Der multimorbide Patient aus der Sicht des Geriaters Judith Junge, Gabriele Röhrig, Ralf-Joachim Schulz 1. Herz-Keislauferkrankungen incl. Antikoagulation und pAVK 2. Pulmonale Erkrankungen 3. Stoffwechselerkrankungen 4. Mangelsyndrome 5. Nierenerkrankungen 6. Neurologische Erkrankungen (Demenz, Zerebrale Durchblutungsstörungen, M. Parkinson, Depression) 7. Ophthalmologische Erkrankungen 8. Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen Einleitung Das folgende Kapitel soll dem interessierten Leser einen Einblick in die Geriatrie gewähren. Es zeigt den multimorbiden Patienten mit seinen häufigen Krankheitsbildern aus der Sicht des Geriaters. Aufgrund der Kürze kann dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, wir bitten dies, insbesondere in Bezug auf die entsprechenden Diagnostiken und Therapien, zu berücksichtigen. Dennoch soll es dem geneigten Leser eine Idee über die Komplexität, Individualität und Fragilität dieses Fachgebietes vermitteln. Jede Gesundheitsstörung bringt den älteren Menschen an seine Leistungsreserven, denen es gilt, adäquat zu begegnen. Dabei nimmt der Geriater Abstand von übertriebenen, invasiven Interventionen, Polypragmasie und hektischen therapeutischen Maßnahmen, denn diese schaden oft mehr, als sie nutzen. Die Aufgabe des Geriaters besteht darin, auf der einen Seite bei gegebener Indikation alle notwendigen therapeutischen Ressourcen einzufordern und bereitzuhalten, auf der anderen Seite ist es ebenso seine ärztliche Pflicht, Änderungen des Therapieziels aufgrund fehlender medizinischer Indikation oder dem Patientenwillen folgend zu akzeptieren. Dieser Herausforderung gilt es, sich sowohl mit medizinischem Sachverstand als auch mit einem aufmerksamen Gespür für die ethische Verantwortung zu stellen [38]. 1. Kardiovaskuläre Erkrankungen A Herzinsuffizienz B Koronare Herzerkrankung (KHK) C Arterielle Hypertonie D Herzrhythmusstörungen E Herzklappenfehler F Periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK) G Antithrombotische Therapie in der Geriatrie Einleitung Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen in Deutschland die wichtigste Todesursache dar und geben in der Geriatrie den häufigsten Anlaß für eine stationäre Behandlung [22]. Mit zunehmendem Lebensalter entwickeln sich strukturelle und funktionelle Modifikationen des Herz-Kreislauf-Systems, welche sich besonders auf die hämodynamische Antwort bei körperlicher oder psychischer Belastung, wie zum Beispiel bei Operationen, und die Version: 1.0 Seite: 1 von 39 Toleranz gegenüber speziellen kardiovaskulären Erkrankungen auswirken können [2]. Dabei sind drei Funktionsveränderungen bedeutsam: 1. die wachsende Belastung des linksventrikulären Auswurfs und die additiv wirksame verminderte arterioläre Vasodilatationsfähigkeit infolge der zunehmenden Steifigkeit des zentralen arteriellen Systems 2. die Abnahme der Reaktion auf sympathische Reize, einhergehend mit reduzierter Frequenzsteigerung und Kontraktilität des Myokards 3. die verminderte Kapazität zur Modifikation der Myokardstrukturen als Antwort auf Langzeitbelastungen [2] Fügt sich nun auf diese grundsätzlich beeinträchtigte Ausgangsbasis für Kompensationsmechanismen eine kardiale Erkrankung, so wird deutlich, dass betagte Patienten zu einem früheren Zeitpunkt klinisch symptomatisch werden, da die Kompensations- sowie Adaptationsfähigkeit des kardiovaskulären Systems eher erschöpft sein kann als bei einem jüngeren Patienten [2]. Die Betroffenen können so infolge der Akuterkrankung unmittelbar einen Verlust der Alltagskompetenz erleiden. A Herzinsuffizienz Einleitung Die Herzinsuffizienz gilt als das führende kardiale Krankheitsbild mit wachsender epidemiologischer Bedeutung in höherem Lebensalter. Die Prävalenz steigt von 1% in der 5. Dekade über 3% in der 6. auf bis zu 13% in der 8. Lebensdekade [1]. Die Herzinsuffizienz ist ein klinisches Syndrom unterschiedlicher Ätiologie und keine eigenständige Erkrankung. Ursachen finden sich in allen Anteilen des Herz-KreislaufSystems oder anderen neuro-humoralen Regelsystemen. Man unterscheidet eine akute von einer chronischen Herzinsuffizienz und eine Links- von einer Rechts- bzw. Globalinsuffizienz. Die allgemeinhin bekannte Stadieneinteilung erfolgt anhand der in Tabelle 1 gezeigten Klassifikations-Empfehlungen der New York Heart Association, NYHA [23]. Tabelle 1: Revidierte NYHA-Klassifikation bei Herzinsuffizienz [23] I II III IV Version: 1.0 Herzerkrankung ohne körperliche Limitation. Alltägliche körperliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris. Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe und bei geringer Anstrengung. Stärkere körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris, zum Beispiel Bergaufgehen oder Treppensteigen. Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris, zum Beispiel gehen in der Ebene. Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe, Bettlägerigkeit. Seite: 2 von 39 Ätiologie Nahezu ausnahmslos lassen sich exakt definierte Erkrankungen als Ursache einer Herzinsuffizienz eruieren. Nach den Daten der Framingham-Studie überwiegt mit über 70% die arterielle Hypertonie als ätiologischer Faktor, es folgt mit 50% bei der männlichen und 33% bei der weiblichen Bevölkerung der Verlust kontraktiler Elemente infolge einer koronaren Herzerkrankung. Demzufolge kommt der rechtzeitigen Erkennung und Behandlung, ja der Prävention dieser beiden Risikofaktoren, eine besondere Bedeutung zu [2]. Weitere pathogenetische Faktoren zur Entwicklung einer Herzinsuffizienz sind längerfristige Volumenbelastung aufgrund von Mitral- und Aortenklappenfehlern, nichtischämisch bedingte Herzmuskelerkrankungen, Herzrhythmusstörungen und Füllungsbehinderungen der Herzkammern. Bei älteren Patienten jedoch findet man beinah immer eine multifaktorielle Genese [13]. Anämie, Niereninsuffizienz und endokrinologische Erkrankungen können eine Herzinsuffizienz verschärfen, selten auch auslösen. Es gilt, potentiell reversible, die Herzinsuffizienz negativ beeinflussende Beierkrankungen zu erkennen und zu behandeln [1]. Pathophysiologie Nach der myokardialen Schädigung kommt es mit dem Ziel der Aufrechterhaltung eines bedarfsgerechten Schlagvolumens kompensatorisch zu einer ventrikulären Dilatation und konsekutiv zu einer dehnungsinduzierten Apoptose der Myozyten, welche ihrerseits eine weitere Ventrikeldilatation verursacht. Zur Kompensation der reduzierten kardialen Auswurffraktion wird sowohl das sympathische als auch das Renin-AngiotensinAldosteron-System aktiviert, dies führt zu einer peripheren Vasokonstriktion und Katecholaminrefraktärität des Herzens. Es entwickelt sich ein kontinuierlicher, dynamischer Prozess infolge der Kompensationsmechanismen mit stetigem Progress der Erkrankung [1]. Nach der bevorzugt betroffenen Kammer unterscheidet man eine Linksvon einer Rechtsherzinsuffizienz, in Kombination spricht man von einer Globalherzinsuffizienz. Bei der Linksherzinsuffizienz stehen die Folgen des Rückstaus in die Lungenstrombahn, also Dyspnoe, Orthopnoe und Asthma kardiale, im Vordergrund der Klinik. Die vornehmliche Rechtsherzinsuffizienz ist durch Ödeme in den abhängigen Körperpartien, Lebervergrößerung und Aszites infolge des Rückstaus in die venösen Kapazitätsgefäße charakterisiert. Klinisch sieht man bei chronischer Entwicklung zumeist eine Kombination aus beiden Entitäten, also eine Globalherzinsuffizienz, zumal ein insuffizienter linker Ventrikel aufgrund der in Reihe geschalteten Herzhöhlen zu einer konsekutiven Rechtsherzinsuffizienz führen kann. Diagnostik und Therapie Die Belastungsdyspnoe als Frühsymptom wird mit zunehmendem Alter aufgrund der abnehmenden Mobilität weniger geklagt. Hingegen lassen sich paroxysmale nächtliche Atemnot, Orthopnoe und Reizhusten erheben. Periphere Ödeme allein sind aufgrund deren Multikausalität wenig aussagekräftig [3]. Die Diagnostik umfasst die Fahndung nach einer definierten kardialen Grunderkrankung, dabei bedient man sich des allgemeinhin bekannten Algorithmus inklusive Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren. Jede symptomatische Herzinsuffizienz, aber auch jede Pumpfunktionsstörung mit weniger als 40% Ejektionsfraktion bedarf einer Behandlung. Dabei stehen neben Allgemeinmaßnahmen eine die definierte kardiale Grunderkrankung zu beachtende Kombination aus ACE-Inhibitoren bzw. AT1-Rezeptorblockern, β-Blockern, Diuretika und ggf. Herzglykosiden im Vordergrund. Dabei ist bei älteren Patienten bei zumeist vorhandener Polypharmazie auf Medikamenteninteraktionen, bei eingeschränkter Nierenfunktion auf Dosisanpassungen und Kontrollen des Wirkstoffspiegels zu achten. Version: 1.0 Seite: 3 von 39 Zudem gilt bei genereller Empfindlichkeit geriatrischer Patienten gegenüber Substanzen jedweder Art: start low and go slow. Fazit Senioren stellen einen wesentlichen Anteil der herzinsuffizienten Patienten dar, doch leider wird diese Subgruppe in aktuellen Studien nicht ausreichend berücksichtigt. Die Erkennung der zugrunde liegenden Ursache der Herzinsuffizienz gestaltet sich aufgrund der Komorbidität oftmals schwierig. Die Therapie orientiert sich an den Begleiterkrankungen [1]. Es gilt, ein besonderes Augenmerk auf die Therapiesicherung zu legen, denn Incompliance ist die häufigste Ursache für eine Dekompensation [13]. B Koronare Herzerkrankung (KHK) Einleitung Unter einer koronaren Herzerkrankung versteht man stenosierende Veränderungen des Herzkranzgefäßsystems infolge einer Arteriosklerose, die zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot im abhängigen Herzmuskelareal führen können [1]. Nach der Anzahl der stenosierten Hauptgefäße spricht man von einer koronaren Ein-, Zwei- oder Dreigefäßerkrankung. Aus epidemiologischer Sicht handelt es sich um die häufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Auch dies ist eine Erkrankung, die vornehmlich ältere Menschen betrifft, vier Fünftel aller Myokardinfarkte treten nach dem 65. Lebensjahr auf [1]. Die Risikofaktoren umfassen unbeeinflussbare Charakteristika wie familiäre Disposition, Lebensalter und männliches Geschlecht sowie beeinflussbare Faktoren. Dabei erhöhen ein arterieller Hypertonus, Dyslipidämien, Nikotinabusus, Diabetes mellitus, körperliche Inaktivität und ein metabolisches Syndrom das Risiko, eine KHK zu entwickeln. Neben diesen klassischen Faktoren kennt man heute weitere Prädiktoren wie das Lipoprotein (a), Homocystein und den postmenopausalen Östrogenmangel. Ätiologie und Pathogenese In den letzten Jahrzehnten wurden zur Arterioskleroseentstehung zwei zentrale Hypothesen entwickelt, die „Response to injury hypothesis“ und die „Lipoprotein-induced atherosclerosis hypothesis“. Erstere sieht die Initiierung des komplexen Geschehens in der durch o.g. Noxen hervorgerufenen Koronarendothelschädigung. In der Folge kommt es mediatorvermittelt zum einen zu einer Migration und Proliferation von glatten Muskelzellen aus der Media in die Intima und zum anderen zur Bildung von Schaumzellen in Media und Intima. [38]. Die zweite Hypothese sieht den Beginn des arteriosklerotischen Geschehens in einer oxidativen Modifizierung von LDL. Diese werden so alsbald von Makrophagen aufgenommen und zu Schaumzellen umgewandelt. Bei dieser Theorie wird die Endothelverletzung nur als Teilschritt in der Abfolge des komplexen Vorganges betrachtet [38]. In der Beschreibung des weiteren Verlaufs sind beide Hypothesen identisch. Die Bildung von Schaumzellen verursacht eine in die tieferen Wandschichten reichende Entzündungsreaktion. Folge ist ein allmählicher Gewebeumbau mit den arteriosklerotischen Plaques. An aufgebrochenen Plaques kommt es infolge von Gerinnungskaskaden zur weiteren Reduktion des Gefäßdurchmessers. Insgesamt wird das Gefäß fragil. Symptomatik Die Symptome einer KHK bei älteren Patienten sind häufig atypisch. Aufgrund der eingeschränkten körperlichen Aktivität fehlt es zumeist an Belastungsangina. Vielmehr Version: 1.0 Seite: 4 von 39 bieten die Patienten Unwohlsein, Übelkeit sowie Leistungsknick. Die meist vorhandene Komorbidität führt zudem oftmals zu Fehldiagnosen wie gastroösophagealer Reflux oder vertebragene Erkrankungen. Außerdem wird die Schmerzsymptomatik von den betagten Patienten häufig als weniger stark und beeinträchtigend geschildert. Die Inzidenz asymptomatischer myokardialer Ischämien und asymptomatischer Myokardinfarkte ist bei älteren Patienten deutlich höher [Framingham-Studie]. Auch bei akutem Myokardinfarkt fehlt häufig der typisch starke retrosternale Schmerz, häufig bieten die Patienten Dyspnoe oder ein Lungenödem, nicht selten werden diese Patienten neurologisch auffällig [14,15,16]. Klassifizierung Mit Einführung des hochsensitiven Troponinparameters erfolgte eine Redefinition des Myokardinfarktes [17]. Man spricht von einem akuten Koronarsyndrom, mit folgender klinischer Klassifizierung. Liegt ein typischer Brustschmerz vor, erfolgt die EKGRegistrierung und die Bestimmung des Troponin I/T. Bei positivem Troponin und STStreckenhebung handelt es sich um einen ST-Streckenhebungsinfarkt (STEMI). Bei positivem Troponin ohne ST-Streckenhebung spricht man von einem Nicht-STStreckenhebungsinfarkt (NSTEMI). Typische Beschwerden ohne Troponinnachweis mit oder ohne EKG-Veränderungen nennt man instabile Angina pectoris. Unter einer stabilen Angina pectoris versteht man eine reversible Myokardischämie, welche vorwiegend bei körperlicher bzw. psychischer Belastung auftritt und deren Symptomatik nach Belastungsende sistiert. Ein Troponinnachweis bleibt negativ. Mithilfe dieser sensitiven Laborparamter wird in vielen Fällen bei im Alter häufig uncharakteristischen Beschwerden eine Zuordnung erleichtert. Diagnostik und Therapie Bei der Diagnostik ist die atypische Symptomatik bei der Anamneseerhebung, auch in Bezug auf eine OP-Vorbereitung, zu beachten, es folgen Befunderhebungen lege artis. Dabei ist die definitive Diagnose einer stenosierenden KHK nur durch eine Koronarangiographie möglich. Therapeutisch gilt es bei der stabilen Angina pectoris den Sauerstoffbedarf zu senken und die Sauerstoffzufuhr zu erhöhen, da hier ein relativer myokardialer Sauerstoffmangel vorliegt. Zusätzlich können Risikofaktoren eliminiert werden. Zur medikamentösen Behandlung stehen Nitrate, β-Blocker, Thrombozytenaggregationshemmer, Kalziumantagonisten und Statine zur Verfügung. Darüber hinaus sollten interventionelle Therapieverfahren erwogen werden. Bei der instabilen Angina pectoris und dem NSTEMI kommt es zu einem passageren, partiellen oder kompletten Koronarverschluß durch spontanes Aufbrechen oder Unterbluten atheromatöser Plaques verbunden mit Thrombusablagerung. Bei einem akuten Koronarsyndrom handelt es sich jederzeit um einen Notfall. Zur medikamentösen Stabilisierung sollten die Gabe von Sauerstoff, Nitraten, β-Blockern, Thrombozytenaggregationshemmern, Heparin und Statinen in Erwägung gezogen werden. In diesem Falle kommen interventionelle Therapien ebenfalls zum Einsatz, die Wahl zwischen invasiver und konservativer Therapie bedarf einer sorgfältigen individuellen Abwägung. Bei einem STEMI kommt es zu einer vollständigen Verlegung des Gefäßlumens. Bereits nach 20-minütigem Verschluß kommt es zu ersten Nekrosen innerhalb des von der betroffenen Koronararterie versorgten Areals. Bei der Behandlung stehen zunächst die Analgosedierung und Infarktverkleinerung im Vordergrund. Der Benefit einer Thrombolysetherapie ist bei älteren Patienten jedoch deutlich geringer als bei jüngeren. Aus der aktuellen Datenlage geht nicht zweifelsfrei hervor, ob eine Thrombolyse bei Version: 1.0 Seite: 5 von 39 Patienten über 75 Jahren sinnvoll ist. Zudem stellt dieses Alter einen unabhängigen Risikofaktor für intrazerebrale Blutungen im Rahmen der Thrombolysetherapie dar [1]. Wenn ein kardiologisches Zentrum vor Ort ist, erscheint es sinnvoll, eine interventionelle Therapie innerhalb von 60 bis 90 Minuten nach Schmerzbeginn durchzuführen, zumal diese mit einem deutlich geringeren Risiko für intrazerebrale Blutungen behaftet ist. Solange keine spezifischen Therapieempfehlungen anhand kontrollierter Studien existieren, sollten sich die Empfehlungen zur Behandlung des akuten Myokardinfarktes bei älteren Patienten an den allgemeinen Therapieempfehlungen der europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften orientieren [18] Zur Vermeidung von Akut- und Spätkomplikationen gelten für ältere Betroffene die gleichen Empfehlungen wie für jüngere Patienten, Überwachung und frühzeitige Einleitung einer medikamentösen Therapie mit ACE-Inhibitoren und β-Blockern. Langzeittherapeutisch sollten eben genannte Präparate weiterverordnet