I) Gleichstromgeoelektrik Literatur: • Telford, Geldart und Sheriff (1990): Applied Geophysics, Second Edition, Cambridge University Press, NY. • F. Bender (Ed.) (1985): Angewandte Geowissenschaften, Bd. II, Enke Verlag, Stuttgart. Viele Verfahren der Gleichstromgeoelektrik wurden bereits Anfang des 20.Jahrhunderts entwikkelt. Dabei spielen unter anderen die Namen der Gebrüder Schlumberger eine wichtige Rolle, die das nach Ihnen benannte Verfahren in den 1920er zur Blüte gebracht hatten. Seit den 1970er Jahren, bedingt durch das Aufkommen erschwinglicher Computer, wird die Geoelektrik bei vielen Fragestellungen eingesetzt und bildet eine der Haupterkundungsmethoden in der Hydrogeologie, Baugrunduntersuchungen und Mülldeponieerkundung. Die Verfahren der Geoelektrik werden vor allem bei der Grundwassersuche bzw. der Überwachung von Grundwasser, im Zusammenhang mit Grundwasserverschmutzung (Mülldeponien - Abwasserfahnen), Hohlraum- und Kluftsuche (auch Vulkanologie), Archäologie usw. angewandt und findet auch bei der Bohrlochgeophysik weite Verbreitung. Der Widerstand oder die Leitfähigkeit ist eine fundamentale Eigenschaft der Gesteine, die beim Einsatz von Geoelektrik bestimmt werden soll. Durch die intrinsisch vorhandene Mehrdeutigkeit des Inversionsergebnisses werden üblicherweise nicht nur eine elektrische oder elektromagnetische Methode angewandt, sonder vielmehr eine Kombination aus verschiedenen, um damit möglichst zunächst äquivalente Modelle unterscheiden zu können. Ein großer Teil der nun folgenden Abbildungen wurden dem Tutorial von M.H. Loke “Electrical imaging surveys for environmental and engineering studies - A practical guide to 2-D and 3-D survey” http://www.geoelectrical.com entnommen. Spezifische Widerstände von Gesteinen: Wir sollten uns zunächst die Frage stellen, was leitet den Strom im Untergrund? Die meisten gesteinsbildenden Minerale sind Isolatoren (z.B. Steinsalz mit einem spezifischen Widerstand von über 10 6 Ωm ). Dieses Verhalten ändert sich dramatisch, wenn Wasser in das System zugeführt wird. In situ, also in der Messrealität, werden an Sedimentgesteinen zwischen 5 – 1000Ωm bzw. 100 – 10 5 Ωm an kristallinen oder metamorphen Gesteinen gemessen. Grund hierfür ist in erster Linie das fast immer vorhandene Porenwasser, das freie Ionen der gelösten Salze enthält. Daraus läßt sich folgern, dass der Anteil an Porenwässer und die Salanität der Lösung und deren physikochemische Eigenschaften den Widerstand bestimmt. Bei tonfreien Gesteinen läßt sich eine empirische Formel für den spezifischen Widerstand finden: ρ = AFρ w ; mit ρ dem spezifischen Widerstand des Gesteins; A der Anteil der Porenfüllung durch die Lösung; F dem Formationsfaktor (hängt mit dem Gesamtporenvolumen des Gesteins ab) und ρ w dem Porenwasserwiderstand bei 100% Sättigung. Die hohe Bandbreite von Widerständen bzw. deren teilweises Überlappen bei verschiedenen Gesteinen zeigt, dass i.A. ohne geologische Vorkenntnisse eine eindeutige Interpretation der Ergebnisse nicht möglich ist. 1) Abriss der physikalischen Grundlagen James Clerc Maxwell begründet 1860 (!) die vollständige Theorie der elektromagnetischen Vorgänge: ∇ × H = rotH = j + ∂D ∂B ; ∇ × E = rotE = – ; ∇B = divB = 0 ; ∇D = divD = q ; ∂t ∂t mit H magnetischer Feldstärke; B magnetische Induktion; E elektrischer Feldstärke; D elektrische ∂ + ∂ + ∂ Verschiebungsdichte; j Stromdichte; q Raumladungsdichte und ∇ = dem Nab∂x ∂y ∂z laoperator. Neben diesen vier Grundgleichungen sind noch folgende Formeln zu beachten: D = εE ; B = µH ( ε die Dielektrizitätskonstante; µ magnetische Permeabilität) und die Stromdichtegleichung j = j ( p ) + σE ( σ Leitfähigkeitstensor). Dabei gilt bei