Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur Bekämpfung

Werbung
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Tätigkeitsbericht 2004
Neurobiologie
Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur Bekämpfung der
Demenz
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter
Max-Planck-Institut für neurologische Forschung, Köln
Abteilung - Allgemeine Neurologie
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Die Vermeidung einer Demenz durch Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkankungen, insbesondere
des M. Alzheimer, mit der Möglichkeit einer effizienten Testung möglicherweise neuroprotektiv
wirksamer Medikamente ist wegen der Verlängerung der Lebenserwartung in den Industrieländern von
außerordentlicher Bedeutung. Bei nicht dementen Patienten mit leichten kognitiven Störungen gelingt
es durch die Positronen-Emission-Tomographie (PET), eine Hochrisikogruppe von Patienten zu
identifizieren, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Verlauf der nächsten 1-2 Jahre eine Demenz
entwickeln werden. Mit dieser Technik ist es auch möglich, Tiermodelle neurodegenerativer
Erkankungen durch unmittelbaren Vergleich mit der menschlichen Erkrankung zu validieren und
spezifische therapeutische Ansatzpunkte zu prüfen.
Abstract
Prevention of dementia by early diagnosis of neurodegenerative disease, in particular Alzheimer’s
disease, and efficient testing of neuroprotective drugs is an important goal in all industrialized countries
because of the prolongation of life span. With positron emission tomography (PET) we can identify a
high-risk group of non-demented patients with mild cognitive impairment who have a very high likelihood
to progress to dementia within 1-2 years. With this technique, one can also directly compare and validate
animal models of neurodegenerative disease with human disease and test specific therapeutic
approaches.
Mit der Verlängerung der Lebenserwartung in den meisten Ländern, insbesondere den westlichen
Industrieländern, wird die Belastung von Individuen und der Gesellschaft durch demenzielle
Erkrankungen des höheren Lebensalters immer größer. Es wurde geschätzt, dass in Deutschland 900.000
Patienten, bzw. 7,2% der über 65-jährigen und 35% der über 90-jährigen, an mittelschwerer oder
schwerer Demenz erkrankt sind [1]. Neben zerebrovaskulären Störungen, insbesondere einer
zunehmenden Beeinträchtigung kognitiver Funktionen durch einen oder mehrere Schlaganfälle, der so
genannten Multi-Infarkt-Demenz, spielen dabei die neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus
Alzheimer und Morbus Parkinson eine dominierende Rolle. Wenn bei diesen Erkrankungen eine Demenz
eingetreten ist, sind bereits große Teile des Gehirns so schwer gestört, dass es kaum Hoffnung gibt, diese
Veränderungen durch irgendeine Art von Therapie noch wesentlich zurückzubilden. Ein brennendes
Thema ist die Diagnose einer neurodegenerativen Erkrankung zu einem frühen Zeitpunkt, zu dem es
noch nicht zu irreversiblen schweren Schäden des Gehirns gekommen ist, sondern sich die Demenz
möglicherweise noch aufhalten lässt. Dabei spielen die modernen funktionellen bildgebenden Verfahren
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
4871
Tätigkeitsbericht 2004
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die an unserem Institut zur Erforschung der
Hirnfunktion eingesetzt werden, wegen ihrer hohen Sensitivität und Spezifität eine zentrale Rolle [2].
Bevor es zur Ausbildung einer Demenz kommt, wird eine klinische Phase mit leichten kognitiven
Störungen (englisch: mild cognitive impairment, MCI) durchschritten [3]. Die in dieser Phase
bestehenden leichten Symptome können mittels neuropsychologischer Testung objektiv erfasst werden.
