5.1 Vertikale Integration

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MODUL:
AGRARPREISBILDUNG AUF EU-MÄRKTEN
WS 01/02
ULRICH KOESTER
5 ZUR PREISBILDUNG BEI EINZELNEN AGRARPRODUKTEN
5.1 VERTIKALE INTEGRATION: BEZIEHUNG ZWISCHEN VERBRAUCHER- UND
ERZEUGERPREISEN1
Im einführenden Lehrbuch2 wurde bereits kurz auf die Beziehung zwischen Verbraucher- und
Erzeugerpreisen eingegangen. Es wurde ausgeführt, dass die Differenz zwischen den
Ausgaben der Verbraucher für ein bestimmtes Konsumgut und den Erlösen der Erzeuger für
das Agrarrohprodukt als Marktspanne bezeichnet werden kann. Die Marktspanne besteht, wie
alle Werte, aus einem Mengen- und Preisgerüst. Weiterhin wurde aufgezeigt, welche Bestimmungsfaktoren zu einer Ausweitung der Spanne im Zeitablauf führen. Dabei wurde
unterstellt, dass sich die Preisbildung bei der Marktform der vollständigen Konkurrenz
vollzieht. Die Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreisen ist das Ergebnis der
Preisbildung auf vertikal verbundenen Märkten. Das Ergebnis dieser Preisbildung hängt
insbesondere auf Agrarmärkten stark von der Marktform und den staatlichen Eingriffen ab.
Diese Bestimmungsfaktoren der Marktspanne sollen daher im folgenden dargestellt werden.
1. Die Bedeutung der Marktform für die vertikale Preisbildung auf Agrarmärkten
Es gibt eine Vielzahl von Merkmalen, nach denen man Märkte klassifizieren kann3. Die folgende Darstellung des vertikalen Preisbildungsprozesses knüpft an quantitativen und
qualitativen Merkmalen an. Da es bei einer vertikalen Preisbildung eine Vielzahl von
unterschiedlichen vertikal verbundenen Märkten geben kann, kann es auch eine Vielzahl von
unterschiedlichen Marktformkombinationen geben, die auf das Ergebnis der Preisbildung
einwirken. Im folgenden soll der Einfachheit halber angenommen werden, dass es nur zwei
Marktstufen gibt. Auf der Erzeugerstufe sind die Landwirte die Anbieter von Agrarprodukten
und die Händler bzw. Verarbeiter fragen das Agrarrohprodukt nach. Auf der
1 Kapitel 10 von Koester, U. und S. von Cramon-Taubadel, Preisbildung: Theorie und Praxis auf Agrarmärkten.
In Vorbereitung.
2
Koester, U., Grundzüge der landwirtschaftlichen Marktlehre. 2. Auflage, München 1992.
3
Siehe ebenda, S. 101ff.
2
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Verbraucherstufe bieten Händler oder Verarbeiter das Konsumgut den Konsumenten an.
Folgt man dem Marktformenschema von Stackelberg und differenziert die Marktpartner in
viele - wenige - einer, so sind auf jeder Marktstufe neun Marktformen möglich (siehe
Übersicht 1).
Wenn die Zahl der Händler bzw. Verarbeiter auf den beiden Marktstufen gleich ist, so
ergeben sich hieraus 27 mögliche Marktformkombinationen. Jede Marktform auf der
Erzeugerstufe kann mit drei Formen auf der Verbraucherstufe einhergehen. Das Polypol auf
dem Erzeugermarkt kann zum Beispiel mit den Marktformen I, IV, VII auf dem Verbrauchermarkt kombiniert sein.
Übersicht1: Marktformenschema auf vertikal verbundenen Märkten
1. Verbrauchermarkt
Händler
(Anbieter)
viele
wenige
einer
I
II
III
wenige
IV
V
VI
einer
VII
VIII
IX
viele
wenige
einer
viele
1
2
3
wenige
4
5
6
einer
7
8
9
Konsumenten
(Nachfrager)
viele
2. Erzeugermarkt
Händler
(Nachfrager)
Erzeuger
(Anbieter)
Quelle: Ott, E.A., Vertikale Preisbildung und Preisbindung. Göttingen 1966, S.14.
Die Identität der Zahl der Händler bzw. Verarbeiter auf der Erzeuger- und Verbraucherstufe
braucht aber nicht gegeben zu sein. Es kann sein, dass die Händler in bestimmten Agrarregio-
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
3
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
nen als Oligopsonisten oder sogar Monopsonisten auftreten, während sie aber auf dem Verbrauchermarkt in anderen Regionen als Polypolisten anbieten. Demnach kann jede
Marktform auf dem Erzeugermarkt mit allen möglichen Marktformen auf dem Verbrauchermarkt kombiniert sein. Als mögliche Kombinationen erhält man demnach 81 Marktformen.
Es wird natürlich nicht möglich sein, diese 81 Marktformen der Analyse des vertikalen Preisbildungsprozesses zu Grunde zu legen. Alle möglichen Kombinationen sind in der Realität
wohl auch kaum relevant. Es sollen daher nur folgende drei Kombinationen betrachtet
werden:
1. Polypol auf dem Verbraucher- und Erzeugermarkt (I 1);
2. Monopol auf dem Verbrauchermarkt und Polypol auf dem Erzeugermarkt (III 1);
3. Monopol auf dem Verbrauchermarkt und Monopson auf dem Erzeugermarkt (III 3).
Die Preisbildung wird zunächst bei diesen Marktformen auf einem vollkommenen Markt4
dargestellt. Anschließend werden spezielle Probleme der Preisbildung auf unvollkommenen
Märkten untersucht.
