PharmaForum Erhaltungstherapie beim fortgeschrittenen, nicht-plattenepithelialen NSCLC Möglichkeit der verlängerten Tumorkontrolle mit Pemetrexed Im Rahmen der Phase-III-Studie PARAMOUNT erhielten 939 Patienten mit fortgeschrittenem Nicht-Plattenepithelkarzinom der Lunge (Adeno- und großzelliges Karzinom) zunächst 4 Zyklen Pemetrexed und Cisplatin. Patienten, die damit eine Tumorremission oder eine Krankheitsstabilisierung erreichten (n = 359), wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und mit Pemetrexed in gleicher Dosierung (500 mg/m2 an Tag 1 alle 3 Wochen) oder Placebo (n = 180) weiterbehandelt. Alle Patienten wurden palliativ versorgt (Best Supportive Care) und erhielten zusätzlich Vitamin B12, Folsäure und Dexamethason. Das durch Prüfärzte ermittelte PFS ab Beginn der Induktionstherapie betrug in der Pemetrexed-Gruppe im Median 6,9 Monate und im Placebo-Arm 5,6 Monate (Hazard Ratio (HR) 0,59; p < 0,0001) (Abb. 1). Dieser signifikante Vorteil zugunsten von Pemetrexed Effektiv auch für ältere Patienten Der Vorteil im PFS bei Gabe von Pemetrexed wurde in allen Patientengruppen nachgewiesen und zeigte sich insbesondere auch bei älteren Patienten, wie eine Subgruppenanalyse belegt [2]. Bei den ≥70-Jährigen (n = 92) wurde mit der Pemetrexed-Erhaltungstherapie die progressionsfreie Zeit im Vergleich zu Placebo mehr als verdoppelt (median 6,4 versus 3,0 Monate). Damit war das Progressionsrisiko bei Gabe von Pemetrexed während der Beobachtungszeit um 65% geringer (HR 0,35). Patienten im Alter von bis zu 70 Jahren (n = 447) erreichten bei Gabe von Pemetrexed eine Risikoreduktion von 31% (HR 0,69) mit einem medianen PFS von 4 Monaten im Vergleich zu 2,8 Monaten unter Placebo. Auf Grundlage der PARAMOUNT-Studiendaten erhielt Pemetrexed (Alimta®) im Oktober 2011 eine Zulassungserweiterung für die Erhaltungstherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem, nicht-plattenepithelialem NSCLC, deren Erkrankung nach einer plaPemetrexed: Placebo: Log-Rank: HR, nicht adjustiert: 1,0 Überlebenswahrscheinlichkeit zeigte sich unabhängig von der Art des Ansprechens auf die vorherige Therapie mit Pemetrexed/Cisplatin (komplette/partielle Remission oder Krankheitsstabilisierung). Die Erhaltungstherapie mit Pemetrexed wurde vergleichsweise gut vertragen. Die Lebensqualität wurde mit einem standardisierten Fragebogen (EQ-5D) erfasst und war in beiden Studienarmen vergleichbar. 0,9 0,8 Median 6,90 Monate (6,2–7,5) Median 5,6 Monate (5,5–6,0) P < 0,0001 0,6 (0,47–0,74) 0,7 0,6 0,5 Pem + BSC 0,4 Placebo + BSC 0,3 0,2 0,1 0 0 3 6 9 Zeit, Monate 12 15 18 Überlebende Patienten Pem + BSC Placebo + BSC n = 359 n = 180 320 157 141 51 59 14 24 5 4 0 0 0 Abb. 1. PFS (durch Prüfärzte ermittelt) ab Beginn der Induktionsphase, modifiziert nach [1]. BSC = Best Supportive Care. © 2012 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com tinbasierten Chemotherapie nicht unmittelbar fortgeschritten ist. Nach Angaben von Dr. Andreas Gröschel vom Universitätsklinikum Homburg/Saar ermöglicht die Weiterbehandlung der Patienten nach dem PARAMOUNT-Schema eine kontinuierliche Tumorkontrolle. Voraussetzung für eine Therapie nach diesem Konzept, das als «continuation maintenance» bezeichnet wird, sei eine relativ gute Verträglichkeit der dafür gewählten Substanz. Pemetrexed erfülle diese Voraussetzung, erläuterte Gröschel. Der Pneumologe hob besonders die Rate an Fatigue (Grad 3/4) hervor, die im Pemetrexed-Arm der PARAMOUNT-Studie 4% betragen habe. Hämatologische Toxizitäten vom Grad 3/4 seien mit maximal 4% (Anämien und Neutropenien) aufgetreten. Die vergleichsweise gute Verträglichkeit der Substanz und die Verlängerung der progressionsfreien