Ökonomischer Begründungszusammenhang für die Einführung von Qualitätsgütesiegeln im Gesundheitstourismus im Rahmen des Projektes “Netzwerkinitiative Medical Wellness – Qualität für Mecklenburg-Vorpommern” Güstrow, August 2009 Prof. Dr. André Schulz Baltic College I Einleitung Qualität wird nach allgemeiner Auffassung als eine Möglichkeit für gesundheitstouristische Leistungsträger gesehen, Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu realisieren. Aufgrund der Charakteristik gesundheitstouristischer Dienstleistungen (Immaterialität, Komplexität, Gesundheit mit hoher Bedeutung für den Nachfrager) ist eine ex ante Qualitätsverifikation für den Nachfrager allerdings nicht möglich. Gleichwohl müssen Wettbewerbsvorteile definitionsgemäß von den Nachfragern / Gästen wahrgenommen werden können. Eine probate Möglichkeit zur Lösung des Qualitätsproblems, das sich bei genauerer Betrachtung als ein Informationsproblem herausstellt, ist die Qualitätsbeurteilung an Hand von wenigen, gleichwohl aber entscheidenden Schlüsselinformationen. Diese Schlüsselinformationen sind dann extrinsische Merkmale wie sie im Gesundheitstourismus durch Qualitätsgütesiegel repräsentiert werden. Nachfolgend soll unter Bezugnahme auf die einschlägigen Arbeiten der Informationsökonomie der Frage nachgegangen werden, (i) wie der Markt für gesundheitstouristische Leistungen in Bezug auf die Möglichkeiten der Qualitätsverifikation zu charakterisieren ist und (ii) welchen ökonomischen Nutzen die Marktteilnehmer jeweils aus der Einführung und Existenz von Qualitätsgütesiegeln ziehen. II Informationsstruktur auf gesundheitstouristischen Märkten mit Qualitätsunsicherheit Den folgenden Erläuterungen soll der in der Informationsökonomie allgemein verwendete Qualitätsbegriff zugrunde gelegt werden. Danach ist es, erstens, für vollkommen informierte Nachfrager stets möglich zu entscheiden, ob zwei Leistungen von gleicher Qualität sind oder ob eine besser als die andere geeignet ist, ein Bedürfnis zu befriedigen. Außerdem stimmen alle Konsumenten in der Rangordnung der Leistungen überein, wenn auch nicht notwendigerweise in der Frage, wie hoch der Qualitätsunterschied zu bewerten ist. Zweitens wird eine positive Korrelation zwischen Produktionskosten und Produktqualität unterstellt. Beide Annahmen erscheinen relativ unproblematisch, solange man sich bewusst ist, dass damit nur ein – wenn auch bedeutsamer – Teilbereich des Qualitätsproblems beleuchtet wird. Abbott (1955) bezeichnet die mit dieser Abgrenzung erfassten Qualitätsunterschiede als „vertical differences“ im Gegensatz zu „horizontal differences“ und „innovational differences“. Vertikale Unterschiede liegen dann vor, wenn Produkte in der quantitativen Ausprägung eines Merkmals verschieden sind. Bezogen auf gesundheitstouristische Leistungsträger seien als Beispiele genannt: die fachspezifische Ausbildungsdauer und Regelmäßigkeit der Weiterqualifikation des Personals, die ärztliche Verfügbarkeit während des Aufent2 halts oder der Umfang der Dokumentation der Ergebnisse des Aufenthaltes zur Erzielung der Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Horizontale Qualitätsunterschiede liegen vor, wenn verschiedene Individuen gegebene Produktqualitäten in abweichender Reihenfolge einordnen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn Nachfrager Produkte und Leistungen aufgrund ihrer Eigenschaften kaufen / buchen und jedes Produkt mehrere Charakteristiken aufweist. Während der vollkommen informierte Nachfrager i das Produkt des Anbieters A dem des Anbieters B vorzieht, entscheidet sich ein ebenso vollkommen informierter Käufer j möglicherweise umgekehrt. Die Ursache liegt darin, dass verschiedene Nachfrager entsprechend ihren Präferenzen die einzelnen Produkteigenschaften unterschiedlich bewerten. Die Ursache liegt mithin in unterschiedlichen Wertvorstellungen. Kostenunterschiede bestehen nicht notwendigerweise, sondern fallen eher zufällig an. So ist es denkbar und selbstverständlich auch gängige Praxis, dass verschiedene Medical-Wellness-Angebote mit den gleichen Produktionskosten verbunden sind, dennoch Nachfrager – nach ihren spezifischen Bedürfnissen – sich beispielsweise für ein anerkanntes Naturheilverfahren entscheiden, während andere eine physikalische Therapie vorziehen. Innovatorische Qualitätsunterschiede sind demgegenüber durch technischen oder verfahrenstechnischen Fortschritt bedingt. Dieser führt zu Qualitätsverbesserungen, die von den meisten Nachfragern begrüßt werden, selbst wenn Kostenerhöhungen damit verbunden sein sollten. Gerade in diesen Fällen ist es aber möglich, dass keine höheren Produktionskosten entstehen. Wenn nachfolgend horizontale Qualitätsunterschiede aus der Betrachtung ausgeklammert sind, so wird deutlich, dass das Augenmerk auf objektiv messbare Qualitätsunterschiede gerichtet ist, im Gegensatz zu Bewertungen, die in abweichenden Präferenzen der Individuen begründet liegen. Es geht ferner grundsätzlich um Qualitätsunterschiede und nicht um die Frage der Produktvielfalt. Die Art der Unsicherheit, die hier behandelt werden soll, ist die unvollständige Qualitätsinformation auf Seiten der Nachfrager. Ein Tatbestand, der konstitutiv für den Markt gesundheitstouristischer Leistungen ist und mit der zunehmenden Marktakzeptanz der Angebote und im Zusammenhang mit dem Markteintritt