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Sic et Non. Zeitschrift für Philosophie und Kultur. Im Netz.
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3/2006
Rezension zu „Gilles Deleuze – Zur Einführung“
von Michaela Ott, erschienen im Junius Verlag
Einleitung
Wer als unbedarfter Leser auf die Arbeiten von Gilles Deleuze stößt, wird unweigerlich sein
Heil in einer Werkseinführung suchen müssen. Mit Begriffen wie De – und
Reterritiorialiserung, Mannigfaltigkeiten, Differenz und Wiederholung als auch Flucht – und
Segmentierungslinien oder organlose Körper und Nomadentum lässt sich ohne Vertiefung
kaum etwas anfangen, zumal Deleuze sich überwiegend nicht einsteigerfreundlich
auszudrücken pflegte.
Michaela Ott wagt sich nun an eine Einführung in das Denken und Arbeiten von Gilles
Deleuze, in der bekannten Reihe „Zur Einführung“ des Junius-Verlages, der, wie Jacques
Derrida in seiner Grabesrede für Deleuze bemerkte, das Denken des 21. Jahrhunderts wohl
wie kein anderer zu prägen in der Lage sein dürfte. Auf derart begrenztem Raum kann ein
erschöpfender Überblick kaum gelingen.
Es bleiben da nur zwei Möglichkeiten der Vorgehensweise offen: Entweder die Entscheidung
fällt zugunsten einer leichtgängigen Übersicht, die gezwungenermaßen die Tiefen und Linien
deleuzschen Philosophierens außer Acht lässt und eben darum nur Teile des Denkens zu
beleuchten vermag; Oder es wird Wert darauf gelegt, das Denkens von Deleuze in allen
seinen Schichten zu beleuchten zuungunsten einer Vertiefung von Begriffen und
Arbeitsschritten.
Michaela Ott entschied sich dankenswerterweise für letzteren Weg und ist so in der Lage,
anhand prägnanter Formulierungen und Ausfaltung der deleuzschen Begriffe auch eine
chronologische Werksschau einschmuggeln zu können. Bemerkenswert dabei ist, ein
Verständnis der behandelten Begriffe vorausgesetzt, dass sich in der Tat ein Überblick ergibt,
der keine Fragen offen lässt, den begeisterten Leser aber dennoch auf die Werke von Deleuze
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verweisen muss, da an solcher Stelle eine tiefer gehende Einführung kaum möglich zu sein
scheint.
Die Methode
Die Einleitung zeichnet das Projekt des deleuzschen Denkens nach, betitelt mit „Werden als
Programm“. Der „Sohn seiner Ereignisse werden“ bedeutet für Deleuze, wie Ott ausführt, sich
gegenüber dem normativen, planbestimmten Denken des Wollens zu positionieren, um so die
„Zeit ihrer verordneten Linearität zu entreißen“. Das Projekt, das sich daraus ergibt, ist das
der Geo-Philosophie (Foucaultleser werden sich zurecht an eine „archäologische“ Philosophie
erinnert fühlen), nämlich die Philosophiegeschichte als Sedimente und Schichten von
Gedanken zu begreifen, um so eben Zeit nicht als Form der Anschauung oder lineare
Chronologie, sondern eben als mit den Dingen verwachsener ‚Urgrund’ zu behandeln - von
dem jedes Ereignis seine Quasi-Ursache erhält. So erklärt sich die Ablehnung von Ursprüngen
und Anfängen von Deleuze, da das Sein ins Werden überführt wird.
Deleuze’ Methode, mit und nicht über klassische Autoren zu sprechen, findet (bildet?)
thematisch einen Schwerpunkt bei Otts Einführung. Sie stellt dar, wie Deleuze versucht, das
„Unbekannte, ja Monströse im anderen ausfindig zu machen.“ In den Lektüren von Kant,
Bergson, Spinoza und Nietzsche als auch Proust und Sacher-Masoch spiegelt sich nach Otts
Meinung der deleuzsche Anspruch, per Differenz und Wiederholung den Autor auf eine
„unbewusste Wunschartikulation“ und „Passiologie“ hin abzuklopfen, was ihn eher in die
Nähe des Dekonstruktivismus als der Hermeneutik rückt. Ott kann so darstellen, wie Deleuze
die Abkehr von einer Ideengeschichte der Philosophie hin zu einer philosophischen Praxis
vollzieht. Denn Philosophie bedeutet für ihn das Zeichnen von Plänen und die Bildung von
Begriffen, keineswegs sollte Philosophie die Reflexion eines fertigen „Ideenhimmels“ sein.
