Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten: Soziale Mechanismen als

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Berlin J Soziol (2011) 21:91–114
DOI 10.1007/s11609-011-0144-1
Abhandlungen
Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten: Soziale
Mechanismen als Erklärungsansatz der Genese
sozialer Ungleichheiten
Martin Diewald · Thomas Faist
Zusammenfassung: Die einzelnen Felder der Ungleichheitsforschung wie die Bildungs- oder
Mobilitätsforschung sind theoretisch wie empirisch leistungsfähig und haben eine Reihe speziellerer Untersuchungen zu verschiedenen Ungleichheitsaspekten auf hohem theoretischem
und methodischem Niveau hervorgebracht. Damit geht jedoch eine thematische und theoretische Zersplitterung der Ungleichheitsforschung in mehrere kaum miteinander kommunizierende
Forschungslinien einher. Darüber hinaus gibt es keine umfassenden Bestandsaufnahmen, die die
empirischen Befunde zu Ungleichheitsentwicklungen bündeln würden. Die sozialwissenschaftliche Ungleichheitsforschung bedarf deshalb einer konzeptuellen Reorientierung. Entsprechende
Versuche sollten die erheblichen theoretischen und methodischen Fortschritte der Ungleichheitsforschung in den spezialisierten Forschungsfeldern wie Bildung, Arbeitsmarkt, Gerechtigkeit,
Migration oder Gender nutzen. Der in diesem Beitrag dazu unterbreitete Vorschlag ruht auf zwei
Pfeilern: erstens der konsequenten Unterscheidung zwischen Heterogenitäten und Ungleichheiten
und zweitens dem Versuch, die sozialen Mechanismen zu identifizieren und zu systematisieren,
die aus bloßen Heterogenitäten soziale Ungleichheiten entstehen lassen. Wir benennen Heterogenitäten als Ausgangspunkt und Ungleichheiten als Endpunkt der Mechanismen. Beispielhaft
bieten Ansätze des „boundary making“ Anknüpfungspunkte für das skizzierte Programm.
Schlüsselwörter: Soziale Ungleichheit · Heterogenität · Soziale Mechanismen
From heterogeneities to inequalities: Social mechanisms in the genesis of social inequalities
Abstract: Various fields of research on social inequality, such as studies in education and social
mobility, pursue sophisticated theoretical and methodological approaches and have produced a
wealth of relevant empirical findings on specific aspects. Nonetheless, research on social inequalities is nowadays extremely fragmented along theoretical, conceptual and methodological lines
© VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011
M. Diewald () · T. Faist
Fakultät für Soziologie, Universität Bielefeld,
Postfach 100131, 33501 Bielefeld, Deutschland
E-Mail: [email protected]
T. Faist
E-Mail: [email protected]
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M. Diewald und T. Faist
across which there is little communication and cross-fertilization. There are no comprehensive
accounts which would bundle the numerous empirical findings. Therefore, inequality research
in the social sciences needs to be conceptually reoriented. Towards that end we have to take
advantage of the significant theoretical and methodological advances in the different fields, such
as education, labor markets, justice, migration and gender. Our programmatic contribution rests
on two pillars. First, we go beyond the conflation of heterogeneities and inequalities and draw
a clear conceptual distinction where both terms are always used in plural forms. Second, we
identify and systematize social mechanisms. The concept of social mechanism helps to track the
genesis of inequalities out of heterogeneities. In this way heterogeneities constitute the point of
departure and inequalities the outcome of a social mechanismic approach. Social mechanisms can
be fruitfully connected to approaches such as boundary making.
Keywords: Social inequalities · Heterogeneities · Social mechanisms
Des hétérogénéités aux inégalités: les mécanismes sociaux comme approche
explicative de la genèse des inégalités sociales
Résumé: Les différents domaines de la recherche sur les inégalités, tels que la sociologie de
l’éducation et la sociologie de la mobilité sociale, sont féconds aussi bien du point de vue
théorique qu’empirique. Ils sont à l’origine d’une série d’études sectorielles sur différents aspects de l’inégalité. Cette fécondité s’accompagne toutefois d’une fragmentation thématique et
théorique de la recherche sur les inégalités en plusieurs lignes de recherche communiquant à
peine les unes avec les autres. Par ailleurs, il n’existe pas d’état des lieux complet des recherches
synthétisant les résultats des études empiriques sur le développement des inégalités. Ainsi la
recherche sur les inégalités a besoin d’une réorientation conceptuelle. Les tentatives allant dans
ce sens devraient tirer parti des progrès théoriques et méthodiques considérables réalisés par la
recherche sur les inégalités dans des domaines aussi variés que l’éducation, le marché du travail,
la justice sociale, les migrations ou le genre. La proposition soumise dans cet article repose sur
deux piliers: premièrement, une distinction nette entre hétérogénéités et inégalités; deuxièmement, une tentative d’identification et de systématisation des mécanismes sociaux transformant
de simples hétérogénéités en inégalités sociales. Nous considérons les hétérogénéités comme le
point de départ de ces mécanismes et les inégalités comme leur point d’aboutissement. À titre
d’exemple, les approches basées sur les phénomènes de „démarcation“ ( boundary making) offrent
des points d’appui pour le programme esquissé.
Mots-clés: Inégalité sociale · Hétérogénéité · Mécanismes sociaux
1 Einleitung: Probleme der Ungleichheitsforschung
Betrachtungen und Analysen sozialer Ungleichheit erfahren nicht nur derzeit eine
besondere Aufmerksamkeit, sondern sie gehören zu den Grundaufgaben der Sozialwissenschaften. Die einzelnen Felder der Ungleichheitsforschung wie die Bildungs- oder
Mobilitätsforschung sind durchaus theoretisch wie empirisch leistungsfähig und haben
eine Reihe speziellerer Untersuchungen zu verschiedenen Ungleichheitsaspekten auf
hohem theoretischem und methodischem Niveau hervorgebracht. Damit geht jedoch eine
Zersplitterung der Ungleichheitsforschung einher. Sie ist thematisch und theoretisch in
mehrere kaum miteinander kommunizierende, methodisch fragmentierte Forschungslinien aufgespalten: Einkommens-, Arbeitsmarkt-, Mobilitätsforschung, symbolische
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Repräsentationen sozialer Ungleichheit, Gerechtigkeitsforschung, um nur einige zu
nennen. Es fehlt eine umfassende Grand Theory sozialer Ungleichheiten, auf die man
sich beziehen könnte. Es verwundert deshalb nicht, dass Ungleichheitswahrnehmungen
und -bewertungen einerseits, empirische Analysen von Ungleichheitsstrukturen andererseits teilweise weit auseinanderliegen und umfassende Synthesen der Ungleichheitsentwicklung schwierig scheinen und eher Dissens als Konsens widerspiegeln (Mayer
2006; Diewald 2010). Die Auseinandersetzungen um die kulturalistische Wende in der
Ungleichheitsforschung sind dafür ein Beispiel (Eder 2001).
Dieser Umstand wird zunehmend als problematisch wahrgenommen. Es geht wohl
nicht zu weit, wenn man behauptet, dass diese Zersplitterung die wissenschaftliche wie
die gesellschaftspolitische Bedeutung der Ungleichheitsforschung schmälert. Aktuelle
wissenschaftliche wie öffentliche Debatten in Deutschland haben zwar das Aufbrechen
des „Konsistenzparadigmas“ (Müller 2007, S. 192) der Ungleichheitsforschung konstatiert, bisher jedoch noch keine über zeitdiagnostische Zuspitzungen hinausgehende integrierende Analyse hervorgebracht. Auch in der internationalen Ungleichheitsforschung ist
trotz eines durchaus vorhandenen Selbstbewusstseins über die erzielten Fortschritte eine
gewisse Ernüchterung hinsichtlich der erreichten Synthese allgemein geltender ungleichheitsgenerierender Prozesse festzustellen. Nach einer mehrjährig geführten Diskussion
zu diesem Thema auf verschiedenen Tagungen des Research Committee 28 der International Sociological Association bündeln Hout und DiPrete (2006) diese Skepsis in dem
Urteil von „uncertain generalizations“, die zu weit weg von den konkreten Prozessen
der Ungleichheitsproduktion liegen würden. Diese kausalanalytische Schwäche beeinträchtigt nicht nur die Überzeugungskraft soziologischer Diagnose generell, sondern insbesondere auch ihre Bedeutung als „politische“ Wissenschaft, die ein kohärentes und
allgemein akzeptiertes Wissen für die Gesellschaftspolitik bereitstellen kann (ebd.). Es
fehlt darüber hinaus an umfassenden Bestandsaufnahmen, die die empirischen Befunde
zu den Ungleichheitsentwicklungen entlang verschiedener Ungleichheitsdimensionen
und zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen bündeln sowie zu gängigen Realitätskonstruktionen mit den darin enthaltenen Wahrnehmungen und Bewertungen systematisch abgleichen würden. Damit bleibt das nicht eingelöste Desiderat eines kumulativen
und gleichzeitig umfassenden Erkenntnisfortschritts im Bereich der Ungleichheitsforschung ein Problem für die auf konsistente Informationen und Hinweise angewiesene
Gesellschaftspolitik.
