Im Blickpunkt: Neues aus der Medizin Lyon-Herz-Studie In Lyon hatten Michel de Lorgeril und Mitarbeiter zusammen mit INSERM (Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale) sich vorgenommen, eine Erklärung dafür zu finden, dass in den Ländern, die an das Mittelmeer grenzen, die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen um vieles geringer ist als in Nordeuropa. Schon die ersten Ergebnisse ihrer Studie (Lyon Diet Heart Study), die 1994 in Lancet publiziert wurde, hatten Aufsehen erregt: 605 Männer und Frauen, die einen Herzinfarkt durchgemacht hatten, Patienten des Hôpital Cardiovasculaire Lyon, wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe (303 Personen) erhielt Ernährungsratschläge, wie sie nach einem Infarkt in Westeuropa und in USA immer gegeben werden. Die andere Gruppe (302 Personen) wurde eingehend mit der Mittelmeerkost vertraut gemacht. Ihnen wurde geraten, mehr Gemüse, mehr Hülsenfrüchte, mehr Salat, mehr Obst zu essen, eher Fisch und wenn Fleisch, dann Huhn sowie Butter und Sahne durch Margarine zu ersetzen. Für das Kochen und die Zubereitung von Salaten wurde ausschließlich Oliven- oder Rapsöl verwandt. Die Margarine wurde den Familien der Patienten kostenlos zur Verfügung gestellt. Ihre Zusammensetzung entsprach der des Olivenöls, außer dass in ihr mehr Alpha-Linolensäure, eine Omega-3Fettsäure, enthalten war. Die Mittelmeerdiät erwies sich als so erfolgreich, dass die Studie, die für fünf Jahre geplant war, nach 27 Monaten abgebrochen wurde. In der Gruppe, die sich mit der Normaldiät ernährte, erlitten 33 Personen einen Herzinfarkt (davon 16 mit tödlichem Ausgang). In der Gruppe mit der Mittelmeerkost erlitten nur 8 einen Herzinfarkt (davon 22 3 mit tödlichem Ausgang). In dieser Gruppe war also das Risiko solcher Ereignisse um mehr als 70 % niedriger als in der Gruppe, die sich konventionell ernährte. Die Lyoner Herzspezialisten beobachteten die Mittelmeergruppe weitere 19 Monate (Circulation, Vol. 99, 1999). Die gesamte Beobachtungszeit betrug also insgesamt 46 Monate. Dass die Mittelmeerkost eindrucksvoll vor dem Herzinfarkt schützen kann, wurde im weiteren Verlauf bestätigt. In dem Zeitraum von fast vier Jahren erlitten 44 Patienten einen Herztod oder einen Herzinfarkt in der Gruppe, die sich konventionell ernährte, in der Mittelmeergruppe nur 14. Woher die erstaunliche Wirkung der Mittelmeerkost kommt, wird diskutiert. Zum einen wird das Konzept der Mittelmeerkost dafür verantwortlich gemacht, zum andern schreibt man einen Teil der günstigen Wirkung der Alpha-Linolensäure zu. Diese These wird dadurch unterstützt, dass in der 7-Länder-Studie Japan und Kreta die niedrigste Sterblichkeit am Herzinfarkt hatten. Beide nehmen in ihrer Ernährung viel Alpha-Linolensäure zu sich, die Japaner durch Raps- und Sojaöl, die Kreter wahrscheinlich durch Portulak und Walnüsse. Bemerkenswert an der Lyon-Herz-Studie ist auch, dass die Patienten die Umstellung auf die neue Ernährungsweise gerne mitmachten und sich konsequent an das Mittelmeerkonzept hielten. Da in Lyon großer Wert auf gutes Essen gelegt wird, ist dieser durchschlagende Erfolg der Mittelmeerkost ein Zeichen dafür, wie attraktiv diese Küche ist. The Lancet, Vol. 334, 1994, S. 1454 – 1459 Circulation, Vol. 99, 1999, S. 779 – 785 und S. 733 – 735 Medikamente aus dem Internet Das Angebot ist riesig und umfasst Medikamente, die keine oder sogar lebensgefährliche Wirkung haben können. In den Cyber-Apotheken im Internet kann jeder Surfer Antibiotika, Antidepressiva, Schmerzmittel