und um einen Thrombozytenaggregationshemmer sowie ein Statin (siehe Fettstoffwechselstörungen) erweitert werden, dies unter Ausschaltung beeinflussbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren. Eine Rehabilitation sollte zudem angestrebt werden. Fazit Die koronare Herzerkrankung gewinnt angesichts verbesserter Behandlungsmöglichkeiten und der damit verbundenen steigenden Lebenserwartung gerade bei älteren multimorbiden Patienten immer mehr an Bedeutung. Ein entscheidender Faktor der Primärprophylaxe besteht in der aktiven Begegnung von Risikofaktoren. Auch sekundärprophylaktisch bleibt die Kontrolle dieser Determinanten von großer Wichtigkeit. Schließlich ist die Bedeutung der Bewegungstherapie in Koronarsportgruppen für die Ökonomisierung des Herzmuskels durch ein dosiertes Übungsprogramm, welches den Anforderungen des täglichen Lebens entgegenkommt und nicht zuletzt die Lebensfreude steigert und das Selbstvertrauen stärkt, nicht zu vernachlässigen [2]. C Arterielle Hypertonie Einleitung Reproduzierbar unbehandelte Blutdruckwerte von bzw. mehr als 140 mmHg systolisch und/oder 90 mmHg diastolisch werden als arterielle Hypertonie bezeichnet. Die Prävalenz der Hypertonie nimmt mit zunehmendem Alter zu, etwa 40% der über 60jährigen weisen einen Bluthochdruck auf [13]. Man kennt verschiedene Stadien der Hypertonie, die nachfolgend in Tabelle 2 aufgelistet sind. Tabelle 2: Definition und Klassifikation von Blutdruckwertbereichen [23] Klassifikation systolisch diastolisch optimal < 120 mmHg < 80 mmHg normal < 130 mmHg < 85 mmHg hochnormal 130-139 mmHg 85-89 mmHg leichte Hypertonie (Schweregrad 1) 140-159 mmHg 90-99 mmHg mittelschwere Hypertonie (Schweregrad 2) 160-179 mmHg 100-109 mmHg ≥ 180 mmHg ≥ 110 mmHg schwere Hypertonie (Schweregrad 3) Version: 1.0 Seite: 6 von 39 isolierte systolische Hypertonie ≥ 140 mmHg < 90 mmHg Es existiert eine zusätzliche Klassifikation der WHO in Abhängigkeit von den Endorganschäden. Dabei liegen im Stadium I keine objektiven Anzeichen von hypertensiven Organveränderungen vor, im Stadium II findet man Endorganschäden wie eine Linksherzhypertrophie, benigne Retinaveränderungen, Proteinurie und bildgebend nachweisbare atherosklerotische Plaques in den großen Gefäßen. Im Stadium III zeigen sich hypertoniebedingte Folgeerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Angina pectoris, zerebrale Komplikationen, maligne Retinopathie, Niereninsuffizienz, Aortenaneurysma und pAVK. Man unterscheidet die mit 90% überwiegende essentielle Hypertonie, deren Ursache unbekannt ist, von den sekundären Hypertonieformen, die renaler oder endokriner Genese, aber auch medikamentös induziert sein können. Hier sei auf NSAR, Trizyklika, Laxantien und Sympathomimetika hingewiesen. Eine seltene Ursache ist die Aortenisthmusstenose [12]. Die isolierte systolische Hypertonie Eine im Alter häufig auftretende Sonderform der arteriellen Hypertonie stellt die isolierte systolische Hypertonie dar. Per definitionem handelt es sich dabei um einen systolischen Blutdruck über 160 mmHg bei diastolischen Werten unter 90 mmHg. Aufgrund der zunehmenden Gefäßsklerose nimmt die Gefäßwandelastizität ab, dies geht mit einer Störung der Windkesselfunktion der herznahen Gefäße einher [19]. Das hat eine erhöhte Pulswellengeschwindigkeit zur Folge, die reflektierte Pulswelle erreicht das Herz bereits in der Spätsystole und bewirkt eine Pulsaugmentation mit konsekutivem Blutdruckanstieg. Gleichzeitig vermindert sich die Druckaugmentation in der frühen Diastole, sodaß der diastolische Blutdruck stärker abfällt [1]. Der Nutzen einer antihypertensiven Therapie bei isolierter systolischer Hypertonie des älteren Patienten konnte in Studien belegt werden, dabei werden die gleichen Zielwerte des systolischen Blutdruckes wie bei der gewöhnlichen Hypertonie gefordert [20,21]. Differentialdiagnostisch müssen bei einer isolierten systolischen Hypertonie eine Aortenklappeninsuffizienz, eine Hyperthyreose, AV-Fisteln sowie Bradyarrhythmien als mögliche Ursache berücksichtigt werden [1]. Diagnostik und Therapie Klinisch können Hypertoniker zunächst lange Zeit unauffällig sein. Entwickeln Patienten Beschwerden, werden typischerweise Kopfschmerzen, besonders frühmorgendlich, geklagt, außerdem Schwindel, Angina pectoris, Palpitationen, Dyspnoe und Epistaxis. Nach eingehender Anamnese und Basisdiagnostik gilt es, nach Endorganschäden zu fahnden und sekundäre Hypertonieformen auszuschließen. Therapeutisch wird diese Gruppe kausal behandelt. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich jedoch um eine essentielle Hypertonie, hier wird eine symptomatische Therapie eingeleitet. In Anlehnung an die Empfehlungen der Deutschen Hochdruckliga umfaßt der Stufenplan der Behandlung in der Stufe 1 zunächst Allgemeinmaßnahmen wie Gewichtsnormalisierung, salzarme mediterrane Kost, Bewegung, Regulierung der Lebensweise sowie Behandlung anderer kardiovaskulärer Risikofaktoren. Ergibt sich keine zufriedenstellende Blutdrucksenkung, beginnt man in der Stufe 2 mit der Ordination einer Monotherapie mit einem Antihypertonikum der 1. Wahl. Dabei stehen β-Blocker, Diuretika, ACE-Inhibitoren, AT1-Antagonisten und lang wirksame Kalziumantagonisten zur Verfügung. Bei unzureichender Blutdrucksenkung empfiehlt sich die Version: 1.0 Seite: 7 von 39 Kombinationstherapie aus zwei dieser Präparate unter Ergänzung der Wirkungsmechanismen. Kommt es nach verschiedenen Zweifachkombinationen nicht zu einer Blutdrucksenkung, muß nach Ausschluß von Ursachen einer Therapieresistenz um ein drittes der o.a. Präparate ergänzt werden. Als Reservepräparate stehen α1-Blocker und zentral wirksame Pharmaka zur Verfügung. Die Auswahl der Antihypertensiva richtet sich dabei immer nach individueller Verträglichkeit und Begleiterkrankungen. Tabelle 3 gibt Aufschluß über Indikationen und Kontraindikationen der wesentlichen Antihypertensiva. Tabelle 3: Indikationen und Kontraindikationen der wichtigsten Antihypertensiva [3,23] Kontraindikationen Substanzklasse Thiaziddiuretika Indikation Herzinsuffizienz, betagte Patienten, isolierte systolische Hypertonie absolut relativ Niereninsuffizienz Schleifendiuretika Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz Aldosteronantagonisten Herzinsuffizienz, nach Myokardinfarkt Niereninsuffizienz Hyperkaliämie β-Blocker KHK, nach Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Tachyarrhythmien AV-Block II/III Kalziumbetagte Patienten, isolierte antagonisten systolische Hypertonie, KHK, (Dihydropyridine) pAVK, Arteriosklerose der Karotiden Tachyarrhythmien, Herzinsuffizienz Kalziumantagonisten (Verapamil, Diltiazem) KHK, Arteriosklerose der Karotiden, supraventrikuläre Tachykardien AV-Block II/III, Herzinsuffizienz ACE-Hemmer Herzinsuffizienz, KHK, nach Myokardinfarkt, pAVK, nichtdiabetische Nephropathie, Nephropathie bei Typ-IDiabetes, Proteinurie Hyperkaliämie, Nierenarterienstenose beidseits AT1-Antagonisten Herzinsuffizienz, pAVK, Nephropathie bei Typ-IIDiabetes, Mikroalbuminurie, Proteinurie, linksventrikuläre Hypertrophie Hyperkaliämie, Nierenarterienstenose beidseits α-Blocker orthostatische Hypotonie Version: 1.0 pAVK, Prostata-Hyperplasie, Hyperlipidämie Glukoseintoleranz, pAVK, COPD Herzinsuffizienz Seite: 8 von 39 Die Blutdrucksenkung muß bei den betagten Patienten behutsam erfolgen. Auf eine langsame Aufdosierung der Antihypertensiva ist zu achten, nur so können rasante Blutdrucksenkungen vermieden werden. Dem Körper muß ausreichend Zeit für die Adaptation der autoregulativen Mechanismen gegeben werden. Außerdem sollte die Indikation zur abendlichen Verabreichung der Medikation zurückhaltend gestellt werden, um nächtliche Hypotonien mit konsekutiver Sturz- und Frakturgefahr sowie ischämische Schlaganfälle zu umgehen. Auch ein abruptes Absetzen derlei Medikamente sollte zur Meidung eines Rebound-Effektes nicht vorkommen. Zur Erhöhung der Compliance tragen ambulante Selbstmessungen des Blutdruckes durch den Patienten bei, außerdem einfache Therapieschemata. Fazit Die arterielle Hypertonie wird nicht allein nach der Blutdruckhöhe definiert, sondern richtet sich auch nach hypertoniebedingten organischen Folgeschäden. Dabei hängen Prognose und Therapiebedürftigkeit wesentlich vom Ausmaß der Endorganschäden ab. Grundsätzlich wird die Indikation zur antihypertensiven Behandlung heute bis zum 85. Lebensjahr empfohlen, die Ordination geeigneter Antihypertensiva sollte in Zusammenschau der Begleiterkrankungen, die Aufdosierung mit Bedacht erfolgen. D Herzrhythmusstörungen Einleitung Als Herzrhythmusstörungen bezeichnet man die Abweichung der zeitlichen Abfolge des Herzzyklus von den normalen, regelmäßigen Herzaktionen mit der Konsequenz einer unregelmäßigen oder regelmäßigen, zu langsamen oder zu schnellen Herzschlagabfolge [13]. Pathogenetisch sind hierfür Störungen der Reizbildung und der Reizleitung verantwortlich. Nach dem Ort der Entstehung unterscheidet man orthotope Reizbildungsstörungen mit der Reizbildung im Sinusknoten (Sinusarrhythmie, Sinustachykardie, Sinusbradykardie) von heterotopen Reizbildungsstörungen mit der Reizbildung außerhalb des Sinusknotens (Extrasystolen, Ersatzrhythmen, Vorhoftachykardien, Vorhofflattern/-flimmern, Kammertachykardien, Kammerflattern/flimmern). Zudem kennt man Störungen im spezifischen Reizleitungssystem (SA-Block, AV-Block, Rechts- und Linksschenkelblock, Hemiblock, trifaszikulärer Block). Die Frequenz betrachtend werden tachykarde von bradykarden Herzrhythmusstörungen unterschieden. Die häufigste Rhythmusstörung im Alter ist das Vorhofflimmern, das nahezu 10% der über 80jährigen betrifft. Ätiologie Die Ursachen von Herzrhythmusstörungen sind mannigfaltig. Kardiale Auslöser sind KHK, Myokardinfarkt, linksventrikuläre Dysfunktion, Kardiomyopathien, Klappenvitien und viele mehr. Extrakardial fahnde man nach auslösenden Medikamenten, Elektrolytstörungen, Hyperthyreose, Hypovolämie, Hypoxie und Fieber. Herzrhythmusstörungen können auch idiopathischer Natur sein. Diagnostik und Therapie Eine gezielte Anamnese deckt die klinische Symptomatik als Folge der hämodynamischen Auswirkungen der entsprechenden Herzrhythmusstörung auf. So kann der Patient Palpitationen bei Extrasystolen, Herzrasen mit regelmäßigem Puls bei einer Version: 1.0 Seite: 9 von 39 Sinustachykardie, Herzrasen mit unregelmäßigem Puls bei Vorhofflimmern und Synkopen bei Pausen infolge AV-Blockierungen beschreiben. Schwindel wird häufig geklagt, dabei handelt es sich jedoch um ein unspezifisches Symptom. Die Klinik ist wegweisend für das Ausmaß der folgenden Diagnostik und Therapie. Arrhythmieverdächtige Beschwerden sollten durch ein Langzeit-EKG objektiviert werden. Zur obligaten Risikoabschätzung ist anzumerken, dass Herzrhythmusstörungen bei kardialen Erkrankungen mit der Gefahr ventrikulärer Arrythmien mit konsekutivem plötzlichen Herztod als vital bedrohlich einzuschätzen, hingegen bei Herzgesunden Patienten in der Regel als nicht vital gefährlich zu bewerten sind. Bei ungestörter Hämodynamik besteht keine Behandlungsindikation. Tachykarde supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen Bei einer Sinusknotentachykardie handelt es sich um eine regelmäßige oder unregelmäßige Herzschlagabfolge mit einer Frequenz von über 100/min. Auf jede PWelle folgt ein normaler schmaler QRS-Komplex. Ursächlich liegen meist physiologische Auslöser ohne Krankheitswert zugrunde (Belastung), aber auch Fieber, Anämie, Volumenmangel, Hyperthyreose oder Medikamente können Anlaß sein. Therapeutisch wird kausal behandelt, gegebenenfalls kann die Substitution von Metoprolol notwendig werden. Daneben kennt man supraventrikuläre Extrasystolen. Je nach Ursprung findet sich im EKG eine deformierte oder negative P-Welle, die PQ-Dauer ist verkürzt, das postextrasystolsiche Intervall ist verlängert und der QRS-Komplex in der Regel schmal. SVES sind meist ohne Krankheitswert und bedürfen demnach selten einer Therapie. Bei erheblicher Symptomatik kann Metoprolol substituiert werden. Sieht man ein plötzlich einsetzendes Herzrasen mit einer Frequenz von 150-220/min, handelt es sich um eine paroxysmale supraventrikuläre Tachkardie, dabei unterscheidet man fokale atriale Tachykardien, AV-Knoten-Reentrytachykardien und Präexzitationssyndrome. AV-Knoten-Reentrytachykardien werden durch VES oder SVES bei Vorhandensein funktionell getrennter Leitungsbahnen mit unterschiedlicher Leitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten ausgelöst. Durch Blockierung meist der schnelleren Leitungsbahn nimmt der Impuls antegrad die langsame Bahn, kehrt retrograd über die schnelle Bahn in den Vorhof zurück und induziert so eine Kreiserregung. Elektrokardiographisch ist die retrograde P-Welle im schmalen QRS-Komplex verborgen und häufig in V1 als R´ nachweisbar. Kurativ bietet sich eine Katheterablation an, im Anfall vagale Manöver, Adenosin, Metoprolol oder Verapamil. Bei Präexzitationssyndromen liegt eine akzessorische Leitungsbahn unter Umgehung des AVKnotens vor, auch hier können sich Kreiserregungen entwickeln. Elektrokardiographische Hinweise bieten eine verkürzte PQ-Zeit und die Deltawelle. Im Anfall verfährt man wie o.a., eine Katheterablation kann auch hier kurativ sein. Fokale atriale Tachykardien sind selten, neigen zur Unaufhörlichkeit und können 1:1 oder 2:1 auf die Kammern übergeleitet werden. Dabei unterscheiden sich die P-Wellen in ihrer Morphologie von den während des Sinusrhythmus gebildeten. Therapeutisch stehen vagale Manöver, Metoprolol, Verapamil, oder Amiodaron zur Verfügung. Über eine Katheterablation ist im Verlauf zu entscheiden. Regelmäßige Vorhofferregungen mit einer Vorhoffrequenz von 200-350/min mit regelmäßigem oder unregelmäßigem Kammerrhythmus bei n:1-Überleitung werden als Vorhofflattern bezeichnet. Therapeutisch bedient man sich vagaler Manöver, elektrischer Überstimulation, Metoprolol, Verapamil, Amiodaron oder Flecainid. Eine Katheterablation kann auch hier von Nutzen sein. Bei Vorhofflimmern liegen ungeordnete Vorhoferregungen mit einer Vorhoffrequenz von 350-600/min mit unregelmäßiger Überleitung auf die Herzkammern vor. Elektrokardiographisch sieht man keine P-Welle, sondern eine unruhige isoelektrische Linie und unregelmäßige schmale QRS-Komplexe. Version: 1.0 Seite: 10 von 39 Ätiologisch tritt das Vorhofflimmern meist sekundär bei kardiovaskulären Erkrankungen auf, nur in 15% der Fälle handelt es sich um primäres Vorhofflimmern. Man unterscheidet paroxysmales von chronischem Vorhofflimmern, überdies eine akute Tachyarrhythmia absoluta. Therapeutisch gilt es, sowohl den Rhythmus zu kontrollieren als auch die Thromboembolieprophylaxe zu berücksichtigen. Zur Frequenzkontrolle stehen bei der chronischen Veränderung Metoprolol, Digitalis, Verapamil und Amiodaron zur Verfügung. Ein paroxysmales Vorhofflimmern kann medikamentös konvertiert werden, in der Akutsituation sollte eine elektrische Kardioversion erwogen werden. Dauert das Vorhofflimmern länger als 48 Stunden an, muß eine Thromboembolieprophylaxe vorgenommen werden. Bei erhöhtem kardiovaskulärem Risikoprofil ist eine orale Antikoagulation obligat, liegen Kontraindikationen vor, werden Thrombozytenaggregationshemmer ordiniert. Tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen Ventrikuläre Extrasystolen treten mit schenkelblockartiger Veränderung des QRSKomplexes mit kompensatorischer Pause einzeln, als Paare oder Triplets auf. Bei erheblicher Symptomatik steht die Therapieoption mit Metoprolol zur Verfügung. Bei ventrikulären Tachkardien handelt sich um monomorphe, deformierte und breite QRSKomplexe mit einer Frequenz von 150-220/min ohne Bezug zur P-Welle. Es handelt sich um eine gefährliche Herzrhythmusstörung mit der Gefahr der Entwicklung von Kammerflattern/-flimmern. Es bedarf der Medikations- und Elektrolytüberprüfung. Pathologische Verlängerungen des QT-Intervalls führen zu polymorphen ventrikulären Tachykardien vom Typ „Torsade de pointes“. Im EKG sieht man spindelförmige Rotationen der breiten QRS-Komplexe um die isoelektrische Linie. Dies erfordert die kardiopulmonale Reanimation. Auch Kammerflattern entspricht funktionell einem Herzstillstand und bedarf Wiederbelebungsmaßnahmen. Elektrokardiographisch zeigen sich schenkelblockartig deformierte, breite hochamplitudige Haarnadelkurven mit einer Frequenz von 250-350/min. Bei Kammerflimmern liegt eine ungeordnete Erregung des Kammermyokards mit einer Frequenz über 400/min vor. Im EKG sind keine QRSKomplexe erkennbar, nur hochfrequente Flimmerwellen. Eine kardiopulmonale Reanimation muß eingeleitet werden. Die beste Rezidivprophylaxe besteht, natürlich neben der Behandlung der Grunderkrankung, in der Implantation eines KardioverterDefibrillators (ICD). Bradykarde Herzrhythmusstörungen Neben o.a. ätiologischen Faktoren für die Auslösung von Herzrhythmusstörungen muß bei betagten Patienten für die bradykarden Rhythmusstörungen ferner die Degeneration des Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystems Erwähnung finden. Eine Sinusbradykardie ist eine meist asymptomatische, oftmals vagotoniebedingte oder auch medikamentös induzierte Arrhythmie mit einer Frequenz unter 60/min. Ein intermittierender Sinusstillstand mit abruptem Wechsel von brady- und tachykarden Rhythmen ist charakteristisch für das Sick-Sinus-Syndrom. Auch intraventrikuläre Leitungsblockierungen können zu Bradykardien führen. Bei einem sinuatrialen Block (SA-Block) besteht eine gestörte Überleitung vom Sinusknoten auf die Vorhofmuskulatur, man kennt 3 Schweregrade. Bei einer gestörten Überleitung vom Vorhof auf die Ventrikelmuskulatur spricht man von einem atrioventrikulären Block (AV-Block). Ein verlängertes PQ-Intervall findet sich bei Grad I, periodisch zunehmende Verlängerung der AV-Überleitung bei Grad II, Typ Wenckebach und ein kompletter Leitungsblock im Wechsel mit verzögerter oder normaler AV-Überleitung bei Grad II, Typ Mobitz. Grad III entspricht einer kompletten AV-Blockierung mit oder ohne Ersatzrhythmus. Hier besteht die Gefahr der zerebralen Minderperfusion mit Synkope und Herz-Kreislaufstillstand. Version: 1.0 Seite: 11 von 39 Therapeutisch stehen in der Akutsituation Atropin oder Ipratropiumbromid sowie eine temporäre Ventrikelstimulation zur Verfügung. Prognostisch ist die Implantation eines permanenten Herzschrittmachers zu diskutieren, dabei stellen AV-Blockierungen im Alter die häufigste Indikation. Auf negativ chronotrop wirksame Medikamente muß natürlich verzichtet werden. Fazit Die verschiedenen Herzrhythmusstörungen können sowohl im fortgeschrittenen Alter als auch in jüngeren Jahren auftreten, wobei der ältere Patient jedoch über eine geringere hämodynamische Toleranz verfügt. Aufgrund von Degenerationsprozessen und häufigeren kardialen Begleiterkrankungen treten bradykarde Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern im Alter vermehrt auf. In Bezug auf Sturzursachen stellen Rhythmusstörungen im Alter nur einen verschwindend geringen Anteil, dennoch gilt es, diese zu erkennen und entsprechend zu therapieren. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden sind auch im fortgeschrittenen Alter jeweils unter kritischer individueller Evaluation sinnvoll. E Herzklappenfehler Bei Herzklappenfehlern handelt es sich um Fehlfunktionen, also Stenosen und/oder Insuffizienzen der Herzklappen durch Veränderung des Klappengewebes oder der subvalvulären Strukturen. Im Alter sind diese Vitien fast ausschließlich erworbener Natur und Ursache für 7% der Herzinsuffizienzen [1]. Für die Entwicklung der Klappenfehler sind sowohl degenerative Prozesse wie Sklerose und Kalzifizierung als auch entzündliche Ursachen und Myokardischämien verantwortlich. Man unterscheidet akute von chronischen Verläufen. Die Schweregradbeurteilung beruht, begleitet von der klinischen Beschwerdesymptomatik, vor allem auf hämodynamischen Parametern. Stenosen verursachen eine Druckbelastung und sind mit einer schlechteren Prognose als die Insuffizienzen, welche zu einer Volumenbelastung führen, vergesellschaftet. Aufgrund der überwiegenden mechanischen Beanspruchung des linken Herzen sind entsprechend die Aorten- und die Mitralklappe häufiger betroffen. Oftmals findet man kombinierte Vitien. Bei anamnestisch zu erhebenden Synkopen ist eine Aortenklappenstenose auszuschließen. Die Behandlung erfordert die Beachtung zahlreicher altersbedingter Faktoren. Die häufig vorhandene Komorbidität ist ebenso zu würdigen wie der physische, mentale und soziale Zustand des älteren Patienten. Therapeutische Möglichkeiten erstrecken sich von konservativen Allgemeinmaßnahmen über medikamentöse Therapien bis hin zur operativen Versorgung [1]. F Periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK) Die periphere arterielle Verschlußkrankheit ist eine typische Erkrankung des Alters, wobei 20% der über 70jährigen betroffen sind [1]. Es handelt sich in über 95% der Fälle um eine obliterierende Arteriosklerose, selten sind Vaskulitiden, Embolien oder Aneurysmen ursächlich. Risikofaktoren für die Entstehung einer pAVK sind Nikotinabusus, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Hyperlipoproteinämie. Zumeist, d.h. in über 90% der Fälle, ist die pAVK in den unteren Extremitäten lokalisiert. Klinisch bleibt der ältere Patient oftmals, auch aufgrund des eingeschränkten Aktionsradius, zunächst weitgehend asymptomatisch und die Erkrankung tritt durch lagerungsbedingte Druckschäden oder nicht heilende Wunden nach kleinen Verletzungen zutage. Mobile Patienten wiederum beklagen typischerweise eine Claudicatio intermittens. Nach einer entsprechenden Version: 1.0 Seite: 12 von 39 Gehstrecke zwingt der Claudicatio-Schmerz den Patienten zum Stehenbleiben, dies erlaubt eine Stadieneinteilung der pAVK in sog. Fontaine-Stadien, welche in Tabelle 4 gezeigt sind. Dabei ist die Schmerzsymptomatik abhängig von der Lokalisation der Stenose. Zu beachten ist die mögliche Symptomarmut bei Polyneuropathie. Ischämiesymptomatik der herznahen Gefäße kann zu Schwindel, Synkopen, Sehstörungen oder Paresen der oberen Extremitäten führen. Tabelle 4: Stadien der arteriellen Verschlußkrankheit nach Fontaine-Ratschow [12] Beschwerdefreiheit I a) Belastungsschmerz mit schmerzfreier Gehstrecke > 200 m b) Belastungsschmerz mit schmerzfreier Gehstrecke < 200 m II III ischämischer Ruheschmerz IV zusätzlich Nekrosen, Gangrän, Ulkus Im Stadium IV können sich infolge der chronisch-kritischen Ischämie ulzeröse und gangränöse Veränderungen oder Nekrosen entwickeln. Häufig kommt es besonders bei Diabetikern zu einer sich ausbreitenden sekundären Infektion mit rascher Progredienz und vitaler Sepsisgefahr. Therapeutisch bedeutend ist die konsequente Behandlung der Risikofaktoren und, so möglich, eine Bewegungstherapie im Sinne eines Gefäßtrainings. Medikamentös stehen Thrombozytenaggregationshemmer sowie durchblutungsfördernde Präparate und wenn erforderlich Analgetika und Antibiotika zur Verfügung. Eine adäquate Wundversorgung ist obligat. In Zusammenschau der Befunde sind Revaskularisierungsmaßnahmen und als ultima ratio eine Amputation zu erwägen. Dabei ist bei dem geriatrischen Patienten zu beachten, dass das Ziel der folgenden rehabilitativen Bemühungen nach Amputation die Selbständigkeit bei den Verrichtungen des täglichen Lebens und die Rückkehr in die häusliche Umgebung darstellt, nicht unbedingt die prothetische Versorgung [3]. Erwartungsgemäß existiert bei Vorliegen einer pAVK eine hohe Koinzidenz mit einer koronaren Herzerkrankung und anderen Organlokalisationen der generalisierten Arteriosklerose, so weisen im Stadium III und IV 90% der Patienten eine KHK und 50% arteriosklerotische Veränderungen der extrakraniellen Hirnarterien auf [12]. Folgerichtig empfiehlt sich bei pAVK-Patienten eine weiterführende Gefäßdiagnostik zur Risikostratifizierung und entsprechenden Einleitung einer Sekundärprophylaxe. Eine bedeutende Funktion hat die Primärprävention der pAVK, welche sich im jüngeren Alter abspielt. Eine erfolgreiche derartige Prävention ist ein wichtiges Instrument zur „compression of morbidity“, also zur Verringerung des Anteils kranker Jahre an der Lebenszeit. Dies ist durch Langzeitstudien belegt [American Heart Association 1997]. Version: 1.0 Seite: 13 von 39 G Antithrombotische Therapie Die Indikationsstellung zur antithrombotischen Therapie, insbesondere zur therapeutischen Antikoagulation oder Thrombolysebehandlung, bedarf stets einer sorgfältigen Berücksichtigung der individuellen Situation des Patienten. Mannigfaltige Determinanten wie Begleiterkrankungen (Hypertonus), Organfunktionseinschränkungen (Pharmakokinetik), Multimedikation (Interaktionen), geriatrische Syndrome (rezidivierende Stürze) und Überwachungsmöglichkeiten sind bei dieser Entscheidung zu berücksichtigen. Allerdings lässt das hohe individuelle Risiko thromboembolischer Komplikationen im Vergleich zu jüngeren Patienten trotz vermehrter Blutungskomplikationen einen erhöhten Nutzen erwarten [13]. Indikationen für die Therapie mit oralen Antikoagulanzien stellen Vorhofflimmern, Herzklappenersatz, Sekundärprophylaxe nach tiefer Beinvenenthrombose oder Lungenembolie und Sekundärprophylaxe nach arterieller Gefäßrekonstruktion sowie nach Myokardinfarkt dar. Kontraindikationen für eine therapeutische Antikoagulation sind manifeste Blutungen, ein erhöhtes Blutungsrisiko wie floride gastrointestinale Ulzera, Malignome (mit Einschränkungen) und Operationen in den vorangegangenen zehn Tagen, ein maligner arterieller Hypertonus, ein frischer apoplektischer Insult, Epilepsien und hämorrhagische Diathesen. Als relative Kontraindikationen gelten rezidivierende Stürze und mangelnde Compliance. 2. Pulmonale Erkrankungen Einleitung Pulmonale Erkrankungen sind eine häufige und wichtige Ursache von Immobilität im Alter. Dabei verursachen insbesondere pulmonale Komplikationen im Rahmen anderer Grunderkrankungen zahlreiche Krankenhausaufenthalte sowie protrahierte Verläufe und sind nicht selten entscheidend für den weiteren Gesamtverlauf [2]. Das respiratorische System ist von physiologischen Altersveränderungen betroffen, welche unter normalen Gegebenheiten nicht zu einer Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens führen. Gerät dieses fragile System nun infolge einer anderen Grunderkrankung aus dem Gleichgewicht, so fehlt es den Betagten an Kompensationsmechanismen und es kann zu pulmonalen Komplikationen mit fulminanteren Verläufen als bei jungen Patienten kommen. Die typischen Altersveränderungen im respiratorischen System betreffen neben der Atemregulation die Atempumpe, das Gasaustauschsystem und die Schutzmechanismen. So nimmt die Muskelkraft der Atempumpe kontinuierlich ab, die statischen Lungenvolumina vergrößern sich, während die dynamischen abnehmen. Infolge einer zunehmenden Verteilungsstörung vermindert sich die Oxygenierungsfähigkeit der Lunge. Ferner nimmt die Atemantwort auf eine Hypoxie oder Hyperkapnie um 40-50 % ab. Darüber hinaus neigen ältere Personen erheblich zu obstruktiven und zentralen nächtlichen Atempausen. Die physiologische Reduktion der pulmonalen Schutzmechanismen schließt die mukoziliäre Clearance, die Schutzreflexe und das schleimhautspezifische Immunsystem mit ein [2]. Pneumonie Bei der Pneumonie handelt es sich um eine akute oder chronische Entzündung des Lungengewebes. Man unterscheidet Pneumonien im Wesentlichen nach der Lokalisation und Ausdehnung, nach der Ätiologie und nach dem Entstehungsort, also ambulant (CAP, community acquired pneumonia) oder nosokomial erworben. Eine zuverlässige Aussage zur Genese einer Pneumonie kann aufgrund fehlender typischer klinischer Verläufe ohne eindeutige laborchemische Parameter und sichere röntgenologische Hinweise nicht getroffen Version: 1.0 Seite: 14 von 39 werden. Fieber und Husten können bei bis zu 50% der betroffenen Senioren fehlen. Vielmehr sollten Symptome wie Thoraxschmerzen, Tachypnoe, Verwirrtheit, Somnolenz und eine plötzliche Verschlechterung einer bekannten Grunderkrankung Anlaß zur Verdachtsdiagnose Pneumonie geben. Gleichwohl können Tachykardie, Zyanose, Hypotonie, Hypothermie < 35°C und Hyperthermie > 40°C Zeichen einer schweren Pneumonie mit ungünstiger Prognose sein. Häufigster Pneumonieerreger ist Streptococcus pneumoniae, je nach Studie werden 2064% angegeben [2]. Institutionalisierte Betagte zeigen sogar ein dreifach erhöhtes Risiko, an einer Pneumokokkenpneumonie zu erkranken [2]. Viruspneumonien wiederum haben je nach epidemiologischer Situation eine Gesamthäufigkeit von 2-19% und werden zum größten Teil durch das Influenzavirus bestimmt [2]. Bei Patienten mit exazerbierter COPD treten Erreger wie Haemophilus influenzae und Moraxella catharralis in den Vordergrund. Das Erregerspektrum der nosokomialen Pneumonie wird zu 60-80% von gramnegativen Bakterien des Verdauungstraktes wie Klebsiella und Pseudomonas aeruginosa bestimmt. Bei beatmeten Patienten muß ferner mit dem gleichzeitigen Auftreten mehrerer, teils multiresistenter Keime gerechnet werden. Bei Pneumonien spielt die frühzeitige Gabe des mutmaßlich richtigen Antibiotikums im Sinne einer kalkulierten Chemotherapie unter Beachtung des möglichen Entstehungsmechanismus, der epidemiologischen Situation und der lokalen Resistenzlage eine entscheidende Rolle für die Prognose. Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen Im Alter finden sich gehäuft Endstadien obstruktiver Atemwegserkrankungen mit chronischer Dyspnoe in Ruhe oder bei geringster Belastung, häufigen Atemwegsinfekten, schweren Störungen der Oxygenierung in Ruhe und unter Belastung sowie einer chronischen Störung der Atempumpe. Klinisch lassen ein verlängertes Exspirium, Tachypnoe, der Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und typische Auskultationsbefunde eine Atemwegsobstruktion als Ursache der Dyspnoe wahrscheinlich werden. Die Abgrenzung einer durch eine Lungenstauung hervorgerufenen Atemwegsobstruktion ist aufgrund klinischer Zeichen allein nicht sicher möglich. Hier sind die Anamnese, ein EKG und ein Röntgen-Thorax zur Diffentialdiagnose obligat. In Anlehnung an internationale Leitlinien wird der Begriff COPD (chronic obstructive pulmonary disease) für die chronisch obstruktive Bronchitis, das Lungenemphysem und deren Kombinationen benutzt. Dabei ist das Lungenemphysem des älteren Patienten zumeist Folge einer chronischen Bronchitis. Nicht eingeschlossen in die Diagnose COPD werden andere Ursachen einer chronischen Atemwegsobstruktion wie beispielsweise das Asthma bronchiale [23]. Das Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, charakterisiert durch eine bronchiale Hyperreagibilität und eine variable Atemwegsobstruktion. Asthma bronchiale wird in über 25 % der Fälle nach dem 65. Lebensjahr erstmals diagnostiziert [1]. Das Ziel der medikamentösen Therapie besteht in der Suppression der asthmatischen Entzündung und in der Verminderung der bronchialen Hyperreagibilität und der Atemwegsobstruktion. Die Präparate werden in Controller (Dauermedikation zur Langzeitkontrolle wie Glukokortikosteroide, β2-Sympathomimetika, Theophyllin, Leukotrienrezeptorantagonisten) und Reliever (Bedarfsmedikation wie kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika) unterteilt und nach allgemeinhin bekanntem Stufenplan ordiniert [23]. Die COPD ist klinisch charakterisiert durch eine Kombination aus chronischem Husten, gesteigerter Sputumproduktion, Atemnot, Atemwegsobstruktion und eingeschränktem Gasaustausch mit progredienter, nach Gabe von Bronchodilatatoren und/oder Glukokortikoiden nicht vollständig reversibler Atemwegsobstruktion [23]. Diese Erkrankung stellt gegenwärtig weltweit die vierthäufigste Todesursache dar und für die nächsten Jahrzehnte ist ein weiterer Anstieg von Prävalenz, Morbidität und Mortalität zu erwarten [23]. Version: 1.0 Seite: 15 von 39 Dabei gilt der steigende Nikotinkonsum als Hauptursache für das Zunehmen der COPD. Zudem gilt die COPD als Präkanzerose für das am häufigsten zum Tode führende Malignom, das Bronchialkarzinom. Wesentlich für das Management der COPD sind zunächst die exakte Diagnose als Grundlage einer effektiven und differenzierten Therapie, präventive Maßnahmen, insbesondere die Ausschaltung von Risikofaktoren, die Langzeittherapie und die Behandlung akuter Exazerbationen. Wichtigste Maßnahme, um die Progression der COPD zu verhindern, ist der Verzicht auf Tabakrauchen. Zur medikamentösen Therapie stehen Bronchodilatatoren (Beta-2-Sympathomimetika, Anticholinergika und Theophyllin) als Basismedikamente zur Verfügung. Eine Dauerbehandlung mit systemischen Glukokortikoiden sollte wegen der häufigen unerwünschten Effekte vermieden werden. Generell gilt, dass der Einsatz hoher Dosen systemisch verabreichter Glukokortikosteroide bei älteren Patienten so kurz wie möglich gehalten werden und eine orale Langzeittherapie mit der kleinstmöglichen Dosis, die zur optimalen Lebensqualität erforderlich ist, erfolgen sollte. Außerdem profitieren COPD-Patienten von angemessenem körperlichen Training und Langzeitsauerstofftherapie. Akute Exazerbationen, deren Ursache zumeist Bronchialinfekte sind, bedürfen einer zusätzlichen medikamentösen Therapie. Medikamente der Wahl sind inhalative Bronchodilatatoren, systemisch applizierte Glukokortikoide sowie Theophyllin. Überdies können Patienten