VL Allgemeine Zoologie II (SoSe 2005) Thorsten Burmester Homöostase osmotischer Druck Temperatur Ionenkonzentration O2 pH .... Wärmehaushalt und Thermoregulation 1 2 Kontrolle des inneren Milieus Homöostase - Regulation < Kosten tödlicher Bereich Vorteile Interner Zustand = die Fähigkeit eines Organismus zur Kontrolle des inneren Milieus bei sich ändernden äußeren Parametern. Regulierer n Ko < r me fo r externes Milieu Besiedlung nichtoptimaler Habitate Besiedlung von Habitaten mit schwankenden Umweltbedingungen Vorteile der Homöostase überwiegt meist Kosten tödlicher Bereich Hoher Energieverbrauch => hoher Nahrungsbedarf alle Organismen haben die Fähigkeit zur Regulation! => inneres Milieu ≠ äußeres Milieu 3 4 Temperatur und Reaktionsgeschwindigkeit Temperaturen um uns Wetterekorde der Erde Aktives Leben nur in eingeschränkten Temperaturbereichen möglich. Höchste Lufttemperatur: 57,3 °C El Asisija/Lybien (112 m NN), August 1923 Tiefste Lufttemperatur: - 89,2 °C Wostock/Antarktis (3420 m NN) am 21.07.1983 5 steigende Temperatur erhöht die kinetische Energie der Moleküle und somit die Reaktionsgeschwindigkeit (= Reaktions-Geschwindigkeit-Temperatur [RGT]-Regel). => Die Geschwindigkeit enzymkatalysierter Reaktionen nimmt pro 10°C um Faktor 2-3 zu (= Q10-Regel + van 't Hoff-Regel). => Bsp: Glykogenspaltung beim Frosch bei 30°C etwa 2,5 x schneller als bei 20°C. Natürlich nur bis zu einer Höchstgrenze: Enzyme denaturieren ab einer gewissen Temperatur. 6 1 Temperatur-Weltmeister Thermische Grenzen des Lebens ... sind allgemein speziesspezifisch Glasschwämme am Grund des antarktischen Weddellmeeres gedeihen bei -2°C. => die meisten biochemischen Prozesse reagieren sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen Minimum der Kälte: 0°C (Wasser erstarrt) => Ausnahmen: Gefrierpunkterniedrigung Maximum der Wärme: - Pompejiwurm (Alvinella pompejana) lebt in 2000 – 3000 m Tiefe an heißen Quellen bei > 50°C. Fisch: max. 43°C (Killifisch im Death Valley) Reptil: max. 48°C (Wüsteneidechse) Säuger: ~ 42°C Vögel: ~ 46°C Wüstenameise: ~55°C Einige Invertebraten überdauern Extrembedingungen in Dauerstadien. 7 8 Wärmeaustausch zwischen Organismus und Umgebung Wärmeaustausch Konvektion Radiation Evaporation Abb. aus: NA Campbell, 2003 Biologie, Spektrum Konduktion Konduktion (Wärmediffusion bzw. Wärmeleitung) = Übertragung kinetischer Energie durch direkten Kontakt. Konvektion (Strömung) = Wärmeaustausch durch Bewegung des Mediums: Luft- (= "Wind") oder Wasserströmung). Radiation (Strahlung) = Emission elektromagnetischer Wellen durch alle Objekte mit T > 0 K. Evaporation (Verdunstung) = Wassermoleküle verlassen Oberfläche mit hoher kinetischer Energie => zurückbleibende Moleküle sind energieärmer. 9 10 Temperaturhaushalt der Tiere poikilotherm (wechselwarm): Körpertemperatur schwankt mit Umgebungstemperatur. homoiotherm (gleichwarm): Körpertemperatur ist konstant und von der Umgebungstemperatur (weitgehend) unabhängig. < Körpertemperatur 1. Körperwärme vs. Außentemperatur poikilotherm - homoiotherm homoiotherm = Termoregulator < er erm nform h t o oko ikil po erm h =T Außentemperatur 11 Homoiotherme Tiere können geringere Körpertemparatur haben als poikilotherme (Bsp. Eisfische vs. Eidechse)! 12 2 ektotherm - endotherm Vorteile der Endothermie 2. Quelle der Körperwärme ektotherm: Organismus hängt hauptsächlich von der aus der Umgebung absorbierten Wärme ab (Invertebraten, Fische, Amphibien, Reptilien). endotherm: Körperwärme wird hautsächlich aus dem eigenen Stoffwechsel bezogen (Säuger, Vögel). Einige Insekten und manche Fische: Variation der Strategie (heterotherm). stabiles Milieu für biochemische Prozesse höheres Aktivitätsniveau wg. Q10 und Kühlung längere Höchstleistung Besiedlung vielfältiger Habitate: - Leben bei < 0°C (Isolation + Wärmeproduktion) - Leben bei hohen Temperaturen (Kühlung) - Leben bei schwankenden Umweltbedingungen 13 14 Nachteil der Endothermie Thermoregulation Höherer Energiebedarf als ektotherme Tiere: Bsp: Mensch: 6-7000 kJ/d Alligator: 250 kJ/d 1. 2. => Ektotherme haben Vorteile wenn das Nahrungsangebot begrenzt ist. Abb. aus: NA Campbell, 2003 Biologie, Spektrum 3. 