Quellenfreiheit (also in einem gewissen Abstand von der Einspeisung), dass keine Ladungen erzeugt oder zerstört werden. Damit ergibt sich folgende Gleichung: ∇j = 0 = ∇ 2 U die sogenannte Laplace-Gleichung. Gebräuchliche Einteilung in der angewandten Geophysik Wellenvorgänge: ∇×H = j + ∂B ∂D ; ∇×E = – (VLF,Radiowellen) Hochfrequenzmethoden ∂t ∂t Quasi-stationär: ∇×H = j ; ∇×E = ∂B (Slingram, MT, Induzierte Polarisation) Niederfre∂t quenzmethoden stationäre Felder: ∇×H = j (4 Pkt. Verfahren, Aufladungemethoden, Tellurik) Gleichstromgeoelektrik. Im Verlauf dieser Vorlesung beschäftigen wir uns ausschliesslich mit stationären bzw. quasi-stationären Feldern. Das zentrale Formelwerk ist dabei nicht die eigentliche Maxwell’sche Gleichung ( ∇ × H = j ) sondern die aus der Stromdichte abgeleiteten Formeln der Elektromagnetik: j = σE = – σ∇U ; bzw. ∇j = 0 = ∇ 2 U wobei U dem elektrischen Potential (die Spannung) entspricht. Ziel der Gleichstromgeoelektrik ist es, diese Laplace Gleichung zu lösen. Aber zunächst ein Schritt zurück, das allseits bekannte Ohm’sche Gesetz lautet: U = RI mit U der Spannung, I dem Strom und R dem Widerstand. Diese Gleichung läßt sich l l umschreiben in U = ρ --- I wobei hier ρ der spezifische Widerstand und --- das Verhältnis von q q Länge zum Querschnitt des Leiters angibt. Mit der Stromdichtegleichung läßt sich dann folgender Zusammenhang herstellen: 1 j = --- E ; d.h. der spezifische Widerstandstensor ist die Inverse des Leitfähigekeitstensors. ρ Häufig wird der Untergrund als isotrop angenommen. Mit dieser Annahme kann zwar der spezifische Widerstand von Raumpunkt zu Raumpunkt variieren, der Widerstand an diesem Punkt ist aber unabhängig von welcher Richtung der Stromfluss durch den Körper fliest. Mit dieser Annahme vereinfacht sich die Grundgleichung zu: 1 1 j = --- E = --- ∇U ; ρ ρ Frage: Was wird eigentlich bei einer elektrischen Messung gemessen? Strom und Spannungsdifferenz! D.h., wir müssen die Stromdichte über das durchflossene Volumen integrieren, damit wir den Strom erhalten. Wir betrachten zunächst eine Elektrode, die in der Tiefe vergraben ist (homogener Vollraum). Stromlinien (j) Äquipotentialflächen (U=konst) Q Die Lösung der Laplace-Gleichung kann folgendermassen erhalten werden: d2U 2 dV ∇ 2 U = ---------- + ⎛ ---⎞ ------- = 0 ; (für ein radialsymmetrisches Problem); Multiplikation mit r 2 und dr 2 ⎝ r ⎠ dr Integration ergibt dann: dV A------- = ---. Nochmalige Integration ergibt dann die gesuchte Lösung: dr r2 A V = – --- + B . r Nun müssen wir uns noch um die Konstanten A und B kümmern. Da das Potential per Definition im Unendlichen verschwinden muss, können wir gleich festhalten, dass die Konstante B = 0 ist. Um aus der Stromdichte auf den fließenden Strom (den wir messen können) zu kommen, müssen wir zunächst über die gesamte Oberfläche in einer Entfernung r integrieren: I = 4πr 2 j . Damit wird die Bestimmungsgleichung des Strom zu: dU – Iρ I = 4πr 2 j = – σ4πr 2 ------- = – 4πσA und wir können die Konstante A = -------- setzten und erhaldr 4π ten schliesslich die gewünschte Gleichung zur bestimmung des spezifischen Widerstandes: 4πrU ρ = -------------- . I Für eine Elektrode an der Oberfläche winwa Halbraums wird letztere Formel einfach mit 0.5 multipliziert: 2πrU ρ = -------------- ; I Dies folgt aus der Randbedingung, dass durch die freie Oberfläche kein Strom fliesen kann und damit nur über eine Halbkugel integriert werden muss. Für den weit realistischeren Fall von zwei Elektroden an der Erdoberfläche (ein Plus-Pol und ein Minus-Pol) läßt sich unter Zuhilfenahme des Superpositionsprinzips von Potentialen (Potentiale können an einem Punkt einfach aufaddiert werden) schnell eine Lösung gefunden werden: Iρ 1 1 U 1 + U 2 = ------ ⎛ ----- – -----⎞ ; wobei das Minuszeichen durch die verschiedenen Vorzeichen der 2π ⎝ r 1 r 2⎠ Quellen herrührt. Üblicherweise wird nicht das Potential an einem Punkt gemessen (mit der Referenz im Unendlichen) sondern die Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten an der Erdoberfläche. Damit modifiziert sich obige Gleichung zu: 1 1 Iρ 1 1 ∆U = ------ ⎛⎝ ⎛⎝ ----- – -----⎞⎠ – ⎛⎝ ----- – -----⎞⎠ ⎞⎠ . 