mit Exazerbationen und den klinischen Zeichen eines bakteriellen Atemwegsinfektes von einer Behandlung mit Antibiotika profitieren. Bei akuter respiratorischer Partialinsuffizienz ist die Sauerstoffgabe indiziert, bei respiratorischer Insuffizienz mit Hyperkapnie im Rahmen der akuten Exazerbation der Einsatz der nichtinvasiven Beatmung zu überprüfen [23]. Allerdings lässt sich mit keiner der vorhandenen medikamentösen Therapieansätze die Progression der Beeinträchtigung der Lungenfunktion beeinflussen. Die Pharmakotherapie ermöglicht eine Linderung der Beschwerden, eine Besserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Lebensqualität und/oder eine Reduktion von Exazerbationen. Fazit Im Vordergrund der pulmonalen Erkrankungen der betagten Patienten stehen die Pneumonie und die COPD. Bei letzterer ist aufgrund des zunehmenden Nikotinkonsums mit einem weiteren Anstieg der Betroffenen zu rechnen. Die Therapie hat insbesondere die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten zum Gegenstand, eine kausale Behandlung dieser Krankheit mit Aufhalt der Progression ist nicht bekannt. Die Beherrschung der Terminalstadien erfordert großes Fingerspitzengefühl. Es müssen klare Entscheidungen über die Prognose der Erkrankung getroffen werden, obwohl sichere Prädiktoren eines Überlebens oft nicht existieren. Angesichts des schweren Leidens des Betroffenen entsteht häufig der Wunsch der Angehörigen und des Teams, dieses nicht unnötig zu verlängern. Aus diesem Grund sollte eine invasive Beatmung mit zu erwartenden zahlreichen Komplikationen möglichst vermieden werden [2]. Das Ziel im Endstadium ist die adäquate palliative Begleitung des Betroffenen. Die Infektionen der unteren Atemwege zählen mit zu den häufigsten Todesursachen im Alter. Die Pneumonie, auch als „Freund der Betagten“ bezeichnet, bildet mit 60% mit Abstand die häufigste Todesursache von an Demenz erkrankten Patienten [13]. Dies ist zumeist auf zusätzliche schwere Störungen im multimorbiden Kontext zurückzuführen [2]. Für die Indikationsstellung einer kausalen Therapie bleibt der mutmaßliche Wille des Patienten entscheidend. Version: 1.0 Seite: 16 von 39 3. Stoffwechselerkrankungen Einleitung Altern ist ein physiologischer Prozeß, der auch mit Veränderungen des endokrinen Milieus assoziiert ist. Die in aller Regel abnehmenden hormonellen Aktivitäten sind Teil des Alterns, doch bleibt es Gegenstand der Diskussion, inwieweit diese wiederum kausal zum Alterungsprozeß beitragen. Störungen endokriner Funktionen betreffen in besonderem Maße und in klinischer Ausprägung das endokrine Pankreas und die Schilddrüse. Fernerhin gewinnen Fettstoffwechselstörungen im fortgeschrittenen Alter zunehmend an Bedeutung. Die Osteoporose wird in einem gesonderten Kapitel behandelt. Diabetes mellitus Diabetes mellitus ist der Sammelbegriff für hetereogene Störungen des Stoffwechsels mit genetischer Komponente, deren Leitbefund die chronische Hyperglykämie ist. Als Ursachen gelten entweder eine gestörte Insulinsekretion, eine gestörte Insulinwirkung oder beiderlei Komponenten. Man unterscheidet neben seltenen Formen den Typ-I-Diabetes, der infolge einer β-Zellzerstörung im Pankreas zu einem absoluten Insulinmangel führt von dem zu mehr als 90% vorherrschenden Typ-II-Diabetes. Dieser kann sich von einer vorwiegenden Insulinresistenz mit relativem Insulinmangel bis zu einem überwiegend sekretorischen Defekt mit Insulinresistenz erstrecken und ist häufig mit einem metabolischen Syndrom vergesellschaftet [23]. Die früher gebräuchliche Subgruppierung in Typ 2a und Typ 2b wurde verlassen, zudem hat man sich von der Einteilung in IDDM (insulin dependent diabetes mellitus) und NIDDM (non insulin dependent diabetes mellitus) aufgrund des Insulinsekretionsdefektes bei Typ-II-Diabetikern abgewandt [1]. Unter älteren Menschen leidet heute nahezu jeder Fünfte an einem Diabetes mellitus, die Tendenz ist steigend [1]. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Neben verschärften Diagnosekriterien und einem verbesserten Screening in der Bevölkerung spielen besonders bei dem dominierenden Typ-II-Diabetes die zunehmende Lebenserwartung und die Lebensführung mit Bewegungsarmut und Adipositas eine maßgebliche Rolle. Entscheidend zu Beginn des Typ-II-Diabetes ist die Insulinresistenz, welche vom Organismus über Jahrzehnte kompensiert werden kann. Pathophysiologisch liegt hier eine gestörte Insulinsignaltransduktion an den Zielzellen zugrunde, dies führt zu einer unzureichenden Glukoseaufnahme in die Zellen, folglich zu einer Hyperglykämie. An der Leber verursacht die Insulinresistenz eine ungenügende Suppression der Glukoseproduktion, im Fettgewebe eine gesteigerte Lipolyse mit konsekutiver Freisetzung freier Fettsäuren [1]. Dem Typ-IDiabetes des älteren Patienten wiederum, auch LADA (latent autoimmune diabetes of the adult) genannt, liegt ein absoluter Insulinmangel infolge eines zumeist schleichenden Autoimmunprozesses angesichts der Zerstörung der β-Zellen zugrunde. Dieser Diabetestyp muß aufgrund der dann abweichenden Therapie differentialdiagnostisch berücksichtigt werden. Als Diagnosekriterien des Diabetes mellitus gelten Gelegenheitsblutglukosewerte über 200 mg/dl, weiterhin eine Nüchternblutglukose jenseits 110 mg/dl im kapillären Vollblut bzw. 126 mg/dl im venösen Plasma [23]. Der orale Glukosetoleranztest hat in der Geriatrie wenig Bedeutung. Überdies überwacht der HbA1c-Wert die Langzeiteinstellung des Diabetes mellitus. Bei betagten Patienten ist die Aussagekraft dieses Parameters bei üblicherweise begleitender Niereninsuffizienz jedoch eingeschränkt. Ferner gibt das C-Peptid Auskunft über die Restsekretion von Insulin und stellt somit einen Indikator für eine potentielle Therapieumstellung dar. Vervollständigt wird die Diagnostik durch die Lipidwerte im Serum und eine Urindiagnostik. Zu berücksichtigen ist, dass die Nierenschwelle für Glukose bei diabetischer Nephropathie erhöht sein kann [13]. Version: 1.0 Seite: 17 von 39 Die Symptome des Diabetes mellitus bei betagten Patienten betrachtend, findet man die klassischen wie Polyurie oder Polydipsie typischerweise nicht. Vielmehr wird die Erkrankung infolge unspezifischer Allgemeinsymptome wie Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Müdigkeit und kognitive Defizite maskiert [13]. Weiterhin haben ältere Patienten eine eingeschränkte Toleranz gegenüber akuten Stoffwechselentgleisungen. Schwerste Hyperglykämien manifestieren sich in der Regel als hyperosmolares diabetisches Koma mit hoher Mortalität, Ketoazidosen sind selten. Die Therapie sollte insgesamt vorsichtiger als bei jüngeren Patienten mit langsamerer Blutzuckersenkung erfolgen [2]. Auch von Hypoglykämien sind ältere Patienten in stärkerem Maße gefährdet, wobei hier zusätzlich auf eine eingeschränkte Hypoglykämiewahrnehmung, nicht selten maskiert infolge einer β-Blocker-Therapie, hingewiesen werden muß [13]. Es bleibt festzuhalten, dass in jeder unklaren Situation eine Blutzuckerbestimmung bei einem geriatrischen Patienten selbstverständlich dazugehört. Als komplex und problematisch stellen sich die Spätschäden des Diabetes mellitus dar. Zu den gefürchteten Folgen gehören die Mikro- sowie die Makroangiopathie. Pathogenetisch kommt es bei der bevorzugt die kleinen Arterien betreffenden Mikroangiopathie zu einer Zunahme extrazellulärer glykosylierter Matrix an den Gefäßen, welche zu hoch reaktiven Produkten weiterreagieren und an der Gefäßschädigung vermutlich beteiligt sind. Von der Mikroangiopathie können alle Gefäßregionen des Körpers betroffen sein, besondere klinische Relevanz erreichen die diabetische Nephropathie, Retinopathie und Neuropathie. Die Retinopathie führt zu einer zunehmenden Visuseinschränkung bis hin zur Erblindung, diesen Zustand gilt es unter allen Umständen mittels präventiver diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen zu verhindern. Das Spektrum der diabetischen Nephropathie reicht von einer milden Proteinurie bis hin zur terminalen, dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Die diabetische Polyneuropathie betrifft die sensiblen, motorischen und autonomen Nerven und trägt entscheidend zur Entwicklung des diabetischen Fußsyndroms bei. Dabei kann es infolge eines Bagatelltraumas durch ein komplexes Zusammenwirken unterschiedlicher krankheitsverursachender Faktoren zu einer Läsion kommen, die sich zu einer Nekrose des gesamten Fußes entwickeln kann [13]. Jährlich werden in Deutschland etwa 30 000 diabetesbedingte Amputationen erforderlich, von denen mit geeigneter Prävention 45-85% vermieden werden könnten [1]. Überdies führt die Polyneuropathie im multimorbiden Kontext zu einer Sturzgefährdung. Durch eine gute Stoffwechselkontrolle und einen suffizient eingestellten arteriellen Hypertonus läßt sich die Progression dieser Prozesse allerdings aufhalten [1]. Die diabetische Makroangiopathie wiederum ist gekennzeichnet durch eine Mediasklerose der großen Arterien und gehört zu den häufigsten Folgeschäden bei Diabetikern. Es besteht ein hohes Risiko für eine frühzeitige und beschleunigte Arteriosklerose mit instabilen Plaques und der Gefahr von Myokardinfarkt, Schlaganfall und peripherer arterieller Verschlußkrankheit. In der Gesamtheit ist etwa 75% der Mortalität der Diabetiker verursacht durch kardiovaskuläre Erkrankungen. Auf die Ordination eines Thrombozytenaggreagtionshemmers sollte daher neben einer konsequenten Hypertonie- und Diabetestherapie nicht verzichten werden. Die moderne Diabetestherapie mit ihrem multifaktoriellen Ansatz, der die Selbstbestimmung des Patienten in den Vordergrund stellt, fußt auf vier Säulen, die auch bei Betagten soweit als möglich ausgeschöpft werden sollten. Diese umfassen die Schulung der Betroffenen, die Lebensführung, die medikamentöse Therapie und das Monitoring [1]. Zur medikamentösen Therapie stehen orale Antidiabetika und Insuline zur Verfügung. Zu Details der Pharmakologie verweisen wir auf die evidenzbasierten Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Das Behandlungsziel des geriatrischen Patienten wird immer individuell unter Berücksichtigung der Multimorbidität, der Nutzen-Risiko-Relation und der Realisierbarkeit einer Therapie definiert. Zudem dürfen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Wünsche des Betroffenen nicht außer acht gelassen werden. Zu dieser Evaluation der Gesamtsituation bleibt ein umfassendes Version: 1.0 Seite: 18 von 39 geriatrisches Assessment unabdingbar. Die Priorität liegt in der Vermeidung von Akutkomplikationen, insbesondere Hypoglykämien, und der Verbesserung der Lebensqualität. Dazu gehört auch die langfristige Optimierung der Stoffwechsellage zur Vermeidung von Spätkomplikationen [1]. Schilddrüsenfunktionsstörungen Der Alterungsprozeß der Schilddrüse ist durch morphologische und funktionelle Veränderungen gekennzeichnet. So kommt es zur fibrotischen Atrophie von Schilddrüsengewebe bei gleichzeitiger Zunahme regressiv degenerativer Veränderungen mit Kalkeinlagerung und nodöser Umwandlung. Darüber hinaus induziert ein potentiell lang bestehender alimentärer Jodmangel eine Fehlanpassung mit Entwicklung von Knoten, die zum Teil autonom sind. Mit zunehmendem Alter besteht weiterhin die Tendenz zur Ausbildung von Autoimmunphänomenen und zur Produktion von organspezifischen Autoantikörpern [2]. Überdies kommt es infolge einer reduzierten Aktivität der 5´-Dejodase zu einer verminderten peripheren Konversion und damit zu einer Abnahme der fT3- sowie der TSH-Konzentration im Blut während der fT4-Spiegel sich nicht ändert [30]. Zudem beeinflussen zahlreiche Medikamente den Schilddrüsenhormonstoffwechsel und führen zu Veränderungen der funktionellen Schilddrüsenparameter. So entwickeln Patienten nach einer Langzeittherapie mit Lithium eine subklinische Hypothyreose, da Lithium und Jod den gleichen Stoffwechselweg nehmen. Fernerhin können jodhaltige Medikamente wie Amiodaron oder Röntgenkontrastmittel bei bestehender Autonomie eine Hyperthyreose und bei normaler Schilddrüsenfunktion eine passagere Hypothyreose bewirken. Weiterhin hemmen Glukokortikoide die Ausschüttung von TSH sowie die Konversion [2]. Störungen der Schilddrüsenfunktion nehmen mit zunehmendem Alter an Häufigkeit zu und stellen nach dem Diabetes mellitus die häufigste endokrinologische Krankheitsgruppe dar. So tritt eine manifeste Hypothyreose bei 3-6% der Bevölkerung jenseits des 80. Lebensjahres auf, während von einer subklinischen Hypothyreose 10% betroffen sind [13]. Häufigste Ursache beim älteren Menschen ist die Autoimmunthyreoditis Hashimoto, seltener sind iatrogene Auslöser wie ein nicht substituierter Zustand nach Intervention, eine unkontrollierte Einnahme von Thyreostatika sowie unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen. Die Symptome sind im Alter eher oligosymptomatisch und atypisch. Müdigkeit, Antriebslosigkeit, kognitive Defizite, Kälteempfindlichkeit, Obstipation und Myopathie mit begleitender Sturzsymptomatik werden vom Patienten und dessen Umgebung häufig dem Alterungsprozeß angelastet [31]. Daher gehört die Bestimmung des TSH in jedes Routinelabor in geriatrischen Institutionen. Eine manifeste Hypothyreose wird aufgrund der potentiellen Gefahr von Herzrhythmusstörungen in niedrigerer Dosis sowie langsameren Aufdosierung als bei jüngeren Patienten oral substituiert. Die Prävalenz der Hyperthyreose beträgt bei geriatrischen Patienten 12-50% [13]. In den meisten Fällen sind die multinoduläre toxische Struma oder der Morbus Basedow verantwortlich zu machen. Weniger häufig sind das toxische Schilddrüsenadenom oder eine hyperthyreote Dekompensation nach Aufnahme jodhaltigen Kontrastmittels oder Amiodaron. Ältere hyperthyreote Menschen haben in aller Regel auch bei diesem Krankheitsbild weniger typische Symptome als jüngere, so fehlen oftmals die Struma und die typische endokrine Orbitopathie. Schilddrüsenfehlfunktionen im Alter haben einen Chamäleoncharakter, da das klinische Bild interindividuell stark variiert [39]. Häufige Symptome umfassen Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Angina pectoris und Delir, doch können auch unspezifische Symptome wie Nausea und Emesis vorliegen [40]. Gleichwohl kann auch ein Symptomkomplex aus Schwäche, Gewichtsverlust, Lethargie und Depression bei geriatrischen Patienten Ausdruck einer Hyperthyreose sein [13]. Diagnostisch bedient man sich Laboruntersuchungen und bildgebender Verfahren. Die Therapie erfolgt zunächst mit Version: 1.0 Seite: 19 von 39 Thyreostatika und richtet sich im weiteren Verlauf nach der Ätiologie und der individuellen Situation im multimorbiden Kontext. In unserem Jodmangelgebiet steigt überdies die Strumahäufigkeit mit zunehmendem Alter. In der gesunden Bevölkerung der über 60jährigen findet man eine sonographische Schilddrüsenvergrößerung bei 40% der Frauen und 20% der Männer. Eine länger bestehende Struma wandelt sich häufig knotig um, so sieht man bei 90% der weiblichen und 50% der männlichen Hochbetagten knotige Schilddrüsenveränderungen [13]. Bildgebende Verfahren können Aufschluß über deren Funktion und Hinweise auf die Dignität geben. Insgesamt jedoch nimmt die Malignitätswahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter ab, nur ein verschwindend kleiner Teil der Schilddrüsenknoten ist maligne [2]. In Zusammenschau der Befunde ist die Indikation für eine Intervention individuell zu prüfen. Fettstoffwechselstörungen Fettstoffwechselstörungen gehören in den westlichen Industrienationen zu den Volkskrankheiten. Durch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Erkrankung ist es heute möglich, Gefäßkomplikationen zu verhindern oder deren Progression zu verzögern [32]. Pathophysiologisch zeichnen für Fettstoffwechselstörungen eine erhöhte Synthese oder ein verminderter Abbau von Lipoproteinen verantwortlich. Lipoproteine sind aus Lipiden und Proteinen zusammengesetzte Komplexe, die für den Transport von Cholesterin, Triglyzeriden und fettlöslichen Vitaminen unverzichtbar sind. Die Plasmalipoproteine werden anhand ihrer relativen Dichte in fünf Hauptklassen eingeteilt: Chylomikronen, very-low-densitiyLipoproteine (VLDL), intermediate-densitiy-Lipoproteine (IDL), low-densitiy-Lipoproteine (LDL) und high-densitiy-Lipoproteine (HDL). Die Apolipoproteine wiederum sind für die Zusammenlagerung und Struktur der Lipoproteine sowie zur Übermittlung der Bindung an Zelloberflächenrezeptoren erforderlich [33]. Bezüglich des Lipidtransportes unterscheidet man den exogenen vom endogenen Weg sowie vom reversen Transport. Den exogenen Weg nehmen Nahrungslipide in Form von Chylomikronen zur Leber. Der endogene Weg des