Complianceverhalten und Veränderung der Lebensqualität bei

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Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden die Lebensqualität anhand des SF-36 und des FOSQ
sowie psychologische Faktoren wie Ängstlichkeit, Depression und Kompetenz- sowie
Kontrollüberzeugungen anhand des HADS-D, des KKG und des FKK bei Patienten mit
OSAS vor und unter Langzeit-CPAP-Therapie beurteilt, um dadurch sogen. Prädiktoren
ermitteln und Rückschlüsse auf das Therapieverhalten ermitteln zu können. Zudem erfolgte im Rahmen der Kontrolluntersuchung ein standardisiertes Interview anhand eines
halbstrukturierten Fragebogens sowie eine Masken- und Gerätekontrolle. Anschließend
wurde die objektive Compliance erfasst und untersucht, ob es einen Zusammenhang
zwischen der Nutzungsdauer des CPAP-Gerätes und der Lebensqualität gibt und durch
welche Faktoren diese beeinflusst werden können. Des Weiteren ergab sich im Laufe
der Studie eine Gruppe von Therapieabbrechern, die mit den Gruppen der Patienten mit
guter bzw. geringer Compliance verglichen werden konnte.
Ausgangspunkt dieser Studie waren 121 OSAS-Patienten, die im Jahre 2005 in der
Schlaf- und Beatmungsmedizin der Lungenklinik in Köln Merheim erstmals auf eine
nCPAP-Therapie eingestellt wurden. Von diesen 121 Patienten konnten nach 10,2±1,9
Monaten 105 rekrutiert werden. Die Abbruchquote war mit 11,4% relativ niedrig, und
die Compliance-Rate lag entsprechend mit 88,6% - verglichen mit anderen Langzeitstudien, die sich mit Compliance und Lebensqualität beschäftigen - in oberen Bereich.
Da keine allgemeingültige Definition existiert, wie viele Stunden der OSAS-Patient das
nCPAP-Gerät pro Nacht für eine adäquate Therapie benötigt, erfolgte in dieser Arbeit
eine Einteilung der Patienten in Gruppen in Anlehnung an Kribbs et al. (1993), die eine
mittlere CPAP-Nutzungsdauer von 4 Stunden in 70% der Nächte als ausreichende
CPAP-Compliance vorschlagen. Dies entsprach ebenfalls der in dieser Arbeit durchschnittlich ermittelten objektiven CPAP-Nutzungsdauer von 4,27±1,94. Dementsprechend konnten 58,1% Patienten mit einer CPAP-Nutzungsdauer von ≥4 h/n, entsprechend einer guten Compliance, und 30,5% Patienten mit einer CPAP-Nutzungsdauer
von <4 h/n, einer geringen Compliance, definiert werden.
Die Hypothese, dass sich die Lebensqualität von Patienten mit OSAS signifikant unter
nCPAP-Therapie verbessert, konnte anhand des SF-36 und des FOSQ für die Patienten
mit guter und ebenfalls geringer Compliance belegt werden. Vor allem in den Dimensionen Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit und psychisches Wohlbefinden konnten im
SF-36 signifikante Unterschiede nachgewiesen werden. Auch im FOSQ zeigte sich unter nCPAP-Therapie eine signifikante Verbesserung in 4 von 5 Dimensionen. In der
Dimension Vigilanz konnte hierbei die größte Verbesserung bis auf Normwerte aller in
diesem Verfahren enthaltenen Dimensionen für Therapieeffekte nachgewiesen werden.
Ergänzend kann auch durch die zusätzlich subjektiv erhobenen Schlafparameter (PSQIund ESS-Gesamtwerte) festgehalten werden, dass die OSAS-Patienten von der nCPAPTherapie derart profitieren, dass sie hinsichtlich der ermittelten Werte in der Kontrolluntersuchung nicht mehr signifikant von den Werten der Gesunden zu unterscheiden waren. Zusätzlich wurde die Wichtigkeit der Anamnese ergänzend zu den Lebensqualitätsfragebögen zur Erfassung der subjektiven Symptomatik deutlich, da diese häufig nicht
mit dem in der Polysomnographie abbildenden Schweregrad der Krankheit korreliert.