2. Vertikale Preisbildung bei der Marktform des Polypols auf dem Verbraucher- und
Erzeugermarkt
Die Preisbildung bei dieser Marktform wurde im einführenden Lehrbuch bereits unter restriktiven Annahmen behandelt. Es wurde davon ausgegangen, dass bei der Erstellung des konsumreifen Produkts eine limitationale Beziehung zwischen dem Agrarrohprodukt und der
Menge an komplementären Sach- und Dienstleistungen und zwischen der Menge des Agrarrohprodukts und dem konsumreifen Produkt vorliegt. Aufgrund dieser Annahmen war es
möglich, die Zusammenhänge in einfachen Schaubildern darzustellen. Es war aber nur
möglich, spezielle Fragestellungen mit ausreichender Allgemeingültigkeit zu untersuchen.
Will man jedoch z.B. die Frage beantworten, wie sich eine Änderung der Erzeugerpreise auf
die Relation zwischen Erzeugererlösen und Verbraucherausgaben auswirkt oder wie sich eine
Änderung des Preisgerüstes der Spanne auf die Relation zwischen Erzeugererlösen und
4
Vgl. zu den Begriffen vollkommener und unvollkommener Markt, Koester, U., a.a.O., S.102f.
4
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Verbraucherausgaben auswirkt, so kann die Annahme der Limitationalität nicht
aufrechterhalten werden. Gleiches gilt, wenn im folgenden der Einfluss anderer als
polypolistischer Marktformen auf die Erzeugerpreisbildung und die Relation zwischen
Erzeugererlösen und Verbraucherausgaben untersucht werden soll.
Die Darstellung der Zusammenhänge geht von folgendem Modell aus: Das konsumreife Produkt wird mit zwei Inputfaktoren erstellt: Dem Agrarrohprodukt (x1 ) und den komplementären Sach- und Dienstleistungen ( x 2 ) . Beide Inputfaktoren werden als homogen betrachtet.
Es gelte folgende Produktionsfunktion:
(1)
q = q ( x1, x2 )
mit
∂q
∂q 2
> 0 und 2 < 0 .
∂x i
∂ xi
Es wird somit also explizit zugelassen, dass die Inputfaktoren gegeneinander substituierbar
sind. Unter diesen Bedingungen ergibt sich die Preisbildung auf der Erzeugerstufe analog zu
der
Preisbildung
auf
irgendeinem
anderen
Faktormarkt.
Der
Handels-
und
Verarbeitungssektor wird bei der Zielsetzung Gewinnmaximierung und bei vollständiger
Konkurrenz
die
beiden
Inputfaktoren
so
kombinieren,
dass
die
Relation
der
Wertgrenzproduktivitäten gleich der Relation der Faktorpreise ist. Gilt eine linear-homogene
Produktionsfunktion, so ist:
(2)
p ⋅ q = r1x1 + r2 x2 .
Der Wert des konsumreifen Produkts ist damit stets gleich der Summe aus den Zahlungen an
die Produzenten des Rohprodukts und den Zahlungen für die komplementären Sach- und
Dienstleistungen.
Im folgenden soll untersucht werden, wie eine Erhöhung des Preises für das Agrarrohprodukt
die Relation Erzeugererlöse zu Verbraucherausgaben verändert. Eine Erhöhung des Preises
für das Agrarrohprodukt hat zwei Effekte. Zum einen verändert sich die Preisrelation
zwischen dem Agrarrohprodukt und den komplementären Sach- und Dienstleistungen und als
Folge wird sich je nach Substitutionsmöglichkeit die Zusammensetzung der Inputfaktoren
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
5
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
verändern. Zum anderen bedeutet die Preisanhebung aber auch, dass sich die Kosten bei der
Produktion des konsumreifen Gutes erhöhen und sich daher auch die Produktionsmenge
verändern kann. Dieser Sachverhalt ist in Schaubild 1 und 2 dargestellt. In der Ausgangssituation gelte eine Preisrelation, die durch den Anstieg der Isotime T0 gekennzeichnet ist. Bei
gegebenen Produktpreisen wird die Menge q 0 produziert (siehe Schaubild 1), die
Produktionskosten sind bei dem gegebenen Verlauf der Isoquante q 0 minimiert, wenn von
dem Agrarrohprodukt die Menge x10 und von den komplementären Sach- und Dienstleistungen die Menge x 20 eingesetzt wird. Steigt der Preis für das Agrarrohprodukt, so ist der neue
Verlauf der Isotime im Schaubild 1 durch T1 gekennzeichnet. Ist die Nachfrage nach dem
konsumreifen Produkt vollkommen preisunelastisch, so könnte die Kostensteigerung voll
überwälzt werden. Die Produktionsmenge q 0 würde weiterhin produziert werden, lediglich
die Zusammensetzung der Inputs verändert sich. Es tritt ein Substitutionseffekt auf, der dazu
' und von den komplementären Sach- und
führt, dass von dem Agrarrohprodukt die Menge x11
' eingesetzt wird.
