Physikalisches Praktikum für Anfänger Grundpraktikum 1 Teil A Einführung in wissenschaftliches Arbeiten anhand einfacher Experimente 1 Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung 1.1 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Fehlerbehaftete Größen . . . . . . . . 1.2.2 Systematische Fehler . . . . . . . . . 1.2.3 Statistische Fehler . . . . . . . . . . 1.2.4 Fehlerfortpflanzung . . . . . . . . . . 1.2.5 Auswertung linearer Zusammenhänge Fallparabel 2.1 Grundlagen . . . . . . 2.2 Versuchsaufbau . . . . 2.3 Aufgaben . . . . . . . 2.3.1 Experiment A . 2.3.2 Auswertung A 2.3.3 Experiment B 2.3.4 Auswertung B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 4 5 5 5 6 6 . . . . . . . 9 9 10 10 10 10 11 11 3 Federkräfte 12 3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.2 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3.1 Bestimmung der Federkonstanten durch Auslenkung (statischer Fall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3.2 Bestimmung der Federkonstanten durch Schwingungen (dynamischer Fall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4 Oberflächenspannung 4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Oberflächenspannung von Wasser . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung von Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Oberflächenspannung von Methanol . . . . . . . . . . . . 4.3.4 Einfluß von Tensiden auf die Oberflächenspannung . . . . 16 16 16 Wärmekapazität 5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Eichung des Kalorimeters . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Metallen 5.3.3 Überprüfung der Dulong-Petit’schen Regel . . . . . . . . 17 17 18 18 18 18 19 5 2 14 14 15 16 16 6 Strömung 6.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Ausflussviskosimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Höppler-Kugelfall-Viskosimeter . . . . . . . . . . . 6.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Viskosität des Wassers . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Temperaturabhängigkeit der Viskosität von Glyzerin 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 20 20 21 21 21 21 22 1 1.1 Einleitung Vorwort Dieses Praktikum soll Studenten und Studentinnen als erste Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten dienen. In einigen wenigen Versuchen werden Experimente aus dem Bereich der Mechanik oder Wärmelehre ausgeführt und ausgewertet. Die Versuche sind bewusst einfach gehalten, damit sie ohne Vorbereitung in einem Zeitrahmen von jeweils 4 Stunden bewältigt werden können. Zielsetzung ist es, die logische Kette von Fragestellung, Experiment, Auswertung und Bewertung der Ergebnisse vollständig zu durchlaufen. Die einzelnen Versuche sind entsprechend gegliedert: Zunächst wird ein physikalisches Problem vorgestellt, abstrahiert und in mathematischer Form quanitativ formuliert. Danach folgt eine kurze Beschreibung des experimentellen Aufbaus und im letzten Abschnitt werden die zu bearbeitenden Aufgaben beschrieben. Es wird angegeben, welche Experimente bzw. Messreihen durchzuzuführen sind und welche Versuchsauswertungen notwendig sind, um die Extrahierung der gewünschten Messgrößen zu ermöglichen. Es soll stets auch eine Fehlerbetrachtung durchgeführt werden. Erfahrungen aus der täglichen Forschungsarbeit zeigen, dass es wichtig ist, die durchgeführten Experimente genau zu dokumentieren, um auch nach längerer Zeit die Arbeit noch nachvollziehen zu können. Einstellungen von Apparaten, Anzeigen von Messgeräten oder aufgetretene Besonderheiten sowie alle relevanten Parameter sind zu vermerken, damit eine spätere vollständige und korrekte Bewertung der Messergebnisse möglich ist. Wichtigstes Werkzeug ist ein Laborbuch. Für dieses Praktikum reicht ein einfaches kariertes DIN A4 Heft aus. Darin sollten in Stichpunkten der Aufbau des Versuchs, die Grundlagen, alle Rechnungen, alle Messungen und die Auswertung aufgezeichnet werden. Für numerische Berechnungen verkürzt ein einfacher wissenschaftlicher Taschenrechner den Rechenaufwand und ist als Vorstufe für spätere Auswertungen am Computer ein wichtiges Hilfsmittel. Experimentelle Physik besteht aus Teamarbeit. Deshalb sind alle Experimente in Zweier-Gruppen eingeteilt, wobei die Aufgaben auf jeden Teilnehmer gleichmäßig verteilt werden müssen. 