Arterielle Hypertonie - alexander

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Pathophysiologie
Hypertonie
Definition, Klassifikation und Einteilung
Die arterielle Hypertonie entspricht einer Hypertonie im großen Kreislauf
und bezeichnet eine dauerhafte, abnorme Steigerung des Drucks in den
zuführenden Blutgefäßen. Nach der von der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) im Jahre 1999 vorgestellten Klassifikation (Tab. 1) definiert man
einen systolischen Blutdruck von über 140 mmHg oder einen
diastolischen Blutdruck größer als 90 mmHg als Hypertonie, die in drei
Stufen eingeteilt werden kann. Für
ür Drücke zwischen 160/95 und 140/90
mmHg wird der Begriff Grenzwerthypertonie verwendet.
Hypertonie
ypertonie im großen Kreislauf
systolisch
diastolisch
(mmHg)
(mmHg)
optimaler Blutdruck
< 120
< 80
normaler Blutdruck
120-129
80-84
hoch-normaler
normaler Blutdruck
130-139
85-89
milde Hypertonie (Stufe 1)
140-159
90-99
Die
e arterielle Hypertonie gehört zu den häufigsten Erkrankungen. Mit der
höchsten Hypertonie-Prävalenz
Prävalenz in Europa sind in Deutschland ca. 12 % der
Gesamtbevölkerung betroffen, wobei die Häufigkeit mit steigendem
Lebensalter stark zunimmt (50%
50% in der Altersgruppe über 65 Jahre).
mittlere Hypertonie (Stufe 2)
160-179
100-109
schwere Hypertonie (Stufe 3)
> 180
> 110
isolierte systolische Hypertonie
> 140
< 90
Nach pathogenetischen Gesichtspunkten unterscheidet man:
Tab. 1: Klassifikation der Blutdruckwerte
•
•
•
Bewertung
Widerstandshochdruck:: die periphere Vasokonstriktion (Erhöhung des totalen peripheren Widerstands = TPR ↑) ist
Ursache eines stark erhöhten
ten systolischen und diastolischen Blutdrucks (RR
( diastolisch > 95 mmHg)
Volumenhochdruck (= hyperdynamischer Hochdruck):
Hochdruck : ist Folge eines vermehrten HerzzeitHerzzeit und/oder Blutvolumens
mit meistens nur geringgradig erhöhten Blutdruckwerten
Blutdruckwer
Elastizitätshochdruck:: ist Folge der verminderten Windkesselfunktion im Alter mit Erhöhung des systolischen
Blutdrucks bei normalem
lem diastolischem Blutdruck
Nach ätiologischen Gesichtspunkten unterscheidet
terscheidet man zwei Formen der Hypertonie:
Hyp
•
•
primäre (= essenzielle) Hypertonie,
Hypertonie, bei der die auslösende Ursache noch nicht definiert ist (95% der Fälle)
sekundäre Hypertonie mit geklärter Pathogenese, der
er nur 5% aller Hochdruckerkrankungen zuzurechnen sind
Primäre Hypertonieformen
Da bei der primären Hypertonie die auslösende Ursache nicht geklärt ist,, erfolgt die Diagnose als Ausschlussdiagnose
von Hypertonieformen mit bekannter Ätiologie. Trotz kontroverser Diskussionen nimmt man für den
en essentiellen
Hypertonus eine multifaktorielle Ätiologie als Kombination von genetischen Faktoren und Umweltfaktoren an. Allein 75%
aller Patienten mit essentieller Hypertonie
nie sind erblich vorbelastet (polygener Vererbungsmodus).