Zeit seien die entscheidenden Kriterien, die für eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed sprechen würden, so Gröschel. In einer vorläufigen Analyse [3] betrug das mediane Gesamtüberleben nach 4 Zyklen Induktionstherapie bei Weiterbehandlung mit Pemetrexed 13,9 Monate und bei Gabe von Placebo 11,1 Monate (HR 0,78; p = 0,034). Continuation oder Switch? Für die kontinuierliche Weiterbehandlung mit Pemetrexed nach Ansprechen auf die Erstlinientherapie sprach sich auch Dr. Martin Reck vom Krankenhaus Großhansdorf aus. Dieses Konzept habe deutliche Vorteile gegenüber der «switch maintenance», die einen Substanzwechsel beim Übergang zur Erhaltungstherapie vorsieht und deshalb frühzeitig Therapie-Ressourcen aufbraucht. Um das Potential der Erstlinientherapie voll auszuschöpfen, sei die kontinuierliche Weiterbehandlung fast immer vorzuziehen, so Reck. Denn dafür werde ein Medikament eingesetzt, das der Patient bereits kenne und das sich bei ihm als wirksam erwiesen habe. Die «continuation maintenance» stelle aus seiner Sicht eine optimale Nutzung der Erstlinientherapie dar. Therapiealgorithmus zum Vorgehen bei nicht-plattenepithelialem NSCLC Aufgrund der positiven Daten hat die Erhaltungstherapie mit Pemetrexed nach Angaben Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 4:01:27 AM Die Zulassungserweiterung von Pemetrexed zur Erstlinien-Erhaltungstherapie beim fortgeschrittenen, nicht-plattenepithelialen NSCLC für Patienten, deren Erkrankung nach einer platinbasierten Chemotherapie nicht unmittelbar fortgeschritten ist, eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten: Patienten können jetzt eine längere aktive Therapiephase ohne Substanzwechsel durchlaufen. Damit kann im Vergleich zum klassischen «Wait-and-watch-Konzept» eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) erreicht werden, wie die Ergebnisse der PARAMOUNT-Studie [1] zeigen. PharmaForum Die Erwartungen an eine Erhaltungstherapie, deren (nicht planbare) Dauer in Abhängigkeit vom Tumorstatus und der Umgang mit möglichen Nebenwirkungen sollten nach Angaben von Dr. Reck mit den Patienten ausführlich besprochen werden. Auch in einem Statement der ASCO zur individualisierten Betreuung von Patienten mit fortgeschrittenen Lungenkrebserkrankungen wird auf die eingehende Bewertung und Erläuterung der möglichen Therapieoptionen im Hinblick auf Nutzen und Nebenwirkungen großer Wert gelegt [6]. Die Initiative «Aktion Rückenwind» (www. hilfe-bei-lungenkrebs.de) hat im Jahr 2011 Lungenkrebspatienten und ihre Angehörigen nach ihrer Einstellung zur Erhaltungstherapie gefragt [7]. Drei Viertel der insgesamt 270 Teilnehmer der Online-Umfrage wünschten sich eine kontinuierliche Behandlung im Sinne der Erhaltungstherapie oder würden ihr bei ärztlicher Empfehlung zustimmen. Der primäre Beweggrund der Patienten ist die Wahrnehmung aller Chancen («Hätte kein gutes Gefühl dabei zu wissen, dass der Tumor noch da ist und ich einfach nur abwarte»). Mit der Zulassungserweiterung für die Erhaltungstherapie deckt Pemetrexed nun ein breites Anwendungsgebiet beim fortgeschrittenen, nicht-plattenepithelialen NSCLC ab. Der Wirkstoff kann bereits seit 2008 für die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen NSCLC außer bei überwiegend plattenepithelialer Histologie eingesetzt werden und kann in Kombination mit Cisplatin das progressionsfreie Überleben verlängern. Dies belegen die Ergebnisse der bis dahin größten randomisierten Phase-III-Studie mit 1725 Patienten, die vergleichend mit Pemetrexed/ Cisplatin oder mit Gemcitabin/Cisplatin behandelt wurden [8]. Patienten mit fortgeschrittenen, nicht-plattenepithelialen NSCLC erreichten mit Pemetrexed/Cisplatin