Wie Deleuze sagt: „Keineswegs ist sie [die Philosophie] abstrakter als ihr Gegenstand.“
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Dieses Vorhaben ist nun vornehmlich als die „genuin philosophische Tätigkeit“ bezeichenbar
und hier wird auch die Nähe zu Jacques Derrida und Pierre Bourdieu, insbesondere dessen
Anspruch einer „Logik der Praxis“1 sichtbar.
Die Methode von Differenz und Wiederholung, nach dem Buch gleichen Titels aus dem Jahre
1968, stellt sich für Ott als einer der fundamentalsten im Durchgang durch Deleuze’ Arbeiten
dar. Die „Verlangsamung der Denkprozesse“ und die „Vergrößerung der zu analysierenden
Gedankengänge“ und damit die einhergehende Begriffstransformation als auch die
„Freilegung
von
Subtexten“
kennzeichnen
das
Verfahren
des
freundschaftlich-
wissenschaftlichen Umgangs mit dem Anderen. Ott gelingt die Darstellung, wie Deleuze aus
der Lektüre der erwähnten Autoren seine eigenen Arbeiten zu bereichern in der Lage ist mit
Aspekten, die zuvor nicht entdeckbar gewesen sind. Dazu ist eine interpretative Methode,
welche durch die refrainartige Wiederholung verborgenes, nicht neues zutage fördert,
notwendig.
Geophilosophie
Vielfach gehört, dennoch oft unverstanden sind die deleuzeschen, geophilosophischen
Begriffe wie das Mannigfaltige, Virtualität und Immanenzplan. Nach Ott dienen sie „dem
Versuch der Bezeichnung jener zugleich transzendentalen und immanenten Ebene“.
Die Virtualität als Feld der unbewussten Tätigkeiten, die „keiner Negation und Zeit
unterstehen“
und
Kräftespannungen
somit
des
nicht
aktualisierbar
Mannigfaltigen,
sein
können,
also dem nicht durch
„überfliegen“
durch
Vereinheitlichungen
beizukommenden Zeichen und Markierungen das virtuelle Feld und bringen so das Denken
hervor, dass sich trotz seiner „Höhe“ kontinuierlich auf das Unbewusste rückbezieht. Diese
„wechselseitige Bezugnahme“ wird von Deleuze als Immanenzplan bezeichnet. Ein Vorgang,
der Denken und unbewusste Wünsche und Triebe vereinigt und somit dem subjektiven
Anspruch Rechnung tragen kann. Der Immanenzplan kann so als „fortgesetzte
Vervielfältigung der Denkvorgänge aus sich selbst, fortgesetzte Selbstdifferenzierung“
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Vgl. Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn; Frankfurt am Main 1993; S. 147-179
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verstanden werden, wobei er transzendente Signifikate durch den Wiederholungsprozess
konsequent ausschließt. Wie Deleuze meint, wird durch die Quasi-Ursprünge, wodurch der
Immanenzplan
konstituiert
wird,
eine
vollkommene
Ausschöpfung
unmöglich.
Objektivierbares wie Klassifikationen und Taxonomien laufen dadurch auf eine ungenügende
Darstellung zu, da sie unmöglich in der Lage sein können, das Mannigfaltige abzubilden.
Ott konstatiert damit folgerichtig: „Diesem unerschöpflichen Produktionsprozess denkerisch
zu entsprechen ist das Ethos der deleuzeschen Philosophie.“
Relektüren
Die bereits angesprochenen philosophischen Lektüren werden von Ott im Laufe ihrer
Einführung vertieft und gesondert dargestellt.