Dienstleistungen die Menge x 21
6
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Schaubild 1: Wirkung einer Erhöhung des Preises für das Agrarrohprodukt auf die
Inputzusammensetzung
x
2
T0
T1
p
,
x 21
x
20
x
21
1
p0
p2
q
q
x 11
,
x 11
0
1
x 10
x
1
7
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Schaubild 2: Wirkung einer Erhöhung des Preis für das Agrarrohprodukt auf die Produktionsmenge
p
A1
A0
N0
p1
p0
q1
q0
q
Die Stärke dieses Substitutionseffektes hängt von der Krümmung der Isoquante ab. Im Normalfall ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach dem konsumreifen Produkt nicht vollkommen preisunelastisch ist. Die Verlagerung der Angebotskurve (Schaubild 2 von
A 0 zu A1 ) wird zu einem neuen Schnittpunkt mit der gegebenen Nachfragekurve N 0 führen.
Die neue Gleichgewichtsmenge q1 wird im Regelfall geringer sein als die Gleichgewichtsmenge q 0 . Folglich werden die Produzenten des konsumreifen Produkts nicht mehr weiter
auf der Isoquante q 0 produzieren, sondern eine Isoquante mit einem geringeren
Produktionsniveau verwirklichen. Im Schaubild 1 ist dieses die Isoquante q1 . Der Übergang
von der Isoquante q 0 zur Isoquante q1 folgt somit zum einen aus dem Kosteneffekt der
Preisanhebung für das Agrarrohprodukt und zum anderen aus den Nachfragebedingungen für
das konsumreife Produkt. Im Schaubild 1 wurde angenommen, dass die Produktionsverringerung dazu führt, dass von dem Agrarrohprodukt die Menge x11 und von den
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
8
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
komplementären Sach- und Dienstleistungen die Menge x21 eingesetzt wird. Der Kostenund Markteffekt hat also dazu geführt, dass die Faktoreinsatzmengen von beiden Faktoren
reduziert wurden.
Die grafische Darstellung macht deutlich, dass es nicht offensichtlich ist, wie sich die
Relation Erzeugererlöse zu Verbraucherausgaben verändert. Auf eine Änderung der Relation
FG r1 x1IJ wirkt ein:
H pq K
a) die Erhöhung des Preises des Agrarrohprodukts,
b) eine Verringerung der Einsatzmenge des Agrarprodukts,
c) eine Erhöhung des Preises des Produkts bzw. eine Verringerung der Produktionsmenge
des konsumreifen Produkts.
Eine eindeutige Aussage über die aggregierte Wirkung kann nur getroffen werden, wenn
nähere Informationen über die Produktionsfunktion vorliegen. Dies soll im folgenden veranschaulicht werden.
Nehmen wir an, dass die Produktionsfunktion mit konstanten Produktionselastizitäten linearhomogen ist, die - wie in Kapitel 2 gezeigt wurde - bei vollständiger Konkurrenz identisch
mit den Faktoreinkommensanteilen sind. Liegt eine solche Produktionsfunktion vor, bleibt
der Anteil der Erzeugererlöse an den Verbraucherausgaben konstant. Darüber hinaus kann in
diesem Fall auch eine Aussage über die Höhe der Erzeugererlöse getroffen werden. Die
Änderung der Verbraucherausgaben ergibt sich aus der Preiserhöhung und der Reduzierung
der Menge. Bleibt die Relation zwischen Erzeugererlösen und Verbraucherausgaben konstant, so muss die prozentuale Änderung der Erzeugererlöse gleich der prozentualen
Änderung der Verbraucherausgaben sein. Steigen die Verbraucherausgaben, müssen auch die
Erzeugererlöse steigen. Die Verbraucherausgaben werden sich je nach der Preiselastizität der
Nachfrage nach dem konsumreifen Produkt verändern. Ist die Nachfrage preisunelastisch, so
führt die Verlagerung der Angebotskurve nach oben dazu, dass die Verbraucherausgaben
steigen. In diesem Fall werden demnach auch die Erzeugererlöse steigen. Ist die Nachfrage
dagegen preiselastisch, so werden die Verbraucherausgaben und demnach auch die
Erzeugererlöse sinken.
9
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Aus Schaubild 1 wird deutlich, dass der Verlauf der Isoquante entscheidend dafür ist,
inwieweit als Folge einer Erhöhung des Preises für das Agrarrohprodukt dieses durch die
komplementären Sach- und Dienstleistungen substituiert wird.
Ein Maß für die Krümmung der Isoquante ist die Substitutionselastizität. Diese ist wie folgt
definiert5:
Fx I
dG J
Hx K
Die Substitutionselastizität gibt demnach an, um wie viel
1
2
(3)
σ1, 2
x1
x2
=−
r
d 1
r2
r1
r2
FG IJ
H K
Prozent sich die Einsatzrelation verändert, wenn sich die
Preisrelation um 1% verändert, wobei die Outputmenge q
konstant gehalten wird. Sind die beiden Faktoren (Agrarrohprodukt und komplementäre Sach- und Dienstleistung) nicht
substitutiv, so ist die Substitutionselastizität Null. In diesem
Fall würden die Isoquanten rechtwinklig verlaufen. Wären
dagegen die Faktoren vollkommen austauschbar, so würden
die Isoquanten linear verlaufen und die Ordinate und Abszisse schneiden. In diesem Fall
würde je nach Preisrelation nur einer der beiden Faktoren in der Produktion eingesetzt
werden.