1.2 Fehlerrechnung Ein wichtiger Gesichtspunkt aller experimentellen physikalischen Messungen ist die Bewertung bezüglich der gemachten Fehler. Eine Fehlerbetrachtung ist bei allen Messreihen durchzuführen, wenn auch in den meisten Fällen eine qualitative Angabe ausreicht. Die Verwendung von Mittelwerten, Standardabweichung, Anpassung der Daten an Messkurven (Fits) und die Methode der Fehlerfortpflanzung soll eingeübt werden. 4 1.2.1 Fehlerbehaftete Größen Jede Messung ist ungenau. Wenn man z.B. eine physikalische Größe x mehrfach misst, so wird man eine Streuung der Messwerte xi feststellen. Bei einer sorgfältigen Messung oder bei Verwendung eines genaueren Messinstrumentes kann die Streuung verringert werden. Es verbleiben jedoch Messfehler und der wahre Wert xw der zu messenden physikalischen Größe bleibt grundsätzlich unbekannt. In der Regel streuen die Messwerte statistisch um den wahren Wert. Dann ist der beste Wert, den man aufgrund einer n-mal wiederholten Messung angeben kann, gleich dem arithmetischen Mittelwert: n Mittelwert x̄ = 1X xi n i=1 Bei jeder Messung treten neben den genannten Fehlern, den Streufehlern oder statistischen Fehlern auch sog. systematische Fehler auf. Sie entstehen z.B., wenn ein Messinstrument falsch kalibriert ist. Jedes Messergebnis muss deshalb mit einer Fehlerangabe versehen werden, welche die beiden Fehlerarten berücksichtigt: ∆x = ∆xsyst + ∆xstat und das Ergebnis der Messung lautet dann: x = x̄ ± ∆x Da jede physikalische Größe mit einem Fehler behaftet ist, macht es keinen Sinn als Meßergebnis eine Zahl mit vielen Ziffern anzugeben. Die Zahl der Ziffern sollte dem Fehler entsprechen, d.h die Meßergebnisse sind zu runden. Die Fehlerangabe ist nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage und auch selbst mit einer Unsicherheit behaftet. Es genügt daher in der Regel die Angabe von einer, maximal zweier gültigen Stellen für den Fehler, z.B. f = (174.5 ± 0.3)mm oder (2450 ± 32)nm. 1.2.2 Systematische Fehler Systematische Fehler bei Messungen im Praktikum rühren meist von Ungenauigkeiten der Messgeräte oder der Messverfahren her (Kalibirierfehler, Abweichungen vom Nominalwert). Der Fehler hat meist einen festen Betrag und ein eindeutiges Vorzeichen. Er bleibt auch bei Wiederholungen gleich. Das Vorzeichen ist im Allgemeinen unbekannt; deshalb ist der systematische Fehler ebenso mit dem Vorzeichen ± anzusetzen. Für eine Abschätzung bei Messgeräten können häufig die Angaben der Gerätebeschreibung verwendet werden. 1.2.3 Statistische Fehler Ursachen für die zufälligen Fehler sind die Schwankungen der Messbedingung während der Messung oder Ungenauigkeiten bei der Ablesung von Zeigerinstrumenten. Zur Abschätzung dieser Größe wird die Messung n-fach wiederholt. Als Maß für die Streuung verwendet man die Standardabweichung σ: v u n u 1 X t (xi − x̄)2 σ= n − 1 i=1 5 Diese Größe σ charakterisiert die Genauigkeit einer einzelnen Messung und damit die Genauigkeit des Messverfahrens. σ ist der mittlere quadratische Fehler der Einzelmessung. Je mehr Einzelmessungen vorliegen, desto genauer wird der Mittelwert sein. Die Fehlertheorie √ zeigt, dass der statistische Fehler des Mittelwertes ∆xstat um den Faktor 1/ n kleiner als die Standardabweichung ist: σ ∆xstat = √ n Mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 68% liegt der wahre Wert xw innerhalb des Intervalls x̄ ± ∆xstat . Der entsprechende Bereich heißt deshalb auch Vertrauensbereich. 1.2.4 Fehlerfortpflanzung Oft hängt das Versuchsergebnis, die gesuchte Größe w, von mehreren Messgrößen a, b, c, ... ab, welche direkt gemessen werden. Der Zusammenhang ist aufgrund des zugrunde liegenden Modells bekannt: w = f (a, b, c, ...) Die direkt gemessenen Werte sind stets mit einem Fehler behaftet und man bestimmt ihre Mittelwerte ā, b̄, c̄, ... und die Messfehler ∆a, ∆b, ∆c, ... wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben. Der Bestwert des Ergebnisses ist dann w̄ = f (ā, b̄, c̄...) Der Fehler der Größe w ergibt sich aus der Fehlerstatistik zu s 2 2 ∂w ∂w · (∆a)2 + · (∆b)2 + · · · ∆w = ∂a ∂b Dabei sind ∂w , ∂w , · · · die partiellen Differentialquotienten, d.h. die Ableitung ∂a ∂b von w nach a bzw. b, wobei alle anderen Variablen als Konstanten betrachtet werden. 