2π r r r3 r 1 2 4 Diese Gleichung stellt die Grundgleichung für eine geoelektrische Vier-Punkt Messung dar. I U C1 P1 C2 P2 r2 r1 r3 r4 Durch eine geschickt gewählte Anordnung, läßt sich diese Formel deutlich vereinbaren (Schlumberger, Wenner, Dipol-Dipol usw. - siehe Angewandte Geophysik I). Daraus resultiert eine einfach Formel mit dem Geometriefaktor k: ∆U ρ s = k -------I Bevor wir uns näher mit den einzelnen Messverfahren bzw. der Auswertung befassen, wenden wir uns zunächst den grundlegenden Problemen der Gleichstromgeoelektrik zu. Aufgabe: Wie sehen die Stromlinien im Fall einer vergrabenen Quelle im Halbraum aus. Hinweis: Die freie Oberfläche kann durch eine Spiegelladung repräsentiert werden. 2) Probleme der Gleichstromgeoelektrik: a) Anisotropie: Fast alle Gesteine sind alles andere als isotrop in ihrer Leitfähigkeit. Der Grund der Anisotropie liegt in Rissen und Kluften, die meist Vorzugsrichtungen aufweisen, in eingeregelten, gut leitenden oder schlechtleitenden Körpern (Eisenplättchen, Kalk usw.) Die Anisotropie der Gesteine aufgrund von Feinschichtungen im Gestein wird häufig auch als Mikroanisotropie bezeichnet: Der Mikroanisotropiefaktor ist definiert als: θ = ρ ----t = ρl σl ----- > 1 ; σt mit ρ t Querwiderstand; ρ l Längswiderstand. Aus diesen läßt sich ein mittlerer spezifischer Widerstand (Ersatzwiderstand) ableiten: ρ = ρt ρl . Falls die Hauptachsen der Anisotropie parallel und senkrecht zur Erdoberfläche liegen gilt: ρ s = ρ ; mit ρ S scheinbarer spezifischer Widerstand aus 4-Punktsondierung. Wenn nun in einer Schicht Mikroanisotropie vorliegt, ergibt die 4-Punktsondierung eine falsche Schichtmächtigkeit: eine anisotrope Schicht der Mächtigkeit H mit einem Ersatzwiderstand ρ wirkt wie eine Schicht der Mächtigkeit θH . D.h., die 4-Punktsondierung lässt eine anisotrope Schicht um den Faktor θ zu mächtig erscheinen. ρt ρs = ρ H θH ρl Aus Messungen an der Erdoberfläche kann i.A. nicht zwischen diesen beiden Fällen unterschieden werden. Damit ist die Schichtanisotropie einer der Hauptfehlerquellen bei der Bestimmung der Schichtmächtigkeit. b) Äquivalenzprinzip Sondierungen können im Rahmen der Messgenauigkeit durch unterschiedliche Modelle der Leitfähigkeit-Tiefen-Verteilung gleich gut interpretiert werden. D.h., ändert man die Mächtigkeit einer Schicht, so läßt sich ein scheinbarer spezifischer Widerstand finden, der die Messdaten genauso gut erklärt. c) Schichtunterdrückung Geringmächtige Schichten in größerer Tiefe lassen sich in den Sondierungskurven oft nicht mehr als eigenständige Schichten erkennen. Entscheidend für das Erkennen ist dabei der Begriff der H “relativen Mächtigkeit” ---- mit H der Schichtmächtigkeit und h der Tiefenlage der Schicht. h Damit eine Schicht als solche erkannt werden kann, muss die relative Mächtigkeit > 1 sein. Die Schicht muss also mindestens so mächtig sein, wie sie tief liegt. d) Oberfläche/Topografie/3D-Effekte Widerstandsmessungen sind stark durch die Bedingungen der Oberfläche beeinflusst. Verwitterung und Feuchte sind nur zwei der Einflüsse, die an der Oberfläche wirksam werden. Raue Topografie des Messgebietes hat dabei einen ähnlichen Effekt: der Stromfluss wird konzentriert in Tälern und dispergiert an einem topografischen