Substitutionselastizitäten von Null und minus unendlich stellen offensichtlich Grenzwerte
dar, wie sie in der Realität selten anzutreffen sind. Allerdings ist es durchaus denkbar, dass
eine Substitutionselastizität von Null zumindest kurzfristig bei der Produktion einzelner
konsumreifer Produkte gegeben ist. Nicht denkbar ist dagegen, dass kurz- oder langfristig die
Substitutionselastizität minus unendlich ist. Im Regelfall wird sie also zwischen Null und
minus unendlich liegen. Die Substitutionselastizität gibt laut Definition darüber Auskunft,
wie sich bei gegebener Produktionsmenge eine Änderung der Preisrelation auf die
5
Formal gibt es hier, je nachdem, welche Relationen (
x1
x
r
r
oder 2 im Zähler und 1 oder 2 im
x2
x1
r2
r1
Nenner) in Beziehung gesetzt werden, unterschiedliche Definitionen für die Substitutionselastizität.
Inhaltlich führen aber alle unterschiedlichen Definitionen zum gleichen Ergebnis.
10
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Faktorintensität und damit auf die Faktoreinkommensanteile auswirkt. Eine Preiserhöhung
des Agrarrohprodukts wird aber im Regelfall, d.h. bei nicht vollkommen unelastischer
Nachfrage nach dem konsumreifen Produkt, auch die Produktionsmenge des konsumreifen
Produkts verringern. Die Kenntnis der Substitutionselastizität ist daher nicht ausreichend, um
die Wirkung der Preiserhöhung für das Agrarrohprodukt auf den Anteil der Verkaufserlöse
der Landwirte an den Verbraucherausgaben zu ermitteln.
Die Preiserhöhung für das Agrarrohprodukt kann einen direkten Intensitätseffekt hervorrufen,
indem bei gleicher Produktionsmenge vom teureren Faktor weniger und vom billigerem
Faktor mehr (Übergang von p 0 zu p1 in Schaubild 1) eingesetzt wird. Dieser Effekt hängt wie oben dargestellt - von der Höhe der Substitutionselastizität ab. Zusätzlich kann die
Verringerung der Produktion (Übergang von der Isoquante q 0 zur Isoquante q1 ) die
Intensität verändern. Die Intensität ändert sich in Abhängigkeit von der Produktionsfunktion.
So ist z.B. bei linear-homogener Produktionsfunktion die Intensität lediglich von der
Faktorpreisrelation
und
nicht
vom
Produktionsniveau
abhängig.
Eine
solche
Produktionsfunktion ist im Schaubild 1 unterstellt. p 2 liegt daher auf dem gleichen Fahrstrahl
wie p1 . Bei Gültigkeit einer solchen Produktionsfunktion hängt demnach die Wirkung einer
Preiserhöhung für das Agrarrohprodukt auf die Relation
Substitutionselastizität
ab.
Es
kann
somit
gefolgert
r1 x1
lediglich von der
pq
werden,
dass
bei
einer
Substitutionselastizität von absolut größer als Eins der Anteil der Erzeugererlöse an den Verbraucherausgaben sinken wird. In diesem Fall ist die negative Änderungsrate des Zählers in
Gleichung (1) absolut größer als die positive Änderungsrate des Nenners. Umgekehrt kann
gefolgert werden: Ist die Substitutionselastizität absolut kleiner als Eins (im Extremfall Null),
wird eine Erhöhung des Preises für das Agrarrohprodukt den Anteil der Erzeugererlöse an
den Verbraucherausgaben erhöhen. Grundsätzlich gilt, dass die Elastizitäten bei kurzfristiger
Betrachtung kleiner sind als bei langfristiger Betrachtung. Es kann daher gefolgert werden,
dass die Wirkung einer Erhöhung des Preises für das Agrarrohprodukt auf die Relation
Erzeugererlöse zu Verbraucherausgaben bei kurzfristiger Betrachtung eher positiv ist als bei
langfristiger Betrachtung.
11
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
3 Vertikale
Preisbildung
bei
der
Marktform
des
Monopols
auf
dem
Verbrauchermarkt und Polypols auf dem Erzeugermarkt
Auch bei der Analyse der Preisbildung bei dieser Marktform wird vom obigen Grundmodell
ausgegangen. Bedingt durch die Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt wird der Handels- und Verarbeitungssektor weniger von dem konsumreifen Gut produzieren und anbieten,
um damit einen höheren Preis zu erzielen. Diese Verhaltensweise führt dazu, dass insgesamt
weniger Agrarrohprodukte und komplementäre Sach- und Dienstleistungen nachgefragt
werden, sich aber gleichzeitig auch die Struktur der Nachfrage verändern kann. Wird bei der
Marktform des Polypols auf beiden Marktstufen der Handels- und Verarbeitungssektor so
viel von dem Agrarrohprodukt und den komplementären Sach- und Dienstleistungen
nachfragt, dass das Wertgrenzprodukt dieser Faktoren gleich dem Preis dieser Faktoren ist,
orientiert sich der Handels- und Verarbeitungssektor im Fall einer monopolistischen Stellung
auf dem Verbrauchermarkt an den Grenzerlösprodukten. Für den Handels- und
Verarbeitungssektor ergibt sich der marginale Wert eines zusätzlichen Einsatzes des
Agrarrohprodukts und/oder der komplementären Sach- und Dienstleistungen nicht mehr
durch das physische Grenzprodukt, multipliziert mit dem Produktpreis des konsumreifen
Gutes,
sondern
durch
das
Grenzerlösprodukt6.