1.2.5 Auswertung linearer Zusammenhänge Es seien nun (xi , yi ) i = 1, · · · , n , eine größere Anzahl von Meßpunktpaaren, die nach der Theorie linear zusammenhängen sollten: y =A+B·x . Wegen der zufälligen Meßfehler streuen jedoch die Meßpunkte. Zur Bestimmung der Größen A und B gibt es die einfache grafische Auswertung oder die analytische Methode der kleinsten Quadrate. Grafische Auswertung Die Messpunkte werden grafisch aufgetragen und nach Augenmaß eine ausgleichende Gerade durch die Punkte gezeichnet, so dass die Abweichungen minimal 6 sind. Der Achsenabschnitt A und die Steigung B können dann unmittelbar abgelesen werden. Trägt man außer dieser optimalen Geraden noch zwei weitere parallele Geraden ein, so dass diese ca. 70% der Messpunkte einschliessen, so erhält man ein Streubereichsrechteck. In einem groben Verfahren kann man aus den Diagonalen des Rechtecks die Streufehler ∆A und ∆B ablesen (siehe Abb. 1.1 und 1.2). Abb 1.1: Ausgleichsgerade bei linearem Zusammenhang Abb 1.2: Prinzip einer grafischen Auswertung mit Streubereichen. Methode der kleinsten Quadrate Seinen (x1 , y1 ), · · · , (xn , yn ) die n Messpunkte. Wären A und B schon bekannt, ergäben sich die Werte ŷi = A + B · xi , welche zu den Messpunkten die Abweichungen ξi = ŷi − yi besitzen. Nach Gauß fordert man nun, dass die Summe der Quadrate aller Abweichungen N X ξi2 i=1 minimal wird. Mittels der Differentialrechnung für Funktionen mehrerer Veränderlicher ergibt sich unter der Voraussetzung, dass alle Messpunkte yi etwa den gleichen Fehler besitzen: P P P P n xi yi − xi yi xi yi − nx̄ȳ P P = (1) B = P 2 xi − nx̄2 n x2i − ( xi )2 P 2P P P xi y i − xi xi y i P P A = ȳ − B x̄ = (2) n x2i − ( xi )2 wobei x̄ und ȳ die Mittelwerte von xi und yi sind. Analog ergeben sich auch die Fehler der Parameter A und B: P σy2 · x2i ∆A = (3) P P n ( x2i ) − ( xj )2 ∆B = n · σy2 n( P P x2i ) − ( xj )2 (4) Die meisten wissenschaftlichen Taschenrechner können nach Eingabe der Wertepaare (x1 , y1 ), · · · , (xn , yn ) alle diese Werte ohne weiterer Programmierung au7 tomatisch ausgeben. Dies gilt auch dann, wenn man nichtlineare Zusammenhänge linearisiert (siehe nächsten Abschnitt). Selbstverständlich gibt es PC-Software wie gnuplot, die sowohl eine grafische Darstellung der Messpunkte als auch einen Anpassung an die Gerade mit Fehlerangaben erlauben. In den weiterführenden Praktika wird dies dann die Methode der Wahl sein. Nichtlineare Zusammenhänge Da lineare physikalische Zusamenhänge bequem graphisch oder mit dem Taschenrechner ausgewertet werden können, werden nichtlineare Zusammenhänge oft linearisiert, d.h. in pForm einer Geraden dargestellt. Dies ist häufig möglich: Untersucht man y = x/m, so hat man für y 2 = m1 · x eine einfache lineare Abhängigkeit. Natürlich gibt es allgemeine Verfahren zur Anpassung von Messgrößen an Funktionen (Theorie der Ausgleichsrechnung), welche aber erst in späteren Kursveranstaltungen besprochen werden können. Mit dem Programm gnuplot können auch Anpassungen für nichtlineare Systeme bei Messpunkten mit unterschiedlichen Fehlern durchgeführt werden. 8 2 2.1 Fallparabel Grundlagen Der Versuch behandelt die Bewegung von Kugeln im Schwerefeld der Erde. Durch eine Rollbewegung einer Kugel mit Masse m und Radius R) auf einer Rampe der Höhe h wird Ihnen zunächst eine horizontale Geschwindigkeit verliehen. Die horizontale Geschwindigkeit vx , mit der die Kugel die Rampe verlässt, kann mit Hilfe des Energiesatzes berechnet werden: Epot = Ekin m 2 v mgH = 2 x vx2 = 2gH (5) (6) (7) Dies einfache Beziehung ist jedoch nur dann gültig, wenn die Kugel als Massepunkt angenommen wird. Ansonsten ist zu berücksichtigen, dass sich die potentielle Energie auch in Rotationsenergie der Kugel umwandelt. Letztere berechnet sich aus dem Trägheitsmoment Θ und der Winkelgeschwindigkeit ω der Rotationsbewegung: 1 1 2 Erot = Θ ω 2 = · ( · mR2 ) · ω 2 2 2 5 Die Winkelgeschwindigkeit ω ist gegeben durch ω = v/r, wobei r der Abrollradius der Kugel sei. Für unsere Rampenanordnung gilt näherungsweise r = R/2. Damit ergibt sich Epot = Ekin + Erot m 2 1 v + Θω 2 mgH = 2 x 2 m 2 1 2 v2 · 4 mgH = vx + · mR2 · x 2 2 2 5 R 1 1 2 gH = vx2 + · ·4 2 2 5 10 vx2 = gH 13 (8) (9) (10) (11) (12) Nach dem Verlassen der Rampe fällt die Kugel aus einer Höhe h im Schwerefeld der Erde und erreicht den Boden nach der Weite xw . Aus dem Superpositionsprinzip kann man die Bewegung in x- und y-Richtung unabhängig beschreiben: x(t) = vx · t 1 2 y(t) = gt 2 (13) (14) Interessiert man sich für die Bahn des Massepunktes, dann eliminiert man die Zeit t aus den Bewegungsgleichungen und erhält die