreihen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 7 Sommersemester 2008 8 1. Grundlegendes Übersicht 1 Grundlegendes Zahlbereiche Geraden und Vektoren Potenzen und Wurzeln Logarithmen Indizierung und Summen 2 Aussagenlogik 3 Mengen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme 7 Komplexe Zahlen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 2. Aussagenlogik Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik Lernziele Einführung Aussagenverknüpfungen Argumentationstechniken 3 Mengen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme 7 Komplexe Zahlen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 2. Aussagenlogik Sommersemester 2008 9 2.1. Lernziele Warum beschäftigen wir uns mit der Aussagenlogik? ◮ zahlreiche Aussagen“ aus der Vorlesung erforden grundlegendes ” Verständnis der Aussagenlogik ◮ Grundlage der mathematischen Beweisführung ◮ Hilfreich zum Erlernen von Programmiersprachen Wesentliche Lernziele ◮ Kenntniss der relevanten Begriffe wie Definition, Axiom, Satz und Beweis ◮ Verständnis der wesentlichen aussagenlogischen Operatoren ◮ Auswertung logischer Aussagen hinsichtlich der Eigenschaften wahr“ oder falsch“ ” ” Beherrschung grundlegender Beweistechniken wie dem direkten und indirekten Beweis sowie der vollständigen Induktion ◮ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 10 2. Aussagenlogik 2.2. Einführung Beispiel Aussagen eines Politikers zur Wahl ◮ Die Vollbeschäftigung wird erhalten oder die Steuern dürfen nicht erhöht werden. ◮ Wenn sich Politiker um die Bevölkerung kümmern, müssen die Steuern angehoben werden. ◮ Die Politiker kümmern sich um die Bevölkerung oder die Vollbeschäftigung kann nicht erhalten werden. ◮ Es stimmt nicht, dass die Erhaltung der Vollbeschäftigung eine Steuererhöhung zur Folge haben muss. Hat sich der Politiker widersprochen? Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 2. Aussagenlogik Sommersemester 2008 11 2.2. Einführung Begriffe ◮ Axiom: Grundsachverhalt als Ausgangspunkt, wird nicht bewiesen ◮ Definition: Sachverhalt, wird durch neuen Begriff beschrieben, bezieht sich auf ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ bereits Definiertes oder auf Axiome Aussage (math. Satz): Formulierung auf Basis bisherigen Wissens, wird als wahr oder falsch identifiziert. Aussagenverknüpfungen: Negation (A), Konjunktion (A ∧ B), Disjunktion (A ∨ B), Implikation (A ⇒ B), Äquivalenz (A ⇔ B) Tautologie: Verknüpfte, stets wahre Aussage Kontradiktion: Verknüpfte, stets falsche Aussage Allaussage: ^ A(1) ∧ A(2) . . . = A(x) (für x = 1, 2, . . .) = ∀ x : A(x) x ◮ Existenzaussage: A(1) ∨ A(2) . . . = _ A(x) (für x = 1, 2, . . .) x Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 = ∃ x : A(x) Sommersemester 2008 12 2. Aussagenlogik 2.3. Aussagenverknüpfungen Aussagenverknüpfungen Wahrheitswerte aller möglichen Verknüpfungen der Aussagen A und B A B w w w f f w f f 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) w f w w w f w f f f w f f f w f w w f w f w f f f w w f w f w f w w f f w f f w f w w f f w w w f f f w w f w w Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 2. Aussagenlogik Verknüpfung ist stets wahr Verknüpfung ist stets falsch Disjunktion A ∨ B Implikation B ⇒ A Implikation A ⇒ B Negierte Konjunktion A ∧ B Konjunktion A ∧ B Negierte Implikation A ⇒ B Negierte Implikation B ⇒ A Negierte Disjunktion A ∨ B Äquivalenz A ⇐⇒ B Negierte Äquivalenz A ⇐⇒ B Negation B Negation A Sommersemester 2008 13 2.3. Aussagenverknüpfungen Beispiel Gegeben sind Aussagen über den Marktanteil eines weltweit vertriebenen Markterzeugnisses P in zwei Handelszonen: A: Das Produkt P hat in der Europäischen Union (EU) einen ” Marktanteil von mehr als 25 %“ B: Das Produkt P hat in Nordamerika (NA) einen Marktanteil von ” mehr als 25 %“ Abgeleitete Aussagen: ◮ ◮ ◮ ◮ A: Der Marktanteil von P in der EU beträgt höchstens 25%. A ∧ B: Der Marktanteil von P beträgt in der EU und in NA mehr als 25%. A ∨ B: Der Marktanteil von P beträgt in der EU oder in NA mehr als 25%. A ⇒ B: Wenn der Marktanteil von P in der EU mehr als 25% beträgt, so liegt er auch in NA über 25 %. ◮ A ⇔ B: der Marktanteil von P in der EU beträgt genau dann mehr als 25%, wenn er auch in NA über 25 % liegt. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 14 2. Aussagenlogik 2.3. Aussagenverknüpfungen Beispiel Ausgangspunkt: Aussage A mit A: Der Gewinn einer Unternehmung ist gleich dem Umsatz ” abzüglich der Kosten.“ Daraus abgeleitet: A1 : Die Kosten wachsen. A2 : Der Umsatz wächst. A3 : Der Gewinn wächst. Dann ist die folgende Implikation wahr: ◮ A1 ∧ A2 ⇒ A3 : Wenn der Umsatz bei nicht steigenden Kosten ” wächst, so wächst auch der Gewinn.“ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 2. Aussagenlogik Sommersemester 2008 15 2.4. Argumentationstechniken Argumentationstechniken ◮ Direkter Beweis einer Implikation A ⇒ B (analog Äquivalenz A ⇔ B): A ⇒ C1 ⇒ C2 ⇒ . . . ⇒ B ◮ Beweis von A 6⇒ B durch Gegenbeispiel ◮ Beweisprinzip der vollständigen Induktion für Allaussagen - Induktionsanfang: Beweis der Aussage für kleinstmöglichen Wert von n (oft n = 0 oder n = 1 ) - Induktionsvoraussetzung: Annahme, dass die Aussage für n wahr ist - Induktionsschluss: Beweis (unter Ausnutzung der Induktionsvoraussetzung), dass die Aussage auch für n + 1 gültig ist ◮ Beispiel (vollst. Induktion): A(n) = n P i=1 - Ind.-Anfang: n = 1 : 1 P i=1 = i=1 - Ind.-Schluss: n n+1 P P i + (n + 1) = i= i=1 i=1 Etschberger (HS Weingarten) i= n(n+1) 2 1·2 2 ;n ∈ N =1 Ind.-Vor. n(n+1) 2 + (n + 1) = Mathematik 1 n(n+1)+2(n+1) 2 = (n+1)(n+2) 2 Sommersemester 2008 16 2. Aussagenlogik 2.4. Argumentationstechniken Beispiel: Beweis durch Gegenbeispiel ◮ Ausgangspunkt: Die ökonomische Gleichung Gewinn ◮ = Umsatz − Kosten Daraus: A: Für zwei Produkte stimmen Umsätze und Kosten überein B: Für zwei Produkte sind die Gewinne gleich ◮ Damit gilt: A ⇒ B , andererseits aber B 6⇒ A . Gegenbeispiel zur Bestätigung von B 6⇒ A: ◮ Für zwei Produkte gegeben: - Umsätze u1 = 2, u2 = 5 - Kosten c1 = 1, c2 = 4 ◮ Dann ist g1 = u1 − c1 = 2 − 1 c1 6= c2 . Etschberger (HS Weingarten) =1= u2 − c2 = 5 − 4 = g2 , aber u1 6= u2 , Mathematik 1 Sommersemester 2008 17 Sommersemester 2008 18 3. Mengen Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik 3 Mengen Lernziele Einführung Beziehungen zwischen Mengen Kombinatorik Relationen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme 7 Komplexe Zahlen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 3. Mengen 3.1. Lernziele Warum beschäftigen wir uns mit Mengen? ◮ Mengen sind natürliche Betrachtungsgegenstände in den Wirtschaftswissenschaften: - Kundensegmente Produktgruppen Handlungsalternativen etc. ◮ Mengen erlauben die effiziente Gruppierung von Objekten sowie die Repräsentation ihrer Eigenschaften und Beziehungen ◮ mengenorientierte Schreibweisen bilden die Grundlage der Darstellung zahlreicher mathematischer Methoden wie z.B. im Operations Research oder in Methoden der Marktforschung Wesentliche Lernziele ◮ Verstehen des Begriffs Menge ◮ Fähigkeit Mengen darzustellen und Operationen mit ihnen durchzuführen ◮ Beherrschen der grundlegenden kombinatorischen Methoden, die Elemente einer Menge anzuordnen bzw. eine Teilmenge davon auszuwählen ◮ Fähigkeit Beziehungen zwischen Mengenelementen darstellen zu können Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 3. Mengen Sommersemester 2008 19 3.2. Einführung Paradoxa Antinomie von Betrand Russell (1872 - 1970) ◮ Der Barbier eines Dorfes rasiert genau alle ” Männer eines Dorfes, die sich nicht selber rasieren“ oder: ◮ ◮ ◮ ◮ Der einzige Postbote am Ort hat den Auftrag, ” all denen die Post zu bringen, die sie nicht selbst auf dem Postamt abholen.“ ” Alle Kreter lügen. Ein Kreter sagt: Ich lüge.“ Der nächste Satz ist falsch. Der vorangehende ” Satz ist richtig.“ Am 23.9.2005 spricht ein Student den Satz: ” Heute ist jede Aussage von mir falsch.“ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 20 3. Mengen 3.2. Einführung Grundbegriffe ◮ Menge A: Gesamtheit betimmter unterscheidbarer Objekte (Elemente) ◮ Es kann immer entschieden werden: a∈A a∈ /A oder ◮ Mengendefinition durch Aufzählen (A = {a, b, c, . . .}) ◮ oder Beschreibung der Elemente; zum Beispiel B = {b : b ∈ N ∧ 0 < b < 10} ◮ Veranschaulichung durch John Venn B Venn-Diagramme: C A ◮ Mächtigkeit einer Menge: Anzahl der Elemente einer Menge; Symbol: |A| ◮ Leere Menge: enthält keine Elemente; Symbole: ∅ = {} Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 3. Mengen Sommersemester 2008 21 3.3. Beziehungen zwischen Mengen Relationen und Operationen zwischen Mengen Mengenrelationen ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ Gleichheit: A = B ⇔ (a ∈ A ⇔ a ∈ B) Teilmenge: A ⊂ B ⇔ (a ∈ A ⇒ a ∈ B) Echte Teilmenge: A $ B ⇔ (A ⊂ B ∧ A 6= B) Potenzmenge P(A): Menge aller Teilmengen von A Bemerkung: ∅ ist Teilmenge jeder Menge Mengenoperationen ◮ ◮ ◮ ◮ Durchschnittsmenge: A ∩ B = {a : a ∈ A ∧ a ∈ B} Vereinigungssmenge: A ∪ B = {a : a ∈ A ∨ a ∈ B} Differenzmenge: A\B = {a : a ∈ A ∧ a ∈ / B} Komplementärmenge (Voraussetzung A ⊂ B): AB = {a : a ∈ B ∧ a ∈ / A} Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 22 3. Mengen 3.4. Kombinatorik Kombinatorik: Anzahl von Kombinationen bei Auswahl (1,1) (2,1) (3,1) (4,1) (5,1) (6,1) 2-mal Würfeln, das heißt Auswahl von k = 2 aus n = 6 Zahlen. (1,2) (2,2) (3,2) (4,2) (5,2) (6,2) (1,3) (2,3) (3,3) (4,3) (5,3) (6,3) (1,4) (2,4) (3,4) (4,4) (5,4) (6,4) Auswahl von k aus n Dingen mit Wiederholung ohne Wiederholung nk n! (n − k)! n k mit Reihenfolge ohne Reihenfolge n+k−1 k Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 3. Mengen (1,5) (1,6) (2,5) (2,6) (3,5) (3,6) (4,5) (4,6) (5,5) (5,6) (6,5) (6,6) ◮ mit WH, mit RF: alle Möglichkeiten, 62 = 36 ◮ ohne WH, mit RF: Diagonale entfällt, 36 − 6 = 30 = 6! 6·5= (6 − 2)! ◮ ohne WH, ohne RF: Hälfte des letzten Ergebnisses 30 6! 6 = 15 = = 2 2 4!2! ◮ mit WH, ohne RF: letztes Ergebnis plus Diagonale, 7 15 + 6 = 21 = 2 Sommersemester 2008 23 3.5. Relationen Relationen und Abbildungen ◮ Ausgangspunkt: Mengen A, B ◮ Daraus: Kombination von zwei Elementen (mit Reihenfolge): (a, b) mit a ∈ A und b ∈ B ◮ Sprechweise für (a, b): Geordnetes Paar, Tupel ◮ Menge aller geordneten Paare von A und B (auch: kartesisches Produkt) A × B = {(a, b) : a ∈ A ∧ b ∈ B} Rene Descartes (1596 – 1650) ◮ R ⊂ A × B heißt (binäre) Relation von A in B ◮ Abbildung von A in B: Eine Vorschrift f, die jedem a ∈ A genau ein b ∈ B zuordnet f:A→B Etschberger (HS Weingarten) oder a ∈ A 7→ f(a) = b ∈ B Mathematik 1 Sommersemester 2008 24 3. Mengen 3.5. Relationen Beispiel: Relationen und AbbildungenOpitz, Bsp. 3.54 ◮ A = {a1 , a2 , a3 , a4 , a5 , a6 } ist Menge von Tätigkeiten, ◮ die von einer Menge B = {b1 , b2 , b3 , b4 } von Angestellten zu erledigen sind. Gegeben: Zuordnungsvorschriften ai f1 (ai ) f2 (ai ) f3 (ai ) f4 (ai ) a1 a2 a3 b1 b1 b1 b1 b2 b1 b3 b2 b2 b1 b2 a4 a5 a6 b2 , b3 b1 b2 b3 b3 b1 b3 b4 b4 b1 b4 Welches fi ist eine Funktion? Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 3. Mengen Sommersemester 2008 25 3.5. Relationen Eigenschaften von Relationen/Funktionen Eigenschaften von Funktionen Eine Funktion f : D → W mit D ⊂ Rn und W ⊂ R heißt: ◮ ◮ ◮ surjektiv, wenn zu jedem y ∈ W ein x ∈ D mit f(x) = y existiert, injektiv, wenn für alle x, x̃ ∈ D gilt x 6= x̃ ⇒ f(x) 6= f(x̃), bijektiv, wenn f surjektiv und injektiv ist. Komposition von Relationen/Funktionen ◮ ◮ Voraussetzung: Funktionen f : Df → R und g : Dg → R mit Df ⊂ Rn und f(Df ) ⊂ Dg ⊂ R Zusammengesetzte Funktion: g ◦ f : Df → R: Zuordnung des Werts (g ◦ f)(x) = g (f(x)) für alle x ∈ Df Inverse Funktion / Umkehrfunktion ◮ ◮ Voraussetzung: bijektive Funktion f : D → W mit D, W ⊂ R Inverse Funktion: f−1 : W → D, y 7→ f−1 (y), wobei y für alle x ∈ D mit y = f(x) zugeordnet wird Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 26 4. Folgen und Reihen Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik 3 Mengen 4 Folgen und Reihen Lernziele Folgen: Definition und Eigenschaften Folgen Grenzwert Reihen und ihre Konvergenz 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme 7 Komplexe Zahlen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 4. Folgen und Reihen Sommersemester 2008 27 4.1. Lernziele Warum beschäftigen wir uns mit Folgen und Reihen? ◮ Analyse von Datensequenzen, insbesondere Modellierung diskreter, zeitlicher Entwicklungen (z.B. von Aktienkursen, Absatzmengen) ◮ Grundlage der Finanzmathematik (z.B. Zinseszinsrechnung, Tilgungsrechnung) ◮ wesentlich zum Verständnis der Konzepte der Stetigkeit und Differenzierbarkeit Wesentliche Lernziele: ◮ Verständnis der Begriffe Folgen und Reihen ◮ Fähigkeit Folgen und Reihen nach ihrer Art zu klassifizieren ◮ Kennenlernen typischer, insbesondere der Grenzwerteigenschaften von Folgen und Reihen ◮ Fähigkeit, diese Eigenschaften zu erkennen und nachzuweisen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 28 4. Folgen und Reihen 4.3. Folgen Definition und Eigenschaften Definition ◮ Eine Folge ist eine Abbildung a : N0 → R ◮ Schreibweise für Folgenglieder: a(0), a(1), . . . oder a0 , a1 , . . . ◮ Schreibweise für Folge: (an )n∈N 0 (an ) oder Leonardo von Pisa (ca. 1180 – 1250) Eigenschaften von Folgen: Eine Folge heißt ◮ endlich (unendlich), falls Anzahl der Folgenglieder endlich (unendlich) ist ◮ gesetzmäßig gebildet, falls Folgenglieder einem Bildungsgesetz folgen, zum Beispiel: an = 1 n+1 ◮ rekursiv definiert, falls zur Berechnung eines Folgengliedes frühere Werte nötig sind Beispiel: a0 = 0; a1 = 1 und an = an−1 + an−2 für n > 1 (Fibonacci-Folge) Spezielle Folgen ◮ Arithmetische Folge: (an ) : an+1 − an = d ∀n ∈ N0 mit d ∈ R an+1 ◮ Geometrische Folge: (an ) : =q ∀n ∈ N0 mit q ∈ R an Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 4. Folgen und Reihen Sommersemester 2008 29 4.3. Folgen Geometrische Folge: Beispiel Schachspiel ◮ Sissa ibn Dahir, der Erfinder des Schachspieles, darf sich vom indischen König Shihram eine Belohnung wünschen. ◮ Sein Wunsch: So viele Weizenkörner, wie man auf ein Schachbrett legen kann, wenn 1 . Feld 2 . Feld 3 . Feld 4 . Feld : : : : n. Feld : Etschberger (HS Weingarten) a0 a1 a2 a3 =1 =2 =4 =8 .. . an−1 = 2 · an−2 Mathematik 1 Korn Körner Körner Körner Körner Sommersemester 2008 30 4. Folgen und Reihen 4.4. Grenzwert Grenzwert ◮ Fragen: Bleiben Folgenglieder ab einem gewissen n in einen kleinen Bereich um einen festen Wert? ◮ Und: Kann man diesen Bereich beliebig verkleinern? ◮ Definition: a ∈ R heißt Grenzwert oder Limes von (an ) ∀ ε > 0 ∃ n(ε) ◮ ⇔ |an − a| < ε ∀ n > n(ε) mit Schreibweise für Grenzwert: lim an = a n→∞ ◮ Existiert dieser Grenzwert, heißt die Folge konvergent ◮ Ist der Grenzwert a = 0, heißt die Folge Nullfolge ◮ Existiert kein Grenzwert, heißt die Folge divergent Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 4. Folgen und Reihen Sommersemester 2008 31 4.4. Grenzwert Beispiel zur Definition des Grenzwerts ◮ ◮ n Gegeben: an = n+1 Vermutung: lim an = a = 1 n→∞ ◮ Beweis: Wenn a = 1, dann folgt n |an − a| = n+1 − 1 < ε n−n−1 1 <ε ⇔ n+1 = n+1 ⇔ ⇔ ◮ ◮ 1 ε <n+1 1 ε −1 < n Also: Für jedes ε findet man ein n(ε), so dass die Grenzwertbedingung stimmt Zum Beispiel: Wähle 1 − 1 = 100 − 1 = 99 ε = 0,01 ⇒ n > ε1 − 1 = 0,01 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 32 4. Folgen und Reihen 4.4. Grenzwert Rechenregeln für Grenzwerte Gegeben: ◮ und lim (bn ) = b lim (an ) = a n→∞ n→∞ ◮ kurz: (an ) → a (bn ) → b und Dann gilt: ◮ ◮ ◮ an a ◮ bn → b c ◮ (ac n) → a ◮ (can ) → ca (an + bn ) → a + b (an − bn ) → a − b (an · bn ) → a · b Etschberger (HS Weingarten) (b 6= 0) (an > 0, a > 0, c ∈ R) (c > 0) Mathematik 1 4. Folgen und Reihen Sommersemester 2008 33 4.5. Reihen und Konvergenz Definition der Reihe ◮ Gegeben: (an ) unendliche Folge in R ◮ Dann heißt (sn ) mit sn = a0 + a1 + . . . + an = n X n ∈ N0 ai i=0 eine unendliche Reihe. ◮ sn heißt n-te Partialsumme ◮ Klar ist: Reihen sind spezielle Folgen Beispiel: ◮ (an ) geometrische Folge → (sn ) geometrische Reihe n X an+1 ◮ sn = =q ai ; mit a n i=0 ◮ Offensichtlich gilt: an = an−1 q = an−2 q2 = . . . = a0 qn n X 1 − qn+1 ⇒ sn = a0 q = a0 (1 + q + q + . . . + q ) = a0 1−q i=0 Etschberger (HS Weingarten) i 2 Mathematik 1 n Sommersemester 2008 34 4. Folgen und Reihen 4.5. Reihen und Konvergenz Geometrische Reihe: Beispiel Schachspiel ◮ Summe aller Körner auf Schachbrett: 63 X sn = i=0 ◮ 1 − q64 1 − 264 ai = a0 =1· ≈ 1,84467 · 1019 1−q 1−2 Das bedeutet: ∧ ∧ −→ −→ −→ 1 Güterwagon = 50 t Weizen −→ 1,8 · 1017 g 1,8 · 1014 kg 1,8 · 1011 t = 180 Mrd. t −→ −→ −→ 100 Körner = 1 g Weizen 3,6 Mrd. Güterwagons 36 Mrd. m langer Eisenbahnzug 36 Mill. km 100-fache Entfernung zwischen Erde und Mond Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 4. Folgen und Reihen Sommersemester 2008 35 4.5. Reihen und Konvergenz Konvergenzkriterien für Reihen Gegeben: ai Folge, sn = n X ai i=1 Divergenzkriterium ◮ Ist sn konvergent ⇒ ◮ Also äquivalent dazu: ai ist Nullfolge ai ist keine Nullfolge ⇒ sn divergent Quotientenkriterium ak+1 <1 lim k→∞ ak ⇒ ak+1 >1 lim k→∞ ak sn konvergent ⇒ sn divergent k+1 ◮ Bemerkung: Für lim aa = 1 ist im Allgemeinen keine Aussage möglich k k→∞ ◮ Spezialfall geometrische Reihe: a ⇒ k+1 = q ak Etschberger (HS Weingarten) ⇒ ak+1 =q lim k→∞ ak Mathematik 1 ⇒ q<1 q>1 ⇒ ⇒ sn konvergent sn divergent Sommersemester 2008 36 5. Lineare Algebra Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik 3 Mengen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra Lernziele Matrizen und Vektoren Matrixalgebra Punktmengen im Rn Lineare Gleichungssysteme Inverse Matrizen 6 Lineare Programme 7 Zahlen Etschberger Komplexe (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 37 5.1. Lernziele Warum beschäftigen wir uns mit linearer Algebra? ◮ Quantitative tabellarische Daten (Excel) sind aus betriebs- und volkswirtschaftlichen Fragestellungen nicht wegzudenken ◮ Methoden der Matrizenrechnung erleichtern beziehungsweise ermöglichen die Analyse solcher Daten Wesentliche Lernziele ◮ Kennenlernen der Eigenschaften von Matrizen ◮ Beherrschen elementarer Matrixoperationen ◮ Fähigkeit, lineare Gleichungssysteme aufzustellen, zu lösen und diese Lösung darzustellen ◮ Beherrschen des Invertierens spezieller Matrizen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 38 5. Lineare Algebra 5.2. Matrizen und Vektoren Einführung Beispiel 1 ◮ Eine Unternehmung stellt mit Hilfe der Produktionsfaktoren F1 , F2 , F3 zwei Produkte P1 , P2 her. ◮ Zur Produktion für jede Mengeneinheit von Pj (j = 1, 2) werden aij Mengeneinheiten von Fi (i = 1, 2, 3) verbraucht. Verbrauch für eine Einheit des Produkts P1 P2 F1 F2 F3 von Einheiten der Produktionsfaktoren a11 a21 a31 a12 a22 a32 ◮ Grafisch dargestellt: a12 F1 a a 21 F2 a 31 a F3 22 11 2 a3 P1 Etschberger (HS Weingarten) P2 Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 39 5.2. Matrizen und Vektoren Einführung Beispiel 2 ◮ Für fünf gleichartige Produkte P1 , . . . , P5 werden drei Merkmale erhoben, ◮ und zwar der Preis, die Qualität und die Art des Kundenkreises, der das jeweilige Produkt nachfragt. ◮ Ergebnis: Preis Produkte P1 P2 P3 P4 P5 20 18 20 16 18 Merkmale Qualität Kundenkreis sehr gut sehr gut sehr gut mäßig ordentlich A B A C B Fragen: ◮ Ähnlichkeit von Produkten ◮ Finden von Kundensegmenten ◮ Zuordnen zu diesen Segmenten −→ Marktforschung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 40 5. Lineare Algebra 5.2. Matrizen und Vektoren Definitionen Definition Matrix ◮ Ein geordnetes, rechteckiges Schema von Zahlen oder Symbolen a11 a21 .. . A= ai1 . .. am1 a12 a22 .. . ai2 .. . am2 a1j a2j .. . aij .. . amj ... ... ... ... ... ... ... ... a1n a2n .. . = (aij ) m,n ain .. . amn mit m, n ∈ N heißt Matrix mit m Zeilen und n Spalten oder kurz m × n-Matrix (Im Folgenden: aij ∈ R). ◮ a11 , . . . , amn heißen Komponenten der Matrix. ◮ Dabei gibt i die Zeile und j die Spalte an, in der aij steht. ◮ i heißt Zeilenindex und j Spaltenindex von aij . ◮ Sind alle Komponenten aij reelle Zahlen, so spricht man von einer reellen Matrix. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 41 Sommersemester 2008 42 5.2. Matrizen und Vektoren Transponierte Matrix Definition ◮ Zu jeder m × n-Matrix a11 A = ... ... a1n .. . am1 . . . amn ◮ ◮ heißt die n × m-Matrix a11 . . . am1 .. AT = ... . a1n . . . amn die zu A transponierte Matrix T T ⇒ A Etschberger (HS Weingarten) =A Mathematik 1 5. Lineare Algebra 5.2. Matrizen und Vektoren Beispiel transponierte Matrix a) 1 2 1 2 3 4 5 T A= ⇒ A = 3 1 3 5 2 4 4 5 1 2 3 b) AT = 1 3 4 2 5 0 Etschberger (HS Weingarten) 1 3 5 2 4 1 1 2 T T A = A = 2 3 5 3 4 0 ⇒ Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 43 5.2. Matrizen und Vektoren Vektoren Definition ◮ n × 1-Matrix heißt Spaltenvektor mit n Komponenten: a1 a = ... an ◮ 1 × n-Matrix heißt Zeilenvektor mit n Komponenten: aT = (a1 , . . . , an ) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 44 5. Lineare Algebra 5.2. Matrizen und Vektoren Geometrische Veranschaulichung von Vektoren • −1 • 0 • 1 a1 • 2 a2 a2 1 • 2 −1.8 0.6 1• • 1• 1 • • Etschberger (HS Weingarten) 1 • a1 0 −1 0 2 0 1 • a3 Mathematik 1 5. Lineare Algebra 3 2 2 a1 3 0 2 Sommersemester 2008 45 5.2. Matrizen und Vektoren Relationen zwischen Matrizen Definition ◮ Seien A = aij m,n und B = bij m,n reelle Matrizen mit übereinstimmender Zeilenzahl m und Spaltenzahl n. ◮ Dann wird definiert: A=B A 6= B A6B A<B ◮ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ aij aij aij aij = bij 6= bij 6 bij < bij für alle i = 1, . . . , m , j = 1, . . . , n für mindestens ein Indexpaar (i, j) ∀(i, j) ∀(i, j) Entsprechend A > B und A > B. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 46 5. Lineare Algebra 5.2. Matrizen und Vektoren Spezielle Matrizen Definition a) A = aij b) A = aij n,n heißt quadratisch n,n mit A = AT heißt symmetrisch c) A = aij n,n heißt Dreiecksmatrix, wenn aij = 0 für i < j (untere Dreiecksmatrix) oder aij = 0 für i > j (obere Dreiecksmatrix) d) A = aij n,n heißt Diagonalmatrix, wenn aij = 0 für alle i 6= j e) A = aij n,n heißt Einheitsmatrix, wenn aii = 1 für alle i und aij = 0 für alle j 6= j Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 47 5.3. Matrixalgebra Addition und Subtraktion von Matrizen Definition ◮ Gegeben: A = aij ◮ Dann gilt: ◮ Addition: A + B = aij ◮ Subtraktion: A − B = aij Damit: m,n und B = bij + bij m,n m,n m,n − bij m,n . = aij + bij m,n m,n = aij − bij m,n ◮ A+B =B+A ◮ (A + B) + C = A + (B + C) ◮ Addition/Subtraktion nicht definiert, wenn Zeilen- bzw. Spaltenzahl nicht übereinstimmen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 48 5. Lineare Algebra 5.3. Matrixalgebra Skalare Multiplikation Definition ◮ ◮ Gegeben: A = aij Dann gilt: r · A = r · aij Beispiel: m,n m,n und r ∈ R (Skalar). = r · aij m,n = aij · r m,n = A · r 1 2 5 10 5· = 3 5 15 25 Außerdem gilt: (rs)A = r(sA) (r + s)A = rA + sA r(A + B) = rA + rB Etschberger (HS Weingarten) (Assoziativgesetz) (Distributivgesetz) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 49 5.3. Matrixalgebra Matrixmultiplikation Definition ◮ Gegeben: A = (aik ) und B = b kj p,n . m,p ◮ Dann gilt: A · B = (aik )m,p · bkj p,n = p X aik bkj k=1 ! m,n Merke: Zeile mal Spalte! a11 . . . ai1 .. . am1 ... ... ... a1p .. . aip . .. amp b11 . .. bp1 Etschberger (HS Weingarten) ... ... b1j .. . bpj ... ... c11 .. b1n . .. = ci1 . .. bpn . cm1 Mathematik 1 ... ... c1j .. . cij ... ... .. . ... cmj ... Sommersemester 2008 c1n .. . cin .. . cmn 50 5. Lineare Algebra 5.3. Matrixalgebra Spezialfälle und Rechenregeln Spezialfälle der Matrixmultiplikation ◮ A = (m × n)-Matrix, B = (n × m)-Matrix ⇒ es existiert A·B ◮ A quadratisch ⇒ ◮ A, B quadratisch B·A und A · A = A2 existiert ⇒ A · B existiert und B · A existiert. Aber: Im Allgemeinen A · B 6= B · A ◮ Ist E Einheitsmatrix, dann gilt: A·E=E·A= A Spezielle Rechenregeln ◮ A = (m × p)-Matrix, B = (p × n)-Matrix. Damit gilt: ◮ A·B und ◮ AT A ist symmetrische (p × p)-Matrix und ist symmetrische (n × n)-Matrix BT · A T existieren. ◮ BT AT = (A · B)T AA T Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 51 5.4. Punktmengen im Rn Norm ◮ ◮ Gegeben Vektor a ∈ Rn Definition: Absolutbetrag, Norm oder Länge eines Vektors: kak = |a| = √ aT a = p a1 2 + . . . + an 2 v u n uX ai 2 =t i=1 ∈ R+ ◮ Seien a, b, c Vektoren des Rn und r ∈ R ein Skalar. Dann gilt: a) b) c) d) e) ka + bk = kb + ak , krak = |r| · kak T a b ≦ kak · kbk ka − bk = kb − ak für n > 1 = |a| · |b| (Cauchy-Schwarz-Ungleichung) für n = 1 ka + bk ≦ kak + kbk (Dreiecksungleichung) ka − ck − kc − bk ≦ ka − bk ≦ ka − ck + kc − bk Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 52 5.4. Punktmengen im Rn 5. Lineare Algebra Kosinussatz ◮ Gegeben: a, b Vektoren des Rn , die den Winkel γ einschließen. kb k A ◮ Nach dem Kosinussatz gilt im Dreieck ka k mit den Ecken 0, A, B ka − bk2 = ka k− bk kak2 + kbk2 − 2 kak · kbk · cos γ. kb k 0 −b k B ◮ Damit gilt: T a b= = 1 2 1 2 2 2 2 ka + bk − kak − kbk 2 2 2 kak + kbk − ka − bk = kak · kbk · cos γ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 53 5.4. Punktmengen im Rn Hyperebenen und Sphären Definition Hyperebene ◮ ◮ ◮ Gegeben: a ∈ Rn mit a 6= 0 und b ∈ R n T Dann heißt H(a, b) = x ∈ R : a x = b Hyperebene im Rn Anmerkung: H teilt den Rn in zwei Halbräume Definition Sphäre ◮ ◮ ◮ Gegeben: a ∈ Rn , r ∈ R+ Dann heißt K = {x ∈ Rn : kx − ak = r} Sphäre (Kugelfläche) im Rn und dem Radius r Damit: r-Umgebung von a: K< (a, r) = {x ∈ Rn : kx − ak < r} Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 54 5. Lineare Algebra 5.4. Punktmengen im Rn Beispiel Hyperebene/Sphäre ◮ H = {x ∈ R3 : 2x1 + 3x2 + 3x3 = 6} p 3 3 3 2 2 2 ◮ K= x∈R : x− 2 (x1 − 3) + (x2 − 2) + x3 = 1 =1 = x∈R : 0 x2 3 K 2 1 H 1 2 x3 1 Etschberger (HS Weingarten) x1 3 Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 55 5.4. Punktmengen im Rn Offenheit, Abgeschlossenheit Gegeben ◮ ◮ M ⊂ Rn eine Punktmenge des Rn und M = Rn \ M deren Komplement bzgl. Rn . Dann heißt: ◮ ◮ ◮ a ∈ Rn innerer Punkt von M, wenn eine r-Umgebung K< (a, r) von a existiert, die ganz in M liegt, also K< (a, r) ⊂ M, a ∈ Rn äußerer Punkt von M, wenn eine r-Umgebung K< (a, r) von a existiert, die ganz in M liegt und a ∈ Rn Randpunkt von M, wenn a weder innerer noch äußerer Punkt von M ist. Eine Punktmenge M ∈ Rn heißt dann ◮ ◮ offen wenn jedes Element a ∈ M innerer Punkt von M ist, abgeschlossen, wenn jedes Element a ∈ M innerer Punkt von M ist, also das Komplement M offen ist. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 56 5. Lineare Algebra 5.4. Punktmengen im Rn Beschränktheit, Kompaktheit Eine Punktmenge M ⊂ Rn heißt ◮ beschränkt nach oben, wenn ein b ∈ Rn existiert mit b ≧ x für alle x ∈ M, ◮ beschränkt nach unten, wenn ein a ∈ Rn existiert mit a ≦ x für alle x ∈ M, ◮ beschränkt, wenn M nach oben und unten beschränkt ist, ◮ kompakt, wenn M beschränkt und abgeschlossen ist. x2 2 • • 1• Beispiel M1 = {x ∈ R2+ : x1 + 2x2 ≦ 3, kxk ≦ 2} M2 = {x ∈ R2+ : x1 ∈ N} • −2 • 0 M2 M1 • • 1 • 2 • 3 • x1 • −2 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 57 5.5. Lineare Gleichungssysteme Einführung Beispiele a) 2x1 x1 − + 3x2 x2 = = −1 2 b) x1 x1 + + x2 x2 = = 4 2 c) x1 −2x1 − + x2 2x2 = = 1 −2 Probleme: ◮ System lösbar oder nicht? ◮ Verfahren zum Auffinden von Lösungen ◮ Darstellung von mehrdeutigen Lösungen Dazu gibt es: ◮ Den Gaußschen Algorithmus (erzeugt Dreiecksmatrix) ◮ das Verfahren von Gauß-Jordan (modifizierte Gauß: erzeugt Einheitsmatrix) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 58 5. Lineare Algebra 5.5. Lineare Gleichungssysteme Allgemeines lineares Gleichungssystem ◮ Ein System von Gleichungen a11 x1 a21 x1 + + a12 x2 a22 x2 + + am1 x1 + am2 x2 + ··· ··· .. . ··· + + a1n xn a2n xn = = b1 b2 + amn xn = bm ◮ heißt lineares Gleichungssystem mit m Gleichungen und n Unbekannten. ◮ Die aij und bi heißen Koeffizienten des Gleichungssystems. ◮ In Matrixform: Ax = b ◮ Lösungsmenge: L = {x : Etschberger (HS Weingarten) Ax = b} Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 59 5.5. Lineare Gleichungssysteme Lösungsdarstellung ◮ Beispiel für Enddarstellung: x1 x2 + + x3 3x3 + 2x4 = = 4 7 ⇔ Restmatrix ◮ Dabei bezeichnet: E Einheitsmatrix 1 0 0 1 1 3 x1 4 x 0 2 · x3 = 7 2 x4 Basisvariablen xB R =b xN Nichtbasisvariablen ◮ kann nach Basisvariablen aufgelöst werden: x1 = 4 − x3 , x2 = 7 − 3x3 − 2x4 (allgemeine Lösung) ◮ In diesem Fall immer lösbar, zum Beispiel mit xN = x3 x4 0 = 0 ⇒ xB = x1 x2 4 = 7 ◮ Gesucht: Verfahren zur Überführung beliebiger Gleichungssysteme in diese Form Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 60 5. Lineare Algebra 5.5. Lineare Gleichungssysteme Lösung von LGS Elementare Umformungen ◮ ◮ ◮ ◮ Das sind Umformungen der Koeffizientenmatrix, die die Lösung nicht verändern. Erlaubt ist Multiplikation einer Zeile mit beliebigen Zahlen c 6= 0 Addition einer Zeile zu einer anderen Zeile Vertauschen von Zeilen oder Spalten Lösungsalgorithmus ◮ ◮ Lösung mit Verfahren von Gauß-Jordan: Systematische Umformungen nach obigem Prinzip, bis Darstellung der Koeffizientenmatrix in Einheits- und Restmatrix ensteht Algorithmus und Lösungsvarianten siehe Vorlesung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 5. Lineare Algebra Sommersemester 2008 61 5.6. Inverse Matrizen Invertierung von Matrizen Definition ◮ ◮ ◮ ◮ Gegeben: n × n-Matrix (quadratisch) Existiert eine n × n-Matrix X mit AX = XA = E, so heißt X die zu A inverse Matrix. Schreibweise: X = A−1 ⇒ AA−1 = A−1 A = E Inverse Matrizen und Gleichungssysteme ◮ Falls A−1 existiert, gilt: Ax = b ⇒ A−1 Ax = A−1 b ◮ Damit existiert genau eine Lösung und zwar: ⇒ Ex = x = A−1 b x = A−1 b Berechnung inverser Matrizen durch den Gaußalgorithmus: ◮ Ansatz: ⇒ ⇒ Ax + Ey = 0 A−1 Ax + A−1 Ey = 0 Ex + A−1 y = 0 ◮ Also: Gaußtableau mittels elementarer Umformungen folgendermaßen umformen: (A|E) E|A−1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 62 6. Lineare Programme Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik 3 Mengen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Fallstudie LP – aggregierte Planung Standardformen Analytische Loesung linearer Optimierung 7 Komplexe Zahlen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 63 Lineare Programme – Einführung Lineare Programe: Beispiel Ein holzverarbeitender Betrieb möchte ein Produktionsprogramm für Spanplatten festlegen. Dabei sind folgende Restriktionen zu berücksichtigen: ◮ Es werden zwei Typen von Spanplatten hergestellt: Typ A in der Quantität x1 für den Außenbereich und Typ B in der Quantität x2 für den Innenbereich. Zur Herstellung der Spanplatten werden zwei Arten von Furnierblättern F1 bzw. F2 unterschiedlicher Qualität benutzt. Die Spanplatten werden mittels einer Presse, in der die Furniere verleimt werden, hergestellt. ◮ Zur Herstellung einer Platte vom Typ A wird ein Blatt von F1 und zwei Blätter von F2 benötigt, während bei Typ B drei Blätter von F1 und ein Blatt von F2 benutzt werden. ◮ Von F1 bzw. F2 stehen 1500 bzw. 1200 Stück zur Verfügung. ◮ Die Presse steht insgesamt 700 Minuten zur Verfügung, wobei zur Verleimung beider Plattentypen pro Stück jeweils eine Minute benötigt wird. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 64 6. Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Lineare Produktionsplanung: Beispiel Tabellarische Darstellung der Problemdaten: Produkt Menge Einheiten von F1 Typ A Typ B x1 x2 1 3 2 1 1 1 1500 1200 700 Kapazitäten Einheiten von F2 Pressminuten pro Stück Zusammenhang von Daten und Variablen durch System von linearen Ungleichungen beschreibbar: Restriktionen: (1) (2) (3) x1 2x1 x1 + + + 3x2 x2 x2 ≦ ≦ ≦ 1500 1200 700 x1 , x2 ≧ 0 (4)(5) Etschberger (HS Weingarten) (Vorrat F1 ) (Vorrat F2 ) (Kapazität Presse) (nicht-negative Mengen) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 65 Lineare Programme – Einführung Lineare Produktionsplanung: Beispiel, Zulässigkeitsbereich Begriffe und Beobachtungen ◮ Jede (x1 , x2 )-Kombination, die alle Restriktionen (1) bis (5) erfüllt, bezeichnet man als zulässige Lösung. ◮ Die Menge x1 ∈ R2+ : x1 + 3x2 ≦ 1500; x2 Z= 2x1 + x2 ≦ 1200; x1 + x2 ≦ 700 nennt man Zulässigkeitsbereich des Problems. ◮ Wegen Restriktion x ∈ R2+ : Erster Quadrant des Koordinatensystems genügt für graphische Darstellung des Zulässigkeitsbereiches. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 66 6. Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Beispiel: Graphische Darstellung Zulässigkeitsbereich ◮ Ungleichung (1) mit x1 + 3x2 ≦ 1500 entspricht dreieckigem Bereich in R2+ ◮ Begrenzung durch die drei Geraden mit x1 + 3x2 = 1500, x1 = 0 und x2 = 0 ◮ Also: Grenzpunkte (0, 500), (1500, 0), (0, 0) ◮ Analog für die übrigen Nebenbedingungen (1) x1 + 3x2 ≦ 1500 x1 , x2 ≧ 0 (2) x2 1200 6 2x1 + x2 ≦ 1200 x1 , x2 ≧ 0 (3) x2 x2 6 700 x1 + x2 ≦ 700 x1 , x2 ≧ 0 6 500 - -x x 1500 1 600 1 700 -x 1 Beispiel: Graphische Darstellung der Restriktionen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 67 Lineare Programme – Einführung Beispiel: Graphische Darstellung Zulässigkeitsbereich x2 .. ........ .. ..... .... ... ... ..... ... ... ... .. ... ... .... .. ... .. ... .. .... ... ... .. .. .. ... ... .. ... ... ...... . ... . ... ... ..... .. .. ... .... ... . .... .. .... . . ... ............ .. ......................... ..... . ... ............................................... . . . ................................................. . .............................. ....... .................................. .. ....... .... ... .. .................................... . ..... . ....... .......................................................... .... . . . . . . . . . . . . . . . ... . ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....... ........................................... ....... ......................................... . ....... .... . . . . . . . . . . . . . . . . . ... ... ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .............................................. ... ....... ....... ................................................................... .. ....... .............................................. .... ..... . ....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... . 1200 • 1000 • ◮ Die gesamte zulässige Lösungsmenge Z ergibt sich dann aus dem Durchschnitt der angegebenen Bereiche. ◮ Alle (x1 , x2 )-Kombinationen im mit Z gekennzeichneten Bereich erfüllen damit die vorgegebenen Restriktionen. (2) 700 • 500 • • Z (1) • (3) • • • 600 700 • 1000 • 1500 x1 Graphische Darstellung des Zulässigkeitsbereiches von Bsp. 1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 68 6. Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Mögliche Fälle für Z 1. Z = ∅, d.h., es existiert keine zulässige (x1 , x2 )-Kombination. 2. |Z| = 1, d.h., es existiert genau eine zulässige (x1 , x2 )-Kombination. Dieser Fall tritt meist dann auf, wenn die Restriktionen in Form von Gleichungen formuliert werden (Abschnitt 3.3). 3. |Z| > 1, d.h., es existieren mehrere zulässige Lösungen (Beispiel 1). ◮ In den ersten beiden Fällen ist durch die Restriktionen das Planungsergebnis festgelegt. - Im ersten Fall können nicht alle Restriktionen gleichzeitig erfüllt werden, - im zweiten Fall gibt es eine einzige Lösung, die alle Restriktionen erfüllt. ◮ Im letzten Fall entsteht weiterer Planungsbedarf, da für die Modellvariablen noch Spielraum besteht. Um diesen Spielraum weiter einzuschränken, ist eine Zielsetzung zu formulieren, die die zulässigen Lösungen bewertet. Kann diese Zielsetzung z als lineare Funktion der Modellvariablen modelliert werden, so entsteht ein lineares Optimierungsproblem mit der Zielfunktion z(x) und Nebenbedingungen in Form von Gleichungen und/oder Ungleichungen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 69 Lineare Programme – Einführung Lineare Produktionsplanung: Beispiel Der holzverarbeitende Betrieb aus Beispiel 1 verfolgt die Zielsetzung der Gewinnmaximierung. Die Spanplatten vom Typ A bringen 4 €, die vom Typ B 5 € Gewinn pro Stück. Zusammen mit den Restriktionen aus Beispiel 1 kann nun ein mathematisches Modell in Form eines linearen Optimierungsproblems formuliert werden. Zielfunktion: z(x1 , x2 ) = 4x1 + 5x2 −→ max Nebenbedingungen: (1) x1 + 3x2 ≦ 1500 (2) 2x1 + x2 ≦ 1200 (3) x1 + x2 ≦ 700 (4)(5) Etschberger (HS Weingarten) x1 , x2 ≧ 0 (Gewinnmaximierung) (Vorrat F1 ) (Vorrat F2 ) (Kapazität Presse) (nicht-negative Mengen) Mathematik 1 Sommersemester 2008 70 6. Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Beispiel: Graphische Lösung Um das Problem graphisch zu lösen, muss die Zielfunktion als zusätzliches Planungselement in die Graphik der zulässigen Lösungen aufgenommen werden. Zu diesem Zweck werden Isogewinngeraden dargestellt. Für einen Gewinn in Höhe von c erhält man c 4 x2 z(x1 , x2 ) = 4x1 + 5x2 = c bzw. x2 = − x1 . 5 5 ... ........ ... ... ...... .. .. .. .... ... ... . ... ... . ... ... ... • .. . ..... .. ..... . ... ...... .. . ...... .. . . ..... .. ..... . ... ..... .. .. ...... .. ... ............... .. .. ........ ...... ... ... ...... ....... . ..... . ..... ..... ..... .... ..... ..... ..... . . . . ..... . ..... .... ... ... ..... .. ...... . . ... ...... ..... ... ...... .... ..... .... .. ..... ...... ..... . . . . . . . ..... . . . . . . . . . .. ..... .. ......... . ...... • .... ...... ...... ......................................... .... ..... ................ ............... ......... ... .......... ....... . . . . . . . . .......... ...... .. . . .... . . . . . ..............................• . .. .... .......................................... ......... .. .......... . . . . . . . . . . . . . . . . ..... ..... . . . . . . . . ..... ..... ................................. ......... ............. . . ..... . . . . . . ... . . . . . . . . . ... . ......... ..... ...... ......................................................... ..... ....... ........ ..... ................................................ ..... ..... ....... ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... . . . . . ...... .... . ..... .........................................• ..... . ...... . . ...... ..... ........................................................................... ..... ....... ..... . ..... .. . . . . . . . . . . ....... . . . . . . ....... ...... ....... . ..... ...... ................................................... ... ....... . . ..... ...... .......................... ..................... .. ....... . . . . ..... ...... ... . . . . . . . . . . . . . ........ . . . . ..... ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... ...... ... . . . . . . . . . . . . . . ..... . . . .... ... ....... . ..... ......... ... . . . . . . . ... . . . . ...... . ...... ........................................................................................................... .• ................................................................• ..................................................................................• .....................• • ..... ..... . . . . . ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ...... ..... ...... ...... ...... ..... ..... ..... ..... ..... ..... .... .... ... 1000 ◮ Graphische Darstellung der Optimallösung im Beispiel ◮ Nur der Achsenabschnitt = c/5 hängt vom Wert c ab, die Steigung = −4/5 jedoch nicht. 300 400 500 B C D Z A c=0 500 E c = 2000 Etschberger (HS Weingarten) 1500 x1 1000 c = 4000 Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 71 Lineare Programme – Einführung Beispiel 2, Optimale Lösung ◮ Im Beispiel maximaler c-Wert im Schnittpunkt der Geraden für die Nebenbedingungen (1) und (3), d.h. in (x1 , x2 ) = (300, 400). ◮ Ein höherer Zielfunktionswert als z(300, 400) = 4 · 300 + 5 · 400 = 3200 kann unter Einhaltung der Restriktionen nicht erreicht werden. Man spricht von einer optimalen Lösung. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 72 6. Lineare Programme Lineare Programme – Einführung Beispiel 3 x2 Sind die Gewinnbeiträge der Spanplatten aus Beispiel 1 für beide Typen gleich 4.- € pro Stück, d.h. z(x1 , x2 ) = 4x1 + 4x2 , so erhält man die graphische Lösung (s.u.) ... ....... ... ...... ..... .. . .... .... .. ... ... .. ... ... ..... ... ..... .. .. ..... . ..... ... ... ..... . .. . ..... .... ..... ... ..... ... .. ..... . ..... ... ..... ..... ..... .. .. ..... .. ...... ... .. ............ .. ...... ... ..... ... .. ..... ... ...... ... .. ..... .. ... ..... ..... .... ... ..... ................... .. .......................... ......... ....................................... . . . . . . . . . .................. . ...... .. .... ..... . . . . . . . . ... ..... ........... ..... ......................................... ......... .. . . . . . . . . . . . ..... . . . . . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .... . ........ ..... ........ .............................................. .. .......... ....... ............................................... ....... ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .... ........ ..... ...................................................................... ........ ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....... .............................................. ..... . ........ . ........ ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... . .. ....... ..... ................................................................... ........ ....... . . ..... . . . ..... ................................................................. ........ ........ ..... ..... .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... ....... . .................................................. ...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... .... ..... ..... ..... ..... ..... . 1000 • 500 • B C • D Z • • • A 500 • • E 1000 • 1500 x1 c = 2800 c=0 Graphische Lösung von Beispiel 3 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 73 Lineare Programme – Einführung Beispiel 3, Bereich optimaler Lösungen ◮ In diesem Fall kein eindeutiges Optimum ◮ Bereich Z∗ optimaler Lösungen; beschreibbar durch folgende Menge: x 1 ∈ R2+ : 4x1 + 4x2 = 2800, x1 ∈ [300, 500] Z∗ = x2 Z∗ entspricht der durch die Punkte C = (300, 400) und D = (500, 200) begrenzten Strecke. Zusammenfassung für graphische Lösung linearer Optimierungsprobleme (mit nicht-konstanter Zielfunktion): ◮ Optimale Lösungen liegen stets auf dem Rand des zulässigen Bereiches Z beziehungsweise in Ecken“ von Z. ” ◮ Mindestens eine Ecke gehört zur optimalen Lösung. ◮ Entspricht Menge der Optimallösungen genau einer Ecke von Z ⇐⇒ ist Optimallösung eindeutig. ◮ Gibt es zwei optimale Ecken“ , so ist die Menge aller Punkte der durch diese Ecken ” festgelegten Strecke optimal. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 74 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Komplexitätsreduktion durch Aggregation Unternehmen Anzahl Varianten Barilla Zara Pro Woche werden 800 verschiedene Pasta-Sorten produziert 12.000 verschiedene Produkte werden pro Jahr entworfen und produziert > 1.000 verschiedene Varianten pro Tag Jede Bestellung individuell BMW Airbus Quelle: HBS Case 0-695-065; Insead (2000); Press Clippings Aggregierte Planung Es werden keine Details geplant, wie z.B. einzelne Produkte, genauer Mitarbeitereinsatz oder einzelne Maschinenkapazitäten, sondern diese werden in einige wenige Größen, wie z.B. Produktgruppen oder Gesamtzahl der Mitarbeiter, aggregiert Beispiele ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ Kapazitätsplanung in der Automobilindustrie Kapazitätsplanung der Nachfrage in Hotels Planung der Beraterkapazitäten in Unternehmensberatungen Planung von Transportkapazitäten in Logistiknetzwerken Planung von Flottenkapazitäten in Luftfahrtunternehmen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 75 Fallstudie LP – aggregierte Planung Beispiel aggregierte Planung Produkt Personalbedarf Stunden/Tisch Lagerhaltungskosten €/Monat/Tisch Fremdvergabekosten €/Tisch Januar [Stück] Februar [Stück] Schreibtisch Konferenztisch Küchentisch Esszimmertisch Wohnzimmertisch 5,40 10,00 7,00 12,00 15,00 29,40 40,00 31,00 42,00 59,00 378,00 700,00 560,00 960,00 1.200,00 400 100 1.000 900 600 220 80 900 500 300 Nachfrage März [Stück] 310 90 800 800 500 April [Stück] 70 130 500 400 400 ◮ Durchschnittlicher Personalbedarf [Stunden/Tisch]: PB ◮ Arbeitszeit pro Mitarbeiter pro Monat [Stunden/Monat]: AZ = 144 Stunden/Monat PB ◮ Produktionskoeffizient [Mitarbeiter/Tisch]: PK = AZ ◮ Durchschnittlicher Lagerhaltungskostensatz [€/Monat/Tisch]: cI ◮ Durchschnittlicher Fremdvergabekostensatz [€/Tisch]: cS Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 76 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Beispiel aggregierte Planung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 77 Fallstudie LP – aggregierte Planung Beispiel aggregierte Planung: Kostenentwicklung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 78 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Aggregierte Planung: Einfache Pläne Einfache Pläne: Grundidee Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 79 Fallstudie LP – aggregierte Planung Einfache Pläne: Bedarfsverfolgung Monat Personalbedarf [Mitarbeiter] Dezember Januar Februar März April (100) 208,33 138,89 173,61 104,17 Mitarbeiterkapazität [Mitarbeiter] Einstellungen [Mitarbeiter] Entlassungen [Mitarbeiter] Lagerbestand Tische Summe Z= T X cw Wt + cH Ht + cF Ft + (cs St ) + cI It+1 t=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 80 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Einfache Pläne: Kapazitätsfixierung Monat Personalbedarf [Mitarbeiter] Januar Februar März April 208,33 138,89 173,61 104,17 Etschberger (HS Weingarten) kumulierter Personalbedarf [Mitarbeiter] durchschn. Personalbedarf [Mitarbeiter] Mathematik 1 6. Lineare Programme MitarbeiterKapazität [Mitarbeiter] kumulierte Mitarbeiterkapazität Tische Sommersemester 2008 81 Fallstudie LP – aggregierte Planung Einfache Pläne: Kapazitätsfixierung Monat Personalbedarf [Mitarbeiter] Dezember Januar Februar März April (100) 208,33 138,89 173,61 104,17 Mitarbeiterkapazität [Mitarbeiter] Einstellungen [Mitarbeiter] Entlassungen [Mitarbeiter] Lagerbestand Tische Summe Z= T X cw Wt + cH Ht + cF Ft + (cs St ) + cI It+1 t=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 82 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Aggregierte Planung: Optimale Pläne Bezeichnungen Modell mit Nebenbedingungen: siehe Vorlesung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 83 Fallstudie LP – aggregierte Planung Aggregierte Planung: Optimale Pläne Lösung des optimalen Plans mit Excel Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 84 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Sensitivitätsanalyse zur aggregierten Planung Sensitivitätsanalyse der Zielfunktionskoeffizienten ◮ Im Januar stellen wir 56 Mitarbeiter ein. Für jeden fallen Einstellungskosten in Höhe von 10.000 € an. Da die Einstellungen recht kurzfristig erfolgen, könnten die Einstellungskosten höher als 10.000 € sein. Bis zu welchem Wert der Einstellungskosten würden wir 56 Mitarbeiter einstellen? ◮ Im März werden keine Mitarbeiter entlassen. Wenn wir einen Mitarbeiter im März entlassen würden, würden Kosten in Höhe von 5.000 €/Mitarbeiter entstehen. Jetzt haben wir erfahren, dass ein benachbartes Unternehmen ab März dringend Mitarbeiter sucht. Bis zu welchem Entlassungskostensatz wären wir nicht bereit, Mitarbeiter im März zu entlassen? ◮ Im April könnten Tische bei einem Auftragsfertiger günstig“ gefertigt werden. Ab welchem ” Fremdvergabekostensatz könnte dies sinnvoll sein? Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 85 Fallstudie LP – aggregierte Planung Sensitivitätsanalyse zur aggregierten Planung Sensitivitätsanalyse der Nebenbedingungen ◮ Im Januar stehen uns 100 Mitarbeiter zur Verfügung. Wir haben jedoch gerade erfahren, dass fünf der Mitarbeiter gekündigt haben. Welchen Einfluss haben die Kündigungen auf unsere Kosten? ◮ Wir sind im März von einer Nachfrage von 2.500 Tischen ausgegangen. Ein Kunde hat nun kurzfristig die Nachfrage für März um 500 Tische erhöht. Welchen Einfluss hat die Erhöhung der Nachfrage auf unsere Kosten? Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 86 6. Lineare Programme Fallstudie LP – aggregierte Planung Erweiterungen Rückstellungen ◮ Rückstellungen treten auf, wenn ein Bedarf, der in einer Periode nicht erfüllt wird, in einer Folgeperiode erfüllt werden kann. Die Kosten pro zurückgestellter Einheit betragen cp ◮ Zusätzliche Entscheidungsvariablen: I+ t I− t Rückstellungen Lagerbestand, Überstunden ◮ Überstunden entsprechen einer Erweiterung der Produktionskapazität. Überstunden sind jedoch sehr viel teurer als normale Arbeitsstunden. Die Kosten pro Überstunde betragen co ◮ Zusätzliche Entscheidungsvariablen: Ot Überstunden Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 87 Standardformen Standardformen ◮ Bei realen Anwendungen: unterschiedlich viele Variablen und Nebenbedingungen ◮ Deshalb: Modell der linearen Optimierung in allgemeiner Formulierung. ◮ Dazu geht man von n Planungsvariablen x1 , . . . , xn und m Nebenbedingungen in Form von Ungleichungen aus. ◮ Das so genannte Standardmaximumproblem besitzt die Form Standardmaximumproblem Zielfunktion: c1 x1 + c2 x2 Nebenbedingungen: a11 x1 + a12 x2 a21 x1 + a22 x2 .. .. . . am1 x1 + am2 x2 Etschberger (HS Weingarten) + ··· + + + ··· ··· .. . ··· + + + cn xn a1n xn a2n xn .. . + amn xn x1 , . . . , xn Mathematik 1 → max ≦ ≦ ≦ ≧ b1 b2 .. . bm 0 Sommersemester 2008 88 6. Lineare Programme Standardformen Standardformen Selbes Problem in matrizieller Schreibweise Standardmaximumproblem Zielfunktion: cT x → max Nebenbedingungen: Ax ≦ b x ≧ 0 mit ◮ dem Vektor der Zielfunktionskoeffizienten cT = (c1 , . . . , cn ) , ◮ dem Beschränkungsvektor bT = (b1 , . . . , bm ) , ◮ der Koeffizientenmatrix der Nebenbedingungen A = (aij )m,n und ◮ dem Vektor der Planungsvariablen xT = (x1 , . . . , xn ). Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 89 Standardformen Standardformen Das dazu korrespondierende Standardminimumproblem lautet Standardminimumproblem Zielfunktion: Nebenbedingungen: c1 x1 a11 x1 a21 x1 .. . + + + c2 x2 a12 x2 a22 x2 .. . + ··· + + ··· + + ··· + .. . am1 x1 + am2 x2 + · · · + amn xn ≧ bm x1 , . . . , xn ≧ 0 cn xn a1n xn a2n xn .. . → min ≧ b1 ≧ b2 .. . beziehungsweise in matrizieller Schreibweise: Zielfunktion: cT x → min Nebenbedingungen: Ax ≧ b x ≧ 0 mit den gleichen Bezeichnungen wie beim Standardmaximumproblem. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 90 6. Lineare Programme Standardformen Standardformen ◮ Die Standardprobleme sind durch Multiplikation mit -1 ineinander überführbar, so dass es für die weiteren Ausführungen zunächst genügt, das Standardmaximumproblem zu betrachten: cT x −→ max ⇐⇒ −cT x −→ min Ax ≦ b ⇐⇒ −Ax ≧ −b ◮ Auch Restriktionen in Gleichungsform können durch die Aufspaltung in Ungleichungen innerhalb der Standardformen berücksichtigt werden. Mit aTi = (ai1 , . . . , ain ) gilt: aTi x = bi ◮ ⇐⇒ aTi x ≧ bi ⇐⇒ aTi x ≧ bi ⇐⇒ −aTi x ≦ −bi und und und aTi x ≦ bi −aTi x ≧ −bi aTi x ≦ bi Beide Standardprobleme können in die sogenannte Normalform überführt werden, in der nur Gleichungen als Nebenbedingungen auftreten. Diese Umwandlung wird sich später als vorteilhaft erweisen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 91 Standardformen Standardformen In Matrixschreibweise lautet die Normalform: Normalform Zielfunktion: cT x → max (min) Nebenbedingungen: Ax = b x ≧ 0 Zur Umwandlung der Standardprobleme in die Normalform werden zusätzliche Variablen y1 , . . . , ym eingeführt. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 92 6. Lineare Programme Standardformen Standardformen Das Standardmaximumproblem erhält die Form: Standardmaximumproblem in Normalform Zielfunktion: c1 x1 + ··· + cn xn + 0 · y1 a1n xn a2n xn .. . amn xn + y1 + 0 · y2 ··· 0 · ym → max b1 b2 + ym x1 , . . . , xn y1 , . . . , ym = = .. . = ≧ ≧ + Nebenbedingungen: a11 x1 a21 x1 .. . am1 x1 + + + ··· ··· .. . ··· + + + + y2 .. . bm 0 0 wobei nun die ursprünglichen Planungsvariablen x1 , . . . , xn als Strukturvariablen und die neu eingeführten Variablen y1 , . . . , ym als Schlupfvariablen bezeichnet werden. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 93 Standardformen Standardformen In matrizieller Schreibweise erhält man: Standardmaximumproblem in Normalform Zielfunktion: cT x → max Nebenbedingungen: Ax + y = b x, y ≧ 0 Entsprechend besitzt die matrizielle Normalform eines Standardminimumproblems die Form: Standardminimumproblem in Normalform Zielfunktion: cT x → min Nebenbedingungen: Ax − y = b x, y ≧ 0 Je nach konkreter Problemstellung können die eingeführten Schlupfvariablen ökonomisch interpretiert werden. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 94 6. Lineare Programme Standardformen Standardformen Beispiel 3.5 (Beispiel 3.2) Zielfunktion: z(x1 , x2 ) = 4x1 + 5x2 −→ max Nebenbedingungen: (1) x1 + 3x2 ≦ 1500 (2) 2x1 + x2 ≦ 1200 (3) x1 + x2 ≦ 700 (4)(5) x1 , x2 ≧ 0 (Gewinnmaximierung) (Vorrat F1 ) (Vorrat F2 ) (Kapazität Presse) (nicht-negative Mengen) (Berechnung der Normalform siehe Vorlesung) Als Normalform erhält man für das in Beispiel 3.2 beschriebene Problem aus der Produktionsprogrammplanung: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Zielfunktion: Standardformen Sommersemester 2008 95 Standardformen 4x1 + 5x2 −→ max Nebenbedingungen: (1) x1 + 3x2 + y1 = 1500 ergibt (2) Aus den 2x1Nebenbedingungen + x2 + sich y2 damit für die = 1200 (3) Schlupfvariablen x1 + imx2Optimum: + y3 = 700 x2 ... ..... .. (4)–(8) x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ≧ 0 .. .... ..... .. .. .. .. ... .. .... ..... .. .. ... T .. .. ..... .. ..... .. ... ...... . ...... .. . ..... ... ..... .. ... ..... .. .. ..... ........ ... 1 .. ...... .. .. ..... ..... .. ... ..... .... 2 ...... .. .. ...... . .. .. ...... ... ..... .. ... ..... ..... .. 3 . ..... ..... .... ... ... ...... ..... .. . .. ... ....... ..... .. .... ..... . . . . . . . . . . . . . ..... .. .... ................ ..... ...... ................................... . . . .. ...... .. . . . . ............... .... .... ..... ..... ................................ ......... ... .......... ...... . . . . . . . . .......... ...... . ...... ............................. ............... . .... ..................................... ........ . . . . . .... ....................... ...... . ....... .......... . . . . . . ..... . . . . ....... . . . . . . . . ....... ............ . . . . . . ..... . . . . . . ....... ............... ..... ..... ..... ..... ....................................................... ........ ..... .. ... .............................................. ...... ..... .... . . . . .............. ............................ ...... ....... ...... . . . ........................... ..... . . . . . . . . . ..... ....... . . . . . . . . . . . . ..... ..... ....... ........................................................... ..... ..... ....... . . . . . . . . . ..... . . . . . . . . . . . . . ..... ................................................... .. ..... ....... . . ...... ...... ................................................. ... ....... . ...... ..... ... . . . . . . . . . . . . . ........ . . . . .... ....... ...... ..... ...................................... ........... ... .... ..... ..... .. . . . . . . . . . . . . . . . ...... . . . .... .. . ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................ .. ..... ..... ..... ..... ...... ..... . . ..... ...... ..... ...... ..... ...... . . . ..... ...... ..... ...... ...... ...... ...... ...... ..... ..... ..... ..... 2 ..... ..... ..... ..... ..... ..... ..... ...... ..... ...... ...... ...... ..... ..... ..... ..... ..... ..... .... .... ... • 1000 (Berechnung Als Lösung ergab sich x = (300, 400). siehe Vorlesung) 500 • B 300 400 mit • C D Z • A • (1) y = 1500 − 300 − 3 · 400 = 0 (2) y = 1200 − 2 · 300 − 400 = 200 (3) y = 700 − 300 − 400 = 0 A = (0, 0) B = (0, 500) C = (300, 400) D = (500, 200) E = (600, 0) • •Restriktionen•(1) und (3) für den • Vorrat von F1 und die Kapazität sind im Optimum1500 voll ausgesch x1 öpft. Vorrat von F2 wird 500 der E Presse 1000 nicht aufgebraucht, es bleiben y = 200 Einheiten übrig. c=0 Etschberger (HS Weingarten) c = 2000 c = 4000 Mathematik 1 Sommersemester 2008 96 6. Lineare Programme Standardformen Standardformen Beispiel 3.6 (Beispiel 3.2) Zielfunktion: z(x1 , x2 , x3 ) = 0.1x1 + 0.3x2 + 0.2x3 −→ min (Kostenminimierung) Nebenbedingungen: (1) 2x1 + x2 + (2) x1 + 2x2 + (3) x1 + x2 + (4)(5)(6) x1 , x2 , x3 3x3 ≦ 2 4x3 ≧ 2 x3 = 1 ≧0 (Schwefelgehalt) (Heizwert) (Mischungsbedingung) (nicht-negative Anteile) (Eliminierung von x1 und Berechnung der Schlupfvariablen siehe Vorlesung) Das Mischungsproblem aus Beispiel 3.4 lautet in Normalform 0.1 + 0.2x2 + 0.1x3 −→ min Zielfunktion: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 97 Nebenbedingungen: (1) (2) (3) 6. Lineare Programme − x3 − x2 x2 −x2 + − Standardformen y1 3x3 x3 Typische Anwendungsgebiete (4)-(8) −y2 −y3 = = = 0 1 −1 x2 , x3 , y1 , y2 , y3 ≧ 0 Produktionsprogrammplanung ∗ ∗ Lösung: (x2 , x3 ) = (0.25, 0.25). Schlupfvariablen y1 und y2 im Optimum: (1) 3.2): y1 =Gewinnmaximale 0.25 − 0.25 = 0 Problemstellung (Beispiel Herstellung von n (2) y2 = 0.25 + 3 · 0.25 − 1 = 0 Produkten mit m Produktionsfaktoren Damit werden der maximale Schwefelgehalt sowie der minimale Heizwert genau erreicht. Modell: xj bi aij cj = = = = Produktionsquantität von Produkt j (j = 1, . . . , n) Kapazität des Produktionsfaktors i (i = 1, . . . , m) Verbrauch von Produktionsfaktor i für eine Einheit von Produkt j Deckungsbeitrag/Gewinn für eine Einheit von Produkt j Zielfunktion: Nebenbedingungen: c1 x1 a11 x1 .. . + ··· + + ··· + .. . cn xn a1n xn .. . → max ≦ b1 .. . am1 x1 + · · · + amn xn ≦ bm x1 , . . . , xn ≧ 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 98 6. Lineare Programme Standardformen Typische Anwendungsgebiete Mischungsproblem Problemstellung (Beispiel 3.4): Kostenminimale Mischung von n Substanzen aus m Rohstoffen Modell: xj bi aij cj = Mischungsanteil von Substanz j (j = 1, . . . , n) = Mindestanteil von Rohstoff i in der Mischung (i = 1, . . . , m) = Anteil von Rohstoff i an einer Einheit von Substanz j = Kosten für eine Einheit von Substanz j Zielfunktion: c1 x1 + · · · + cn xn → min Nebenbedingungen: a11 x1 + · · · + a1n xn ≧ b1 .. .. .. .. . . . . am1 x1 + · · · + amn xn ≧ bm x1 + ··· + xn = 1 x1 , . . . , xn ≧ 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 99 Standardformen Typische Anwendungsgebiete Aufteilungsproblem Problemstellung: Ertragsmaximale Aufteilung von Budgets und Kapazitäten auf n Aktivitäten Modell: xj = K = H = pj = qj = cj = Aktivitätsniveau j (j = 1, . . . , n) verfügbares Budget für alle Aktivitäten verfügbare Kapazität für alle Aktivitäten Kosten für eine Einheit von Aktivität j maximaler Prozentsatz für Aktivitätsniveau j Ertrag für eine Einheit von Aktivität j Zielfunktion: c1 x1 Nebenbedingungen: p1 x1 x1 Etschberger (HS Weingarten) + + + ··· + ··· + ··· + cn xn pn x n xn xj x1 , . . . , xn Mathematik 1 → max ≦ K ≦ H q ≦ 100j · H (j = 1, . . . , n) ≧ 0 Sommersemester 2008 100 6. Lineare Programme Standardformen Typische Anwendungsgebiete Transportproblem Problemstellung: Kostenminimaler Transport von m Angebotsorten zu n Bedarfsorten Modell: xij =Transportquantität von Angebotsort i nach Bedarfsort j (i = 1, . . . , m; j = 1, . . . , n) ai =Angebot am Ort i (i = 1, . . . , m) bj =Bedarf am Ort j (j = 1, . . . , n) cij =Transportkosten einer Einheit von Angebotsort i nach Bedarfsort j n m X X cij xij → min Zielfunktion: Nebenbedingungen: i=1 j=1 n X xij ≦ ai (i = 1, . . . , m) xij ≧ bj (j = 1, . . . , n) j=1 m X i=1 x11 , . . . , xmn ≧ 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 101 Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen Definitionen ◮ Ein Vektor xT = (x1 , . . . , xn ), der alle Nebenbedingungen erfüllt, heißt zulässige Lösung. ◮ Die Menge aller zulässigen Lösungen Z = {x ∈ Rn : x erfüllt alle Nebenbedingungen} nennt man Zulässigkeitsbereich. ◮ Jeder zulässige Vektor x ∈ Z, der die Zielfunktion maximiert beziehungsweise minimiert, heißt optimale Lösung. ◮ Die Menge aller optimalen Lösungen Z∗ = {x ∈ Z : cT x = optimal} wird als Optimalbereich bezeichnet. Wegen Z∗ ⊂ Z ist für die Existenz von zulässigen beziehungsweise optimalen Lösungen von drei Fällen auszugehen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 102 6. Lineare Programme Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen ◮ Z = ∅ =⇒ Z∗ = ∅ Wenn nicht alle Nebenbedingungen gleichzeitig erfüllt werden können, so existiert keine zulässige und damit auch keine optimale Lösung. Beispiel 3.7 x2 Es gibt keinen Vektor = (x1 , x2 ) ≧ (0, 0), der die Nebenbedingungen x1 + x2 ≦ −x1 − 2x2 ≦ x1 , x2 ≧ 0 6 2 xT Z=∅ 1 1 −3 1 gleichzeitig erfüllt. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme 2 3 x1 Sommersemester 2008 103 Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen ◮ Z 6= ∅, Z∗ = ∅ Es existieren zulässige, aber keine optimalen Lösungen. Beispiel 3.8 x2 6 x1 + x2 → max x1 + 2x2 ≧ 3 3x1 + 2x2 ≧ 6 x1 , x2 ≧ 0 2 1 Z 6= ∅ Z∗ = ∅ 1 2 x1 + x2 = 0 x1 Der Zulässigkeitsbereich Z ist nach rechts oben“ unbeschränkt. Die Zielfunktion ” z(x1 , x2 ) = x1 + x2 kann beliebig nach rechts oben verschoben werden. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 104 6. Lineare Programme Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen ◮ Z 6= ∅, Z∗ 6= ∅ Es existieren zulässige und optimale Lösungen. Beispiel 3.9 x2 6 x1 + x2 2 → min x1 − x2 ≦ 2 2x1 + x2 ≧ 3 x1 , x2 ≧ 0 Z 6= ∅ s A 2 x1 + x2 = 0 x1 Der Zulässigkeitsbereich ist”nach unten“ beschränkt. Die Zielfunktion wird im 1.5 x1 optimal mit dem Zielfunktionswert x1 + x2 = 1.5. = Punkt A mit 0 x2 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 105 Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen Allgemein gilt: ◮ Z ist Durchschnitt endlich vieler Hyperebenen (falls die Nebenbedingungen in Gleichungsform sind) und/oder Halbräume (falls die Nebenbedingungen in Ungleichungsform sind) und damit ein konvexes Vieleck (beschränkt oder unbeschränkt). ◮ Existiert genau eine optimale Lösung x∗ , so stellt diese einen Eckpunkt des Zulässigkeitsbereiches Z dar. Ein Eckpunkt wird im zweidimensionalen Fall durch den Schnitt von Geraden, im dreidimensionalen Fall von Ebenen und allgemein im n-dimensionalen Raum von Hyperebenen definiert. Die Hyperebenen sind die Lösungsmengen der in Gleichungsform erfüllten Nebenbedingungen. ◮ Existieren mehrere optimale Lösungen beziehungsweise Ecken x∗1 , . . . , x∗k , so ist auch jede der folgenden Konvexkombinationen optimale Lösung: λ1 x∗1 + . . . + λk x∗k mit k X λi = 1; λ1 , . . . , λk ≧ 0 i=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 106 6. Lineare Programme Standardformen Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen Übungsaufgabe (nicht im Buch): Gegeben sei folgendes Optimierungsproblem: Zielfunktion: Nebenbedinungen: −x1 + c2 x2 → max x1 − x2 x1 , x2 ≧ ≧ −1 0. Ermitteln Sie die Optimallösung für c2 = 2, c2 = 1, c2 = Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme 1 2 und c2 = 0. Sommersemester 2008 107 Standardformen Grundidee eines Lösungsverfahrens ◮ Ermittelt man alle Ecken des zulässigen Bereichs und berechnet man anschließend die entsprechenden Zielfunktionswerte, so kann die optimale Lösung durch Vergleich der Zielfunktionswerte gewonnen werden. ◮ Der Simplexalgorithmus folgt diesem Prinzip und sucht die Eckenmenge in effizienter Weise nach Optimallösungen ab. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 108 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Vorueberlegungen ◮ Zielfunktion z(x1 , . . . , xn ) = c1 x1 + · · · + cn xn = cT x −→ max wird als Gleichung (Zielgleichung) geschrieben: c1 x1 + · · · + cn xn = c, ◮ c −→ max Ausgangspunkt für die Darstellung: Maximumproblem in Normalform mit Struktur- und Schlupfvariablen: x cT x −→ max mit Ax + Ey = (A, E) = b, x ≧ 0, y ≧ 0 y mit c, x ∈ Rn ; b, y ∈ Rm , sowie A als m × n-Matrix, E als (m × m)-Einheitsmatrix Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 109 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Vorüberlegungen ◮ x n+m Zulässige Lösung ∈ R+ eines linearen y Optimierungsproblems heißt Basislösung, wenn es m Komponenten x von mit folgenden zwei Eigenschaften gibt: y - Die zugehörigen m Spaltenvektoren aus der Matrix (A, E) sind linear unabhängig und x sind gleich null - die restlichen n Komponenten von y ◮ Diese m Variablen nennt man Basisvariablen, die übrigen n Variablen Nichtbasisvariablen. ◮ In einem Maximumproblem in Normalform mit der Zusatzbedingung b ≧ 0 erhält man immer eine Ausgangs-Basislösung: Die Strukturvariablen x1 , . . . , xn werden gleich Null gesetzt und die Schlupfvariablen y1 , . . . , ym erhalten die Werte b1 , . . . , bm . Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 110 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Vorüberlegungen Allgemein: Beispiel 3.2: cT x → max 4x1 x1 2x1 x1 Ax + y = b +5x2 → max +3x2 +x2 +x2 +y1 +y2 +y3 = 1500 = 1200 = 700, x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ≧ 0 x, y ≧ 0 Ausgangs-Basislösung: (xT , yT ) = (0T , bT ) (xT , yT ) = (0, 0, 1500, 1200, 700) Nichtbasisvariablen: x x1 , x2 Basisvariablen: y y1 , y2 , y3 Zielfunktionswert: c = 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 111 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Vorüberlegungen ◮ Zentral ist die Äquivalenz von Basislösung und Eckpunkten des Zulässigkeitsbereichs Z. Es gilt: x ist Basislösung y ◮ ⇐⇒ x ist Eckpunkt von Z Damit kann das Verfahrensprinzip des Simplexalgorithmus beschrieben werden: - Ausgehend von der Anfangs-Basislösung beziehungsweise Ecke geht man zur nächsten Basislösung beziehungsweise Ecke über. - Dabei wird ähnlich wie bei der Lösung linearer Gleichungssysteme eine Basistransformation durchgeführt (Basisvariable wird zur Nichtbasisvariable und umgekehrt). Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 112 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus im Beispiel ◮ x2 Ausgangspunkt des Simplexalgorithmus für das Beispiel 3.2 ist die Basislösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • • (x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ) = (0, 0, 1500, 1200, 700) 1000 mit dem Zielfunktionswert 0 300 400 ◮ 500 also startet der Algorithmus im Koordinatenursprung. • Z 0 500 1000 1500 x1 ◮ Mit Hilfe der Zielfunktion 4x1 + 5x2 erkennt man, dass der Zielfunktionswert in x2 -Richtung stärker ansteigt als bei entsprechender Bewegung in x1 -Richtung. ◮ Damit entscheidet man sich für x2 als neue Basisvariable. ◮ y1 wird zur Nichtbasisvariablen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 113 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus im Beispiel ◮ Basisvariablen x2 , y2 , y3 in Abhängigkeit der Nichtbasisvariablen x1 , y1 : 1 1 (1) x1 + 3x2 + y1 = 1500 ⇒ x2 = 500 − x1 − y1 . 3 3 ◮ ◮ ◮ Setzt man x2 in die übrigen Nebenbedingungen ein und löst nach der entsprechenden Basisvariablen y2 bzw. y3 auf, so ergibt sich (2) 2x1 + 500 − 31 x1 − 31 y1 + y2 = 1200 ⇒ y2 = 700 − 35 x1 + 31 y1 (3) x1 + 500 − 13 x1 − 31 y1 + y3 = 700 ⇒ y3 = 200 − 23 x1 + 31 y1 . Für die Zielfunktion erhält man 1 5 7 1 c = 4x1 + 5 500 − x1 − y1 = 2500 + x1 − y1 . 3 3 3 3 Durch Nullsetzen der Nichtbasisvariablen x1 und y1 erhält man die neue Basislösung (x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ) = (0, 500, 0, 700, 200) mit den Basisvariablen x2 , y2 , y3 , den Nichtbasisvariablen x1 , y1 und dem Zielfunktionswert 2500. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 114 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus im Beispiel ◮ Mit Hilfe eines Tableaus geht dies alles übersichtlicher: Starttableau: Basisvariablen: y1 , y2 , y3 Variable x1 x2 y1 y2 y3 Wert −4 −5 ZF: 1 NB: 2 1 3 4 0 0 0 0 3 1 0 0 1500 2 1 0 1 0 1200 1 1 0 0 1 700 Nichtbasisvariablen: x1 , x2 Basislösung: (0, 0, 1500, 1200, 700) ZF-Wert c = 0 ◮ Erste Tableauzeile: Zielfunktion ◮ Dies entspricht der Zielgleichung c = 4x1 + 5x2 bzw. c − 4x1 − 5x2 = 0. ◮ Für die zu maximierende Variable c keine Spalte im Tableau, da sie für einen Basistausch nicht in Frage kommt. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 115 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Pivotelement ◮ Mit der Wahl des Pivotelementes ist festgelegt, welche Nichtbasisvariable zur Basisvariablen wird und welche bisherige Basisvariable zu einer Nichtbasisvariablen wird. - Festlegung der Pivotspalte · Ausgewählt wird die Nichtbasisvariable, die pro Einheit den Zielfunktionswert c maximal erhöht, das heißt es wird der kleinste (negative) Wert in der Zielfunktionszeile des Tableaus gesucht. · Im Beispiel ist dies die Variable x2 , die eine Erhöhung um 5 pro Einheit bewirkt. - Festlegung der Pivotzeile · Ausgewählt wird die Zeile, die einen Engpass für die Erhöhung der ausgewählten Nichtbasisvariable darstellt. · Im Tableau werden dazu die Quotienten zwischen den Eintragungen der letzten Spalte und der Pivotspalte gebildet, also 1500 = 500, 1200 = 1200 3 1 700 und 1 = 700. · Das Minimum dieser Quotienten bestimmt die Pivotzeile, im Beispiel die Zeile 2. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 116 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Beispiel: 1. Folgetableau ◮ Durch elementare Zeilenumformungen wird nun wie beim Gaußalgorithmus die Basistransformation vorgenommen und das daraus resultierende Folgetableau erstellt. Die dazu notwendigen Rechenschritte werden im Tableau in der Spalte Operation“ kenntlich gemacht. ” Folgetableau 1: Basisvariablen: Variable x1 x2 y1 y2 y3 Wert Operation x2 , y2 , y3 Nichtbasisvariablen: 7 5 5 ZF: 5 − 3 0 0 0 2500 1 + 3 2 x1 , y1 3 Basislösung: 1 1 1 1 0 0 NB: 6 500 2 (0, 500, 3 3 3 200) 0, 700, 0 5 0 − 31 1 0 7 700 3 − 31 2 Ecke: 3 500 2 0 − 31 0 1 8 200 4 − 31 2 ZF-Wert 3 c = 2500 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 117 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Beispiel: 1. Folgetableau ◮ In ausführlicher Schreibweise erhält man für die Zielfunktionsvariable c bzw. die Basisvariablen aus dem Tableau: ZF: c = 2500 + 73 x1 − 53 y1 NB: x2 = 500 − 31 x1 − 13 y1 y2 = 700 − 53 x1 + 31 y1 y3 = 200 − 23 x1 + 31 y1 ◮ ◮ ◮ ◮ Für x1 = y1 = 0 ergibt sich offenbar die angegebene Basislösung, für x1 > 0 und/oder y1 > 0 verändert sich die Lösung. Für x1 = 1, y1 = 0 steigt der Zielfunktionswert c, während die Werte für x2 , y2 , y3 abnehmen. Für x1 = 0, y1 = 1 nimmt c ab. Also wird x1 als Basisvariable ausgewählt. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 118 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Beispiel: 2. Folgetableau ◮ ◮ ◮ Im Tableau findet dies in der Wahl des Pivotelements Niederschlag: Der kleinste Wert − 73 in der Zielfunktionszeile des Tableaus führt zur Auswahl der Spalte für x1 als Pivotspalte. 700 500 200 < 5/3 , 1/3 entspricht die Zeile 8 der Pivotzeile. Wegen 2/3 Folgetableau 2: Variable x1 x2 y1 y2 y3 Wert ZF: 9 0 0 1 2 0 7 2 3200 NB: 10 0 1 1 2 0 − 21 400 11 0 0 1 2 1 − 25 200 12 1 0 − 12 3 2 300 0 Etschberger (HS Weingarten) Basisvariablen: x1 , x2 , y2 Nichtbasisvariablen: Operation y , y 1 3 Basisl ösung: 5 + 72 8 (300,400,0,200,0) 300 6 − 12 8 Ecke: 400 ZF-Wert: 3200 5 7 − 3 2 2 8 8 Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 119 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Beispiel: 2. Folgetableau ◮ In ausführlicher Schreibweise ergibt sich: ZF: c = 3200 − 12 y1 − 27 y3 NB: x2 = 400 − 21 y1 + 21 y3 y2 = 200 − 12 y1 + 25 y3 x1 = 300 + 12 y1 − 23 y3 ◮ ◮ ◮ ◮ Man erkennt an den Gleichungen sofort, dass mit y1 > 0 bzw. y3 > 0 der Zielfunktionswert nur verringert werden kann. Am Tableau erkennt man dies daran, dass in der Zielfunktionszeile kein negativer Wert vorhanden ist. Der Algorithmus wird an dieser Stelle abgebrochen. Eine weitere Basistransformation würde den Zielfunktionswert verschlechtern. Wir haben das Optimum erreicht. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 120 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, allgemeine Darstellung Ausgangspunkt dabei: Ein Maximumproblem in Normalform mit der zusätzlichen Bedingung b ≧ 0. (Dies sichert die erste Basislösung.) 1. Starttableau Var x1 ... xj ... xn y1 . . . yi . . . ym Wert ZF −c1 ... −cj ... −cn 0 ... 0 ... 0 c=0 NB a11 .. . ai1 .. . am1 a1j .. . . . . aij .. . . . . amj a1n .. . . . . ain .. . . . . amn 1 .. . 0 .. . 0 ... .. . ... 0 .. . 1 .. . 0 ... 0 .. . 0 .. . 1 b1 .. . bi .. . bm ... ... ... ... .. . ... y1 , . . . , ym x1 , . . . , xn (x1 , ..., xn , y1 , ..., ym ) = (0, ..., 0, b1 , ..., bm ) c=0 Basisvariablen: Nichtbasisvariablen: Basislösung: Zielfunktionswert: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 121 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, allgemeine Darstellung 2. Eckenaustausch bzw. Basistransformation bei gegebener Basislösung a) Wahl der Pivotspalte j aus min ν=1,...,n {−cν : −cν < 0} = −cj Die Pivotspalte wird durch die Nichtbasisvariable bestimmt, die pro Einheit die größte Steigerung des Zielfunktionswertes bewirkt. Diese Variable wird in die Basislösung aufgenommen. b) Wahl der Pivotzeile i aus bµ min : aµj > 0 µ=1,...,m aµj Die Pivotzeile i wird durch den kleinsten Quotienten der Elemente aus der Wertspalte bµ und den positiven Koeffizienten aus der Pivotspalte aµj , µ = 1, . . . , m festgelegt. Durch diese Wahl der Pivotzeile wird garantiert, dass xj unter Einhaltung aller Restriktionen maximal erhöht wird. Es wird damit ebenfalls festgelegt, welche bisherige Basisvariable zur Nichtbasisvariable wird. Existiert kein positiver Koeffizient aµj , gibt es keine Beschränkung und damit keine optimale Lösung. Durch a) und b) erhält man das Pivotelement aij . Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 122 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, allgemeine Darstellung c) Berechnung des 1. Folgetableaus (dabei j ∈ {1, . . . , n}): Berechne (nach Gaußalgorithmus) zeilenweise neues Tableau xT , yT Wert ZF −ĉT ĉ NB  b̂ wie folgt: i h i 1 h i-te Zeile von A, E b - i-te Zeile von  b̂ = aij h i - µ-te Zeile von  b̂ = i i a h h µj i-te Zeile von A, E b µ-te Zeile von A, E b − aij Wert i z}|{ −cj h T T T i-te Zeile von A, E b −ĉ | ĉ - [ |{z} = −c , 0 0 − aij m + n Komponenten Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 123 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, allgemeine Darstellung 3. Endtableau mit xT , yT Wert ZF −c̃T c̃ - −c̃ > 0 NB à b̃ - à enthält alle Basisvektoren. - b̃ > 0 nach endlich vielen Schritten analog 1) und 2). ◮ Die Lösungswerte für die Strukturvariablen x∗1 , . . . , x∗n des Optimierungsproblems liest man aus der b̃-Spalte des Endtableaus ab, wobei die Nichtbasisvariablen gleich Null gesetzt werden. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 124 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Sonderfälle und Anmerkungen ◮ Ist die Bedingung b ≧ 0 verletzt, d.h., es existiert ein bi < 0, so kann die bisher aufgezeigte Konstruktion einer Ausgangs-Basislösung nicht durchgeführt werden. In einer graphischen Darstellung bedeutet dies, dass der Ursprung des Koordinatensystems nicht im Zulässigkeitsbereich Z liegt. ◮ Um eine zulässige Ausgangs-Basislösung zu finden, kann entweder der duale Simplexalgorithmus oder die Zwei-Phasen-Methode benutzt werden. ◮ Sind in einer Pivotspalte j alle Koeffizienten aµj (µ = 1, . . . , m) kleiner oder gleich Null, so ist der zulässige Bereich in Richtung der Strukturvariablen xj unbeschränkt. Es existiert demzufolge keine optimale Lösung (Beispiel 3.8). ◮ Wahl der Pivotspalte kann modifiziert werden. Statt der Variablen, die die größte Steigerung des Zielfunktionswertes bewirkt, kann jede andere Nichtbasisvariable, die eine Steigerung des Zielfunktionswertes nach sich zieht, gewählt werden. ◮ Existiert im Endtableau ein cj = 0 für eine Nichtbasisvariable, so kann diese Variable in die Basislösung aufgenommen werden. Man erhält also eine weitere optimale Lösung. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 125 Analytische Loesung LP Simplexalgorithmus, Beispiel zu mehrfachen Lösungen Mit Hilfe des Simplexalgorithmus erhält man als Lösung des Optimierungsproblems aus Beispiel 3.3: Variable x1 x2 y1 y2 y3 Wert Operation ZF: 1 −4 −4 0 0 0 0 NB: 2 1 3 1 0 0 1500 3 2 1 0 1 0 1200 4 1 1 0 0 1 700 ZF: 5 0 −2 0 2 0 2400 NB: 6 0 1 − 21 0 900 7 1 0 600 0 0 1 2 − 21 0 8 5 2 1 2 1 2 1 100 ZF: 9 0 0 0 0 4 2800 5 +4 8 NB: 10 0 0 1 2 −5 400 6 −5 8 11 1 0 0 1 −1 500 7 − 8 12 0 1 0 −1 2 200 28 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 1 +2 3 2 − 1 2 1 2 3 3 4 − 1 2 3 Sommersemester 2008 126 6. Lineare Programme Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Beispiel zu mehrfachen Lösungen Die Basislösung ist (x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ) = (500, 200, 400, 0, 0), der Zielfunktionswert 2800. y2 ist Nichtbasisvariable und der entsprechende Zielfunktionskoeffizient ist gleich Null. Man kann einen weiteren Austauschschritt mit der Pivotspalte y2 durchführen und erhält: Variable x1 x2 y1 y2 y3 Wert Operation −−− ZF: 13 0 0 0 0 4 2800 NB: 14 0 0 1 − 52 200 15 1 0 0 11 − 0 1 3 2 1 −2 300 16 1 2 − 21 1 2 400 12 + 0 1 2 10 1 2 1 2 10 10 Gleicher Zielfunktionswert 2800, andere Basislösung (x1 , x2 , y1 , y2 , y3 ) = (300, 400, 0, 200, 0). Konvexkombinationen beider Ecken (500,200) und (300,400) liefert Optimalbereich: ∗ Z = {x ∈ R2+ 500 :x=λ + (1 − λ) 300 400; λ ∈ [0; 1]} . 200 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 6. Lineare Programme Sommersemester 2008 127 Analytische Loesung LP Der Simplexalgorithmus, Übungsaufgaben Übungsaufgabe: Lösen Sie folgende Optimierungsprobleme mit dem Simplexalgorithmus: a) ZF: 2x1 + 3x2 + x3 → max (1) 2x1 + 4x2 + 6x3 ≦ 600 b) (2) −x1 + (3) −x1 − x2 + x3 ≦ 0 x2 + 4x3 ≦ 0 x1 + x2 x1 , x2 , x3 ≧ 0 + 2x3 → max 2x1 + x2 + x3 ≦ 8 x1 + x2 + 2x3 ≦ 4 x1 + x2 + x3 ≦ 4 x1 , x2 , x3 ≧ 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 128 7. Komplexe Zahlen Übersicht 1 Grundlegendes 2 Aussagenlogik 3 Mengen 4 Folgen und Reihen 5 Lineare Algebra 6 Lineare Programme 7 Komplexe Zahlen Von den natürlichen Zahlen zu den komplexen Zahlen Elementare Algebra Warum komplexe Zahlen – Historischer Abriss Geometrie Anwendungen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 129 Einführung Die reellen Zahlen ◮ Natürliche Zahlen: N = {1, 2, 3, . . .} ◮ damit nicht uneingeschränkt lösbar: Gleichung der Form x + n = m, mit n, m ∈ N ◮ Ganze Zahlen: Z = {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .} ◮ damit nicht uneingeschränkt lösbar: Gleichung der Form ax = b, mit a, b ∈ Z und a 6= 0 ◮ Rationale Zahlen: Q = m n ; m ∈ Z, n 6= 0 ◮ damit (unter anderem) nicht lösbar: Gleichung der Form x2 = a mit a > 0 ◮ Reelle Zahlen: R enthält Q und zusätzlich die irrationalen Zahlen, also sämtliche endliche und unendliche Dezimalbrüche ◮ Graphische Repräsentation über Zahlenstrahl: ◮ Beispiele von Zahlen aus R: Etschberger - 18(HS = Weingarten) 0,125 endliche Dezimalzahl, rational Mathematik 1 Sommersemester 2008 130 7. Komplexe Zahlen Einführung Erweiterung der reellen Zahlen ◮ In den reellen Zahlen u.a. nicht uneinschränkt lösbar: Zahlenturm x2 = −1 ◮ Formale Lösungen: x1 = √ √ −1 und x2 = − −1 mit x1 , x2 ∈ /R ◮ Deswegen: Neues Symbol R i ◮ Eigenschaften: i2 = −1 bzw. i = ◮ Mit a, b ∈ R heißt z = a + ib √ −1 Q komplexe Zahl. ◮ Bezeichnungen für a, b: Realteil von z Imaginärteil von z Z Re(z) := a Im(z) := b N ◮ Menge der komplexen Zahlen: C := {a + ib; Etschberger (HS Weingarten) a, b ∈ R} Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 131 Elementare Algebra Elementare Verknüpfungen komplexer Zahlen ◮ Gegeben: z1 = a + ib; Addition: ◮ Multiplikation: ◮ Konjugiert komplexe Zahlen: ◮ Division (nur für z2 6= 0): ◮ Etschberger (HS Weingarten) z2 = c + id Mathematik 1 Sommersemester 2008 132 7. Komplexe Zahlen Elementare Algebra Eigenschaften ◮ Gegeben: z = a + ib Betrag: ◮ Realteil: ◮ Imaginärteil: ◮ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 133 Elementare Algebra Multiplikative Inversion ◮ Gegeben: z = a + ib und z 6= 0 ◮ Gesucht: z−1 mit z · z−1 = 1 (multiplikatives Inverses) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 134 7. Komplexe Zahlen Historie komplexer Zahlen Ursprünge der komplexen Zahlen ◮ Cardanos Ars Magna (erschienen 1545): Allgemeine Lösung kubischer Gleichungen ◮ Dadurch: Erste Hinweise auf komplexe Zahlen ◮ Cardano selbst über seine Entdeckung: So raffiniert wie nutzlos! “ ” ◮ Bombellis L’Algebra (1572): Erstes Rechnen mit komplexen Zahlen ◮ Berechnung von kubischen Gleichungen mit nur einer reellen Lösung ◮ Dazu nötig: Elementare Operationen mit komplexen Zahlen: Addition, Multiplikation ◮ Trotzdem: Bombelli über komplexe Zahlen: Die ganze Sache scheint eher der Sophisterei ” als der Wahrheit zu dienen! “ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Girolamo Cardano (1501 – 1576) Auszug aus L’Algebra (erschienen 1572) von Rafael Bombelli (1526 – 1572) Sommersemester 2008 135 Historie komplexer Zahlen Bombellis wilder Gedanke ◮ ◮ ◮ Kubische Gleichung aus L’Algebra: x3 = 15x + 4 Bombellis einzige reelle √ Lösung √ mit Lösungsformel: x = 3 2 + 11i + 3 2 − 11i Bombelli sieht: x muss gleich 4 sein. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 136 7. Komplexe Zahlen Historie komplexer Zahlen Dornröschenschlaf der komplexen Zahlen ◮ Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts: Keine befriedigende Antwort auf die Frage: Was ist eine komplexe Zahl? “ ” ◮ Leibniz (1702) über die imaginäre Einheit i: Dieses Amphib zwischen Existenz und ” Nicht-Existenz! “ ◮ Gottfried Wilhelm von Lebniz (1646 – 1716) Noch 1770 verbreitet Euler die Auffassung, dass √ √ √ −2 −3 = 6 und veröffentlicht: ... so ist klar, dass Quadrat-Wurzeln von Negativ-Zahlen nicht ” unter die möglichen Zahlen können gerechnet werden ... und gemeiniglich Imaginäre Zahlen, oder eingebildete Zahlen genennt werden, weil sie blos in der Einbildung statt finden “ Leonard Euler (1707 – 1783) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 137 Historie komplexer Zahlen Der Durchbruch: Geometrische Interpretation 1806 1787 Caspar Wessel (1745 – 1818) Jean-Robert Argand (1768 – 1822) (Bild: Bruder Johan Herman) Geometrische Interpretation komplexer Zahlen 1831 Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 138 7. Komplexe Zahlen Geometrie Komplexe Zahlenebene ◮ Idee: z = a + ib als Punkt im kartesischen xy-Koordinatensystem mit den Koordinaten (a, b) ◮ Alternativ: a + ib als Vektor, der (0, 0) mit (a, b) verbindet ◮ So betrachtet nennt man die Zeichenebene komplexe Zahlenebene Im(z) b 1 • • • 1 • −b • • (a, b) = a + ib a Re(z) (a, −b) = a − ib ◮ Damit: Punkte der Abszisse z = a + i · 0 stellen relle Zahlen dar Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 139 Geometrie Komplexe Zahlenebene Beispiele ◮ Gegeben: 4 + 3i, 4, 2 − 2i, −2 − 3i, −7 + i, 3i ◮ Konjugiert Komplexes von 4 + 3i Im(z) 1• • 1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Re(z) Sommersemester 2008 140 7. Komplexe Zahlen Geometrie Komplexe Zahlenebene: Addition Geometrie der komplexen Addition ◮ Gegeben: z1 = 1 + 2i und z2 = 1 + 1i ◮ Gesucht: z1 + z2 1 • • 1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 141 Geometrie Polarform komplexer Zahlen 1 Trigonometrie in der komplexen Zahlenebene • • 1 ◮ Definition Sinus, Kosinus über Reihen: cos ϕ = ∞ X (−1)n ϕ2n (2n)! ∞ X (−1)n ϕ2n+1 ϕ3 ϕ5 ϕ7 =ϕ− + − ... (2n + 1)! 3! 5! 7! n=0 sin ϕ = n=0 =1− ϕ2 ϕ4 ϕ6 + − ... 2! 4! 6! ◮ Reihendarstellung der Exponentialfunktion: ∞ X (iϕ)n ϕ2 ϕ3 ϕ4 ϕ5 ϕ6 ϕ7 = 1 + iϕ − −i + +i − −i eiϕ = n! 2! 3! 4! 5! 6! 7! n=0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 142 7. Komplexe Zahlen Geometrie Komplexe Zahlenebene: Multiplikation Geometrie der Multiplikation Gegeben: √ z1 = 1 + 3 · i, z2 = 1 + i Gesucht: z1 · z2 1 • • 1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 143 Geometrie Zahlenebene: Lösung algebraischer Gleichungen Beispiel: Lösungen der Gleichung z4 + 1 = 0? 1 • • Etschberger (HS Weingarten) 1 Mathematik 1 Sommersemester 2008 144 7. Komplexe Zahlen Geometrie Komplexe Funktionen visualisiert ◮ Gegeben: ◮ Visualisiere f:C→C mit f(z) = z4 + 1 - Betrag von f(z) mittels Helligkeit (weiß entspricht 0, schwarz entspricht einer großen Zahl), - Winkel von f(z) durch Farben (z.B. rot: Winkel um 0, türkis: Winkel um π) f(z) = z4 + 1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 7. Komplexe Zahlen Sommersemester 2008 145 Anwendungen Trigonometrie: Additionstheoreme ◮ Mittels eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ gilt eiϕ − e−iϕ sin ϕ = 2i und eiϕ + e−iϕ cos ϕ = 2 ◮ Damit leicht zu zeigen: Additionstheoreme, zum Beispiel: 2 cos2 ϕ = cos 2ϕ + 1 cos(3ϑ) = 4 cos3 (ϑ) − 3 cos(ϑ) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 1 Sommersemester 2008 146 7. Komplexe Zahlen Anwendungen Netzwerke mit Wechselstrom ◮ In Wechselstromkreisen gilt für die Spannung u(t) bzw. den Strom j(t) in Abhängigkeit von der Zeit t cosinusförmiger Verlauf: u(t) = u0 ·cos(ωt + α) j(t) = j0 ·cos(ωt + β) ◮ Betrachte u(t) und j(t) als Realteile komplexer Funktionen U(t) bzw. I(t), dann gilt: U(t) = u0 ei(ωt+α) und I(t) = j0 ei(ωt+β) ◮ Praktisch bei linearen Elementen (Ohmscher Widerstand, Kapazität, Induktivität). Dann gilt Ohmsches Gesetz: U(t) = Z · I(t) mit konstanten komplexen Widerständen Z gemäß: Symbol Etschberger (HS Weingarten) Bezeichnung reelle Größe komplexer Widerstand Widerstand R Z=R Kapazität C Induktivität L Mathematik 1 1 i =− iωC ωC Z = iωL Z= Sommersemester 2008 147