Um jedoch über die Spezialdisziplinen der Ungleichheitsforschung hinaus gesellschaftstheoretisch und gesellschaftspolitisch bedeutsam zu sein, benötigt die Ungleichheitsforschung Kenntnis auch über die Regeln, nach denen Ungleichheiten in verschiedenen
Teilsystemen der Gesellschaft produziert werden, und in welcher zeitlichen Ordnung
und welchen Interdependenzverhältnissen diese zueinander stehen. Dies bezieht sich
nicht nur auf die Sozialstruktur der Ungleichheit, sondern auch auf die Kongruenz zwischen sozialstrukturellen Lagen, subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen derselben, den Handlungsweisen, die daraus resultieren, sowie den Repräsentationen sozialer
Ungleichheit im politischen Raum (Barlösius 2005). Hierzu sind jedoch nach verbreiteter und auch von uns geteilter Auffassung einzelne Theorien allein nicht in der Lage.
Die Konzentration auf eine einzelne Perspektive innerhalb dieses Gesamtkomplexes der
Ungleichheitsgenese kann vielmehr dazu führen, dass es zu inadäquaten Einschätzungen
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der Ungleichheitssituation kommt, wie es etwa einige Autoren im Hinblick auf die Weiterexistenz und sogar Verschärfung harter sozialstruktureller Ungleichheiten trotz einer
in den Vordergrund gestellten kulturellen Differenzierung und Pluralisierung von Milieus
beklagt haben (u. a. Geißler 1996; Kreckel 2004; Eder 2002). Auch wenn die entsprechende Kritik Wehlers (2008, S. 117 f.) an der soziologischen Analyse und Deutung der
Ungleichheitsentwicklung im Nachkriegsdeutschland allzu selektiv interpretierend und
deutlich überzogen ist, so zeigt sich daran doch, dass gerade im interdisziplinären Diskurs
eine integrierte, besser zwischen dem Aufgreifen neuer Strömungen und der Langfristbeobachtung stabiler Ungleichheitsmuster balancierende Ungleichheitsanalyse notwendig
ist (Diewald 2010).
Die sozialwissenschaftliche Ungleichheitsforschung bedarf deshalb einer konzeptuellen Reorientierung. Entsprechende Versuche sollten, wenn sie ihr Heil nicht in einer
neuen Grand Theory suchen, die erheblichen theoretischen und methodischen Fortschritte der Ungleichheitsforschung in den spezialisierten Forschungsfeldern wie Bildung, Arbeitsmarkt, Gerechtigkeit oder Gender jedoch nicht übersehen, sondern nutzen
und darauf aufbauend weiterentwickeln. Im Folgenden wollen wir dazu einen Vorschlag
machen, der auf zwei Pfeilern ruht: erstens der konsequenten Unterscheidung zwischen
Heterogenitäten und Ungleichheiten und zweitens dem Versuch, die sozialen Mechanismen zu identifizieren und zu systematisieren, die aus bloßen Heterogenitäten soziale
Ungleichheiten entstehen lassen.
Dieser Weg über die Identifizierung von sozialen Mechanismen ist als theoretische
Herangehensweise nicht neu, sondern bereits allgemein u. a. von Bunge (2004), Hedström und Swedberg (1998), Hedström (2005) und speziell im Hinblick auf die Genese
sozialer Ungleichheiten vor allem von Tilly (1998) und Therborn (2006) propagiert worden und findet gerade in der Ungleichheitsforschung zunehmend Aufmerksamkeit (vgl.
Fiske 1991; Black et al. 2003; Risman und Tomaskovic-Devey 2000). Eine breite Diskussion über das Aussehen einer systematischen Taxonomie verschiedener Mechanismen
der Ungleichheitsgenese und mehr noch eine umfassende empirische Umsetzung einer
Taxonomie von Mechanismen der Ungleichheitsproduktion stehen jedoch bisher aus.
Wir verbinden diesen Ansatz hier mit dem einer prozessorientierten mechanismischen
Vorgehensweise inhärenten Appell, den Anfangs- und Endpunkt sozialer Mechanismen
sorgfältig zu bestimmen. Im spezifischen Feld der Ungleichheitsforschung propagieren
wir diesbezüglich, konsequent Heterogenitäten als Ausgangspunkt und Ungleichheiten
als Endpunkt der Mechanismen zu benennen, also nicht zu konfundieren und nebeneinanderzustellen. Dabei gilt es, Heterogenitätsmerkmale und Ungleichheiten jeweils im
Plural zu konzipieren, um der Multidimensionalität und den möglichen Interdependenzen
angemessen Rechnung tragen zu können. In Kap. 2 sollen die Begriffe Heterogenitäten
und Ungleichheiten näher bestimmt werden. Kapitel 3 und 4 behandeln das zentrale Konzept sozialer Mechanismen. Im fünften Kapitel gehen wir noch einmal speziell auf den
Aspekt der Multidimensionalität beziehungsweise Überschneidung von sowohl Heterogenitäten als auch von Ungleichheiten ein, wobei wir einen besonderen Blick auf die
neueren Ansätze des „boundary making“ als Anknüpfungspunkte für das skizzierte Programm werfen.
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2 Zum Verständnis von Heterogenitäten und Ungleichheiten
2.1 Heterogenitäten
Heterogenitäten bilden den sorgfältig zu bestimmenden Ausgangspunkt unseres Ansatzes der Ungleichheitsanalyse, d. h. wir fokussieren auf Ungleichheiten zwischen Gruppen statt auf abstrakte Verteilungsungleichheiten (vgl. Jasso und Kotz 2007; Tilly 1998).
Heterogenität ist zunächst bloße Verschiedenheit und indiziert noch nicht per se soziale
Ungleichheit. Die Heterogenität der Gesellschaftsmitglieder bezieht sich prinzipiell auf
alles, was die Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Individuen ausmacht. Damit thematisieren Heterogenitäten zwei grundsätzliche Fragen jeder Ungleichheitsanalyse: zum
einen die Frage, wer überhaupt als zugehörig zur Gesellschaft als Untersuchungseinheit
betrachtet wird, und zum anderen die Frage, zwischen welchen als relevant erachteten
Bevölkerungsgruppen (einer Gesellschaft) soziale Ungleichheiten untersucht werden
sollen.
Wir unterscheiden vier wichtige Gruppen von Merkmalen:
1.askriptive Merkmale wie physische Unterschiede zwischen den Menschen, Geschlecht,
Alter, Nationalität und Ethnizität;
2.kulturelle Vorlieben, Lebensformen, Lebensstile, Einstellungen, Orientierungen und
Weltanschauungen;
3.Kompetenzen, Qualifikationen und Eigenschaften, die als gesellschaftlich legitimierte
Mechanismen der Chancenzuweisung angesehen bzw. zumindest als solche diskutiert
werden;
4.die Differenzierung von Tätigkeiten im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung.
In unserem Selbstverständnis sind unterschiedliche Tätigkeiten die primäre Basis für
die Generierung sozialer Ungleichheiten, sie sind aber damit nicht gleichzusetzen.
In Arbeitsgesellschaften ist dies zunächst die Ausdifferenzierung unterschiedlicher
Tätigkeiten innerhalb der Erwerbsarbeit. Hinzuzuzählen sind jedoch auch die Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit wie Hausarbeit und Kinderbetreuung.
Hinsichtlich der vier Merkmalsgruppen haben sich in den letzten Jahren Bedeutungsverschiebungen ergeben, die zur Wahrnehmung einer gestiegenen, komplexeren Heterogenität geführt haben. Vier jeweils primär auf eine der Merkmalsgruppen bezogene
Entwicklungen können grob unterschieden werden:
1.Die Pluralisierung von Lebensformen und Lebensstilen sowie die Heterogenisierung
von Wertemilieus haben dazu geführt, dass Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeitsgefühl, Interessen, Handlungsweisen und -möglichkeiten und Konflikte nicht
allein bzw. primär den Verteilungen klassischer Ungleichheitsdimensionen folgen
Wir haben uns für den Begriff der Heterogenität entschieden, weil er uns insgesamt als der
neutralste erscheint. Die gleichfalls denkbaren Begriffe Diversität und Differenz werden
in Forschung und Praxis stärker auf kulturelle Unterschiede eingeschränkt. Darüber hinaus
gerät „diversity“ im US-amerikanischen Diskussionskontext in die Nähe eines aufgeweichten
Ungleichheitsbegriffs und transportiert dann tendenziell das, was gerade zu vermeiden ist: ein
Verwischen des Unterschieds zwischen Heterogenität und Ungleichheit.
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(Fischer und Matteson 2009). Unterschiedliche Präferenzen der Lebensgestaltung
führen erstens dazu, dass Ungleichheiten teilweise unterschiedlich wahrgenommen
und bewertet werden (Berger und Vester 1998; Smith 1997). Zweitens können sie
als neue Differenzierungslinien selbst zur Grundlage materieller Bevorzugung oder
Benachteiligung bzw. Besser- oder Schlechterstellung werden, etwa wenn bestimmte
Arbeitsteilungsmuster im Haushaltskontext unterschiedlich bewertet werden. Drittens
stehen sie nicht nur neben arbeitsmarktbezogenen Ungleichheiten, sondern beeinflussen die dortigen Chancen und Risiken, indem sie für Rekrutierung und Beförderung
bedeutsam werden, obwohl sie nicht direkt im Zusammenhang mit Arbeitsplatzanforderungen stehen. Es führen jedoch nicht alle Formen und Ausprägungen von Heterogenität zur (Re-)Produktion von Ungleichheit. Es ist beispielsweise kontingent, ob
und wie etwa Religionszugehörigkeit ungleichheitsrelevant wird (Faist 2010).