Allerdings gibt es bei der Bewertung der Symptome häufig Schwierigkeiten in der Abgrenzung von
altersbedingten Störungen, v.a. des Gedächtnisses, die noch als nahezu normal angesehen werden können
und kein wesentlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Demenz innerhalb einiger Jahre mit sich
bringen. Neben den neurodegenerativen Erkrankungen treten in höherem Lebensalter auch depressive
Erkrankungen vermehrt auf, die häufig ebenfalls mit leichten kognitiven Einbußen einhergehen. Sie
können mit Rückbildung der Depression, spontan oder in Folge antidepressiver Behandlung, vollständig
reversibel sein, können aber auch in die Entwicklung einer Demenz münden. Mit klinischen Mitteln sind
wir also durchaus in der Lage, leichte kognitive Störungen zu identifizieren. Es ist jedoch häufig nicht
ohne weiteres möglich vorherzusagen, ob es sich dabei bereits um den Beginn einer demenziellen
Erkrankung handelt. Dies hat auch die Konsequenz, dass gegenwärtig klinische Studien von potenziell
neuroprotektiven Medikamenten wegen der geringen Spezifität der klinischen Diagnostik in dieser Phase
keine gute Effizienz aufweisen.
Der erste Tracer, der in der PET breite Anwendung fand und in der Demenz-Diagnostik bis heute einen
hohen Stellenwert hat, ist die 18F-2-Fluoro-2-deoxy-D-glukose (FDG). Sie bildet den
Glukosemetabolismus im Hirngewebe (englisch: cerebral metabolic rate of glucose, CMRGlc) ab und
eignet sich gut zur Einschätzung des zerebralen Funktionszustandes, da der Energiebedarf des Gehirns
unter physiologischen Bedingungen fast ausschließlich durch oxidativen Glukose-Abbau gedeckt wird.
Das Verfahren ist nicht invasiv, bis auf das Legen der intravenösen Kanülen zur Injektion und für die
Blutentnahmen mit keinen Unannehmlichkeiten verbunden. Die Untersuchung dauert maximal 1 Stunde
und findet unter Ruhebedingungen in einer ruhigen Umgebung statt.
Bei der Alzheimer-Demenz (AD) findet sich ein charakteristisches Verteilungsmuster der funktionellen
Störungen .
Die Durchblutungs- und Stoffwechselminderungen betreffen hauptsächlich den
• temporo-parietalen Assoziationskortex (v.a. G. angularis und der hintere Anteil des G. cinguli)
• fronto-lateralen Assoziationskortex (in wechselnd starker Ausprägung)
Relativ lange unbeeinträchtigt sind
• Gebiete des Primärkortex, z.B. die primäre Sehrinde (Brodmann Area 17)
• Basalganglien
• Zerebellum
Diese Veränderungen im Stoffwechselmuster decken sich gut mit den klinischen Befunden, bei denen
Gedächtnisverluste und Defizite im assoziativen Denken im Vordergrund stehen, während Funktionen
der primären motorischen und sensorischen Rinde lange erhalten bleiben
Im Rahmen einer Europäischen Kooperation koordinierten wir das "Network for Efficiency and
Standardisation of Dementia Diagnosis (NEST-DD)", das sich mit finanzieller Unterstützung durch die
Europäische Kommission zum Ziel gesetzt hat, die Frühdiagnostik der Demenz in Europa auf objektive
und reproduzierbare Verfahren zu gründen. Wir entwickelten automatisierte Auswerteverfahren für
FDG-PET und zeigten, dass damit die Abgrenzung der AD von gesunden Kontrollpersonen zu 84%
gelingt, selbst wenn diese Patienten nur so leicht beeinträchtigt sind, dass die üblichen
2488
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Tätigkeitsbericht 2004
neuropsychologischen Screeningverfahren (z.B. die "Mini-Mental Status Examination") noch
Normalwerte liefern [4]. Bei einer Längsschnitt-Untersuchung von Patienten mit klinisch noch nicht zu
sichernder Demenz aber signifikanten Gedächtnisstörungen fanden wir bei etwa einem Drittel bereits
Veränderungen wie bei AD und es zeigte sich, dass diese Patienten ein Risiko von 65% hatten, innerhalb
von 2 Jahren eine erhebliche Progression ihrer Symptome zu erleiden, während sich lediglich 14% der
Patienten ohne diese Stoffwechselveränderungen signifikant verschlechterten [5]. Aktuelle
Zwischenergebnisse unserer prospektiven Studie zeigen bei MCI-Patienten für FDG-PET sehr hohe
positive und negative Prädiktionswerte (über 90%) für Progression zu Demenz innerhalb eines Jahres,
während ein Gedächtnistest zwar ebenfalls eine gute negative Prädiktion, aber nur 48% positive
Prädiktion erlaubt. FDG-PET scheint also sehr gut geeignet, um Patienten mit hohem Risiko für die
Entwicklung einer Demenz zu identifizieren und einer vorbeugenden Behandlung zuzuführen.