Fallparabel: 1 x2 y(t) = g 2 2 vx 9 Hat man in y-Richtung die Höhe h zurückgelegt, erreicht man den Sandboden bei x = xw : 1 x2w g· 2 2 vx 2 2hvx = g h = x2w Dies liefert dann 2.2 x2w = x2w = 2h · 2Hg g 2h · 10/13Hg g = 4·h·H = 20 ·h·H 13 2.3.1 ( Kugel) Versuchsaufbau Der Versuch besteht aus Kunststofframpen verschiedener Höhe H, durch die man Kugeln verschiedener Durchmesser und Materialien rollen lässt, damit sie eine definierte Geschwindigkeit vx erhalten. Ihre Fallweite xw wird in einem sandgefüllten Kasten bestimmt, welcher zugleich als Auffangschale dient (s. Abb. 2.1). Die Rampenhöhe H, die Fallhöhe h und die Fallweite xw lassen sich mit einem Maßband bestimmen. Nach jedem Versuch ist die Sandschicht zu glätten. 2.3 ( Massepunkt) Abb 2.1: Mittels Rampe wird eine definierte Geschwindigkeit erreicht. Aufgaben Experiment A Zur Überprüfung der Modelle führen Sie das beschriebene Experiment durch. Aus Gründen der Streuung der Messergebnisse ist es notwendig, die einzelnen Experimente einige Male ( n=5,...,10 ) zu wiederholen. Lassen Sie die größere Metallkugel zunächst von der kleinen Rampe rollen und messen Sie die erreichten Weiten. Wiederholen Sie das Experiment mit der kleinen Metallkugel, der kleinen und der großen Holzkugel auf der kleinen Rampe. Messen Sie jeweils wieder n-mal. 2.3.2 Auswertung A Bestimmen Sie den Mittelwert der gemessenen Weiten und berechnen Sie mit den angegebenen Gleichungen die zu erwartenden Weiten, wenn man die Kugel als Massepunkt bzw. als ausgedehntes Objekt annimmt. Vergleichen Sie diese mit den gemessenen Werten. Welches Modell entspricht den Daten? Bestimmen Sie auch die Streuung und vergleichen Sie mit dem Mittelwert. 10 2.3.3 Experiment B Wiederholen Sie das Experiment mit der großen Rampe. Verwenden Sie wieder die kleine und die große Metallkugel, die kleine und die große Holzkugel. 2.3.4 Auswertung B Bestimmen Sie erneut Mittelwert und Streuung aus den Messreihen. Vergleichen Sie wieder die Messwerte mit den theoretischen Erwartungen. Vergleichen Sie die Experimente mit der großen Rampe mit denjenigen der kleinen Rampe. Welches Experiment ist geeigneter, das Fallgesetz zu verifizieren? 11 3 3.1 Federkräfte Grundlagen Das Modell der linearen Rückstellkraft, wie sie bei einer Feder zu finden ist, tritt in der Physik häufig auf. Es ist die Grundlage des harmonischen Oszillators, der trotz seiner Einfachheit bereits viele Phänomene in der Natur erklären kann. In diesem Versuch soll die Federkonstante verschiedener Federn sowohl durch Messung statischer Kräfte als auch über dynamische Prozesse (Schwingungen) bestimmt werden. Dabei soll gleichzeitig der harmonische Oszillator als physikalisches Modell eingeführt werden. Nach dem Hooke’schen Gesetz ist die Auslenkung x einer Feder aus der Ruhelage entgegengesetzt linear zur angreifenden Kraft F : F (x) = −C · x . Die Proportionalitätskonstante C nennt man Federkonstante. Die in einer bis zum Punkt x gespannten Feder gespeicherte Energie ist dann: Z x Z x 1 0 0 E(x) = − F (x )dx = C · x0 dx0 = · C · x2 . 2 0 0 Jedem Ort x wird auf diese Weise eine Energie oder Potential E(x) zugeordnet. Potentiale mit parabelförmigen Verlauf nennt man auch harmonische Potentiale. In einem solchen lautet die Bewegungsgleichung eines Massepunktes: m · a = −C · x C ·x ẍ = − m |{z} ω2 Die Lösung dieser Differentialgleichung ist eine harmonische Schwingung x(t) = a · sin(ωt) + b cos(ωt) = â · sin(ωt + φ0 ) Hierbei ist ω die Kreisfrequenz und φ0 die Phasenverschiebung der Schwingung. Aus der Schwingungsdauer T kann die Federkonstante berechnet werden: T2 = 2π = ω · T 2 2π C = ω2 = T m 2 4π C = ·m T2 kg [C] = 2 s 4π 2 (ma + mh ) C mit der Masse m, die sich aus der angehängten Masse ma und der Masse der Aufnahmehalterung mh zusammensetzt m = ma + mh . 12 3.2 Versuchsaufbau Der Versuchsaufbau besteht aus mehreren Federn, die an einem Stativ befestigt werden können. Als Versuchsmassen stehen verschiedene Metallkörper zur Verfügung. Die Schwingungsdauern werden mit Hilfe einer Stoppuhr gemessen. 3.3 3.3.1 Abb 3.1: Eine Feder kann an einem Stativ mit Gewichten beschwert werden. Aufgaben Bestimmung der Federkonstanten durch Auslenkung (statischer Fall) Messen Sie die Auslenkung x̃ = x−x0 für alle sinnvollen Feder-Masse-Kombinationen. Stellen Sie sicher, dass das Gewicht zur Ruhe gekommen ist. 1. Bestimmen Sie für die verwendeten Federn die Federkonstante C aus den Einzelmessungen und ermitteln Sie daraus den Mittelwert sowie den statistischen Fehler. 