Wettbewerb Prof. Dr. Susanne Soretz SS 2010 Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald Worum wird es gehen? ➤ Arbeitsteilung macht Koordinationsmechanismus unverzichtbar ➩ Märkte erfüllen diese Funktion am besten ➤ bei vollkommenem Wettbewerb sind Marktergebnisse Pareto-optimal ➤ Marktversagen führt zu Fehlallokationen ➤ Unternehmen mit Marktmacht (Monopole, Oligopole) verhalten sich anders als Mengenanpasser, in der Regel geringeres Angebot zu höheren Preisen, dadurch wird die Informationsfunktion der Preise gestört, es entstehen Wohlfahrtsverluste ➤ Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung: Regulierung soll Marktmacht reduzieren bzw. Marktergebnisse korrigieren 1 Gliederung 1. Einführung und Überblick: Warum Wettbewerb? 2. Das allgemeine Gleichgewicht und das 1. Wohlfahrtstheorem Das Pareto–Optimum — Das Wettbewerbsgleichgewicht — Gerechtigkeit und Wohlfahrt 3. Marktgleichgewichte bei unvollkommener Konkurrenz 4. Das Monopol Monopolistische Preissetzung: Partialanalyse — Monopolmacht im allg. Gleichgewicht — Das natürliche Monopol 5. Regulierung Grenzkostenpreisbildung — Ramsey-Preise — Tarifgestaltung — Subvention — Ausschreibung eines natürlichen Monopols 6. Das Monopson und das bilaterale Monopol 7. Das Oligopol Mengenwettbewerb nach Cournot — Wettbewerbsbeschränkung: Kooperation Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Preiswettbewerb Wettbewerb nach Bertrand — 2 Literatur Bester, H. (2004), Industrieökonomie, Springer. Binger, B. R., Hoffman, E. (1998) Microeconomics with Calculus, Addison Wesley. Borrmann, J., FinsingerJ. (1999) Markt und Regulierung, Vahlen. Henderson, J. M., Quandt, R. E. (1983) Mikroökonomische Theorie, Vahlen. Knieps, G. (2005): Wettbewerbsökonomie, Springer. Linde, R. (19), Mikroökonomie, Kohlhammer Verlag. Mas-Colell, A., Whinston, M. D. (1995), Microeconomic Theory, Oxford University Press. Pindyck, R. S., Rubinfeld, D. L. (2005) Mikroökonomie, Pearson Studium. Schumann, J., Meyer, U., Ströbele, W. (2007) Grundzüge der mikroök. Theorie, Springer. Wied-Nebbeling, S., (1997) Markt- und Preistheorie, Springer. Wiese, H., (2002) Mikroökonomik, Springer. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 3 Organisatorisches Folien im Internet unter www.uni-greifswald.de/soretz/lehre/ Sprechstunden Mittwoch Vormittag nach Vereinbarung, bitte per email anmelden: [email protected] Scheinklausur am Semesterende: Termin wird noch bekannt gegeben Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 4 1 Einführung und Überblick: Warum Wettbewerb? Quelle: Wiese (Kapitel M) oder Henderson/Quandt (Kapitel 9) ➤ Wettbewerb sichert Effizienz: das Marktergebis ist pareto-optimal ➤ Preise komprimieren alle Informationen über die Knappheit der verschiedenen Güter ➤ Wettbewerb ist damit allen anderen Allokationsverfahren überlegen Soziale Wohlfahrt aus der Herstellung eines Gutes: P X ➩ Soziale Wohlfahrt ist maximal, wenn Grenznutzen = Grenzkosten. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 5 Koordination durch einen Wettbewerbsmarkt: P X ➤ Konsumenten weiten die Nachfrage so lange aus, bis Preis = Grenznutzen ➤ Produzenten weiten das Angebot so lange aus, bis Preis = Grenzkosten ➤ Marktgleichgewicht (Angebot = Nachfrage) bringt Grenznutzen und Grenzkosten in Übereinstimmung ➤ Das Gleichgewicht auf einem Wettbewerbsmarkt maximiert die soziale Wohlfahrt! Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 6 Warum Wettbewerb? Der Fall vieler Güter und Produktionsfaktoren ➤ Es müssen nicht nur Nutzen und Kosten aus der Herstellung eines Gutes gegeneinander abgewogen werden, sondern auch die Produktionsmengen verschiedener Güter sowie die Aufteilung der Produktionsfaktoren auf die Sektoren. ➤ Besonders in einem solchen komplexen Umfeld sind Wettbewerbsmärkte allen anderen Allokationsverfahren überlegen. ➤ Sowohl Grenznutzen als auch Grenzkosten eines Gutes bzw. eines Produktionsfaktors hängen auch von der Verfügbarkeit anderer Güter bzw. Produktionsfaktoren ab. ➤ Beispiel: Der Nutzen von Skistiefeln ist größer, wenn mehr Skiurlaube gemacht werden. Der Grenznutzen P steigt bzw. die Nachfrage verschiebt sich nach oben. Die optimale Skistiefelmenge steigt. ➤ Beispiel: Die Herstellungskosten von Textilien steigen, wenn weniger Arbeitskräfte vorhanden sind. Die Grenzkosten steigen bzw. das Angebot verschiebt sich nach oben. Die optimale Menge Textilien sinkt. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb X 7 2 Das allgemeine Gleichgewicht und das erste Wohlfahrtstheorem Quelle: Wiese (Kapitel M) oder Henderson/Quandt (Kapitel 9) Ziel: Herleitung des 1. Wohlfahrtstheorems: „Jedes Marktgleichgewicht ist Pareto-optimal“ Vereinfachende Annahmen: Das 2x2x2-Modell ➤ es gibt zwei Individuen: a und b ➤ es gibt zwei Güter, Gut 1 und Gut 2 ➤ es gibt zwei Produktionsfaktoren: Arbeit L und Kapital K ➤ jeder Sektor produziert mit beiden Produktionsfaktoren gemäß X 1 = X 1(L1, K 1 ) bzw. X 2 = X 2(L2, K 2) (1) ➤ beide Produktionsfunktionen sind linear homogen (konstante Skalenerträge). ➤ die Produktionsfaktoren sind substituierbar, wobei die Grenzrate der technischen Substitution abnimmt (konvexe Isoquanten) ➤ Sektor 1 produziert kapitalintensiver als Sektor 2 Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 8 2.1 Das Pareto–Optimum Die Pareto–optimale Organisation des volkswirtschaftlichen Prozesses ist durch folgende Merkmale gekennzeichet: ➤ Effiziente Produktion: (Verteilung der Produktionsfaktoren auf die Sektoren) Die Produktionsfaktoren sind so auf die Sektoren verteilt, dass in keinem Sektor die Produktionsmenge erhöht werden kann, ohne in einem anderen Sektor die Produktionsmenge zu senken. ➤ Effizienter Verbrauch: (Verteilung der Güter auf die Haushalte) Die Güter sind so auf die Haushalte verteilt, dass kein Haushalt besser gestellt werden kann, ohne einen anderen Haushalt schlechter zu stellen. ➤ Effiziente Abstimmung von Produktion und Verbrauch: (Produktionsmengen der Güter) Die Produktionsstruktur ist so an die Bedürfnisse angepasst, dass durch eine Änderung der Produktionsmengen kein Haushalt mehr besser gestellt werden kann. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 9 Effiziente Produktion Isoquanten: K K L K (a) Sektor 1 L (b) Sektor 2 L Die Produktionsbedingungen legen die Form der Isoquanten fest: ➤ Je besser die Faktoren substituierbar sind, um so weniger gekrümmt sind die Isoquanten. ➤ Je kapitalintensiver die Produktion, um so flacher verlaufen die Isoquanten Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 10 Die Edgeworth–Box der Produktion: K1 L2 K 2 L1 ➤ Die Produktionsfaktoren sind effizient auf die Sektoren aufgeteilt, wenn die Grenzraten der technischen Substitution übereinstimmen. dK 1 dK 2 ➩ GRT S = GRT S das heißt = 2 dL1 dL 1 2 ➤ Die Kontraktkurve verläuft oberhalb der Diagonalen, da Sektor 1 kapitalintensiver ist. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 11 Die effiziente Produktion: ein Zahlenbeispiel So lange die Grenzraten der technischen Substitution verschieden sind, ist es möglich, in einem Sektor mehr zu produzieren, ohne in dem anderen Sektor weniger zu produzieren. Ausgangspunkt: Sowohl Arbeit als auch Kapital werden voll beschäftigt. Die GRT S1 beträgt dK 1 /dL1 = 5, die GRT S2 beträgt dK 2 /dL2 = 10. ➤ Erhöht man den Arbeitseinsatz in Sektor 2 um eine Einheit, kann man zehn Einheiten Kapital einsparen. ➤ Wenn man diese zehn Einheiten Kapital in Sektor 1 nutzt, werden (bei konstanter Produktionsmenge) zwei Einheiten Arbeit frei. ➤ Eine Einheit davon braucht man in Sektor 2, mit der anderen Einheit kann man mehr als in der Ausgangssituation produzieren. ➤ Erst wenn die GRT S in beiden Sektoren übereinstimmen, kann man durch eine Änderung der Produktionsstruktur keine Mehrproduktion mehr erreichen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 12 Die Transformationskurve Die Transformationskurve Güterkombinationen. ist die grafische Darstellung aller effizienten X2 K1 L2 K 2 L1 X1 ➤ In der Regel ist die Transformationskurve konkav. ➤ Die Steigung der Transformationskurve heißt Grenzrate der Transformation GRT . ➤ Die GRT gibt an, auf wieviel Einheiten von Gut 2 verzichtet werden muss, um eine Einheit von Gut 1 mehr zu produzieren: Opportunitätskosten. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 13 Opportunitätskosten und Grenzproduktivitäten: Die Grenzrate der Transformation misst die Opportunitätskosten von Gut 1: 2 dX GRT = 1 dX (2) Die Produktionsmengen verändern sich durch Veränderung des Faktoreinsatzes dX 1 = XL11 dL1 + XK1 1 dK 1 und dX 2 = XL22 dL2 + XK2 2 dK 2 (3) Eine Bewegung auf der Transformationskurve erfolgt durch die Verlagerung von Produktionsfaktoren von Sektor 2 in Sektor 1, d. h. dL1, dK 1 > 0 wobei dL1 = −dL2 Universität Greifswald und dL2, dK 2 < 0 (4) und dK 1 = −dK 2 (5) Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 14 so dass die GRT dX 2 = dX 1 (6) XL22 XK2 2 ➩ GRT = 1 = 1 XL1 XK 1 (7) ➤ Die GRT entspricht bei effizienter Produktion dem Verhältnis der Grenzproduktivitäten von Arbeit bzw. Kapital. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 15 Effizienter Verbrauch Indifferenzkurven: X2 X2 X1 X2 (c) Gut 2 wichtig X1 (d) Gut 1 wichtig X1 Die Präferenzen bestimmen die Form der Indifferenzkurven: ➤ Je besser die Güter substituierbar sind, um so weniger gekrümmt sind die Indifferenzkurven. ➤ Je wichtiger Gut 2 (Gut 1) für den Haushalt ist, um so flacher (steiler) verlaufen die Indifferenzkurven. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 16 Die Edgeworth–Box des Verbrauchs: X 2a X 1b X 2b X 1a ➤ Die Konsumgüter sind effizient auf die Haushalte verteilt, wenn die Grenzraten der Substitution übereinstimmen. dX 2a dX 2b ➩ GRS = GRS das heißt = dX 1a dX 1b a b Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 17 Effizienter Verbrauch: ein Zahlenbeispiel So lange die Grenzraten der Substitution verschieden sind, ist es möglich, einen Haushalt besser zu stellen, ohne den anderen Haushalt schlechter zu stellen. Ausgangspunkt: Sowohl Gut 1 als auch Gut 2 werden vollständig verbraucht. Die GRSa beträgt dX 2a/dX 1a = 2, die GRSb beträgt dX 2b/dX 1b = 1. ➤ Erhöht man die Menge von Gut 1, die Haushalt a konsumiert, um eine Einheit, kann man seinen Konsum von Gut 2 um zwei Einheiten senken. ➤ Wenn man diese zwei Einheiten von Gut 2 nun Haushalt b gibt, dann werden (bei konstantem Nutzen des Haushalts b) zwei Einheiten des Gutes 1 frei. ➤ Eine Einheit davon braucht man, um Haushalt a so gut zu stellen wie zuvor, die andere Einheit kann zur Nutzensteigerung verwendet werden. ➤ Erst wenn die GRS beider Haushalte übereinstimmen, kann man durch eine Änderung der Verbrauchsstruktur keine Nutzensteigerung mehr erreichen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 18 Effiziente Koordination von Produktion und Verbrauch Die Produktionsmöglichkeiten sind durch die Transformationskurve repräsentiert. Die daraus resultierenden Konsummöglichkeiten können in der Edgeworth-Box des Verbrauchs gezeigt werden. X2 X1 ➤ Produktion und Verbrauch sind dann effizient koordiniert, wenn die Grenzraten der Substitution der Grenzrate der Transformation entsprechen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 19 Effiziente Koordination von Produktion und Verbrauch: ein Zahlenbeispiel So lange die Grenzraten der Substitution von der Grenzrate der Transformation abweichen, ist es möglich, einen Haushalt besser zu stellen, ohne den anderen Haushalt schlechter zu stellen. Ausgangspunkt: Sowohl Gut 1 als auch Gut 2 werden vollständig verbraucht. Die GRSa = GRSb = GRS beträgt dX 2/dX 1 = 2, die GRT beträgt dX 2/dX 1 = 1. ➤ Erhöht man die Produktionsmenge von Gut 1 um eine Einheit, dann kann dafür um eine Einheit weniger von Gut 2 produziert werden. ➤ Die Haushalte sind jedoch (ohne Nutzeneinbuße) bereit, auf zwei Einheiten von Gut 2 zu verzichten, wenn sie eine Einheit mehr von Gut 1 konsumieren können. ➤ Die „übrige“ Einheit von Gut 2 kann somit nutzensteigernd verwendet werden. ➤ Erst wenn die GRS der Haushalte mit der GRT übereinstimmen, kann man durch eine Änderung der Produktionsmengen keine Nutzensteigerung mehr erreichen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 20 2.2 Das Wettbewerbsgleichgewicht Zusätzliche Annahmen: ➤ unvermachtete Märkte ➤ Abwesenheit steigender Skalenerträge ➤ Rivalität im Konsum (keine gemeinschaftlich nutzbaren Güter) ➤ Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips für alle Güter und Produktionsfaktoren ➤ keine externen Effekte und Unteilbarkeiten und: Marktstruktur des vollkommenen/vollständigen Wettbewerbs: ➤ viele kleine Anbieter und Nachfrager auf allen Märkten ➤ ein homogenes Produkt je Markt ➤ kein technischer Fortschritt ➩ Marktverhalten: Anbieter und Nachfrager verhalten sich als Mengenanpasser ; sie sind Gewinn- bzw. Nutzenmaximierer Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 21 Die Faktormärkte Unternehmen verhalten sich gewinnmaximierend und agieren als Mengenanpasser. Daraus folgt für ihre Faktornachfrage: max G1 =p1X 1(K 1, L1) − rK 1 − wL1 K 1 ,L1 ➩ XL11 w XL22 = = 2 r XK1 1 XK 2 ➩ und max G2 = p2X 2(K 2 , L2) − rK 2 − wL2 K 2 ,L2 GRT S1 = GRT S2 (8) (9) ➤ Die Faktorpreise bündeln alle relevanten Informationen über die Knappheit der Faktoren. ➤ Die Allokation der Produktionsfaktoren auf Wettbewerbsmärkten ist Pareto-optimal. ➤ Zentral dafür ist, dass für alle Firmen den selben Faktorpreisen gegenüber stehen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 22 Die Gütermärkte Nachfrager verhalten sich nutzenmaximierend und agieren als Mengenanpasser. Daraus folgt für die Güternachfrage: max U j (X 1 j , X 2 j ) u. N.y j = p1X 1 j + p2X 2 j X 1 j ,X 2 j ➩ UXa1a p1 UXb1b = = UXa2a p2 UXb2b für j = a, b ➩ GRSa = GRSb (10) (11) ➤ Die Güterpreise bündeln alle relevanten Informationen über die Knappheit der Güter. ➤ Der Verbrauch der Güter erfolgt auf Wettbewerbsmärkten Pareto-optimal. ➤ Zentral dafür ist, dass für alle Haushalte den selben Güterpreisen gegenüber stehen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 23 Die Koordination von Produktion und Verbrauch Aus gewinnmaximierender und mengenanpassender Faktornachfrage der Unternehmen folgte (s.o.): p1XL11 = w = p2XL22 bzw. p1XK1 1 − r = p2XK2 2 (12) Daraus bestimmt man die GRT im Marktgleichgewicht: 2 dX XL22 XK2 2 p1 GRT = 1 = 1 = 1 = 2 dX XL1 XK 1 p (13) Aus nutzenmaximierender und mengenanpassender Güternachfrage der Haushalte folgte (s.o.): 2 1 dX p a b (14) GRS = 1 = GRS = GRS = 2 dX p Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 24 Zusammenfügen beider Bedingungen ergibt p1 GRT = 2 = GRS p (15) ➤ Die Güterpreise vermitteln die Knappheit der Güter zwischen Produktion und Verbrauch. ➤ Die Koordination von Produktion und Verbrauch ist im Wettbewerbsgleichgewicht Pareto-optimal. ➤ Zentral dafür ist, dass Unternehmen und Haushalte den selben Güterpreisen gegenüber stehen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 25 Zusammenfassung: Das erste Wohlfahrtstheorem Unter der Bedingung vollständigen Wettbewerbs (sowie der Abwesenheit von Marktversagen) gilt: Jedes Marktgleichgewicht ist Pareto-optimal. ➤ Die Aufteilung der Produktionsfaktoren ist effizient, da alle Unternehmen auf der Basis des gleichen Faktorpreisverhältnisses entscheiden. ➤ Die Aufteilung der Konsumgüter auf die Haushalte ist effizient, da alle Haushalte auf der Basis des gleichen Güterpreisverhältnisses entscheiden. ➤ Die Koordination von Produktion und Verbrauch ist effizient, da Unternehmen und Haushalte auf der Basis des gleichen Güterpreisverhältnisses entscheiden. ➤ Die Preise erfüllen damit ihre Lenkungsfunktion, sie signalisieren die Knappheit von Produktionsfaktoren und Gütern. ➤ Die Preise können ihre Lenkungsfunktion nur erfüllen, wenn sie nicht verzerrt werden: bspw. verschiedene Mehrwertsteuersätze für verschiedene Güter; Wohngeld als Preissubvention für manche Haushalte; vergünstigter Kinoeintritt für Studenten; sozial gestaffelte Kindergartengebühren; geringere Ökosteuer für energieintensive Branchen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 26 2.3 Gerechtigkeit und Wohlfahrt Wie gut geht es den beteiligten Haushalten in den jeweiligen Pareto-Optima? Darüber informiert die Nutzenmöglichkeitenkurve: Sie Kombinationen von Nutzenniveaus zweier Haushalte an. gibt alle realisierbaren Wenn die Gütermengen vorgegeben sind, dann kann man aus der Kontraktkurve die zugehörigen Nutzenniveaus ableiten: Ub X 2a X 1b X Universität Greifswald 2b X 1a Prof. Dr. Susanne Soretz Ua Wettbewerb 27 Auf der Basis gegebener Technologien und gegebener Faktormengen sind viele Güterkombinationen möglich (sh. Edgeworth-Box der Produktion). Entsprechend ist die Nutzenmöglichkeitenkurve die Umhüllende: Ub Ua ➤ Die Nutzenmöglichkeitenkurve verläuft immer fallend: Der Nutzen eines Haushalts ist nur zu erhöhen, wenn dafür der Nutzen des anderen Haushalts gesenkt wird (andernfalls wäre die erste Situation nicht effizient gewesen). ➤ Genauere Aussagen über den Verlauf der Nutzenmöglichkeitenkurve sind ohne weiteren Annahmen über die Präferenzen nicht möglich. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 28 Welcher Punkt auf der Nutzenmöglichkeitenkurve soll realisiert werden? ➩ Welche Nutzenverteilung ist gerecht? Gerechtigkeit — soziale Gerechtigkeit — Verteilungsgerechtigkeit Gerechtigkeit hat immer etwas mit Gleichheit zu tun, es gibt aber sehr verschiedene Ansichten, was gleich sein soll: ➤ Startgerechtigkeit: Gleiche Anfangsausstattung aller Haushalte (hier: gleicher Besitz an Produktionsfaktoren, dadurch gleiches Einkommen, aber je nach Präferenzen nicht gleicher Nutzen) ➤ Leistungsgerechtigkeit: Gleiches Einkommen bei gleicher Leistung (im Marktgleichgewicht immer erfüllt, lässt keine Aussage über die „richtige“ Nutzenverteilung zu) ➤ Regelgerechtigkeit: Auf alle Wirtschaftssubjekte sollen die gleichen Regeln angewendet werden (ist im Marktgleichgewicht immer erfüllt, ebenfalls keine weiteren Aussagen über die „richtige“ Nutzenverteilung) ➤ Ergebnisgerechtigkeit: Gleiches Ergebnis für alle Haushalte (hier: entweder Güterausstattung als Ergebnis, dann nicht zwingend gleiche Nutzen, oder Nutzen als Ergebnis, dann bedeutet Gerechtigkeit Nutzengleichheit) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 29 Wohlfahrtsfunktionen Die Überlegungen bezüglich sozialer Gerechtigkeit werden in der Regel in Form von sozialen Wohlfahrtsfunktionen zusammengefasst: Eine soziale Wohlfahrtsfunktion gibt an, welche Größen für das Wohlergehen einer Gesellschaft (eines Landes) maßgeblich sind und in welcher Weise das gesellschaftliche Wohlfahrtsniveau von ihnen abhängt. Zwei verschiedene Ansätze: Leontief-Lerner und Bergsson ➤ Die Leontief-Lerner-Wohlfahrtsfunktion unterstellt, dass das Wohlergehen einer Gesellschaft von der Menge an Gütern abhängt, die ihr zur Verfügung stehen (und nicht von der Verteilung der Güter auf die Individuen): W = W (X 1, ...X n) (16) ➤ Die Bergsson-Wohlfahrtsfunktion unterstellt, dass das Wohlergehen einer Gesellschaft von den Nutzenniveaus der Individuen abhängt: W = W (U a, ...U m) Universität Greifswald (17) Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 30 Grafische Darstellung: X2 Ub X1 (e) Leontieff-Lerner Ua (f) Bergsson ➤ Die Leontief-Lerner-Wohlfahtsfunktion wird beispielsweise in der Außenhandelstheorie viel benutzt. Für die Indifferenzkurven wird die übliche konvexe Gestalt angenommen. Sie macht keine Aussagen über die gesellschaftlichen Konsequenzen der Verteilung. ➤ Die Gruppe der Bergsson-Wohlfahrtsfunktionen lässt sich weiter unterteilen, je nach dem, wie groß die Ungleichheitsaversion der Gesellschaft ist: Konvexe Indifferenzkurven zeigen Ungleichheitsaversion. Weniger ungleiche Nutzenverteilungen führen zu Punkten auf höher gelegenen Indifferenzkurven. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 31 Die Wohlfahrtsfunktion nach Rawls: W = min[U 1, ...,U m] Ub Ua ➤ Die gesellschaftliche Wohlfahrt hängt ausschließlich von dem Nutzen des am schlechtesten gestellten Mitglieds der Gesellschaft ab. ➤ Die Wohlfahrtsfunktion nach Rawls impliziert unendliche Ungleichheitsaversion. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 32 Die Wohlfahrtsfunktion nach Bentham: W = ∑mj=1 U j Ub Ua ➤ Die gesellschaftliche Wohlfahrt kann durch die Summe der individuellen Nutzenniveaus dargestellt werden. ➤ Die Senkung des Nutzens eines Haushalts kann durch eine gleich große Erhöhung des Nutzens eines anderen Haushalts ausgeglichen werden. ➤ Selbst Umverteilung von Armen zu Reichen ist wohlfahrtsneutral möglich: Es gibt keine Ungleichheitsaversion Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 33 Die Wohlfahrtsfunktion nach Nash: W = (U 1 − U¯ 1) · . . . · (U m − U¯m) Ub Ua ➤ Die gesellschaftliche Wohlfahrt hängt multiplikativ von den Überschüssen der individuellen Nutzen über gewisse Mindestnutzenniveaus ab. ➤ Für niedrige Nutzenniveaus sind die Indifferenzkurven stark gekrümmt (hohe Ungleichheitsaversion), mit steigenden Nutzenniveaus werden die Indifferenzkurven weniger gekrümmt, d. h. die Ungleichheitsaversion nimmt ab. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 34 Das gesellschaftliche Wohlfahrtsmaximum Ub Ua ➤ Nur Punkte auf der Nutzenmöglichkeitenkurve (d. h. nur effiziente Punkte) können ein Wohlfahrtsmaximum sein. ➩ 1. Schritt: Herstellung von Effizienz ➤ Der wohlfahrtsmaximierende Punkt ist Nutzenmöglichkeitenkurve und Indifferenzkurve. der Tangentialpunkt von ➩ 2. Schritt: Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 35 Und warum das Wohlfahrtsmaximum i.d.R. nicht bestimmbar ist „Die richtige“ soziale Wohlfahrtsfunktion ist im Allgemeinen nicht festzulegen, denn: ➤ Die Mitglieder einer Gesellschaft haben verschiedene Ansichten über soziale Wohlfahrtsfunktion, bspw. die Ungleichheitsaversion, aber auch über die relevanten Variablen. ➤ Unmöglichkeitstheorem von Arrow: Konsistente (aber verschiedene) individuelle Präferenzen lassen sich nicht widerspruchsfrei zu einer konsistenten gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion aggregieren. Deshalb beschränken wir uns im Folgenden auf Aussagen über die Effizienz: Dafür ist das Pareto-Kriterium ausreichend. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 36 3 Marktgleichgewichte bei unvollkommener Konkurrenz Quelle: Wied-Nebbeling (Kapitel I) ➤ Marktergebnisse in der Realität sind nicht immer Pareto–optimal: Es gibt Marktversagen. ➤ Erste mögliche Ursache sind Gütereigenschaften wie Nichtrivalität im Konsum (Bsp. Leuchtturm) oder mangelnde Ausschließbarkeit (Bsp. Straßennetz) ➩ Behandlung in „Öffentliche Finanzen“ ➤ Zweite mögliche Ursache sind externe Effekte (Bsp. Umweltverschmutzung) ➩ Behandlung in „Umweltökonomie“ (und in „Öffentliche Finanzen“) ➤ Dritte mögliche Ursache ist Marktmacht: Unternehmen verhalten sich dann nicht mehr mengenanpassend (Bsp: Oligopol auf dem Strommarkt) ➩ Thema in diesem Kapitel Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 37 Die Marktstruktur: das morphologische Marktformenschema Die Marktstruktur hängt wesentlich davon ab, wie viele Marktteilnehmer es auf den beiden Marktseiten gibt: Nachfrager Anbieter einer wenige viele einer bilaterales Monopol beschränktes Monopol Monopol wenige beschränktes Monopson bilaterales Oligopol Oligopol viele Monopson Oligopson Polypol Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 38 Relativierung des Marktformenschemas ➤ Contestable Markets nach Baumol/Panzar/Willig (1982): Nicht alleine die Anzahl der auf dem Markt befindlichen Unternehmen entscheidet über deren Verhalten. Genau so wichtig ist der potentielle Wettbewerb. Ist der Marktzugang frei und der Marktaustritt kostenlos, dann ist der Markt bestreitbar und hohe Marktanteile führen nicht zu Preissetzungsspielraum. In der Realität überwiegen jedoch Märkte mit beschränktem Zugang. ➤ Abgrenzung wenige versus viele Anbieter: Abgrenzung erfolgt in der Regel über die Spürbarkeit der Aktionen einzelner Anbieter für die Mitkonkurrenten. Die Resultate sind aber nicht immer eindeutig. ➤ Abgrenzung des Marktes: Für die Anzahl der Marktteilnehmer ist der relevante Markt entscheidend (Bsp.: Markt für Werbung auf Litfaßsäulen, Markt für Werbung in allen Medien). Kriterium für den relevanten Markt sind die Substitutionsmöglichkeiten, gemessen anhand der Kreuzpreiselastizität dX 1/X 1 ηX 1,P2 = dP2/P2 Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 39 4 Das Monopol Quelle: Borrmann/Finsinger (Kapitel 2 und 4) und Wied-Nebbeling (Kapitel II.1) Der Monopolist nutzt seine Marktmacht, um das Marktergebnis zu seinen Gunsten zu verändern: ➤ In der Regel setzt er einen höheren Preis, so dass die konsumierte Menge sinkt. ➤ Dadurch entstehen Wohlfahrtsverluste. ➤ Der soziale Überschuss auf dem betroffenen Markt sinkt. Es wird suboptimal wenig in dem monopolisierten Sektor produziert, und dadurch subpotimal viel in den anderen Sektoren. Einschränkung: ➤ Der untersuchte Fall des sogenannten reinen Monopols ist realitätsfern. ➤ Die Marktmacht ist beschränkt, wenn es Substitute gibt oder der Markt bestreitbar ist. ➤ Die Marktmacht kann auch zeitlich beschränkt sein, wenn neue Anbieter in den Markt kommen, bspw. weil Patente auslaufen oder wegen der Monopolgewinne. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 40 4.1 Monopolistische Preissetzung: Partialanalyse Der Monopolist maximiert seinen Gewinn max G = PX(P) −C(X(P)) (18) P ➩ ∂G = ∂P (19) ➩ 1 PM 1 + = C′ η ➩ PM −C′ 1 = − pM η Universität Greifswald (20) prozentualer Preisaufschlag Monopolgrad nach Lerner Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb (21) 41 Die Markmacht des Monopolisten: ➤ Erhöht der Monopolist den Preis, dann bekommt er für jede verkaufte Einheit etwas mehr (positiver Bestandteil X aus dem Grenzerlös). ➤ Andererseits sinkt die nachgefragte Menge, so dass der Monopolist weniger Einheiten verkaufen kann als vorher (negativer Bestandteil PXP). ➤ Je elastischer die Nachfrage, um so stärker sinkt die Nachfrage. ➤ Wenn die Nachfrage unelastisch ist (|η| < 1) steigt bei einer Preiserhöhung der Erlös. Da mit dem Mengenrückgang auch die Kosten sinken, steigt der Gewinn. ➤ Im Bereich unelastischer Nachfrage kann folglich nicht das Gewinnmaximum liegen. ➤ Der Monopolist wird immer in einem Bereich der Nachfrage anbieten, in dem die Nachfrage relativ elastisch reagiert |η| > 1. ➤ Die Monopolmacht und damit der relative Preisaufschlag sind um so größer, je unelastischer die Nachfrage ist, da sich Preisaufschläge dann leichter durchsetzen lassen. (Bspw. relativ geringe Preiselastizität des Energieverbrauchs ➩ große Marktmacht der Energieversorger.) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 42 Grafische Darstellung: P X ! ➤ Das Gewinnmaximum impliziert Grenzerlös = Grenzkosten ➩ Angebot im Cournot’schen Punkt. ! ➤ Für das Wohlfahrtsmaximum gilt Preis = Grenzkosten. ➤ Es entsteht ein Wohlfahrtsverlust aus dem monopolistischen Preisaufschlag: Harberger Dreieck. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 43 Die Preissetzung des Mehrproduktmonopolisten Ein Monopolist, der zwei Güter anbietet, maximiert seinen Gewinn max G = P1X 1(P1, P2) + P2X 2(P1, P2) −C(X 1(P1, P2), X 2(P1, P2)) P1 ,P2 ➩ analog ∂G = ∂P1 (23) ′ 2 X P1 −C1 1 ′ ➩ = − 1 1 + η21 1 1 (P2 −C2 ) 1 P η PX ′ 1 ∂G ! P2 −C2 1 X 1 1′ 12 = 0 ➩ = − (P −C 1 + η ) ∂P2 P2 η2 P2 X 2 Universität Greifswald (22) Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb (24) (25) 44 Ergebnisse für die Preissetzung des Mehrproduktmonopolisten: ➤ Entscheidend ist die Beziehung zwischen den verschiedenen Gütern. ➤ Sind die Güter substitutiv, dann ist die Kreuzpreiselastizität positiv ∂X 2 P1 ∂X 1 P2 12 η = 1 2 > 0 und η = 2 1 > 0 ∂P X ∂P X 21 (26) da die Nachfrage nach Gut 2 (Gut 1) steigt, wenn der Preis des Gutes 1 (des Gutes 2) zunimmt. Der Mehrproduktmonopolist erhebt dann in beiden Sektoren einen höheren (prozentualen) Aufschlag auf die Grenzkosten als ein Monopolist, der nur Sektor 1 oder nur Sektor 2 beliefert. Denn der Mehrproduktmonopolist nutzt aus, dass er beide Preise gleichzeitig anheben kann und damit den Konsumenten die Möglichkeit nimmt, auf das günstigere Gut auszuweichen. Die Marktmacht des Monopolisten steigt, wenn er nicht nur einen Markt, sondern weitere Märkte für substitutive Güter kontrolliert (Bsp.: (frühere) lokale Energieversorger, die frühere Post). Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 45 ➤ Sind die Güter komplementär, dann ist die Kreuzpreiselastizität negativ ∂X 2 P1 ∂X 1 P2 12 η = 1 2 < 0 und η = 2 1 < 0 ∂P X ∂P X 21 (27) da die Nachfrage nach Gut 2 (Gut 1) sinkt, wenn der Preis des Gutes 1 (des Gutes 2) zunimmt. Der Mehrproduktmonopolist erhebt dann in beiden Sektoren einen kleineren (prozentualen) Aufschlag auf die Grenzkosten als ein Monopolist, der nur Sektor 1 oder nur Sektor 2 beliefert. Durch Preiserhöhungen auf einem Markt verschlechtern sich die Gewinnmöglichkeiten auf dem anderen Markt. Wenn der Monopolist von der Verschlechterung selbst getroffen wird, senkt das seinen Preisaufschlag. Hier spürt der Monopolist einen Teil der verzerrenden Wirkung seiner Preissetzung selbst auf dem zweiten Markt, so dass sich sein Preissetzungsspielraum verringert. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 46 4.2 Monopolmacht im allgemeinen Gleichgewicht ➤ Monopolisten nutzen ihre Marktmacht, um den Preis zu erhöhen und dadurch ihren Gewinn zu steigern. ➤ Inwieweit ist das allgemeine Gleichgewicht verzerrt? ➤ Führt die Marktmacht der Monopolisten auch zu einer ineffizienten Faktorallokation? ➤ Wird in der Ökonomie insgesamt „zu wenig“ produziert, das heißt weniger als bei effizientem Faktoreinsatz produziert werden könnte? ➤ In diesem Abschnitt werden wir zeigen, dass auch Monopolisten wegen ihrer Gewinnerzielungsabsicht effizient produzieren. ➤ Somit ist die Faktorallokation trotz Marktmacht effizient (Produktion auf der Transformationskurve. ➤ Lediglich die Abstimmung zwischen Produktion und Konsum ist ineffizient, so lange nicht alle Märkte den gleichen Monopolgrad aufweisen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 47 Effiziente Produktion? Gewinnmaximierende Faktornachfrage von Monopolisten: max G1 = P1(X 1(K 1, L1)) · X 1(K 1, L1) − rK 1 − wL1 K 1 ,L1 ➩ (28) ∂G1 = ∂K 1 (29) ∂G1 = ∂L1 (30) ➩ 1 X w 1 GRT S1 = L1 = r XK 1 analog XL22 w GRT S = 2 = r XK 2 Universität Greifswald 2 (31) ➩ Prof. Dr. Susanne Soretz GRT S1 = GRT S2 Wettbewerb (32) 48 X2 K1 L2 K 2 L1 X1 (g) Edgeworth-Box (h) Transformationskurve ➤ (Gütermarkt-)Monopolisten sind Mengenanpasser auf den Faktormärkten. ➤ Auch der Monopolist ist mit dem gleichen Faktorpreisverhältnis konfrontiert. ➤ Ineffiziente Produktion (GRT S 6= w/r) würde den Gewinn des Monopolisten reduzieren. ➤ Auch bei Monopolmacht werden Produktionspunkte auf der Kontraktkurve und entsprechend auf der Transformationskurve realisiert. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 49 Effiziente Koordination von Produktion und Verbrauch? Die Grenzrate der Transformation: 2 dX XL22 XK2 2 GRT = 1 = 1 = 1 dX XL1 XK 1 1 1 p 1 + η1 ➩ GRT = 1 2 p 1 + η2 (33) (34) Die Grenzrate der Substitution: Alle Konsumenten passen sich an das gleiche Güterpreisverhältnis an: p1 GRS = GRS = GRS = 2 p a b (35) Übereinstimmung von GRT und GRS? ➤ Wenn die Monopolgrade 1/ηi nicht genau übereinstimmen — oder nur ein Sektor monopolisiert ist — dann unterscheidet sich die Grenzrate der Transformation von der Grenzrate der Substitution. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 50 Beispiel: Monopol nur in Sektor 1: X2 X1 ➤ Der Produktionspunkt liegt zwar auf der Transformationskurve, jedoch sind die Grenzraten der Substitution größer als die Grenzrate der Transformation. ➤ Es wäre eine Pareto–Verbesserung, wenn mehr von Gut 1 und dafür weniger von Gut 2 produziert würde. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 51 4.3 Das natürliche Monopol ➤ Bei steigenden Kosten ist das Monopol keine stabile Marktform. Langfristig werden zusätzliche Anbieter in den Markt drängen. Dies senkt die Produktionskosten für alle Anbieter. ➤ Anders ist das bei sinkenden Kosten. In diesem Fall sind die Kosten am geringsten, wenn nur ein Unternehmen den gesamten Markt bedient. Zentrale Ursachen sind Unteilbarkeiten und Netzeffekte. (Beispiele: Elektrizitätsnetze, Müllabfuhr, Postzustellung) ➤ Ein Monopol ist dann gesellschaftlich wünschenswert. Und es ist eine stabile Marktform: Deshalb nennt man diesen Fall das natürliche Monopol. ➤ Trotzdem muss die monopolistische Preissetzung verhindert werden, um keine Wohlfahrtseinbußen zu erleiden. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 52 Subadditivität Eine Kostenfunktion ist subadditiv, wenn die Herstellung einer bestimmten Produktionsmenge in nur einer Produktionsstätte kostengünstiger ist als die Herstellung in zwei (oder mehr) Produktionsstätten. C(X) < C(X1) + . . . +C(Xn) mit X = X1 + . . . + Xn (36) Subadditivität tritt im Wesentlichen in zwei Fällen auf: ➤ bei steigenden Skalenerträgen ➤ bei Fixkosten (Unteilbarkeiten) In jedem Fall ist davon auszugehen, dass bei hinreichend hoher Produktionsmenge die Kosten wieder steigen. ➩ Ein natürliches Monopol liegt vor, wenn die Kostenstruktur im relevanten Bereich subadditiv ist. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 53 Skalenvorteile Im Einproduktunternehmen liegen Skaleneffekte vor, wenn bei einer Mengenerhöhung die Kosten nur unterproportional steigen, d. h. wenn die Kostenelastizität kleiner als 1 ist: ηC,X = dC/C <1 dX/X (37) Daraus folgen sinkende Durchschnittskosten: ηC,X < 1 ➩ d(C/X) <0 dX (38) und Durchschnittskosten, die über den Grenzkosten liegen: ηC,X < 1 ➩ C dC > X dX Universität Greifswald (39) Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 54 Ursachen für Skalenvorteile ➤ Technische Ursachen: Das Volumen steigt schneller als die Oberfläche. Dadurch kann beispielsweise die beförderte Wassermenge verdoppelt werden, während die Kosten für Rohre nur weniger stark steigen. ➤ Unteilbarkeiten bei spezialisierten Produktionsfaktoren: Bei einer Ausweitung der Produktionsmenge können spezialisierte Produktionsfaktoren besser ausgelastet werden. Es ist dann lohnend, spezialisierte Arbeitskräfte einzustellen oder Spezialmaschinen anzuschaffen. ➤ Transaktionskosten: In der Regel steigen die Transaktionskosten unterproportional: Beschaffung größerer Mengen je Transaktion; häufigere Transaktionen ➤ Gesetz der großen Zahl: Störungen im Produktionsprozess werden besser kalkulierbar, so dass beispielsweise Ersatzlager oder Überkapazitäten geringer ausfallen können. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 55 Die Kosten bei Subadditivität X X (i) U-förmiger Verlauf der DK (j) Sinkende DK ➤ Bei Produktionsmengen bis zum Minimum der DK herrschen Skalenvorteile. Danach überwiegen die steigenden Kosten (Überstunden, etc.) ➤ So lange die GK geringer sind als die DK, sinken die DK. Sind die GK höher als die DK, dann steigen die DK. ➤ Die GK schneiden die DK immer in deren Minimum. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 56 Marktverhalten im natürlichen Monopol Mengenanpassendes Verhalten ist unmöglich: Bei sinkenden Durchschnittskosten führt mengenanpassendes Verhalten zu Verlusten: max G =PX −C(X) (40) X ➩ ∂G = ∂X (41) ➩ P = GK (42) ➩ Die Erlöse sind kleiner als die Kosten. ➩ Es entstehen Verluste. Der größte Produzent kann alle anderen Produzenten unterbieten und vom Markt verdrängen. Dann ist der Weg frei für monopolistische Preissetzung. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 57 Monopolistische Preissetzung im natürlichen Monopol: P X ➤ Die Höhe des Gewinns richtet sich nach der Differenz zwischen Preis im Cournot’schen Punkt und Durchschnittskosten bei dieser Produktionsmenge. ➤ Denkbar ist auch der Fall, dass der Monopolist im Cournot’schen Punkt Nullgewinne oder gar Verluste macht. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 58 Therapien des natürlichen Monopols Dilemma: ➤ Einerseits ist die Produktion in nur einem Unternehmen mit geringeren Kosten verbunden: Effizienzvorteil der Größe. ➤ Andererseits führt Monopolmacht zu ineffizienter Allokation: GRS 6= GRT . Drei mögliche Lösungen: (Milton Friedman: „Drei Übel“) 1. Das Monopol zum Staatsbetrieb machen (Bsp.: frühere Post oder Bahn, Müllabfuhr). 2. Das Monopol in privater Hand belassen und staatlich regulieren (Bsp.: Gasversorgung). 3. Nichtstun, d. h. das Monopol unter vollständiger privater Verfügungsmacht belassen. Zu Lösung 1: ➤ Vorteil: Es kann (theoretisch) Pareto-effiziente Produktionsmenge „befohlen“ werden. ➤ Nachteil: Tendenz zur Bürokratisierung, sog. X-Ineffizienz; deshalb heute selten. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 59 Zu Lösung 2: Heute am häufigsten gewähltes „geringstes“ Übel. Wichtige Formen der Regulierung sind: ➤ direkte Preissetzung durch Durchschnittskostenpreisbildung den Staat: Grenzkostenpreisbildung oder ➤ Eingriff in die Tarifgestaltung bspw. zweiteiliger Tarif ➤ Eingriff in die Preisgestaltung, bspw. durch Subvention ➤ Ausschreibung des Monopols ➩ detaillierte Besprechung im folgenden Kapitel. Zu Lösung 3: Relevant, wenn ➤ man mit Nachfragewachstum rechnet, so dass die Kosten nicht mehr subadditiv sind. ➤ der Markt bestreitbar ist, so dass potenzielle Konkurrenz den Monopolisten diszipliniert. ➤ die Lösungen 1. und 2. noch schlechter sind. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 60 5 Regulierung Quelle: Borrmann/Finsinger (Kapitel 6,7 und 10) Die wichtigsten Formen der Regulierung sind: ➤ Preissetzung durch den Staat: Grenzkostenpreisbildung würde zum sozialen Optimum führen, allerdings entstehen Verluste, die durch den Staat ausgeglichen werden müssen. Durchschnittskostenpreisbildung (auch: Ramsey-Preise, Eigenwirtschaftlichkeitsgebot, Gebot der Kostendeckung) vermeidet das Verlustproblem, allerdings bleiben das Effizienz- und das Informationsproblem bestehen. ➤ Regulierung der Tarifgestaltung: Der zweigliedrige Tarif ermöglicht, die bei Grenzkostenpreisen entstehenden Verluste über Grundgebühren zu decken. ➤ Eingriff in die Preisgestaltung durch Subventionen: Durch Subventionen können die Kosten des Monopolisten so weit gesenkt werden, dass sein Gewinnmaximum gerade bei der sozial optimalen Produktionsmenge liegt. ➤ Ausschreibung des Monopols: Wer bereit ist zum geringsten Preis anzubieten, darf Monopolist sein. Ersetzt Wettbewerb im Markt durch Wettbewerb um den Markt. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 61 5.1 Grenzkostenpreisbildung Grenzkostenpreisbildung führt (theoretisch) zur Realisierung des sozialen Optimums: P X ➤ Mengenausweitung ist so lange wohlfahrtssteigernd, wie der Grenznutzen (sh. Nachfrage) über den Grenzkosten liegt. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 62 In der Praxis entstehen jedoch Probleme: ➤ Effizienzproblem: ➩ keine Notwendigkeit zur Kostenminimierung ➩ ineffiziente Verwendung von Produktionsfaktoren ➤ Informationsproblem: ➩ Grenzkostenfunktion muss bekannt sein, auch Veränderungen der Grenzkosten bei Kapazitätsveränderungen ➩ wenig verlässliche Informationen aus dem Unternehmen ➩ Grenzkosten werden zu hoch und Nachfrage zu gering ausgeben ➤ Anpassung an veränderte Bedingungen: ➩ Anpassung administrativ festgelegter Preise nicht hinreichend flexibel ➩ Anpassungen u. U. auch politisch schwer durchsetzbar ➤ Mittelaufbringung: ➩ Wohlfahrtsverluste (bspw. aus Steuern auf anderen Märkten) zusätzlich zu der zu erhebenden Summe ➩ Subvention zum Verlustausgleich an einen Monopolisten erzeugt u. U. politischen Widerstand Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 63 5.2 Ramsey-Preise Durchschnittskostenpreise maximieren die soziale Wohlfahrt unter der Nebenbedingung der Kostendeckung: P X ➤ Durchschnittskostenpreise verhindern Verluste und die damit verbundenen Probleme. ➤ Es entsteht aber (theoretisch) ein Wohlfahrtsverlust gegenüber Grenzkostenpreisen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 64 Sonderfall: Teilweise preisunelastische Nachfrage Beispiele: Nachfrage nach Telefonanschluss oder Anbindung an das Stromnetz P X ➤ Preis kann ohne Wohlfahrtsverlust über den Durchschnittskostenpreis erhöht werden. ➤ Höhere Preise können hier wohlfahrtsneutral zur Erzielung von Staatseinnahmen genutzt werden (falls das Unternehmen in Staatsbesitz ist). ➤ Jedoch entsprechen höhere Preise einer regressiven Besteuerung, sind somit aus Verteilungssicht problematisch. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 65 Ramsey-Preise im Mehrproduktfall: ➤ Durchschnittskostenpreis lässt sich nicht mehr sinnvoll definieren ➤ viele Preiskombinationen denkbar, die die Nullgewinnbedingung erfüllen ➤ welche Preise sollten für ein Wohlfahrtsmaximum gesetzt werden? Gesucht ist der maximale soziale Überschuss bei Kostendeckung (Ramsey-Problem 1927) max P1 ,P2 KR + PR u. N. G = 0 Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz (43) Wettbewerb 66 max KR1 + KR2 + P1 · X 1(P1) + P2 · X 2(P2) −C(X 1, X 2) P1 ,P2 u. N. P1 · X 1(P1) + P2 · X 2(P2) −C(X 1, X 2) = 0 ➩ L= ➩ (45) (46) ∂L = ∂P1 Universität Greifswald (44) (47) Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 67 ➩ (P1 −CX 1 )/P1 η2 = (P2 −CX 2 )/P2 η1 (48) ➤ Der (Gemeinkosten-)Aufschlag auf die GK sollte um so größer sein, je geringer die Preiselastizität der Nachfrage für das jeweilige Gut ist. ➤ Bei unelastischer Nachfrage wirkt ein Preisaufschlag so wie eine Kopfsteuer: verzerrungsfreie Möglichkeit der Verlustabdeckung. ➤ Je nach der Höhe der Preiselastizitäten kann es optimal sein, ein Gut zu Grenzkosten oder darunter anzubieten und die Verluste durch um so höhere Preisaufschläge auf andere Güter auszugleichen ➩ interne Subventionierung ➤ Beispiele: Briefe werden mit deutlichen Preisaufschlägen transportiert, um den Paketdienst zu subventionieren. Im Fernverkehr der Bahn werden höhere Preise berechnet, um im Nahverkehr die Preise reduzieren zu können. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 68 Probleme bei der Umsetzung von Ramsey-Preisen: ➤ Ramsey-Preise stehen im Widerspruch zu verbreiteten Gerechtigkeitsvorstellungen: besonders hohe Preisaufschläge sollen den Nachfragern auf Märkten „aufgebürdet“ werden, wo es schlecht möglich ist auszuweichen. Oft sind davon insbesondere geringer verdienende Nachfrager betroffen (Reiche können auf den Privatjet ausweichen, Arme müssen die Preiserhöhung im öffentlichen Nahverkehr hinnehmen) ➤ Bei Neueinführung von Ramsey-Preisen sind die Lasten ungleich verteilt, das reduziert u. U. die politische Durchsetzbarkeit. ➤ Informationsprobleme: Um Ramsey-Preise exakt zu bestimmen sind Kenntnisse über Preiselastizitäten, Kreuzpreiselastizitäten und Kostenverläufe notwendig Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 69 5.3 Tarifgestaltung ➤ Wenn es möglich ist, verschiedene Preise in Abhängigkeit vom Verbrauch zu setzen, dann können Verluste trotz Grenzkostenpreisen vermieden werden. ➤ Möglichkeiten: Zweigliedrige Tarife, d. h. Grundgebühr + Stückpreis, mit dem Spezialfall des Pauschaltarifs Blocktarife, d. h. verschiedene Stückpreise in verschiedenen Mengenintervallen optionale Tarife, d. h. verschiedene Kombinationen von Grundgebühren und Stückpreisen nach Wahl des Konsumenten ➤ Beispiele: Vesorgungsbetriebe (Strom, Gas, Wasser, Telefon), Bahncard (optional), Jahreskarten für Zoo/Schwimmbad o. ä. ➤ Möglich ist dies nur, wenn Güter nicht weiterverkauft werden können, sonst gäbe es Zwischenhändler, die zu den jeweils günstigsten Bedingungen einkaufen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 70 Funktionsweise zweigliedriger Tarife: ➤ Grundgebühr L fällt für den Zugang zum Konsum an ➤ Stückpreis P fällt für die Nutzung einer Einheit an Wie viel des Gutes wird der Konsument nachfragen? ➩ Ausweitung der Nachfrage lohnt sich, so lange der Grenznutzen größer ist als der Stückpreis (unveränderte Argumentation) Wird das Gut überhaupt nachgefragt? ➩ Das Gut wird nachgefragt, wenn der Gesamtnutzen positiv ist, d. h. nach Zahlung der Grundgebühr positiver Nutzen verbleibt. P X Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 71 Ergebnisse: ➤ So lange der Nutzen groß genug ist (der Stückpreis gering genug), verändert sich die Nachfrage durch die Grundgebühr nicht. ➤ Bei Grenzkostenpreisen wird somit die optimale Menge realisiert. ➤ Wenn der Verlust nicht zu groß ist, kann er durch die Grundgebühr gedeckt werden. Unveränderte Probleme: ➤ Staat muss Grenzkostenpreise vorschreiben Informationsprobleme bleiben erhalten. und durchsetzen ➩ alle ➤ So lange der Nutzen der Haushalte hinreichend groß ist, können Gebühren auch über das notwendige Maß erhöht werden ➩ auch die Effizienzprobleme bleiben erhalten Wesentlicher Vorteil: ➤ Mittelaufbringung durch die Nutzer des Gutes, dadurch keine zusätzlichen Verzerrungen auf anderen Märkten Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 72 5.4 Subvention Durch Zahlung einer Subvention können monopolistische Gewinnmaximierung und soziales Optimum in Übereinstimmung gebracht werden: P X ➤ (Stück-)Subvention erhöht den Grenzerlös ➤ Cournot’scher Punkt liegt im sozialen Optimum ➤ sozialer Überschuss ist maximal Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 73 Vorteile: ➤ Gewinnmaximierung des Monopolisten löst Effizienzproblem ➤ wesentlich geringerer Informationsbedarf, Unternehmens an Falschinformation besteht. da kein direktes Interesse des Probleme bei der Umsetzung der optimalen Subvention: ➤ massiver Eingriff in die Verteilung: Monopole nutzen ihre Marktmacht zur Gewinnerzielung und bekommen darüber hinaus Subvention ➤ politische Probleme bei der Umsetzung: geringe Akzeptanz einer Subvention an einen gewinnmaximierenden Monopolisten ➤ Problem der Mittelaufbringung bleibt erhalten Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 74 5.5 Ausschreibung eines natürlichen Monopols Idee: Wettbewerb im Markt wird durch Wettbewerb um den Markt ersetzt. ➤ Bestreitbare Märkte hätten den gleichen Effekt: Ein Monopolist, der fürchten muss, durch seinen Monopolgewinn Konkurrenten in den Markt zu locken, wird zu Durchschnittspreisen (➩ Nullgewinn) anbieten. ➤ Die meisten natürlichen Monopole sind aber durch hohe Marktein- oder -austrittskosten gekennzeichnet, somit nicht bestreitbar. ➤ Der fehlende Wettbewerbsdruck kann dann durch regelmäßig wiederkehrende Ausschreibungen des Monopols ersetzt werden. ➤ „Gewinner“ der Ausschreibung ist dann derjenige Anbieter, der den geringsten Preis für das Gut fordert ➩ Durchschnittspreise. ➤ Beispiele: Ausschreibung der Müllabfuhr, Ausschreibung von Nahverkehrslinien Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 75 Konzept: ➤ Konzession/Lizenz, einen Markt zu bedienen, wird ausgeschrieben ➤ Gebote um die Lizenz sind die Güterpreise ➤ Zuschlag geht an das Unternehmen, das den geringsten Preis geboten hat P X Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 76 Vorteile des Ausschreibungsverfahrens: ➤ Wettbewerbskräfte werden genutzt, um Effizienz zu sichern ➩ kein Effizienzproblem ➤ Informationen über Kostenverläufe und Nachfrage werden nur innerhalb des Unternehmens benötigt ➩ kein Informationsproblem ➤ bei Durchschnittskostenpreisen keine Verluste ➩ kein Probleme der Mittelaufbringung versunkene Kosten können entweder durch geeignete Wahl des Lizenzzeitraums unbedeutend werden (Bsp. Lizenzzeitraum = Lebensdauer eines Müllwagens) oder durch staatliche Bereitstellung der irreversiblen Investitionen aus dem Markt genommen werden (Bsp. Schienennetz versus Betreibung der Bahnlinie) Verbleibende Probleme: ➤ Auswahl der geeigneten Qualität durch den Staat (andernfalls Qualitätsminimierung durch Monopolisten) ➤ Beurteilung von Angeboten bei mehrteiligen Tarifen oder im Mehrproduktfall erfordert detaillierte Kenntnisse der Nachfragefunktion, z. T. auch der Kostenverläufe ➤ Kollusion zwischen den Bietern muss ausgeschlossen werden ➤ Reaktion auf sich ändernde Rahmenbedingungen während des Lizenzzeitraums bleibt problematisch Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 77 6 Das Monopson und das bilaterale Monopol Quelle: Wied-Nebbeling (Kapitel II.3 und II.4) Monopson: Ein Nachfrager trifft auf viele Anbieter ➤ Der Nachfrager über Marktmacht aus und wählt den für ihn besten Punkt auf der Angebotsfunktion. ➤ Beispiele: Lebensmittelketten als Nachfrager von Agrarprodukten, VW als Nachfrager von spezifischen Zwischenprodukten bilaterales Monopol: Ein Nachfrager trifft auf einen Anbieter ➤ Sowohl Nachfrager als auch Anbieter verfügen über Marktmacht. ➤ Das Marktergebnis hängt davon ab, wessen Macht größer ist, das kann von der Existenz substitutiver Güter abhängen, aber auch situationsabhängig sein. ➤ Beispiel: Arbeitsmarkt, Rüstungsgüter. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 78 6.1 Das Monopson Gewinnmaximierung des Monopsonisten: Beispiel Arbeitsmarkt ➤ Für einen Monopsonisten auf dem Arbeitsmarkt ist der Lohnsatz nicht mehr exogen. ➤ Der Zusammenhang zwischen Lohnsatz und Arbeitsangebot ist durch die Arbeitsangebotsfunktion beschrieben. max G(K, L) = PX(K, L) − w(L)L − rK (49) K,L ∂G = ∂K ∂G = ∂L (50) (51) (52) Die Grenzausgabe w(1 + ηw,L) für eine zusätzliche Arbeitseinheit ist größer als der Lohnsatz, da auch für alle bisher Beschäftigten der Lohnsatz erhöht werden muss. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 79 Monopsongrad: PXL − w 1 = w ηL,w (53) ➤ Der Monopsongrad ist positiv und liegt zwischen null und unendlich. ➤ Die prozentuale Abweichung des Lohnsatzes vom Wertgrenzprodukt der Arbeit ist um so größer, je unelastischer das Arbeitsangebot ist. ➤ Geringe Elastizität des Arbeitsangebots bedeutet, dass die Arbeiter schlecht ausweichen können (stark spezialisierte Arbeiter, regional einziger Arbeitgeber) ➤ Wenn es gute Substitute gibt (andere Arbeitgeber), dann liegt der Monopsongrad nahe null. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 80 w L ➤ Ein Monopsonist nutzt seine Marktmacht, um zu einem geringeren Lohn weniger Arbeit nachzufragen. Die produzierte Menge ist dadurch suboptimal gering. ➤ Alle Ergebnisse des Monopols sind übertragbar. ➤ Es entsteht ein Wohlfahrtsverlust (Dreieck). Zusätzlich erfolgt eine Umverteilung zu Gunsten des Monopsonisten. ➤ In der Regel dürfte ein Monopson keine stabile Marktform sein. Staatliche Regulierung kann erforderlich sein. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 81 6.2 Das bilaterale Monopol Mögliche Ergebnisse im bilateralen Monopol: Beispiel Arbeitsmarkt ➤ Ein Monopsonist würde gemäß „Wertgrenzprodukt = Grenzausgabe“ entscheiden und dadurch eine geringere Arbeitsnachfrage bei geringerem Lohnsatz realisieren (s.o.). ➤ Ein Monopolist (einziger Anbieter von Arbeit oder Angebotskartell, d. h. Gewerkschaft) würde gemäß „Grenzerlös = Grenzkosten“ entscheiden, das bedeutet hier: Die Arbeitsangebotskurve signalisiert die steigenden Grenzkosten der Arbeit: steigendes Arbeitsleid, beispielsweise wegen sinkender Freizeit, aber auch sinkendem Grenznutzen aus dem Einkommen. Bei Mengenanpasserverhalten wurde gemäß „Lohnsatz = Grenzkosten der Arbeit“ angeboten. Die Wertgrenzproduktkurve ist die Arbeitsnachfrage. Daraus resultiert der Grenzerlös als fallende, darunter liegende Kurve: Erhöht die Gewerkschaft den Lohn, entspricht der Grenzerlös dem Lohnsatz, vermindert um den Rückgang der Arbeitsnachfrage: 1 (54) GE = w 1 + ηL,w |{z} <0 Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 82 w L ➤ Der Lohn, den das Unternehmen als Monopsonist setzen würde, ist geringer als w∗. ➤ Der Lohn, den die Gewerkschaft als Monopolist setzen würde, ist größer als w∗. ➤ Der Lohn als Verhandlungsergebnis im bilateralen Monopol hängt der Verhandlungsmacht der beiden Seiten ab: Glaubwürdigkeit Streiks/Aussperrungen, Höhe der Arbeitslosigkeit, politische Einflussnahme, etc. von von ➤ Der Lohn im bilateralen Monopol kann größer oder kleiner als w∗ sein. ➤ Die Beschäftigung wird auf jeden Fall geringer sein als L∗! Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 83 Ergebnisse: ➤ Der Monopsonist nutzt seine Marktmacht, um den Preis zu senken. Dabei sinkt die angebotene Menge, aber die Konsumentenrente des Monopsonisten steigt. ➤ Das Verhalten spiegelt das Verhalten eines Monopolisten: die gehandelte Menge ist suboptimal gering, um den Preis zu den eigenen Gunsten verändern zu können. ➤ Es entsteht ein Wohlfahrtsverlust. ➤ Das Verhandlungsergebnis im bilateralen Monopol hängt von der Macht der beiden Marktseiten ab. ➤ Über die Höhe des resultierenden Preises sind ohne weitergehende Annahmen keine Aussagen möglich. ➤ Die gehandelte Menge wird eindeutig suboptimal gering sein. ➤ Es entsteht ein Wohlfahrtsverlust. ➤ Beide Marktformen sind inhärent instabil, da die Extragewinne neue Marktteilnehmer anziehen. ➤ Sollte die Marktmacht länger bestehen bleiben, ist staatliche Regulierung nötig. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 84 7 Das Oligopol Quelle: Borrmann/Finsinger (Kapitel 3) und Wied-Nebbeling (Kapitel IV.1-IV.3 und VI.2) Charakteristische Merkmale des Oligopols: Marktstruktur ➤ Nur „wenige“ Anbieter sind auf dem Markt tätig, beispielsweise wegen Subadditivität der Kostenstruktur, die zwar nicht bis in den relevanten Bereich der Nachfrage reicht, aber den Marktzutritt neuer Anbieter behindert: X ➤ Jeder Anbieter spürt die Auswirkungen des Verhaltens der anderen Anbieter. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 85 Marktverhalten: ➤ Jeder Anbieter muss Vorstellungen über das Verhalten der anderen Anbieter entwickeln. (Beispiel: Marktführer und Marktfolger) ➤ Jeder Anbieter kann Mengen- oder Preisstrategie verfolgen. Realistisch: Zunächst Mengenfestlegung (Kapazitätsentscheidung), dann Preisfestlegung. ➤ Wegen der Möglichkeit zu strategischem Verhalten sind viele Verhaltensweisen im Oligopol möglich Beispiele: • Mengenwettbewerb mit verschiedenen Machtverteilungen • Preiswettbewerb • Kollusion ➤ Das konkrete Ergebnis hängt von den jeweiligen Randbedingungen und den beteiligten Entscheidungsträgern (!) ab. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 86 7.1 Mengenwettbewerb nach Cournot Die Anbieter stehen der gemeinsamen Marktnachfrage gegenüber: Gi = P(X)Xi −Ci(Xi) wobei X = X1 + . . . + Xn (55) Gegeben das Verhalten (Ausbringungsmenge) der anderen Anbieter, kann man das optimale Verhalten des Anbieters i bestimmen: maxGi = P(X)Xi −Ci(Xi) (56) Xi ➩ ∂Gi = ∂Xi ➩ (57) P −Ci′ Xi 1 =− P Xη Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz (58) Wettbewerb 87 Ergebnisse: ➤ Die Oligopolisten nutzen ihre Marktmacht, um den Preis über die Grenzkosten anzuheben. ➤ Der relative Preisaufschlag ist um so größer, je größer der Marktanteil Xi/X ist. Bei Symmetrie (gleich große Oligopolisten) ist der Marktanteil um so größer, je weniger Anbieter auf dem Markt sind. ➤ Der relative Preisaufschlag ist um so größer, je unelatischer die Marktnachfrage reagiert, wie beim Monopol. ➤ Da der Preis höher ist als die Grenzkosten, entsteht ein Wohlfahrtsverlust. ➤ Es resultiert wettbewerbspolitischer Eingriffsbedarf wie beim natürlichen Monopol. ➤ Je weiter das Oligopol ist (mehr Oligopolisten), um so näher ist das Marktergebnis am sozialen Optimum. ➤ Je enger das Oligopol ist (weniger Oligopolisten), um so eher ist mit Verzerrungen zu rechnen, die der Regulierung bedürfen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 88 Beispiel: Duopol mit linearer Nachfrage und gleichen, linearen Kosten Die beiden Anbieter stehen der gemeinsamen Marktnachfrage gegenüber: G1 = P(X)X1 −C(X1) G2 = P(X)X2 −C(X2) (59) wobei X = X1 + X2 (60) und zur Vereinfachung P = a − bX = a − b(X1 + X2) (61) und C1′ = C2′ = c (62) Gegeben das Verhalten (Ausbringungsmenge) des einen Anbieters (hier: X2), kann man das optimale Verhalten des anderen Anbieters bestimmen: max G1 = (a − b(X1 + X2))X1 −C(X1) = aX1 − b(X1)2 − bX1X2 −C(X1) X1 ➩ G1 = X1 ➩ (63) (64) X1 = Universität Greifswald a − c X2 − 2b 2 und analog X2 = Prof. Dr. Susanne Soretz a − c X1 − 2b 2 Wettbewerb (65) 89 Grafische Darstellung der Reaktionsfunktionen: X1 X2 ➤ Das Gleichgewicht liegt im Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen und ist stabil. Im Gleichgewicht wird die Gesamtmenge X = X1 + X2 angeboten, wobei − a − c a−c − 2b X1 = 2b 2 X1 2 ➩ X= 2 a−c 3 b Cournot’sche 2/3-Lösung (66) Allgemein bedeutet dies, dass in einem Oligopol mit n Oligopolisten und konstanten n Grenzkosten die Menge X = n+1 X ∗ angeboten wird. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 90 Erweiterung: Marktführerschaft nach Stackelberg Einer der Duopolisten könnte die Reaktion des anderen antizipieren: 1 könnte die Reaktionsfunktion des 2 kennen und berücksichtigen. Dann wählt 1 denjenigen Punkt auf der Reaktionsfunktion des 2, der seinen Gewinn maximiert: X a − c 1 − −C(X1) max G1 = aX1 − b(X1)2 − bX1X2 −C(X1) = aX1 − b(X1)2 − bX1 X1 2b 2 ➩ = (67) ∂G1 = ∂X1 (68) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 91 ➩ X1 = a−c 2b ➩ X2 = ➩ X= (69) a−c 4b 3 a−c = 4 b = (70) (71) P X Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 92 Ergebnisse: ➤ Der Marktführer hat einen größeren Marktanteil als im Cournot-Gleichgewicht. ➤ Der Marktfolger produziert eine geringere Menge. ➤ Die Gesamtmenge ist größer, der Wohlfahrtsverlust geringer. ➤ (Hier) ohne Erklärung bleibt die Festlegung von Marktführer und Marktfolger: Warum sollte der Marktfolger nicht versuchen, zum Marktführer zu werden? Dann würden beide Duopolisten jeweils (a−c)/2b anbieten, so dass insgesamt die Konkurrenzmenge erzeugt wird! Beide Duopolisten würden sich aber in einer solchen Situation verbessern, wenn sie ihre Angebotsmenge reduzierten. ➤ Generell gilt: Je geringer das „Einvernehmen“ zwischen den Oligopolisten, um so größer ist die Gesamtmenge und um so geringer ist der Wohlfahrtsverlust. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 93 7.2 Preiswettbewerb nach Bertrand ➤ Setzen die Oligopolisten direkt die Preise, so ist das Gleichgewicht grundlegend anders: Es resultieren Grenzkostenpreise und somit das soziale Optimum. Argumentation: ➤ Wenn einer der Oligopolisten seinen Preis marginal senkt, so zieht er die gesamte Nachfrage auf sich. ➤ Die Umsatzeinbuße durch die Preissenkung wird durch den starken Zuwachs der abgesetzten Menge mehr als ausgeglichen, so dass der Gewinn steigt. ➤ Da den anderen Oligopolisten so der Verlust der gesamten Absatzmöglichkeit droht, senken sie ihrerseits den Preis. ➤ Dieser Prozess setzt sich fort, bis Grenzkostenpreise erreicht sind; eine weitere Preissenkung wäre gewinnmindernd. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 94 Würdigung: ➤ Die Ergebnisse des Preiswettbewerbs nach Bertrand sind nicht robust: Bei Kapazitätsgrenzen der einzelnen Anbieter oder steigenden Grenzkosten kann nicht mehr sicher von Grenzkostenpreisen ausgegangen werden. ➤ Auch Produktdifferenzierung würde Grenzkostenpreise verhindern, da ein Oligopolist dann nicht mehr durch marginale Preissenkungen die gesamte Nachfrage auf sich ziehen kann. ➤ Aus dem Bertrand-Gleichgewicht darf nicht der Optimismus abgeleitet werden, dass trotz Marktmacht im Oligopol sozial optimale Marktergebnisse resultieren. ➤ Das Bertrand-Modell belegt vor allem die Bedeutung der Annahmen über das Unternehmensverhalten und die strategische Interaktion im Oligopol. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 95 7.3 Wettbewerbsbeschränkung: Kooperation Da sich die Gewinnmöglichkeiten der Oligopolisten durch Machtkämpfe verschlechtern, liegt es nahe, „gemeinsame Sache“ zu machen. ➤ Implizite (stillschweigende) Kooperation (geringster Kooperationsgrad) ➤ Einigung auf Wettbewerbsregeln (auch: Niedrigstpreisgarantien ➜ reduzierte ein Anbieter den Preis, so würden alle anderen den Preis übernehmen ➜ Preissenkungen erhöhen nicht den Gewinn ➜ Preise über den GK können aufrecht erhalten werden) ➤ Verhaltensabstimmung (Quotierung, Preisabsprachen) ➤ Kartellbildung Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 96 gemeinschaftliche Maximierung des Gesamtgewinns durch Kartellbildung/Kollusion. max G(X) = aX − bX 2 −C1(X1) − . . . −Cn(Xn) (72) Xi ➩ ∂G = ∂X1 (73) ∂G = ∂Xi (74) ➩ a − 2bX = Ci′ ∀i (75) Für gleiche und konstante Grenzkosten c gilt ➩ X= a−c 2b (76) ➤ Die Gesamtmenge entspricht dann der Monopolmenge. ➤ Die Summe des Gewinns ist so maximal, ebenso der Wohlfahrtsverlust. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 97 Die Mengenverteilung auf die Unternehmen hängt von den Kostenverläufen ab: ➤ Bei gleichen und konstanten Grenzkosten ist die Aufteilung irrelevant ➜ Aufteilung nach Marktanteilen vor Kartellbeginn oder gleichmäßig ➤ Bei steigenden und in allen Unternehmen identischen Grenzkosten erfordert Gewinnmaximierung einheitliche Produktionsmengen, was schwer durchsetzbar ist, wenn Unternehmen vor Kartellbeginn verschiedene Größen hatten. ➤ Bei steigenden und unterschiedlichen GK muss das Unternehmen mit den höchsten GK die geringste Menge produzieren ➜ Durchsetzung problematisch: P P X Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Xi Wettbewerb 98 Würdigung: ➤ Wie soll der Gewinn unter den Kartellmitgliedern aufgeteilt werden? Insbesondere bei unterschiedlichen Produktionsmengen müssen Ausgleichszahlungen ausgehandelt werden. ➤ Kartelle sind (wegen des Wohlfahrtsverlustes) verboten ➩ die Oligopolisten können sich nicht zu einem Unternehmen mit einheitlicher Leitung zusammenschließen, sondern müssen (ebenfalls illegale) Absprachen über das Marktverhalten treffen: Mengenkontingente, Mindestpreise. ➤ So lange der einzelne Oligopolist damit rechnen kann, dass die anderen Kartellmitglieder sich an die Absprache halten, kann er unter Umständen seinen Gewinn durch eine Mengenausweitung erhöhen (siehe unten). ➤ Wegen der schlechten Sanktionsmöglichkeiten illegaler Absprachen sind Kartelle inhärent instabil (siehe OPEC), insbesondere bei vielen Oligopolisten. ➤ Je nach dem tatsächlichen Verhalten der Kartellteilnehmer können sie aber auch über lange Zeit gut funktionieren (siehe Gasmarkt, Mineralölkonzerne) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 99 Kartellstabilität: Ein Kartell ist dann instabil, wenn es eine vorteilhafte Außenseiterposition gibt. Erhöht ein Anbieter seine Produktionsmenge, dann ➤ steigt sein Gewinn, da die Kartellabsprache P > GK impliziert ➤ sinkt sein Gewinn, da der Preis bei hinreichendem Einfluss des Anbieters sinkt Eine vorteilhafte Außenseiterposition gibt es, wenn der Preis nicht zu stark fällt, so dass der Gewinnanstieg dominiert. Dann ist es für alle Kartellmitglieder lohnend die Menge auszudehnen ➜ das Kartell bricht zusammen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 100 Ist die Anbieteranzahl hinreichend groß, dann sinkt der Preis nicht spürbar: P P X Xi ➤ Jeder Anbieter kann seinen Gewinn erhöhen, indem er die Menge ausdehnt ➤ Wenn viele Oligopolisten die Menge ausdehnen, sinkt der Gleichgewichtspreis ➤ Das Kartell bricht zusammen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 101 Wann gibt es eine vorteilhafte Außenseiterposition? Beispiel: lineare Nachfragefunktion P = a − bX, konstante Grenzkosten c ➩ Kartellmenge X K = a−c 2b XiK = a−c 2bn (77) Der Preis beträgt dann P= = a+c 2 (78) und der Gewinn eines Kartellmitglieds ist GKi = a+c a−c a−c −c 2 2bn 2bn (79) Der Außenseiter bestimmt seine gewinnmaximierende Produktionsmenge bei gegebenem Verhalten der Kartellmitglieder: P = a − b(X K + XA) = Universität Greifswald = Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb a+c − bXA 2 (80) 102 Der maximale Gewinn des Außenseiters ergibt sich aus a+c − bXA XA − cXA = GA = 2 (81) ∂GA = ∂XA (82) ➩ XA = ➩ PA = ➩ GA = a−c 4b (83) = a+c 4 a−c a+c a−c −c 4 4b 4b (84) (85) Die Außenseiterposition ist vorteilhaft, wenn der Gewinn höher ist als im Kartell: GA ≷ GKi ➩ ➩ (86) n≷ 4(a − c) a − 3c Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz (87) Wettbewerb 103 Für c = 0 wäre das Katell instabil, sobald n > 4. Je höher a, um so elastischer ist die Nachfrage, um so stärker ist der Preisrückgang und um so stabiler ist das Kartell. Je höher die Grenzkosten c, um so geringer ist die Gewinnsteigerung bei Mehrproduktion, um so weniger lohnt sich das Ausberechen und um so stabiler ist das Kartell. Ergebnisse: ➤ Die Gewinnsteigerung durch Kooperation Kartellmitglieder die Menge reduzieren. ist nur durchsetzbar, wenn alle ➤ Aus dem Kartell auszubrechen (wenn alle anderen sich an die Mengenbeschränkung halten) ist lukrativ, wenn der Preis nicht zu stark sinkt. ➤ Der Preisrückgang wird um so größer ausfallen, je enger das Oligopol ist, je elastischer die Nachfrage reagiert und je höher die Grenzkosten sind. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Wettbewerb 104