weiterer (in- und ausländischer) Anbieter auch in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird. Für gesundheitstouristische Leistungsträger wird hingegen angenommen, dass sie über die individuellen Eigenschaften ihrer Leistung vollkommen informiert sind. Diese Vorstellung scheint insofern angemessen, als gesundheitstouristische Leistungsträger mit der Wahl und Steuerung des Angebots- und Leistungsprozesses die Qualität des angebotenen Produktes festlegen. Für alle Leistungen, die auf dem gesundheitstouristischen Markt angeboten und als alternativ für einen gegebenen Zweck angesehen werden können, wird angenommen, dass sie von den Nachfragern entsprechend der Produktqualität in eine einheitliche Rangordnung gebracht werden, sofern die 3 Qualitätseigenschaften bekannt sind. In der Realität sind allerdings nicht alle Marktteilnehmer stets so gut informiert. Es besteht Qualitätsunsicherheit, und da es durchaus rational sein kann, nicht vollkommen informiert zu sein, wenn die Beschaffung von Informationen mit Kosten verbunden ist, bleibt Qualitätsunsicherheit umso stärker bestehen, je höher die Kosten für Information sind. Unvollständige Information stellte an sich kein so gravierendes Problem dar, wenn Information ein Produkt wie jedes andere wäre. Die Produktion von Informationen weist jedoch Charakteristika auf, die vermuten lassen, dass ihre Bereitstellung durch private Anbieter nur unvollständig möglich ist.1 Hingewiesen sei hier nur auf die der Information innewohnenden Eigenschaften eines öffentlichen Gutes. Sobald ein Informationsvermittler Qualitätsinformationen an einen Konsumenten abgegeben hat, kann er in der Regel nicht verhindern, dass dieser die Information weitergibt. Die Weitergabe kann zwar vertraglich ausgeschlossen werden, die Einhaltung dieser Absprache ist allerdings kaum kontrollierbar. Im Extremfall kann ein Anbieter jede Qualitätsinformation nur einmal verkaufen. Den Preis, den er verlangen müsste, um dennoch einen Anreiz für dieses Geschäft zu verspüren, wird in vielen Fällen so hoch sein, dass kein Konsument bereit ist, die Leistung nachzufragen. Andererseits ist es den Nachfragern natürlich nicht völlig unmöglich, die Qualität eines Produktes mittels eigener Bemühungen festzustellen. In diesem Zusammenhang ist es in der Literatur üblich geworden, Märkte für drei idealtypische Produktkategorien zu unterscheiden, mit deren Hilfe das Problem unzureichender Information präziser formuliert werden kann. So spricht man seit Nelson (1970) von Märkten für „search-goods“, „search-qualities“ oder Suchgütern, wenn es den Nachfragern bereits zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung durch einfache Inspektion2 möglich ist, die Leistungsmerkmale eines Produktes zu erkennen. Ebenfalls von Nelson wurde in dem gleichen Artikel der Begriff des „experience-goods“, „experience-qualities“ oder Erfahrungsgutes geprägt. Damit sind solche Waren und Dienstleistungen gemeint, deren Qualität ein Konsument zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung (ex ante) noch nicht identifizieren kann, die sich vielmehr erst im Laufe des Gebrauchs oder Konsums offenbaren. Auf eine dritte Kategorie von Märkten haben Darbi und Karni (1973) hingewiesen. Sie sprechen von „credence-goods“, „credence-qualities“ oder Vertrauensgütern, wenn Qualitätsmerkmale selbst im Konsum nur unvollständig beurteilt werden können. Solch ein Fall mag eintreten, wenn die jeweilige Leistung zusammen mit anderen Inputfaktoren zur Erzeugung eines gewünschten Outputs verwendet wird, entweder ein stochastischer Produktionsprozess zugrunde liegt und / oder die Qualität der anderen Inputs nur unvollständig bekannt sind. Vertrauensgüter zeichnen sich dadurch aus, dass neben der 1 Für einen Überblick vgl. z.B. Shapiro 1983. 2 Hirshleifer (1973) bevorzugt aufgrund dieses Merkmals den Ausdruck „inspection-goods“. 4 Information durch späteren Gebrauch noch zusätzliche Aufwendungen erforderlich sind, wenn die Qualität eines Produktes näher bestimmt werden soll. In einfachsten Fall könnte man sich vorstellen, dass ein Produkt im Konsum mehrfach bewertet werden muss, bevor eine Beurteilung der gelieferten Qualität möglich erscheint. Hinter diesen Kategorien steht die Vermutung, dass für bestimmte Produkte die Informationsbeschaffung durch Inspektion die günstigste Methode der Qualitätsbestimmung darstellt, während für andere Güter Information durch Erfahrung mit den geringsten Kosten verbunden ist. Realistischerweise wird man davon ausgehen müssen, dass Nachfrager oftmals zwischen beiden Alternativen substituieren können. Insbesondere hängt es vom Sachverstand und dem Vorwissen ab, in welchem Umfang geeigneterweise auf Information durch Inspektion oder durch Erfahrung zurückzugreifen ist. Insofern handelt es sich bei der Einteilung in reine Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgüter um eine künstliche Unterscheidung, die nur aus Gründen der terminologischen Klarheit gerechtfertigt ist. Basierend auf den vorhergehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass bei gesundheitstouristischen Leistungen und bei Medical Wellness-Angeboten insbesondere Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften eine bedeutende Rolle spielen. Für den geringen Anteil an Sucheigenschaften können insgesamt folgende Gründe angeführt