Lipoproteinstoffwechsels umfasst die hepatische Sekretion und den Metabolismus von VLDL zu IDL und zu LDL [33]. Dabei nimmt die Dichte und damit die Atherogenität der Partikel fortwährend zu. Für den Rücktransport von Cholesterin zur Leber spielen die HDL-Partikel eine entscheidende Rolle. Hier vermutet man die molekulare Grundlage für die HDLvermittelte antiarteriosklerotische Wirkung [32]. Fettstoffwechselstörungen resultieren in messbaren Veränderungen der Lipidplasmaspiegel. Auf diesen Werten fußt die Klassifikation der Fettstoffwechselstörungen, man unterscheidet Hypercholesterinämien von Hypertriglyzeridämien, kombinierten Hyperlipoproteinämien und seltenen Formen. Überdies lassen sich die Fettstoffwechselstörungen in primäre und sekundäre Formen einteilen, wobei als primär jene mit ausgeprägtem genetischen Hintergrund definiert sind, während sekundäre Formen überwiegend oder ausschließlich Folge einer anderen Erkrankung oder Störung sind [32]. Als Beispiel seien der Diabetes mellitus, die Hypothyreose, der Alkoholabusus und unerwünschte Arzneimittelwirkungen, zum Beispiel von Glukokortikosteroiden, β-Blockern und Diuretika, angeführt. Das diagnostische Vorgehen umfasst einen vollständigen Lipidstatus, dazu gehören die Bestimmung des Gesamtcholesterins, der Triglyzeride und des HDL-Cholesterins. Das LDLCholesterin kann nach der Friedewald-Formel berechnet oder direkt bestimmt werden. Eine zumindest einmalige Bestimmung des Lipoprotein (a) ist wünschenswert [32]. Klinisch imponieren bei den Betroffenen nicht selten Xanthome der Sehnen, ein Arcus lipoides der Kornea sowie eine palpatorische Hepatomegalie bei Hypertriglyzeridämien. Die therapeutischen Ziele der Lipidparameter richten sich nach dem Risikoprofil des Patienten und müssen individuell festgelegt werden [32]. Grundsätzlich gilt für Senioren, dass primärprophylaktisch die Ordination einer lipidsenkenden Therapie bei hohem kardiovaskulären Risikoprofil bzw. Hinweisen auf eine bestehende kardiovaskuläre Version: 1.0 Seite: 20 von 39 Erkrankung erwogen werden sollte. Ebenso muß in der Sekundärprävention, ähnlich wie bei jüngeren Patienten, eine entsprechende Therapie überdacht werden. Denn in Studien konnte gezeigt werden, dass die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität unter einer medikamentösen lipidsenkenden Therapie mit Statinen auch bei Betagten reduziert werden konnte. In die therapeutische Entscheidungsfindung sollten bestehende Komorbiditäten und Lebenserwartung mit einfließen und so ein individuelles Risiko ermittelt werden [34]. Neben der medikamentösen Therapie sind begleitend realisierbare Basismaßnahmen zu fordern. Fazit Der Diabetes mellitus geht bei Älteren mit der höchsten Rate an Morbidität und Mortalität einher. Bei unzureichender Intervention führt dieser Umstand zum Auftreten kaum mehr beherrschbarer individueller Probleme, die nahezu zwangsläufig zu Pflegebedürftigkeit führen. Den derzeit sinnvollsten Ansatz zur Problembeherrschung stellen sowohl aus individueller als auch aus gesellschaftlicher Sicht Maßnahmen zur Sekundärprävention dar. Eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung sowie eine konsequente Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Therapiemaßnahmen führen dabei nachweislich zu einem Aufschub von Komplikationen und zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Ohne Frage müssen sich die Konzepte zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen an den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Betroffenen orientieren [3]. Angesichts der hohen Prävalenz der Schilddrüsenerkrankungen im Alter sollte differentialdiagnostisch auch häufiger an diese Erkrankung gedacht werden. Dabei ist zu beachten, dass das klinische Erscheinungsbild der Dysfunktionen bei Betagten eher unspezifisch ist und sich häufig als Verstärkung präexistenter Beschwerdekomplexe manifestiert [2]. Auch Fettstoffwechselstörungen kommen im Alter eine wesentliche Bedeutung im Sinne einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos der Betroffenen zu. Durch eine adäquate lipidsenkende Therapie kann auch bei Betagten eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse erzielt werden. Die Behandlungsindikation ist allerdings immer individuell unter Berücksichtigung des Globalrisikos des einzelnen Patienten zu stellen, wobei das biologische Alter entscheidender ist als das chronologische [34]. 4. Malnutrition Einleitung Eine Unter- oder Mangelernährung, eine Malnutrition, ist definiert als unzureichende Versorgung des Organismus mit Energie und Nährstoffen bis hin zur Kachexie [2]. Dabei lässt eine Malnutrition, wie sie bei geriatrischen Patienten auftritt, eine Unterversorgung mit einem oder mehreren biochemisch messbaren Ernährungsparametern wie Kalorien, Proteinen, Fettsäuren, Mineralsalzen, Vitaminen, Spurenelementen oder Wasser erkennen. Bei fast jedem akutkranken Betagten lässt sich eine mehr oder minder ausgeprägte, zumeist multiple Unterversorgung an ebenda aufgeführten Substraten ausmachen. Die Malnutrition wird somit zur häufigsten Komorbidität im Senium [1] und bestimmt die Mortalität und Morbidität wesentlich mit [35]. Ursachen Der physiologische Alterungsprozeß geht mit einem per se weniger stark ausgeprägten Appetit, einer verringerten Geschmacks- und Geruchswahrnehmung und einem schnelleren Sättigungsgefühl einher, sodaß sich mit steigendem Lebensalter auch meist die aufgenommene Nahrungsmenge reduziert. Hierbei scheinen Endorphine und gastrointestinale Hormone eine bedeutende, jedoch noch nicht ausreichend untersuchte Rolle zu spielen. Dies Version: 1.0 Seite: 21 von 39 kann trotz des abnehmenden Kalorienbedarfs im Alter bei dem mit engen Kapazitätsreserven agierenden Organismus rasch physiologische Grenzen erreichen [3]. Als pathologische Ursachen einer Malnutrition gelten etwa eine Malabsorption, ein erhöhter Grundumsatz, zum Beispiel infolge einer Hyperthyreose, ein auszehrender Prozeß wie ein malignes Leiden oder das Unvermögen, Nahrung adäquat aufzunehmen. Letzteres bezeichnet man gemeinhin als Dysphagie, diese schließt alle Formen einer Kau-, Schling- oder Schluckstörungen mit ein. So zählen Einschränkungen des Kauvermögens ebenso dazu wie eine tumorbedingte Ösophagusstenose oder eine Schluckapraxie des Patienten mit fortgeschrittenem dementiellen Syndrom. Des Weiteren ist die mangelhafte Kaufunktion infolge fehlender Zahnsanierung oder schlecht sitzender Zahnprothesen nicht unterzubewerten [1]. Fernerhin muß Appetitlosigkeit bei betagten Patienten die Suche nach akuten oder chronischen Infektionskrankheiten, hämatologischen und psychiatrischen Erkrankungen aber auch Intoxikationen induzieren. Auch ein chronisches Schmerzsyndrom kann zu einer Malnutrition führen [3]. Iatrogene Einflüsse auf den Appetit hat überdies die Verordnung gewisser Pharmaka. So werden unerwünschte Arzneimittelwirkungen nichtsteroidaler Antiphlogistika bei betagten Patienten aufgrund der stark reduzierten viszeralen Schmerzempfindung kaum wahrgenommen. Vielmehr reagieren die Betroffenen auf Läsionen im Gastrointestinaltrakt mit Appetitminderung bis hin zur Appetitlosigkeit. Daneben zeichnen weitere Medikamente, und schließlich deren Multimedikation, wie Schleifendiuretika, Digitalis, Antibiotika, antineoplastische Medikamente, ferner Psychopharmaka für Appetitminderung verantwortlich [1]. In Zusammenschau der Befunde ist bei der Malnutrition geriatrischer Patienten vornehmlich von einer mulifaktoriellen Genese auszugehen. Symptome Konstant und hochspezifisch für Malnutrition ist das Kardinalsymptom Appetitverlust. Dieses Frühsymptom führt schleichend innerhalb von Wochen zu resistenter Müdigkeit und Schwäche. Weitere Spätsymptome sind Verschlechterung des Allgemeinzustandes, kognitive Leistungsminderung, Schwäche der Beinmuskulatur und zu einem späteren Zeitpunkt eine merkliche Gewichtsabnahme [1], welche bei älteren Menschen zunächst die Extremitäten und das Gesicht, erst später die Bauchdecken betrifft [3]. Dies führt gemeinsam mit der sich im Alter per se entwickelnden Sarkopenie, einem Verlust an Skelettmuskelmasse und -größe [36], zu Immobilität, Stürzen und Frakturgefahr. Nicht zu unterschätzen ist weiterhin die mit Untergewicht oftmals einhergehende Abwehrschwäche infolge eines verschlechterten Immunstatus, was konsekutiv zu erhöhter Infektanfälligkeit, verzögerter Rekonvaleszenz und einer allgemein erhöhten Morbidität führt. Außerdem werden bei Betroffenen eine schlechtere Wundheilung sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Dekubitalulzera beobachtet [3]. Diagnostik Die Malnutritionsdiagnostik ist im Alter ein fester Bestandteil des geriatrischen Assessments. Anhand der Anamnese, der klinischen Früh- und Spätsymptome und des Nutrogrammes kann die Diagnose Malnutrition eindeutig gestellt werden. Unter den zahlreichen Parametern des Nutrogrammes sind Albumin, Cholesterin, Transferrin, Ferritin, Vitamin B12, Folsäure, Homocystein und das Blutbild als wichtigste Kenngrößen zu nennen. Dabei bleibt das Albumin bei richtiger Interpretation einer der aussagekräftigsten Ernährungsparameter [1]. Bei der Fahndung nach der Ätiologie der Mangelzustände sollte bei aufwendigen, den Betagten zumeist belastenden diagnostischen Methoden stets überlegt werden, ob sich für den Patienten therapeutische Konsequenzen ergeben. Eine umfassende Diagnostik allein aufgrund der Diagnosefindung ist bei älteren Patienten abzulehnen [3]. Version: 1.0 Seite: 22 von 39 Interventionen Die Prinzipien der Ernährungstherapie bei Malnutrition beinhalten günstigerweise die Kenntnis der Ursachen und Entstehungsmechanismen der Mangelernährung. Folgerichtig sollte dann möglichst zusätzlich zu der symptomatischen eine kausale Therapie eingeleitet werden, so zum Beispiel die Behandlung eines Magenulkus. Die symptomatische Behandlung umfasst diätetische Maßnahmen unterschiedlicher Applikationsformen unter Beachtung individueller Mangelzustände in Kombination mit allgemeinen Behandlungsformen mit physiotherapeutischer Beübung im besonderen [1]. Dabei ist dem Mehrbedarf in kataboler Stoffwechsellage Beachtung zu schenken. So sind Patienten bei akuten Infektionen, etwaig mit Fieber, auf eine höhere Kaloriensubstitution angewiesen, auch bei Vorliegen großer Dekubitalulzera sowie perioperativ ist der Bedarf an Nährstoffen erhöht [13]. Sind aufgrund von Erkrankungen und deren Folgen, beispielsweise Aspirationsgefahr bei fehlenden Schutzreflexen infolge eines Schlaganfalles, keine Ernährungsmöglichkeiten via naturalis möglich, so ist die Frage nach einer künstlichen Ernährung zu klären [3]. Hierfür bieten sich in Abhängigkeit von der Prognose der Grunderkrankungen sowohl enterale als auch parenterale Möglichkeiten an. Bei der Applikation von Ernährungssonden stehen für den langfristigen bzw. dauerhaften Einsatz unter Umgehung des zervikothorakalen Verdauungstraktes derzeit die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) oder die Jejunostomie (PEJ) zur Verfügung. Dabei kann die Ernährung mit dieser Methode sowohl supportiv als auch vollständig erfolgen [1]. Vor Einleitung einer künstlichen Ernährung ist stets in Zusammenschau der Befunde, der Prognose und des mutmaßlichen Willens des Betroffenen kritisch die Indikation zu dieser invasiven Maßnahme zu überprüfen. Die Entscheidung bei Patienten mit dementiellem Syndrom im fortgeschrittenen Stadium mit gestörtem Eß- und Trinkverhalten stellt sich oftmals als problematisch dar, verbindliche Richtlinien hinsichtlich der Indikation zur Anlage einer Ernährungssonde existieren im deutschsprachigen Raum nicht. Für den Entscheidungsprozeß jedoch zu berücksichtigen ist, dass diese Patienten in Terminalphasen der Erkrankung bei entsprechenden pflegerischen Maßnahmen wie Mundpflege nicht unter quälendem Durstgefühl leiden [2] und die Exsikkose palliativ wirkt. Fazit Die Malnutrition zählt zu den häufigsten geriatrischen Symptomen mit weitreichender Bedeutung für Lebensqualität, Krankheitsverlauf und Lebenserwartung der Patienten [2]. Die Ursachen sind mannigfaltig und zumeist multifaktoriell, die Symptome unspezifisch. Ziel einer Intervention muß eine Linderung der Beschwerden sowie in Abhängigkeit der Grunderkrankungen und der Prognose sinnvolle Therapie sein [1]. Vor Einleitung eines invasiven Ernährungsregimes ist die Indikation achtsam zu hinterfragen. Die Sicherung von lebensverlängernden Maßnahmen wie Infusionen oder Sonden durch freiheitsentziehende Maßnahmen bei einem dementiellen Syndrom im fortgeschrittenen Stadium, auch bei vitaler Gefährdung des Patienten, verstößt gegen die Menschenwürde und ist deshalb kaum zu rechtfertigen [13]. 5. Nierenerkrankungen Einleitung Infolge altersbedingter Nierenveränderungen sind Menschen im fortgeschrittenen Alter besonders empfindlich hinsichtlich Störungen des Wasserhaushaltes und der Nierenfunktion. So sind im höheren Alter regelmäßig Veränderungen der Nierenstruktur und der renalen Funktion nachweisbar. Die Nieren verlieren an Gewicht, dies ist im Besonderen auf Gewebsveränderungen in der Nierenrinde zurückzuführen. Die Zahl der Glomerula und der Version: 1.0 Seite: 23 von 39 proximalen Tubuli nimmt stetig ab, histologisch lässt sich eine Sklerosierung der Glomerula nachweisen, sodaß der Anteil funktionsloser Glomerula mit zunehmendem Alter steigt. Die morphologischen Veränderungen der Niere gehen mit einer altersabhängigen Abnahme des renalen Blutflusses einher. Die Clearance nimmt pro Dekade um 10% ab. Auch die glomeruläre Filtrationsrate sinkt mit zunehmendem Lebensalter im Durchschnitt um 0,75 ml/min pro Jahr parallel zu einer Abnahme der Muskelmasse und somit der Kreatininproduktion. Aufgrund dessen lässt sich bei älteren Menschen zunächst kein Anstieg der Serumkreatininkonzentration nachweisen. Zur genaueren Einschätzung der glomerulären Filtrationsrate ist daher die Bestimmung der Kreatininclearance empfehlenswert [1]. Eine Proteinurie wiederum wird als wichtigster Prädiktor einer schlechten renalen Funktionsprognose beschrieben [2]. Trotz der genannten Funktionseinschränkungen ist die Niere des älteren Menschen unter normalen Bedingungen in der Lage, den Wasser- und Elektrolythaushalt zu regulieren. Im Vergleich zu jüngeren Menschen ist jedoch die Harnkonzentrations- und Verdünnungsfähigkeit sowie die Ausscheidung von Säuren und Kalium, ferner die Natriumrückresorptionskapazität im distalen Tubulus vermindert [1]. Zusammen mit einer reduzierten Ansprechbarkeit auf ADH, einem abgeschwächten Durstgefühl und unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen führt dies in der Folge oftmals zu Volumenmangel und Hypernatriämie. Weiterhin sieht man häufig Hyponatriämien, deren Ursache zumeist in unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu suchen ist. Die genannten Störungen des Elektrolythaushaltes sind bei geriatrischen Patienten nicht selten für neurologische oder psychiatrische Symptome verantwortlich [1]. Chronische Niereninsuffizienz und akutes Nierenversagen Die chronisch terminale Niereninsuffizienz wird zunehmend eine Erkrankung des alten Menschen. Dabei unterscheidet sich das Spektrum der zu einer Nierenersatztherapie führenden Erkrankungen bei betagten von dem bei jungen Patienten. Die mit Abstand wichtigste Ursache stellt die diabetische Nephropathie dar [29]. Weitere Ursachen sind die ischämische Nephropathie mit arteriosklerotischer Nierenarterienstenose und Cholesterinembolie, Vaskulitiden und Myelome [2]. Insgesamt sollte die Behandlungsstrategie eines betagten niereninsuffizienten Patienten eine optimale Blutdruckeinstellung, eine Dosisanpassung renal eliminierter Pharmaka und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr angesichts der gestörten Konzentrationsfähigkeit der Niere umfassen. Ferner sind Menschen im höheren Lebensalter aufgrund der altersbedingten Nierenveränderungen besonders empfindlich, ein akutes Nierenversagen zu entwickeln. Eine wichtige Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die Dehydratation, der Nichtgebrauch von Medikamenten in Nierendosis, der Einsatz von Röntgenkontrastmitteln sowie die Häufung von Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Hypertonie ein. Pathophysiologisch stellt die renale Ischämie die Hauptursache des akuten Nierenversagens im Alter dar. So kann eine Hypovolämie Folge von Fieber, Diuretika- oder Laxantiengebrauch sowie einer ungenügenden Flüssigkeitsaufnahme sein. Weiterhin reduziert der Einsatz von nichtsteroidalen Antiphlogistika, ACE-Hemmern, AT1-Rezeptorantagonisten und Schleifendiuretika infolge der Inhibition vasoldilatatorisch wirksamer Prostaglandine den meist ohnehin