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Die Hypothese, dass der Schweregrad des OSAS, gemessen an ausgewählten Parametern der Polysomnographie, direkten Einfluss auf die Lebensqualität hat, konnte nicht
bewiesen werden. Das gesamte Patientenkollektiv einschließlich der potentiellen Therapieabbrecher wies vor Beginn der Behandlung einen erhöhten AHI und eine eindeutige
Einschränkung der Lebensqualität auf, die zusammen mit den restlichen Polysomnographieergebnissen eine Therapie rechtfertigten.
Ebenfalls konnte die Hypothese in dieser Studie nicht belegt werden, dass die Lebensqualität umso besser ist, je länger die Nutzungsdauer des CPAP-Gerätes (h/n) ist.
Bereits vor Therapiebeginn konnten Prädiktoren anhand des HADS-D, des KKG und
des FKK ermittelt werden. So wiesen Patienten mit erhöhter Ängstlichkeit im HADS-D
vor Therapiebeginn zum Kontrollzeitpunkt eine bessere Compliance nach, vermutlich
durch die bessere Befolgung ärztlicher Ratschläge. Das Vorliegen einer erhöhen Internalität in den Kontrollüberzeugungen bzw. eine Internalität, die einem Gesunden
gleicht, deuten auf einen besseren Umgang mit der eigenen Erkrankung hin und damit
auch auf eine bessere Compliance. Hingegen wirkt sich eine gering ausgeprägte Internalität negativ auf die CPAP-Compliance aus. Eine geringe Internalität kann somit als
maladaptiv und eine stark ausgeprägte Internalität als adaptiv für die CPAP-Compliance
ansehen werden.
Die HADS-D spiegelt als Fragebogeninstrument durch Selbstbeurteilung der Ängstlichkeit und Depressivität die subjektiv erlebte Stimmung wider und kann somit neben der
Erfassung von psychologischen Faktoren und zusätzlich zur Bestimmung der Lebensqualität eingesetzt werden. Unter nCPAP-Therapie zeigte sich bei den Therapieanwendern mit guter und geringer Compliance eine signifikante Verbesserung in beiden Dimensionen. In der Aufnahmeuntersuchung war eine mäßige Ängstlichkeit nachzuweisen; Hinweise für das Vorliegen einer Depression ergaben sich allerdings nicht. Bei den
Therapieabbrechern ließ sich weder eine Depression noch eine Ängstlichkeit nachweisen; hier lagen bereits in der Aufnahmeuntersuchung jeweils Normwerte vor. Die erhöhte Ängstlichkeit kann als Vorbereitung und Anpassung an die neue Situation wie die
Neudiagnose des OSAS gewertet werden. Diese emotionale Reaktion ermöglicht eine
effektive Reaktion auf die Krankheit und ist mit der Befolgung ärztlicher Ratschläge
verbunden, was wiederum eine bessere Compliance bedingt.
Die Untersuchungen zu den krankheitsspezifischen Kontrollüberzeugungen ergaben im
KKG vor Einleitung der nCPAP-Therapie sowohl bei den Patienten mit guter als auch
geringer Compliance eine höhere Internalität und soziale Externalität, bei den potentiellen Therapieabbrechern dagegen eine verminderte Internalität und eine erhöhte fatalistische Externalität. Die Ergebnisse im FKK zu den generalisierten Kontrollüberzeugungen unterstreichen die Ergebnisse des KKG. Im FKK fielen bei den Therapieabbrechern
in der Aufnahmeuntersuchung ebenfalls verminderte internale Kontrollüberzeugungen
(„Selbstkonzept eigener Fähigkeiten“ und „Internalität“) sowie eine geringere „fatalistische Externalität“ und eine geringere „Selbstwirksamkeit“ auf, wohingegen die Therapieanwender vor der nCPAP-Therapie in der Internalität der Kontrollüberzeugung Werte aufwiesen, die einem Gesunden gleichen.