Hoch. Dieser Effekt wird bedeutend ab einer Hangneigung von etwa 10° und kann die eigentliche Anomalie vollständig überdecken. Starke Variationen bei kurzen Elektrodenabständen weisen auf solche Oberflächeneffekte hin. Naturgemäß ist die Struktur im Erduntergrund 3D. Häufig wurden und werden aber nur Messungen und Modellierungen durchgeführt, die maximal 2D oder sogar nur 1D Strukturen (klassische Sondierungskurven siehe 4) auflösen können. Die dabei auftretenden Fehler können erheblich sein: 3) Gebräuchliche Anordungungen und deren Sensitivität (siehe Angewandte Geophysik I) Am gebräuchlichsten sind die Dipol-Dipol, Wenner und Schlumbergeranordnungen. Grundsätzlich unterschiedet man zwischen der Sondierung (Tiefenauflösung über einen Punkt) und der Kartierung (mit einer festen Elektrodenkonfiguration wird über ein Profil/Fläche gemessen). Jede dieser Anordnung hat Vor- und Nachteile, die auf die Sensitivität der Anordnung zurückzuführen sind. Es soll im folgenden kurz auf die wichtigsten Vor- und Nachteile der jeweiligen Elektrodenkonfiguration eingegangen werden. Wichtige Auswahlkriterien für die einzusetztende Elektrodenkonfiguration sind: • die Sensitivität der jeweiligen Anordnung in vertikaler und horizontaler Richtung • die Zieltiefe des Experiments • die horizontale Datenüberdeckung • die Signalstärke der Anordnung Egal welche Anordnung gewählt wird, die Sensitivität auf Widerstandsänderungen im Untergrund ist direkt an den Elektroden am höchsten. Erst ab größeren Elektrodenabständen wirken sich die verschiedenen Anordnung in ihrer Sensitivität deutlich aus. i) Wenner Die Wenner-Anordnung ist sehr sensitiv gegenüber Widerstandsveränderungen, die vertikal unter der Profilmitte liegen. Dagegen ist die horizontale Auflösung eher gering. Gegenüber anderen, häufig eingesetzten Anordnungen besitzt Wenner eine hohe Signalstärke, was für den Einsatz in Gebieten mit hohem “Noise” spricht. Die Tiefenauflösung dagegen liegt im mittleren Bereich anderer Anordnungen. ii) Schlumberger (-Wenner) Durch die hybride Verwendung von Schlumberger und Wenner, wird eine bessere horizontale Auflösung gegenüber der Wenner-Anordnung erreicht. Die Tiefenauflösung ist etwa 10% höher als bei einer herkömmlichen Wenner-Anordnung, wohingegen die Signalstärke dieser Anordnung schwächer als die der Wenner-Anordnung ist. Auch die Datenüberdeckung ist in diesem Fall höher als bei der klassischen Wenner-Anordnung. iii) Dipol-Dipol Diese Messkonfiguration ist mittlerweile die am häufigsten benutzte Anordnung in der Geoelektrik, da sie neben anderen Faktoren auch eine geringe Einkopplung von EM-Effekten auf die Messelektroden verspricht. Die Sensitivität ist hierbei konzentriert auf die jeweiligen Elektrodenpaare. Die Sensitivität in horizontaler Richtung ist sehr hoch, wohingegen die vertikale Auflösung gering ist. Damit eignen sich Dipol-Dipol-Anordnung gut zur Untersuchung von vertikalen Strukturen. Dipol Anordnungen haben eine schlechtere Tiefenauflösung als reine Wenner Anordnungen. Ein gewichtiger Nachteil dieser Messanordnung ist die geringe Signalstärke, wodurch die Messung in unruhigen Gegenden erschwert wird. Auswege dazu können mehrfach Messungen und Stapelung sein. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Problemstellung eindeutig zu studieren und danach die beste Methode festzulegen. Heutzutage werden häufig sogenannte Elektroden-Arrays eingesetzt, d.h., auf einer Profillinie werden viele Spieße eingeschlagen, die sowohl als Mess- als auch Einspeiseelektroden dienen können. Damit ist es dann möglich, ohne die Position der Spiesse zu verändern, verschiedene Elektodenkonfigurationen durchzumessen und Sondierungs- und Kartierungsaufgaben in Kombination durchzuführen: Moderne Geoelektrikinstrumente fallen durch eine weitere Besonderheit auf. Es wird nicht mehr Gleichstrom eingespeist, sondern niederfrequenter Wechselstrom. Der Grund hierfür ist zum einen, dass sich damit sogenanntes Kontaktpotential an den Elektroden verhindern läßt ohne das bereits Effekte der Elektromagnetik relevant werden. Zum anderen kommt dieses Verfahren mit weit weniger Leistung an der Senderseite aus, wie “normale” Gleichstromgeoelektrik, da sich die einzelnen Nutzsignale aufsummieren oder stapeln lassen. Dadurch wird der immer präsente Umgebungs-”Noise” unterdrückt. Zudem kann mit ein und demselben Geräte auch das Verfahren der Induzierten Polarisation (IP), das wir später kennenlernen, eingesetzt werden. 4) Messung und Auswertung Ein 2D geoelektrisches Experiment beinhaltet üblicherweise 100 - 1000 Messungen und ist damit ähnlich kostenintensiv wie seismische Experimente. Bei bestimmten Fragestellungen (Grundwasserspiegel in einem geologisch “ruhigen” Gebiet) kann es sinnvoll sein nur 1D Messungen durchzuführen, die mit geringem Aufwand (10-20 Messungen pro Sondierung) möglich sind. Aus diesen Gründen wenden wir uns zunächst der klassischen 1D Messung bzw. deren Auswertung zu (siehe Angewandte Geophysik I). a) 1D Sondierungen Als Ergebnis der Geländemessung erhält man die Abhängigkeit des “scheinbaren” (?) spezifischen Widerstandes ρ s bezogen auf einen Abstand. Bei der Schlumberger-Sondierung ist dies l z.B. der halbe Abstand --- der stromführenden Elektroden. Der Begriff “scheinbarer” spezifische 2 Widerstand soll ausdrücken, dass beim geschichteten Untergrund je nach Elektrodenabstand nicht der wahre spez. Widerstand, sondern beliebige Werte zwischen dem wahren spezifischen Widerstand der einzelnen Schichten erhalten werden. Für die Bestimmung der Anzahl der Schichten, deren spezifischen Widerstand und der Mächtigkeit der einzelnen Schichten gibt es verschiedene Möglichkeiten: i) Berechnung der Sondierungskurven zu vorgegebenen einfachen Modellen (2-4 Schichten) mit einfachen Computermodellen. ii) Bestimmung der optimalen Modellkurve durch Vergleich der gemessenen Kurve mit Graphen eines Kurvenatlas. iii) Bestimmung des optimalen Modells mit Anfangsmodellen aus i) & ii) Aufgabe 1: Bestimmen Sie die scheinbaren spezifischen Widerstände aus folgender Widerstandsl sondierung; Tragen Sie dies auf doppellogarithmischen Papier auf ( ρ s gegen --- ). Was kann über 2 die Anzahl der Schichten und deren relatives Widerstandsverhältnis ausgesagt werden? Bestimmen Sie die Schichtmächtigkeit und den scheinbaren spezifischen Widerstand der ersten Schicht. b) 2D Sondierungen Im 2D-Fall können die Widerstände des untersuchten Untergrundes sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung variieren und sind schon deutlich näher an der geologischen Realität. Variationen senkrecht zum Streichen der Profilrichtung der Messung werden aber weiterhin ausser Acht gelassen. Diese Annahme ist zwar in Realität meist nicht erfüllt, dennoch bilden 2DMessungen einen guten Kompromiss zwischen Fehler des Modells und den Kosten der Messung selbst. Wie schon früher angedeutet, werden heutzutage Multi-Elektroden-Arrays mit 25 oder mehr Messsonden verbunden mit einem multi-adrigen Messkabel verwendet und meist schon direkt mit einem Computer bei der Messung selbst vorverarbeitet. Eine 2D-Interpretation beinhaltet natürlich auch eine 2D-Messung: Die erste Reihe von Ergebnissen besteht in dieser Wenner-Anordnung aus Messungen mit 1a Elektrodenabstand (1 und 4 Einspeise - 2 und 3 Messelektroden; nächste Messung: 2 und 5 Einspeise - 3 & 4 Messelektroden usw.), danach werden 2a Messungen durchgeführt (1 & 7 - 3 & 5...). In unserer Anordnung können wir dies bis 6a weiterführen. Für andere Elektrodenanordnungen ist das Messverfahren leicht unterschiedlich, es läßt sich aber einfach aus den Geometrie-Faktoren ableiten. Auch im 2D-Fall sollten die Ergebnisse der Messungen (sprich die Messdaten) sofort graphisch aufbereitet werden, um etwaige Messfehler gleich zu erkennen oder Anpassungen der Messanordnung an die Untergrundbedingungen schon im Gelände vorzunehmen. Im 2-D Fall werden sie scheinbaren spezifischen Widerstände in sogenannte Pseudosektionen zusammengefasst. Hierzu werden die erhaltenen Widerstandswerte in der Mitte des jeweiligen Messprofils aufgetragen. Für die vertikale Lokation des jeweiligen Messpunkts wird durch den Elektrodenabstand bestimmt (siehe Abbildung). Die “Tiefen”-Koordinate hat diese Art der Darstellung den Namen verliehen! Sie sagt zunächst nichts über die Tiefenlage eines Körpers aus, genausowenig wie der ermittelte Widerstand dem wahren spezifischen Widerstand entspricht. Trotzdem läßt sich aus der Pseudosektion schon ein ungefähres Bild der Widerstandsverteilung im Untergrund ableiten und kann schon als interpretives Mittel herangezogen werden. Es sollte aber nie der letzte Verarbeitungsschritt einer geoelektrischen Messung sein. Als nächster Bearbeitungsschritt des 2D-Experiments erfolgt die Vorwärtsmodellierung bzw. “Inversion” (was ist zur Inversion bei der Geoelektrik zu sagen?) der Messdaten am Computer. Hierzu können freie Software-Pakete wie das RES2MOD oder das (Teil-)kommerzielle RES2DINV oder ähnliche Programme verwendet werden. Ziel dieser Inversion ist die bestmöglichste Anpassung der gemessenen Daten. Dabei ist zu beachten, dass mit einem GeoelektrikExperiment allein, je nach Daten und Vorkenntnissen über das Untersuchungsgebiet, eine Schar von äquivalenten Modellen erhalten werden können. Aufgabe: Erstellen Sie eine Pseudosektion aus folgenden Messdaten. Was lässt sich über den Untergrund aussagen? II) Induzierte Polarisation Das Phänomen der induzierten Polarisation ist wieder verbunden mit dem Namen Conrad Schlumberger, der diesen Effekt schon 1912 entdeckte. Aber erst in den 1940er Jahren wurde es zur ersten Explorationsreife gebracht, wobei ab den 1990er Jahren ein Wiederaufleben dieser Methode zu bemerken ist. Haupteinsatzgebiete der IP sind Erzlagerstätten und daneben auch Grundwassersuche sowie geothermalen Prospektion. Heutige Messinstrumente, die einen niederfrequenten Wechselstrom einspeisen (Ein- und Ausschaltvorgänge - siehe Gleichstromgeoelektrik) eignen sich auch zur Messung der IP. Spannung Ausschalten des Stroms Überspannungseffekt Einschalten des Stroms Zeit Beim Ausschalten des Einspeisestroms wird an den Messelektroden eine Zeit- und Spannungsabhänige Abklingkurve gemessen. Wird der Strom dagegen eingespeist, so ergibt sich eine typische Anstiegszeit, bevor der Maximalwert der Spannung gemessen wird. Abkling- und Anstiegskurven sind abhängig von eingesetztem Gerät und der geologischen Untergrundstruktur. Die Messung des IP-Effekts selbst lässt sich in vier Gruppen fassen: • Zeitbereichsverfahren; • Frequenzbereichsverfahren (es wird an zwei oder mehreren Frequenzen gemessen) • Phasenbereichsverfahren (es wird das Phasenspektrum der IP gemessen); • spektrales IP (Phase und Amplitude werden in einem sehr breiten Frequenzband vermessen). 