infolge Arteriosklerose oder chronischer Niereninsuffizienz verminderten renalen Blutfluß. Häufig führen auch der Gebrauch von Aminoglykosiden und größere operative Eingriffe bei älteren Patienten zu einem akuten Nierenversagen. Das postrenale Nierenversagen infolge einer Obstruktion der Harnwege, zum Beispiel bedingt durch eine Prostatavergrößerung, ist ebenfalls nicht selten für die Auslösung eines akuten Nierenversagens verantwortlich. Daher gilt es, bei jedem älteren Patienten mit Oligurie oder Anurie mittels einer Sonographie eine Harnwegsobstruktion auszuschließen [1]. Version: 1.0 Seite: 24 von 39 Glomeruläre Erkrankungen Es wird geschätzt, dass 20% der Patienten mit einer Glomerulonephritis über 60 Jahre alt sind. Dabei unterscheidet sich der klinische Verlauf glomerulärer Erkrankungen bei älteren Patienten prinzipiell nicht von dem jüngerer Patienten. Die häufigste Indikation zur Nierenbiopsie stellt im Alter das nephrotische Syndrom, welches im Alter nicht selten mit einer Neoplasie vergesellschaftet ist. Bei Patienten mit nephrotischem Syndrom besteht die Gefahr, ein akutes Nierenversagen zu entwickeln, insbesondere nach Verabreichung nichtsteroidaler Antiphlogistika oder nach Volumendepletion infolge rigoroser Diuretikatherapie [1]. Fazit Im Alter besteht eine besondere Neigung, einen Volumenmangel und Elektrolytverschiebungen zu entwickeln. Die Dehydratation, der Gebrauch von nichtsteroidalen Antiphlogistika, ACE-Hemmern, AT1-Rezeptorantagonisten oder Schleifendiuretika sind besonders häufig für die Entwicklung eines Nierenversagens mitverantwortlich. Der klinische Verlauf glomerulärer Erkrankungen bei betagten Patienten unterscheidet sich prinzipiell nicht von dem jüngerer Patienten [1]. Bezüglich nephrologischer Erkrankungen in der Geriatrie ist die Datenlage als defizitär einzustufen. Es steht zu hoffen, daß durch zusätzliche Untersuchungen ein weitreichender Erkenntnisgewinn erzielt werden kann. 6. neurologische Erkrankungen A Zerebrale Durchblutungsstörungen B Demenz C Depression D Morbus Parkinson A Zerebrale Durchblutungsstörungen Einleitung Die zerebrovaskulären Erkrankungen sind im Alter die Hauptursache von milden bis hin zu schwersten Funktionseinschränkungen [24]. Jährlich werden etwa 200 000 neue Schlaganfälle in Deutschland beobachtet, dabei findet sich ein exponentieller Anstieg mit zunehmendem Lebensalter [1]. Als Schlaganfall bezeichnet man eine akut auftretende neurologische Fokalsymptomatik, die in etwa 80% der Fälle auf einer Durchblutungsstörung umschriebener Gehirnareale (ischämischer Schlaganfall) und in 20% auf einer Gehirnblutung beruht. Die klassische Differenzierung des ischämischen Schlaganfalles anhand der Rückbildungsgeschwindigkeit der neurologischen Ausfälle von transitorisch ischämischer Attacke (TIA) über prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit (PRIND) bis hin zum manifesten ischämischen Schlaganfall gilt als überholt. Die Eingruppierung von Schlaganfällen nach der Dauer der Symptome wird zunehmend durch eine pathophysiologische Einteilung ersetzt, nachdem gezeigt werden konnte, daß auch bei vielen Patienten mit flüchtiger Symptomatik morphologische Hirnschäden nachweisbar sind und sich die Rezidivrate von Patienten mit persistierender Symptomatik nicht unterscheidet [23]. Ätiologie und Pathogenese Die Ursachen ischämischer Schlaganfälle schließen mikroangiopathische, hämodynamische und thromboembolische Mechanismen ein. Bei letzteren entstammen die Embolie zumeist Version: 1.0 Seite: 25 von 39 dem Herzen bei Vorliegen von Vorhofflimmern, aber auch eine arterioarteriell embolische Genese bei rupturierten arteriosklerotischen Plaques aus der extrakraniellen A. carotis ist häufig. Intrazerebrale Blutungen wiederum sind meist Folge einer arteriellen Hypertonie, andere Ursachen können Arteriopathien, Tumoreinblutungen oder Gefäßanomalien sein. Oftmals bleibt die Genese auch unklar. Pathoanatomisch unterscheidet man Grenzzoneninfarkte, bei denen die ischämische Nekrose im Grenzgebiet des Versorgungsgebietes zwischen zwei oder drei großen pialen Arterien liegt, von Territorialinfarkten, hier betrifft die Ischämie das Versorgungsgebiet der betroffenen Pialarterie. Außerdem kennt man lakunäre Hirninfarkte als Folge eines Verschlusses einer kleinen penetrierenden Arterie sowie Endstrominfarkte in distalen Versorgungsgebieten einer nicht kollateralisierten Endarterie [24]. Als unbeeinflußbare Risikofaktoren für die Entwicklung eines Schlaganfalls gelten das Alter, das männliche Geschlecht und die genetische Disposition. Die beeinflußbaren Risikofaktoren sind zahlreich, als bedeutendster wird der arterielle Hypertonus beschrieben [13]. Es folgen die bekannten kardiovaskulären Risikiofaktoren Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und Nikotinabusus. Das Risiko steigt weiterhin bei Komorbiditäten wie Vorhofflimmern, koronarer Herzerkrankung und Karotisstenosen. Symptomatik Die Fokalsymptomatik besteht in der Regel aus charakteristischen, individuell sehr variablen Lähmungserscheinungen wie motorischen und/oder sensiblen Paresen, Aphasie, Dysarthrie, Dysphagie, verschiedenen Sehstörungen und neuropsychologischen Defiziten [1]. Dabei bewirken unterschiedliche pathophysiologische Geschehen das gleiche klinische Bild. Es steht außer Frage, differentialdiagnostisch andere Ursachen für diese klinischen Erscheinungsbilder wie raumfordernde Hirnprozesse, Meningoenzephalitiden oder Intoxikationen zu würdigen. Ein Großhirninfarkt lässt sich dem Karotisstromgebiet zuordnen. Dabei ist für einen Defekt im Versorgungsbereich der A. cerebri anterior eine beinbetonte senomotorische Hemiparese, ggf. gemeinsam mit einer zentralen Blasenstörung, richtungsweisend. Dem Mediastromgebiet entspricht die brachiofazial betonte Hemiparese vom Typ Wernicke-Mann, findet sich die Hemisymptomatik rechts, dann oftmals in Kombination mit einer Aphasie, links mit einem Hemineglect. Ein Posteriorinsult äußert sich klinisch durch eine Hemihypästhesie und eine Hemianopsie. Hirnstamminfarkte ihrerseits imponieren häufig mit Vigilanzstörungen, Tetraplegie und Blickparesen, Thalamusinfarkte mit einer schwer lokalisierbaren Schmerzhaftigkeit der kontralateralen Körperhälfte [24]. Diagnostik und Therapie Neue, sich deutlich verstärkende, mehr oder minder schlagartig auftretende Symptome wie Lähmungen, Seh- oder Sprachstörungen, Sensibilitäts- oder Bewusstseinsstörungen müssen zunächst als bedrohliche Zeichen anerkannt werden. Entscheidend ist, diese Signale richtig zu werten und vorerst als lebensbedrohlichen Notfall einzustufen. Außerhalb einer klinischen Einrichtung gilt es, sofort einen Notarzt zu verständigen und keine Zeit zu verlieren, denn „time is brain“. Initial steht die Kontrolle der Vitalparameter im Vordergrund, als definitive Diagnostik ist unmittelbar ein EKG anzufertigen und eine kraniale Computertomographie (cCT) durchzuführen. Diese initiale bildgebende Diagnostik entscheidet über den Therapieplan. Ergibt sich die Diagnose einer intrakraniellen Blutung, so erfolgt das weitere Prozedere unter Hinzuziehung eines Neurochirurgen. Ein ischämischer Infarkt zeigt sich in der cCT in der Regel erst später. Bei gegebener Möglichkeit muß eine Lyse oder Katheterdilatation unter Beachtung der Kontraindikationen diskutiert werden, diese einzige spezifische Therapie wird jedoch insgesamt relativ selten und kaum bei älteren Betroffenen durchgeführt [24]. Version: 1.0 Seite: 26 von 39 Für die weitere Prognose ist die Behandlung von Komplikationen zweifellos mitentscheidend, diesen muß einerseits so gut wie möglich vorgebeugt werden, andererseits müssen entsprechende Warnzeichen erkannt werden. Beispielhaft seien an dieser Stelle Aspiration, epileptische Symptomatik und Pneumonie in der Frühphase, Venenthrombose und Lungenarterienembolie im weiteren Verlauf und Stürze nach der Mobilisation genannt. Eine zusätzliche sehr häufige Komplikation ist die Depression [24]. Die Phase der Immobilisierung muß so kurz wie möglich sein, die Integration rehabilitativer Elemente in die Therapie zeitnah erfolgen. Schädigung und Fähigkeitsstörung sind die primären Schwerpunkte des folgenden interdisziplinären therapeutischen Eingriffs [24]. Der schnellstmögliche Beginn mit der Rehabilitationsbehandlung nach der akuten, schwerstkranken Phase bringt einen entscheidenden positiven Effekt. Bei geriatrischen Patienten bietet sich hierbei eine Klinik mit geriatrischer frührehabilitativer Komplextherapie an. Die medizinisch geriatrische Kompetenz und das geriatrische multiprofessionelle Team bieten mit der einschlägigen Erfahrung und dem ganzheitlichen, umfassenden Versorgungskonzept das optimale Angebot zur weiteren Behandlung [24]. Dabei ist natürlich ein Augenmerk auf die Sekundärprävention zu richten, wobei die Antikoagualtion bzw. Thrombozytenaggregationshemmung unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung im Vordergrund steht. Auch die zerebrovaskulären Risikofaktoren werden mitbehandelt, wobei die Behandlung des Blutdruckes einen besonderen Stellenwert einnimmt. Die Indikation zu einer Karotis-Thrombendarterieektomie (TEA) ist von einem interdiziplinären Team zu stellen. Fazit Ein Schlaganfall muß als medizinischer Notfall betrachtet werden. Es gilt, diesen prompt zu erkennen, sofort an einem spezialisierten Zentrum (Stroke Unit) zu behandeln und anschließend Sekundärpräventionen einzuleiten [1]. Eine frühzeitige Rehabilitation spielt eine wesentliche Rolle. Eine Lanze für die moderne Arbeitsorganisation bricht die geriatrische Rehabilitation mit ihrer insitutionalisierten Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen. Dies ermöglicht einen ständigen Informationsaustausch, stete Diskussion des Erreichten und des weiter zu Erreichenden. Denn jede Kleinigkeit an funktionellem Zugewinn für den Patienten ergibt einen gewaltigen Sprung im Sinne seiner Selbständigkeit, Autonomie und Freiheit [24]. B Demenz Einleitung Der Begriff Demenz bezeichnet ein klinisches Syndrom und wird anhand internationaler Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-IV) diagnostiziert. Dabei sind Störungen des Gedächtnisses, sowohl des Kurz- als auch des Langzeitgedächtnisses, gefordert und entweder Störungen im abstrakten Denken, eingeschränkte Urteilsfähigkeit, Orientierungsstörungen, Veränderung der Persönlichkeit oder Störungen höherer kognitiver Funktionen. Diese Merkmale wiederum haben alltagsrelevante Konsequenzen. Die Störung muß seit mindestens sechs Monaten und nicht nur im Rahmen eines Delirs bestehen, abzugrenzen ist weiterhin eine Minderbegabung. Andere relevante zerebrale, extrazerebrale, substanzinduzierte und psychiatrische Erkrankungen müssen gewiß ausgeschlossen werden. Fakultativ sind assoziierte psychiatrische Symptome wie Verhaltensstörungen, Depression, Delir und psychotische Symptome. Es werden drei Schweregrade der Demenz unterschieden, von leicht über mittelschwer bis hin zur schweren Form. Alle epidemiologischen Studien zeigen einen exponentiellen Anstieg der Demenzerkrankung im Alter. Die Prävalenz betrachtend sind etwa 1,5% der 65- bis 69jährigen und über 20% der 85- bis 90jährigen betroffen [3]. Mit steigender Version: 1.0 Seite: 27 von 39 Lebenserwartung ist mit einer rasanten Zunahme von Demenzerkrankungen zu rechnen. Nicht zuletzt aufgrund der einhergehenden Pflegebedüftigkeit im fortgeschrittenen Stadium handelt es sich hierbei auch um ein sozialpolitisch hochbrisantes Thema. Ätiologie und Formen Eine Demenz kann begriffen werden als gemeinsame Endstrecke von Gehirnerkrankungen, die höhere integrative Leistungen des Gehirns zunehmend einschränken, aber gänzlich unterschiedliche Ursachen haben. Die Literatur unterscheidet mehr als 100 zu einer Demenz führende Erkrankungen. Ätiologisch unterscheidet man primär degenerative Demenzerkrankungen von vaskulären, infektiösen, metabolisch/toxischen und seltenen Formen. Die genauen Anteile schwanken deutlich je nach der untersuchten Population, eine Demenz vom Alzheimer-Typ wird zumindest der Hälfte der Betroffenen zugesprochen, es folgt mit etwa einem Viertel die vaskuläre Form [29]. Die Ursachen treten jedoch kombiniert auf, sodaß die gemischte degenerativ-vaskuläre Demenz im Alter regelhaft ist [25]. Einige Wissenschaftler sprechen sich allerdings gegen die Klassifizierung des dementiellen Syndroms in einzeln definierte Demenzen aus, da auf neuropathologischer Ebene, unabhängig von der klinischen Einteilung, immer sowohl typische neurodegenerative als auch vaskuläre zerebrale Schädigungen nachweisbar sind. Hinsichtlich der Prognose, Behandlung, aber auch der Begleitsymptomatik und der Einstellung von Risikofaktoren erscheint eine Beibehaltung der Einteilung in einzelne Demenzformen allerdings sinnvoll [28]. Zu den primär degenerativen Formen gehören u.a. die Demenz vom Alzheimer-Typ, die frontotemporale Demenz, die Lewy-Körper-Demenz und die Demenz bei Morbus Parkinson. Die Multiinfarktdemenz und der Morbus Binswanger gehören der Gruppe der vaskulären Demenzen an. Die AIDS-Enzephalopathie und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit führen infolge der Infektion zu dem Bild einer Demenz, auch die Multiple Sklerose kann zu kognitiven Defiziten führen. An metabolisch/toxischen Ursachen sind beispielhaft Schilddrüsenfunktionsstörungen, Vitaminmangel, Medikamentenintoxikationen, Elektrolytstörungen und Alkohol zu nennen. Selten können zerebrale Raumforderungen oder ein Normaldruckhydrozephalus Grund einer Demenz sein. Im letzteren Falle ist die Klinik durch die Trias kognitive Defizite, Gangstörung und Harninkontinenz gekennzeichnet. Insgesamt ist das Spektrum der Demenzerkrankung sehr umfangreich und kann hier nur skizziert werden, die häufigsten Formen sollen kurz charakterisiert werden. Die Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) ist die häufigste Demenzursache. Es handelt sich um eine primär degenerative Erkrankung, die langsam fortschreitend vor allem Nervenzellen des Parietal- und Temporallappens einschließlich des Hippokampus zerstört. Im Gegensatz zu anderen Formen der Demenz findet sich eine über lange Zeit intakte Fassade der ursprünglichen Persönlichkeit. Klinisch steht ein schleichender Beginn der Symptomatik mit initial episodischen Gedächtnis- und räumlichen Orientierungsstörungen im Vordergrund der kognitiven Defizite, die Progression ist gleichförmig. Das neuropathologische Bild ist neben der Reduktion von Neuronen und Synapsen gekennzeichnet durch kompakte extrazelluläre βAmyloidablagerungen, sog. senile Plaques, und intrazelluläre Fibrillenverklumpungen, sog. neurofibrilläre Tangles, die überwiegend aus dem Protein Tau bestehen. Außer kortikalen Neuronen sind auch frühzeitig die aszendierenden cholinergen, noradrenergen und serotonergen Systeme betroffen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist weder die Ätiologie noch die Pathogenese der Erkrankung endgültig geklärt, hereditäre Faktoren spielen sicher eine Rolle. Dabei sei auch die Korrelation mit verschiedenen Allelen des Apolipoproteins E (Apo-E4) erwähnt. Bei vaskulären Demenzformen handelt es sich pathophysiologisch um eine heterogene Gruppe kognitiver Beeinträchtigungen infolge von zumeist rezidivierenden oder multifokalen zerebralen Ischämien aufgrund von Durchblutungsstörungen. Mikroangiopathien sind durch subkortikale, meist diffus ausgedehnte Hirnveränderungen gekennzeichnet. Eine Version: 1.0 Seite: 28 von 39 Variante mit erheblicher Ausprägung multipler lakunärer Marklager- und Stammganglieninfarkte bezeichnet man als subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE, Morbus Binswanger). Die Betroffenen bieten neben kognitiven Defiziten Störungen des Antriebs, des Affektes und der Motorik. Die Multiinfarktdemenz wiederum ist ein Beispiel für eine Makroangiopathie, hier sind multiple, häufig kortikale Territorialinfarkte führend. Anamnestisch sind nicht selten vorangegangene teilkompensierte neurologische Ausfälle zu eruieren. Patienten mit einer vaskulären Demenzform bieten oftmals einen arteriellen Hypertonus. Bei der frontotemporalen Demenz (Morbus Pick) handelt es sich um eine progressiv-degenerative Erkrankung des Präseniums, die in 50% der Fälle familiär gehäuft auftritt. Es findet sich eine überwiegend frontale und temporal betonte Atrophie mit entsprechenden neuropsychologischen Ausfällen bei initial recht gut erhaltener Gedächtnisleistung. Das zentrale kognitive Problem stellen, je nach Prävalenz der Atrophie, entweder die sprachlich-semantischen Defizite oder der Verlust der Fähigkeit, sich in Dritte hineinzuversetzen und soziale Konsequenzen des eigenen Handelns