2.„Von außen“ haben Globalisierung und Transnationalisierung über Prozesse wie Migration und damit verknüpfte grenzübergreifende Bindungen ebenfalls eine Steigerung
von Heterogenität bewirkt. Nationalstaatliche Institutionen und nationalstaatliche
Zugehörigkeit sind dennoch relevant geblieben (Firebaugh 2003). Diese Entwicklungen können aufgegriffen werden, indem nach Ausprägungen von Heterogenität in
sozialen Kontexten zwischen und jenseits von Nationalstaaten gefragt wird. Ihre Relevanz für die Produktion von Ungleichheit ergibt sich daraus, dass multiple Zugehörigkeiten einerseits besondere Chancen, andererseits auch Restriktionen und Konflikte
produzieren können. Zudem verschiebt sich die Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheiten dadurch, dass soziale Vergleichsgruppen sich nicht mehr unbedingt auf den geschlossenen Raum national-staatlicher Zugehörigkeiten beschränken
(Furia 2005; Delhey und Kohler 2006). Auch durch Mehrfachmitgliedschaften de jure
oder de facto, wie etwa multiple Staatsbürgerschaft oder Teilhabe in Diasporagruppen, können Personen unterschiedliche soziale Positionen in verschiedenen nationalen
Gesellschaften einnehmen; die für Ungleichheit relevanten Heterogenitäten können
damit variabel sein. Gleichzeitig verändert sich dadurch die Wahrnehmung der für die
Bewertung von Ungleichheit relevanten Merkmale, beispielsweise über die Aktivierung askriptiver Merkmale (z. B. Ethnizität und Geschlecht) oder die Durchsetzung
universeller Kriterien (z. B. Zugehörigkeit zu Professionen). Von besonderer Bedeutung ist der Zusammenhang der sich verändernden kulturellen Deutungen in Bezug
auf multiple Zugehörigkeiten und damit verbundene Zugangschancen. Die über transnationale Teilhabe von Personen und Organisationen geschaffenen Möglichkeiten
politischer, kultureller und ökonomischer Partizipation produzieren gleichzeitig neue
Ungleichheiten und Konflikte.
3.Offensichtlich haben sich sowohl die Genese als auch die Auswirkung verschiedener kognitiver und nicht-kognitiver Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften
sowie deren Verhältnis zu formalen Qualifikationen gewandelt. Durch den wirtschaftsstrukturellen Wandel, aber auch den sozialen und kulturellen Wandel hin zu
mehr Selbstverantwortung und Handlungsfähigkeit steigt die Bedeutung allgemeiner
Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften für den Arbeitsmarkt- und Lebenserfolg insgesamt. Diese werden jedoch nur begrenzt über formale Qualifikationen
miterworben (Baethge 2007; Borghans et al. 2008). Die in der Soziologie lange vernachlässigte Untersuchung der Genese und Wirkung von kognitiven und nicht-kogni-
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tiven Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften wird damit zu einem wichtigen
Eckpfeiler der geforderten breiten theoretischen wie empirischen Anstrengung, um
das Zusammenspiel von Öffnungs- und Schließungsmechanismen im Dreieck von
Herkunft, Bildung und Ungleichheit adäquat untersuchen zu können (Jackson et al.
2005). Der Definition, Operationalisierung und interpretatorischen Unterscheidung
zwischen funktional begründbaren Fähigkeiten und konflikttheoretisch als soziale
Schließung zu interpretierendem kulturellem Kapital kommt dabei eine Schlüsselrolle zu (Lareau und Weininger 2003; Goldthorpe 2007).
4.Der Arbeitsmarkt hat sich mehrfach gewandelt. Zum einen ändert sich die berufsstrukturelle Zusammensetzung des Arbeitsmarktes. Tätigkeiten mit geringen Qualifikationsanforderungen gehen in den OECD-Ländern zurück, Tätigkeiten mit hohen
Qualifikationsanforderungen nehmen zu. Zum anderen wandeln sich die einzelnen
Berufe intern. Internationale Vernetzung und Konkurrenz, wechselnde Teamarbeit
statt festgefügter Positionsstrukturen als Beispiele für technologischen wie organisationalen Wandel allgemein führen einerseits zu neuen, neben der formalen Qualifikation wichtigen Anforderungen, die sowohl Chancen als auch Risiken bergen können.
Andererseits bringen sie auch neue Belastungen mit sich, die sich vor allem in psychischen Problemen und entgrenzter zeitlicher Verfügbarkeit manifestieren. Destandardisierung und Flexibilisierung der Erwerbsarbeit bilden die geläufigen Oberbegriffe
für diese Heterogenisierung verschiedener Merkmale von beruflichen Tätigkeiten.
Angesichts der Zunahme der Heterogenitäten steigen die Anforderungen an eine angemessene theoretische und empirische Erfassung derjenigen Merkmale, die zum Ausgangspunkt der Ungleichheitsgenese werden können. Gegen eine essenzialistische Betrachtung
von Heterogenitätsmerkmalen als etwas Gegebenem wird zunehmend ins Feld geführt,
dass Unterscheidungen zwischen sozialen Kategorien der Bevölkerung erst durch klassifikatorische Kämpfe und Verhandlungen verschiedener Akteure in einem sozialen Feld
hergestellt werden (Wimmer 2008; s. a. Barlösius 2005). Was askriptive Merkmale wie
Ethnizität oder Geschlecht für die betreffenden Personen ausmachen, wird demnach in
unterschiedlichen Sozialzusammenhängen unterschiedlich konstruiert. Dabei können
Grenzen zwischen Gruppen verschoben (Butler 1991), verstärkt oder abgeschwächt werden, oder es können neue Grenzen entstehen, auch und gerade unter Bedingungen von
rechtlicher und faktischer materieller Gleichheit (Parsons 1977). Kulturelle, politische
und identitäre Selbst- wie Fremdkategorisierungen können demnach durchaus auseinanderfallen – innerhalb und zwischen den verschiedenen sozialen Kontexten. Dies gilt nicht
nur für klassische askriptive Merkmale wie Geschlecht oder Ethnizität, sondern in mehr
oder weniger großem Ausmaß auch für die Definition derjenigen Leistungsmerkmale, die
als legitime Zuweisungskriterien zu begehrten Positionen angesehen werden.
2.2 Soziale Ungleichheiten
Soziale Ungleichheit ist ein mehrdimensionales Phänomen, dessen Komplexität durch
eine Perspektive nur unvollständig erfasst werden kann. Deshalb können Ungleichheiten
zwischen Bevölkerungsgruppen erst dann angemessen bilanziert werden, wenn sie im
Plural untersucht werden. Es ist notwendig, über die Ungleichverteilung der klassischen
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Ressourcen Macht, Prestige und Geld hinauszugehen und die folgenden Perspektiven
aufzugreifen:
Ungleichheiten betreffen alle für das Wohlbefinden relevanten Bedürfnisse. Fraser und
Honneth (2003) haben gegen eine allein auf Ungleichverteilung und Umverteilung fokussierende Ungleichheitsbetrachtung – unmittelbar anknüpfend an Heterogenitäten als Ausgangspunkt der Ungleichheitsgenese – die Anerkennung kultureller Verschiedenheit und
daran anknüpfend die gesellschaftlichen Partizipationschancen als wichtige Kriterien hervorgehoben. Umfassendere Systematisierungen sind bereits von der Wohlfahrtsforschung
lebensbereichsbezogen (Zapf 1984) sowie der Theorie der sozialen Produktionsfunktionen in Form instrumenteller Zwischenziele (Ormel et al. 1999) vorgeschlagen worden.
Eine Voraussetzung für solche Ergebnisse sind Muster von Beteiligungschancen in
unterschiedlichen Lebensbereichen. Positionen in hierarchisch strukturierten Positionssystemen der Erwerbsarbeit definieren wesentlich den Zugang zu den klassischen
Ungleichheiten hinsichtlich Macht, Autonomie, Prestige und Einkommen. Auch wenn
man weiterhin von der Erwerbszentriertheit moderner Ungleichheitssysteme ausgehen
kann (Kreckel 2004), sind für umfassende Betrachtungen sozialer Ungleichheit weitere
Lebensbereiche wesentlich, da sie teilweise vergleichbare, teilweise andere Bedürfnisse
befriedigen: die Integration in soziale Beziehungen, die soziale und politische Partizipation sowie als spezieller Aspekt die Kombination von multiplen Zugehörigkeiten über
nationale Gesellschaften hinweg.