Weitere Mechanismen sind:
•
erhöhter peripherer Gefäßwiderstand durch erhöhte Reaktivität auf vasopressorische Substanzen oder
autoregulative aktive Vasokonstriktion auf ein erhöhtes
erhöhtes HZV mit dem Ziel, den Blutfluss zu drosseln
+ +
+
2+
•
gesteigerte Funktion der Na /H -Antiporter
Antiporter, wodurch die intrazelluläre Na und folglich die Ca -Konzentration
zunimmt und die glatten Gefäßmuskelzellen eine gesteigerte Sensibilität gegenüber Katecholaminen und
vasoaktiven
oaktiven Substanzen aufweisen
+ +
•
hohe Na Cl -Zufuhr (10-15
15 g/d) in den westlichen Industrienationen, wodurch der Herzantrieb und die Na Retention gesteigert wird (EZV ↑ und bedingt hyperdynamische Druckerhöhung)
•
sympathisches Nervensystem: hypertensive Patienten zeigen häufig eine gesteigerte sympathische
Aktivität mit vermehrter Katecholaminausscheidung
Katecholaminausscheidung im Urin und gesteigerter Reninsekretion durch den
juxtaglomerulären Apparat
erhöhte Freisetzung von Endothelin und Verminderung von Synthese und Freisetzung von NO
•
•
Umweltfaktoren, wie Rauchen, physische Inaktivität, Stress sowie Adipositas
Sekundäre Hypertonieformen
Die sekundären Hypertonieformen lassen sich kausal behandeln und
werden ätiologisch folgendermaßen eingeteilt:
• renale Hypertonie (ca. 25%): renoparenchymatöse Erkrankungen
(Glomerulonephritis,
Glomerulonephritis, Pyelonephritis) sowie renovaskuläre
Erkrankungen (Nierenarterienstenose → Abb.1, Atherosklerose,
fibromuskuläre Dysplasie, Panarteriitis nodosa) sind mit einer
Hypertonie vergesellschaftet
der auslösende pathogenetische Faktor ist eine
Nierenminderdurchblutung,, die einen adäquaten Reiz für eine
vermehrte Reninausschüttung aus den Zellen des
juxtaglomerulären Apparats mit Aktivierung des RAAS
darstellt
das entstehende Angiotensin II bewirkt starke
Vasokonstriktion der Arteriolen und erhöht den TPR
die vermehrte Aldosteronsekretion aus der Nebenniere
bewirkt eine Erhöhung des Blutvolumens
Abb.1:: Nierenarterienstenose
© Januar 2010 by Alexander Jörk
Friedrich--Schiller-Universität Jena
1
Pathophysiologie
•
Sekundäre Hypertonieformen
•
•
Hypertonie
Hypertonie
ypertonie im großen Kreislauf
endokrine Hypertonie (ca. 3%) durch hormonelle Überproduktion:
Phäochromozytom:: ein Katecholamin-produzierender
Katecholamin produzierender Tumor des Nebennierenmarks führt zu unkontrolliert
hohen Adrenalin- und Noradrenalinspiegeln
nalinspiegeln und somit zum VolumenVolumen und Widerstandshochdruck
adrenogenitales Syndrom: Cortisolbildung in der Nebennierenrinde ist blockiert (häufig durch Mangel an
21ß-Hydroxylase), wodurch die ACTH-Ausschüttung
ACTH
enthemmt wird
primärer Hyperaldosteronismus
nismus (Conn-Syndrom): NNR-Tumor
Tumor schüttet große Aldosteronmengen
Aldosteronmeng aus,
+
wodurch eine verstärkte Na -Retention
Retention mit Erhöhung des EZV eingeleitet wird
Cushing-Syndrom: hohe ACTH-Ausschüttung
ACTH Ausschüttung durch Hypophysentumor oder autonomen NNR-Tumor
NNR
mit
erhöhten Glucocorticoidspiegeln
coidspiegeln im Plasma
Einnahme von Antikonzeptiva
kardiovaskuläre Hypertonie (ca. 1,5 %) durch anatomische Veränderungen des Herzens
Herzens oder der Gefäße:
bei der Aortenisthmusstenose entsteht im Gefäßbett proximal der Stenose eine Hypertonie mit der Folge
einer vorzeitigen schweren Atherosklerose,
Atherosklerose, welche in den großen Gefäße mit einer Windkesselhypertonie
einhergeht → die Aortenwand verliert an Elastizität
neurogene Hypertonie (ca. 0,5 %):
traumatische oder entzündliche Veränderungen im Bereich der Barozeptoren im Karotissinus lösen den
Entzügelungshochdruck aus
Schädigung zentraler Vasomotorenzentren
Vasomotorenzentre
Symptome
Eine Hypertonie verläuft bis zum Auftreten von irreversiblen Folgeschäden oftmals symptomlos („silent
silent killer“).
killer
Uncharakteristische Beschwerden sind Kopfschmerzen,
Kop
Übelkeit, Schwindel, Epistaxis, Abgeschlagenheit.