Abb. 1 : Untersuchungsserie mit FDG PET bei einem Patienten mit AD im Verlauf von 2 Jahren. Bei der ersten
Untersuchung klinisch nur Gedächtnisstörung, noch nicht die klinischen Kriterien einer Demenz erfüllend, jedoch
bereits deutliche Stoffwechselstörung mit typischer Verteilung. Im Verlauf Progression der Stoffwechselstörung
und Übergang in klinische Demenz.
Die Veränderungen des zerebralen Stoffwechsels bei AD und MCI mit hohem Risiko konnten wir ganz
klar von altersbedingten Verminderungen des zerebralen Stoffwechsels abgrenzen, die vorwiegend den
frontalen Assoziationskortex betreffen [4;6]. Es kann also keinesfalls von einer Altersdemenz als
unvermeidlicher physiologischer Prozess gesprochen werden, sondern die neurodegenerative Demenz
ist auch in höherem Lebensalter eine klar zu definierende Erkrankung.
Auch primär depressive Erkrankungen führen zu frontalen Stoffwechselveränderungen, insbesondere
der ventrolateralen Assoziationsfelder, die sich nach unseren Befunden jedoch auch nach Abklingen der
Depression nicht immer zurückbilden [7]. Die frontale Lokalisation der Störung ist von den typischen
Veränderungen bei AD gut abgrenzbar. Gegenwärtig führen wir noch Verlaufsuntersuchungen durch,
inwieweit sie in höherem Lebensalter trotzdem einen Risikofaktor für Demenz darstellen.
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
4893
Tätigkeitsbericht 2004
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Bei der Entstehung einer AD spielen genetische Faktoren eine wichtige Rolle. Die betrifft insbesondere
familiäre Erkrankungsformen mit Manifestation vor dem 65. Lebensjahr (sog. präsenile Demenz), wobei
in einzelnen Familien Mutationen in den Genen für Präsenilin, Präsenilin 2 oder dem Amyloid-PrecursorProtein (APP) gefunden wurden. Bezogen auf die viel größere Anzahl von sporadischen und senilen ADErkrankungen sind dies jedoch sehr seltene Befunde. Der einzige bisher reproduzierbar identifizierte
genetische Risikofaktor für diese Erkrankungsform ist das ε4-Allel des Apolipoprotein E (ApoE4). Bei
Vergleichen des Stoffwechselmusters von familiären und sporadischen Erkrankungsformen fand sich in
unseren Untersuchungen, dass die Stoffwechselveränderungen bei familiären Erkrankungen oder bei
Vorliegen des genetischen Risikofaktors ApoE4 jeweils fokal stärker ausgeprägt waren als bei
sporadischen Erkrankungen [8;9], was dafür spricht, dass bei letzteren auch andere Faktoren, wie z.B.
das ganze Gehirn betreffende mikrovaskuläre Veränderungen, eine wesentliche Rolle in der Entstehung
spielen.
Im Rahmen der Netzwerk-Kooperation war es auch möglich, seltenere Demenzformen in größeren
Fallzahlen zu untersuchen. Bei der Fronto-temporalen Demenz (FTD), einer histopathologisch
uneinheitlichen Krankheitsgruppe bei der es vorwiegend zu ausgeprägten Persönlichkeits- und
Verhaltensänderungen (Apathie oder Enthemmung) kommt, konnten wir so eine bestimmte Region des
supramodalen frontalen Assoziationskortex nahe der Mittellinie als eine allen FTD-Manifestationen
gemeinsame Störung identifizieren [10]. Diese mittelliniennahe Lokalisation unter Einbeziehung des
vorderen Knies des Gyrus cinguli bei FTD stellt ein Gegenstück zur zentralen Beeinträchtigung des
hinteren Anteils des Gyrus cinguli und des benachbarten Präcuneus bei AD dar.