Beteiligungen produzieren jedoch nicht nur Erträge, sondern bringen auch dafür jeweils
zu erbringende Anstrengungen und in Kauf zu nehmende Belastungen mit sich. Diese
können zum einen die Gesamtbilanz innerhalb eines Lebensbereichs beeinträchtigen,
zum anderen Beteiligungschancen in anderen Lebensbereichen einschränken (Diewald
2003). Angesichts der Zunahme von Unsicherheiten und Belastungen auch und gerade
in hochqualifizierten Berufen, der Rollenverschiebungen im Verhältnis der Geschlechter
zueinander und multipler Zugehörigkeiten und Identitäten insbesondere in transnationalen Kontexten scheint sich die Bedeutung von Opportunitätskosten von Engagements zu
erhöhen. Damit muss auch die klassische Annahme überwiegend positiver Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beteiligungschancen neu hinterfragt werden. So nehmen
etwa internationale Migranten häufig verschiedene soziale Status in Emigrations- und
Immigrationsgesellschaften ein, z. B. relativ niedrig in einem Immigrationsland und
relativ hoch in einem Emigrationskontext (Faist 2008). Die Annahme positiver Zusammenhänge scheint uns daher vor allem für geschlossene Gesellschaften mit hoher Systemintegration plausibel zu sein wie der klassischen Arbeitsgesellschaft.
Wahrnehmung und Bewertung von Beteiligungsschancen als Verwirklichungschancen: Mit dem Begriff der Verwirklichungschancen hat Sen (1999) darauf verwiesen, dass
Beteiligungschancen nicht für alle Gesellschaftsmitglieder die gleiche Bedeutung haben
müssen, sondern vor dem Hintergrund interindividuell unterschiedlicher Leitvorstellungen für die eigene Lebensführung bewertet werden sollten.
Auf der Ebene individueller wie gesellschaftlicher Leitvorstellungen spielen Gerechtigkeitsvorstellungen eine entscheidende Rolle dafür, wie soziale Ungleichheiten und die
eigene Ungleichheitsposition wahrgenommen und bewertet werden (Liebig und Schupp
2008). Gerechtigkeit ist zwar eine normative Kategorie, es verbinden sich damit aber
faktisch ganz unterschiedliche Wahrnehmungen und Geltungsansprüche, die über die
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Akzeptanz sozialer Ungleichheiten entscheiden und dazu beitragen, dass Ungleichheiten als solche thematisiert und skandalisiert werden. In unterschiedlichen Lebensbereichen – der Familie, dem Freundeskreis, am Arbeitsplatz oder auf Märkten – können ganz
unterschiedliche Konnotationen der Gerechtigkeit als normative Referenzpunkte gelten,
die selbst wiederum in Konkurrenz zueinander stehen können. Diese unterschiedlichen
Verständnisse von Gerechtigkeit und die Frage, in welchen Lebensbereichen welche
Gerechtigkeit gelten sollte, werden auch auf der Ebene gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen wirksam und sorgen dafür, dass für die Einen beispielsweise große
Einkommensunterschiede eine angemessene Widerspiegelung der Heterogenität der
Gesellschaftsmitglieder sind, für die Anderen aber Ausdruck sozialer Ungleichheiten, die
es zu vermindern gilt.
Schließlich ist bei der Untersuchung sozialer Ungleichheiten deren Nichtlinearität zu
beachten. Über Exklusionskonzepte sowie die Inzidenz von kritischen Lebensereignissen
und Devianz (z. B. Schoon 2006) werden im unteren Spektrum sozialer Ungleichheiten
Umstände definiert, die nicht nur untere Lagen, sondern dezidiert problematische Lagen
indizieren. Wie Untersuchungen zeigen, scheinen für die Inzidenz solcher Schwellen
nicht unbedingt die gleichen sozialen Mechanismen der Ungleichheitsgenerierung wirksam zu sein wie in anderen Bereichen der Ungleichverteilung (z. B. Wiborg und Hansen
2008).
3 Soziale Mechanismen als Erklärungsansatz für Ungleichheiten
Die Identifizierung von Mechanismen hat als Erklärungsprogramm in den letzten Jahren sowohl in den Natur- als auch den Sozialwissenschaften zunehmend Aufmerksamkeit erfahren (z. B. Machamer et al. 2000). Dieses Erklärungsprogramm definiert sich
zunächst als Gegenentwurf dazu, was nicht als aussichtsreiches Erklärungsprogramm
angesehen wird (vgl. u. a. Bunge 2004; Hedström 2005; Elster 2007), nämlich
die Verpflichtung auf eine alles erklärende, rein philosophierende Grand Theory;
die streng deduktive Erklärung über allgemeingültige Gesetze im engen Sinn, die die
konkreten Wirkungsketten zwischen Ursache und Folge als „black box“ behandeln
und deshalb wenig zu ihrem Verständnis beitragen;
ein Empirismus, der Gesetzmäßigkeiten trotz häufiger Probleme von Scheinkorrelationen, Endogenität und konfundierenden Variablen primär aus Korrelationen zwischen Variablen ableiten bzw. bestätigen will.
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Eine allgemein geteilte positive Definition sozialer Mechanismen gibt es bisher jedoch
nicht (Mahoney 2001; Brante 2008). Wenn wir uns dennoch auf soziale Mechanismen als
theoretische Klammer für die Ungleichheitsanalysen beziehen, dann geschieht dies aus
der Überlegung heraus, dass die prinzipielle Offenheit und Differenziertheit dieser theoretischen Herangehensweise eine Reihe von wichtigen Vorteilen bietet. Einige geteilte
Grundideen dessen, was Mechanismen ausmacht, sind folgende:
Die Identifizierung von Mechanismen ist nicht an eine bestimmte Theorie oder
bestimmte methodische Herangehensweise gebunden.
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Mechanismen beziehen sich auf generative Prozesse, die unter bestimmten Ausgangsbedingungen bestimmte Ergebnisse hervorbringen. Damit beziehen sich
Mechanismen auf konkrete Explananda unter konkreten, spezifizierbaren Bedingungen. Insofern Mechanismen unter den gleichen Bedingungen zuverlässig die gleichen
Ergebnisse hervorbringen, sind sie regelhaft. Der Grad ihrer Verallgemeinerbarkeit
oder gar universalen Geltung über diese Regelhaftigkeit unter bestimmten Kontextbedingungen hinaus ist hingegen offen (z. B. Elster 2007). Dies unterscheidet sie von
Gesetzmäßigkeiten im strengen Sinn.
Diese Einschränkung bedeutet jedoch keineswegs eine Abkehr vom Ziel der Abstraktion. Vielmehr können konkrete Mechanismen auf dem Wege von Analogiebildung
und Abstraktion zu Typen von Mechanismen gebündelt werden (Bunge 2004, S. 195).
Solche Mechanismen haben dann einen höheren Allgemeinheitsgrad und sind weniger an bestimmte Kontextbedingungen gebunden bzw. beziehen sich auf eine größere
Bandbreite sozialer Phänomene (Elster 2007, S. 44; s. a. Reskin 2003; Gross 2009).
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Ein solches Grundverständnis sozialer Mechanismen bietet folgende Vorteile:
Die Idee der Identifizierung von konkret-substanziellen Mechanismen ist mit der Orientierung an einer möglichst genauen, empirisch nachvollziehbaren Erklärung auf
der Basis von Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbunden. Sie bewahrt vor den Verkürzungen geschlossen konstruierter Theorien mit Allgemeinheitsanspruch ebenso
wie vor rein korrelativen Variablenstudien, die trotz statistischer Modellierung hinsichtlich der diese Korrelationen konstituierenden Aktivitäten und Prozesse unklar
bleiben.
Durch Bezüge konkret-substanzieller zu allgemein-abstrakten Mechanismen kann ein
hoher Grad von Verallgemeinerung angestrebt werden, ohne den Bezug zu den spezifischen Prozessen der Genese von Ungleichheiten zu verlieren. Mit anderen Worten:
Es wird eine Brücke zwischen theoretischer Abstraktion und empirischer Fundierung
gebaut.
Es ist dadurch leichter möglich, die Leistungsfähigkeit existierender Spezialtheorien
und die Genauigkeit der spezifischen Empirie in den verschiedenen Feldern und Ebenen der Ungleichheitsforschung aufzugreifen, vergleichend zu diskutieren und gegebenenfalls zu integrieren.
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4 Soziale Mechanismen der Ungleichheitsgenese
Innerhalb der Sozialwissenschaften ist die Ungleichheitsforschung eines der Arbeitsgebiete, in denen der Mechanismus-Ansatz in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit
gewonnen hat (z. B. Tilly 1998; Reskin 2003; Therborn 2006; DiPrete und Eirich 2006).
Was damit gemeint ist, mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Anstatt etwa auf der Basis von
Großklassen Mechanismen der Ungleichheitsgenese wie Ausbeutung oder soziale Schließung
einfach zu unterstellen (vgl. Grusky und Sørensen 1998), sollen die zugrunde liegenden Mechanismen, die ja konstitutiv für die Verwendungsfähigkeit solcher Typologien sind, konkret nachgewiesen und in sozialen Kontexten lokalisiert werden.
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Ausgehend von den dargestellten allgemeinen Vorteilen des Mechanismus-Ansatzes geht
es beim sozialmechanismischen Ansatz speziell darum,
1.empirisch konkrete, direkt beobachtbare, kontextspezifische und damit für die politische Beeinflussung relevante soziale Mechanismen der Genese und Wirkung sozialer Ungleichheiten zu identifizieren (konkret-substanzielle Mechanismen) und
2.längerfristig auf dieser Basis über Vergleich und Abstrahierung zu einer über verschiedene Gesellschaftsbereiche hinweg verallgemeinerungsfähigen „generative
social grammar of inequality“ (Therborn 2006, S. 1) zu kommen.