werden: 3 Gesundheitstouristische Leistungen weisen meist eine hohe Komplexität auf, so dass eine Beurteilung zahlreicher Qualitätseigenschaften vor dem Kauf nicht möglich oder zu zeit- und kostenintensiv ist. Die oftmals geringe Kompatibilität gesundheitstouristischer Leistungen mit bestehenden Erfahrungen erschwert insgesamt die Qualitätsbeurteilung der betreffenden Leistungsbestandteile. Insbesondere die mangelnde Erfahrung mit gesundheitstouristischen Leistungen und das damit verbundene unzureichende Beurteilungsvermögen verhindern die Möglichkeit der Qualitätsbeurteilung verschiedener Leistungseigenschaften vor der Buchung. Auf dem gesundheitstouristischen Markt werden häufig Leistungen angeboten, die aus der fernöstlichen Medizin stammen oder von dort entlehnt sind. Dem Nachfrager fehlt es oftmals an Kenntnissen und Erfahrungen zur Einschätzung der Indikation und Wirkungsweise dieser Angebote. 3 Medical Wellness-Angebote werden nachfolgend der Einfachheit halber unter die Kategorie „gesundheitstouristische Leistungen“ subsumiert. 5 Folgt man der allgemein verbreiteten Auffassung, nach der Gesundheit das höchste Gut des Menschen ist, so ist nachvollziehbar, dass gerade bei gesundheitstouristischen Leistungen Vertrauen die Grundlage für die Buchungsentscheidung darstellt. Die Kommunizierbarkeit von bedeutenden Eigenschaften gesundheitstouristischer Leistungen gestaltet sich nicht zuletzt aufgrund der hohen Komplexität i.d.R. recht schwierig, so dass eine Informationsvermittlung bezüglich zahlreicher Eigenschaften vor der Buchung nur schwer möglich ist. Erwartungen bezüglich des Nutzens der Anwendungen kurativer und / oder präventiver Maßnahmen manifestieren sich erst in der Zukunft. Damit ist eine Beurteilung dieses Nutzens vor der Buchung nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Grundsätzlich ist die Mitwirkung des Gastes bei dem individuellen Erstellungsprozess der gesundheitstouristischen Leistung erforderlich. Durch die individuell gesteuerte Integration des externen Faktors in den Leistungserstellungsprozess durch den Leistungsträger ist dem Gast eine anfängliche Qualitätsbeurteilung des Leistungsergebnisses nicht möglich. Dies kann zusätzlich auch darin begründet sein, dass der Gast zwar seinen eigenen Integrationswillen kennt, jedoch seine Integrationsfähigkeit in den Leistungserstellungsprozess ex ante nicht beurteilen kann. Wenn eine Vielzahl von Produkten sowohl Such- als auch Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften aufweist, so ist es zur Analyse von Märkten mit unvollständiger Nachfragerinformation – wie es für den gesundheitstouristischen Markt konstitutiv ist – zweckmäßig, den Begriff der Minimum- oder Mindestqualität einzuführen (vgl. hierzu Klein / Leffler 1981). Unter Minimumqualität wird ein bestimmtes Qualitätsniveau q0, der durch Inspektion erkennbaren Leistungsmerkmale eines ansonsten als Erfahrungs- oder auch Vertrauensgut einzustufenden Produktes verstanden. Bei diesen Leistungsmerkmalen weiß ein Konsument, dass es sich um ein Produkt mit höherer Qualität q > q0 handeln kann, aber nicht notwendigerweise handeln muss. Um nachfolgend von einem einheitlichen Wert für die Minimumqualität eines Produktes ausgehen zu können, wird unterstellt, die weit überwiegende Mehrzahl aller Konsumenten habe den gleichen Sachverstand und das gleiche Vorwissen. Mindestqualität umfasst gerade jene Leistungsmerkmale, deren Vorhandensein von allen Nachfragern bereits zum Zeitpunkt der Kauf- / Buchungsentscheidung durch einfache Inspektion überprüft werden kann. Jede darüber hinaus gehende Information durch Inspektion ist für den Konsumenten im Allgemeinen mit prohibitiv hohen Kosten verbunden. Darüber hinaus mag es auch immer einige wenige Nachfrager geben, die über einen höheren Sachverstand verfügen. Dabei kann es sich beispielsweise um Wiederholungsbucher gesundheitstouristischer Leistungsbündel handeln oder um fachlich vorgebildete Nachfrager. 6 Auf dem gesundheitstouristischen Markt werden ausschließlich Erfahrungs- und Vertrauensqualitäten gehandelt. Durch die Immaterialität der Dienstleistung ist eine ex ante Qualitätsverifikation ausgeschlossen. Das einzige Gut, das auf dem gesundheitstouristischen Markt zum Zeitpunkt der Buchung gehandelt wird ist ein Leistungsversprechen: der Anbieter verspricht dem Gast eine bestimmte Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt und über einen definierten Zeitraum in der ausgelobten Qualität zu realisieren. Ob sich der Anbieter an sein Leistungsversprechen hält oder sich an sein Verspechen gebunden fühlt, ist für den Gast völlig ungewiss. Ungewiss ist auch, ob der Anbieter überhaupt über die Fähigkeit und Bereitschaft verfügt, die Leistung in der versprochenen Qualität zu konkretisieren. Dieses wirkt umso schwerer als der Gast ihm das kostbarste Gut – nämlich seine Gesundheit – mit dem Ziel präventiver und / oder kurativer Maßnahmen anvertraut. Die gesundheitstouristische Leistung wird letztlich erst dann produziert, wenn sich der Gast als externer Produktionsfaktor in den Leistungserstellungsprozess integriert. Frühestens in diesem Moment ist er in der Lage, die Qualität der erbrachten Leistung zu beurteilen. Für den gesundheitstouristischen Markt ist insofern eine Qualitätsunsicherheit aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Anbieter