Für
den
optimalen
Einsatz
des
Agrarrohprodukts muss demnach gelten:
(4)
r1 =
F
H
I
K
∂q
1
p 1+ D ,
∂x1
ε
mit
r1 = Pr eis des Faktors x1 ( Agrarrohprodukt ),
∂q
= Grenzproduktivität des Faktors x1 Agrarrohprodukt ),
∂x1
ε D = Pr eiselastizität der Nachfrage auf dem Verbrauchermarkt.
6
Man beachte: Auch wenn sich jeder Nachfrager auf dem Erzeugermarkt als Polypolist verhält, hat er seine
spezielle Angebotssituation auf dem Verbrauchermarkt bei seinen Nachfrageentscheidungen zu
berücksichtigen.
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
12
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Die Nachfrage nach dem Agrarrohprodukt und auch nach den komplementären Sach- und
Dienstleistungen ist daher nicht mehr identisch mit der Wertgrenzproduktivitätskurve,
sondern mit der Grenzerlösproduktkurve (siehe Schaubild 3).
Aus Schaubild 3 wird ersichtlich, dass der Preis des Agrarrohprodukts bei der Marktform des
Polypols bei r1W liegen würde und bei der Marktform des Monopols7 auf dem Verbrauchermarkt jedoch bei r1M . Es kommt demnach (nach Pigou) zu einer monopolistischen Ausbeutung der Faktoranbieter.
Wie stark der Preis des Agrarrohprodukts aufgrund der Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt gedrückt wird, hängt von folgenden Faktoren ab:
1. vom Monopolgrad auf dem Verbrauchermarkt,
2. der Preiselastizität des Angebots des Agrarprodukts,
3. der Preiselastizität des Angebots von komplementären Sach- und Dienstleistungen,
4. der Substitutionselastizität zwischen dem Agrarrohprodukt und den komplementären
Sach- und Dienstleistungen.
7
Bei gleichen Kostenverläufen.
13
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Schaubild 3: Nachfrage nach dem Agrarrohprodukt bei der Marktform des Monopols auf
dem Verbrauchermarkt
∂q
∂x1
1
p (1+ ); D
ε
∂q
∂x1
p,
r
1
∂q
∂x1
r
W
1
r
M
1
p
A
∂q
∂x 1
x
M
1
1
p (1+ )
εD
xW
1
Zu 1: Bedeutung des Monopolgrades auf dem Verbrauchermarkt
Der Monopolgrad (m) ist definiert als
∂K
∂q
.
p
p−
(5)
m=
Da bei der Zielsetzung Gewinnmaximierung gilt:
(6)
∂K ∂E
, d. h. Grenzkosten = Grenzerlös,
=
∂q
∂q
kann für (5) auch geschrieben werden
x
1
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
14
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
F
H
p− p 1+
(7)
m=
1
εD
I
K
p
oder
(8)
m=−
1
.
εD
Nach Gleichung (8) ist der Monopolgrad um so höher, je kleiner die Preiselastizität der
Nachfrage ist. Bei einer kleinen Preiselastizität der Nachfrage ist es dem Monopolisten
leichter möglich, die Preise relativ stark zu erhöhen, ohne dass die Nachfrage relativ stark
eingeschränkt wird. Je kleiner die Preiselastizität der Nachfrage, um so weniger ist es dem
Verbraucher möglich, bei Preissteigerungen auf alternative Produkte umzusteigen. Er ist
daher der Monopolmacht stärker ausgeliefert.
Da für Nahrungsmittel die Preiselastizität der Nachfrage relativ klein ist, kann die
Monopolstärke sehr ausgeprägt sein. Ein relativ großer Einfluss der Monopolstellung auf die
Relation zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreisen ist die Folge.
In der Realität werden Monopole auf den Nahrungsmittelmärkten in der Regel nur für
spezielle Nahrungsmittel bestimmter Provinzen, bestimmter Produktqualitäten oder
bestimmter Verarbeitungsgrade anzutreffen sein. Bei diesen Produkten gibt es aber auch
Substitute, die zu einer Erhöhung der Preiselastizität der Nachfrage führen. Damit ist der
Monopolgrad eingeschränkt.
Zu 2: Bedeutung der Preiselastizität des Angebots von Agrarprodukten
Eine Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt kann zu einer Ausweitung der
Marktspanne führen, weil unter Wettbewerbsbedingungen der Verbraucherpreis höher und
der Erzeugerpreis niedriger ist. Der Erzeugerpreis kann aber nur dann niedriger als unter
Wettbewerbsbedingungen sein, wenn das Angebot von Agrarprodukten nicht vollkommen
elastisch ist. Ist es vollkommen elastisch, so führt der Rückgang der Nachfrage nach dem
Agrarrohprodukt als Folge der Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt nicht zu einer
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
15
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Senkung der Preise für das Rohprodukt. Daraus folgt, dass der Erzeugerpreis um so mehr als
Folge der Monopolstellung gedrückt sein wird, je preisunelastischer das Angebot von
Agrarprodukten ist. Da die Preiselastizität des Angebots kurzfristig kleiner als langfristig ist,
wird die Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt kurzfristig zu stärker gedrückten
Preisen (im Vergleich zu Wettbewerbsbedingungen) als langfristig führen.