4.1 Konkret-substanzielle Mechanismen der Genese sozialer Ungleichheiten
In der Ungleichheitsforschung wird zunächst ein eher auf direkt beobachtbare Prozesse
fokussierendes Verständnis sozialer Mechanismen gefordert. Gegen das Unbehagen
einer auf Variablenkorrelationen beruhenden, Motive von Akteuren bloß unterstellenden
Ungleichheitsanalyse wird eine theoretisch angeleitete Empirie gefordert, um die spezifischen Prozesse aufzudecken, durch die Ungleichheiten aus zugeschriebenen Merkmalen, die unterschiedliche Bevölkerungsgruppen definieren, entstehen (Reskin 2003; s. a.
Black et al. 2003 für die Erklärung intergenerationaler Transmission). So gibt es für die
Genese sozialer Ungleichheiten innerhalb von Organisationen bereits Taxonomien, die
verschiedenen Aspekten der Heterogenität von Belegschaften spezifische Mechanismen
zuordnen, wie aus ihnen im Kontext von Arbeitsplätzen, Berufen und Betrieben soziale
Ungleichheiten entstehen (Skaggs und DiTomaso 2004, S. 280 f.).
Bei aller Spezifik der einzelnen Mechanismen hinsichtlich verschiedener Heterogenitätsmerkmale, Ungleichheitsdimensionen und Kontexte geht es bei einer solchen Gliederung unterschiedlicher Mechanismen auch darum, die vorherrschende „Balkanisierung“
der Analyse der Genese von Ungleichheiten aus Heterogenitäten zu überwinden, die über
ein allzu essenzialistisches, (nur) auf ein spezifisches Heterogenitätsmerkmal wie etwa
Gender oder Ethnizität beschränktes Forschen die Entdeckung allgemeinerer generischer
Prozesse verhindert (Reskin 2003, S. 5). Inwiefern dies tatsächlich möglich ist oder inwiefern die Prozesse bei verschiedenen Heterogenitätsmerkmalen doch sehr unterschiedlich
sind, wie Lieberson (1994) betont, muss vor dem Hintergrund des bisherigen Standes der
Forschung noch als weitgehend offene Frage angesehen werden.
So mögen soziale Ungleichheiten auf einer sehr konkreten Ebene in verschiedenen
sozialen Kontexten auf ungleiche Art und Weise produziert werden, doch können sich
dahinter allgemeinere gemeinsame Regeln verbergen. Um dies eruieren zu können, ist
allerdings zweierlei notwendig: erstens, vergleichende Analysen über mehrere Heterogenitätsmerkmale und Ungleichheitsdimensionen hinweg und, zweitens, Untersuchungen,
die dann, wenn die Kontextspezifik sozialer Mechanismen theoretisch plausibel ist,
neben Individualmerkmalen auch die Kontextbedingungen von Familien, Netzwerken,
Organisationen sowie (supra-, trans-)nationalen Zusammenhängen beobachtbar machen
– aber auch intrapsychische Mechanismen berücksichtigt, statt unüberprüft Annahmen
über Rationalitäten und ihre Voraussetzungen zu machen.
102
M. Diewald und T. Faist
4.2 Analytisch-abstrakte Mechanismen der Genese sozialer Ungleichheiten
Auch wenn Kategorisierungen konkret-substanzieller Mechanismen ein erster Schritt hin
zu einer Systematisierung von Mechanismen sind: Insgesamt sind Versuche, entweder
über diesen Weg oder umgekehrt über eine theoretische Diskussion abstrakter Mechanismen zu einer Systematisierung zu gelangen, bisher eher ein Postulat als ein Resultat der
Forschung geblieben. Innerhalb der Ungleichheitsforschung hat die theoretische Diskussion bisher vor allem die bereits durch die Klassiker Karl Marx und Max Weber propagierten abstrakten Mechanismen der Ausbeutung und sozialen Schließung aufgegriffen
(zusammenfassend: Wright 2005), wobei vor allem das Konzept der sozialen Schließung
in verschiedenen allgemeinen (Parkin 1983; Murphy 1996; Mackert 2004) und spezielleren Ungleichheitstheorien (Collins 1979) eine prominente Rolle spielt. Mögliche Erweiterungen dieser beiden Mechanismen um weitere abstrakte Mechanismen sind bislang
selten Gegenstand der Theoriearbeit gewesen.
Eine der wenigen Ausnahmen stellt Tilly (1998) dar. In Anlehnung an die beiden Klassiker Marx und Weber hat Tilly in seinem Buch Durable Inequality die beiden primären Mechanismen der Ausbeutung und der sozialen Schließung aufgegriffen und damit
relationale Mechanismen als die für die Genese sozialer Ungleichheiten entscheidenden
propagiert: Ausbeutung entsteht in Kooperationen, wenn eine mächtigere Seite sich einen
überproportionalen Anteil des Wertes sichern kann, der durch die jeweilige Kooperation erwirtschaftet wird. Chancenhortung als wesentlich auf den Prozess der sozialen
Schließung zurückgehender Mechanismus besteht darin, Zugänge zu Ressourcen und
Marktchancen zu monopolisieren, das heißt, Konkurrenten auszuschließen. Diese beiden primären Mechanismen werden variiert und verbreitet, indem sie von den jeweiligen
Akteuren in verschiedenen sozialen Zusammenhängen an die je spezifischen Bedingungen angepasst und in Regeln, Routinen und Rituale übersetzt werden („Adaption“) und
durch die Übertragung von relationalen Mustern zwischen kategorialen Bevölkerungsgruppen in andere Arenen diffundieren, wobei kulturelle und identitäre Unterschiede zwischen Bevölkerungskategorien bewusst gemacht und für die Lösung von Zugangs- und
Verteilungsproblemen verwendet werden („Emulation“). Wir halten zwar die Ansiedlung
der beiden Mechanismen Ausbeutung und Chancenhortung auf einer Ebene mit den beiden Mechanismen Emulation und Adaption für theoretisch problematisch, doch ist unsere
Vorgehensweise diesem Ansatz insofern verwandt, als wir ebenfalls die konkrete Umsetzung abstrakter sozialer Mechanismen der Ungleichheitsproduktion in verschiedenen
Handlungsfeldern untersuchen wollen.
Therborn (2006) hat eine andere, umfassendere Liste von vier Hauptmechanismen
inklusive einer Liste von feldspezifischen Umsetzungen vorgelegt, die jedoch unserer
Einschätzung nach theoretisch nicht immer nachvollziehbar begründet und zudem nicht
durchgängig trennscharf zueinander sind. Mit „Distantiation“ sind die Regeln des Wettbewerbs gemeint, die Gewinner und Verlierer mit bestimmten Abständen zwischen ihnen
produzieren (z. B. Matthäus-Prinzip); mit „Exclusion“ (inklusive Chancenhortung und
sozialer Schließung) die Trennung in Insider und Outsider und die damit einhergehenden
Diskriminierungen und Stigmatisierungen; mit „Hierarchization“ das Gefüge institutionalisierter Rollen und Positionen, die mit unterschiedlichen Rechten und Ressourcen verknüpft sind, und mit „Exploitation“ ein asymmetrischer Nutzen, den eine Seite aus einer
Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten
103
Kooperation ziehen kann. Insgesamt sind dies die beiden einzigen uns bekannten Versuche, zu einer Systematisierung abstrakter Mechanismen der Ungleichheitsproduktion
zu gelangen. In beiden spielen – wenn auch teilweise unterschiedlich bezeichnet, eingeordnet und gewichtet – die beiden „Klassiker“ Ausbeutung und soziale Schließung eine
zentrale Rolle. Deutlicher als bei Therborn sind bei Tillys relationalem Ansatz bereits
Grenzziehungen zwischen kategorialen Bevölkerungsgruppen eine Vorbedingung von
Ungleichheitsbeziehungen und dienen gleichzeitig dazu, Ungleichheiten zu legitimieren. Therborn dagegen bezieht deutlicher auch die Strukturierung von Positionen in die
Genese sozialer Ungleichheiten mit ein, die relativ unabhängig von der Besetzung mit
bestimmten kategorial unterschiedlichen Personen ist.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Forschungslage ist es völlig offen, ob sich zum
einen regelhaft systematische Homologien finden lassen und sie sich gegebenenfalls eher
entlang eines Vergleichs von Heterogenitätsmerkmalen und/oder Ungleichheitsdimensionen und/oder Kontexten ergeben, und ob zum anderen eineindeutige, quasi hierarchische Ableitungen konkreter Mechanismen aus analytisch-abstrakten Mechanismen
bzw. Aggregationen konkreter zu analytisch-abstrakten Mechanismen möglich sind. Will
man im Ergebnis sowohl konkret-substanzielle als auch abstrakt-analytische Mechanismen identifizieren, kann dies sowohl „bottom up“ als auch „top down“ geschehen. Zur
forschungsleitenden Orientierung kann eine exemplarische Synopse von Mechanismen
unterschiedlichen Generalisierungsgrades als Orientierung dienen (s. Abb. 1). Exemplarisch meint, dass die dort spezifizierten Unterscheidungen keineswegs eine Taxonomie
mit endgültigem Geltungsanspruch darstellen. Deren Entwicklung ist eine langfristige
Forschungsaufgabe. Es handelt sich um eine prozessuale und gleichzeitig verschiedene
Handlungsfelder vergleichende heuristische Übersicht, die
1.offen ist für die in den jeweiligen Untersuchungsbereichen den Stand der Forschung
markierenden Spezialtheorien;
2.deutlich macht, dass es sich beim Zusammenhang zwischen Heterogenität und
Ungleichheit nicht um einseitige, feststehende Kausalbeziehungen, sondern um parallele, interdependente und nicht immer unidirektionale Prozesse (Cederman 2005)
handelt;
3.das Ziel einer Systematisierung und Generalisierung spezifischer Befunde anstrebt.