2. Verifizieren Sie in einer geeigneten Auftragung den linearen Zusammenhang zwischen Federdehnung und wirkender Kraft (Hookesches Gesetz). 3. Bestimmen Sie aus der Grafik den Wert für die Federkonstante. 3.3.2 Bestimmung der Federkonstanten durch Schwingungen (dynamischer Fall) Lenken Sie zwei Federn mit verschiedenen, passenden Metallgewichten (3-5) einige cm aus der Ruhelage aus und lassen Sie diese frei schwingen. Bestimmen Sie die Zeit, die das System für jeweils 10 Schwingungen benötigt. 1. Bestimmen Sie auch hier die Federkonstante. Was fällt Ihnen auf? 2. Wählen Sie eine geeignete Auftragung zur Darstellung dieses Zusammenhangs und extrahieren Sie aus der Grafik die Federkonstante der verwendeten Federn. 13 4 4.1 Oberflächenspannung Grundlagen Seifenblasen zeigen im allgemeinen Kugelform. Auch Regentropfen sind rund. Warum können einige Insekten oder Eidechsen über das Wasser laufen? Der Grund dafür liegt in der Oberflächenspannung des Wassers. In diesem Experiment soll die Oberflächenspannung verschiedener Flüssigkeiten bestimmt werden. Dazu wird die Abreißmethode verwendet: ein Metallring wird in die Flüssigkeit getaucht und mit einem Kraftmesser wieder von der Oberfläche abgehoben. Aus der Kraft am Abreißpunkt und der Geometrie des Ringes kann die Oberflächenspannung der Flüssigkeit bestimmt werden. Die Oberflächenspannung beruht auf den sog. Kohäsionskräften. Diese sind intermolekulare, anziehende Kräfte elektrostatischer Natur, die ihren Ursprung in einer ungleichen Ladungsverteilung (Polarisierung) in den Molekülen haben. Auf ein Molekül in einer Flüssigkeit wirken diese Kräfte in alle Richtungen gleich (isotrop), an der Oberfläche jedoch fehlen diese Kräfte in einer Richtung. Auf das Molekül wirkt eine resultierende Kraft weg von der Oberfläche in die Flüssigkeit. Diese Kräfte bewirken, dass die Oberfläche der Flüssigkeit im Vergleich zum eingeschlossenen Volumen minimal ist. Eine Vergrößerung der Oberfläche ist nur unter Kraftaufwand zu erreichen, d.h. es muss dafür Energie aufgebracht werden. Die verrichtete Arbeit ∆W ist proportional zum Oberflächenzuwachs ∆A: ∆W = σ · ∆A Die Proportionalitätskonstante σ ist die Oberflächenspannung (Einheit N/m). Abb 4.1: Teilchen an der Oberfläche sehen eine Kraft ins Innere der Flüssigkeit, da sie keine Nachbarn außerhalb der Flüssigkeit besitzen. Sie nimmt mit zunehmender Temperatur ab, weil die Eigenbewegung der Flüssigkeitsteilchen den Kohäsionskräften entgegenwirkt. Oberflächenaktive Stoffe (Detergentien) können die Oberflächenspannung stark beeinflussen, da sie sich an der Oberfläche anlagern und so die dort wirkenden Kräfte ändern können. 14 Tenside sind Detergentien, welche die Oberflächenspannung σ stark herabsetzen (Tension = Spannung). Tensidmoleküle bestehen aus einem Teil, der wasserfeindlich (hydrophob) und einem Teil der wasserfreundlich (hydrophil) ist (siehe Abb. 4.2). Bereits geringe Mengen können die Oberflächenspannung des Wassers stark vermindern. Nur wenige Atomlagen genügen, um die Oberflächeneigenschaften der Flüssigkeiten zu verändern. In folgender Tabelle sind die Oberflächenspannungen einiger Flüssigkeiten angegeben: Abb 4.2: Prinzipieller Aufbau von Tensiden. Die unterschiedlichen Molekülgruppen sind für die Oberflächeneigenschaften verantwortlich Stoff σ in mN/m Methanol 22,6 Glyzerin 64 Olivenöl 33 Quecksilber 475 4.2 Stoff Wasser (5o ) Wasser (10o ) Wasser (20o ) Wasser (30o ) σ in mN/m 74,9 74,2 72,8 71,2 Versuchsaufbau Der Versuchsaufbau besteht aus einem Glasschälchen, das mit unterschiedlichen Flüssigkeiten gefüllt werden kann. Metallringe unterschiedlicher Durchmesser werden an einer Federwaage hängend in die Flüssigkeit getaucht. Nun wird das Schälchen mittels eines Hubtisches langsam abgesenkt und so der Ring aus der Flüssigkeit gezogen. Aus der gemessenen Kraft zum Zeitpunkt des Abrisses und dem Ringdurchmesser kann die Oberflächenspannung berechnet werden. Zur Fehlervermeidung ist es wichtig, dass der Ring parallel zur Oberfläche liegt und einigen Abstand zur Gefäßwand hat. Berücksichtigen Sie die Gewichtskraft des Ringes. Abb 4.3: Meßaufbau mit Stativ, Flüssigkeitsschälchens und dem höhenverstellbaren Laborboy Als Versuchsflüssigkeiten werden Wasser und Methanol verwendet. Außerdem wird mit Spülmittel die Wirkung von Tensiden untersucht. Für die Experimente stehen zwei Aluminiumringe mit Durchmessern von 60 bzw. 80 mm und ein Messingring mit einem Durchmesser von 60 mm zur Verfügung. Wichtig für gute Messungen ist, die Schälchen vor und nach dem Wechseln der Flüssigkeit ordentlich zu spülen und zu trocknen. 