Zu 3: Bedeutung der Preiselastizität des Angebots von komplementären Sach- und
Dienstleistungen
Die Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt kann durch die im Vergleich zur Wettbewerbssituation verringerte Nachfrage nach komplementären Sach- und Dienstleistungen auch
einen Einfluss auf den Preis der komplementären Sach- und Dienstleistungen haben und zu
Substitutionseffekten bei der Erstellung des konsumreifen Produkts führen. Ist die
Produktionsfunktion linear-homogen, wird der Preis der komplementären Sach- und
Dienstleistungen weniger (mehr) als der Preis für das Agrarrohprodukt gedrückt, wenn diese
Inputfaktoren preiselastischer (preisunelastischer) als das Agrarrohprodukt angeboten
werden. Dies wird in der Regel der Fall sein, da die Nachfrage des Nahrungsmittelsektors nur
einen relativ kleinen Marktanteil am gesamten Markt für einzelne komplementäre Sach- und
Dienstleistungen einnimmt.
Zu 4: Bedeutung der Substitutionselastizität zwischen dem Agrarrohprodukt und den
komplementären Sach- und Dienstleistungen
Die Substitutionselastizität spielt für die Beziehung zwischen Verbraucher- und
Erzeugerpreisen nur dann eine Rolle, wenn die Marktmacht des Handels- und
Verarbeitungssektors auf der Verbraucherstufe zu einer Änderung der Preisrelation zwischen
dem Agrarrohprodukt und den komplementären Sach- und Dienstleistungen führt. Die
Preisrelation wird sich dann wie oben ausgeführt verändern, wenn die Angebotselastizitäten
der beiden Inputfaktoren unterschiedlich sind. In der Regel wird gelten, dass das Angebot der
komplementären Sach- und Dienstleistungen erheblich elastischer als das Angebot der
16
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Agrarrohprodukte ist. Folglich wird die Marktmacht des Handels- und Verarbeitungssektors
zu einer Veränderung der Inputpreisrelation zuungunsten des Agrarrohprodukts führen. Die
Folge wird daher sein, dass die Marktmacht auf der Verbraucherstufe zu einer Änderung der
Inputstruktur zugunsten des Agrarprodukts führt. Es sind demnach zwei Effekte zu
unterscheiden: Einmal verändert sich die Produktionsmenge des konsumreifen Agrarprodukts
als Folge der Monopolstellung. Dies ermöglicht dem Handels- und Verarbeitungssektor
höhere Verbraucherpreise zu erzielen. Zum anderen verändert sich auf einem niedrigeren
Produktions- und Inputniveau die Einsatzrelation zwischen Agrarrohprodukt und
komplementären Sach- und Dienstleistungen. Werden die Inputfaktoren preiselastisch
angeboten, so liegt das Produktionsniveau weniger unterhalb des Niveaus unter Wettbewerbsbedingungen. Diese Aussage wird durch Schaubild 4 verdeutlicht.
Schaubild 4: Auswirkung der Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt auf das
Einsatzniveau der Agrarrohprodukte
∂q
∂x 1
p
p (1+ )
1
ε
D
∂q
∂x 1
r1
p.
r
∂q
∂x 1
A0
W
1
rM
1
p (1+ ) 1D
ε
x
M
1
xW
1
∂q
∂x 1
Menge des
Agrarrohproduktes (x )
1
Unter Wettbewerbsbedingungen würde die Agrarrohstoffmenge x1W nachgefragt und der
Preis r1W gezahlt werden. Die Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt führt zu einer
Verringerung der Nachfrage nach dem Agrarrohprodukt (es gibt nun keine Nachfragekurve
17
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
mehr, sondern es wird die Menge nachgefragt, bei der der Preis des Agrarrohprodukts gleich
dem Grenzerlösprodukt ist). Unter der Annahme, dass die Monopolstellung nicht zu einer
Veränderung der Produktions(-kosten)funktion geführt hat, wird laut Schaubild 4 die Einsatzmenge des Agrarrohprodukts bei der gegebenen Angebotskurve auf x1M zurückgehen. Für die
verkaufte Menge an Agrarrohprodukten erhalten die Landwirte einen Preis r1M . Dieser Preis
liegt niedriger als unter Wettbewerbsbedingungen. Aus Schaubild 4 wird auch ersichtlich,
dass die Einsatzmenge des Agrarrohprodukts um so mehr zurückgeht, je elastischer das Angebot der Landwirte ist. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Angebotsmenge des Konsumgutes
als Folge der Monopolstellung um so mehr unter der Menge unter Wettbewerbsbedingungen
liegen wird, je elastischer das Agrarangebot liegt. Ist das Agrarangebot nicht vollkommen
elastisch, so ergibt sich der Monopolgewinn zum Teil durch geringere Einkaufspreise und
zum Teil durch erhöhte Verbraucherpreise. Bei vollkommen elastischem Angebot des Agrarrohprodukts und vollkommen elastischem Angebot von komplementären Sach- und
Dienstleistungen
führt
die
Monopolstellung
lediglich
zu
einer
Erhöhung
der
Verbraucherpreise und nicht auch zu einer Senkung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise.
