Regulation der Genaktivität Je nach Zelltyp und je nach Bedarf werden die Gene einer Zelle selektiv an- bzw. abgeschaltet. Diese Regulation der Genexpression (d.h. der Umsetzung von genetischer Information in Proteine) kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Im Folgenden befassen wir uns beispielhaft mit der Kontrolle der Transkription. Hier betrachten wir die Regulation der Enzymproduktion für den Abbau von Laktose (Milchzucker) im Bakterium Escherichia coli (abgekürzt E. coli). Dieses Beispiel war schon Anfang der 1960er Jahre umfassend aufgeklärt. Die Franzosen Francois Jacob und Jacques Monod erhielten 1965 den Medizin-Nobelpreis dafür. Zur Erinnerung: Die «Kopiermaschine» RNA-Polymerase gleitet an der DNA entlang, und wenn sie auf einen offenen Promotor trifft, fängt sie an die DNA bis zur nächsten Terminatorsequenz zu RNA zu kopieren. In einer typischen Bakterienzelle gibt es ca. 3000 RNA-Polymerase-Moleküle. Promotoren sind DNA-Sequenzen von knapp 50 Nukleotiden, die sich aber in der Nukleotidfolge unterscheiden können. Je nach Zusammensetzung sind Promotoren mehr oder weniger attraktiv für eine RNA-Polymerase. Dies führt dazu, dass weniger attraktive Promotoren bis zu 1000-mal seltener transkribiert werden als attraktive. Auf dieser Basis sind zwei Möglichkeiten denkbar, wie regulatorische Proteine die Transkription beeinflussen: 1. Ein Promotor wird durch Bindung eines Repressormoleküls (ein Protein) für die RNA-Polymerase sozusagen «unsichtbar» gemacht. 2. Ein schwacher Promotor wird durch Bindung eines sogenannten Transkriptionsfaktors (ein Protein) für die RNA-Polymerase attraktiver, wodurch das nachfolgende DNA-Stück häufiger transkribiert wird. Vorinformation 1 Das Bakterium E. coli, ein normaler Bewohner unseres Darms, ernährt sich bevorzugt von Glukose. Falls keine Glukose verfügbar ist, werden auch andere Zuckerarten metabolisiert, z.B. Laktose, ein Disaccharid. Dafür werden drei Proteine benötigt: (1) Permease transportiert Laktose ins Innere des Bakteriums, (2) β-Galaktosidase spaltet Laktose in die Monosaccharide Glukose und Galaktose, und (3) Transacetylase, deren Funktion noch nicht eindeutig geklärt ist. Vorinformation 2 Bei Prokaryoten sind Gene von zusammengehörenden Proteinen oft hintereinander angeordnet und sie besitzen einen gemeinsamen Promotor und Terminator. Unmittelbar an den Promotor schliesst oft noch ein sogenannter Operator an, d.h. eine DNA-Sequenz an die die oben genannten regulatorischen Proteine binden können. Das gesamte DNA-Stück, d.h. Promotor/Operator, Strukturgene (= Baupläne für Proteine) und Terminator nennt man Operon. Das Operon zur Herstellung der drei Proteine, die den Laktose-Abbau einleiten heisst lac-Operon. Das Gen des Repressors sitzt unmittelbar vor dem lac-Operon. Ist Laktose vorhanden, bindet diese an den Repressor, der dadurch in seiner Struktur verändert wird. Daraufhin löst sich der Repressor vom Operator, der Promotor wird freigegeben, die RNA-Polymerase transkribiert das Operon. Die entstehende mRNA wird translatiert, wobei die drei Proteine hergestellt werden. Kantonsschule Kreuzlingen, Dr. Klaus Hensler Folien_Prot_DNS engl QX, März 2009 In Abwesenheit von Glukose wird der schwache Promotor des lacOperon durch das CRP Protein so verändert, dass er erheblich attraktiver für die RNA-Polymerase wird. Es wird viel mRNA und somit viel Enzym zur Verarbeitung von Laktose hergestellt. Dies ist aber nur dann möglich, wenn CRP durch die Anwesenheit von genügend cAMP (cyclisches AMP) so in seiner Struktur verändert wird, dass es an die DNA binden kann. In Anwesenheit von Glucose sinkt der cAMP-Spiegel, das CRP fällt von der DNA ab, der Promotor wird für die RNA-Polymerase wieder unattraktiv, d.h. es gibt weniger Enzyme zur Verarbeitung von Laktose. Fazit E. coli reagiert auf die folgenden Situationen unterschiedlich: – Ist keine Laktose verfügbar werden die Strukturgene des lac-Operon nicht exprimiert. – Ist Laktose verfügbar aber keine Glukose werden die Strukturgene des lac-Operon stark exprimiert – Sind Laktose und Glukose verfügbar werden die Strukturgene des lac-Operon nur schwach exprimiert, weil die leichter abbaubare Glukose bevorzugt wird. Durch diese Regulationsmechanismen kann sich das Bakterium optimal an die jeweils herrschenden Bedingungen anpassen. Kantonsschule Kreuzlingen, Dr. Klaus Hensler Folien_Prot_DNS engl QX, April 2008