15 4.3 Aufgaben Die Bestimmung der Oberflächenspannung erfolgt nach folgender Formel: ∆W F · ∆h = ∆A b · ∆h F F = = b Ui + Ua σ = = F π · (2di + 0.5 mm) Hierbei gibt ∆h die Hubhöhe bis zum Abriss an, b ist die Breite der aufgespannten Flüssigkeitsoberfläche, Ui und Ua ist der Innen- bzw. Außenumfang des Ringes, di der Innendurchmesser des Rings. 4.3.1 Oberflächenspannung von Wasser Zur Bestimmung der Oberflächenspannung von Wasser bei Zimmertemperatur verwenden sie zunächst den kleinen Aluminiumring und bestimmen damit fünfmal die Kraft zum Zeitpunkt des Abreißens. Berechnen Sie daraus die Oberflächenspannung. Wie stark streuen die Ergebnisse? Wiederholen Sie das Experiment mit den anderen beiden Ringen. Sind die Ergebnisse vom Material und/oder vom Durchmesser der Ringe abhängig? 4.3.2 Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung von Wasser Bestimmen Sie die Temperaturabhänigkeit der Oberflächenspannung von Wasser Legen Sie die dämmende Styroporunterlage unter die Glasschale. Füllen Sie ca. 70o heisses Wasser in die Schale und messen sie mit dem gleichen Messverfahren wie in Aufgabe 4.3.1 die Oberflächenspannung. Kontrollieren Sie stets die Temperatur. Beim Abkühlen können Sie weitere Messpunkte bestimmen. Tragen Sie die Ergebnisse graphisch auf und interpretieren Sie diese! 4.3.3 Oberflächenspannung von Methanol Verwenden Sie den kleinen Aluminiumring zur Messung der Oberflächenspannung bei Methanol nach dem gleichen Verfahren wie bei Wasser (Messreihe mit fünf Versuchen). Achtung: Methanol ist giftig. Beim Wechseln der Flüssigkeiten das Spülen und Trocknen der Glasschale nicht vergessen! 4.3.4 Einfluß von Tensiden auf die Oberflächenspannung Bestimmen Sie wieder die Oberflächenspannung von Wasser. Geben Sie nach jeweils drei Messungen einen Tropfen (1 ml) verdünntes Spülmittel zu. Die Verdünnung erfragen Sie beim Betreuer. Tragen Sie die Ergebnisse graphisch auf und erklären Sie den gemessenen Verlauf. 16 5 5.1 Wärmekapazität Grundlagen Wärmetransport und Wärmespeicherung spielen in unserer Umwelt eine wichtige Rolle. Dabei ist das komplexe Zusammenspiel zwischen Meer und Atmosphäre Ursprung unseres Wetters. Die Fähigkeit des Wassers, enorme Mengen Wärme zu speichern, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Fähigkeit eines Stoffes Wärme zu speichern wird durch seine Wärmekapazität beschrieben. Aufgabe dieses Versuches soll ist es, die Wärmekapazität verschiedener Metalle zu bestimmen. Führt man einem Körper eine bestimmte Energie (Wärmemenge) ∆Q zu, so steigt seine Temperatur um einen Betrag ∆T an, der zur zugeführten Wärmemenge proportional ist. Die Temperaturabhängigkeit ist eine Funktion des erwärmten Materials und seiner Masse m: ∆Q = C · ∆T = c · m · ∆T , dabei ist C die Wärmekapazität des Körpers und c die spezifische Wärmekapazität des Stoffes. Bezieht man die Gleichung auf molare Größen (Anzahl der Mole sei n), hat man ∆Q = cmol · n · ∆T . Das Gesetz von Dulong-Petit besagt, dass bei Zimmertemperatur die molare Wärmekapazität cmol für kristalline Festkörper für alle Metalle gleich ist: cmol = 3NA k = 24.94 NA = 6.022 · 1023 mol−1 k = 1.38 · 10−23 J/K J Kmol (Avogadro − Konstante) (Boltzmann − Konstante) Die Ursache dafür liegt in der Tatsache, dass die Teilchen im Festkörper drei Translationsfreiheitsgrade haben, mit denen sie Energie aufnehmen können. Bei sehr geringen Temperaturen verliert dieses Gesetz seine Gültigkeit und die Quanteneigenschaften der Teilchen bestimmen die molare Wärmekapazität. Zur Bestimmung von Wärmekapazitäten führt man Mischungsversuche durch. Bringt man zwei Körper mit unterschiedlichen Temperaturen (Tw ≥ Tk ) in thermischen Kontakt, so findet ein Wärmeaustausch statt, bis beide die gleiche Temperatur, die sog. Mischtemperatur Tm annehmen. Also gilt: ∆Qk = ∆Qw Ck · ∆Tk = Cw · ∆Tw ck · mk · (Tm − Tk ) = cw · mw · (Tw − Tm ) 17 5.2 Versuchsaufbau Der Versuchsaufbau besteht aus Kalorimeter, Wasserkocher, Thermometer und verschiedenen Versuchskörpern aus Metall. Im Kalorimeter befindet sich thermisch isoliert eine bestimmte Menge Wasser. Gibt man einen Versuchskörper in das Kalorimeter, stellt sich eine Mischtemperatur ein. Sind die Anfangstemperaturen des Kalorimeters und des Probekörpers bekannt, kann aus der Mischtemperatur die Wärmekapazität des Probekörpers bestimmt werden. 