1) Grundlagen Die genauen physikalischen Ursachen der IP sind noch nicht vollständig geklärt. Nur zwei mögliche Mechanismen sind soweit bekannt, dass sich eine qualitative Beschreibung anbietet. a) Elektroden Polarisation Wird eine Metallelektrode in eine Salz-Lösung plaziert, kommt es zur Ladungstrennung, auch dann, wenn keine äussere Spannung angelegt wird. Diese Ladungstrennung bewirkt den Aufbau eines elektrischen Potentials. Das sogenannte Nernst Potential tritt auf, wenn zwei Elektroden in eine homogene Lösung plaziert werden, in dem die Konzentration lokale Unterschiede aufweist: C1 RT U N = ------- ln ⎛ -------⎞ ; mit R universelle Gaskonstante; T Temperatur in Kelvin; n ionische Valenz; F nF ⎝ C2⎠ Faraday’sche Konstante; C 1, 2 Lösungskonzentrationen. Die in der Gleichung ersichtliche Temperaturabhängigkeit des Nernst-Potentials weist auf die Verwendung der IP-Messung bei der geothermalen Exploration hin. Der zweite Mechanismus zur Erzeugung eines Potentials hängt mit der Adsorption von Anionen an den Oberflächen von Quarz bzw. Pegmatiten zusammen. Dieses sogenannte Zeta-Potential kann bis zu 100mV betragen. Adsorption ist auch ein wichtiger Mechanismus zur Erzeugung von Potentialen an fest-flüssig Doppelschichten bei Tonkörpern. Wird nun Strom eingespeist, so wird dieses Potential abgebaut und erst dann wieder aufgebaut, wenn der Strom abgeschaltet wird. Wie wir aus der Angewandten Geophysik I bereits wissen, ist die Ursache für den Stromfluss im Untergrund die Ladungsbewegung in einem Fluid, das durch Poren oder Kluften fliesen kann. Blockiert ein Erzkorn eine mit Ionen beladene Strömung, bildet sich an diesem Korn demzufolge eine elektrische Ladung aus, die dem angelegten Stromfluss entgegen wirkt. Das Erzkorn wird polarisiert und es entsteht eine Potentialdifferenz über das Korn hinweg. Beim Ausschalten des Speisestroms strömen die Ionen in dem Elektrolyt zurück und das Potential wird mit einer bestimmten Zeitkonstanten abgebaut -> der IP Effekt. b) Elektrolytische Polarisation IP-Effekte können auch an Gesteinen gemessen werden, die keine Erz- oder Sulfidkörner enthalten. Dieser Effekt ist allerdings nur schwer von schwach erzhaltigen Körpern zu unterscheiden. Hierbei spielen zwei Mechanismen eine Rolle. Die meisten Gesteinsoberflächen weisen eine negative Ladung an der Grenzschicht auf. Anionen lagern sich infolge dessen an dieser Grenzschicht an, während negative Ladungen abgestoßen werden. Existiert nun in dem Porenkanal eine Engstelle, so können die meist größeren Kationen bei von aussen angelegtem Feld nicht mehr durch diese Engstelle fliessen und es kommt zum Aufbau eines Potentials. Wird die angelegte Spannung ausgeschaltet, dann kommt es zum diffusiven Abbau der Potentialdifferenz an der Blockade -> IP-Effekt. Der zweite Mechanismus einer elektrolytischen Polarisation ist mit dem Vorhandensein von Tonpartikeln an den Kanalwänden verbunden, die meist negative Netto-Ladungen besitzen. Wieder werden Anionen an diese Oberflächen gebunden und bilden im Kanal positiv geladene Wolken in der Flüssigkeit. Anionen können sich bei angelegter Spannung zwischen diesen Wolken bewegen, während negative Ionen abgestossen werden, wodurch eine Differenz in der Ionenkonzentration hervorgerufen und damit eine Potentialdifferenz gebildet wird. Nach dem Abschalten der äusseren Spannung baut sich auch dieses Potential wieder ab -> IP-Effekt. 2) Messung des IP-Effekts Zur Messung des IP-Effekts können heutzutage ähnliche Geräte benutzt werden wie in der Gleichstromgeoelektrik üblich. Allerdings müssen hierzu der Zeitverlauf der gemessenen Spannung aufgezeichnet werden und nicht nur die resultierende Spannung selbst. Um ein KontaktPotential der Messelektroden zu vermeiden, werden hierzu Sensoren benutzt, wie sie auch bei der klassischen Eigenpotentialmessung verwendet werden. Ein Metallstab befindet sich in einem porösen Gefäß, dass mit einer übersättigten Elektrolytlösung dieses Metalls gefüllt ist. Am häufigsten werden zur IP-Messung Dipol-Dipol Anordnungen