und Gast konstitutiv. Diese Informationsasymmetrie kann der Anbieter opportunistisch zu seinen Gunsten ausnutzen. Dies bedeutet aber nichts anderes als dass der eigentliche Wettbewerb unter den Anbietern gesundheitstouristischer Leistungen auf dem vorgelagerten Informationsmarkt stattfindet. Wettbewerbsvorteile erzielt ausschließlich derjenige Anbieter, der in der Lage ist, dem potenziellen Gast die glaubhaftesten und kostengünstigsten Qualitätsinformationen zur Verfügung zu stellen. Hierbei handelt es sich dann um Informationssurrogate, die die Qualität der gesundheitstouristischen Leistungen indirekt aber glaubhaft repräsentieren. Aus Erfahrungs- und Vertrauensgüter werden somit notwendigerweise Suchgüter: nicht mehr die eigentliche Leistung wird einer Qualitätsverifikation unterzogen, sondern das Qualitätsgütesiegel dient als Qualitätssurrogat. Komplexe Qualitätsinformationen werden auf das eindimensionale Qualitätsgütesiegel reduziert und senken damit die Informationskosten auf Seiten des Nachfragers signifikant. Oder anders gewendet: da ein „trade-off“ zwischen Unsicherheiten und Informationen besteht, erwächst ein komparativer Konkurrenzvorteil für den einzelnen gesundheitstouristischen Leistungsträger durch glaubhafte Informationsaktivitäten auf dem der Buchung vorgelagerten Informationsmarkt. Neben der Qualität der eigentlichen Leistungsbestandteile kommt der Qualität, Reputation, Authentizität und Kostengünstigkeit der Informationssurrogate eine entscheidende Bedeutung bei der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen zu. 7 III Implikationen der unvollkommenen Informationen über Qualitäten Sofern bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern die angebotene Qualität nicht direkt vor dem Kauf / der Buchung beobachtet werden kann, liegt eine so genannte asymmetrische Information vor. Dies bedeutet, dass eine Marktseite (hier: der Anbieter gesundheitstouristischer Leistungen) die Eigenschaften seines Leistungsbündels (Qualitätsinformationen) mit Sicherheit kennt bzw. besser informiert ist als die andere Marktseite (also der Nachfrager / Gast). Seit Akerlof (1970) wird diese Problematik der asymmetrischen Information auf Märkten intensiv untersucht. Er geht bei seinen Überlegungen von einer asymmetrisch verteilten Information zwischen Anbietern und Nachfragern auf einem Markt mit heterogenen Güterqualitäten aus. Einen solchen Markt stellt beispielsweise der von Akerlof untersuchte Gebrauchtwagenmarkt dar, ist aber auch für den gesundheitstouristischen Markt konstitutiv. Die Anbieter auf diesem Markt sind über die Qualität ihrer angebotenen gesundheitstouristischen Leistungsbündel vollständig informiert. Die Nachfrager hingegen können die individuellen Qualitäten nicht beobachten und verfügen lediglich über die Kenntnis der auf diesem Markt gehandelten Durchschnittsqualitäten. Die Nachfrager wählen somit notwendigerweise eine Heuristik, die die angebotenen Qualitäten homogenisiert. Da nun die Nachfrager lediglich bereit sein werden, einen der Durchschnittsqualität entsprechenden Preis zu zahlen, werden die Anbieter von gesundheitstouristischen Leistungen mit guter Qualität nicht gewillt sein, ihre Leistungsbündel zu diesem Durchschnittspreis zu verkaufen. Sie verschwinden vom Markt. Dadurch sinkt die Durchschnittsqualität der restlichen auf dem Markt gehandelten Leistungsbündel, und die Nachfrager sind wiederum nur bereit, einen dieser nunmehr schlechteren Durchschnittsqualität entsprechenden Preis zu zahlen. Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis nur noch die schlechtesten Qualitäten zum niedrigsten Preis gehandelt werden oder der Markt gänzlich zusammenbricht. Das Phänomen der Verdrängung guter durch schlechte Qualität vom Markt wird in der Literatur als „Negativauswahl“, „Fehlauswahl“ oder „adverse selection“ bezeichnet.4 Bei diesem Prozess handelt es sich somit um ein informationsbedingtes Marktversagen und kennzeichnet die Tatsache, dass bei zu hohen (prohibitiven) Qualitätssuchkosten und ohne Informationsübertragungsmechanismen Märkte für Erfahrungs- und Vertrauensgüter – mithin Märkte für komplexe gesundheitstouristische Leistungsbündel – nicht existieren können. Dieser Prozess des Marktversagens hat seine Ursache in zwei sich kompensierenden Effekten. Einerseits steigt die nachgefragte Menge bei sinkendem Preis (normaler Zusammenhang zwischen Nachfragemenge und Preis), andererseits sinkt der Nutzen bei sinkender 4 Nach Akerlof (1970) stellt dieser Prozess eine Verallgemeinerung des greshamschen Gesetzes dar, nach dessen Beobachtungen „schlechtes Geld“, d.h. Münzen, die einen geringeren Feingehalt als vorgeschrieben aufweisen, „gute“ Münzen, die von den Besitzern gehortet bzw. gespart werden, als Zahlungsmittel zu verdrängen. 