5.3 Aufgaben 5.3.1 Eichung des Kalorimeters Zunächst muss die Wärmekapazität des Kalorimeters selbst bestimmt werden. Diese ist abhängig von dessen Füllhöhe. Daher sollen alle Kalorimetermessungen bei gleicher Kalorimeterfüllhöhe erfolgen. Zur Verbesserung der Messgenauigkeit sollte dies mindestens zweimal durchgeführt werden. Zunächst wird das Kalorimeter mit einer vorher abgewogenen Menge mkalt kalten Wassers (250-300 ml) gefüllt. Messen Sie die Wassertemperatur. Danach wird eine ebenfalls abgewogene Menge mw heißen Wassers (100 ml, ca. 80o ) dazugegeben. Die Temperatur wird nun unter ständigem Rühren beobachtet und abgelesen, wenn sich die Mischtemperatur Tm eingestellt hat. Daraus erhält man die Wärmekapazität CK des Kalorimeters, welches sich aus der Wärmekapazität des Gehäuses und derjenigen des kalten Wassers zusammensetzt ( CK = CG + cH2 O · mkalt ). CK = cH2 O · mw · Tw − Tm Tm − Tk Dabei ist cH2 O = 4.187 J/gK die spezifische Wärmekapazität des Wassers. Für die weiteren Messungen ist es wichtig, dass sich das Kalorimeter zu Beginn jeder Messung in einem definierten und bekannten Zustand befindet. Füllen Sie deshalb vor jeder Messung das Kalorimeter mit derselben Menge Wasser, die Sie bei der Eichung verwendet haben. Messen Sie jeweils die Temperatur des Wassers. 5.3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Metallen Bestimmen Sie die spezifische Wärmekapazität von Aluminium, Kupfer, Eisen und Blei sowie eine unbekannte Metallart (NS). Dazu werden die entsprechenden Probekörper vor den Messungen 10 min in siedendem Wasser erhitzt (es können alle Körper im Wasserkocher verbleiben). Als Temperatur der Probekörper wird die gemessene Siedetemperatur des Wassers angenommen. Die heißen Probekörper (PK) der Temperatur Tw werden anschließend in das Kalorimeter gegeben, wo sie abkühlen und ihre aufgenommene Wärme an das Wasser abgeben, bis sich eine Mischtemperatur Tm einstellt. Da sich die Mischtemperatur nur langsam einstellt, muss auch hier der zeitliche Verlauf der Temperatur kontrolliert werden. Die spezifische Wärmekapazität der Probekörper ergibt sich 18 zu Tm − Tk 1 · mPK TPK − Tm Auch hier empfiehlt sich eine zweite Durchführung des Experiments zur Kontrolle der Ergebnisse. cPK = CK · 5.3.3 Überprüfung der Dulong-Petit’schen Regel Mit den gewonnenen Ergebnissen kann die Gültigkeit des Gesetzes von DulongPetit nachgeprüft werden. 1. Dazu wird die spezifische Wärmekapazität c der verschiedenen Metalle über ihre inverse Atommasse 1/A aufgetragen (Warum?) 2. Extrahieren Sie die molare Wärmekapazität. 3. Bestimmen Sie das unbekannte Metall. J Element Cmol in mol·K Blei 26,8 Kupfer 24,4 Magnesium 24,7 Aluminium 24,4 Eisen 25,1 Atomgewicht [g/mol] 207,2 63,55 24,31 26,98 55,85 19 6 6.1 Strömung Grundlagen Die Bewegung von Flüssigkeiten unterscheidet sich stark von der idealisierten Bewegung von Massepunkten, da Flüssigkeiten aus einer großen Zahl von Teilchen bestehen, die zudem noch untereinander wechselwirken. Wie jedes Vielteilchenproblem kann auch Strömung unter bestimmten Umständen durch globale Parameter beschrieben werden. Je nach Art der Wechselwirkung zwischen den Teilchen der Flüssigkeit ist die interne Reibung unterschiedlich groß. Ein Maß dafür ist die Viskosität. Diese soll im Versuch für Wasser und Glyzerin bestimmt werden. Bei der Beschreibung von Strömungen muss zwischen laminaren und turbulenten Strömungen unterschieden werden. Laminare Strömungen zeichnen sich durch stationäres Verhalten aus. Jedem infinitesimalen Volumen in der Strömung kann ein zeitunabhängiger Geschwindigkeitsvektor zugeordnet werden. Diese Strömungsart trifft für den Versuch zu. Das Hagen-Poiseuille’sche Gesetz besagt, dass der Volumenstrom dV /dt bei einem stationären Strömungszustand in einem Rohr der Länge l und des Durchmessers R gegeben ist durch πR4 (p1 − p2 ) dV = dt 8ηl Dabei ist η die Viskosität der Flüssigkeit und p1 − p2 die Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres. Die Gleichung zeigt, dass das Durchflussvolumen in vierter Potenz vom Radius des Rohres abhängt. Das hat zur Konsequenz, dass bei halben Radius die Druckdifferenz um den Faktor 16 zunehmen muss, um den gleichen