Die Darstellung basiert auf den vier oben unterschiedenen Arten von Heterogenitäten
als Ausgangspunkt für die Unterscheidung von vier abstrakten Hauptmechanismen:
Exklusion/Inklusion und Chancenhortung als Varianten der sozialen Schließung sowie
Hierarchisierung und Ausbeutung/asymmetrische Dependenz. Diese werden für unterschiedliche Arten sozialer Kontexte variiert. Wie bereits resümiert, dürfte der Mechanismus der sozialen Schließung in der bisherigen einschlägigen Diskussion am wenigsten
umstritten sein. Um dem Prozesscharakter von sozialen Schließungen besser gerecht werden zu können, lässt sich dieser Mechanismus unterteilen in Exklusion/Inklusion (vgl.
Therborn 2006) und Chancenhortung (vgl. Tilly 1998), das heißt es geht zunächst um den
Zugang zu Netzwerken, Organisationen und Gesellschaften und dann um die Behandlung innerhalb dieser sozialen Bereiche. Sofern es sich um Vorteilnahme im Rahmen
von Kooperationen handelt, haben wir es mit Ausbeutung zu tun. Hierarchisierung meint
nach Therborn (2006, S. 13) schließlich zunächst die Existenz von unterschiedlich mit
104
M. Diewald und T. Faist
HETEROGENITÄTEN
zwischen Personen
Persönlichkeit
Kompetenzen
Kulturelle
Differenzierungen
Tätigkeiten
askriptive
Merkmale
als Ausgangspunkt für
Mechanismen der Genese von Ungleichheiten
in
formalen
Organisationen
Familien
Netzwerken
gesellschaftlichen
Institutionen
(1) Wahrnehmung und Bewertung von Heterogenitäten
Vorurteile
Stereotypisierung,
Thematisierung
Stereotypisierung,
Thematisierung
(2) Soziale Schließung: Inklusion/Exklusion
Zugehörigkeit
Mitgliedschaft
MigrantInnen-Rechte
(3) Soziale Schließung: Chancenhortung
Cliquen
Austauschnormen
Karrieremuster
Diversity Management
Klientelismus
Umverteilungsprinzipien
(4) Hierarchisierung
Netzwerk-,
Familienrollen
Geldverteilung
Positionsstrukturen
Entlohnungssysteme
(5) Ausbeutung/Asymmetrische Dependenz
Beschäftigungsverhältnisse
Interdependenzen:
Generalisierung,
Konflikt, Konkurrenz,
Substitution,
Unabhängigkeit
über die Zeit: Kumulation vs. Wendepunkte
SOZIALE UNGLEICHHEITEN
Verteilung
Abb. 1: Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten
Wahrnehmung,
Bewertung
Bildungssystem
strukturelle Gewalt
Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten
105
Rechten, Pflichten und Ressourcen ausgestatteten Positionen in formalen Organisationen,
kann aber auch auf informelle Rollensysteme und kulturelle Rangordnungen ausgedehnt
werden.
Die obigen Ausführungen zur Konzeption von Heterogenität aufgreifend, platzieren
wir vor diese vier Mechanismen als fünfte (in der Abb.: erste) Klasse von Mechanismen solche der Wahrnehmung und Bewertung von Heterogenitäten. Diese Mechanismen
betreffen noch nicht direkt die Genese sozialer Ungleichheiten im eigentlichen Sinne,
sind aber diesen vorgeschaltet. Heterogenitäten werden immer wahrgenommen und
bewertet, es gibt immer eine Vorgeschichte an kulturellen Repräsentationen und Praktiken
des Umgangs mit ihnen, und auf diese wird von den Akteuren der Ungleichheitsproduktion zurückgegriffen, bzw. diese werden von ihnen generiert. Als Oberbegriff für solche
akteurs- und feldspezifischen Prozesse eignet sich das Konzept des „boundary making“
(u. a. Wimmer 2008). Welche Bedeutung eine bestimmte ethnische Zugehörigkeit, ein
bestimmtes Geschlecht, ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Religionszugehörigkeit haben, ergibt sich demnach erst aus dem jeweiligen sozialen und kulturellen Kontext
und variiert dementsprechend bei ein und demselben Merkmal zwischen verschiedenen
sozialen Kontexten.
Diese abstrakt-analytischen Mechanismen der Ungleichheitsgenese werden in der
Abbildung für verschiedene soziale Kontexte als konkret-substanzielle Mechanismen
variiert. Für die Benennung und Lokalisierung solcher spezifischen Mechanismen unterscheiden wir zwischen den drei Kontextebenen 1) Familie und Netzwerke, 2) Organisationen und 3) gesellschaftliche Institutionen. Diese Unterscheidung folgt der Logik, dass
es die Zuordnung von Personen mit bestimmten Merkmalen (Heterogenität) zu konkreten Positionen und Mitgliedschaften in informellen und institutionellen Ordnungen ist,
die insgesamt der Ausprägung von sozialen Ungleichheiten zugrunde liegt. Wir unterscheiden zwischen Netzwerken und Organisationen, da dort in jeweils typischer Weise
nicht nur nach anderen Regeln Ungleichheiten produziert werden (Goedicke et al. 2007),
sondern auch jeweils primär andere Dimensionen von Ungleichheit im Vordergrund stehen. Die Ebene gesellschaftlicher Institutionen folgt hier einem weit gefassten Institutionenverständnis. Institutionen sind auf Dauer gestellte soziale Ordnungen, wobei sich die
Dauerhaftigkeit aus äußerlichen festen Verhaltenserwartungen, internalisierten informellen Normen und Konventionen, formalen Regeln bzw. gesatztem Recht oder legitimierten
Leitideen herleiten kann (Searle 1997; Rehberg 2002). Wohlfahrtsstaatliche Institutionen
und damit verknüpfte sozialpolitische Maßnahmen sind ein wichtiger Teil gesellschaftlicher Mechanismen der Genese sozialer Ungleichheiten, aber auch die Institutionen
von Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssystem (Faist 2009). Allerdings wäre
es verfehlt, gesellschaftliche Institutionen ausschließlich mit nationalstaatlichem Bezug
zu analysieren (vgl. Wimmer und Glick Schiller 2003). Demgegenüber betonen transnationale Ansätze, dass nationalstaatliche Institutionen durch Regelungssysteme überformt
und durchkreuzt werden, die über die nationalstaatlichen Grenzen hinweggehen oder auf
einer Ebene oberhalb derjenigen von Nationen bzw. Einzelgesellschaften angesiedelt sind.
Damit lassen sich auch supranationale Institutionen wie die EU und internationale Institu Allerdings sind die Grenzen fließend. Grenzziehungen an sich und die Verletzung von Respekt
und Zugehörigkeitswünschen sind eher theoretisch als empirisch auseinanderzuhalten.
106
M. Diewald und T. Faist
tionen wie das UN-System mit in die Analyse integrieren. Schließlich können Mechanismen der Ungleichheitsgenese auch aus der Kombination von zwei oder mehreren dieser
Kontextebenen hervorgehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn etwa informelle Netzwerke
direkt oder indirekt über das Homophilieprinzip Einstellungs- und Beförderungschancen
in Betrieben bestimmen (Marsden und Gorman 2001; Elliott 2001).
Besonders im Vergleich und in der Analyse des Zusammenwirkens verschiedener
ungleichheitsgenerierender Mechanismen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen,
Kontextebenen und Ungleichheitsdimensionen liegt eine Forschungsaufgabe der Zukunft.
Über die jeweils innerhalb der entsprechenden Kontextebenen angesiedelten Mechanismen hinausreichend, geht es bei einer dynamischen Betrachtung um die Frage, inwiefern sich Mechanismen der Genese von Ungleichheiten entlang von Heterogenitäten in
verschiedenen Handlungsfeldern wechselseitig eher ausgleichen oder verstärken und –
durch geringere Konversionsbarrieren in horizontaler wie in lebenszeitlicher Perspektive
– im letzteren Fall dann zu einer weiteren Kumulation z. B. von Chancenhortungen oder
Schließungen führen. Die Beobachtung von „cumulative (dis)advantage“ kann auf verschiedenen Formen der Interdependenz zwischen verschiedenen konkreten Mechanismen
beruhen, die zwischen Heterogenitäten und Ungleichheiten vermitteln: sich gleichende
Ungleichbehandlung aufgrund eines bestimmten Heterogenitätsmerkmals in verschiedenen Lebensbereichen bzw. Kontexten (z. B. Erwerbsarbeit und Haushalt); immer wiederkehrende Ungleichbehandlung in aufeinanderfolgenden Lebensphasen bzw. institutionell
verknüpften Kontexten (z. B. Ausbildung, Beruf); Akzentuierung der Unterschiede eines
für die Ungleichheitsgenese zentralen Merkmals durch Wechselwirkungen mit Kontexterfahrungen über die Zeit (z. B. Intelligenzunterschiede); oder der Pfadabhängigkeit wie
in Mertons Beispiel der wissenschaftlichen Karriere (DiPrete und Eirich 2006).