3.1 Wirkung einer Erhöhung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise
Wird der Preis des Agrarrohprodukts z.B. durch Preisbeschlüsse in Brüssel oder durch eine
Verknappung des Angebots als Folge von Witterungseinflüssen angehoben, so wird sich auch
bei der Marktform des Monopols die Relation zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreisen
ändern. Doch während bei der Marktform des Polypols die Kostensteigerung für den
Handels- und Verarbeitungssektor voll auf Verbraucher und/oder Anbieter von
komplementären Sach- und Dienstleistungen überwälzt wird, trifft bei der Marktform des
Monopols auf dem Verbrauchermarkt keine vollkommene Überwälzung ein. Ein Teil der
Kostensteigerung geht zu Lasten der Monopolgewinne. Versucht der Handels- und
Verarbeitungssektor die Kostensteigerung dem Verbraucher anzulasten, so ist dies nur durch
eine Verringerung der Angebotsmenge möglich. Mit der Verringerung der Angebotsmenge
bewegt sich der Monopolist auf seiner Preisabsatzfunktion (Nachfragekurve) in den
elastischeren Bereich. Damit sinkt aber der Monopolgrad und auch der Monopolgewinn.
18
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Kostensteigerungen für den Handels- und Verarbeitungssektors - sei es durch Preiserhöhung
für das Agrarrohprodukt oder für die komplementären Sach- und Dienstleistungen - führen
demnach bei der Marktform des Monopols zu einer geringeren Preissteigerung für die
Verbraucher als bei der Marktform des Polypols. Ebenfalls gilt, dass Preissteigerungen für
die komplementären Sach- und Dienstleistungen bei der Marktform des Monopols weniger
zu einem Sinken der Preise für die Agrarrohprodukte führen als bei der Marktform des
Monopols.
4
Vertikale
Preisbildung
bei
der
Marktform
des
Monopols
auf
dem
Verbrauchermarkt und Monopsons auf dem Erzeugermarkt
Auch bei der Analyse der Preisbildung bei dieser Marktform wird vom obigen Grundmodell
ausgegangen. Der Handels- und Verarbeitungssektor hat bei seiner Entscheidung über geund verkaufte Mengen und über Preise zu bedenken, dass die umgesetzten Mengen sowohl
einen Einfluss auf die Preise auf der Verbraucher- als auch auf der Erzeugerstufe haben. Der
Handels- und Verarbeitungssektor wird sich daher auf der Absatzseite an den Grenzerlösen
und beim Einkauf des landwirtschaftlichen Rohprodukts an den Grenzausgaben orientieren.
Die optimale Einkaufsmenge des landwirtschaftlichen Rohprodukts kann wie folgt bestimmt
werden. Es gilt die allgemeine Definitionsgleichung:
(9)
G = pq − r1x1 − r2 x 2 ,
mit
G = Gewinn und den anderen Symbolen wie oben.
Die Marktform des Monopols auf dem Verbrauchermarkt beinhaltet eine funktionale
Abhängigkeit der Produktpreise von den Verkaufsmengen. Es gilt daher:
(10)
p = p(q ).
Die Marktform des Monopsons auf dem Erzeugermarkt beinhaltet eine funktionale
bg
b g
Abhängigkeit der Preise des Agrarrohprodukts r1 von den zugekauften Mengen x1 . Somit
gilt:
19
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
(11)
r1 = r1 ( x1 ).
Die Funktionsgleichungen (10) und (11) werden in Gleichung (9) eingesetzt. Man erhält:
(12)
G = p(q )q − r1 ( x1 )x1 r2 x 2 ( x1 ),
Gleichung (12) wird nach x1 differenziert, um die optimale Menge des Agrarrohprodukts zu
ermitteln. Dies führt zu:
(13)
dG ∂p ∂q
∂q
∂r
=
⋅
q+p
− 1 x1 − r1 .
dx1 ∂q ∂x1
∂x1 ∂x1
Im Gewinnmaximum muss der Grenzgewinn Null sein. Es muss daher gelten:
(14)
F
H
I
K
F
H
I
K
∂q
1
1
p 1 + D = r1 1 + S .
∂x1
ε
ε
Das Grenzerlösprodukt eines Faktors muss demnach im Gewinnmaximum gleich den Grenzausgaben für den Faktor sein.
20
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Schaubild 5: Auswirkungen monopolistischer und monopsonistischer Marktformen auf dem
Erzeugerpreis
∂q
p
p (1+
∂x
1
D
ε
)
1
∂
q
∂x
1
r1
p.