Diese Hirnareale werden bei vielen komplexen Aufgaben aktiviert, die episodisches Gedächtnis aber
auch die Bewertung komplexer sozialer Situationen erfordern [11]. Möglicherweise kommt eine
funktionelle Störung dieser Areale für die Entstehung der beiden klinischen Hauptmanifestationsformen
einer Demenz (AD und FTD) eine ähnliche zentrale Bedeutung zu, wie eine Störung des Broca- oder des
Wernickeareals für die Entstehung der beiden Hauptmanifestationen von Sprachstörungen, nämlich der
motorischen und der sensorischen Aphasie.
Auch bei M. Parkinson, der primär durch Muskelsteifheit, Verlangsamung der Bewegungsabläufe und
Zittern gekennzeichnet ist, kann es zu einer Demenz kommen. Mit FDG-PET-Untersuchungen wurde
schon vor vielen Jahren gezeigt, dass die damit assoziierten Veränderungen des kortikalen
Glukosestoffwechsels denen der AD sehr ähnlich sind, aber über die temporoparietalen
Assoziationsfelder hinaus häufig auch der visuelle Assoziationskortex im Okzipitallappen beeinträchtigt
ist [12]. Auch eine mit M. Parkinson eng verwandte Demenzform, die Demenz mit Lewy-Körperchen
(DLB), bei der die Bewegungsstörung sehr gering ist oder erst später im Verlauf auftritt, und die Demenz
mit erheblichen Schwankungen der Bewusstseinslage und mit visuellen Halluzinationen einhergeht,
weist ein ganz ähnliches Muster im Hinblick auf die Störung des Glukosestoffwechsels auf [13]. Während
eine deutliche Rückbildung der kortikalen Stoffwechselstörung bei AD bisher nicht beobachtet wurde,
haben wir dies jedoch bei Patienten mit M. Parkinson (noch ohne Manifestation einer Demenz) unter
elektrischer Tiefenhirnstimulation des Nucleus subthalamicus beobachten können [14]. Die Befunde
zeigen, dass funktionelle Störungen des Kortex reversibel sein können, sodass frühzeitige
Therapieansätze möglicherweise auch bei MCI und beginnender AD erfolgreich sein könnten.
4490
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Tätigkeitsbericht 2004
Abb. 2 : PET-MRT-Fusionsbild mit Lokalisation der zentraler funktioneller Störungen bei Alzheimer Demenz
(hinterer Anteil des Gyrus cinguli and Präcuneus, gelbe Markierung) und Frontotemporaler Demenz (vorderer
Anteil des Gyrus cinguli und frontomesialer Kortex, rote Markierung).
Bei neurodegenerativen Erkrankungen bestehen nicht nur neokortikale Funktionsstörungen, sondern
vielfach auch eine Degeneration phylogenetisch älterer Hirnstrukturen, wie z.B. des Hippokampus und
des Nucleus basalis bei AD und der Substantia nigra bei M. Parkinson. Bisher konnten sich diese basalen
Strukturen aufgrund ihrer geringen Ausdehnung mit der verfügbaren räumlichen Auflösung von PETGeräten nicht befriedigend untersucht werden. Dies ändert sich nun durch die Einführung einer neuen
Generation von PET-Geräten, deren Prototyp eines High Resolution Research Tomograph (HRRT) von
den Physikern unseres Instituts in Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma CTI (Knoxville, TE, USA)
entwickelt wurde [15-18]. Damit ist es möglich, den Stoffwechsel wichtiger basaler Hirnkerne,
limbischer Strukturen sowie atrophischer Kortexareale und ihre Interaktion präzise zu bestimmen [19]
Mit dem neuen Tomographen wird voraussichtlich geklärt werden können, ob die zellulären
Strukturveränderungen mit Ausbildung pathologischer Neurofibrillen im Bereich des Hippokampus und
des benachbarten entorhinalen Kortex, die als neuropathologisch früheste Veränderung in der
Entwicklung einer AD beschrieben wurden [20] dort auch mit messbaren neuronalen
Funktionsveränderungen einhergehen, oder ob die frühesten Funktionsstörungen weiterhin im
neokortikalen posterioren Gyrus cinguli gefunden werden.