Generalisierungen von Ungleichheiten – dass also Prozesse der Ungleichheitsgenese
sich in den verschiedenen Handlungsfeldern wechselseitig verstärken oder zumindest
unterstützen – gelten in der Ungleichheitsforschung nahezu als Regelfall (z. B. Therborn
2006, S. 9, 13). Vorsichtiger argumentiert Tilly (1998, Kap. 3). Er betont, dass Adaption
durchaus handlungsfeldspezifisch voraussetzungsvoll und nicht als Regel garantiert
ist. Auch in der Lebenslaufforschung mehren sich Zweifel daran, die Entwicklung von
Ungleichheit, von Scheitern und Erfolg über die Lebenszeit als deterministisch und unumkehrbar anzusehen (Laub und Sampson 2003; Mayer 2009). Hinsichtlich möglicher Interdependenzen stellen wir deshalb die in der Literatur bisher vorherrschende Annahme sich
wechselseitig stützender und verstärkender Mechanismen infrage und schlagen vor, auch
Annahmen einer Konkurrenz, eines Konflikts und einer Substitution einzubeziehen (vgl.
Diewald 2007). Von Konkurrenz sprechen wir dann, wenn das erforderliche oder selbst
gewünschte Engagement und die Anforderungen in einem Handlungsfeld so hoch sind,
dass es Engagements in anderen Handlungsfeldern beeinträchtigt. Von Konflikt sprechen
wir dann, wenn sich die Anforderungen in verschiedenen Handlungsfeldern wechselseitig ausschließen, und von Substitution, wenn fehlende Handlungsmöglichkeiten in einem
Feld durch verstärkte Engagements in einem anderen Feld kompensiert werden, entweder
um die gleichen Ziele auf anderem Wege oder um andere Ziele als die ursprünglich intendierten zu verfolgen. Für das Ausmaß, in dem Generalisierung, Konflikt, Konkurrenz
oder Substitution zum Tragen kommen, spielen gesellschaftliche Bedingungen und ihre
Entwicklung eine entscheidende Rolle. So führte in der „alten Arbeitsgesellschaft“ (Brose
Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten
107
2000) ein hohes Maß an Systemintegration dazu, dass Konflikte zwischen Anspruchsberechtigungen im Wohlfahrtsstaat, Arbeitsbedingungen in der Arbeitswelt und Lebensmodellen im Rahmen von Partnerschaften und Familien von vorneherein eingehegt waren.
Davon kann mittlerweile nicht mehr ausgegangen werden, entsprechend sind die Interdependenzen kontingenter geworden.
5 Zur Multidimensionalität sozialer Heterogenitäten und Ungleichheiten
Ein sozialmechanismisches Programm kann seine Stärke dann entfalten, wenn Heterogenitäten und Ungleichhheiten plural gedacht werden. Erstens ist es notwendig, Elemente
sozialstrukturell ausgerichteter Ungleichheitsforschung mit sozialkonstruktivistischen
Ansätzen zu verknüpfen. Damit kann der Einsicht Rechnung getragen werden, dass Wahrnehmungen und Bewertungen einen zentralen Bestandteil der Produktion von Ungleichheit ausmachen. Dadurch gerät die Frage stärker in den Blick, welche Heterogenitäten
unter welchen Umständen für die Ungleichheitsgenese relevant werden. Der Ansatz des
„boundary making“ erscheint uns ein geeigneter Ausgangspunkt für diese Überlegungen
zu sein. Zweitens ist es, wie schon erwähnt, wichtig, die vielfältigen Kombinationen von
Merkmalen näher in den Blick zu nehmen. Hier stellt sich weiterführend die Frage, welche konzeptuellen Strategien zur Systematisierung der vielfältigen Formen von Heterogenitäten und Ungleichheiten führen können.
Ein Manko der bisherigen Ungleichheitsforschung besteht sicherlich darin, vor allem
Großklassen und Großgruppen in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Der
„methodological groupism“, also die Übernahme von Gruppenkategorien aus öffentlichen Debatten, birgt die Gefahr der Essenzialisierung von Zugehörigkeiten (Identitäten)
und Mitgliedschaften in sich (Brubaker 2004). Die aktuelle Debatte um islamische Migranten mag dazu als warnendes Beispiel dienen. Welche Grenzen und Grenzziehungen
für die Ungleichheitsgenese relevant sind, ist jedoch zuvörderst eine empirisch zu beantwortende Frage. Dazu bietet sich das erwähnte Konzept des „boundary making“ an, das
spezifisch nach den Mechanismen der Grenzziehungen fragt. Ungleichheitsrelevant sind
Grenzziehungen schon allein dadurch, dass Kategorisierungen eine unabdingbare Grundlage für Bewertungen von Ungleichheit sind und zugleich zur Legitimierung etablierter
Ungleichheiten eingesetzt werden können. „Boundary making“ ist dabei mit verschiedenen Strategien der beteiligten Akteure verknüpft (Zolberg und Woon 1999), so etwa
„boundary crossing“ (Personen einer Minoritätengruppe werden als der Mehrheitsgruppe
zugehörig akzeptiert), „boundary blurring“ (Grenzen von Mitgliedschaft werden poröser,
z. B. erleichterter Zugang zu Vollmitgliedschaften wie Staatsbürgerschaft) und „boundary
shifting“ (ganze Gruppen werden als der dominanten Gruppe zugehörig angesehen).
Grenzziehungen zwischen Gruppen anhand von Heterogenitätsmarkern werden beispielsweise sehr deutlich bei Migranten und ethnischen Minderheiten sichtbar. Im Hinblick auf deren Inkorporierung kommt es dabei nicht nur auf objektive Verteilungen
und Ähnlichkeiten von Ressourcen an, sondern auch auf Ähnlichkeitsvorstellungen
von Gruppen übereinander, z. B. der Mehrheits- bzw. Dominanzbevölkerung gegenüber
Minoritäten. Die involvierten Grenzziehungen sind dabei durchaus im Zeitverlauf als
variabel anzusehen. Das wird etwa bei Prozessen wie dem „boundary shifting“ als einer
108
M. Diewald und T. Faist
Form von „boundary making“ sichtbar. Hinsichtlich der Veränderung der Ähnlichkeitswahrnehmungen zwischen Dominanz- und Minderheitsgruppen in Deutschland zwischen
1996 und 2006 sprechen die Daten dafür, dass bestimmte Gruppen inzwischen geschlossen zur Dominanzbevölkerung gezählt werden, z. B. Kategorien, die als Italiener, Spanier
oder Griechen bezeichnet werden. Bei der Kategorie „Muslime“ lässt sich dagegen im
gleichen Zeitraum keine Änderung der Ähnlichkeitswahrnehmung seitens der Dominanzbevölkerung feststellen (Fincke 2008, Kap. 5). Solche Veränderungen der Grenzziehungen wie hier beim „boundary shifting“ können allerdings immer nur Momentaufnahmen
sein. Sie beantworten nicht die Fragen danach, welche Interaktionen als statusungleich,
welche als statusgleich angesehen werden und über welche Mechanismen sich Wahrnehmungen von Gleichheit und Ungleichheit herausbilden. Darüber hinaus ist zu beachten,
dass nicht alle Grenzziehungen ungleichheitsrelevant sind und – wie gerade angedeutet
– ungleichheitsrelevante Grenzen Veränderungen unterliegen. So existierten über Jahrzehnte hinweg in vielen Ländern Westeuropas Bildungsungleichheiten zwischen den
christlichen Konfessionen. Die Bedeutung des Merkmals „christliche Konfession“ nahm
aber in jüngster Zeit rapide ab, während andere Merkmale wie etwa die Zugehörigkeit zu
bestimmten sozialen Klassen bedeutend blieben.
Darüber hinaus erlangen die einzelnen Heterogenitätsmerkmale häufig erst in Merkmalskombinationen (Collins 2000, S. 42 zum Begriff der „Intersektionalität“) und in der
Gesamtschau unterschiedlicher sozialer Kontexte mit unterschiedlichen Akteurs- und
Interessenskonstellationen ihre je spezifische Bedeutung bzw. sie entfalten erst darüber
ihre spezifische Wirkung. Das klassische Beispiel sind Ungleichheiten zwischen den
Geschlechtern, für die Familien, Netzwerke, Heiratsmärkte und Arbeitsorganisationen
je unterschiedliche Mechanismen der Bevorzugung und Benachteiligung „bereithalten“.
Diese vielfältigen Interdependenzen zwischen Heterogenitäten und ihre Implikationen für
Ungleichheiten können durch das Aufspüren sozialer Mechanismen nachverfolgt werden.