oder Hormonpräparate beziehen. Nach dem Ausfüllen eines kurzen Fragebogens verschreibt ein virtueller Arzt in der Netz-Praxis dem Patienten Medikamente, die per Kreditkarte bezahlt und direkt ins Haus geliefert werden. Doch die Ferndiagnose kann schlimme Folgen haben. Denn die verschriebenen Mittel sind oft hochwirksam und damit potenziell sehr gefährlich; viele können süchtig machen. Nicht wenige der Tabletten, Säfte und Zäpfchen dürfen nach dem deutschen Arzneimittelgesetz nur von einem Arzt verschrieben werden. Vor dem Gang in die Cyber-Apotheke warnt daher jetzt die „Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände“ (AgV) in Bonn. Für die AgV stellt die Arzneimitteleinnahme ohne ärztliche Diagnose und begleitende Beratung ein „pharmazeutisches russisches Roulette“ dar. FAZ vom 8.1.2000 Geistige Fähigkeiten verbessert Gehen verbessert bei älteren Menschen einige geistige Fähigkeiten, wie Planung, Zeiteinteilung, Arbeitsgedächtnis. Arthur Kramer und seine Arbeitsgruppe (University of Illinois, Urbana USA) beobachteten Fitness- und Hirnfunktionen bei 124 gesunden 60 bis 75 Jahre alten Menschen, die sich bisher wenig bewegt hatten. Die Hälfte ging dreimal die Woche 45 Minuten, die andere Hälfte machte ebenfalls 45 Minuten Dehnungs- und Kräftigungsübungen. Nach sechs Monaten hatte sich die maximale Sauerstoffaufnahme in der Gruppe, die regelmäßig ging, um mehr als 5 % verbessert, in der Gymnastikgruppe aber um 2,8 % verringert. Gleichzeitig zeigte die körperlich leistungsfähigere Gruppe Verbesserungen bestimmter geistiger Fähigkeiten, z. B. bewältigten Frauen und Männer dieser Gruppe Alltagsaufgaben konzentrierter und flexibler, während das in der Gymnastikgruppe nicht zu beobachten war. The Lancet, Vol. 354, 1999, S. 401 Ehefrauen von Infarktpatienten Kokain und Herzinfarkt Ehefrauen von Infarktpatienten tragen oft ebenfalls ein erhöhtes koronares Risiko. Dies legen die Ergebnisse einer Studie amerikanischer Wissenschaftler vom Regional West Medical Center in Scottsbluff/Nebraska nahe. Die Forscher verfolgen darin das Schicksal von 170 Männern, die kurz zuvor einen Myokardinfarkt erlitten oder sich einer Bypassoperation unterzogen hatten. Daneben untersuchten sie auch die Ehefrauen der Betroffenen. Wie die Forscher in Atlanta berichteten, zeigten beide Ehepartner vergleichbare Angewohnheiten, was den Konsum von Zigaretten und die sportlichen Aktivitäten anging. Auch waren in rund einem Drittel der Fälle beide Ehegatten übergewichtig, in rund einem Viertel der Fälle beide normalgewichtig. Nach dem koronaren Ereignis gaben oft nur die Männer das Rauchen auf, nicht jedoch ihre Ehefrauen. Die Lebensgefährtinnen der Herzkranken beteiligten sich überdies vergleichsweise selten an der ihren Männern verordneten körperlichen Bewegung. Cardio News, 12/1999 3 946 Patienten in 64 medizinischen Zentren der USA wurden von der Harvard Medical School, Boston nach der Vorgeschichte ihres Herzinfarktes befragt. Ziel der Studie war es, herausfinden, welche Faktoren akut einen Herzinfarkt auslösen können. Dabei stellte sich heraus, dass Kokain einen Herzinfarkt provozieren kann. 1 % der befragten Patienten gab zu, Kokain zu nehmen. Die Forscher vermuten, dass weit mehr Patienten durch den Kokaingenuss vom Herzinfarkt bedroht sind. Eine Stunde nach dem Kokaingenuss steigt das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, sehr stark an, auch bei Patienten, die sonst ein geringes Herzinfarktrisiko haben. Circulation Vol. 99, 1999, S. 2737 – 2741 23