Eingehend werden die Lektüren behandelt und verknüpft: David Hume, bei welchem Deleuze
„das Grundprinzip des Empirismus, das Differenzprinzip“ entdeckt, Kant den er als „Feind“
brandmarkt, welcher „durch die Hintertür unkritische Annahmen wieder einführt“, die
Vermögen, welche Kant postuliert, seien nur durch den „guten Willen des Denkers“ im
Gleichgewicht zu halten, der das Unterbewusstsein verleugnen muss und sich der Vernunft
unterwerfen muss, was schließlich in (einer?)der Einbuße von Freiheit mündet.
Als wohlwollend stellt Ott die Lektüre Nietzsches heraus, in welcher Deleuze den „Willen zur
Macht“ als eine „Mächtigkeit/Potenz“ liest, um „neue Positionen des Denkens generieren“ zu
können. Nietzsches genealogische Methode wird durch Deleuze zum „differentiellen
Element“, wodurch Kräfteverhältnisse zutage treten.
Bergsons Zeitkonzeptionen dienen Deleuze zur Bildung von Begriffen wie „ontologische
Differenz“ und das „Prinzip des Werdens“, eben gerade dadurch, weil Zeit nicht
quantifizierbar sei, sondern von Deleuze im Gefolge Bergsons als „unteilbare[r], qualitative[r]
Zeitstrom“ verstanden wird. Ebenso wie die Zeit, fällt auch der Raum einer Umdeutung zum
Opfer: Er erscheint nicht mehr, wie bei Descartes zum Beispiel, als Materie oder etwas
Ausgedehntes, sondern als „Schema der Materie“, welches in der Lage ist, im Verbund mit
der Zeit ständig seine Virtualität zu aktualisieren.
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Mit Spinoza schließlich dreht sich das Denken von Deleuze um das „Fragen eines
vitalistischen Denkens, welches das Sein als Stimme auffasst, die eben gerade Nicht-Seiendes
sei, aber durchaus in der Lage, eine Nivellierung herbeizuführen und sich gegen eine
Auffassung von hierarchisch geordneten Vermögen stellt, wie sie bei Kant unübersehbar im
Mittelpunkt stehen.
Danach stellt Ott die Lektüren literarischer Texte vor, von Marcel Proust über Lewis Caroll,
Sacher-Masoch bis hin zu Franz Kafka, aber auch über amerikanischen Autoren, wie Herman
Melville, F. Scott Fitzgerald, Henry Miller und Virginia Woolf erstrecken sich die Arbeiten
von Deleuze, die die Autorin hier beleuchtet. In der Proust-Lektüre wird das „molekulare Ich“
entwickelt, bei Sacher-Masoch unter anderem das Prinzip einer „mannigfaltigen
Geschlechtlichkeit“ freigelegt, bei Kafka eine Distanzierung vom Ich konstatiert, die
Ausdrucksmaschine in Anschlag gebracht, die Deleuze in der Funktion des K, also der
Entautorisierung von Kafka zu K, wie beispielsweise in dessen Werk „Der Prozess“, zu
erkennen glaubt, wobei die Gedanken hierbei sich wieder dem Rhizom zuwenden, da die KFunktion, wie Deleuze meint, „aus sich heraus wuchert“.
Am Beispiel der amerikanischen Autoren erläutert Ott dem Leser, was es mit dem
„nomadisierenden Schriftverfahren“ auf sich hat: Allein schon durch die territoriale Differenz
der USA zu Europa erkennt Deleuze eine Emanzipation und eine Untergrabung der „ödipalen
Ordnung“, was zu einem neuen, beweglicheren, eben nomadisierenden Verfahren in der
Literatur führte. Bei allen Autoren findet Deleuze das Prinzip des Werdens vor, vom TierWerden wie bei Woolf bis hin zum „Kollektiv-Werden“ bei Melville.