8 Qualität. Somit reduziert sich die Nachfragemenge, da in diesem Modell die Qualität endogen vom Preis abhängt. Der direkte Preiseffekt wird vom Qualitätseffekt (es wird bei reduzierter Qualität weniger nachgefragt) überkompensiert. Es sei nochmals betont, dass der Prozess der „Fehlauswahl, Negativauswahl“, der adversen selection (d.h. nicht die guten Qualitäten bleiben am Markt, sondern die schlechten), nicht aufgrund einer mangelnden Zahlungsbereitschaft der Nachfrager für gute Qualitäten gesundheitstouristischer Leistungen, sondern infolge asymmetrischer Informationsverteilung zwischen den Marktseiten und den zu hohen Suchkosten (hier genauer: Qualitätsverifikationskosten) auf Seiten der schlechter informierten Marktteilnehmer (also der Gäste) verursacht wird. Schließt man sich der Auffassung an, dass der Staat potenziell immer dann zum Handeln aufgerufen ist, wenn wünschenswerte Ziele über den Markt nicht erreichbar sind, dann ist eine strikte Funktionentrennung, derzufolge allokative Ziele über den Markt und distributive Ziele durch den Staat verwirklicht werden, nicht länger haltbar, falls unvollständige Nachfragerinformationen die Marktfähigkeit beispielsweise gesundheitstouristischer Leistungen einschränkt. Aus wohlfahrtsökonomischen Überlegungen bestünde auch im Hinblick auf das Allokationsziel ein ordnungspolitischer Handlungsbedarf. Asymmetrische Qualitätsinformation in Verbindung mit prohibitiv kostspieligen Möglichkeiten der Vorabverifikation der Information über Qualitäten gesundheitstouristischer Leistungen führt zum Ergebnis, dass nur Minimumqualität getauscht wird. So werden auf dem gesundheitstouristischen Markt die Anbieter guter Qualität, welche zum Durchschnittspreis gerade noch ihre Durchschnittskosten decken, von Anbietern schlechter Qualität verdrängt, da diese zu niedrigeren Produktionskosten anbieten können und sogar noch Gewinne erzielen (vgl. von Ungern-Sternberg 1984). Solange jedoch Gewinne am gesundheitstouristischen Markt zu erwirtschaften sind, werden weitere Anbieter – ebenfalls mit schlechter Qualität – auf den Markt treten und die Anbieter guter Qualität verdrängen. Dies kann jedoch nicht im Interesse der Tourismuspolitik des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der touristischen Leistungsträger sein. Gleichwohl sich nach obiger Gedankenführung auch mit schlechter Qualität noch Gewinne erwirtschaften lassen, würde dieser Prozess einer differenzierten, qualitätsorientierten Leistungsstruktur gesundheitstouristischer Angebote vollständig widersprechen. Auch würden die Anbieter den Markt für hohe Qualität den Anbietern aus den anderen Bundesländern überlassen und entsprechende Umsätze nicht generieren können. Ferner würde eine solche Angebotsstruktur nicht kompatibel mit dem ehrgeizigen Ziel MecklenburgVorpommerns sein, „Gesundheitsland Nr. 1“ werden zu wollen; gleichzeitig steht auch ein negativer Imagetransfer von der minderen Qualität gesundheitstouristischer Leitungen auf das gesamte touristische Angebotsportfolio des Landes zu befürchten. 9 Bezieht man nun diese Sachverhalte auf den einzelnen gesundheitstouristischen Leistungsträger, so ist aus Marketingsicht entscheidend, dass ein Anbieter über mehr sowie bessere Informationen über die Nachfragerseite verfügt als die Konkurrenz, um so bessere Leistungsangebote offerieren zu können. Die Existenz von komparativen Konkurrenzvorteilen (KKV´s) begründet sich somit aus informationsökonomischer Sicht in dem im Vergleich zur relevanten Konkurrenz besseren Informationsstand eines Anbieters sowie dessen Fähigkeit einer besseren Informationsübermittlung bezüglich eines Leistungsangebotes an die Nachfragerseite. In diesem Sinne sind Informationsgewinnung und -übertragung als Kernaufgaben des Marketing zu betrachten (vgl. Kaas 1990). Somit stellt sich die Frage, welche Informationsübertragungsmechanismen notwendig sind und welche Anreize auf Seiten der gesundheitstouristischen Marktteilnehmer zur Informationsübertragung bestehen? Dieser Aspekt und die damit verbundenen Probleme sind für den Markterfolg gesundheitstouristischer Leistungen und deren marktwirtschaftlichen Allokationsmechanismus von entscheidender Bedeutung. IV Effektive Qualitätssignale auf gesundheitstouristischen Märkten Die Qualitätsbeurteilung gesundheitstouristischer Leistungen ist aufgrund ihrer Gutseigenschaft und der strukturellen Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Nachfrager nicht durch differenzierte Qualitätsurteile möglich, wodurch der potenzielle Gast gezwungen ist, eine Informationssubstitution vorzunehmen und auf solche Indikatoren als Bewertungskriterien zurückzugreifen, die ebenfalls geeignet sind, die Unsicherheit zu reduzieren und deren Feststellung relativ einfach ist (vgl. Kupsch / Hufschmied 1979). Solche Indikatoren werden auch als Schlüsselinformationen oder Information Chunk bezeichnet, da sie Einzelinformationen ersetzen und übergeordnete Informationssurrogate darstellen. Der Rückgriff auf Schlüsselinformationen führt dazu, dass eine Beurteilung der gesundheitstouristischen Leistungen und der Leistungsträger aufgrund weniger Informationen möglich ist, da zur Erhöhung der Erwartungssicherheit bei positiver Einschätzung der Erwartung und einer ihr zugemessenen Eintrittswahrscheinlichkeit bewusst auf weitere Informationen verzichtet wird. Außerdem erfolgt gerade bei Vertrauenseigenschaften ein zwangsweiser Informationsverzicht, da Kontrollmaßnahmen per definitionem nicht verfügbar sind. Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten der Informationsübertragung. Kriterium der Abgrenzung sei hier die Richtung der Informationsübertragung. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die besser informierte Marktseite der schlechter informierten Marktseite die 10 Qualitätsinformationen überträgt, zum anderen, dass die schlechter informierte Marktseite sich Qualitätsinformationen beschafft. Die erste Variante der Informationsübertragung wird als „market signalling“ bezeichnet. Unter dem signalling versteht man eine Aktivität, welche für einen Anbieter, dessen Angebot die angegebene Qualität nicht aufweist, Nachteile nach sich ziehen würde. Als „Signal“ zur Übertragung von Qualitätsinformationen kann jede Aktivität dienen, deren Kosten (signalling costs) negativ mit der verlangten Qualität korrelieren (vgl. Spence 1976). Auf den gesundheitstouristischen Markt übertragen wären z.B. Qualifikationsnachweise (Abschlusszeugnisse, Weiterqualifikationen) aber auch Gütesigel solche Signale. Denn die Kosten des Erwerbs eines solchen Zertifikates lohnen sich nur für diejenigen Anbieter gesundheitstouristischer Leistungen, die bestimmte für den Gast nicht direkt beobachtbare Qualitätseigenschaften wie z.B. eine hohe Einrichtungs- und Ausstattungsqualität, auf Nachhaltigkeit zielende Angebote oder ein ganzheitliches und wissenschaftlich fundiertes Gesundheitsverständnis etc. aufweisen. Für Anbieter, welche derartige Qualitäten nicht aufweisen, lohnt sich der Erwerb eines solchen Zertifikates nicht (Fehlinvestition). Falls derartige Bedingungen erfüllt sind, sind solche Signale wahr und können als Qualitätsinformationsübertragungsmechanismus funktionieren und asymmetrische Informationsverteilung glaubhaft aufheben. Gütesiegel im Gesundheitstourismus dienen der Kennzeichnung von Leistungsträgern, die sich der ständigen Kontrolle und Überprüfung der von ihnen angebotenen Qualität durch unabhängige, nicht interessengebundene Prüfinstitutionen unterziehen. Dieser Informationsquelle kann bei der Übermittlung von Marktinformationen eine hohe Glaubwürdigkeit zugesprochen werden. Wichtig ist v.a., dass es auch Anreize für wahrhaftiges Signalisieren gibt. In dem hier interessierenden Fall lohnt es sich, zum einen für den besser informierten gesundheitstouristischen Leistungsträger in ein derartiges Signal zu investieren (sofern er die nicht direkt beobachtbaren Qualitätseigenschaften auch tatsächlich aufweist), zum anderen hat er somit die Möglichkeit, auf seine tatsächlichen Qualitätseigenschaften (z.B. in der Marktkommunikation) hinzuweisen, um so auch für gute Qualität einen höheren Preis zu erzielen. Ebenso wird sich der Gast nach solchen Signalen orientieren, da sie ihm die Möglichkeit zur Einordnung verschiedener Qualitätseigenschaften, welche nicht im Vorfeld einer Buchung direkt beobachtbar sind, bieten. Deutlich wird hier, dass ein derartiges Signal, welches als Informationsübertragungsmechanismus vom besser zum schlechter informierten Marktteilnehmer fungiert, auch dem schlechten informierten Marktteilnehmer als Signal dienen kann, um zwischen verschiedenen Qualitäten diskriminieren zu können. Der gesundheitstouristische Gast sucht gezielt nach derartigen Signalen bzw. Zeichen, die es ihm erlauben, nicht direkt beobachtbare Qualitätseigenschaften zu entdecken. Dies kennzeichnet die zweite Möglichkeit der Informations11 übertragung. Die Beschaffung von Qualitätsinformationen durch die schlechter informierte Marktseite wird als so genanntes „screening“ bezeichnet. Darunter versteht man Mechanismen, die es der schlechter informierten Marktseite ermöglichen, Qualitätsinformationen über die besser informierte Marktseite zu erhalten (vgl. Stiglitz 1975). 5 Diese Orientierungsgrößen bzw. Diskriminierungsmechanismen erlauben es, die Anbieter gesundheitstouristischer Leistungen nach ihrer Qualität zu unterscheiden. Falls dies nicht möglich wäre und alle Anbieter lediglich nach Durchschnittqualitäten beurteilt werden, würde die Gefahr einer Negativauslese (adverse selection; s.o.) bestehen. Als Orientierungsgröße gelten für den schlechter informierten Marktteilnehmer die oben erwähnten Signale oder auch so genannte Indikatoren.6 Solche Indikatoren, an Hand derer eine Unterteilung in verschiedene Qualitätsklassen möglich ist, sind z.B. bestimmte Merkmale einer Gruppenzugehörigkeit wie die Sterne-Klassifizierung von Hotels. Funktion dieser Signale und Indikatoren ist es, aufgrund der Auswahl und Diskriminierung die nicht direkt beobachtbaren Qualitätseigenschaften zu entdecken und so diejenigen Eigenschaften und Fähigkeiten von gesundheitstouristischen Leistungsträgern zu finden, die gesucht sind. Mit der Kategorisierung nach Indikatoren, auch „statistische Diskriminierung“ (Spence 1974: 104) genannt, wird versucht, die Güter und Leistungen in bestimmte Gruppen einzuteilen, an Hand derer mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten das Auftreten gewünschter Qualitätseigenschaften verknüpft wird. Der Vollständigkeit halber sei noch der Mechanismus der Selbsteinordnung (self selection; vgl. Salop / Salop 1976) erwähnt, der allerdings im Zusammenhang mit der Unsicherheitsreduktion auf gesundheitstouristischen Märkten von untergeordneter Bedeutung ist. Eine Selbsteinordnung kann erfolgen, wenn die schlechter informierte Marktseite den besser informierten Individuen Wahlmöglichkeiten vorgibt, aus denen die schlechter informierte Marktseite Rückschlüsse auf das interessierende, aber nicht direkt beobachtbare Merkmal ziehen kann. Als Signal fungiert hier also die Einordnung der informierten Wirtschaftssubjekte in vorgegebene Kategorien. Ein Fall von Selbsteinordnung liegt beispielsweise im Versicherungswesen bei alternativen Vertragskombinationen mit oder ohne Selbstbeteiligung vor, wodurch es dem Versicherungsgeber möglich ist, bestimmte Risikoklassen zu bilden oder Risiken aufzudecken. Eine probate Möglichkeit zur ex-ante Qualitätsverifikation auf gesundheitstouristischen Märkten – die auch in der Realität bereits breite Anwendung findet – ist die Nutzung von Qualitätsgütesiegeln von unabhängiger dritter Seite. Es handelt sich dabei um extrinsische 5 Das screening ist hier nicht mit der Informationssuche, also dem „searching“ zu verwechseln, da screening immer im Zusammenhang mit Qualitätsunsicherheit verwendet wird. 6 Der Unterschied zwischen Signal und Indikator besteht darin, dass ersteres zunächst „erworben“ werden muss und veränderbar ist. Indikatoren sind nicht durch den Anbieter beeinflussbar. 