So gibt es für die Genese sozialer Ungleichheiten innerhalb von Organisationen bereits
Taxonomien, die verschiedenen Aspekten der Heterogenität von Belegschaften spezifische Mechanismen zuordnen, die erklären, wie aus ihnen im Kontext von Arbeitsplätzen,
Berufen und Betrieben soziale Ungleichheiten entstehen (Skaggs und DiTomaso 2004,
S. 280 f.). Dabei werden Merkmalen von Kontexten jeweils spezifische Mechanismen
zugeschrieben, die sich zum großen Teil auch in der Abbildung wiederfinden lassen.
Auch für die Analyse sozialer Ungleichheiten stellt ein Ernstnehmen ihrer Multidimensionalität eine wichtige Perspektivenerweiterung dar. Dies erschließt sich gerade
im Verein mit der Betrachtung unterschiedlicher Kontexte für einzelne Heterogenitätsmerkmale und Merkmalskombinationen. Die Kongruenz der jeweiligen Mechanismen
hinsichtlich Bevorzugung und Benachteiligung ist wesentlich für Fragen der Verfestigung, der Kumulation oder des Ausgleichs von Ungleichheiten zwischen verschiedenen
Bevölkerungsgruppen. Bereits in der Statusinkonsistenzforschung (z. B. Hradil 1987,
Kap. 3.2.1) wurde deutlich, dass schon die klassischen Ungleichheitsdimensionen Einkommen, Prestige, Status, Klassenzugehörigkeit nur teilweise miteinander korreliert sind
und sich von daher Generalisierungen zur Ungleichheit insgesamt auf Basis von nur einer
dieser Dimensionen verbieten. Zudem spielen, wie oben bereits erwähnt, für ihre Genese
jeweils unterschiedliche Erklärungsfaktoren die zentrale Rolle (z. B. Wiborg und Hansen
2008).
Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten
109
Schließlich lassen sich die Folgen des Aufbrechens des alten Konsistenzparadigmas
nach dem Ende der klassischen Arbeitsgesellschaft anschaulich am Heterogenitätsmerkmal „Geschlecht“ aufzeigen. Zahlreiche Studien belegen eine Schlechterstellung von
Frauen am Arbeitsmarkt. Diese wird keineswegs ausschließlich, jedoch in erheblichem
Maße auch durch eine geschlechtstypische Wahl von Ausbildungsgängen mitgeprägt, die
freiwillig erfolgt. Zudem sehen Frauen für sich im Vergleich zu Männern geringere Einkommen als gerecht an (Liebig et al. 2009). Auch wenn es gute Gründe gibt, hier psychische Anpassungsmechanismen zu vermuten, bleibt letztlich die Frage, warum Frauen
gleichwohl eine um etwa sieben Jahre höhere Lebenserwartung haben, wovon offensichtlich der geringste Teil biologisch begründet ist (Luy 2003). Es würde definitiv den Rahmen
dieses Beitrags sprengen und unsere Kompetenzen übersteigen, an dieser Stelle über alle
Lebensbereiche und Lebensphasen hinweg die dort jeweils wirksamen Mechanismen und
konkurrierenden Deutungen aufzulisten, gegeneinander abzuwägen und zu einer Gesamteinschätzung der Geschlechterungleichheit heute zu synthetisieren, die Ressourcenungleichheiten, Belohnungsdifferenziale für vergleichbare Anstrengungen und Fähigkeiten,
Belastungen, Beteiligungschancen in verschiedenen Lebensbereichen und ihre subjektive
Bedeutung für ein gelungenes Leben derart nachvollziehbar bilanzieren würde. Dass wir
hierzu nicht einfach eine entsprechende Referenz zitieren können, spricht jedoch für sich.
Und es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob eine derart auf ein isoliertes Heterogenitätsmerkmal reduzierte Perspektive überhaupt sinnvoll bzw. aussagekräftig ist.
6 Schlussbetrachtung
Wir halten die skizzierte Vorgehensweise für einen aussichtsreichen Versuch, um die theoretischen und empirischen Erträge der Ungleichheitsforschung zu systematisieren und zu
synthetisieren. Aussichtsreich ist sie insofern, als damit der theoretischen Pluralität und
der empirischen Leistungsfähigkeit der sozialwissenschaftlichen Ungleichheitsforschung
Rechnung getragen werden kann, ohne bei der damit einhergehenden Zersplitterung der
Ungleichheitsforschung stehenzubleiben. Insgesamt ist das Zusammenführen methodologisch fragmentierter Linien der Ungleichheitsforschung eine wichtige Voraussetzung für
eine stärkere Synthese unterschiedlicher Perspektiven und damit eine stärker integrierte
Gesamtbetrachtung von strukturellen Ungleichheitslagen, ihrer Veränderung, ihrer Wahrnehmung und Bewertung und den jeweiligen Ursachen dafür (vgl. Mayer 2006, S. 22;
Diewald 2010). Angesichts der Universalität sozialer Ungleichheit in allen menschlichen
Gesellschaften stellt sich die Frage, ob bestimmte Formen sozialer Ungleichheit regelhaft
bestimmte Ursachen und Folgen haben.
Wir haben hinsichtlich von Heterogenitäten bereits gezeigt, dass Grenzziehungen einen
wesentlichen Mechanismus (oder eine Kategorie verschiedener konkret-substanzieller
Mechanismen) darstellen, um Heterogenität überhaupt erst sozial sinnhaft zu definieren.
Aber auch in der sozialstrukturellen Ungleichheitsforschung gewinnt dieser Ansatz an
Bedeutung. Auf diese Weise kann etwa die bloße Metapher eines Matthäus-Prinzips zu
einem konkurrierende Erklärungen prüfenden Forschungsprogramm werden (DiPrete
und Eirich 2006). Ein anderes prominentes Beispiel, das direkt auf die Klassendebatte
rekurriert, ist die Frage, wie Ausbeutung und soziale Schließung bei der Konstruktion
110
M. Diewald und T. Faist
sozialer Klassen wirksam werden (Symposium on Class Analysis 2000). Daran anschließend kann diskutiert werden, auf welcher Ebene soziale Schließung überhaupt wirksam
wird: auf der Ebene von Berufen, wie im Mikroklassenansatz behauptet (Weeden und
Grusky 2005), oder eher auf der Ebene von Jobs beziehungsweise firmenspezifischen
Arbeitsplätzen. Hier ersetzt der genaue kontextbezogene Nachweis relevanter Akteurskonstellationen und Praktiken spekulative, wenn auch möglicherweise theoretisch plausible Vermutungen hinsichtlich der hinter Variablenkorrelationen und Klassentypologien
steckenden Annahmen.
Langfristiges Ziel ist die Entdeckung von analytisch-abstrakten sozialen Mechanismen der Entwicklungsdynamik sozialer Ungleichheit, die die statische Beschreibung von
Gegenwartsgesellschaften ebenso wie den Post-hoc-Historismus der Interpretation sozialer Prozesse überwinden kann, aber den empirisch beobachtbaren konkreten sozialen
Mechanismen innerhalb und zwischen verschiedenen sozialen Kontexten und Ungleichheitsdimensionen auf der Spur bleibt. Ob dies gelingen kann, muss nach dem derzeitigen Stand der Forschung als offene Frage gelten. Gerade für eine intern fragmentierte
und gleichzeitig viele Schnittstellen zu anderen Disziplinen aufweisende Disziplin wie
die Soziologie ist die Offenheit des Mechanismus-Ansatzes jedoch geeignet, um verstreute Wissensbestände zu integrieren bzw. einen wechselseitigen Lernprozess anzustoßen. Obwohl Daten, Methoden und substanzielle Theorien zwischen verschiedenen
Untersuchungsfeldern stark divergieren, könnten abstraktere, allgemeinere Mechanismen
Gemeinsamkeiten und Unterschiede unterschiedlicher kausaler Erklärungen vergleichbar
machen und systematisieren.
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Martin Diewald, geb. 1958, Prof. Dr., Professor für Sozialstukturanalyse an der Universität Bielefeld. Forschungsprofessur am DIW Berlin, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Forschungsschwerpunkte:
Soziale Ungleichheiten, Lebenslauf, Familie und soziale Netzwerke, Interdependenzen zwischen
Beruf und Privatleben. Ausgewählte Veröffentlichungen: Ungleiche Chancen und ungleiche Verteilungen. Zur Entwicklung sozialer Ungleichheiten in der Bundesrepublik, in: F. Faulbaum und C.
Wolf (Hrsg.), Gesellschaftliche Entwicklungen im Spiegel der empirischen Sozialforschung, 2010;
The sociology of the life course and life span psychology. Integrated paradigm or complementing
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Thomas Faist, geb. 1959, Prof. Ph.D., Professor für Transnationale Beziehungen und Entwicklungssoziologie an der Universität Bielefeld. Forschungsschwerpunkte: Internationale Migration,
Bürgerschaft, Transnationalisierung, Sozial- und Entwicklungspolitik. Ausgewählte Veröffentlichungen: (mit P. Kivisto) Beyond a border: The causes and consequences of contemporary immigration, 2009; (mit R. Bauböck) Diaspora and transnationalism: Concepts, theories and methods,
2010.
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