Neben charakteristischen regionalen Veränderungen des Energiestoffwechsels kommt es bei Demenz
auch zu spezifischen Störungen von Neurotransmittersystemen. Dabei spielt die cholinerge Innervation
des Kortex, die hauptsächlich vom Nucleus basalis Meynert ausgeht, eine entscheidende Rolle. Auch
diese Störungen können mittels PET in vivo untersucht und nachgewiesen werden. Die kortikale Aktivität
die Acetylcholinesterase (AChE), die von cholinergen Neuronen exprimiert wird und für den Abbau von
Acetylcholin verantwortlich ist, kann mittels C-11-N-Methyl-4-Piperidyl-Acetat (MP4A) gemessen
werden. Wir haben dafür ein Messverfahren entwickelt, das ohne Gewinnung von Blutproben präzise
quantitative Werte liefert [21;22]. Damit konnten wir nachweisen, dass bereits bei leichter AD eine
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
4915
Tätigkeitsbericht 2004
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
ausgeprägte kortikale Verminderung der AChE-Aktivität besteht, während im Ursprung der cholinergen
Innervation, im Nucleus basalis Meynert, noch die normale Aktivität aufrecht erhalten bleibt [23]
Abb. 3 : PET-MRT-Fusionsbild mit Lokalisation hippokampaler Strukturen, die für Gedächtnisbildung
entscheidend sind.
Offenbar handelt es sich primär um eine Störung im Bereich der Axone der cholinergen Neurone, die zu
einer retrograden Degeneration mit letztendlichem Absterben der Neurone selbst führt, so wie sie in
früheren neuropathologischen Studien bei fortgeschrittener AD nachgewiesen wurde.
Transgene Tiermodelle spielen eine immer wichtigere Rolle beim Verständnis der molekularen
Mechanismen und der Entwicklung innovativer Therapieansätze bei neurodegenerativen Erkrankungen.
Es ist häufig unklar, in welchem Umfang diese Tiermodelle tatsächlich die molekularen und
pathophysiologischen Mechanismen der menschlichen Erkrankungen zutreffend wiedergeben. Mit der
molekularen Bildgebung durch PET können wesentliche Aspekte, wie die Veränderung des
Stoffwechsels, der Transmitter und Rezeptoren, und schließlich auch molekularer Schlüsselprozesse wie
die Amyoid-Ablagerung bei AD nicht nur beim Menschen [24] sondern auch in unmittelbar
vergleichbarer Weise im Tiermodell mittels MicroPET untersucht werden [25]. In transgenen APP23Mäusen untersucht die Arbeitsgruppe Molecular Imaging an unserem Institut gegenwärtig so den Verlauf
neurodegenerativer Veränderungen.