Die Gesundheit wurde von den Therapieanwendern als eigenbeeinflussbar angesehen,
was ihre Motivation zur Therapieaufnahme und -fortsetzung förderte und durch die
Linderung der OSAS-typischen Symptome aufrechterhalten wurde. Zudem besaßen sie
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ein stärkeres Vertrauen zum medizinischen Fachpersonal, was ebenfalls eine verstärkte
Mitarbeit und Motivation im Rahmen der therapeutischen Maßnahmen im Laufe der
Therapie bewirkte und auf diesem Wege die Compliance positiv beeinflusste.
Die Konstellation der Kontrollüberzeugungen spiegelt dagegen bei den Therapieabbrechern schon vor Beginn der Therapie eine geringere Ausprägung von Handlungsmöglichkeiten in Problemsituationen wider. Sie sahen die Verantwortlichkeit für ihr gesundheitliches Wohlergehen weniger bei sich selbst als vielmehr bei ihrer sozialen
Umwelt (Familie, Ärzte, Pflegepersonal etc.) bzw. dem „Schicksal", so dass kein positiver Einfluss auf die Therapie vorauszusehen war. Zudem verhielten sie sich passiv, abwartend und ideenarm und gingen unsicherer, mit weniger Selbstvertrauen mit der neuartigen Situation, der Neudiagnose des OSAS und der damit verbundenen neuen CPAPTherapie um. Durch die geringer ausgeprägte Internalität konnten die Therapieabbrecher ihre Interessen weniger erfolgreich vertreten und sahen Erfolge als weniger abhängig von eigenen Anstrengungen und dem persönlichem Einsatz an.
Die Hypothese, dass Patienten mit einer geringeren internalen Kontrollüberzeugung
eine schlechtere Compliance aufweisen, kann damit bestätigt werden.
Inwieweit aus diesen Ergebnissen Schlussfolgerungen für die zukünftige Behandlung
von OSAS-Patienten gezogen werden können, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
abschätzbar. In weiteren klinischen Studien müsste geklärt werden, ob sich die gefundenen Ergebnisse replizieren lassen.
Sowohl bei der Lebensqualität als auch bei der Compliance handelt es sich um komplexe Prozesse, welche von unterschiedlichen Determinaten abhängig sind. Die Lebensqualität und die Compliance sind wie schon in vorherigen Kapiteln erwähnt abhängig
von Alter, Geschlecht, Bildung/soziale Schicht, der Schwere der Erkrankung, der Störung der Schlafarchitektur und damit resultierender Tagessymptomatik, aber auch von
psychologischen Faktoren wie den Kontrollüberzeugungen und der Zufriedenheit der
Behandlung.
Die Unterschiede hinsichtlich der Patienten mit einer guten bzw. einer geringen Compliance waren nur marginal ausgeprägt. Die Patienten mit einer geringen Compliance
wiesen deutlich mehr therapieassoziierte Beschwerden auf, die zu teilweisen oder längerfristigen Therapie-Unterbrechungen führten. Der Leidensdruck war vor der Therapie
ebenso vorhanden, und unter der Therapie konnte eine Verbesserung der Lebensqualität
anhand der Fragebögen und des Interviews nachgewiesen werden.
Als Konsequenz der ermittelten Ergebnisse der vorliegenden Studie wäre eine Einschätzung vor Therapiebeginn in Bezug auf die individuellen Kontrollüberzeugungen dann
sinnvoll, wenn Patienten mit verminderten internalen Kontrollüberzeugungen durch
weitere therapeutische Maßnahmen hinsichtlich ihrer Selbstverantwortung im Umgang
mit ihrer Erkrankung und der nCPAP-Therapie intensiv schlafmedizinisch begleitet
werden (z.B. „Maskentraining“, regelmäßige ambulante Kontrollen, psychologische
Schulungen, Teilnahme an Selbsthilfegruppen, etc.), um eine CPAP-Compliance gewährleisten und darüber hinaus verbessern zu können. Durch diese Maßnahmen könnte
eine verbesserte Befindlichkeit bei den Patienten und damit ein größerer subjektiver
Behandlungserfolg erzielt werden.
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