5. Erweiterungen der Zahlenmenge Die natürlichen Zahlen sind zwar abgeschlossen unter Addition und Multiplikation, denn für n, m ist (n + m) und (nm) . Dagegen ist n - m und n/m nicht immer eine natürliche Zahl. 5.1 Die ganzen Zahlen Die Erweiterung zu den ganzen Zahlen geschah im 13. Jahrhundert, im Zeitalter des aufblühenden Bankwesens, durch Leonardo von Pisa über die Interpretation von negativen Zahlen als Schulden. = { ..., -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ... } Leonardo von Pisa (1170 - 1240) = Fibonacci Die natürlichen Zahlen sind zwar abgeschlossen unter Addition und Multiplikation, denn für n, m ist (n + m) und (nm) . Dagegen ist n - m und n/m nicht immer eine natürliche Zahl. 5.1 Die ganzen Zahlen Die Erweiterung zu den ganzen Zahlen geschah im 13. Jahrhundert, im Zeitalter des aufblühenden Bankwesens, durch Leonardo von Pisa über die Interpretation von negativen Zahlen als Schulden = { ..., -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ... } Die ganzen Zahlen können als Äquivalenzklassen von Paaren aus natürlichen Zahlen, n1, n2 , definiert werden. 2 [(1, 3)] = { (n1, n2) | n2 - n1 = 2 } = { (1, 3), (2, 4), (3, 5), ... } 0 [(1, 1)] = { (n1, n2) | n2 = n1 } = { (1, 1), (2, 2), (3, 3), ... } (-1) [(2, 1)] = { (n1, n2) | n1 - n2 = 1 } = { (2, 1), (3, 2), (4, 3), ... } (-2) [(3, 1)] = { (n1, n2) | n1 - n2 = 2 } = { (3, 1), (4, 2), (5, 3), ... Die Abbildung Absolutbetrag bildet die ganze Zahl x auf die nicht negative Zahl |x| ab |x| = { x falls x 0 - x falls x 0 x ≤ |x| 5.4 Man beweise die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung |x + y| ≤ |x| + |y| Augustin Louis Cauchy (1789 - 1857) Hermann Amandus Schwarz (1843-1921) 5.4 Man beweise die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung |x + y| ≤ |x| + |y| 5.5 Man beweise die Ungleichung ||x| - |y|| ≤ |x - y| Die ganzen Zahlen bilden eine Gruppe (, +), denn mit der üblichen Addition erfüllen sie die Gruppenaxiome. 5.2 Gruppe Eine Gruppe (G, ) ist eine endliche oder unendliche Menge G zusammen mit einer Operation so dass: G ist abgeschlossen bezüglich der Operation a, b G: (a b) G (5.1) Die Operation ist assoziativ a, b, c G: (a b) c = a (b c) (5.2) In G existiert ein neutrales Element n (für alle Elemente dasselbe) n G a G: a n = a = n a (5.3) Zu jedem Element a der Gruppe existiert ein Inverses a-1 a G a-1 G: a a-1 = n (5.4) Ist außerdem kommutativ, so heißt (G, ) eine abelsche Gruppe. (, +) ist keine Gruppe (denn es fehlen das Neutrale und das Inverse). (, ) ist keine Gruppe (denn es fehlt das Inverse). ({ r | r 0 }, +) ist keine Gruppe (denn es fehlt das Inverse). (, +) ist eine abelsche Gruppe. (, ) ist keine Gruppe (denn es fehlt das Inverse zu 0). ({ r | r > 0 }, ) ist eine abelsche Gruppe. Es sei 3 die Menge aller dreikomponentigen Vektoren und + die Vektoraddition. Dann ist (3, +) eine abelsche Gruppe. Sei M die Menge aller umkehrbaren nn-Matrizen und die Matrixmultiplikation. Dann ist (M, ) eine nichtabelsche Gruppe. Es sei G = { 0, 1 } und die Verknüpfung definiert durch die Liste 00=0 01=1=10 11=0 Dann ist (G, ) eine abelsche Gruppe. Es sei M eine beliebige Menge. F(M) sei definiert durch F(M) = { f | f : M M ist bijektive lineare Abbildung } und sei die Verknüpfung von Abbildungen (f g)(M) = f(g(M)). Diese Verknüpfung ist assoziativ, und es existiert ein neutrales Element id: M M. Wegen der Bijektivität existiert zu jedem f die Umkehrabbildung f-1. (F(M), ) ist eine nichtabelsche Gruppe, nämlich die Gruppe der Transpositionen (Umstellungen) von M. III IX XI XI // \\ 5.3 Die rationalen