4. 15 16 1. Verhaltensanpassungen Endotherme und Ektotherme mit Thermoregulation (Thermoregulierer), haben Mechanismen, die ein Gleichgewicht der Wärmezufuhr und Wärmeabgabe gewährleisten: Verhaltensanpassungen Kontrolle des Wärmeaustauschs zwischen Körper und Umgebung Kühlen durch Verdunstung Veränderungen der Produktionsrate der Stoffwechselwärme sowohl endotherme als ektotherme zeigen Verhaltensanpassungen zur Regulation der Körpertemperatur. => Veränderung der Körperhaltung oder Ortswechsel. 2. Wärmeaustauschrate Tiere können den Wärmeaustausch zwischen dem Körper und dem umgebenden Medium kontrollieren: Isolation des Körpers z.B. durch Haare, Federn oder Unterhautfettgewebe (permanent) Veränderungen der Hautdurchblutung (temporär) Gegenstrom-Wärmeaustauscher (permanent) Bsp. Sonnende Eidechse, Löwe im Schatten 17 18 3 Hautdurchblutung Gegenstrom-Wärmeaustausch Vasokonstriktion (Verengung der Gefäße) zur verminderten Durchblutung (geringere Wärmeabgabe). Vasodilatation (Erweiterung der Gefäße) führt zur erhöhten Durchblutung (verstärkte Wärmeabgabe). Wärme des arteriellen Blutes wird auf die benachbarte Vene übertragen (Gegenstromprinzip) statt an die kalte Umgebung abgegeben zu werden. => Extremitäten können bei geringem Wärmeverlust mit Blut versorgt werden. Abb. aus: NA Campbell, 2003 Biologie, Spektrum 19 3. Verdunstungskühlung 4. Wärmeproduktion Tiere verlieren Wasser über die Atmung und über die Haut. bei niedriger Luftfeuchtigkeit verdunstet das Wasser => Tiere verlieren Wärme (Evoporation). Endotherme Tiere müssen Wärme abgeben, da sie sonst überhitzen: - Viele Säugetiere und Vögel hecheln => Verdunstungskühlung durch Atmung - Schweißbildung (z.B. Mensch) - Baden (z.B. Elefanten) Veränderungen der Stoffwechselrate führen zu einer Veränderung der Wärmeproduktion. z.T. spezielle wärmeproduzierende Gewebe (z.B. braunes Fettgewebe) Wärmeproduktion nur bei Endothermen (v.a. Säuger und Vögel) 21 22 Säugetiere und Vögel Wärmehaushalt im Tierreich 20 Säugetiere: endotherm Vögel: endotherm Reptilien: meist ektotherm Amphibien: ektotherm Fische: meist ektotherm, einige endotherm Invertebraten: meist ektotherm, einige heterotherm 23 Säugetiere: ~36-38 °C, Vögel: ~40-42 °C hohe Stoffwechselrate kompensiert den Wärmeabfluss an die Umgebung Fell, Federn und Fettschichten reduzieren Wärmefluss => Isolation Häufiges Problem: Gefahr der Überhitzung: => Verdunstungskühlung 24 4 Wärmeisolation bei Vögeln Wärmeisolation bei Säugern Isolationswert Grizzly Rentier Federn sind nachts aufgeplustert – bessere Isolation. Schlafposition vermindert die exponierte Fläche. Kaninchen Lemming Spitzmaus Felldicke Isolationsfähigkeit des Fells hängt von der eingeschlossenen Luft ab (= schlechter Wärmeleiter): Aufstellen der Fellhaare verbessert Isolation ("Gänsehaut"). Fell kleiner Tiere trägt wenig zur Isolation bei => müssen Temperatur über hohe Stoffwechselrate ausgleichen! Wach Schlafend 25 Haut als thermoregulatorisches Organ Unterhautfettgewebe Musculus arector pili Unterhautfettgewebe: in den meisten Säugern "Blubber": massives Unterhautfettgewebe von Meeressäugern und (ant-)arktischen Vögeln => können nahe dem Gefrierpunkt überleben. Haar Schweißpore Ausführgang der Schweißdrüse Blutgefäß Schweißdrüse Haarfollikel Fettgewebe Bindegewebe Abb. aus: NA Campbell, 2003 Biologie, Spektrum 28 Einen kühlen Kopf bewahren! Keep cool! Unterhautfettgewebe und Haarkleid: Isolation Blutgefäße: Dilatation und Konstriktion reguliert Wärmeabgabe Haare: Aufstellen und flachlegen reguliert Wärmeabgabe Schweißdrüsen: stehen unter nervöser Kontrolle und sorgen für Verdunstungskühlung Nerv 27 26 Hohe Aktivität lässt Körpertemperatur steigen Problem: Wie vermeiden Säuger Überhitzung? - Hitzetoleranz (z.B. Kamele bis 41°C) - Schwitzen - Hecheln - Fell! (verringere Wärmeaufnahme!) Gehirn am empfindlichsten: Spezielle Kühlmechanismen notwendig. 29 Kühlung des Gehirns der Antilope Carotide (Hirnarterie) teilt sich – bevor sie das Gehirn erreicht – in viele kleine Arteriolen, die durch eine Region mit kaltem venösen Blut aus dem Nasalraum führen und somit gekühlt werden. 30 5