gewählt. a) Zeitbereichsmessungen Wird eine Spannung angelegt und einige Augenblicke später wieder ausgeschaltet, kann ein Überspannungseffekt gemessen werden. Die gesamte an den Messelektroden abgegriffene Potentialdifferenz U 0 (in der Abbildung als V 0 gekennzeichnet) ergibt sich aus der durch den spezifischen Widerstand des Untergrundes verursachten Spannungsabfall U plus die Spannung, die durch den IP-Effekt entsteht ( U p ). Wird der Strom ausgeschaltet, dann fällt die Spannung sofort um den Up Wert U auf den Wert U p ab, der mit der Zeit abklingt. Das Verhältnis ------- nennt sich AufladbarU keit (Chargeability). Technisch gesehen ist es nahezu unmöglich den genauen Wert von U p zu messen. Üblicherweise wird deshalb die erste Messung nach etwa 0.5 s nach Abschalten des Stromes durchgeführt und danach wieder nach 0.5 s die zweite usw. Das Integral über die resultierende diskrete Kurve ergibt die Fläche A und wird durch U 0 geteilt. Der so gewonnene Wert nennt sich scheinbare Aufladbarkeit (apparent chargeability) b) Frequenzbereichsmessungen Der eingespeiste Strom entspricht einem Wechselstrom niederer Spannung mit rechteckiger Impulsform (siehe Widerstandsmessung). Bevor der Sättigungswert U o erreicht wird, kommt es schon zur Umpolung. Die gemessene Wechselspannung, und damit der Widerstand, nimmt i.A. mit zunehmender Frequenz ab. Häufig beschränkt man sich bei dieser Art von Messung auf die relative Änderung des scheinbaren spezifischen Widerstandes ρ s bei nur zwei Frequenzen f 1 und f 2 . Der daraus abgeleitete prozentuale Frequenzeffekt (percentage frequency effect) ergibt sich zu: ( ρs ( f1 ) – ρs ( f2 ) ) PFE = ----------------------------------------- 100 mit ρ s ( f 1 ) > ρ s ( f 2 ) ; ρ ( f1 ) Bei dieser Art der IP-Messung wird der gemessene Widerstand des niederfrequenten Wechselstroms (~ 0.3 Hz) als spezifischer Gleichstromwiderstand angesehen, sodass bei einer IP-Messung gleichzeitig der scheinbare spezifische Widerstand der Auslage mitbestimmt wird. Als dritte Messgröße wird bei der Erzprospektion der sogenannte Metallfaktor (Metal Factor) bestimmt: PFE i MF = ----------- 10 ; mit i = 2…5 ; ρs Der Metallfaktor soll Punkte mit hohem IP und niedrigem spezifischen Widerstand betonen und somit potentielle Erzkörper hervorheben. c) spektrale IP-Messung (komplexer Widerstand) In diesen Fall werden die resultierenden Wechselspannungsfelder über einen weiten Frequenzbereich gemessen (bei gleichbleibender Aufstellungsart). Dazu werden entweder Sinussignale mit verschiedenen Frequenzen (0.3 Hz - 3 kHz) oder ein Signal mit großem Frequenzgehalt (Rechtecksignal) benutzt und führt eine Fouriertransformation durch. Man erhält dadurch die sogenannte spektrale IP - Antwort: 1 Z ( ω ) = ρ s 1 – M ⎛⎝ 1 – -------------------------⎞⎠ ; mit ρ s spezifischer Gleichstromwiderstand, M Auflad1 + ( iωτ ) c barkeit, ω = 2πf die Kreisfrequenz, τ Zeitkonstante der IP und i = – 1 . Die Verwendung hoher Frequenzen bei der IP Messung erhöht die Gefahr der Beeinflussung der Messung durch elektromagnetische Induktion. Durch die Messung des komplexen Widerstandes können beide Effekte i.A. getrennt werden. 3) Auswertung der IP Messung Die errechneten Werte der IP-Messung (PFE, MF usw.) werden üblicherweise in Form von Pseudosektionen dargestellt. Dabei wird bei der häufig benutzten Dipol-Dipol Anordnung der Datenpunkt auf den Schnittpunkt zweier Geraden gelegt, die unter 45° zwischen den jeweiligen Dipolelektrodenpaaren der Profilline angetragen werden, Das Ergebnis dieser Pseudosektion wird schon zur Interpretation herangezogen. Auch hier ist allerdings die Sektion nicht das Ergebnis, sondern sollte als Eingangsgröße zur Modellierung (Inversion) dienen.