Zahlen a c ad c b ad c b b d bd d b bd 2 2/2 1 6 6/2 3 a c ac b d bd a c a d / b d b c Schon im 14 Jahrhundert hat Nicole von Oresme mit Hilfe von Identitäten wie 43 = 64 = 82 sogar gebrochene Exponenten eingeführt 43/2 = 8 Vorsicht bei negativen Zahlen! (-8) = (-2)3 = (-2)6/2 = 64 = 8 ist falsch. Grundsätzlich dürfen nur positive Zahlen mit gebrochenen Exponenten versehen werden. Nicole von Oresme (1323 - 1382) Mit Hilfe der Exponentialrechnung kann man die rationalen Zahlen als Dezimalzahlen (d) oder Binärzahlen (b) darstellen: Dezimal: 725d = 7102 + 2101 + 5100 1/8d = 0,125d = 0100 + 110-1 + 210-2 + 510-3 1/3d = 0,333...d = 0100 + 310-1 + 310-2 + 310-3 + ... Binär: 1101b = 123 + 122 + 021 + 120 = 13d 11,01b = 121 + 120 + 02-1 + 12-2 = 3,25d Alle anderen positiven Zahlen außer 1 können anstelle von 10 oder 2 ebenfalls als Basis dienen. 5.2 Stellen Sie 2, 7, 45, 1/2, 17/4 als Binärzahlen dar. 5.3 Wandeln Sie 110011; 101; 100,001 in Dezimalzahlen um. Die Menge aller Brüche ist die Menge der rationalen Zahlen. ist abgeschlossen unter der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division (außer Division durch Null). Da jeder Bruch einen Zähler aus und einen Nenner aus besitzt, können die rationalen Zahlen auch als Äquivalenzklassen von Zahlenpaaren definiert werden. Sie bilden einen angeordneten Körper. Beispiele (mit z und n ): 1/2 [(1, 2)] = { (z, n) | 2z = n } = { (1, 2), (2, 4), (3, 6), ... } 0 [(0, 1)] = { (z, n) | z = 0 } = { (0, 1), (0, 2), (0, 3), ... } (-1/2) [(-1, 2)] = { (z, n) | 2z = -n } = { (-1, 2), (-2, 4), (-3, 6), ... } 5.4 Körper Ein Körper (K, +, ) ist eine endliche oder unendliche Menge K (mit mindestens zwei Elementen) zusammen mit zwei Verknüpfungen, die üblicherweise durch + und gekennzeichnet werden, so dass gilt: (K, +, ) ist abgeschlossen unter Addition und Multiplikation. (5.5) + und sind assoziativ und kommutativ. (5.6) ist distributiv über +: a, b, c K: a(b + c) = ab + ac. (5.7) Neutrales Element (+): 0 K a K: a + 0 = a = 0 + a. (5.8) Neutrales Element (): 1 K a K: 1a = a = a1. (5.9) Inverses (+): a K a' K: a + a' = 0 = a' + a. Inverses (): a K \ { 0 } a-1 K: aa-1 = 1 = a-1a. (5.10) Axiome der Anordnung a, b, c K: Es gilt genau eine der drei Aussagen: a < b, a = b, a > b (5.12) a < b b < c a < c. (5.13) a < b a + c < b + c. (5.14) a < b 0 < c a c < b c. (5.15) (5.12) bezeichnet man auch als Trichotomie. Beispiele für angeordnete Körper sind (, +, ) und (, +, ). Beide sind nicht algebraisch abgeschlossen, denn enthält keine Quadratwurzeln aus negativen Zahlen und enthält nicht einmal alle Wurzeln aus positiven rationalen Zahlen. (, +, ) ist Körper, algebraisch abgeschlossen, indem jede algebraische Gleichung eine Lösung in besitzt, doch die 5.5 Die reellen Zahlen 2 a/b 2b2 = a2 ? Jede Wurzel aus einer natürlichen Zahl, die nicht selbst eine natürliche Zahl ist, kann nicht als Bruch dargestellt werden. Man bezeichnet solche Zahlen als Irrationalzahlen. =U Die Gleichung x2 = 2 besitzt zwei Lösungen, nämlich 2 und -2. Dedekindsches Schnittaxiom Es seien A und B zwei Mengen mit folgenden Eigenschaften: AB= (5.16) A≠≠B (5.17) (a A b B) a < b (5.18) A A 0 B Dann existiert s , so dass für jedes a und jedes b B: a ≤ s ≤ b. A = { a | a ≤ 1 } und B = { b | b > 1 } A = { a | a < 1 } und B = { b | b 1 } A = { a | a < 2 } und B = { b | b > 2 } Richard Dedekind (1831 - 1916) Dann liefert das Schnittaxiom die reelle Zahl s = 2 . Es existiert keine rationale Zahl, welche die Forderung a ≤ s ≤ b erfüllte. 2 gehört nicht zu . 