zu bedenken dar. Dies führt in der Folge zu Persönlichkeitsveränderungen und Störungen der sozialen Beziehungen [23]. Die Lewy-Körper-Demenz ist eine Demenzform, die neuropathologisch zusätzlich zu Plaques und Tangles durch das Vorhandensein neokortikaler Einschlußkörper, sog. Lewykörper, charakterisiert ist. Das neuropsychologische Ausfallmuster ist frontobasal betont mit initial wenig ausgeprägter Gedächtnis- und Raum-Sinn-Störung. Eine Lewy-KörperDemenz ist wahrscheinlich, wenn eine fluktuierende Hirnleistung von einem ParkinsonSyndrom oder visuellen Halluzinationen begleitet wird und eine Sturzanamnese zu erheben ist. Diagnostik und Therapie Eine sichere Artdiagnose einer Demenz ist intra vitam oft nicht möglich. Doch sollte nach der Diagnosestellung „Demenz“ auch die Ätiologie klassifiziert werden, mit standardisierten Instrumenten ist dies weithin möglich. Eine eingehende persönliche wie auch Fremdanamnese ist unerlässlich. Dabei ist auf eine gezielte Untersuchung der kognitiven Funktionen Wert zu legen, hierbei sind standardisierte neuropsychologische Testverfahren zur Quantifizierung der kognitiven Einschränkungen hilfreich. Weiterhin ist eine ausführliche körperliche Untersuchung unter Einbeziehung eines neurologischen Status obligat. Es folgen Laboruntersuchungen, denn so kann nach reversiblen Elektrolytstörungen, Vitamin-B12 – oder Folsäuremangel, Nieren- oder Leberschäden und Infekten gefahndet werden. Die Medikamente müssen überprüft werden, so können sedierende und anticholinerg wirksame Präparate sowie Analgetika bereits in niedrigen Dosierungen zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Eine zerebrale Bildgebung gehört ebenfalls zu einer Demenzdiagnostik. Entscheidend ist die Differentialdiagnose Demenz versus Delir. Bei einem Delir handelt es sich um ein akutes, Stunden bis Tage dauerndes psychiatrisches Syndrom mit Desorientiertheit, Wahrnehmungstäuschungen und Unruhe oder Sedation [13], also um einen potentiell reversiblen Zustand. Persistieren nun delirauslösende Faktoren, ergibt sich das Bild einer Demenz. Dieses Bild ist reversibel, solange es nicht zu Hirnzellnekrosen gekommen ist. Bei richtiger Behandlung kann demnach bei diesen Patienten eine weitreichende Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit erzielt werden, daher kommt der Erkennung jener Subgruppe eine besondere Bedeutung zu. Zur Pharmakotherapie der Demenz sei zunächst anzumerken, dass es sich stets um einen symptomatischen Ansatz handelt, eine kausale Therapie ist zum heutigen Zeitpunkt nicht bekannt. Ziele der Behandlung schließen einen Stillstand bzw. eine Verlangsamung der Progression ein, unter besonderer Beachtung der funktionalen Ebene, gefordert wird ein möglichst langer Erhalt der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL). Ein weiterer Vorsatz ist der längstmögliche Verbleib in der vertrauten Umgebung. Gemäß den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften ist eine Version: 1.0 Seite: 29 von 39 dauerhafte medikamentöse Behandlung mit Acetylcholinesterase-Hemmstoffen (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin) evidenzbasierte Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Erkrankung, der NMDA-Rezeptoranatgonist Memantine hingegen ist evidenzbasierte Therapie der mittelschweren bis schweren Demenz vom Alzheimer-Typ. Nootropika sind in der Basistherapie der Alzheimer-Erkrankung obsolet. Auch bei der Lewy-Körper-Demenz sind Acetylcholinesterase-Hemmstoffe durchaus erfolgreich. Bei der frontotemporalen Demenz sind nur symptomatische Therapien in Form von Neuroleptika und Antidepressiva verfügbar. Rivastigmin wird evidenzbasiert bei der Demenz infolge einer Parkinson-Erkrankung ordiniert. Die Therapie der vaskulären Demenzen orientiert sich primär an der Behandlung der vaskulären Grundkrankheit und der vaskulären Risikofaktoren. Aufgrund der aktuellen Studien kann die Therapie mit Memantine, Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin bei leichten bis mittelschweren Formen gleichermaßen empfohlen werden, es handelt sich hierbei jedoch um eine off-labelBehandlung [23]. Darüber hinaus müssen selbstverständlich internistische und psychiatrische Erkrankungen begleitend therapiert werden. Überdies spielen auch nicht-pharmakologische Ansätze eine bedeutende Rolle. Fazit Der Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit stellt für den denkenden Menschen eine immense Bedrohung dar. Infolge der demographischen Entwicklung ist die Zahl der Demenzerkrankten enorm angestiegen, mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung ist weiterhin zu rechnen [25]. Da kausale Therapiemöglichkeiten den meisten Demenzformen bis zum heutigen Tag fehlen, kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu. Es ist belegt, dass sowohl körperliche als auch geistige Aktivitäten bei Personen ohne kognitive Einschränkungen das Risiko des Auftretens eines dementiellen Syndroms signifikant senken können. Außerdem sollten kardiobzw. zerebrovaskuläre Risikofaktoren, insbesondere der arterielle Hypertonus, konsequent vermieden bzw. behandelt werden [23]. Medikamentöse Therapien der Demenz erfolgen unter kritischer individueller Evaluation des Krankheitsverlaufes und werden von nichtmedikamentösen Behandlungsformen ergänzt. C Depression Einleitung Depressionserkrankungen und depressive Syndrome gehören nach den dementiellen zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Alter. Nach den internationalen Klassifikationssystemen (ICD-10, DSM-IV) werden die Depressionserkrankungen hinsichtlich ihrer Verlaufscharakteristika (episodisch oder chronisch), ihrer Schweregrad(leicht, mittel, schwer) und Merkmalscharakteristika (mit oder ohne psychotische und somatische Symptome, unipolar oder bipolar) sowie ihrer Auslösebedingungen eingeteilt. Diese Klassifikationssysteme vermeiden alle ätiologischen Gesichtspunkte, so ist der Begriff endogene Depression obsolet. Vielmehr werden Majordepressionen, Dysthymie, Anpassungstörungen, organisch-affektive Syndrome und seltene Formen unterschieden [2]. Für eine filigranere Differenzierung wird auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen. Im Sprachgebrauch ist auf eine korrekte Nomenklatur zu achten, so unterscheidet man Depressionssymptome von Depressionssyndromen und der Depressionserkrankung. Dabei sind die Symptome wie Traurigkeit und Schlafstörung Teil des Syndroms wie beispielsweise der reaktiven Depression. Die Erkrankung wie die Dysthymie ist wiederum international klassifiziert [26]. Die Häufigkeitsverteilung bei der Bevölkerungsgruppe der über 65jährigen zeigt 15% der in eigenen Haushalten lebenden und 40-55% der institutionalisierten Personen mässig depressiv, schwere Depressionserkrankungen finden sich bei 2-3% der im Version: 1.0 Seite: 30 von 39 Privathaushalt lebenden sowie 6-12% der vollstationär untergebrachten Betagten [13]. Eine deutlich höhere Dunkelziffer ist nicht auszuschließen. Ätiologie und Symptome Die Ätiopathogenese depressiver Krankeitsbilder ist noch nicht vollständig geklärt. Ein multikausales Bedingungsgefüge aus genetischen, neurochemischen und sozialen Faktoren wird angenommen [2]. Auf neuropathophysiologischer Ebene scheinen abnehmende Rezeptorsensibilitäten, vermehrte Monoaminooxidaseaktivitäten, gestörte Feedbackregulationen neuroendokriner Systeme und morphologisch-strukturelle Neurodegenerationen als Faktoren beteiligt zu sein [2]. Psychosoziale Umstände wie Trauer, Verlust und Isolation sind häufige Risikofaktoren. Auch andere Grunderkrankungen wie Morbus Parkinson, dementielle Syndrome und zerebrovaskuläre Erkrankungen können zur Entwicklung einer Depression führen. Dabei ist die Differentialdiagnose Demenz versus Depression oftmals eine Herausforderung. Depressive Bilder mit dramatischen Verhaltensund Leistungsveränderungen können fälschlicherweise als dementielle Erkrankung imponieren [3], auch können Depressionen Folge einer Demenz sein. Die Differentialdiagnose ist ohne Verlaufsbeurteilung oft schwer zu stellen [3]. Daneben gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Patienten, die gleichzeitig unter einer Depression und einer Demenz leiden [2]. Überdies haben neben weiteren Faktoren endokrine Erkrankungen, Alkoholabusus, Elektrolytstörungen, Anämien, Niereninsuffizienz, Morbus Parkinson und Malignome Einflüsse auf die Entstehung einer Depression. Auch das Nebenwirkungsprofil bestimmter Medikamente ist zu beachten, beispielhaft seien Digitalispräparate, β-Blocker, Neuroleptika und Steroide genannt [13]. Die klassischen Symptome der Depression bestehen aus einer anhaltend traurigen, gedrückten Stimmung, Interesse- und Freudlosigkeit sowie einer Antriebsstörung. Andere häufige Symptome sind verminderte Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisstörungen, Gewichtsveränderungen und Schlafstörungen. Die Patienten sind oftmals von Schuldgefühlen geplagt, Suizidalität ist keine Seltenheit. Gelegentlich entwickeln die Betroffenen Wahngedanken. Geriatrische Patienten bieten gleichwohl häufig nicht das Vollbild einer Depression, im Vordergrund stehen nicht selten Gereiztheit, Resignation, Misstrauen oder hypochondrische Symptome. Diagnostik und Therapie Die Anamneseerhebung bei dem Verdacht auf eine depressive Erkrankung ist mit äußerster Sensibilität zu führen, denn oftmals haben Patienten Mühe, sich ein depressives Leiden einzugestehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass viele ältere Patienten eher über somatische Beschwerden klagen als über affektive, daher empfiehlt es sich, gezielt nach diesen zu fragen [2]. Die ausführliche Eigenanamnese wird ergänzt durch eine Fremdanamnese, ein formelles Assessment und eine internistische und neurologische Abklärung, bei welcher nach potentiell reversiblen Ursachen gefahndet werden muß. Weiterhin gilt es, ein präsuizidales Syndrom zu erkennen und jederzeit anzusprechen. Die Betroffenen fühlen sich dadurch zumeist entlastet und verstanden. Die Suizidraten steigen mit zunehmendem Alter an [3]. Depressionen sind also potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen, die aggressiv behandelt werden müssen. Therapeutisch bedient man sich eines multimodalen Ansatzes, dieser umfasst die drei Säulen der psychiatrischen Behandlung: Sozio-, Psycho- und Somatotherapie. Empfehlenswerte Antidepressiva in der Geriatrie sind Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, „SSRI“ wie zum Beispiel Citalopram oder Fluoxetin und noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva, „NaSSA“ wie Mirtazapin. Dabei sind mögliche pharmakodynamische und – kinetische Interaktionen bei Polypharmakotherapie, langsames Einschleichen jedoch adäquates Aufdosieren der Medikation und längere Latenzzeiten bis zum Wirkungseintritt zu beachten. Auf die Ordination von Trizyklika sollte aufgrund der anticholinergen Version: 1.0 Seite: 31 von 39 Nebenwirkungen und der drohenden orthostatischen Hypotonie mit konsekutiver Sturz- und Frakturgefahr verzichtet werden. Fazit Aufgrund der steigenden Lebenserwartung nehmen auch Symptome und Syndrome der Psychopathologie des Alterns zu. Dies gilt insbesondere für die Vielschichtigkeit und Intensität des Krankheitsbildes Depression [3]. Im Senium besteht die Gefahr, daß diese Erkrankungen wegen ihrer scheinbaren „Flachheit“ in ihrem eigentlichen Schweregrad verkannt werden und stattdessen als körperliche Erkrankung bzw. Multimorbidität fehlinterpretiert werden [1]. So kommt es zu einer bedauerlichen deutlichen Untertherapie der Depression im Alter. In der Berliner Altersstudie erhielten lediglich 6-8% der Patienten mit einer Depression eine entsprechende medikamentöse Therapie [27]. Es gilt, den therapeutischen Nihilismus der im allgemeinen medikamentös gut zugänglichen Erkrankung zu vermeiden, auch wenn die Behandlung eines mulimorbiden älteren depressiven Patienten ein hohes Maß an Geduld und Kompetenz erfordert [2]. D Morbus Parkinson Einleitung Der Begriff „Parkinson-Syndrom“ beschreibt ein Syndrom unterschiedlicher Erkrankungen mit ähnlichem klinischem Erscheinungsbild. Dabei gehört das folgend erläuterte idiopathische Parkinson-Syndrom (Morbus Parkinson) zu den degenerativen Erkrankungen des extrapyramidalmotorischen Systems und ist in 80-90% der Fälle die häufigste Ursache für ein Parkinson-Syndrom. Es handelt sich um ein chronisch-progredientes hypokinetischhypertones Syndrom mit den Symptomen Tremor, Rigor, Akinese sowie posturaler Instabilität und wird von vegetativen Störungen begleitet. Je nach Ausprägung der Kardinalsymptome unterscheidet man einen akinetisch-rigiden Typ, bei dem der Tremor nur gering ausgeprägt ist oder gar fehlt, von einem Tremordominanztyp, bei dem der Tremor im Vordergrund der Klinik steht. Fernerhin kennt man einen Äquivalenztyp mit gleichmäßigem Ausprägungsgrad der Kardinalsymptome [26]. Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist mit einer Prävalenz von etwa einem Prozent der über 65jährigen die häufigste neurologische Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters [13]. Mit Veränderung der Altersstruktur ist auch bei dieser Erkrankung zukünftig mit steigenden Zahlen zu rechnen [23]. Ätiologie und Symptome Das idiopathische Parkinson-Syndrom geht mit einer Reduktion des dopaminergen Inputs von der Substantia nigra in das Striatum infolge einer Reduktion der melaninhaltigen Neurone der Substantia nigra einher. Die Ursache für diese spezifische Neurodegeneration bleibt bislang unklar. Eine zytotoxische Wirkung von Radikalen aus dem Dopaminstoffwechsel mit Störung des mitochondrialen Energiestoffwechsels wird als Ursache postuliert [13]. In der Folge führt der Dopaminmangel aufgrund eines Transmitterungleichgewichtes mit Überwiegen cholinerger und GABAerger Aktivität zu einer gestörten neuronalen Übermittlung der Basalganglien-thalamokortikalen Verbindungen mit Inhibition der Willkürmotorik. Die klinische Manifestation besteht erst dann, wenn mehr als die Hälfte der dopaminergen nigralen Neurone untergegangen sind [1]. Weitere neuropathologische Veränderungen sind Zellverluste in den noradrenergen und serotonergen Neuronen. Histopathologisch lassen sich post mortem Lewy-Körper, eosinophile Einschlußkörper, als Zeichen der Degeneration in den Neuronen nachweisen. Bei einem Teil der Betroffenen ist eine erbliche Komponente gesichert [23]. Klinisch ist der Parkinsonpatient durch die Kardinalsymptome Akinese, Tremor, Rigor und posturale Instabilität gezeichnet. Die Bewegungsabläufe wirken insgesamt auffällig Version: 1.0 Seite: 32 von 39 gebunden. Die Patienten bieten häufig ein kleinschrittiges, schlurfendes Gangbild mit Startschwierigkeiten, Vielschrittigkeit beim Drehen und Haltungsstörungen mit Flexion in Hüfte und Knie mit Propulsions- und Retropulsionstendenz. Dadurch ergibt sich eine deutliche Sturzgefahr. Vegetative Begleitsymptome wie orthostatische Hypotonie, Hypersalivation, gastrointestinale Beschwerden infolge der verzögerten Magen- und Darmpassage, Atemstörungen, Seborrhoe und Temperaturdysregulationen sind übliche Nebenbefunde. Nicht selten sind die Patienten von Schluck- und Kaustörungen sowie Sprachstörungen betroffen. Ferner sind Schlafstörungen und Schmerzen beim idiopathischen Parkinsonsyndrom sehr häufig. Mindestens 40% der Parkinsonpatienten leiden zumindest phasenweise im Verlauf ihrer Erkrankung unter Depressionen und Ängsten. Dementielle Syndrome wiederum werden bei etwa einem Viertel der betroffenen Patienten beobachtet [1]. Dabei ist zu beachten, dass der Morbus Parkinson koinzidentiell oder durch Fortschreiten der parkinsonspezifischen Neurodegeneration mit einem dementiellen Syndrom einhergehen kann. Nicht wenige Betroffene entwickeln im Verlauf der Erkrankung produktiv psychotische Symptome, welche in der Regel Begleiterscheinungen der Langzeitmedikation mit L-Dopa und Dopaminagonisten sind [1]. Diagnostik und Therapie Die Diagnose der Parkinson-Krankheit wird klinisch gestellt, weder laborchemische noch üblich zugängige bildgebende Verfahren können die Diagnose eines Morbus Parkinson beweisen. Hinweise können funktionelle nuklearmedizinische Verfahren wie PET und SPECT liefern. Die Diagnostik umfasst die ausführliche Eigen- und Fremdanamnese und die körperliche Untersuchung unter besonderer Beachtung des neurologischen Status. Mindestens einmal sollte eine zerebrale Bildgebung (CT oder MRT) im Rahmen der Basisdiagnostik erfolgen [23], hier können strukturelle Ursachen für ein Parkinson-Syndrom erkannt werden. Ein Parkinson-Syndrom wird diagnostiziert, wenn eine Akinese vorliegt und von entweder einem muskulären Rigor, einem Ruhetremor von 4-6 Hz oder einer