6 6 Zusammenfassung 113 Zusammenfassung Die simultane Nieren-Pankreastransplantation (NPTx) ist im Vergleich zu anderen Organtransplantationen die Transplantation mit den meisten Komplikationen. In spezialisierten Zentren hingegen können exzellente postoperative Patienten- und Transplantatüberlebensraten erzielt werden. Dies liegt vor allem an der Verbesserung der Operationstechniken und an der Weiterentwicklung der Immunsuppressionsschemata. Dennoch sind eine Abstoßungsreaktion und ein Transplantatverlust weiterhin gefürchtete Komplikationen. Da eine Abstoßungsreaktion ein wesentlicher Risikofaktor für einen Verlust der Transplantatfunktion ist, sollten Abstoßungsreaktionen des Pankreas oder der Niere frühzeitig erkannt und behandelt werden. Der Einfluss des Spenderund Empfängergeschlechts auf den Langzeitverlauf nach einer NPTx ist nicht bekannt. In dieser Arbeit wurde geprüft, ob ein Einfluss des Spender- beziehungsweise Empfängergeschlechts auf eine Abstoßungsreaktion oder einen Transplantatfunktionsverlust besteht. Ferner wurden Geschlechterkonstellationen gesucht, bei denen Abstoßungsreaktionen oder Funktionsverluste der transplantierten Organe besonders häufig oder besonders selten auftraten. Zu diesem Zweck wurde der klinische Verlauf von 218 Patienten, die eine simultane NierenPankreastransplantation in den Jahren 1994 bis 2005 im Transplantationszentrum Bochum erhalten hatten, verfolgt und ausgewertet. Das Vorliegen oder Fehlen einer Abstoßungsreaktion wurde sowohl auf histologisch untersuchte Biopsien, als auch auf einen Anstieg der Retentionsparameter der Niere und einen Anstieg des Blutzuckerwertes gestützt. Zu den Einflussfaktoren zählten neben dem klinischen Verlauf sowohl das Spenderalter, die kalte Ischämiezeit, die Immunsuppression, die Initialfunktion 6 Zusammenfassung 114 der Organe als auch das Spendergeschlecht. Abstoßungsreaktionen und Transplantatverluste traten früher und häufiger nach NPTx auf, wenn Organe von Frauen transplantiert wurden. Obwohl sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Empfängergeschlechtern zeigten, konnten jedoch signifikante Unterschiede zwischen den Spender- Empfängerkonstellationen ermittelt werden. So hatte die Konstellation männlicher Spender und männlicher Empfänger gegenüber weiblicher Spender und männlicher Empfänger ein wesentlich geringeres Risiko für eine akute perioperative Abstoßungsreaktion. Ebenfalls hatte die Konstellation weiblicher Spender und weiblicher Empfänger gegenüber männlicher Spender und männlicher Empfänger ein vierfach erhöhtes Risiko für eine akute perioperative Abstoßungsreaktion. Ein signifikant erhöhtes Risiko für eine später eintretende Abstoßungsreaktion konnte für keine Spender- Empfängerkonstellation ermittelt werden. Betrachtete man die Funktion der beiden Organtransplantate (Niere und Pankreas) so wurde festgestellt, dass die Patienten der Konstellation männlicher Spender und weiblicher Empfänger die signifikant besten Nierentransplantatfunktionsraten hatten. Im Gegensatz dazu wiesen die Patienten der Konstellation weiblicher Spender und männlicher Empfänger sowohl die meisten Pankreastransplantat- als auch Nierentransplantatverluste auf. Trotz guter Organfunktionsraten nach NPTx wird man weiterhin versuchen, weitere Risikofaktoren für eine Abstoßungsreaktion und einen Transplantatfunktionsverlust zu finden. Das Wissen darüber, dass sowohl das Spendergeschlecht als auch die Spender-Empfängerkonstellation den klinischen Verlauf nach einer NPTx beeinflussen, wirft die Frage auf, ob das erhöhte Risiko einzelner Konstellationen eine andere immunsuppressive Therapie oder intensivere Verlaufskontrollen nach sich ziehen sollte. Eine weitere Maßnahme wäre die Einbindung des Spender- und Empfängergeschlechts in die Allokationskriterien für eine NPTx. Da in Deutschland ein großer Mangel an Spenderorganen herrscht, müssen auch weibliche Organtransplantate verwendet werden, die mit einem erhöhten Risiko für eine Abstoßungsreaktion verbunden sind. Die beiden zurzeit praktikablen Möglichkeiten sind, dass man die Patienten der 6 Zusammenfassung 115 Risikokonstellationen engmaschiger überwacht, um Abstoßungsreaktionen und drohende Transplantatfunktionsverluste früher zu erkennen oder eine stärkere Immunsuppression dieser Patienten durchführt.