Durchfluss zu erhalten. Bedenken Sie die Auswirkungen z.B. im Herzen (Arteriosklerose). Wird eine Kugel mit Radius r laminar von einer Flüssigkeit mit der Geschwindigkeit v umströmt, erfährt diese eine Reibungkraft, die sog. Stokes’sche Reibungskraft: FS = −6πηrv Die Reibungskraft nimmt linear mit der Geschwindigkeit zu, jedoch nur für kleine Geschwindigkeiten und hohe Viskositäten. Bei höheren Geschwindigkeiten oder kleineren Viskositäten wird die Kugel turbulent umströmt und die Reibung wird durch die Newton’sche Reibungskraft beschrieben: ρπr2 2 v cw FN = − 2 In diesem Fall bezeichnet ρ die Dichte der Flüssigkeit und cw den Widerstandsbeiwert (Für eine Kugel gilt: cw = 1). 6.2 Versuchsaufbau Bei dem Versuch soll die Messung der Viskosität von Wasser mit Hilfe eines Ausflussviskosimeters, diejenige von Glyzerin mit einem Höppler-Kugelfallviskosimeter durchgeführt werden. 20 6.2.1 Ausflussviskosimeter Bei einem Ausflussviskosimeter wird aus einem Zylinder Wasser durch eine dünne Kapillare abgelassen. Durch Messung der Wasserhöhe in Abhängigkeit von der Zeit kann der Volumendurchsatz bestimmt werden. Daraus lässt sich bei bekannter Geometrie die Viskosität der Flüssigkeit bestimmen. Das zur Anwendung kommende Viskosimeter hat folgende Abmessungen: Innendurchmesser: D = 30 mm, Kapillarlänge: l = 250 mm, Kapillardurchmesser: d1 = 1.20 mm , d2 = 1.70 mm 6.2.2 Abb 6.2: Ausströmen einer Flüssigkeit durch eine dünne Kapillare Höppler-Kugelfall-Viskosimeter In einem Kugelfallviskosimeter lässt man eine Metallkugel in einer zähen Flüssigkeit absinken. Bei dem Sinkvorgang erreicht die Kugel einen stationären Zustand, bei dem die Erdanziehung von der Reibungskraft und dem Auftrieb ausgeglichen wird und die Kugel mit konstanter Geschwindigkeit sinkt. Misst man die Sinkgeschwindigkeit der Kugel, kann man aus dem Kräftegleichgewicht die Viskosität der Flüssigkeit bestimmen. 6.3 6.3.1 Abb 6.3: Fallen einer Kugel Aufgaben Viskosität des Wassers a) Herleitung des zeitlichen Verlaufs des Füllstandes Leiten Sie mit Hilfe ihres Betreuers die Gleichung her, die den zeitlichen Verlauf der Füllhöhe h(t) des Visokosimeters während des Versuchs beschreibt: h(t) = h0 exp−αt ; α= ρgd4 32lD2 η Verwenden Sie zur Herleitung, dass der Wert des Drucks in der Höhe h gegeben ist durch p = ρgh. Überlegen Sie, wie Sie aus dieser Gleichung und Ihren Messergebnissen die Viskosität des Wassers bestimmen könnnen. b) Messungen Füllen Sie das Viskosimeter vollständig. Lassen Sie das Wasser über die dünne Kapillare (d=1,20 mm) auslaufen. Messen Sie dabei die Höhe der Wassersäule über der Kapillare in Abhängigkeit von der Zeit. Nehmen Sie im Bereich zwischen maximalen Füllstand und einer Füllhöhe 5 cm über der Kapillare 10-15 21 Messwerte. Wiederholen Sie das Experiment mit der dickeren Kapillare (d=1,70 mm). c) Auswertung Tragen Sie die beiden Messungen in zwei unterschiedliche Diagramme ein. Wählen Sie eine logarithmische Skala. Bestimmen Sie aus der Steigung der Graphen die Viskosität von Wasser. Der Graph der zweiten Messung weicht vom Verlauf einer Geraden etwas ab. Erklären Sie dieses Verhalten. 6.3.2 Temperaturabhängigkeit der Viskosität von Glyzerin 1. Leiten Sie folgenden Zusammenhang zwischen Viskosität und Sinkgeschwindigkeit her. Nehmen Sie die Strömung dabei als laminar an: η= d2k g(ρFe − ρGlyz ) 18v Dabei ist dk der Durchmesser und ρFe die Dichte der Eisenkugel. 2. Messen Sie die Viskosität bei verschiedenen Temperaturen. Stellen Sie dazu den Zylinder mit dem Glyzerin in das bereitgestellte Eiswasser. Kontrollieren Sie die Temperatur bis sich ein konstanter Wert von 0 Grad Celsius eingestellt hat. Lassen Sie dazu Stahlkugeln mit verschiedenen Durchmessern mittig im Zylinder absinken. Bestimmen Sie durch fünfmalige Messung von Höhe und Zeit die Sinkgeschwindigkeit. Bestimmen sie daraus die Viskosität (ρFe = 7, 85 g/cm3 , ρGlyz = 1, 26 g/cm3 ). Als nächstes entnehmen Sie dem Wasser alle Eiswürfel und geben dann langsam warmes Wasser hinzu, bis es eine Temperatur von 10 Grad Celsius erreicht hat. Kontrollieren Sie die Temperatur des Glyzerins, bis dieses ebenfalls eine Temperatur von 10 Grad erreicht hat. Bestimmen Sie dann nach dem beschriebenen Verfahren die Viskosität. Analog sind Messungen für 20 Grad und 40 Grad durchzuführen. 3. Stellen Sie die gemessenen Viskositätswerte als Funktion der Temperatur dar. Diskutieren Sie den Verlauf. 22