5.7 Die komplexen Zahlen x2 = (-1) imaginäre Einheit i = (-1) Eine komplexe Zahl z besteht aus Realteil a und Imaginärteil ib z = a + ib Ist a = 0, so heißt z imaginär, ist b = 0, so heißt z reell. Die Zahl kann als Vektor in der komplexen Ebene, auch GaußEbene genannt, veranschaulicht werden. Der Imaginärteil ib ist nicht konkret darstellbar (sonst wäre er reell). Daher drückt man seinen Betrag b mit Hilfe der als "imaginär" definierten senkrechten Achse aus. Der Betrag |z| der Zahl z ist die Länge des Vektors | z | a2 b2 Die komplex konjugierte Zahl z* Der Betrag |z| der Zahl z ist die Länge des Vektors | z | a2 b2 Die komplex konjugierte Zahl z* z* = a - ib |z|2 = zz* = a2 + b2 Addition und Subtraktion erfolgen komponentenweise: (a + ib) + (c + id) = (a + c) + i(b + d) (a + ib) - (c + id) = (a - c) + i(b - d) Bei der Multiplikation i2 = (-1) beachten, i2bd = -bd: (a + ib) (c + id) = (ac - bd ) + i(ad + bc) Bei der Division (a + ib) / (c + id) verwendet man den reellen Hauptnenner (c + id) (c - id): a ib a ib c id ac bd i (bc - ad) c id c id c id c2 d 2 i ii = i2 = -1 iii = i3 = -i iiii = i4 = 1 Rafael Bombelli (1526 – 1572) Addition und Subtraktion erfolgen komponentenweise: (a + ib) + (c + id) = (a + c) + i(b + d) (a + ib) - (c + id) = (a - c) + i(b - d) Bei der Multiplikation i2 = (-1) beachten, i2bd = -bd: (a + ib) (c + id) = (ac - bd ) + i(ad + bc) Bei der Division (a + ib) / (c + id) verwendet man den reellen Hauptnenner (c + id) (c - id): a ib a ib c id ac bd i (bc - ad ) c id c id c id c2 d 2 i ii = i2 = -1 iii = i3 = -i iiii = i4 = 1 iiiii = i5 = i Rafael Bombelli (1526 – 1572) i(a + ib) = -b + ia. i ii = i2 = -1 iii = i3 = -i iiii = i4 = 1 iiiii = i5 = i Um Wurzeln zu berechnen, ist die Komponentenform ungeeignet. i = ( 1 i 2 2 ) denn ( 1 i ) 2 2 ( 1 i ) 2 2 = 1 i i2 2 2 2 2 =i |z| = 1 = |eij| Polarform a = cosj b = sinj z = cosj + isinj cosj + isinj = eij Eulersche Gleichung | z | a2 b2 tanj = b/a eijeij* = eije-ij = (cosj + isinj)(cosj - isinj) = cos2j + sin2 z = |z|eij z1z2 = |z1|eij1 |z2|eij2 = |z1||z2|ei(j1 + j2) z1/z2 = |z1|eij1 / |z2|eij2 = ei(j1 - j2)|z1|/|z2| Die Multiplikation einer komplexen Zahl mit i = eip/2 dreht den Vektor um p/2 = 90°: eij i = eij eip/2 = ei(j+p/2) Exponentialrechnung zn = |z|n eijn n z = |z|1/n eij/n eij = ei(j + k2p) 1 = (ei2p)1/2 = eip = -1 und (ei(2p + 2p))1/2 = ei2p = 1. (-1) = (eip)1/2 = eip/2 = i und (ei(p + 2p))1/2 = ei3p/2 = -i. i = (eip/2)1/2 = eip/4 und (ei(p/2 + 2p))1/2 = ei5p/4. 3 1 = (ei2p)1/3 = ei2p/3 und (ei(2p + 2p))1/3 = ei4p/3 und (ei(2p + 4p))1/3 = ei6p/3 = 1. 41 = (ei2p)1/4 = eip/2 = i und (ei(2p + 2p))1/4 = eip = -1 und (ei(2p + 4p))1/4 = ei3p/2 = -i und (ei(2p + 6p))1/4 = ei2p = 1. 4 ( 1) = (eip)1/4 = eip/4 und (ei(p + 2p))1/4 = ei3p/4 und (ei(p + 4p))1/4 = ei5p/4 und (ei(p + 6p))1/4 = ei7p/4. |eij| = 1 Einheitswurzeln ( 2) (3) i 2 i 3 6 ( 2) ( 3) ( 2) ( 3) ( 1) 2 ( 1) 3 2 3 6 ? 5.7 Berechnen Sie (3 + 4i) + (7 + 2i) (3 + 5i) + (3 - 2i) (3 + 4i) - (3 - 2i) (2 - 4i) - (1 - 2i) (2 + 4i) (3 + 2i) (2 - 4i) (1 - 2i) (3 + 5i) / (1 + 2i) (3 + 5i) / (3 - 2i) 5.8 Zeichnen Sie die Zahlen und ihre komplex konjugierten Zahlen in die komplexe Ebene ein. 5.9 Berechnen Sie die Beträge. 5.10 Stellen Sie die Zahlen in Polarform dar und führen Sie die Multiplikationen und Divisionen darin aus. 5.11 Berechnen Sie die drei dritten Einheitswurzeln aus (-1), stellen Sie sie in Komponentenform dar und prüfen Sie die Ergebnisse durch dreimalige Multiplikation jeder Wurzel mit sich selbst in Komponentenform. 5.12 Berechnen Sie die fünf fünften Einheitswurzeln aus 1 und stellen Sie sie in Komponentenform dar.