Wunschmaschinen und organlose Körper
Die bekanntesten, wohl am meisten fehlintepretierten und vereinnahmten Arbeiten von
Deleuze stammen aus der 68er Ära oder folgen auf diese. Wie Ott erklärt, fanden zu dieser
Zeit, vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem Psychiater Felix Guattari, Veränderungen
in der Ausarbeitung des Denkens von Deleuze statt:
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„Die politischen Ereignisse bringen eine stärkere Einbeziehung des gesellschaftlichen Feldes
und eine Umdeutung des Unbewussten mit sich, welche eine Transposition der bisherigen
Fragestellungen auf andere Ebenen und die Einbeziehung anderer Wissensfelder zur Folge
haben.“
Anti-Ödipus, als erste Zusammenarbeit von Deleuze und Guattari, stellt sich der traditionellen
Psychoanalyse entgegen. Klassifikationszwänge und die Heranziehung „mythischer
Erzählungen“, also symbolischer Archetypen wie die des Ödipus. Gegenüber dem
Ödipalisierungsverfahren, wie Deleuze und Guattari die Methode der Psychoanalyse
charakterisieren, wird die von ihnen eingeführte Schizo-Analyse in Anschlag gebracht,
welche Ott im Laufe des vierten Kapitels ausführt.
Wer das Buch kennt, erinnert sich sicherlich an den provokativen Ton, mit dem Anti-Ödipus
anhebt und der zunächst irritierende Duktus der Maschinen, welcher, wie Ott ausführt, die
Möglichkeit eröffnet, „natürliche und gesellschaftliche Vorgänge als miteinander verbundene
produktive Prozesse zu verstehen“. An – und Abkopplungsprozesse von Maschinen, welcher
Art sie auch sein mögen, stellen am eindrucksvollsten dar, welche Vorstellung die Autoren
Deleuze und Guattari im Auge haben. Es kommt eben nicht auf den Modus der Prozesse als
vielmehr ihren Status in einer Gesellschaftsform oder auch bei jedem Individuationsprozess
an.
Das „anfängliche Unproduktive“, der organlose Körper, dessen Erörterung von Ott nun
angeschlossen wird, dient zur Darlegung des Produktionscharakters der Maschinen. Im
organlosen
Körper,
mit
dem
freudschen
Es
gleichgesetzt,
spielen
sich
die
Wunschartikulationen ab, „die sich selbst hervorbringen“ und dadurch in der Lage sind,
komplexe und heterogene Produktionsprozesse hervorzubringen. Damit erschöpft sich aber
auch schon Otts Darstellung des organlosen Körpers, dem Interessierten sei das Kapitel aus
Tausend Plateaus von Deleuze und Guattari aus dem Jahre 1980, „Wie man sich einen
Organlosen Körper verschafft“ ans Herz gelegt.
Kunst und Kino
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Ott schließt ihre Einführung mit der Darstellung der Schriften Deleuzes zu Malerei und Kino.
Sie zeigt auf, dass es Deleuze vor allem auf figurative Bildlösungen im Verband mit
Bewegung und Affekt ankommt. Indem er sich auf die Arbeiten des französischen Maler
Francis Bacon stützt, die oftmals verzerrte Körper darstellen, kann Deleuze darstellen, wie
Malerei der Wiedergabe eines Modells oder der Geschichtenerzählung entkommen kann,
indem sie sich dem Abstrakten und Figurativen zuwendet. Als „reines Kraftquantum“, als
Intensität stellt sich das Figurative dem Figuralen entgegen. Was Deleuze anhand der
Gemälde Bacons als „Sensation“ bezeichnet, erläutert Ott als ein im Gemälde aufscheinender
„Rohzustand, als Affektbündel“. Kunst sollte nach Deleuze auch die Kraft der Zeit sichtbar
machen, welche in der Zeitabhängigkeit baconscher Malerei deutlich zutage tritt und so „die
optisch-perspektivistische Repräsentation“ unterläuft als auch, wie Deleuze es nennt,
„Diagramme“ entfaltet, welche keine Wahrnehmungseffekte, wie es das Sensationelle
gegenüber der Sensation wäre, hervorruft, sondern eben „entfesselte Macht“. Das Sehen wird
in die Funktion des Tastens, nicht des Optischen und Rezeptiven gezwungen, was Deleuze als
„haptisch“ bezeichnet.