posturalen Instabilität begeleitet wird [23]. Ausszuschließen sind weitere Ursachen für das Vorliegen eines Parkinson-Syndroms, so ist nach weiteren neurodegenerativen Erkrankungen, die das Bild eines Morbus Parkinson vortäuschen, zu fahnden, weiterhin gilt es, symptomatische Parkinson-Syndrome zu erkennen. Hier sei auf unerwünschte Nebenwirkungen von Neuroleptika, Antiemetika und Kalziumantagonisten hingewiesen, aber auch metabolische Ursachen aufgrund von Stoffwechselerkrankungen (Morbus Wilson) sind als Ursache beschrieben. Neurodegenerative Erkrankungen wie die Chorea Huntington, die Multisystematrophie, die Lewy-Körper-Demenz und die Demenz vom Alzheimer-Typ können wie ein Parkinson-Syndrom imponieren. Auch die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (Morbus Binswanger) und der Normaldruckhydrozephalus können ein Parkinson-Syndrom imitieren. Ein einseitiger Beginn und/oder eine persistierende Asymmetrie im Krankheitsverlauf sowie ein eindeutig positives Ansprechen auf L-Dopa bekräftigen die Diagnose des Morbus Parkinson. Eine klinische Stadieneinteilung erfolgt mithilfe internationaler Klassifikationssysteme. Eine medikamentöse Therapie ist dann zu beginnen, wenn der Patient in seinen täglichen Aktivitäten subjektiv oder objektiv beeinträchtigt ist [3]. Evidenzbasiert erfolgt die medikamentöse Therapie bei Parkinsonpatienten unter 70 Jahren ohne wesentliche Komorbidität mit einem Dopamin-Agonisten. Bei unzureichender Wirkung einer Monotherapie wird zur weitergeführten Agonistentherapie eine Kombinationstherapie mit LDopa eingeleitet. Patienten über 70 Jahre oder multimorbide Patienten werden solange als möglich mit L-Dopa monotherapiert [23]. Die Medikation mit L-Dopa erfolgt natürlich immer in Kombination mit einem peripheren Decarboxylasehemmer. Zur medikamentösen Beherrschung von Wirkungseinschränkungen, Wirkungsfluktuationen, Komplikationen und Begleiterkrankungen verweisen wir auf die entsprechende Fachliteratur. Die Progression der Version: 1.0 Seite: 33 von 39 Erkrankung kann durch die medikamentöse Therapie wohl nicht aufgehalten werden, eine gut gelungene Medikamenteneinstellung bewirkt jedoch über Jahre eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität [1]. Die pharmakologische Therapie sollte von physio- und ergotherapeutischen sowie neuropsychologischen Maßnahmen wie auch psychosozialer Unterstützung begleitet werden. Fazit Die sukzessiv abnehmende Selbständigkeit des Parkinsonpatienten stellt eine große interdisziplinäre Herausforderung dar. Für die individuelle Behandlungsstrategie ist nicht nur eines der Symptome entscheidend, sondern ihre Summe, die die Lebensqualität des betroffenen Patienten und seines Umfeldes bestimmt [26]. Dabei ist zu beachten, dass bei älteren Parkinsonpatienten insgesamt mit einem schlechteren Ansprechen auf die Medikation zu rechnen ist, außerdem sind der Therapie Grenzen gesetzt, da bei den Betagten ein hohes Risiko besteht, unter der Antiparkinson-Medikation psychotische Begleitsymptome zu entwickeln. Aus diesem Grund erfordert die Therapie der an Morbus Parkinson erkrankten geriatrischen Patienten ein hohes Maß an Kompetenz. 7. Ophthalmologische Erkrankungen Einleitung Das menschliche Auge gilt als Indikator des körperlichen Alterns und des Gesundheitszustandes eines Individuums. Kein anderes Organ des Körpers vereint eine derart vergleichbare Vielfalt unterschiedlich differenzierten Gewebes auf engstem Raum. Dabei eröffnet das Auge leicht zugängliche Betrachtungs- und Untersuchungsmöglichkeiten von repräsentativen Geweben des menschlichen Körpers [1]. Physiologische Alterungsprozesse Unabhängig von Erkrankungen beeinträchtigt allein der physiologische Alterungsprozeß das Sehen per se. Hierbei sei das Nachlassen der Akkomodation infolge des Verlustes der Eigenelastizität der Augenlinse, also die Entwicklung einer Presbyopie, erwähnt. Dieser Prozeß beginnt bereits mit 45 Jahren und ist mit 55 bis 60 Jahren abgeschlossen. Parallel dazu steigt die Blendungsempfindlichkeit, während die Dämmerungssehschärfe abnimmt. Die Ursachen sind in Trübungen der brechenden Medien, insbesondere der Linse, zu suchen. Bezüglich der Tränenfilmmenge ist von einer Reduktion, bezüglich der Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit von einer Abnahme der antimikrobiellen Bestandteile zu berichten [4,5], was ist als Folge von Alterungsprozessen des Drüsenparenchyms zu erklären ist [6]. Infolge von Strukturverdichtungen des Glaskörpers werden sich synchron zur Blickexkursion bewegende Verdichtungen, sog. „Mouches volantes“ (fliegende Mücken) wahrgenommen [1]. Überdies entwickelt sich infolge einer Dehiszenz oder Desinsertion der Aponeurose und des Lidhebers die Altersptosis, das Hängen des Oberlides, welches zu Gesichtsfeldeinschränkungen führen kann. Spezifische Erkrankungen Zu den wichtigsten Erkrankungen, die im Alter zu einer Sehminderung bis hin zur Erblindung führen, gehören: die Katarakt, das Glaukom, Gefäßerkrankungen der Netzhaut und des Sehnerven sowie die altersbedingte Makuladegeneration. Letztere gilt als Hauptursache für den schweren zentralen Sehverlust jenseits des 50. Lebensjahres, dabei ist die Ätiologie multifaktoriell, man kennt eine exsudative sowie eine nicht-exsudative Form in verschiedenen Stadien. Auch die Gefäßerkrankungen der Netzhaut und des Sehnervs gehören zu den typischen Alterserkrankungen des Auges, es werden sowohl arterielle als auch venöse Version: 1.0 Seite: 34 von 39 Verschlüsse beschrieben. Arteriosklerotische Gefäßveränderungen der Netzhautgefäße, wie der sog. Fundus hypertonicus, liefern Hinweise auf derartige Modifikationen in anderen Organen. Als Komplikation eines Diabetes mellitus entwickeln Patienten eine diabetische Retinopathie, dabei kommt es infolge des Insulinmangels zu einer Mikroangiopathie mit konsekutiver Ausbildung von Mikroaneurysmen und umschriebenen Ischämien. Die dritthäufigste Erblindungsursache in der westlichen Welt stellt das Glaukom dar. Hier führt ein Zusammenspiel aus Augeninnendruck, Sehnervendurchblutung und Blutdruck zu einer Atrophie von Sehnervenfasern mit resultierender Gesichtsfeldeinschränkung. Verschiedene Glaukomformen sind beschrieben. Die Katarakt, eine im Alter zunehmende Linsentrübung, wird zusätzlich begünstigt durch Risikofaktoren wir Stoffwechselerkrankungen, Entzündungen oder Traumen. Bei merklicher Einschränkung der Lebensqualität besteht die Indikation zur Implantation einer Intraokularlinse, die sog. Katarakt-Operation. Dabei handelt es sich um den häufigsten in den wohlhabenden Ländern vorgenommenen chirurgischen Eingriff [3]. Weitere mit dem Alter auftretende Pathologien betreffen auch den Glaskörper. So nimmt das Volumen des gelartigen Anteils im Laufe des Lebens ab. Konsekutiv versursacht dieser Volumenverlust eine hintere Glaskörperabhebung, die zu einer Netzhautablösung führen kann. Weiterhin kann es zu unphysiologischen Glaskörpertrübungen infolge Einlagerung von Kalkseifen, oftmals assoziiert mit Diabetes mellitus oder Hypercholesterinämie, oder Glaskörpereinblutungen unterschiedlicher Genese kommen. Häufig sieht man bei älteren Patienten spontan oder nach minimalen Gewebsbelastungen flächige subkonjunktivale Blutungen, ein sog. Hyposphagma, welches sich spontan resorbiert. Dies tritt oftmals bei oral antikoagulierten Patienten auf, dennoch sollte ein arterieller Hypertonus ausgeschlossen werden. Der Arcus lipoides, eine durch Lipideinlagerungen in der Peripherie des Hornhautstromas scharf begrenzte Zone, ist eine der häufigsten Altersveränderungen der Hornhaut und kann bei Manifestation im mittleren Lebensalter ein Hinweis auf Lipidstoffwechselstörungen sein. Im Rahmen eines inkompletten, mitunter fehlenden Lidschlages, beispielsweise infolge einer Fazialisparese nach apoplektischem Insult, kann es durch den fehlenden protektiven Mechanismus zu Hornhautulzera mit konsekutiv schweren, bis zur Perforation des Auges führenden Komplikationen kommen [1]. Auch neuroophthalmologische Bilder spielen in der Geriatrie eine bedeutende Rolle, hier seien die Amaurosis fugax, eine kurzfristige hochgradige Sehherabsetzung als Folge einer Perfusionsstörung von Sehnerv oder Netzhaut, die akute Hemianopsie aufgrund eines Infarktes der hinteren Zerebralarterien oder der Basiliararterie sowie akute Doppelbilder infolge zerebraler Ischämien, Schwellungen, Blutungen oder Neuropathien der Hirnnerven genannt [3]. Fazit Viele der genannten Erkrankungen bedürfen einer frühzeitigen Erfassung sowie Prävention weiterer Schädigung. Wirksame Behandlungsverfahren zur Vermeidung einer Erblindung sind für die einzelnen Krankheitsbilder bekannt. Sollte es dennoch zu nicht mehr beeinflussbaren, bleibenden Seheinschränkungen kommen, stehen eine Vielzahl von Hilfsmitteln zur Verfügung. Diese umfassen vergrößernde Sehhilfen, Lupen, Bildschirmsysteme und akustisch unterstützende Maßnahmen. Solange es der kognitive Status des Patienten erlaubt, müssen diese Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Zielsetzungen dabei sind die Minimierung der Sturzgefahr sowie die längstmögliche Unabhängigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Die ganzheitliche Sicht und Behandlung in der Geriatrie erfordert somit auch die Einbindung ophthalmologischer Gesichtspunkte, denn der Erhalt des Sehvermögens ist entscheidend für die Kommunikationsfähigkeit des Menschen [2]. Version: 1.0 Seite: 35 von 39 8. Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen Einleitung Bei der Betreuung älterer Menschen muß auch den Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen grundlegende Beachtung altersspezifischer Besonderheiten gegeben werden. Dabei spielen neben Tumoren und Infektionen besonders Erkrankungen des Hör- und Gleichgewichtsorganes mit weitreichenden Folgen eine bedeutende Rolle [1]. Diese Krankheiten können wiederum partiell an der Entstehung geriatrischer Syndrome wie Immobilität und Instabilitiät mit konsekutiver Sturzgefahr beteiligt sein. Schwindel und Gleichgewichtsstörungen Von wichtiger Bedeutung ist die nachlassende Funktion des Gleichgewichtssinnes im Alter. Durch degenerative Veränderungen des peripheren und zentralen vestibulären Systems und der propriozeptiven und visuellen Regelkreise kommt es zu Schwindel mit konsekutiver Unsicherheit und Fallneigung. Außerdem werden Dekonditionierungsprozesse aufgrund zunehmender Immobilität einhergehend mit einer Abnahme der Muskelmasse mit für die Entwicklung von Schwindel verantwortlich gemacht. Schwindel ist das am häufigsten beklagte Symptom bei über 75jährigen Personen. Neben der physiologisch nachlassenden Funktion des Gleichgewichtssinnes gibt es mannigfaltige Ursachen für Schwindel. Einer der häufigsten Auslöser ist der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel [7]. Die Schwindelepisode dauert bis zu 30 Sekunden und tritt bei Lageveränderungen auf [8]. Ursächlich dafür scheint abgelöstes Otolithenmaterial im Bogengangslumen zu sein, welches bei Änderung der Körperposition eine überproportionale Endolymphströmung bewirkt. Unterstützend bei dieser sich auch meist nach einigen Wochen selbstlimitierenden Symptomatik wirken sog. Befreiungsmanöver. Zerebrovaskuläre Ursachen für Schwindel sind vielfältig, dabei seien stellvertretend die TIA, die Karotisstenose sowie zerebrale Ischämien genannt. Weiterhin sind der akute einseitige Vestibularisausfall, meist als Folge eines entzündlichen Geschehens sowie der Morbus Menière mit Endolymphhydrops aufgrund gestörter Elektrolytzusammensetzung schwindelauslösend, außerdem kennt man neurologische Ursachen wie den apoplektischen Insult und den Morbus Parkinson, metabolische Gründe wie Hypo- und Hyperglykämien sowie Hyperventilation, kardiale Auslöser wie Herzrhythmusstörungen und zervikal bedingten Schwindel. Psychiatrische Erkrankungen wie somatisierte Depressionen und Angstneurosen sind zudem bekannt. Insbesondere muß auf unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten hingewiesen werden, hier seien Tranquilizer, Antihypertensiva, Antikonvulsiva und Aminoglykosid-Antibiotika stellvertretend genannt. Findet sich trotz gründlicher Abklärung keine klare Ursache für die Schwindelsymptomatik, spricht man von Presbyvertigo, Altersschwindel. Dabei handelt es sich um einen multifaktoriell bedingten Schwindel, der durch Verschlechterung des Visus, verminderte Tiefensensibilität und Veränderungen des Vestibularorgans bedingt ist [3]. Synkopen Als Synkope bezeichnet man einen plötzlichen, Sekunden bis Minuten dauernden und spontan reversiblen Bewusstseins- und Tonusverlust infolge einer zerebralen Minderperfusion, der nicht traumatisch oder durch Anfälle verursacht ist [3]. Synkopen kommen im Vergleich zum Symptom Schwindel seltener vor. Bei über 65jährigen treten Synkopen mit einer jährlichen Häufigkeit von 6% auf [3]. Erstmalig aufgetretene Synkopen bei Älteren sind stets ernst zu nehmende Ereignisse und bedürfen interdisziplinärer Diagnostik. Differentialdiagnostisch kommen autonom-nerval vermittelte Synkopen wie z.B. vasovagale Synkopen oder viszerale Reflexsynkopen bei Husten und Defäkation sowie Synkopen infolge orthostatischer Hypotonie bei Volumenmangel oder autonomer Neuropathie in Betracht. Überdies werden Version: 1.0 Seite: 36 von 39 zerebrovaskuläre Synkopen bei einem Schlaganfall beobachtet. Seltener bei Senioren sieht man kardiogen verursachte Synkopen infolge von Herzrhythmusstörungen oder mechanischer Obstruktion bei Klappenvitien. Auch hier muß bei der Diagnostik ein besonderes Augenmerk auf möglicherweise auslösende Medikamente gelegt werden, Diuretika, Antihypertensiva und Antiarrhythmika bzw. auch deren Kombination sind zu beachten [3]. Krampfanfälle müssen von Synkopen abgegrenzt werden. Schwerhörigkeit Die Schwerhörigkeit des Alters, die sog. Presbyakusis, ist die altersentsprechende Minderung der auditorischen Leistung, ursächlich hierfür wirken wahrscheinlich verschiedene Faktoren zusammen: Mangeldurchblutung des Innenohres, gelegentliche Lärmbelastung, ototoxische Medikamente und Stoffwechselerkrankungen. Mit fortschreitendem Lebensalter ist auch die Sprachverständlichkeit zunehmend erschwert. Epidemiologische Studien schätzen, dass zwischen 25% und 40% der über 65jährigen eine Hörstörung aufweist. Bei über 90jährigen liegt der Anteil bei etwa 90% [9]. Aufgrund der zunehmenden Lärmbelastung muß von einer Zunahme der altersbegleitenden Schwerhörigkeit besonders im Hochtonbereich bei immer jüngeren Menschen ausgegangen werden, ein Problem, dem auch aus gesundheitspolitischer Sicht eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt. Durch den Verlust der Hörwahrnehmung ist der Mensch in der Kommunikation mit seiner Umwelt beeinträchtigt, hier seien Warngeräusche erwähnt, welche Wahrnehmungen außerhalb des optischen Feldes vermitteln. Unversorgte Schwerhörigkeit kann zudem zu vermehrter Desorientierung und Unaufmerksamkeit führen. In der Folge des sich entwickelnden eingeschränkten Dialogs mit der Umwelt kommt es oftmals zum Rückzug des Betroffenen aus der Gesellschaft. Hörgeräte können bei vielen Patienten die Hörfähigkeit verbessern, werden jedoch zumeist verspätet eingesetzt und sind für geriatrische Patienten in der Handhabung häufig schwierig. Daher sollte sich die Versorgung in erster Linie an den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Patienten orientieren [1]. Fazit Auch bei der Reflexion der Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen des alternden Menschen spiegelt sich die allumfassende Betrachtung mit der multiprofessionellen Herangehensweise in der Geriatrie wider. Schwindel ist ein differentialdiagnostisches Chamäleon. Bei den betroffenen Patienten kann es zur Verschlechterung der Mobilität mit zunehmenden Einbußen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und Zunahme der Sturzgefahr führen. Dabei kann der Schwindel sowohl Ursache als auch Folge des Mobilitätsverlustes sein. Rehabilitative Maßnahmen wie Bewegungs- und Lagerungstherapie nehmen neben entsprechender Hilfsmittelverordnung zur Verbesserung der Gangsicherheit und Reduktion der Sturzgefahr einen sehr wichtigen Platz ein. Synkopen bedürfen aufgrund ihrer potentiell vital bedrohlichen Komplikationen einer umgehenden Abklärung. Bei über 50% der Patienten führen Anamnese, körperliche Untersuchung und Ruhe-EKG als Basisdiagnostik zur Klärung der Genese. Die Therapie richtet sich jeweils nach der zugrundeliegenden Ursache. Ältere Menschen mit Presbyakusis erfahren einen deutlichen Verlust der Lebensqualität. Hier gilt es, individuelle Bewältigungsstrategien zu finden. 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