Gegenwärtig gibt es noch keine gesicherte Therapie zur Beeinflussung des Verlaufs neurodegenerativer
Erkrankungen. PET mit F-18-Fluorodopa hat bereits wesentlich dazu beigetragen, den günstigen Einfluss
von Dopamin-Agonisten im Vergleich zu L-DOPA in der Frühbehandlung des M. Parkinson
nachzuweisen [26]. Bei AD gibt es Hinweise aus epidemiologischen Studien, dass Antiphlogistika oder
hoch dosierte Vitamin-E-Gaben möglicherweise einen günstigen Einfluss haben, der Effekt konnte
jedoch bisher in prospektiven Studien nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Es ist zu erwarten, dass
künftige Studien mit Selektion von Patienten noch ohne Demenz aber mit einem hohen Risiko aufgrund
bereits mit PET nachweisbaren beginnenden funktionellen Veränderungen mit wesentlich geringeren
6492
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Tätigkeitsbericht 2004
Patientenzahlen aussagefähige Ergebnisse erzielen. Dadurch sollte es möglich werden auch für
gegenwärtig in Entwicklung befindliche Pharmaka, die z.T. sehr spezifisch für bestimmte molekulare
Prozesse sind (z.B. die Beeinflussung von Sekretasen zur Verringerung der Ablagerung von Amyoid
oder die Hemmung der Phosphorylierung von Protein tau), eine raschen und effizienten Wirkungsprüfung
bei noch nicht dementen Patienten zu ermöglichen [27].
Abb. 4 : Nachweis der Störung des cholinergen Systems in Amygdala und Kortex mit C-11-MP4A und PET bei
beginnender Alzheimer-Demenz.
(1) Bickel H. Dementia syndrome and Alzheimer disease: an assessment of morbidity and annual
incidence in Germany. Gesundheitswesen 2000; 62(4):211-218.
(2) Herholz K, Herscovitch P, Heiss W-D. NeuroPET. Berlin/Heidelberg/New York: Springer, 2004.
(3) Petersen RC, Doody R, Kurz A, Mohs RC, Morris JC, Rabins PV et al. Current concepts in mild
cognitive impairment. Arch Neurol 2001; 58(12):1985-1992.
(4) Herholz K, Salmon E, Perani D, Baron JC, Holthoff V, Frölich L et al. Discrimination between
Alzheimer Dementia and Controls by Automated Analysis of Multicenter FDG PET. Neuroimage 2002;
17:302-316.
(5) Herholz K, Nordberg A, Salmon E, Perani D, Kessler J, Mielke R et al. Impairment of neocortical
metabolism predicts progression in Alzheimer's disease. Dementia & Geriatric Cognitive Disorders 1999;
10(6):494-504.
(6) Zündorf G, Kerrouche N, Herholz K, Baron JC. An efficient principal component analysis for
multivariate 3D voxel-based mapping of brain functional imaging data sets as applied to FDG-PET and
normal aging. Hum Brain Mapp 2003; 18(1):13-21.
(7) Holthoff VA, Beuthien-Baumann B, Zündorf G, Triemer A, Lüdecke S, Winiecki P et al. Changes
in Brain Metabolism Associated with Remission in Unipolar Major Depression. Acta Psychiatr Scand
2004; in press.
(8) Mosconi L, Sorbi S, Nacmias B, De Cristofaro MTR, Fayyaz M, Cellini E et al. Brain metabolic
differences between sporadic and familial Alzheimer's disease. Neurology 2003; 61(8):1138-1140.
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
4937
Tätigkeitsbericht 2004
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
(9) Mosconi L, Herholz K, Nacmias B, De Cristofaro MT, Sorbi S, Pupi A. Metabolic interaction between
APOE genotype and onset age in Alzheimer's disease: implications for brain reserve. Journal of
Neurology, Neurosurgery & Psychiatry 2004; in press.
(10) Salmon E, Garraux G, Delbeuck X, Collette F, Kalbe E, Zuendorf G et al. Predominant ventromedial
frontopolar metabolic impairment in frontotemporal dementia. Neuroimage 2003; 20(1):435-440.
(11) Zysset S, Huber O, Ferstl E, von Cramon DY. The anterior frontomedian cortex and evaluative
judgment: an fMRI study. Neuroimage 2002; 15(4):983-991.
(12) Vander Borght T, Minoshima S, Giordani B, Foster NL, Frey KA, Berent S et al. Cerebral metabolic
differences in Parkinson's and Alzheimer's diseases matched for dementia severity. J Nucl Med 1997;
38(5):797-802.