Ott stellt im Anschluss (zuletzt?) die Schriften zum Kino vor, in welchen Deleuze in
Anlehnung an Bergsons Begriff der Dauer das Filmische aus der Annahme folgt, „dass die
Welt unendliche ‹ Dauer › von Bewegungen und Bildern ist, die sich dezentriert wechselseitig
reflektieren.“ Im Hinblick auf das Verhältnis von Film zu Zeit stellen sich die von Deleuze
geprägten Begriffe „Bewegungsbild“ und „Zeit-Bild“ dar: Er erkennt einen Wandel vom
Bewegungsbild, welches nach Ott durch bestimmte Aktionen und Abläufe gekennzeichnet ist
und die Zeitlichkeit vernachlässigt, hin zum „Zeit-Bild“, das „die Zeit zum Subjekt des Films
werden“ lässt, wodurch Bewegung und Erzählung, welche zuvor dominierten, in den
Hintergrund rücken lässt. Des Weiteren beleuchtet Ott „Wahrnehmungsbild“ und
„Aktionsbild“ und rundet so sehr detailreich den deleuzschen Blick auf das Kino und seine
„Lebensmächtigkeit“ ab. Ott kann in diesem Kapitel darstellen, für wie wichtig und
bereichernd Deleuze das Kino hielt, weil es gerade „nicht die Welt filmt, sondern den
Glauben an die Welt“. Im Gegensatz zu Bergson, der den Film als Lieferant „falscher
Bewegungen“ welcher der Zeit eine Form von hintergründiger, nicht wahrnehmbarer Zeit
durch die Schnitttechnik hinzufügt, ansieht,. Deleuze adelt das Kino nach dem Zweiten
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Weltkrieg, so meint Ott, indem er es „als visionäre Kunst“ versteht, „die wie keine andere das
Kommende imaginiert und Zukunft möglich werden lässt.“
Fazit
Zu danken ist Ott dafür, dass diese Einführung in das Denken und Arbeiten von Gilles
Deleuze nicht denjenigen Vorschub leistet, die Deleuze einen Kultstatus in den Bereichen
Kunst und Medien zuweisen möchten. Ihr Anliegen ist vielmehr, der „aufkommenden Gefahr
leerer und unkritischer Repetition“ mit einem wissenschaftlich abgefassten Blick aus der
deleuzschen Philosophie und in sie hinein, zu begegnen.
Den Vorwurf, nicht tief genug auf die Grundlinien deleuzschen Denkens eingegangen zu sein,
kann man Ott freilich ernsthaft nicht machen. Eine Einführung in einen derart komplexen
Gedankenkosmos, wie Deleuze ihn hinterlassen hat, muss sich auf die Voraussetzung einer
gewissen Vorkenntnis beim Leser stützen. Sicherlich sind einfach gehaltenere Einführungen
möglich, gelingen aber sicherlich nur zu Ungunsten einer kompakten und übersichtlichen
Darstellung und müssen zwangsweise wichtige Aspekte außer Acht lassen.
Demjenigen Leser, dem Deleuze schon bekannt ist und der sich auf der Suche nach einem
Einstieg in die Arbeiten befindet, sei diese Einführung ans Herz gelegt. Viele Linien und
Schichten deleuzschen Denkens werden von Ott eröffnet, aber auch wieder flott zugunsten
andere Begriffe oder Perspektiven verlassen, um ein Gesamtbild zu zeichnen. Der Leser ohne
bisherigen Kontakt zu Deleuze oder philosophischen Vorkenntnissen sollte sich zunächst in
andere Einführungen flüchten. Auch wenn es nach Deleuze keinen Ursprung oder Anfang zu
geben scheint, ist dem Einstieg in die Philosophie durch Deleuze nur abzuraten.
Doch bleibt trotz allem zu hoffen, dass diese Einführung viele Leser finden und erreichen
wird, denn die Arbeiten von Gilles Deleuze bedürfen trotz glänzender Arbeiten wie Marc
Röllis Buch Gilles Deleuze – Philosophie des transzendentalen Empirismus, weitere
Rezeption und Vertiefung, denn das 21. Jahrhundert soll ein deleuzianisches sein.
Christian Diel, Darmstadt
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