eine signifikante Lebenszeitverlängerung, die bei Adenokarzinomen mit median 12,6 vs. 10,9 Monaten (p = 0,033) am deutlichsten ausfiel. Damit konnte bei diesen Patienten erstmals mit einer cisplatinhaltigen Zweifachkombination das Überleben auf median über ein Jahr verlängert werden. Da die Applikation von Pemetrexed als Kurzzeit-Infusion erfolgen kann, ist eine ambulante Therapie meist problemlos möglich. Multitarget-Enzym-Inhibition als Wirkmechanismus NSCLC sind mit einem Anteil von 80% die häufigsten bösartigen Tumore der Lunge. Dabei ist der histologische Befund eines Adenokarzinoms oder eines großzelligen Karzinoms prädiktiv für das Ansprechen auf Pemetrexed/Cisplatin und ist somit die Voraussetzung für einen guten Erfolg der individualisierten Therapie. Grundlage für die histologiebasierte Therapie mit Pemetrexed ist dessen Wirkmechanismus: Der MultitargetEnzym-Inhibitor greift in die DNA- und RNANukleotid-Synthese ein, indem es 3 verschiedene Enzyme blockiert. Eines davon ist die ThymidylatSynthase (TS), die in den histologischen Subtypen Abb. 3. Die Apoptose ist ein genetisches Programm für den Zelltod, dessen regulärer Ablauf in Tumorzellen gestört ist. Das Foto zeigt die verschiedenen Apoptosestadien, von der funktionsfähigen Adenokarzinomzelle (vorne rechts) bis zu deren Auflösung (links unten). des NSCLC unterschiedlich stark exprimiert wird. Die relativ niedrige TS-Expression in Adenokarzinomen könnte erklären, weshalb Pemetrexed bei diesen Tumoren besser wirkt [8]. Die Therapie mit Pemetrexed wird im Allgemeinen relativ gut vertragen und hat ein nur geringes Neutropenie-Risiko. Referenzen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Paz-Ares L et al.: Lancet Oncol 2012;13(3):247–255. Gridelli C et al.: The European Multidisciplinary Cancer Congress, Stockholm 2011, abstr 9072. Fachinformation Alimta®, Stand Oktober 2011. Azzoli et al.: J Clin Oncol 2011;29(28):3825–3831. Jassem J.: Lancet Oncol 2012;13(3):217–218. Peppercorn JM et al.: J Clin Oncol 2011;29(6): 755–760. Online-Umfrage im Auftrag von Lilly Onkologie, Stand November 2011. Scagliotti G et al.: J Clin Oncol 2008;26:3543–3551. Ceppi P et al.: Cancer 2006;107:1589–1596. Impressum Erhaltungstherapie beim fortgeschrittenen, nicht-plattenepithelialen NSCLC Möglichkeit der verlängerten Tumorkontrolle mit Pemetrexed PharmaForum in OnkOlOgie 35 l 6 l 12 Abb. 2. Adenokarzinom der Lunge: In der Mitose-Phase des Zellzyklus teilen sich die Chromosomensätze der Karzinomzellen, jedoch kann die DNAReplikation durch Enzyminhibitoren wie Pemetrexed verhindert werden. © 2012 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com © 2012 by S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH Wilhelmstraße 20A 79098 Freiburg, Deutschland Mit freundlicher Unterstützung durch Lilly Deutschland GmbH. Verlag, Herausgeber, Redaktion und Verlagsgeschäftsführung übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt dieser Rubrik. Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 4:01:27 AM Die meisten Patienten wünschen eine Erhaltungstherapie Pemetrexed in der Erstlinientherapie DEALM01041 von Reck bereits Eingang in den Therapiealgorithmus bei nicht-plattenepithelialem NSCLC gefunden. Die «continuation maintenance» wird empfohlen für Patienten, die eine Induktionstherapie mit Pemetrexed/Cisplatin erhalten und diese vergleichsweise gut vertragen haben. Auch in den aktualisierten Leitlinien der ASCO zur Therapie des fortgeschrittenen NSCLC wird auf die Möglichkeit hingewiesen, eine initial erfolgreiche Therapie unter Verzicht auf Therapiepausen weiterzuführen [4]. Dem Patienten kommt bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle zu [5].