Abgeschlagenheit Bei stark
erhöhten Blutdruckwerten sind auch Sehstörungen und Anzeichen von Angina pectoris beschrieben.
Patienten mit labilem Hochdruck (= Blutdruckwerte nur zeitweilig und bei Belastung erhöht) bekommen später meist
eine stabile bzw. fixierte Hypertonie mit dauerhaft erhöhten Gefäßdruckwerten. Von maligner Hypertonie spricht man,
wenn sich der diastolische Blutdruck auf Werte von > 120 mmHg konstant erhöht. Bei einer hypertensiven Krise mit
Anzeichen einer Organschädigung,, wie Hochdruckenzephalopathie, Aortendissektion oder Lungenödem, spricht
sprich man
vom hypertensiven Notfall (hypertensive
hypertensive emergency).
emergency
Folgeerkrankungen
Bei unbehandelter Hypertonie sterben 50% der Betroffenen an den Folgen der koronaren Herzkrankheit, 30% an
zerebrovaskulären Komplikationen
plikationen und 20% an einer Niereninsuffizienz.
Folgekrankheiten umfassen:
• kardiale Schäden:: der arterielle Widerstandshypertonus im großen Kreislauf bedeutet vermehrte Druckarbeit
Druckarbe des
linken Herzventrikels,
els, woraus eine adaptive konzentrische Herzmuskelhypertrophie des linken Ventrikels resultiert
nach Überschreiten des kritischen Herzgewichts mit Durchblutungsstörung
Durchbl tungsstörung des subendokardialen Myokards
folgt Ausbildung einer Linksherzdilatation (exzentrische Hypertrophie)
Volumenhochdruck führt bereits primär zur einer exzentrischen
Hypertrophie
• progressive Atherosklerose von Organgefäßen mit Ischämiesymptomen
(Niere, Splanchnikusgebiet)
• Koronararteriensklerose mit Angina pectoris, Myokardinfarkt und
plötzlicher Herztod als Komplikationen
omplikationen
• Zerebralarteriensklerose mit Gefahr der hypertonischen
Hirnmassenblutung und der Subarachnoidalblutung
barachnoidalblutung
• Netzhautveränderungen (Fundus
Fundus hypertonicus → Abb.2): geschlängelte,
verbreiterte Fundusarteriolen mit gelblichen
elblichen Glanzstreifen
(Kupferdrahtarterien), die bei fortschreitender Arteriosklerose
Arte
weißlich
werden (Silberdrahtarterien)
rterien) und im Endstadium Ausgangspunkt
Ausgangspu
flammenförmiger Hämorrhagien und Mikroinfarkte mit Degenerationsherden
(Cotton-Wool-Herde) sein können
Abb.2: Fundus hypertonicus
Therapie
Ziel einer Behandlung ist die maximale Risikoreduktion kardiovaskulär bedingter
Krankheiten und der Sterblichkeit.
Zu den nicht-pharmakologischen
pharmakologischen Maßnahmen zählen Gewichtsreduktion (ca. – 2,5/1,5
5/1,5 mmHg pro kg Gewichtsabnahme),
Gewichtsabnahme
Senkung einer übermäßigen Alkoholkonsums,
Alkoholkonsums Vermeidung des Zigarettenrauchs, regelmäßige körperliche Betätigung,
Betätigung
Kochsalzrestriktion, obst- und gemüsereiche Kost mit Reduktion des Fettanteils im Nahrungsangebot,
psychophysiologisch orientierte Entspannungsverfahren
Entspannung
und Stressbewältigung.
Die Pharmakotherapie erfolgt initial als Monotherapie und kann bei unbefriedigender Wirkung auf
Mehrfachkombinationen ausgeweitet werden. Mittel der ersten Wahl sind ACE-Inhibitoren, Angiotensin1-RezeptorHemmer, Beta-Blocker, Diuretika und Calciumkanalantagonisten.
Calciumkanalantagonis
Alle fünf genannten Substanzklassen zeichnen
sich durch eine ausreichende therapeutische
apeutische Breite und geringer Einschränkung der Lebensqualität des Patienten aus.
aus
© Januar 2010 by Alexander Jörk
Friedrich--Schiller-Universität Jena
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