(13) Minoshima S, Foster NL, Sima AA, Frey KA, Albin RL, Kuhl DE. Alzheimer's disease versus
dementia with Lewy bodies: cerebral metabolic distinction with autopsy confirmation. Ann Neurol 2001;
50(3):358-365.
(14) Hilker R, Voges J, Weisenbach S, Kalbe E, Burghaus L, Ghaemi M et al. Subthalamic nucleus
stimulation restores glucose metabolism in associative and limbic cortices and in cerebellum: evidence
from a FDG-PET study in advanced Parkinson's disease. J Cereb Blood Flow Metab 2004; 24:7-16.
(15) Wienhard K, Schmand M, Casey ME, Baker K, Bao J, Eriksson L et al. The ECAT HRRT:
performance and first clinical application of the new high resolution research tomograph. IEEE
Transactions on Nuclear Science 2002; 49(1):104-110.
(16) Knoess C, Boellaard R, Lenox M, Vollmar S, Casey M, Fluegge G et al. Evaluation of the Depth
of Interaction (DOI) for the High Resolution Research Tomograph (HRRT) - a comparison between
scanners with and without DOI. IEEE Transactions on Nuclear Science 2003; MIC.
(17) Knoess C, Gremillion T, Schmand M, Casey ME, Eriksson L, Lenox M et al. Development of a
daily quality check procedure for the high- resolution research tomograph (HRRT) using natural LSO
background radioactivity. IEEE Transactions on Nuclear Science 2002; 49(5):2074-2078.
(18) Eriksson L, Wienhard K, Eriksson M, Casey ME, Knoess C, Bruckbauer T et al. The ECAT HRRT:
NEMA NEC evaluation of the HRRT system, the new high-resolution research tomograph. IEEE
Transactions on Nuclear Science 2002; 49(5):2085-2088.
(19) Heiss W-D, Habedank B, Klein JC, Herholz K, Knoess C, Lenox M et al. Metabolic rates in small
brain nuclei determined by high resolution PET. J Nucl Med 2004; in press.
(20) Braak H, Braak E. Neuropathological stageing of Alzheimer-related changes. [Review]. Acta
Neuropathologica 1991; 82(4):239-259.
(21) Herholz K, Lercher M, Wienhard K, Bauer B, Lenz O, Heiss W-D. PET measurement of cerebral
acetylcholine esterase activity without blood sampling. Eur J Nucl Med 2001; 28:472-477.
(22) Zündorf G, Herholz K, Lercher M, Wienhard K, Bauer B, Weisenbach S et al. PET functional
parametric images of acetylcholine esterase activity without blood sampling. In: Senda M, Kimura Y,
Herscovitch P, editors. Brain imaging using PET. San Diego, Ca.: Academic Press, 2002: 41-46.
(23) Herholz K, Weisenbach S, Zündorf G, Lenz O, Schröder H, Bauer B et al. In-vivo Study of
Acetylcholine Esterase in Basal Forebrain, Amygdala, and Cortex in Mild to Moderate Alzheimer
disease. Neuroimage 2004; 21(1):136-143.
(24) Klunk WE, Engler H, Nordberg A, Wang Y, Blomqvist G, Holt DP et al. Imaging brain amyloid in
Alzheimer's disease with Pittsburgh Compound-B. Ann Neurol 2004; 55(3):306-319.
(25) Jacobs AH, Li H, Winkeler A, Hilker R, Knoess C, Ruger A et al. PET-based molecular imaging in
neuroscience. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2003; 30(7):1051-1065.
(26) Rakshi JS, Pavese N, Uema T, Ito K, Morrish PK, Bailey DL et al. A comparison of the progression
of early Parkinson's disease in patients started on ropinirole or L-dopa: an (18)F-dopa PET study. J Neural
Transm 2002; 109(12):1433-1443.
8494
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Herholz, Karl & Heiss. Wolf-Dieter | Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen zur ...
Tätigkeitsbericht 2004
(27) DeKosky S. Early intervention is key to successful management of Alzheimer disease. Alzheimer
Dis Assoc Disord 2003; 17(3):S99-S104.
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
4959
Herunterladen