Grenzausgabekurve
r 1(1+ 1 )
∂q
∂x
εS
1
Angebotskurve
W
∆r M
∆r MM
r1
r 1M
MM
r1
p (1+
M
x 1M M x 1
x 1W
1
D
ε
∂q
)
∂x
1
Menge des
Agrarrohproduktes
Welche Bedeutung die hier diskutierte Marktform für die Relation Verbraucher- zu Erzeugerpreis hat, soll mit Hilfe einer Grafik erläutert werden. Im Schaubild 5 ist die Situation auf
dem Markt für das Agrarrohprodukt dargestellt. Unter Wettbewerbsbedingungen würde auf
dem Erzeugermarkt die Menge x1W des Agrarrohprodukts nachgefragt, und es würde der Preis
r1W gezahlt. Als Folge der Monopolstellung auf dem Verbrauchermarkt orientiert sich der
Handels- und Verarbeitungssektor bei seiner Nachfrage nach dem Agrarrohprodukt aber
nicht an der Wertgrenzproduktivitätskurve, sondern an der Grenzerlösproduktkurve. Die
nachgefragte Menge sinkt daher auf x1M . Der Preis des Agrarrohprodukts sinkt auf r1M . Als
Folge der monopsonistischen Marktstellung auf dem Erzeugermarkt geht der Handels- und
Verarbeitungssektor nicht von einem gegebenen Erzeugerpreis - wie bei vollständiger
Konkurrenz - aus; er berücksichtigt, dass die nachgefragte Menge auch einen Einfluss auf
den Preis des Agrarrohprodukts hat. Es wird daher die Menge nachgefragt, bei der die
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
21
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Grenzausgabe des Faktors gleich dem Grenzerlösprodukt ist. Im Schaubild 5 ist dies die
Menge x1MM mit dem Preis r1MM . Der Erzeugerpreis ist demnach als Folge der
monopolistischen Ausbeutung (nach Pigou) um ∆r M und als Folge der monopsonistischen
Ausbeutung zusätzlich um ∆r MM niedriger als unter Wettbewerbsbedingungen. Allerdings
muss betont werden, dass diese Darstellung davon ausgeht, dass sich die Angebotskurve der
Landwirte ebenso wie die Wertgrenzproduktivität des Agrarrohprodukts als Folge der
Marktform nicht verändern.
Aus Schaubild 5 kann auch abgelesen werden, wie sich eine Erhöhung der Preise für die
komplementären Sach- und Dienstleistungen (gleichbedeutend mit einer Erhöhung der
Kosten des Handels- und Verarbeitungssektors) auf die Relation zwischen Verbraucher- und
Erzeugerpreis auswirken: Eine Erhöhung der Kosten führt zu einer Linksverschiebung der
Angebotskurve für das konsumreife Produkt. Der Handels- und Verarbeitungssektor wird
somit bei nicht vollkommen elastischer Nachfrage nach dem konsumreifen Produkt auch
weniger Agrarrohprodukte nachfragen. Es wird daher eine Faktoreinsatzmenge verwirklicht,
die links von der ursprünglichen Faktoreinsatzmenge liegt. Somit sinkt als Folge der
Kostensteigerung die Monopolmacht des Handels- und Verarbeitungssektors. Die
Kostensteigerung kann daher nicht voll auf Erzeuger und Verbraucher überwälzt werden,
sondern geht zum Teil zu Lasten der Gewinne des Handels- und Verarbeitungssektors.
5. Zur Preisbildung bei einzelnen Agrarprodukten
22
- 5.1 Vertikale Integration: Beziehung zwischen Verbraucher- und Erzeugerpreise
Übungsaufgaben:
1. Nehmen Sie an, dass der Agrarministerrat in Brüssel eine Anhebung aller Preise für
landwirtschaftliche Rohprodukte um 4 % beschließt.
a) Versuchen Sie, aus Sicht des Bauernverbandes zu argumentieren, dass die zusätzliche
Belastung der Verbraucher marginal ist.
b) Versuchen Sie, aus Sicht des Verbraucherverbandes zu argumentieren, dass die
Belastung der Verbraucher erheblich ist.
2. Diskutieren Sie die Wirkung von Ladenschlusszeiten auf die Höhe der Spanne.
3. Es ist empirisch nachzuweisen, dass die Differenz zwischen Großhandelspreisen und
Erzeugerpreisen für Getreide in Schleswig-Holstein geringer ist als in BadenWürttemberg. Diskutieren Sie Erklärungshypothesen!
4. Zeigen Sie, welche Beziehung zwischen der relativen und der absoluten Spanne in
Überschuss- und in Defizitregionen bestehen wird.
5. Erklären Sie, welche Wirkung vom einer Erhöhung des Preisgerüstes der Spanne auf den
Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben ausgehen wird.
6. In einigen ehemaligen sozialistischen Ländern wird versucht, durch gesetzliche
Verordnungen die Höhe der Marktspanne zu kontrollieren. U. a. wird häufig festgelegt,
dass der Einzelhandel nur einen gleichen festen prozentualen Zuschlag auf die
Einstandspreise für die Bestimmung der Verkaufspreise wählen darf. Welche Folgen
würden Sie für die Zusammensetzung des Verkaufssortiments der Einzelhandelsgeschäfte
erwarten?
7. In einigen ehemaligen sozialistischen Ländern wird vom Staat die Spanne als prozentuale
Differenz zwischen Einzelhandelspreis und landwirtschaftlichen Erzeugerpreis für alle
Produkte in gleicher Höhe festgelegt. Diskutieren Sie die Bedeutung für die
Zusammensetzung des Produktsortiments des Handels in einzelnen Regionen Überprüfen
Sie auch, ob es eine Tendenz geben wird, die offiziellen Absatzwege zu umgehen.
8. Der Getreideerfassungshandel durfte in einigen ehemals sozialistischen Ländern zu den
Einstandspreisen nur einen staatlich festgelegten Zuschlag von wenigen Prozent vor
Abgabe des Getreides an die Mühlen vornehmen. Die Inflationsrate im Land war aber um
ein Vielfaches über dem zulässigen Zuschlag. Diskutieren Sie die Konsequenzen für die
Getreidevermarkter.
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