12 Qualitätssignale, die Informationen über Produkt- und Leistungseigenschaften gesundheitstouristischer Angebote bereithalten, die mit der Funktionalität der Leistung nicht in direktem Zusammenhang stehen, jedoch als Indikatoren für Qualität verwendet werden (vgl. hierzu Olsen 1977; Olsen / Jacoby 1972).7 Nachfolgend soll untersucht werden, welche Funktion Qualitätsgütesiegel für die Existenz gesundheitstouristischer Märkte einerseits und die einzelnen Leistungsanbieter und Nachfrager andererseits haben. V Funktion von Qualitätsgütesiegeln für gesundheitstouristische Märkte Qualitätsgütesiegel können als Institutionen aufgefasst werden, die Qualitätssuchkosten bzw. Screening-Kosten senken und dadurch den Markt für gesundheitstouristische Leistungen stabilisieren und dessen Funktionsfähigkeit erhalten bzw. sogar erst ermöglichen. Qualitätsgütesiegel besitzen einen ambivalenten Charakter. Einerseits dienen sie den besser informierten Marktteilnehmern (also den Leistungsanbietern), ihre gute Qualität zu signalisieren, andererseits bieten sie den schlechter informierten Markteilnehmern (also den potenziellen Gästen) Einordnungsmöglichkeiten. Auf jeden Fall verringern sie jedoch die Informationskosten bei der Informationsbeschaffung und die Qualitätsverifikationskosten. Der Argumentationsgang ist folgender: Falls es glaubhafte Signale für gute Qualität gibt, dann lohnt es sich sowohl für den Anbieter (Hotel, Reha-Klinik, Kurort etc.) als auch für den Nachfrager / Gast bzw. den besser und den schlechter informierten Marktteilnehmer in derartige Signale zu investieren; für den besser informierten, um auf seine Qualität hinzuweisen und um einen KKV gegenüber der Konkurrenz zu erzielen, und für den schlechter Informierten, um die im Vorfeld der Buchung gesundheitstouristischer Leistungen entstehende Qualitätsunsicherheit zu verringern und damit die Wahrscheinlichkeit einer „Fehlbuchung“ zu reduzieren. Weiterhin besteht die informationskostensparende Wirkung in der Zusammenfassung von vielen Einzelinformationen (die der Gast angesichts der hohen Komplexität gesundheitstouristischer Leistungen in der Vielzahl der Fälle ohnehin nicht verarbeiten könnte und vermutlich auch nicht wollte) bezüglich der Leistungsqualität in einer eindimensionalen Größe (wie dem Preis). Somit werden auch Informationsverarbeitungskosten reduziert und die Informationsverarbeitungskapazität des einzelnen Nachfragers erhöht.8 7 8 Im Gegensatz zu extrinsischen Qualitätssignalen handelt es sich bei intrinsischen Qualitätssignalen um qualitätsbestimmende physische bzw. funktionale Produktattribute wie beispielsweise Geschmack, Geruch oder Funktionalität, deren Veränderung immer auch mit der Veränderung des Produktes verbunden ist. Aufgrund des immateriellen Charakters gesundheitstouristischer Leistungen und des Umstandes, dass es sich hierbei um Erfahrungsbzw. Vertrauensgüter handelt, scheiden intrinsische Qualitätssignale als Möglichkeit zur ex ante Qualitätsverifikation aus. Daher werden die Screening-Mechanismen und die Einordnung anhand von Indikatoren auch als „rules of thumb“ bezeichnet. Vgl. dazu bspw. Salop (1978) und auch Wilde (1980). 13 Die Inanspruchnahme von Qualitätsgütesiegel ist freiwilliger Natur, also nicht staatlich festgelegt. Insofern kann man sie so genannten Marktinstitutionen zuordnen, da sie aus dem Marktprozess und dessen Anreizstruktur heraus freiwillig generiert werden.9 Sie lohnt sich nur für den Anbieter, der tatsächlich gute oder sehr gute Qualität anbietet. Qualitätsgütesiegel, die von unabhängigen, dritten Institutionen angeboten werden, können als eine Art „Quasi-Garantiezusage“ gesehen werden. Der Nachfrager / Gast kann sich durch die Orientierung an einem Signal eine gute Meinung über die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Anbieters bilden. Gesundheitstouristische Anbieter schließen sich Qualitätsgütesiegeln nur unter bestimmten Bedingungen an. Die Kosten aller Aktivitäten zur Erlangung des Qualitätsgütesiegels sind wegen ihres intertemporalen Charakters wie eine Investition zu betrachten. Derartige Investitionen und die damit verbundene langfristige Bindung des Anbieters zur Abgabe guter Qualitäten lohnen sich nur dann, wenn die erwarteten abdiskontierten Gewinne in der Zukunft durch das Angebot höherer Qualität größer sind als sie Gewinne einer kurzfristigen Strategie der verdeckten Qualitätsverschlechterung (adverse selection) (vgl. von Ungern-Sternberg 1984). Ein Vergleich beider Strategien kommt zu folgender Regel: Ein Anbieter bietet nur dann gute Qualität an, wenn der Gegenwartswert der zukünftigen Gewinne (im Sinne von Differenz zwischen erwartetem Erlös und Kosten der jeweiligen Strategie) größer ist als der sofortige Gewinn, den er durch verdeckte Qualitätsverschlechterung erzielen kann (vgl. von Ungern-Sternberg 1984; Shapiro 1983). Die Kosten für die Erlangung eines Qualitätsgütesiegels müssen genügend hoch sein, damit sich die kurzfristige Strategie eines „schlechten“ Angebotes nicht lohnt. Abgesehen von der Höhe müssen diese Signalling-Kosten den Charakter von sunk-costs (irreversible Kosten) aufweisen (vgl. Klein / Leffler 1981). Sunk-costs entstehen dann, wenn die Mittel zur Erlangung eines Qualitätsgütesiegels bei Aberkennung dieses Siegels (aufgrund der Wahl der Strategie „schlechtere“ Qualitäten anzubieten) nicht alternativen Verwendungen zugeführt werden können. Qualitätsgütesiegel, die eine hohe anbieter- und nachfragerseitige Marktakzeptanz erfahren weisen jedoch noch eine andere Konsequenz auf. Die Anbieterwechselkosten steigen durch die Bindung des Gastes an einen Anbieter gesundheitstouristischer Leistungen. Die einmal gemachten (guten) Erfahrungen mit einem gesundheitstouristischen Leistungsbündel respektive einem Anbieter erschweren gerade bei neuen Produkten und risikoaversen Nachfrager (und hiervon muss man bei gesundheitstouristischen Leistungen ausgehen) einen Preisvergleich und eventuellen Wechsel des Anbieters hin zu einem, der nicht auf ein Qualitätsgütesiegel gleichen Reputationsgrades verweisen kann. Funktionierende (im Sinne 9 Nicht-Marktinstitutionen wären staatliche Eingriffe wie gesetzliche Mindeststandards, staatliche Qualitätssicherung, Aufsichtswesen, Berufszulassungsbedingungen u.ä. Eine Zwischenposition würden hier so genannte Standesregeln bzw. Verbandsregeln einnehmen, welche auch Qualitätsvorschriften und Normen erlassen bzw. berufsethische Normen festlegen. 14 von hoher Marktakzeptanz) Qualitätsgütesiegel erhöhen somit die Anbieterwechselkosten und führen zu loyalem Nachfragerverhalten und Gästebindung. Somit stellen Qualitätsgütesiegel zwar eine Möglichkeit der Informationskostenreduktion dar, andererseits erhöhen sie die Anbieterwechselkosten. Zum einen fördern sie somit die Funktionsfähigkeit von gesundheitstouristischen Märkten an sich, andererseits senken sie die allokative Effizienz, da durch die erhöhten Anbieterwechselkosten Marktzutrittsschranken aufgebaut bzw. erhöht werden und sich damit für den gesundheitstouristischen Anbieter monopolistische Preisspielräume ergeben. VI Fazit Wird der Informationsmarkt als „vorgelagerter“ Markt und der Markt, auf dem die eigentlichen gesundheitstouristischen Leistungen gehandelt werden, als „nachgelagerter“ Markt bezeichnet, dann wird die Funktionsfähigkeit des „nachgelagerten“ gesundheitstouristischen Marktes wesentlich von der Funktionsfähigkeit oder der Effizienz des „vorgelagerten“ Informationsmarktes mitbestimmt. Aufgrund der Charakteristik gesundheitstouristischer Leistungen ist für den potenziellen Gast eine ex ante Qualitätsverifikation ausgeschlossen. Es sieht sich hingegen einer asymmetrischen Informationsverteilung gegenüber, die der Anbieter zu seinen Gunsten opportunistisch ausnutzen kann. Zur Lösung des Qualitätsproblems kann er auf extrinsische Qualitätsinformationen zurückgreifen, wie sie effizient durch Qualitätsgütesiegel von unabhängiger, dritter Seite zur Verfügung gestellt werden. Qualitätsgütesiegeln ermöglichen dem potenziellen Gast eine informationskostengünstige und effiziente Qualitätsverifikation der angebotenen Leistung und der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Anbieters. Je kostengünstiger, reputierter und authentischer die Informationssurrogate sind, desto eher wird der potenzielle Gast bereit sein, sein Qualitätsproblem über diese zu lösen. Für den Nachfrager haben Qualitätsgütesiegel die Funktion einer „Quasi-Garantiezusage“. Der Nutzen für den Anbieter besteht darin, dass er mittels Qualitätsgütesiegeln in der Lage ist, seine Qualität überhaupt erst glaubhaft zu signalisieren („market-signalling“). Zudem erhöhen Qualitätsgütesiegel die Anbieterwechselkosten, führen zu loyalem Nachfrageverhalten und zu einer erhöhten Gästebindung und erlauben dem Anbieter die Konsumentenrente in eine Produzentenrente umzuwandeln. Die aus einer ökonomischen Sicht übergeordnete Funktion von Qualitätsgütesiegeln besteht für den gesundheitstouristischen Markt darin, dass diese extrinsischen Qualitätsinformationen die Gefahr des Marktversagens in Form adverser selection (Negativauswahl) auf15 grund von asymmetrischer Informationsverteilung verhindert oder zumindest reduziert. Anbieter guter Qualität haben so die Möglichkeit, Gewinne zu realisieren und am Markt zu verbleiben (was nachdrücklich von einer touristischen Destination, die als Ziel formuliert, „Gesundheitsland Nr 1“ werden zu wollen, anzustreben ist). Qualitätsgütesiegel mit hoher Marktakzeptanz tragen überhaupt erst entscheidend dazu bei, dass ein gesundheitstouristischer Markt funktioniert und es zu einer marktlichen Wertschöpfung kommt. 16 Literatur Abbott, L.: Quality and Competition, New York 1955. Akerlof, G.A.: The Market for „Lemons“.: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, in: Quaterly Journal of Economics 84 (1970): 488 – 500. 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